Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.11.2020, Az.: 13 MN 519/20

Corona; Maskenpflicht; Normenkontrolleilantrag; Schulunterricht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.11.2020
Aktenzeichen
13 MN 519/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71882
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen wenden sich im Normenkontrolleilverfahren gegen den weiteren Vollzug der in der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Pflicht, unter bestimmten Voraussetzungen im Schulunterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Die 15-jährige Antragstellerin zu 1. und die 13-jährige Antragstellerin zu 2. besuchen weiterführende Schulen im niedersächsischen Oldenburg. Für das Gebiet der Stadt Oldenburg wies das Niedersächsische Landesgesundheitsamt seit dem 30. Oktober 2020 eine 7-Tage-Inzidenz, verstanden als die Zahl der mit demCorona-Virus SARS-CoV-2 Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen, von mehr als 50, teilweise auch mehr als 100 auf.

Am 30. Oktober 2020 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, die (8.) Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung), die am selben Tage im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt, S. 368, verkündet wurde und am 2. November in Kraft trat. Diese Verordnung beinhaltet auch folgende Regelungen:

§ 3

Mund-Nasen-Bedeckung

(1) 1Jede Person hat, unbeschadet der Regelungen dieser Verordnung über Beschränkungen und Verbote von Veranstaltungen, Dienstleistungen und des Betriebs von Einrichtungen, in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. 2Dies gilt auch für Personen, die

1. Tätigkeiten und Dienstleistungen ausüben, die eine Unterschreitung des Abstandsgebots nach § 2 Abs. 2 naturgemäß erfordern, insbesondere im Rahmen der Gesundheitsversorgung, der Pflege von Personen, des Handels, der Gastronomie und der körpernahen Dienstleistungen,

2. Verkehrsmittel des Personenverkehrs oder die dazugehörigen Einrichtungen wie zum Beispiel Haltestellen, Bahnhöfe, Flughäfen und Fähranleger nutzen, wobei Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer ausgenommen sind,

3. an einer Veranstaltung in geschlossenen Räumen teilnehmen und

4. am Unterricht oder einer Prüfung in einem Fahrzeug im Rahmen einer Fahrausbildung oder Fahrlehrerausbildung teilnehmen.

(3) 1Eine Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der Absätze 1 und 2 ist jede geeignete textile oder textilähnliche Barriere, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln durch Husten, Niesen und Aussprache verringert, unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie. 2Die Mund-Nasen-Bedeckung ist nur geeignet, wenn sie eng anliegt.

(4) Absatz 1 gilt nicht

1. in Bezug auf ausschließlich der privaten Nutzung dienende Räumlichkeiten der pflichtigen Person sowie privat oder beruflich genutzte Kraftfahrzeuge, soweit dies nicht in Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 anders geregelt ist,

2. im Zusammenhang mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, soweit dies nicht in Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 anders geregelt ist,

3. im Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines politischen Mandats,

4. bei Veranstaltungen und Sitzungen des Niedersächsischen Landtags, seiner Gremien und Fraktionen und von kommunalen Vertretungen, deren Gremien und Fraktionen,

5. im Rahmen von Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe bei der Sozialen Gruppenarbeit nach § 29 SGB VIII sowie bei der Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII,

6. im Rahmen von Angeboten der Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII, der Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes nach § 14 SGB VIII, wobei § 13 Abs. 1 und 2 entsprechend gilt,

7. bei sportlicher Betätigung,

8. im Rahmen des Betriebs einer Musikschule, wenn die musikalische Aktivität, zum Beispiel das Spielen eines Blasinstruments oder die Gesangsausbildung, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ausschließt, allerdings nur im Rahmen der Einzelausbildung.

(5) Abweichend von Absatz 1 darf während einer Veranstaltung, an der die Besucherinnen und Besucher sitzend teilnehmen, die pflichtige Person die Mund-Nasen-Bedeckung abnehmen, soweit und solange sie einen Sitzplatz eingenommen hat und das Abstandsgebot nach § 2 Abs. 2 und 3 Nr. 1 eingehalten wird.

(6) Personen, für die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Vorerkrankung, zum Beispiel einer schweren Herz- oder Lungenerkrankung, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht zumutbar ist und die dies durch ein ärztliches Attest oder eine vergleichbare amtliche Bescheinigung glaubhaft machen können, und Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres sind von den Verpflichtungen nach den Absätzen 1, 2 und 5 ausgenommen.

…       

§ 13

Schulen

(1) 1An allen Schulen finden der Unterricht, außerunterrichtliche Angebote der Ganztagsschule und sonstige schulische Veranstaltungen in festgelegten Gruppen statt, die aus mehreren Lerngruppen bestehen können und in ihrer Personenzusammensetzung möglichst unverändert bleiben. 2Jede Gruppe im Sinne des Satzes 1 muss nach der Zahl der ihr angehörenden Personen und ihrer Zusammensetzung so festgelegt sein, dass eine etwaige Infektionskette nachvollzogen werden kann. 3Zwischen Personen, die nicht derselben Gruppe im Sinne des Satzes 1 angehören, ist das Abstandsgebot nach § 2 Abs. 2 Satz 1 einzuhalten. 4Außerhalb von Unterrichts- und Arbeitsräumen hat jede Person eine Mund-Nasen-Bedeckung in von der Schule besonders gekennzeichneten Bereichen zu tragen, in denen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten die Einhaltung des Abstandsgebots nach § 2 Abs. 2 Satz 1 zwischen Personen, die nicht derselben Gruppe im Sinne des Satzes 1 angehören, nicht gewährleistet werden kann. 5Veranstaltungen mit Gästen wie Theateraufführungen, Filmvorführungen, Einschulungsfeiern, Zeugnisübergaben, Verabschiedungsfeiern und Schulfeste sind unter Beachtung der Vorgaben des § 7 Abs. 1 zulässig. 6Wenn

1. in Bezug auf das Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dem die Schule gelegen ist (Standort der Schule), die Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung 50 oder mehr Fälle je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen beträgt oder

2. eine andere die Schule betreffende Infektionsschutzmaßnahme angeordnet wurde,

 dann besteht die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an einer Schule auch während des Unterrichts der Sekundarbereiche I und II im Fall der Nummer 1 für die Dauer der Überschreitung der in Nummer 1 genannten Zahl der Neuinfizierten und im Fall der Nummer 2 für die Dauer von 14 Tagen. 7Satz 6 gilt nicht, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 vorliegen.

(2) 1Wenn am Standort der Schule die Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung 100 oder mehr Fälle je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen beträgt und die zuständige Behörde eine andere die Schule betreffende Infektionsschutzmaßnahme angeordnet hat, dann finden abweichend von Absatz 1 für die Dauer von 14 Tagen an einer Schule der Unterricht, außerunterrichtliche Angebote der Ganztagsschule und sonstige schulische Veranstaltungen grundsätzlich in geteilten Lerngruppen statt. 2Die Lerngruppen nach Satz 1 sollen in ihrer Personenzusammensetzung möglichst unverändert bleiben. 3Die Gruppengröße darf in der Regel 16 Personen nicht überschreiten. 4Veranstaltungen mit freiwilliger Teilnahme zum Zweck von Zeugnisübergaben, Verabschiedungen und Einschulungsfeiern sind unter Beachtung der Vorgaben des § 7 Abs. 1 zulässig. 5Schulfahrten, mit Ausnahme von unterrichtsbedingten, eintägigen Fahrten zu außerschulischen Lernorten, sind für die Dauer der Maßnahme untersagt. 6Schulfahrten im Sinne des Satzes 5 sind Schulveranstaltungen, die mit Fahrtzielen außerhalb des Schulstandortes verbunden sind, mit denen definierte Bildungs- und Erziehungsziele verfolgt werden; dazu zählen auch Schüleraustauschfahrten und Schullandheimaufenthalte.

(3)

(5) Im Übrigen ist an allen Schulen der „Niedersächsische Rahmen-Hygieneplan Corona Schule“ vom 22. Oktober 2020, veröffentlicht auf der Internetseite des Kultusministeriums (https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/schule-neues-schuljahr-190409.html), ergänzend zu den Hygieneplänen nach § 36 IfSG zu beachten.

(6) … 

Am 18. November 2020 haben die Antragstellerinnen bei dem Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrolleilantrag gestellt, mit dem sie die vorläufige Außervollzugsetzung des § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung begehren. Sie halten die angefochtene Regelung schon für zu unbestimmt. Es sei nicht hinreichend klar zu erkennen, was „eine andere die Schule betreffende Infektionsschutzmaßnahme“ im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 der Verordnung sein solle. Bei einem sehr weitgehenden Verständnis könne die Schule mit eigenen infektionsschutzrechtlichen Festlegungen die Maskenpflicht auslösen. Unabhängig davon sei die Maskenpflicht im Unterricht aber auch keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme. Es fehlten bereits nachvollziehbare Daten dazu, dass das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in der in § 3 Abs. 3 der Verordnung beschriebenen Qualität geeignet sei, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Ein Schutz vor Corona-Viren sei aufgrund deren geringer Größe und der Durchlässigkeit textiler Masken ausgeschlossen. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Schulen Infektionstreiber oder Hotspots seien. Die angeordnete Maskenpflicht sei auch nicht erforderlich. Die Anknüpfung an eine 7-Tage-Inzidenz von 50 sei willkürlich, da diese Inzidenz mangels Anknüpfung an die Zahl von Test-, Erkrankungs- und Todesraten keinen Aussagewert habe. Die Maskenpflicht greife unverhältnismäßig in ihre - der Antragstellerinnen - Grundrechte ein. Neben der allgemeinen Handlungsfreiheit seien auch ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit und ihr Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte und auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung empföhlen, durchfeuchtete Masken umgehend zu wechseln und dabei die Hände gründlich zu waschen sowie spätestens nach drei Stunden Tragezeit eine Erholungspause von 15 bis 30 Minuten einzulegen. Die Einhaltung dieser Vorgaben sei im Schulbetrieb unmöglich. In der Folge entstünden erhebliche, vom Verordnungsgeber tatsächlich nicht ermittelte und daher auch nicht hinreichend berücksichtigte Gesundheitsgefährdungen für die Schüler durch vermehrte Keim- und Schimmelbildung, Selbstinfektionen und Rückatmung von Kohlendioxid. Das dauerhafte Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen zeige auch erhebliche psychische Folgen für Schüler. Die an die 7-Tage-Inzidenz anknüpfende Anordnung der Maskenpflicht sei auch nicht das mildeste Mittel, da sie Möglichkeiten der Lüftung und des Abstandshaltens im Unterricht nicht berücksichtige. Dass es hierauf maßgeblich ankomme, habe der Verordnungsgeber mit den Vorgaben für das sogenannte Szenario B bei einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 anerkannt, wonach bei kleineren Klassen und größeren Abständen im Unterrichtsraum gerade keine Maskenpflicht mehr bestehe. Schließlich fehle es an einer Ausnahmeregelung, die Schüler, denen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterrichtsraum etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei, von der Maskenpflicht befreiten. Eine solche Ausnahmeregelung sei lediglich in § 3 Abs. 6 der Verordnung für die allgemeine Maskenpflicht, nicht aber in § 13 der Verordnung für die Maskenpflicht in Schulen enthalten. Das dort lediglich in Bezug genommene Hygienekonzept habe keinen Verordnungscharakter. Selbst bei Annahme einer Ausnahmeregelung käme ihnen - den Antragstellerinnen - diese tatsächlich nicht zugute. Sie litten zwar nachweislich an gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht unmöglich machten. Mehrere Ärzte hätten es jedoch von vorneherein kategorisch abgelehnt, ihnen entsprechende Atteste auszustellen. Auch Gespräche der Eltern mit den Lehrkräften hätten keine Lösung gebracht.

Die Antragstellerinnen beantragen,

§ 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verteidigt die angegriffene Verordnungsregelung. Diese sei hinreichend bestimmt. § 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 der Verordnung erfasse nur infektionsschutzrechtliche Anordnungen des zuständigen Gesundheitsamts. Die Schulen oder Schulbehörden selbst seien zu solchen Anordnungen nicht befugt. § 28a Abs. 1 Nr. 2 des Infektionsschutzgesetzes stelle ausdrücklich klar, dass die Maskenpflicht eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes sein könne. § 28a Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes fordere bei Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 50 die Ergreifung umfassender Schutzmaßnahmen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten ließen. Eine solche Schutzmaßnahme sei die in § 13 Abs. 1 Satz 6 der Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen angeordnete Maskenpflicht im Unterricht. Auch wenn der Einfluss geöffneter Schulen auf das Infektionsgeschehen nicht eindeutig feststehe, könne dieser nicht völlig vernachlässigt werden. Mund-Nasen-Bedeckungen der in § 3 Abs. 3 der Verordnung bestimmten Qualität reduzierten den Atemstrom und einen Speichel-, Schleim- und Tröpfchenauswurf und erschwerten die ungehinderte Diffusion virusbehafteter Aerosole und infektiöser Tröpfchen beim Husten und Niesen. Sie dienten vor allem dem Fremdschutz, vermittelten bei einer allseitigen Verwendung aber einen wechselseitigen Schutz und verhinderten so eine Virusverbreitung in den Schulen und auch aus den Schulen heraus. Die Anordnung der Maskenpflicht in Unterrichtsräumen sei auch erforderlich. Insbesondere im Präsenzunterricht in Schulen hielten sich die Schüler längere Zeit, räumlich beengt und ohne Möglichkeit, den Abstand von 1,5 m zu anderen Schülern einzuhalten, in geschlossenen Räumen auf, in denen sich infektiöse Aerosole anreichern könnten. Mildere, aber in gleicher Weise effektive Mittel bestünden nicht. Appelle an eigenverantwortliches Handeln und regelmäßiges Lüften seien allenfalls flankierende Maßnahmen. Die Schließung von Schulen und auch der sog. Wechselschichtbetrieb belasteten die Schüler (und Eltern) ungleich schwerer. Generelle gesundheitliche Beeinträchtigungen durch das bloße Tragen einer Maske seien nicht erwiesen. Ausnahmen von der Maskenpflicht würden aufgrund ärztlichen Attests oder amtlicher Bescheinigung gewährt, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder eine Vorerkrankung das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unzumutbar sei. Zudem seien Ausnahmen im Sportunterricht und kurzzeitige Ausnahmen für einzelne Personen im allgemeinen Unterricht vorgesehen,

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Normenkontrolleilantrag bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Antrag ist zulässig.

a. Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die Niedersächsische Corona-Verordnung ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, NdsRpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 16 ff.).

b. Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

c. Die Antragstellerinnen sind antragsbefugt. Nach ihrem Vorbringen erscheint es möglich, dass die Verordnungsregelung des § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sie in ihren Grundrechten der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG und der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie in dem nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Unerheblich für das Bestehen der Antragsbefugnis ist, ob die Antragstellerinnen derzeit tatsächlich der Maskenpflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 6 der Verordnung unterliegen oder wegen einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 und des damit verbundenen Wechselschichtbetriebs an den von ihnen besuchten Schulen gemäß § 13 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung von der Maskenpflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 6 der Verordnung befreit sind. Denn für die Antragsbefugnis genügt die Möglichkeit, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in absehbarer Zeit ein eigenen Rechten verletzt zu werden (vgl. Senatsbeschl. v. 18.11.2020 - 13 MN 448/20 -, juris Rn. 14 m.w.N.).

d. Dem Antrag fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Antragstellerinnen ihre Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung derzeit nicht verbessern können, mithin der Antrag, selbst wenn er ansonsten zulässig und begründet wäre, den Antragstellerinnen keinen Nutzen bringen könnte (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.6.2020 - 2 BvR 297/20 -, juris Rn. 14; Senatsbeschl. v. 29.6.2020 - 13 MN 244/20 -, juris Rn. 6; v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 68). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Zum einen steht nicht ohne Weiteres fest, dass bei einer vorläufigen Außervollzugsetzung des § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung die allgemeine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, nach § 3 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch in Schulen zur Anwendung gelangen würde (siehe hierzu im Einzelnen unten 2.a.(4)(b)(bb)(γ)(ββ))).

Zum anderen schließt eine etwaige Möglichkeit der Befreiung von Maskenpflicht im konkreten Einzelfall es nicht aus, vorrangig Rechtsschutz im Wege der (abstrakten bzw. prinzipalen) Normenkontrolle zu suchen (vgl. Senatsurt. v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 74 m.w.N.).

2. Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. „Doppelhypothese“ die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 - 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze bleibt der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ohne Erfolg. Ein in der Hauptsache noch zu stellender Normenkontrollantrag wäre voraussichtlich unbegründet (a.). Zudem überwiegen die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe die von den Antragstellerinnen geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung (b.).

a. Ein in der Hauptsache zulässigerweise noch zu stellender Normenkontrollantrag wäre voraussichtlich unbegründet. Nach der im Normenkontrolleilverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass die in § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Pflicht, unter bestimmten Voraussetzungen im Schulunterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, auf eine taugliche Rechtsgrundlage gestützt ((1)), formell rechtmäßig ((2)), hinreichend bestimmt ((3)) und auch im Übrigen materiell ((4)) rechtmäßig ist.

(1) Die Niedersächsische Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 ist allein auf die Rechtsgrundlagen des § 32 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), in der zuletzt durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1385) geänderten Fassung, gestützt.

Eine Verfassungswidrigkeit dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere mit Blick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen und deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, ist für den Senat - ebenso wie offenbar für das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Spruchpraxis betreffend die Corona-Pandemie (vgl. bspw. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -; v. 9.6.2020 - 1 BvR 1230/20 -; v. 28.4.2020 - 1 BvR 899/20 -, alle veröffentlicht in juris) - jedenfalls nicht offensichtlich (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 4.11.2020 - OVG 11 S 94/20 -, juris Rn. 28 ff.; Bayerischer VerfGH, Entsch. v. 21.10.2020 - Vf. 26-VII-20 -, juris Rn. 17 ff.; OVG Bremen, Beschl. v. 9.4.2020 - 1 B 97/20 -, juris Rn. 24 ff.; Hessischer VGH, Beschl. v. 7.4.2020 - 8 B 892/20.N -, juris Rn. 34 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.10.2020 - 13 B 1581/20.NE -, juris Rn. 32 ff.; Beschl. v. 6.4. 2020 - 13 B 398/20.NE -, juris Rn. 36 ff.; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 39 ff.; Beschl. v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 -, juris 17 f.; offengelassen: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 9.4.2020 - 1 S 925/20 -, juris Rn. 37 ff.).

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt im Hinblick auf Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf. Dabei betrifft die Normierungspflicht nicht nur die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt gesetzlich geregelt sein muss, sondern auch, wie weit diese Regelungen im Einzelnen zu gehen haben (sog. „Wesentlichkeitsdoktrin“, BVerfG, Urt. v. 19.9.2018 - 2 BvF 1/15 u.a. -, juris Rn. 199). Inwieweit es einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, hängt vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstands ab (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.9.2003 - 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 67 f. m.w.N.). Auch Gesetze, die zu Rechtsverordnungen und Satzungen ermächtigen, können den Voraussetzungen des Gesetzesvorbehalts genügen, die wesentlichen Entscheidungen müssen aber durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst erfolgen. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage bei Delegation einer Entscheidung auf den Verordnungsgeber aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen, stellt insoweit eine notwendige Ergänzung und Konkretisierung des Gesetzesvorbehalts und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung dar. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG führt als eine Ausprägung des allgemeinen Gesetzesvorbehalts den staatlichen Eingriff durch die Exekutive nachvollziehbar auf eine parlamentarische Willensäußerung zurück. Eine Ermächtigung darf daher nicht so unbestimmt sein, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.9.2018 - 2 BvF 1/15 u.a. -, juris Rn. 198 ff. m.w.N.). Die Ermächtigungsnorm muss in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Dazu genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm. Welche Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich daher nicht allgemein festlegen. Zum einen kommt es auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen an. Je schwerwiegender die grundrechtsrelevanten Auswirkungen für die von einer Rechtsverordnung potentiell Betroffenen sind, desto strengere Anforderungen gelten für das Maß der Bestimmtheit sowie für Inhalt und Zweck der erteilten Ermächtigung. Zum anderen hängen die Anforderungen an Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Determinierung von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ab, insbesondere davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist. Dies kann es auch rechtfertigen, die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.9.2016 - 2 BvL 1/15 -, juris Rn. 54 ff. m.w.N.).

Nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und auch nur gebotenen summarischen Prüfung ist für den Senat nicht offensichtlich, dass einerseits § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG und andererseits § 32 Satz 1 und 2 IfSG diesen Anforderungen nicht genügen könnten.

Mit § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG hat der Bundesgesetzgeber bewusst eine offene Generalklausel geschaffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 213 - juris Rn. 26 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes, BT-Drs. 8/2468, S. 27 f.), ohne aber den zuständigen Infektionsschutzbehörden eine unzulässige Globalermächtigung zu erteilen. Der Bundesgesetzgeber hat für den fraglos eingriffsintensiven Bereich infektionsschutzrechtlichen staatlichen Handelns selbst bestimmt, dass die zuständigen Behörden nur dann, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, „die notwendigen Schutzmaßnahmen“ treffen dürfen, und zwar insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, dies aber auch nur „soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist“.

Der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ ist dabei umfassend angelegt, um den Infektionsschutzbehörden insbesondere bei einem dynamischen, zügiges Eingreifen erfordernden Infektionsgeschehen ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen an die Hand zu geben (vgl. Senatsbeschl. v. 29.5.2020 - 13 MN 185/20 -, juris Rn. 27; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 2.4.2020 - 3 MB 8/20 -, juris Rn. 35). Zugleich ist der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ nach Inhalt und Zweck der Rechtsgrundlage mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln hinreichend zu begrenzen. Danach umfasst er auch die hier streitgegenständlichen Vorgaben, bestimmte Orte nur unter bestimmten Bedingungen, etwa nur mit einer Mund-Nasen-Bedeckung, zu betreten (vgl. Senatsbeschl. v. 5.5.2020 - 13 MN 119/20 -, juris Rn. 40).

Darüber hinaus sind dem behördlichen Einschreiten durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 9.4.2020 - 1 B 97/20 -, juris Rn. 30). Dass diese durch Auslegung bestimmten Grenzen nicht vom Willen des Bundesgesetzgebers gedeckt wären, vermag der Senat nicht zu erkennen. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) den Satz 1 des § 28 Abs. 1 IfSG um den zweiten Halbsatz “sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten“ ergänzt und gleichzeitig den bis dahin geltenden Satz 2 Halbsatz 2 gestrichen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dieser Änderung um eine bloße Anpassung aus Gründen der Normenklarheit handelt, besteht für den Senat kein vernünftiger Zweifel, dass damit der Gesetzgeber selbst hinreichend bestimmt zum Ausdruck gebracht hat, dass über punktuell wirkende Maßnahmen hinaus allgemeine oder gleichsam flächendeckende Verbote erlassen werden können. Dafür spricht nicht nur der Wortlaut von § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG. Auch der Umstand, dass es sich bei der Gesetzesänderung um eine Reaktion auf das aktuelle Bedürfnis zum Erlass von landesweit geltenden Schutzmaßnahmen handelt, trägt dieses Auslegungsergebnis, zumal der Gesetzgeber in Kenntnis der bereits erlassenen Länderverordnungen bei gleichzeitig bestehender Kritik an der ursprünglichen Gesetzesfassung gehandelt hat (so ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.4.2020 - 13 B 398/20.NE -, juris Rn. 52 m.w.N.). Eine weitergehende Konkretisierung der Eingriffsgrundlagen erscheint angesichts der Besonderheiten des Infektionsschutzrechts, die bei Eintritt eines Pandemiegeschehens kurzfristige Reaktionen des Verordnungsgebers auf sich ändernde Gefährdungslagen erforderlich machen können, verfassungsrechtlich nicht geboten.

Genügt danach § 28 Abs. 1 IfSG den an eine gesetzliche Rechtsgrundlage für staatliche Eingriffe zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an Inhalt, Zweck und Ausmaß, gilt dies auch für die Verordnungsermächtigung in § 32 Satz 1 und 2 IfSG. Denn diese Verordnungsermächtigung knüpft hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen auch an § 28 Abs. 1 IfSG an und ermächtigt die Landesregierungen bzw. von ihr befugte Stellen nur dazu, „unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen“. Der Gesetzgeber gibt also nicht verordnungstypisch einen Regelungsbereich in bestimmten Grenzen aus der Hand, um diesen der Exekutive zur eigenverantwortlichen abstrakten Ausfüllung zu übertragen. Die Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 und 2 IfSG stellt lediglich ein anderes technisches Instrument zur Verfügung, um konkret notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG zu erlassen und insbesondere bei flächendeckenden Infektionsgeschehen nicht auf Einzel- oder Allgemeinverfügungen angewiesen zu sein, denen aber durchaus eine vergleichbare flächenhafte Wirkung zukommen kann.

(2) Anhaltspunkte für eine formelle Rechtswidrigkeit der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 bestehen derzeit nicht.

Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. August 2020 (Nds. GVBl. S. 266), betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung zum Erlass der Verordnung zuständig.

Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 2 NV ist die Verordnung von der das Ministerium vertretenden Ministerin ausgefertigt und im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368) verkündet worden.

§ 20 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bestimmt, wie von Art. 45 Abs. 3 Satz 1 NV gefordert, den Tag des Inkrafttretens.

Auch dem Zitiergebot des Art. 43 Abs. 2 Satz 1 NV (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: BVerfG, Urt. v. 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1 - juris Rn. 152 ff. (zu Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG); Steinbach, in: Epping/Butzer u.a., Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 43 Rn. 20 m.w.N.) dürfte die Verordnung genügen.

Etwaige Verstöße des Antragsgegners gegen die Unterrichtungspflicht nach Art. 25 NV beeinflussen die Rechtmäßigkeit der Verordnung nicht (vgl. Niedersächsischer StGH, Beschl. v. 9.9.2020 - StGH 1/20 -, juris Rn. 9).

(3)§ 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erachtet der Senat auch für hinreichend bestimmt.

Das Gebot hinreichender Bestimmtheit zwingt den Normgeber nicht dazu, den Tatbestand einer Norm mit genau fassbaren Maßstäben zu umschreiben. Es liegt in der ihm bei der Normsetzung eingeräumten Gestaltungsfreiheit, auch unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.5.1989 - 1 BvL 35/86 -, BVerfGE 80, 103, 108 - juris Rn. 17). Dies kann gerade dann notwendig werden, um einer sonst nicht zu bewältigenden Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24. Januar 2019 - BVerwG 3 C 7.17 -, BVerwGE 164, 253, 260 - juris Rn. 23 m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt, ist die tatbestandliche Anknüpfung des § 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung daran, dass „in Bezug auf das Gebiet des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, in dem die Schule gelegen ist (Standort der Schule), die Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung 50 oder mehr Fälle je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen beträgt“, nicht zu beanstanden. Diese 7-Tage-Inzidenz ergibt sich aus der Veröffentlichung unter https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/Inzidenz-Ampel/ (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung). Die Maskenpflicht gilt in diesem Fall gemäß § 13 Abs. 1 Satz 6 a.E. der Verordnung „für die Dauer der Überschreitung der in Nummer 1 genannten Zahl der Neuinfizierten“.

Auch die alternative tatbestandliche Anknüpfung des § 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung daran, dasseine andere die Schule betreffende Infektionsschutzmaßnahme angeordnet wurde“, ist noch hinreichend bestimmt. „Infektionsschutzmaßnahme“ ist jede Maßnahme, die auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes von den hierfür zuständigen Behörden getroffen wird. Eine solche Infektionsschutzmaßnahme betrifft die Schule, wenn sie sich auf das Geschehen in der Schule oder auf dem Schulgelände oder eine sich dort regelmäßig aufhaltende Person (Lehrkräfte und andere Beschäftigte sowie Schülerinnen und Schüler) bezieht (vgl. demgegenüber die deutlich restriktivere Fassung des § 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der durch Verordnung v. 27.11.2020, Nds. GVBl. S. 408, geänderten und ab dem 1.12.2020 geltenden Fassung: „die zuständige Behörde gegenüber der Schule eine andere, mindestens eine Lerngruppe betreffende Infektionsschutzmaßnahme angeordnet hat“). Die Maskenpflicht gilt in diesem Fall gemäß § 13 Abs. 1 Satz 6 a.E. der Verordnung „für die Dauer von 14 Tagen“.

(4) § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist voraussichtlich auch im Übrigen materiell rechtmäßig.

(a) Die streitgegenständlichen Verordnungsregelungen sind mit Blick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG sind insoweit gegeben.

Nach § 32 Satz 1 IfSG dürfen unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sind erfüllt.

Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

Es wurden zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 Nrn. 3 ff. IfSG) im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt. Die weltweite Ausbreitung von COVID-19, die offizielle Bezeichnung der durch den neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2) als Krankheitserreger ausgelösten Erkrankung, wurde am 11. März 2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt. Weltweit sind derzeit mehr 60.500.000 Menschen mit dem Krankheitserreger infiziert und mehr als 1.426.000 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben (vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) Pandemic, veröffentlicht unter: www.who.int/ emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019, Stand: 27.11.2020). Derzeit sind im Bundesgebiet mehr als 1.006.000 Menschen infiziert und mehr als 15.580 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben und in Niedersachsen mehr als 68.200 Menschen infiziert und mehr als 1.100 Menschen infolge der Erkrankung verstorben (vgl. Robert Koch-Institut (RKI), COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand: 27.11.2020). Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Weltweit nimmt die Anzahl der Fälle rasant zu. Nach einer vorübergehenden Stabilisierung der Fallzahlen auf einem erhöhten Niveau ist aktuell ein starker Anstieg der Übertragungen auch in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Es kommt bundesweit zu Ausbruchsgeschehen. Der Anstieg wird durch Ausbrüche, insbesondere im Zusammenhang mit privaten Treffen und Feiern sowie bei Gruppenveranstaltungen, verursacht. Bei einem zunehmenden Anteil der Fälle ist die Infektionsquelle unbekannt. Es werden wieder vermehrt COVID-19-bedingte Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gemeldet und die Zahl der Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, ist in den letzten Wochen stark angestiegen (vgl. RKI, Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 11.11.2020). Diese Gefährdungseinschätzung des RKI als nationaler Behörde nach § 4 Abs. 1 IfSG wird nach dem Dafürhalten des Senats durch vereinzelt geäußerte Zweifel (vgl. Schriftsatz des Antragstellers v. 5.11.2020, dort A2) an der Zuverlässigkeit der zum Nachweis von SARS-CoV-2 verwendeten sog. PCR-Tests nicht erschüttert (vgl. hierzu Bayerischer VGH, Beschl. v. 8.9.2020 - 20 NE 20.2001 -, juris Rn. 28).

COVID-19 ist eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG. Die Erkrankung manifestiert sich als Infektion der Atemwege, aber auch anderer Organsysteme mit den Symptomen Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust. Der Krankheitsverlauf variiert in Symptomatik und Schwere. Es wird angenommen, dass etwa 81% der diagnostizierten Personen einen milden, etwa 14% einen schwereren und etwa 5% einen kritischen Krankheitsverlauf zeigen. Obwohl schwere Verläufe auch bei Personen ohne Vorerkrankung auftreten und auch bei jüngeren Patienten beobachtet wurden, haben ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50 bis 60 Jahren), Männer, Raucher (bei schwacher Evidenz), stark adipöse Menschen, Personen mit bestimmten Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck) und der Lunge (z.B. COPD) sowie Patienten mit chronischen Nieren- und Lebererkrankungen, mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), mit einer Krebserkrankung oder mit geschwächtem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie z.B. Cortison) ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Die Erkrankung ist sehr infektiös, und zwar nach Schätzungen beginnend etwa ein bis zwei Tage vor Symptombeginn und endend - bei mild-moderaten Erkrankungen - jedenfalls zehn Tage nach Symptombeginn. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel (größere Tröpfchen und kleinere Aerosole), die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen. Auch eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen kann nicht ausgeschlossen werden. Es ist zwar offen, wie viele Menschen sich insgesamt in Deutschland mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren werden. Schätzungen gehen aber von bis zu 70% der Bevölkerung aus, es ist lediglich unklar, über welchen Zeitraum dies geschehen wird. Grundlage dieser Schätzungen ist die so genannte Basisreproduktionszahl von COVID-19. Sie beträgt ohne die Ergreifung von Maßnahmen 3,3 bis 3,8. Dieser Wert kann so interpretiert werden, dass bei einer Basisreproduktionszahl von etwa 3 ungefähr zwei Drittel aller Übertragungen verhindert werden müssen, um die Epidemie unter Kontrolle zu bringen. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage bei einer Spannweite von einem bis zu 14 Tagen. Der Anteil der Infizierten, der auch tatsächlich erkrankt (Manifestationsindex), beträgt bis zu 85%. Laut der Daten aus dem deutschen Meldesystem werden etwa 14% der in Deutschland dem RKI übermittelten Fälle hospitalisiert. Unter hospitalisierten COVID-19-Patienten mit einer schweren akuten Atemwegserkrankung mussten 37% intensivmedizinisch behandelt und 17% beatmet werden. Die mediane Hospitalisierungsdauer von COVID-19-Patienten mit einer akuten respiratorischen Erkrankung beträgt 10 Tage und von COVID-19-Patienten mit einer Intensivbehandlung 16 Tage. Zur Aufnahme auf die Intensivstation führt im Regelfall Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz (> 30/min), dabei steht eine Hypoxämie im Vordergrund. Mögliche Verlaufsformen sind die Entwicklung eines akuten Lungenversagens (Acute Respiratory Distress Syndrome - ARDS) sowie, bisher eher seltener, eine bakterielle Koinfektion mit septischem Schock. Weitere beschriebene Komplikationen sind zudem Rhythmusstörungen, eine myokardiale Schädigung sowie das Auftreten eines akuten Nierenversagens (vgl. zum Krankheitsbild im Einzelnen mit weiteren Nachweisen: Kluge/Janssens/Welte/Weber-Carstens/Marx/Karagiannidis, Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19, in: Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin v. 12.3.2020, veröffentlicht unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-020-00674-3.pdf, Stand: 30.3.2020). Eine Impfung ist in Deutschland bislang nicht verfügbar. Verschiedene spezifische Therapieansätze (direkt antiviral wirksam, immunmodulatorisch wirksam) wurden und werden im Verlauf der Pandemie in Studien untersucht. Zwei Arzneimittel erwiesen sich jeweils in einer bestimmten Gruppe von Patienten mit COVID-19 als wirksam. Als direkt antiviral wirksames Arzneimittel erhielt Remdesivir am 3. Juli 2020 eine bedingte Zulassung zur Anwendung bei schwer erkrankten Patienten durch die Europäische Kommission. Als immunmodulatorisch wirksames Arzneimittel erhielt Dexamethason eine positive Bewertung durch die Europäische Kommission für die Anwendung bei bestimmten Patientengruppen mit einer Infektion durch SARS-CoV-2. Aufgrund der Neuartigkeit des Krankheitsbildes lassen sich keine zuverlässigen Aussagen zu Langzeitauswirkungen und (irreversiblen) Folgeschäden durch die Erkrankung bzw. ihre Behandlung (z.B. in Folge einer Langzeitbeatmung) treffen. Allerdings deuten Studiendaten darauf hin, dass an COVID-19 Erkrankte auch Wochen bzw. Monate nach der akuten Erkrankung noch Symptome aufweisen können.

Während der Fall-Verstorbenen-Anteil bei Erkrankten bis etwa 50 Jahren unter 0,1% liegt, steigt er ab 50 zunehmend an und liegt bei Personen über 80 Jahren häufig über 10% (vgl. zu Vorstehendem im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn =13490888, Stand: 13.11.2020; Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, veröffentlicht unter: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html, Stand: 13.11.2020).

Auch wenn nach diesen Erkenntnissen nur ein kleiner Teil der Erkrankungen schwer verläuft, kann das individuelle Risiko anhand der epidemiologischen und statistischen Daten nicht abgeleitet werden. So kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen, auch nach leichten Verläufen, sind derzeit noch nicht abschätzbar. Die Belastung des Gesundheitssystems hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektion, den hauptsächlich betroffenen Bevölkerungsgruppen, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen (z.B. Isolierung, Quarantäne, physische Distanzierung) ab. Sie ist aktuell in weiten Teilen Deutschlands bereits angespannt und kann sehr schnell weiter zunehmen, so dass das öffentliche Gesundheitswesen, aber auch die Einrichtungen für die ambulante und stationäre medizinische Versorgung örtlich stark belastet werden. Deshalb bleiben intensive gesamtgesellschaftliche Gegenmaßnahmen nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Die drei Säulen der Strategie bestehen in der Eindämmung (Containment, dazu gehört auch die Kontaktenachverfolgung), Protection (Schutz vulnerabler Gruppen) und Mitigation (Milderung der Folgen). Bei der Bewältigung der Pandemie müssen die verschiedenen Maßnahmen der Strategie zusammenwirken und sich gegenseitig verstärken, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Die massiven Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes stellen die Grundlage dar, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und Ausbrüche und Infektionsketten einzudämmen. Um Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich so weit wie möglich zu vermeiden, ist eine Intensivierung der gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen nötig. Hier können junge Erwachsene und Jugendliche und Personen mit vielen sozialen Kontakten durch Einhaltung der empfohlenen Maßnahmen in ganz besonderer Weise dazu beitragen, Übertragungen zu verhindern. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich zu halten und Ausbrüche zu verhindern. Hierdurch soll die Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und von Impfstoffen gewonnen werden. Auch sollen Belastungsspitzen im Gesundheitswesen vermieden werden (vgl. hierzu im Einzelnen: RKI, Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 11.11.2020).

Die danach vorliegenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verpflichten die zuständigen Behörden zum Handeln (gebundene Entscheidung, vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 212 - juris Rn. 23).

Zugleich steht damit fest, dass die Maßnahmen nicht auf die Rechtsgrundlage des § 16 Abs. 1 IfSG gestützt werden können. Denn die Rechtsgrundlagen einerseits des § 16 Abs. 1 IfSG im Vierten Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes „Verhütung übertragbarer Krankheiten“ und andererseits des § 28 Abs. 1 IfSG im Fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes „Bekämpfung übertragbarer Krankheiten“ stehen in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander; der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 IfSG ist nur eröffnet, solange eine übertragbare Krankheit noch nicht aufgetreten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1971 - BVerwG I C 60.67 -, BVerwGE 39, 190, 192 f. - juris Rn. 28 (zu §§ 10 Abs. 1, 34 Abs. 1 BSeuchG a.F.); Senatsurt. v. 3.2.2011 - 13 LC 198/08 -, juris Rn. 40).

(b) § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ordnet auch eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG an.

(aa) Dies gilt zunächst für den durch die Verordnungsregelungen betroffenen Adressatenkreis.

Wird ein Kranker, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger oder Ausscheider festgestellt, begrenzt § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG den Handlungsrahmen der Behörde nicht dahin, dass allein Schutzmaßnahmen gegenüber der festgestellten Person in Betracht kommen. Die Vorschrift ermöglicht Regelungen gegenüber einzelnen wie mehreren Personen. Vorrangige Adressaten sind zwar die in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG benannten Personengruppen. Bei ihnen steht fest oder besteht der Verdacht, dass sie Träger von Krankheitserregern sind, die bei Menschen eine Infektion oder eine übertragbare Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 1 bis Nr. 3 IfSG verursachen können. Wegen der von ihnen ausgehenden Gefahr, eine übertragbare Krankheit weiterzuverbreiten, sind sie schon nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehr- und Polizeirechts als „Störer“ anzusehen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG können aber auch (sonstige) Dritte („Nichtstörer“) Adressat von Maßnahmen sein, beispielsweise um sie vor Ansteckung zu schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 212 f. - juris Rn. 25 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3.4.2020 - OVG 11 S 14/20 -, juris Rn. 8 f.).

Aus infektionsschutzrechtlicher Sicht maßgeblich ist insoweit allein der Bezug der durch die konkrete Maßnahme in Anspruch genommenen Person zur Infektionsgefahr. Dabei gilt für die Gefahrenwahrscheinlichkeit kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Vielmehr ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§§ 1 Abs. 1, 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Im Falle eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen würde, drängt sich angesichts der schwerwiegenden Folgen auf, dass die vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.2012 - BVerwG 3 C 16.11 -, BVerwGE 142, 205, 216 - juris Rn. 32).

Nach der dargestellten Risikobewertung des gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu berufenen Robert Koch-Instituts besteht für die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schülerinnen und Schüler als Adressaten der in § 13 Abs. 1 Satz 6 der Verordnung angeordneten Maskenpflicht ein hinreichend konkreter Bezug zu einer Infektionsgefahr. Für den Senat steht nach seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen, mit einer Vielzahl von Personen und längerer Verweildauer ein signifikant erhöhtes Risiko der Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 in sich tragen (vgl. zuletzt mit weiteren zahlreichen Nachweisen zur Senatsrechtsprechung: Senatsbeschl. v. 25.11.2020 - 13 MN 487/20 -, juris Rn. 83).

(bb) Die in § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen angeordnete Maskenpflicht im Schulunterricht ist auch nach Art und Umfang eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG.

„Schutzmaßnahmen“ im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG können ihrer Art nach, wie dargestellt (siehe oben 2.a.(1)), auch Vorgaben sein, bestimmte Orte nur unter bestimmten Bedingungen, etwa nur mit einer Mund-Nasen-Bedeckung, zu betreten (vgl. Senatsbeschl. v. 5.5.2020 - 13 MN 119/20 -, juris Rn. 40).

Dem steht die mangelnde Erwähnung der hier auch betroffenen Grundrechte der Antragstellerinnen aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (siehe hierzu oben 1.c.) in § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG nicht entgegen. Denn das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG, welches § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG zu erfüllen sucht, besteht nur, soweit im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG„ein Grundrecht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann“. Von derartigen Grundrechtseinschränkungen sind andersartige grundrechtsrelevante Regelungen zu unterscheiden, die der Gesetzgeber in Ausführung der ihm obliegenden, im Grundrecht vorgesehenen Regelungsaufträge, Inhaltsbestimmungen oder Schrankenziehungen vornimmt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.5.1970 - 1 BvR 657/68 -, BVerfGE 28, 282, 289 - juris Rn. 26 ff. (zu Art. 5 Abs. 2 GG); Beschl. v. 12.1.1967 - 1 BvR 168/64 -, BVerfGE 21, 92, 93 - juris Rn. 4 (zu Art. 14 GG); Urt. v. 29.7.1959 - 1 BvR 394/58 -, BVerfGE 10, 89, 99 - juris Rn. 41 (zu Art. 2 Abs. 1 GG)). Hierzu zählen auch die Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG und das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

Der weite Kreis möglicher Schutzmaßnahmen wird durch § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG aber dahin begrenzt, dass die Schutzmaßnahme im konkreten Einzelfall „notwendig“ sein muss. Der Staat darf mithin nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig sind (vgl. Senatsbeschl. v. 26.5.2020 - 13 MN 182/20 -, juris Rn. 38). Diese Notwendigkeit ist während der Dauer einer angeordneten Maßnahme von der zuständigen Behörde fortlaufend zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 - 1 BvQ 31/20 -, juris Rn. 16).

(α) Hier steht für den Senat außer Frage, dass der Verordnungsgeber mit der streitgegenständlichen Verordnungsregelung das legitime Ziel verfolgt, die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs von Ansteckungen und Krankheitsfällen zu vermeiden. Zur Vorbeugung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sollen die Kontakte in der Bevölkerung drastisch reduziert werden, um das Infektionsgeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Zahl der Neuinfektionen wieder in durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nachverfolgbare Größenordnungen zu senken.

(β) Zur Erreichung dieser legitimen Ziele ist die in der streitgegenständlichen Verordnungsregelung angeordnete Maßnahme auch geeignet.

Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, wie sie die §§ 1 Satz 2, 2 Abs. 2 Satz 2, 3 Abs. 1 und 2, 7 Abs. 1 Satz 4 und auch der hier streitgegenständliche § 13 Abs. 1 Satz 6 der Verordnung bestimmen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der wissenschaftlichen Erkenntnis zur Bekämpfung von Infektionen mit SARS-CoV-2 grundsätzlich geeignet (vgl. mit weiterer Begründung etwa Senatsbeschl. v. 28.10.2020 - 13 MN 390/20 -, juris Rn. 30; v. 14.8.2020 - 13 MN 300/20 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.; vgl. dahingehend auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Axel Gehrke und weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD, Wissenschaftliche Grundlagen der Maskenpflicht, BT-Drs. 19/23537, S. 2 f. m.w.N.). Demgegenüber verkennen die Antragstellerinnen den Prozess der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung, wenn sie einzelne Publikationen zitieren, die sich kritisch mit der Wirksamkeit von Mund-Nasen-Bedeckungen auseinandersetzen (Schriftsatz der Antragstellerinnen v. 16.11.2020, dort S. 8 f.). Wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht dadurch gewonnen, dass von allen Seiten gleichförmige Paradigmen wiederholt werden, sondern dadurch, dass sich aus verschiedenen Beiträgen und Sichtweisen eine Synthese bildet.

Diese grundsätzliche Annahme gilt auch für das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Schulen, sei es in den Unterrichtsräumen, in dem übrigen Schulgebäude oder auf dem Schulgelände. Nach den Empfehlungen des gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu berufenen Robert Koch-Instituts für Schulen („Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19-Pandemie“, Stand: 12.10.2020, dort insbesondere S. 3 f., veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Praevention-Schulen.pdf;jsessionid=339EA3CC30C028C5FFFBE917644B2497.internet052?__blob=publicationFile) gelten die infektionspräventiven Grundprinzipien und Empfehlungen, darunter die Empfehlungen zum Tragen einer Alltagsmaske, auch im Schulsetting. Die anerkannten Infektionsschutzmaßnahmen sind auch im Kindes- und Jugendalter wirksam, zumindest für ältere Kinder gut umsetzbar und ein wichtiger Baustein bei der Bewältigung der Pandemie.

Die von den Antragstellerinnen geltend gemachten Unsicherheiten und Herausforderungen bei der täglichen Benutzung und Reinigung von Mund-Nasen-Bedeckungen stellen die Eignung dieser nicht durchgreifend infrage. Die von den Antragstellerinnen behaupteten gesundheitlichen Risiken bei der Benutzung von Mund-Nasen-Bedeckungen (Schriftsatz v. 16.11.2020, dort S. 11 ff.) erachtet der Senat für weitgehend vermeidbar, jedenfalls aber für auf ein hinzunehmendes Maß reduzierbar. Die hier allein betroffenen Schülerinnen und Schüler der Sekundarbereiche I und II befinden sich in einem Alter, indem ohne Weiteres selbst oder mithilfe der Eltern das notwendige Wissen für die sachgerechte Benutzung einer Mund-Nasen-Bedeckung erworben und die hierfür erforderliche Übung erlangt werden kann. Ebenso dürfte die Erkenntnis zu vermitteln sein, dass es sich um eine nur vorübergehend hinzunehmende Schutzmaßnahme handelt, die allenfalls zeitweise die persönliche Lebensführung und die individuelle Freiheit in geringem Umfang beeinträchtigt. Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass ein regelmäßiger Wechsel etwa durchfeuchteter Masken in der Schule nicht gestattet würde, bestehen für den Senat nicht.

(γ) Die in der streitgegenständlichen Verordnungsregelung getroffene Schutzmaßnahme durfte der Verordnungsgeber unter Berücksichtigung des ihm zukommenden Einschätzungsspielraums auch für erforderlich halten.

(αα) Mildere Mittel im Hinblick auf das tätigkeitsbezogene Infektionsgeschehen drängen sich dem Senat nicht auf.

Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen, mit einer Vielzahl von Personen und längerer Verweildauer, wie sie auch im Schulunterricht gegeben sind, bergen nach der bereits dargestellten Auffassung des Senats ein signifikant erhöhtes Risiko der Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2, das durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung der in § 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung beschriebenen Qualität zumindest deutlich reduziert werden kann (siehe oben 2.a.(4)(b)(bb)(β)).

Belastbare widerstreitende Erkenntnisse dafür, dass diese Grundannahmen in Schulen und dort insbesondere in Unterrichtsräumen nicht gelten, sind nicht ersichtlich. Nach den bereits zitierten Empfehlungen des Robert Koch-Instituts für Schulen („Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19-Pandemie“, Stand: 12.10.2020, dort insbesondere S. 2 f., veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Praevention-Schulen.pdf;jsessionid=339EA3CC30C028C5FFFBE
917644B2497.internet052?__blob=publicationFile) sind vielmehr auch Schülerinnen und Schüler prinzipiell empfänglich für eine Infektion mit SARS-CoV-2 und können diese auch andere infizieren. Mit zunehmendem Alter ähneln Jugendliche hinsichtlich Empfänglichkeit und Infektiosität den Erwachsenen. Ausbrüche in Schulen werden nach Wiedereröffnung der Bildungseinrichtungen in zunehmendem Ausmaß beobachtet.

Mildere, gleich effektive Mittel drängen sich dem Senat nicht auf. Die regelmäßige Lüftung der Unterrichtsräume ist sicher eine sinnvolle und auch notwendige Ergänzung der Maskenpflicht, aber nicht geeignet, deren Wirkung vollständig zu ersetzen. Die Einhaltung des Abstandsgebots mag in geschlossenen Räumen eine vergleichbare Wirkung wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung entfalten, ist aber bei den vom Verordnungsgeber in den Blick zu nehmenden Regelfällen nur zu realisieren, wenn die Zahl der gleichzeitig am Präsenzunterricht teilnehmenden Schülerinnen und Schüler deutlich reduziert wird. Dies dürfte zwangsläufig dazu führen, dass die Schülerinnen und Schüler jeweils weniger Stunden in den Schulen unterrichtet werden, als dies derzeit möglich ist. Die hiermit verbundene Belastung und Beeinträchtigung des Rechts auf Bildung (Art. 4 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung) schließt es aus, eine mildere Maßnahme als die Maskenpflicht anzunehmen.

(ββ) Mildere Mittel sind auch im Hinblick auf das gebietsbezogene Infektionsgeschehen nicht ersichtlich.

Der Senat geht in seiner bisherigen Rechtsprechung - ebenso wie der Antragsgegner in dem von der Niedersächsischen Landesregierung erstellten “Handlungskonzept zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens in der COVID 19 Pandemie“ (veröffentlicht unter: www.stk.niedersachsen.de/startseite/presseinformationen/vorsorgliches-handlungskonzept-zur-bekampfung-eines-gegebenenfalls-weiter-ansteigenden-infektionsgeschehens-in-der-covid-19-pandemie-193263.html, Stand: 5.10.2020) - davon aus, dass das bloße Überschreiten einer bestimmten 7-Tage-Inzidenz in einem bestimmten Gebiet, also der Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen, es nicht ohne Weiteres rechtfertigt, für alle Personen in einem solchen Gebiet eine einheitliche Gefahrenlage anzunehmen und diesen gegenüber unterschiedslos generalisierende infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zu treffen (vgl. Senatsbeschl. v. 15.10.2020 - 13 MN 371/20 -, juris Rn. 59 (Beherbergungsverbot) und v. 29.10.2020 - 13 MN 393/20 -, juris Rn. 57 (Sperrzeiten im Gastronomiebereich)). Ob hieran angesichts der durch das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I, S. 2397) neu eingefügten Regelung des § 28a Abs. 3 IfSG festgehalten werden kann, bedarf in diesem Fall noch keiner Entscheidung.

Denn die hier zu beurteilende Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung verknüpft die Anordnung einer Maskenpflicht in Unterrichtsräumen nicht allein mit einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 50. Vordergründig unter bloßer Betrachtung des Wortlauts der streitgegenständlichen Verordnungsregelung scheint zwar eine solche Verknüpfung gegeben. Hierauf weisen die Antragstellerinnen durchaus zutreffend hin. Diese Betrachtung verkennt aber das Regelungsgefüge der Niedersächsischen Corona-Verordnung im Übrigen. § 3 Abs. 1 Satz 1 im Ersten Teil („Allgemeine Vorschriften“) der Niedersächsischen Corona-Verordnung bestimmt, dass jede Person in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, grundsätzlich (vgl. zu Ausnahmen: § 3 Abs. 4 und 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen hat. Die dem zugrunde Gefahrenbewertung des Verordnungsgebers ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht zu beanstanden (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 18.11.2020 - 13 MN 448/20 -, juris Rn 60 ff.). Unter Anwendung dieser allgemeinen Vorschrift gälte grundsätzlich auch in jeder Schule in Unterrichtsräumen, in denen die Schülerinnen und Schüler im Sitzen den gebotenen Abstand von 1,5 m nicht einhalten können (vgl. § 3 Abs. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung), die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Der Verordnungsgeber hat mit § 13 im Zweiten Teil („Besondere Vorschriften“) der Niedersächsischen Corona-Verordnung aber bewusst eine abweichende, die allgemeine Regelung des § 3 verdrängende spezielle Regelung geschaffen. Bei durchaus vergleichbarem infektiologischen Risiko wird zur Vermeidung der mit dem Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verbundenen Erschwernisse und sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen für die Schülerinnen und Schüler vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Unterrichtsräumen grundsätzlich abgesehen. Die hiermit verbundene Besserstellung und damit Ungleichbehandlung der Schulen gegenüber den von der allgemeinen Regelung des § 3 der Verordnung betroffenen Einrichtungen ist angesichts des nicht nur im Kindesinteresse, sondern im Allgemeininteresse liegenden und in Art. 7 Abs. 1 GG normierten staatlichen Erziehungsauftrags (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 15.10.2014 - 2 BvR 920/14 -, juris Rn. 16; Senatsbeschl. v. 30.4.2020 - 13 MN 131/20 -, juris Rn. 34) gerechtfertigt (vgl. zu den sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergebenden Anforderung bei differenzierten Infektionsschutzmaßnahmen: Senatsbeschl. v. 18.11.2020 - 13 MN 448/20 -, juris Rn. 113 f m.w.N.). Von diesem Grundsatz werden aufgrund einer nachvollziehbaren konkreten Risikobewertung des Verordnungsgebers aber zwei Ausnahmen gemacht, denen eine durchaus signifikante Änderung der Gefahrenlage zugrunde liegt. Dies gilt zum einen dann, wenn in Bezug auf das Geschehen in der konkreten Schule eine Infektionsschutzmaßnahme angeordnet worden ist (§ 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 der Verordnung). Dies gilt zum anderen aber auch dann, wenn in dem Gebiet, in dem die Schule belegen ist, die 7-Tage-Inzidenz die Grenze von 50 überschreitet und damit auch nach nach dem Dafürhalten des Senats durchaus tatsächliche Anhaltspunkte für ein dynamisches Infektionsgeschehen und eine erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit bestehen (§ 13 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 der Verordnung). In diesen beiden Fällen wird also nicht schlicht eine infektionsschutzrechtliche Maßnahme angeordnet, sondern eine Änderung der nachvollziehbaren konkreten Risikobewertung angenommen, die es aufgrund einer erhöhten Gefahrenlage nicht mehr rechtfertigt, in Unterrichtsräumen einer Schule eine Ausnahme von der in § 3 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten grundsätzlichen Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, zuzulassen.

Die danach gegebene konkrete Risikobewertung des Verordnungsgebers rechtfertigt es auch, landesweit einheitliche infektionsschützende Maßnahmen zu ergreifen. Landesweit lag die 7-Tage-Inzidenz im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnungsregelung über 100 und beträgt auch derzeit noch etwa 90. Der weit überwiegende Teil der Landkreise und kreisfreien Städte weist eine 7-Tage-Inzidenz von mehr als 50 auf, welche die Grenze markiert, bis zu der die öffentliche Gesundheitsverwaltung in Deutschland zu einer Rückverfolgung der Infektionsketten maximal in der Lage ist und so das wichtige und legitime Ziel der Verhinderung der weiteren Ausbreitung durch Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko noch erreicht werden kann (vgl. Senatsbeschl. v 5.6.2020 - 13 MN 195/20 -, juris Rn. 33). Wird diese Grenze in einem bestimmten Gebiet überschritten, bestehen auch nach dem Dafürhalten des Senats durchaus tatsächliche Anhaltspunkte für ein dynamisches Infektionsgeschehen und eine erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit. Hinzu kommt ein landesweit diffuses Infektionsgeschehen. Auch wenn es deutliche regionale Unterschiede in der Verteilung gibt, steigen die Zahlen von Neuinfektionen flächendeckend an und sind die Ausbruchsgeschehen weit überwiegend keinen bestimmten Ereignissen oder Örtlichkeiten mehr zuzuordnen. Die örtlichen Gesundheitsämter sind trotz personeller Verstärkung häufig nicht mehr in der Lage, Infektionsketten nachzuverfolgen. Die Verdoppelungsrate hat sich von weit über 30 Tagen im Sommer auf 7 Tage im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnungsregelung reduziert. Die Zahl infizierter und erkrankter Menschen, die älter als 60 Jahre sind und die ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, ist drastisch angestiegen. Auch die Sterbefallzahlen und die Auslastung medizinischer und insbesondere intensivmedizinischer Kapazitäten steigen stetig an, wobei der Antragsgegner seine Maßnahmen nicht erst dann treffen darf, wenn diese (nahezu) erschöpft sind (vgl. hierzu im Einzelnen die Angaben des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes unter https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen/, des RKI im täglichen Lagebericht unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html?nn=13490888 und im DIVI-Intensivregister zur Gesamtzahl freier intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten am 23.10.2020: 7.682 und am 27.11.2020: 5.318; veröffentlicht unter divi.de).

In Bezug auf das gebietsbezogene Infektionsgeschehen mildere Mittel ergeben sich nicht daraus, dass Schutzmaßnahmen nur für besonders schutzbedürftige (Risiko-) Gruppen von Personen ergriffen werden. Dies ist schon angesichts der Größe und nur begrenzt möglichen Konkretisierung dieser Gruppen und der jedenfalls nicht verlässlichen Effektivität einer solchen Beschränkung kein milderes Mittel.

(δ) Die in § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen angeordnete Maskenpflicht im Schulunterricht ist schließlich auch angemessen (so bspw. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 13.11.2020 - 3 MR 61/20 -, juris Rn. 40; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 9.11.2020 - OVG 11 S 114/20 -, juris Rn. 40 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.10.2020 - 1 S 3201/20 -, juris Rn. 63 ff.).

Der Senat verkennt nicht, dass der mit der Maskenpflicht verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerinnen von einigem Gewicht ist. Sie können am Schulunterricht jedenfalls grundsätzlich nicht teilnehmen, ohne zuvor eine Mund-Nasen-Bedeckung aufzusetzen und damit ihr Gesicht teilweise zu verdecken. Dadurch wird ihr Recht, das eigene äußere Erscheinungsbild nach eigenem Gutdünken selbstverantwortlich zu bestimmen, mit einigem Gewicht beeinträchtigt. Mit dieser Beeinträchtigung gehen Einschränkungen unter anderem in der Kommunikation und sozialen Interaktion aufgrund der Verdeckung des Gesichts und der Mimik sowie Erschwernisse bei der ungehinderten Atmung und damit unter Umständen dem Wohlbefinden während des Unterrichts einher. Andererseits betrifft die Maßnahme nur einen räumlich und zeitlich, wenn auch nicht unerheblichen, so doch beschränkten Teilbereich des öffentlichen Lebens. Auch die Beschaffung der Mund-Nasen-Abdeckung dürfte angesichts der an sie in der Verordnung gestellten minimalen Anforderungen regelmäßig mit keinem messbaren Aufwand verbunden sein.

Eine Beeinträchtigung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit vermag der Senat zudem nicht zu erkennen. Unsicherheiten, Herausforderungen und sich daraus ergebende hygienische und allgemeine gesundheitliche Risiken bei der täglichen Benutzung und Reinigung von Mund-Nasen-Bedeckungen vermögen die Verpflichteten selbst hinreichend zu beeinflussen und so weitgehend zu vermeiden (siehe hierzu oben 2.a.(4)(b)(bb)(β)). Darüber hinaus gehenden besonderen gesundheitlichen Risiken der Benutzung einer Mund-Nasen-Bedeckung ist durch Ausnahmeregelungen angemessen Rechnung getragen. Es kann offen bleiben, ob im Hinblick auf die Spezialität des § 13 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auf die allgemeine Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zurückgegriffen werden kann (siehe hierzu oben 2.a.(4)(b)(bb)(γ)(ββ)). § 13 Abs. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in Verbindung mit Nr. 6.4 Abs. 4 des Niedersächsischen Rahmen-Hygieneplan Corona Schule vom 22. Oktober 2020 (veröffentlicht unter www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/schule-neues-schuljahr-190409.html: „Personen, für die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung oder einer Vorerkrankung, zum Beispiel einer schweren Herz- oder Lungenerkrankung, das Tragen einer MNB nicht zumutbar ist und die dies mit ärztlichem Attest glaubhaft machen können, sind von der Verpflichtung ausgenommen.“) enthält jedenfalls eine hinreichende besondere Ausnahmeregelung (vgl. VG Braunschweig, Beschl. v. 19.11.2020 – 4 B 397/20 -, Umdruck S. 8 f.).

Der so gewichtete Grundrechtseingriff ist (auch) von den Antragstellerinnen zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 - juris Rn. 119 m.w.N.), vorübergehend hinzunehmen. Hierbei berücksichtigt der Senat auch, dass eine ungehinderte weitere Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 auch die Gefahr birgt, dass Schulen komplett geschlossen werden müssen, und dass dies für die betroffenen Schülerinnen und Schüler deutlich schwerwiegendere Nachteile mit sich bringen kann, als das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 9.11.2020
- OVG 11 S 114/20 -, juris Rn. 43).

b. Ohne eine vorläufige Außervollzugsetzung drohen schließlich auch keine derart gewichtigen Nachteile, dass diese die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe überwiegen könnten.

Dabei erlangen die erörterten Erfolgsaussichten des in der Hauptsache gestellten oder zu stellenden Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Normenkontrolleilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn die angegriffene Norm erhebliche Grundrechtseingriffe bewirkt, sodass sich das Normenkontrolleilverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweist (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 31).

Schon danach wiegt das Interesse der Antragstellerinnen an einer einstweiligen Außervollzugsetzung der streitgegenständlichen Verordnungsregelung für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens nicht schwer. Dieses Gewicht signifikant erhöhende wesentliche oder schwerwiegende Nachteile durch den weiteren Normvollzug ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragstellerinnen nicht. Der Senat erachtet es insbesondere nicht für glaubhaft, dass für die Antragstellerinnen trotz behaupteter gesundheitlicher Beeinträchtigungen beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung keine Möglichkeit besteht, mit einem ärztlichen Attest eine Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zu erreichen. Ihr dahingehendes Vorbringen in der eidesstattlichen Versicherung ihrer Eltern vom 17. November 2020 (Blatt 18 f. der Gerichtsakte) ist, anders als das Vorbringen zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen, so detailarm, dass es für den Senat nicht zu verifizieren ist. Zudem widerspricht dieses Vorbringen allgemeiner Erfahrung. Selbst wenn ihr Vorbringen insoweit aber zutreffen sollte, wäre kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, der sie davon abhalten könnte, einen anderen Arzt oder einen Amtsarzt aufzusuchen oder die begehrte Ausnahme nötigenfalls gerichtlich durchzusetzen.

Das derart gewichtete Interesse der Antragstellerinnen setzt sich nicht gegen das öffentliche Interesse an einem ununterbrochenen weiteren Vollzug der Maskenpflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung für die Dauer eines etwaigen Normenkontrollverfahrens in der Hauptsache durch. Denn ohne diesen bliebe die Möglichkeit, eine weitere geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 - juris Rn. 119 m.w.N.), effektiver zu verhindern, (irreversibel) ungenutzt und würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der erneuten Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach derzeitigen Erkenntnissen weiter erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v. 7.4.2020 - 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 28.4.2020
- 1 BvR 899/20 -, juris Rn. 12 f.).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich für jeden Antragsteller den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).