Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.11.2020, Az.: 13 MN 516/20

Corona; Gleichheitssatz; Individualsport; Mannschaftssport; Normenkontrolleilantrag; Sportanlage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.11.2020
Aktenzeichen
13 MN 516/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71860
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Der Antrag des Antragstellers (Schriftsatz v. 13.11.2020, S. 2 f.),

die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368) vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit deren § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 für Angebote des Freizeit- und Amateursportbetriebs auf und in öffentlichen und privaten Sportanlagen keine Ausnahme für den Sport- und Trainingsbetrieb von Kindern bis 12 Jahren vorsieht,

bleibt ohne Erfolg. Der Antrag ist unzulässig (1.), wäre aber auch unbegründet (2.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Antrag ist bereits unzulässig.

Er ist nicht auf eine vorläufige Außervollzugsetzung, sondern auf eine Normergänzung gerichtet. Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist die Gültigkeit einer Rechtsvorschrift. Die Norm muss - wie es in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO heißt und auch für § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gilt - "erlassen", also jedenfalls bereits verkündet sein. Eine Normenkontrolle, die auf Erlass einer untergesetzlichen Regelung gerichtet ist, ist daher unstatthaft. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die Rechtsvorschrift (teilweise) ungültig ist, so erklärt es sie nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO (teilweise) für unwirksam. Ein Rechtsgrund für eine Unwirksamkeit kann darin liegen, dass der Normgeber unter Verstoß gegen höherrangiges Recht einen bestimmten Sachverhalt nicht berücksichtigt und damit eine rechtswidrige, unvollständige Regelung erlassen hat. Zielt ein Normenkontrollantrag dagegen auf Ergänzung einer vorhandenen Norm, ohne deren Wirksamkeit in Frage zu stellen, ist der Weg der Normenkontrolle nicht eröffnet. Auch der Wortlaut des § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist eindeutig und lässt keinen Raum für Ergänzungen des Tenors über die Feststellung der Unwirksamkeit hinaus. Das Normenkontrollgericht hat sich auf die (teilweise) Kassation von Rechtsvorschriften zu beschränken und muss sich nicht zu Möglichkeiten einer Fehlerbehebung verhalten. Es ist nicht Aufgabe des Normenkontrollverfahrens, eine bestimmte Art der Fehlerbehebung durch Feststellungen, die über den Ausspruch der Unwirksamkeit hinausgehen, in den Raum zu stellen, bevor der Normgeber darüber entschieden hat. Denn es ist grundsätzlich Sache des Normgebers, welche Konsequenzen er aus der gerichtlich festgestellten Fehlerhaftigkeit zieht. Das folgt aus der im Gewaltenteilungsgrundsatz angelegten Entscheidungsfreiheit der rechtsetzenden Organe. Auch die Verpflichtung des Normgebers, die Entscheidungsformel im Falle der Erklärung als unwirksam nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre, spricht dafür, dass eine stattgebende Normenkontrollentscheidung (nur) die (teilweise) Kassation der Norm zur Folge hat. Mit dem actus contrarius der Veröffentlichung wird spiegelbildlich zur Verkündung inter omnes Kenntnis von der Unwirksamkeit vermittelt und der Rechtsschein der Norm verlässlich beseitigt. Damit verträgt sich ein Ausspruch nicht, der die Ergänzungsbedürftigkeit einer Norm zum Gegenstand hat (vgl. im Einzelnen: BVerwG, Urt. v. 16.4.2015 - BVerwG 4 CN 2.14 -, BVerwGE 152, 55, 56 f. - juris Rn. 4; Senatsbeschl. v. 14.5.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 5).

So liegt der Fall hier. Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag keine (teilweise) Außervollzugsetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung, sondern deren Ergänzung. Sein tatsächliches Ziel ist es, die in Halbsatz 2 des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung bereits vorgesehene Ausnahme der grundsätzlichen Schließung von Angeboten des Freizeit- und Amateursportbetriebs auf und in öffentlichen und privaten Sportanlagen für "die sportliche Betätigung im Rahmen des Individualsports allein, mit einer weiteren Person oder den Personen des eigenen Hausstands auf und in diesen Sportanlagen" zu erweitern und zu ergänzen, und zwar angelehnt an § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz der Niedersächsischen Corona-Verordnung dahin, dass auch Gruppen von Kindern bis 12 Jahren für den Sport- und Trainingsbetrieb von der grundsätzlichen Schließung ausgenommen werden. Hierbei handelt es sich aber nur um eine von mehreren möglichen Formen der Änderung der vom Antragsteller als zu weitreichend empfundenen Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Behebung der vom Antragsteller monierten Ungleichbehandlung. Es ist aber nicht Aufgabe des Senats, - im Falle der Unwirksamkeit der genannten Bestimmung - dem Normgeber eine von mehreren Korrekturmöglichkeiten vorzugeben.

2. Der Senat sieht davon ab, den Antrag des Antragstellers dahin auszulegen, dass er eine zulässige vollständige Außervollzugsetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung begehrt. Denn dieser Antrag wäre unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. "Doppelhypothese" die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 - 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 - 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 - 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe bliebe ein Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ohne Erfolg. In einem Hauptsacheverfahren wäre die Verordnungsregelung voraussichtlich nicht für unwirksam zu erklären (a.) und es droht ohne eine vorläufige Außervollzugsetzung der Norm auch kein gewichtiger Nachteil (b.).

a. Der Senat hat bereits in zahlreichen Verfahren entschieden, dass die Betriebsverbote und -beschränkungen in § 10 Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das "Ob" eines staatlichen Handelns und die Notwendigkeit der infektionsschutzrechtlichen Maßnahme als solcher keine durchgreifenden Zweifel bestehen (vgl. hierzu im Einzelnen und mit näherer Begründung etwa die Senatsbeschl. v. 6.11.2020 - 13 MN 433/20 -, (zur Schließung von Fitnessstudios nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 der Niedersächsischen Corona-Verordnung); v. 6.11.2020 - 13 MN 411/20 - (zur Schließung von Gastronomiebetrieben nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung); v. 9.11.2020 - 13 MN 472/20 - (zur Schließung von Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnlichen Einrichtungen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung); v. 11.11.2020 - 13 MN 436/20 - (zu der gegenüber gewerblichen oder privaten Vermietern einer Ferienwohnung oder eines Ferienhauses in § 10 Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung getroffenen Untersagung, Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken zu unterbreiten und das Übernachten zu touristischen Zwecken zu gestatten) alle veröffentlicht in juris oder der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz unter www.rechtsprechung.niedersachsen.de).

Der Senat erachtet nach summarischer Prüfung auch die von dem Antragsteller aufgezeigte Ungleichbehandlung für sachlich gerechtfertigt, so dass eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht gegeben sein dürfte.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240, 252 - juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. -, BVerfGE 98, 365, 385 - juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11 -, BVerfGE 132, 179, 188 - juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, 69 - juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. -, BVerfGE 126, 400, 416 - juris Rn. 79).

Hiernach sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde weniger streng (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020 - OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. Hamburgisches OVG, Beschl. v. 26.3.2020 - 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (vgl. Senatsbeschl. v. 14.4.2020 - 13 MN 63/20 -, juris Rn. 62). Auch die Überprüfbarkeit der Einhaltung von Ge- und Verboten kann berücksichtigt werden (vgl. Senatsbeschl. v. 9.6.2020 - 13 MN 211/20 -, juris Rn. 41).

Dies zugrunde gelegt vermag der Senat zunächst einen Verstoß der Verordnungsregelung gegen das Willkürverbot nicht zu erkennen. Die in § 10 Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Betriebsverbote und -beschränkungen beruhen auf der jedenfalls nicht schlichtweg sachfremden Erwägung, dass ein ganz erheblicher Teil der für das Infektionsgeschehen relevanten sozialen Kontakte von vorneherein verhindert werden muss, und dass diese Verhinderung neben den ganz erheblichen Beschränkungen von Kontakten im privaten Bereich am gemeinwohlverträglichsten durch Verbote und Beschränkungen in den Bereichen Freizeit, Sport, Unterhaltung und körpernaher Dienstleistungen erreicht werden kann. Ausgenommen sind grundrechtlich besonders geschützte Bereiche wie die Religionsausübung und öffentliche Versammlungen (vgl. Senatsbeschl. v. 6.11.2020 - 13 MN 433/20 -, juris Rn. 62; OVG Saarland, Beschl. v. 13.11.2020 - 2 B 332/20 -, juris Rn. 20).

Bei summarischer Prüfung erscheint die hier allein zu beurteilende Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch nicht nur mit dem bloßen Willkürverbot vereinbar, sondern sachangemessen. Der Verordnungsgeber hat unter Wahrung des Regelungsziels, die für das Infektionsgeschehen relevanten sozialen Kontakte zu verhindern, Ausnahmen vorgesehen, die jedenfalls im Rahmen des Individualsports nicht nur eine sportliche Betätigung als solche gestatten, sondern diese auch auf oder in den grundsätzlich geschlossenen Sportanlagen erlauben. Dass der Verordnungsgeber dabei den Kreis der von den Ausnahmen Begünstigten restriktiver gefasst hat, als in anderen Regelungszusammenhängen (vgl. etwa § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nrn. 1, 2 und 10 und § 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) ist schon wegen der unterschiedlichen infektionsschutzrechtlichen Gefahrenlagen und auch der unterschiedlichen Grundrechtsbetroffenheiten nicht zu beanstanden. Auch die vom Antragsteller monierte Ungleichbehandlung des Schulsports gegenüber dem Freizeit- und Amateursportbetrieb ist von Sachgründen getragen. Zwar kann im Schulsport ebenso wie im Freizeit- und Amateursport eine Vielzahl von Sporttreibenden aufeinandertreffen. Nur ist dies im Schulsport eine durch die Schulklassen von vorneherein abgegrenzte Gruppe mit weitgehend unveränderter Personenzusammensetzung (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung). Letztgenannte Zusammensetzung mag in Bereichen des Mannschaftssports ähnlich sein. Die feste Abgrenzung der Gruppe nicht nur beim Sport, sondern auch in anderen Alltagssituationen ist aber nicht mehr gegeben. Vielmehr treffen dann beim Freizeit- und Amateursport zahlreiche Sporttreibende aufeinander, die in den übrigen Alltagssituationen keinen Bezug zu einander haben und die deshalb eine neue und durch relevante Gefahrenlage für die Virusverbreitung eröffnen.

Eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung ergibt sich schließlich nicht daraus, dass andere Länder von den niedersächsischen Anordnungen abweichende Schutzmaßnahmen getroffen haben. Voraussetzung für eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist, dass die Vergleichsfälle der gleichen Stelle zuzurechnen sind. Daran fehlt es, wenn die beiden Sachverhalte von zwei verschiedenen Trägern öffentlicher Gewalt gestaltet werden; der Gleichheitssatz bindet jeden Träger öffentlicher Gewalt allein in dessen Zuständigkeitsbereich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83 -, BVerfGE 76, 1, 73 - juris Rn. 151 m.w.N.). Ein Land verletzt daher den Gleichheitssatz nicht deshalb, weil ein anderes Land den gleichen Sachverhalt anders behandelt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.5.2008 - 1 BvR 645/08 -, juris Rn. 22 m.w.N.).

b. Ohne eine vorläufige Außervollzugsetzung drohen schließlich auch keine derart gewichtigen Nachteile, dass diese die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe überwiegen könnten.

Dabei erlangen die erörterten Erfolgsaussichten des in der Hauptsache gestellten oder zu stellenden Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Normenkontrolleilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn die angegriffene Norm erhebliche Grundrechtseingriffe bewirkt, sodass sich das Normenkontrolleilverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweist (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 31).

Schon danach wiegt das Interesse des Antragstellers an einer einstweiligen Außervollzugsetzung der Verordnung für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens nicht schwer. Dieses Gewicht signifikant erhöhende wesentliche oder schwerwiegende Nachteile durch den weiteren Normvollzug ergeben sich aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass die Verordnungsregelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung insbesondere den Mannschaftssport als solchen, aber auch die damit verbundenen sozialen Interaktionen in ganz erheblicher Weise betrifft. Andererseits ist diese Betroffenheit zeitlich befristet und die Verordnungsregelung gestattet Ausnahmen, die zumindest eine "sportliche Betätigung im Rahmen des Individualsports allein, mit einer weiteren Person oder den Personen des eigenen Hausstands auf und in diesen Sportanlagen" weiterhin gestatten.

Die gleichwohl verbleibende Beeinträchtigung ist von dem Antragsteller vorübergehend hinzunehmen. Denn ohne diesen würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der erneuten Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach den derzeit nur vorliegenden Erkenntnissen erheblich erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v. 11.11.2020 - 1 BvR 2530/20 -, juris Rn. 16 f.).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).