Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.11.2020, Az.: 1 MN 71/20

Abstellanlage; Abstellplatz; Anlagenbegriff; Elektrobus; Hybridbus; Immissionsschutz; Ladeinfrastruktur; Ladeplatz; Ladestation; Lärmimmission; Lärmimmissionen; Nebenanlage; Nebeneinrichtung; ortsfeste Anlage; Straßenverkehrsfläche; Verkehrsanlage; Verkehrsfläche; Zweckbestimmung, besondere

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.11.2020
Aktenzeichen
1 MN 71/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71848
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Abstell- und Ladestation für Elektrobusse kann gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB als Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung festgesetzt werden; dies schließt die Errichtung der mit Blick auf ihre besondere verkehrliche Zweckbestimmung erforderlichen Nebenanlagen ein.

2. Eine Abstell- und Ladestation für Elektrobusse, deren Benutzung dem städtischen Verkehrsbetrieb vorbehalten und die nicht für den allgemeinen Verkehr gewidmet ist, ist immissionsschutzrechtlich nicht als Teil einer öffentlichen Straße gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG, § 1 Abs. 1 16. BImSchV, sondern als ortsfeste Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 BImSchG anzusehen. Die Lärmimmissionen sind demzufolge nach Maßgabe der TA Lärm zu beurteilen.

Tenor:

Der vom Rat der Antragsgegnerin (zuletzt) am 10. Juli 2020 beschlossene Bebauungsplan „A-Stadt-D. Nr. 46 "E-Ladestation B-Straße“ wird bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Normenkontrolleilverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan A-Stadt-D. Nr. 46 „E-Ladestation B-Straße“; sie rügt insbesondere eine fehlerhafte Bewältigung der Lärmproblematik.

Die Antragstellerin bewohnt eine in gemeinschaftlichem Wohnungseigentum stehende Wohnung im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses unter der im Aktivrubrum bezeichneten Anschrift. Das Gebäude liegt im Südosten der sog. E., einem ehemaligen Kasernengelände im Stadtteil D., und zwar unmittelbar nordwestlich der Kreuzung B-Straße/F. Straße/G. in einem mit Bebauungsplan A-Stadt-D. Nr. 210 festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Dem Gebäude gegenüber auf der anderen Seite der Kreuzung liegt eine mit Sträuchern und kleineren Gehölzen bestandene Brachfläche, die nördlich, westlich und südlich von Straßen begrenzt wird und im Osten in den A-Stadt Stadtwald übergeht. Jenseits der Straßen, die den Wald, das Naturschutzgebiet H. Feld und einen ehemaligen Schießplatz erschließen und die jedenfalls nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht für den allgemeinen Verkehr freigegeben sind, beginnt ebenfalls der Stadtwald. Die Brachfläche war ebenso wie der umgebende Wald bis zu ihrer im Jahr 2019 erfolgten Entlassung Teil des Landschaftsschutzgebietes I.; der Flächennutzungsplan stellt die Fläche als Wald dar.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt, ihren Stadtbusverkehr auf elektrisch betriebene Busse umzustellen. Zu diesem Zweck möchte sie an verschiedenen Endhaltestellen Ladestationen errichten. Eine solche Endhaltestelle mit Lademöglichkeiten für vier Busse soll auf der vorbezeichneten Brachfläche entstehen. Zu diesem Zweck setzt der angegriffene Bebauungsplan den westlichen Teil einschließlich der dort bislang verlaufenden Straße als öffentliche Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung „Busstellplätze mit Ladeinfrastruktur“ fest. Die Fläche soll ausweislich der textlichen Festsetzungen den städtischen Verkehrsbetrieben zum Laden und Abstellen von Hybrid- und Elektrobussen dienen. Betriebsbezogene Nebenanlagen sowie technische Versorgungseinrichtungen - in der Ausführungsplanung vorgesehen sind unter anderem ein Transformatorenhäuschen, Sozialräume und vier Lademasten - sind zulässig. Als Ersatz für den überplanten Teil der bisherigen Straße setzt der Plan in seinem östlichen Bereich eine neue Anbindung der den Stadtwald erschließenden Straßen an die Straße G. in Gestalt einer Straßenverkehrsfläche fest. Die neue Anbindung liegt rund 70 m von der alten Anbindung entfernt. Weitere Flächen - auch außerhalb des eigentlichen Plangebiets - werden als Grünflächen festgesetzt; diese Flächen dienen (auch) dem Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft. Entlang der Straße G. werden acht Pkw-Stellplätze festgesetzt.

Den Planaufstellungsbeschluss fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin am 10. September 2018. Nach frühzeitiger Beteiligung der Öffentlichkeit, in der zahlreiche Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern, darunter der Antragstellerin eingingen, veranlasste die Antragsgegnerin eine schalltechnische Untersuchung. Das erste Gutachten vom 7. Mai 2019 bewertete die durch die Verkehrsbewegungen der Busse sowohl im Bereich der Ladestation als auch auf den umliegenden öffentlichen Verkehrsflächen ausgelösten Immissionen sowie die Immissionen der Parkplätze auf der Grundlage der 16. BImSchV, die Immissionen des Transformators nach der TA Lärm. Im Ergebnis stellte das Gutachten eine nächtliche Überschreitung der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV an dem von der Antragstellerin bewohnten Mehrfamilienhaus von bis zu 0,6 dB(A) fest; der Lärm des Transformators unterschritt die Immissionsrichtwerte der TA Lärm hingegen an allen Immissionsorten um mindestens 15 dB(A). Mit ergänzender Stellungnahme vom 20. Mai 2019 bezog der Gutachter zudem den allgemeinen Verkehrslärm in seine Betrachtung ein mit dem Ergebnis, dass sowohl die Tag- als auch die Nachtwerte nach der 16. BImSchV an zahlreichen Immissionsorten schon im Bestand überschritten sind und nach Errichtung der Ladestation eine weitergehende Überschreitung zu erwarten sei. Es folgte die öffentliche Auslegung im Sommer 2019, die erneut zu zahlreichen Einwendungen auch der Antragstellerin führte. Die Antragsgegnerin überarbeitete daraufhin den Planentwurf durch kleinere Änderungen an den Verkehrs-, Grün- und Ausgleichsflächen sowie seine Begründung und legte den Plan im Januar 2020 für die Zeit von 13 Tagen erneut aus, wobei sie die Möglichkeit der Abgabe von Stellungnahmen auf die geänderten oder ergänzten Teile beschränkte. Aufgrund der Corona-Pandemie und des zwischenzeitlich beschlossenen Lockdowns erging der Satzungsbeschluss sodann durch den Verwaltungsausschuss als Eilentscheidung im Umlaufverfahren mit Abschluss am 18. März 2020. Die öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin erfolgte am 31. März 2020.

Die Antragstellerin hat am 20. April 2020 einen Normenkontrollantrag gestellt und zugleich vorläufigen Rechtsschutz beantragt, zu dessen Begründung sie zahlreiche formelle und materielle Fehler rügt. Insbesondere macht sie Fehler bei der Bewertung der Lärmimmissionen geltend. Die eingeholten Gutachten gingen von fehlerhaften rechtlichen und tatsächlichen Annahmen aus. Insbesondere habe die Betrachtung insgesamt nach der TA Lärm erfolgen müssen. Dementsprechend sei die Abwägung fehlerhaft. Die Entlassung der Teilfläche aus dem Landschaftsschutzgebiet sei unwirksam. Umweltbezogene Belange seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan A-Stadt-D. Nr. 46 „E-Ladestation B-Straße“ im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie verteidigt den angegriffenen Plan. Insbesondere gingen von der Busladestation keine unzumutbaren Lärmimmissionen aus. Die Abwägung sei insofern frei von Rechtsfehlern.

Der beigeladene Verkehrsbetrieb hat sich nicht geäußert.

Während des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens hat die Antragsgegnerin eine erneute schalltechnische Stellungnahme vom 28. Mai 2020 eingeholt, die eine Gesamtbetrachtung der E-Ladestation nach der TA Lärm vornimmt. Die Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte an allen Immissionsorten sicher eingehalten werden und auch der An- und Abfahrtsverkehr der Anlage auf öffentlichen Verkehrsflächen keine zusätzlichen Maßnahmen erfordere. Die Antragsgegnerin hat daraufhin die Planbegründung entsprechend ergänzt, den Satzungsbeschluss - diesmal durch den Rat - am 10. Juli 2020 wiederholt und den Bebauungsplan unter dem 21. Juli 2020 erneut ortsüblich bekannt gemacht. Die Antragstellerin hat die neue Planfassung in ihren Normenkontrolleilantrag sowie in ihren Antrag in der Hauptsache einbezogen.

II.

Der zulässige Normenkontrolleilantrag der Antragstellerin ist begründet.

1. Der Senat hat sich mit Beschluss vom 28.2.2020 - 1 MN 153/19 -, juris Rn. 15, dem vom 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung (Beschl. v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381 = BauR 2015, 968 = juris Rn. 12; v. 16.9.2015 - 4 VR 2.15 -, BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 -, BauR 2019, 1442 = juris Rn. 4) vertretenen Prüfungsmaßstab für Anträge nach § 47 Abs. 6 VwGO angeschlossen. Zu prüfen sind danach zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist.

a) Die Erfolgsaussichten des bereits anhängigen Hauptsacherechtsbehelfs der Antragstellerin sind hoch. Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin leidet unter einem beachtlichen Fehler im Abwägungsvorgang, der aller Voraussicht nach dessen Unwirksamkeit zur Folge hat. Der Antragsgegnerin ist es - verlasst durch die in zentralen Punkten mangelhaften schalltechnischen Stellungnahmen - nicht gelungen, die von der E-Ladestation ausgehenden Lärmimmissionen rechtlich wie tatsächlich zutreffend zu erfassen.

Als Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Ladestation hat die Antragsgegnerin zutreffend § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB herangezogen. Die Vorschrift ermächtigt zur Festsetzung von Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden. Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung sind Flächen, bei denen die Verkehrsfunktion um eine weitere städtebauliche Zweckbestimmung ergänzt wird (vgl. Gierke, in: Brügelmann, BauGB, § 9 Rn. 463 <Stand der Bearbeitung: April 2020>). Das gestattet die Festsetzung einer Fläche zum Abstellen und Laden von Hybrid- und Elektrobussen und schließt die Errichtung der Ladeinfrastruktur wie eines Transformators und der Lademasten sowie die Errichtung der mit Blick auf die besondere verkehrliche Zweckbestimmung erforderlichen Nebenanlagen - hier sieht die Ausführungsplanung einen Aufenthaltsraum für die Fahrer einschließlich sanitärer Anlagen vor - ein. Bedenken gegen die Bestimmtheit des in der textlichen Festsetzung verwendeten Begriffs der „betriebsbezogenen Nebenanlagen“ sind nicht begründet. Der Begriff lässt nur bauliche Anlagen zu, die mit der Zweckbestimmung „Laden und Abstellen“ von Bussen in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Dass Carports, Garagen und vergleichbare Überdachungen für Busse - so die Planbegründung - bzw. für einen Betriebshof typische weitergehende bauliche Anlagen zur Wartung von Bussen - so die Abwägung - nicht eingeschlossen sind, lässt sich der Auslegung ohne Schwierigkeiten entnehmen.

Die Festsetzung als öffentliche Verkehrsfläche für den Busverkehr führt allerdings nicht dazu, dass die Busladestation als Teil einer öffentlichen Straße im Sinne von § 41 Abs. 1 BImSchG, § 1 Abs. 1 16. BImSchV anzusehen wäre mit der Folge, dass die Lärmimmissionen der Verkehrsbewegungen nach der 16. BImSchV zu bewerten wären. Öffentliche Straßen im Sinne der vorgenannten Vorschriften sind nur solche, die dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 41 Rn. 12 m.w.N.). Daran fehlt es hier aus zwei Gründen, und zwar auch in Bezug auf die der Ladestation zugehörigen Verkehrsflächen. Die Busladestation soll erstens nach ihrer Zweckbestimmung den Bussen des städtischen Verkehrsbetriebs vorbehalten bleiben. Zweitens ist sie nicht Teil des Verkehrswegs als solcher, sondern aus straßenrechtlicher Perspektive allenfalls eine mit dessen wesentlicher Verkehrsfunktion nur mittelbar verknüpfte Nebenanlage, die ihrerseits nicht § 41 Abs. 1 BImSchG, § 1 Abs. 1 16. BImSchV unterfällt (vgl. zu einer Abstell- und Instandhaltungsanlage für eine Eisenbahn VGH BW, Urt. v. 25.10.2002 - 5 S 1013/00 -, NVwZ-RR 2003, 461 = juris Rn. 29). Es handelt sich deshalb um eine ortsfeste Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 BImSchG, sodass die von ihr ausgehenden Immissionen einschließlich des Zu- und Abgangsverkehrs - der Vertreter der Antragstellerin hat dies zu Recht wiederholt eingefordert - auf der Grundlage der TA Lärm zu bewerten sind (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 -, NVwZ 1999, 523 = juris Rn. 37).

Möglicherweise als Bau einer öffentlichen Straße im Sinne des § 1 Abs. 1 16. BImSchV anzusehen sein könnte allerdings die als Straßenverkehrsfläche festgesetzte neue Anbindung des Stadtwalds, des Naturschutzgebiets H. Feld und des ehemaligen Schießplatzes im Nordosten des Plangebiets (vgl. zum Begriff des Baus in Abgrenzung zur bloßen Änderung BVerwG, Urt. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 -, NVwZ 2005, 591 = juris Rn. 25), dies allerdings nur, soweit es sich insofern nicht um eine reine Privatstraße handelt. Hier wird unter Aufgabe der alten Trasse eine gänzlich neue Straßenanbindung geschaffen, die demzufolge eine neue Betrachtung der von ihr ausgehenden Verkehrsimmissionen (Busverkehr und sonstiger Verkehr) verlangt. Dabei kommt es allerdings allein auf die durch das Neubauvorhaben bedingten Lärmimmissionen an; der Bestand - das betrifft insbesondere den Verkehr auf den Straßen G., B-Straße und F. Straße - bleibt unberücksichtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.11.2004 - 9 A 67.03 -, NVwZ 2005, 591 = juris Rn. 23).

Eine Gesamtbetrachtung des (bestehenden und zukünftigen) Verkehrslärms sowie der von der Busladestation ausgehenden Lärmimmissionen in Gestalt eines Summenpegels wäre demgegenüber nur dann zulässig und zugleich erforderlich, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Gesamtbelastung der Geräuschimmissionen aus verschiedenen Lärmquellen die Grenze zur Gesundheitsgefährdung überschreiten könnte. Dafür ist in diesem Fall jedoch nichts ersichtlich; die Ermittlungen zeigen, dass auch in der maßgeblichen lautesten Nachstunde eine Gesundheitsgefährdung offenkundig nicht zu erwarten ist.

Den daraus gemäß § 2 Abs. 3 BauGB folgenden Pflichten an die Ermittlung und Bewertung der abwägungserheblichen Lärmimmissionen ist die Antragsgegnerin - dies rügt die Antragstellerin zu Recht - nicht vollständig gerecht geworden. Zwar hat sie ihrem letzten Satzungsbeschluss eine ergänzte Begründung beigefügt, die den Lärm der Busladestation einschließlich der Fahrbewegungen auf den dazugehörigen Flächen sowie des Ein- und Ausfahrtverkehrs - im Ausgangspunkt zutreffend - auf der Grundlage der TA Lärm bewertet. Die dem zugrundeliegende schalltechnische Stellungnahme vom 28. Mai 2020 ist jedoch ihrerseits fehlerhaft, weil sie - auch insoweit folgt der Senat der Antragstellerin - von fehlerhaften Emissionsansätzen ausgeht. Nach ihrer Zweckbestimmung dient die Busladestation dem Laden und Abstellen von Hybrid- und Elektrobussen. Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass Hybridbusse auch unter Nutzung eines dieselbetriebenen Verbrennungsmotors die Station anfahren. Die schalltechnische Stellungnahme legt jedoch für die Parkvorgänge die Emissionen eines Niederflurstadtbusses mit Erdgasantrieb und für die Fahrwege die Emissionen eines reinen Elektrobusses zugrunde; jedenfalls letztere Emissionen liegen erheblich unterhalb der Emissionen eines dieselbetriebenen Fahrzeugs. Dass im betrieblichen Ablauf Hybridbusse möglicherweise nicht zum Einsatz kommen werden, ist unerheblich. Zu bewerten sind die Immissionen, mit denen unter Berücksichtigung der Festsetzungen des Bebauungsplans realistischerweise zu rechnen ist. Das sind bei einer Anlage zum Abstellen und Laden von Hybrid- und Elektrobussen naturgemäß auch Hybridbusse, über die die Beigeladene zudem in größerer Anzahl verfügt.

Der Senat vermag auch nicht auszuschließen, dass sich dadurch die immissionsschutzrechtliche Betrachtung insgesamt verändert. Jedenfalls an dem für die Antragstellerin maßgeblichen Immissionspunkt B-Straße, 2 OG, wird der für ein allgemeines Wohngebiet geltende Immissionsrichtwert für die Nacht gemäß Nr. 6.1 TA Lärm von 40 dB(A) ausweislich der Stellungnahme mit 39,7 dB(A) nahezu erreicht; die Unterschätzung der Emissionen kann sich also auch im Ergebnis auswirken und zu einer Überschreitung führen, die die Antragsgegnerin veranlassen könnte, ihre Planung zu überarbeiten. Vor diesem Hintergrund ist der offenkundige Fehler gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich und führt aller Voraussicht nach zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans in seiner gegenwärtigen Gestalt.

b) Die weiter gebotene Abwägung der wechselseitigen Interessen fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Ihr ist nicht zuzumuten, die nach Auffassung der Antragsgegnerin im Wesentlichen nicht baugenehmigungspflichtige Errichtung der Busladestation hinzunehmen, ohne dass eine Einhaltung der Immissionsrichtwerte gesichert ist. Der Außervollzugsetzung stehen keine hinreichend gewichtigen Interessen der Antragsgegnerin oder Dritter an der vorläufigen Ausnutzung des Bebauungsplans gegenüber. Das Interesse an der Umsetzung eines mit hoher Wahrscheinlichkeit abwägungsfehlerhaft zustande gekommenen Bebauungsplans wiegt generell gering. Die Antragsgegnerin kann sich zudem zeitnah vergewissern, ob auch bei Zugrundelegung fehlerfreier Emissionsansätze die Immissionsrichtwerte der TA Lärm eingehalten werden. Ist das der Fall, ist die Heilung des Bebauungsplans ohne großen Zeitverzug möglich.

2. Nur für den Fall, dass die Antragsgegnerin ein ergänzendes Verfahren durchführen möchte, merkt der Senat an, dass die weiteren Angriffe der Antragstellerin - soweit nach erneutem Satzungsbeschluss noch von Belang - dem Normenkontrollantrag nach Lage der Akten voraussichtlich nicht zum Erfolg verhelfen würden.

Ein Verfahrensfehler liegt nicht darin, dass die Antragsgegnerin die erneute Planoffenlegung im Januar 2020 auf einen Zeitraum von 13 Tagen verkürzt und Stellungnahmen nur zu den geringfügig geänderten Festsetzungen - einen Gehweg und eine Grünfläche betreffend - ermöglicht hat (§ 4a Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB). Das gilt ungeachtet dessen, dass die schalltechnische Bewertung in der Planbegründung zwischenzeitlich ergänzt worden war. § 4a Abs. 3 Satz 2 BauGB gestattet es der Gemeinde zu bestimmen, dass Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen abgegeben werden können. Die Begriffe der Änderung und der Ergänzung beziehen sich auf den „Entwurf des Bauleitplans“, dem gemäß § 2a Satz 1 BauGB „eine Begründung beizufügen“ ist. Die Pflicht zur erneuten Offenlegung wird daher nur von veränderten Festsetzungen, nicht aber von einer veränderten Planbegründung und dem zugehörigen Umweltbericht ausgelöst; dies gilt jedenfalls dann, wenn ein geänderter Umweltbericht lediglich eine Neubewertung bereits vorhandener Sachinformationen enthält (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.3.2017 - 4 CN 1.16 -, BVerwGE 158, 182 = juris Rn. 15; Senatsurt. v. 24.6.2015 - 1 KN 138/13 -, BauR 2015, 1624 = juris Rn. 19). So liegt der Fall bezüglich der von der Antragstellerin gerügten Lärmproblematik hier. Die Planbegründung enthält zwar eine weitergehende Erläuterung und Bewertung von Lärmschutzaspekten, dies allerdings ausschließlich auf der Grundlage der bereits in der ersten Auslegung vorliegenden schalltechnischen Stellungnahmen. Der Umweltbericht hat in diesem Punkt keine Änderung erfahren. Eine Pflicht zur erneuten Offenlegung hätte dies nicht ausgelöst, sodass dazu auch keine Stellungnahmemöglichkeit eröffnet werden musste.

Eine Pflicht zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung folgt vor diesem Hintergrund auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin vor dem letzten Satzungsbeschluss eine weitere schalltechnische Stellungnahme vom 28. Mai 2020 - diesmal auf der Grundlage der TA Lärm - veranlasst hat. Diese aus Sicht der Antragsgegnerin nur ergänzende Betrachtung hat keine neuen oder andersartigen Belastungen erbracht. Demzufolge ist der Umweltbericht wiederum unverändert geblieben. Der Senat betont allerdings, dass mit dieser auf die Vergangenheit bezogenen Feststellung eine Aussage darüber, ob ein ergänzendes Verfahren nach rechtlich wie tatsächlich richtiger Einordnung der Lärmimmissionen mit einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung verbunden werden müsste, ausdrücklich nicht verbunden ist.

Die Entlassung der Teilfläche aus dem Landschaftsschutzgebiet I. durch Verordnung vom 13. September 2019 ist wirksam bekannt gemacht. Die Antragsgegnerin hat die der Verordnung zugehörigen Karten gemäß § 14 Abs. 4 Satz 4 NAGBNatSchG als Anlage im Amtsblatt veröffentlicht. Dafür, dass dies nicht maßstabsgetreu erfolgt sein könnte, spricht gegenwärtig nichts.

Der Bebauungsplan verstößt nicht in beachtlicher Weise gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Dabei kann offenbleiben, ob die Festsetzung knapp bemessener Verkehrsflächen am äußersten Rand des im Flächennutzungsplan dargestellten Waldes im Übergang zum Siedlungsbereich schon aufgrund der insofern nicht parzellenscharfen Darstellung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vereinbar ist. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, wäre ein Fehler jedenfalls nicht im Sinne von § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB beachtlich. Die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung in Bezug auf das gesamte Gemeindegebiet wird angesichts des geringen Umfangs der betroffenen Flächen und der Gesamtausdehnung des Waldes offensichtlich nicht beeinträchtigt.

Die Abweichung von dem gemäß § 4 NAGBNatSchG, § 11 BNatSchG aufgestellten Landschaftsplan begründet ebenfalls keinen Rechtsfehler. Aus § 11 Abs. 3 BNatSchG folgt, dass die darin für die örtliche Ebene konkretisierten Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (lediglich) in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen sind. Dies hat die Antragsgegnerin in fehlerfreier Weise getan. Dass die von der Antragsgegnerin verfolgten Belange - Klimaschutz, Immissionsschutz - ein besonders hohes Gewicht aufweisen und das Zurückstellen anderer Belange rechtfertigen, liegt auf der Hand (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7, § 1a Abs. 5 BauGB).

Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Antragsgegnerin die naturschutzfachliche Bedeutung der in Anspruch zu nehmenden Flächen am Waldrand unterschätzt haben könnte. Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Erfassung der vorhandenen Biotoptypen und der betroffenen Tierarten insoweit defizitär sein könnte; auch die Antragstellerin legt dies nicht nachvollziehbar dar.

Eine mögliche Erdfallgefahr begründet ebenfalls keinen Abwägungsfehler. Die Antragsgegnerin hat die entsprechenden Karten des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geowissenschaften ausgewertet, die für die in Anspruch zu nehmenden Flächen keine Erdfallgefahr ausweisen. Bei Erstellung der Karten war bekannt, dass in dem Gebiet grundsätzlich ein Erdfallrisiko besteht. Weitergehende Ermittlungen waren vor diesem Hintergrund auch mit Blick auf die abstrakten Ausführungen der Antragstellerin nicht veranlasst.

Bezüglich der Lärmproblematik sieht der Senat ebenfalls keine weiteren Abwägungsfehler. Die nur kursorische Darstellung der Emissionsansätze bezüglich der Ladevorgänge in der schalltechnischen Stellungnahme vom 28. Mai 2020 hat der Gutachter mit Blick auf eine mögliche Abweichung von der bayerischen Parkplatzlärmstudie in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. Oktober 2020 plausibel erläutert. Dass insofern ein Fehler vorliegen könnte, ist gegenwärtig nicht ersichtlich. Plausibel ist auch die Darstellung des Gutachters, dass es einer Einbeziehung der von den Bussen im Kreuzungsbereich, also außerhalb der Ladestation, verursachten Emissionen gemäß Nr. 7.4 TA Lärm nicht bedurft habe. Einzubeziehen sind nach Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 1 TA Lärm lediglich die Fahrzeuggeräusche bei der Ein- und Ausfahrt, die in Zusammenhang mit dem Betrieb der Anlage entstehen. Dem stehen die Verkehrsgeräusche auf den öffentlichen Verkehrsflächen gegenüber, für die (nur) die Absätze 2 bis 4 gelten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.1.2013 - 4 B 23.12 -, BRS 81 Nr. 91= juris Rn. 5). Verkehrsgeräusche bei der Ein- und Ausfahrt finden danach zwar im öffentlichen Straßenraum statt; sie müssen jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ein- und Ausfahrtvorgang stehen (vgl. für das Rangieren im öffentlichen Straßenraum zum Zweck der Ein- und Ausfahrt OVG NRW, Beschl. v. 7.8.2018 - 10 A 2185/16 -, juris Rn. 5 ff.). Der insofern entstehende Lärm - dies hat der Gutachter ausweislich seiner Darstellung der angesetzten Fahrbewegungen zutreffend berücksichtigt - ist der Anlage zuzurechnen. Für die übrigen Verkehrsgeräusche kommen allein Verminderungsmaßnahmen in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat berücksichtigt dabei, dass die Antragstellerin eine erhebliche Minderung des Wohnwertes ihrer Eigentumswohnung beklagt. Dieses Interesse bemisst der Senat mit 10.000 EUR; der Betrag ist aufgrund der Vorläufigkeit der hier angestrebten Entscheidung zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).