Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.11.2020, Az.: 10 LA 229/20
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.11.2020
- Aktenzeichen
- 10 LA 229/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 71857
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 15.09.2020 - AZ: 5 A 1133/18
Rechtsgrundlagen
- § 29 Abs 1 Nr 2 AsylVfG 1992
- Art 3 MRK
- Art 4 EUGrdRCh
Tenor:
Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 5. Kammer - vom 15. September 2020 zugelassen.
Das Berufungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen 10 LB 235/20 geführt.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Androhung der Überstellung nach Griechenland.
Der Kläger, ein 2001 in Afghanistan geborener afghanischer Staatsbürger, stellte am 28. August 2018 in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag. Die Beklagte stellte fest, dass der Kläger am 1. November 2017 im Camp Moria einen Asylantrag gestellt hatte, woraufhin ihm am 4. Januar 2018 internationaler Schutz zuerkannt worden war.
Mit Bescheid vom 16. November 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 29 Abs. 1 Nummer 2 AsylG als unzulässig ab (Ziffer 1). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2). Dem Kläger wurde eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt und die Abschiebung nach Griechenland angedroht (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).
Die gegen diesen Bescheid am 30. November 2018 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Urteil vom 15. September 2020 ab. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG lägen vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei eine solche Unzulässigkeitsentscheidung zwar ausnahmsweise ausgeschlossen. Dies sei der Fall, wenn die Lebensverhältnisse, die den Kläger als anerkannten Schutzberechtigten in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC zu erfahren. Nach der Entscheidung des EuGH (Urteil vom 19.3.2019 – C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. – juris Rn. 86 ff.) fielen aber systemische, allgemeine oder bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen nur dann unter Art. 4 GRC, wenn Sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichten. Das sei nur dann der Fall, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge habe, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaube, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtige oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Im Falle des Klägers sei diese Schwelle nicht erreicht.
Unter Berufung auf das Urteil der Kammer vom 2. September 2019 (5 A 326/18) stelle sich die Lage anerkannt Schutzberechtigter in Griechenland wie folgt dar: Personen, die im Rahmen ihres Asylverfahrens durch das ESTIA-Programm eine Wohnung zugewiesen bekommen hätten oder in einer offiziellen Flüchtlingseinrichtung untergebracht waren, dann aber Griechenland verlassen hätten, um in einem anderen Mitgliedstaat einen Zweitantrag zu stellen, würden nach ihrer Rückkehr nicht noch einmal in eine solche Wohnung eingewiesen werden. Eine Anmietung von Wohnraum sei in der Praxis dadurch erschwert, dass freier Wohnraum traditionell an Familienmitglieder und Bekannte abgegeben werde oder die Wohnungssuchenden mit Vorurteilen konfrontiert würden. Nichtregierungsorganisationen unterstützten bei der Wohnungsfindung und würden bei der Beantragung von Steuer- und Sozialversicherungsnummer helfen. Es bestünden nur sehr begrenzte Kapazitäten an staatlichen Obdachlosenunterkünften. Dass trotz dieses Umstands Obdachlosigkeit unter Flüchtlingen kein augenscheinliches Massenphänomen darstelle, sei auf die Bildung von eigenen Strukturen und Vernetzung innerhalb der jeweiligen Landsmannschaften zurückzuführen.
Anerkannt Schutzberechtigte hätten in gleicher Weise wie Einheimische Zugang zu allgemeinen Sozialhilfeleistungen. Voraussetzung sei aber das Einreichen verschiedener Dokumente. Es sei ein mindestens einjähriger legaler Aufenthalt in Griechenland nachzuweisen, was im Regelfall durch Vorlage der Steuererklärung des Vorjahres erfolge. Die Stiftung ProAsyl stelle fest, dass es für anerkannt Schutzberechtigte extrem schwierig sei, diese Dokumente zu bekommen. Sofern die Schutzberechtigten keinen festen Wohnsitz hätten, sei eine Bescheinigung über die Obdachlosigkeit vorzulegen. Nach Griechenland zurückkehrende Schutzberechtigte dürften aber bereits besondere Schwierigkeiten haben, einen dauerhaften und legalen Aufenthalt im Inland nachzuweisen. Bereits anerkannte Schutzberechtigte könnten nicht in das sogenannte CashCard-Programm aufgenommen werden. Alleinreisende männliche Schutzberechtigte hätten aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit nur geringe Chancen, Zugang zu qualifizierter Arbeit zu finden. Suppenküchen von Nichtregierungsorganisationen bildeten ein „elementares Auffangnetz gegen Hunger und Entbehrungen“.
Der Zugang zu medizinischer Versorgung sei gewährleistet. Ergänzend führte das Verwaltungsgericht aus, dass das Flüchtlingshilfswerk UNHCR angemerkt habe, dass anerkannt Schutzberechtigte Hilfe benötigten, um ein normales Leben zu führen, zur Schule zu gehen, das Gesundheitssystem in Anspruch zu nehmen sowie selbst Geld zu verdienen. Viele Schutzberechtigte seien von diesen Hilfsprogrammen ausgeschlossen, da sie nicht über einen registrierten Wohnsitz verfügten. Die grundsätzliche Möglichkeit, in Obdachlosenunterkünften unterzukommen, sei tatsächlich nur schwer zu realisieren, da die Unterkünfte immer überfüllt seien. Teilweise müssten international Schutzberechtigte unter „bedauerlichen Bedingungen“ leben. Im Jahr 2019 seien Anstrengungen unternommen worden, für eine „relativ kleine Zahl“ von Schutzberechtigten Unterkunftsmöglichkeiten zu schaffen. Infolge einer Änderung der nationalen Gesetzgebung im März 2020 seien die dadurch Begünstigten aber aufgefordert worden, ihre Unterkünfte binnen 30 Tagen zu verlassen. Ein weiteres Programm (HELIOS 2) biete offiziell registrierten Personen Unterstützung an. Eine im Jahr 2018 durchgeführte Studie habe ergeben, dass die „wenigen Personen“, die einen Job erhalten hätten, im „informellen Sektor“ gearbeitet hätten, was sie von dem Sozialsystem ausgeschlossen hätte. Die große Mehrheit der international Schutzberechtigten seien angewiesen auf Lebensmittelspenden sowie weitere finanzielle Unterstützung, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Das zwinge sie oftmals zu gefährlichen Aktivitäten.
Das Verwaltungsgericht ist ausgehend von den vorzitierten Erkenntnissen zu dem Schluss gekommen, dass dem Kläger keine Verletzung seiner Rechte aus Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK drohe. Zwar sei nicht anzunehmen, dass der Kläger nach seiner Rückkehr in einer griechischen Flüchtlingsunterkunft oder in einer durch den UNHCR geförderten Unterkunft unterkommen könne. Sofern es ihm nicht gelinge, jedenfalls vorübergehend einen Platz in einer Obdachlosenunterkunft zu erhalten, sei er auf informelle Unterkünfte angewiesen. Ein Zugang zur sozialen Grundsicherung bestehe wegen des nichterfüllten Mindestaufenthalts nicht. Es bestehe aber die Möglichkeit auf die griechischen Hilfsmaßnahmen zur Integration international Schutzberechtigter zurückzugreifen. Der Kläger habe zudem angegeben, bevor er Griechenland verlassen habe, habe er dort nie in Obdachlosigkeit leben müssen und sei ausreichend mit Lebensmitteln versorgt worden. Er könne nicht einen Anspruch auf Zuweisung einer Wohnung oder unbedingte Gewährung von Sozialleistungen geltend machen, da insofern nur ein Anspruch auf Inländergleichbehandlung bestehe, der erfüllt werde. Dass er nunmehr keinen Zugang zu einer Flüchtlingsunterkunft habe, liege maßgeblich darin begründet, dass er aus freien Stücken eine ihm gewährte Unterkunft verlassen habe. Gleichwohl stehe der Kläger nicht der sicheren Obdachlosigkeit gegenüber, da nach der Erkenntnislage Obdachlosigkeit unter Flüchtlingen nicht vermehrt auftrete.
Der Kläger werde über Nichtregierungsorganisationen und informelle Netzwerke eine Unterkunft sicherstellen müssen, aber auch können. Ebenso verhalte es sich mit der Versorgung mit Lebensmitteln. Der Kläger werde eine große Eigeninitiative entfalten müssen, um sein Leben in Griechenland zu organisieren und aufzubauen. Nach einer Übergangszeit werde er aber in der Lage sein, durch Hilfs- und Gelegenheitstätigkeiten jedenfalls einen Teil seines Lebensunterhalts selbstständig zu sichern. Eine darüberhinausgehende Versorgung sei gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK nicht erforderlich.
Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung vom 23. Oktober 2020.
II.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat Erfolg.
Eine Rechtssache ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich und einer abstrakten Klärung zugänglich ist, im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf, nicht schon geklärt ist und (im Falle einer Rechtsfrage) nicht bereits anhand des Gesetzeswortlauts und der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung sowie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (BVerwG, Beschluss vom 8.8.2018 – 1 B 25.18 –, juris Rn. 5, zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; ferner: GK-AsylG, Stand: Juni 2019, § 78 AsylG Rn. 88 ff. m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2019, § 78 AsylG Rn. 21 ff. m.w.N).
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG verlangt daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (u. a. Senatsbeschluss vom 13.9.2018 - 10 LA 349/18 -, juris Rn. 2 ff.):
1. dass eine bestimmte Tatsachen- oder Rechtsfrage konkret und eindeutig bezeichnet,
2. ferner erläutert wird, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und
3. schließlich dargetan wird, aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.
Die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit und Klärungsbedürftigkeit der bezeichneten Frage im Berufungsverfahren (2.) setzt voraus, dass substantiiert dargetan wird, warum sie im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte und - im Falle einer Tatsachenfrage - welche (neueren) Erkenntnismittel eine anderslautende Entscheidung nahelegen (ständige Rechtsprechung des Senats: u. a. Senatsbeschluss vom 18.2.2019 - 10 LA 27/19 -; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 25.7.2017 - 9 LA 70/17 - m.w.N.). Die Begründungspflicht verlangt daher, dass sich der Zulassungsantrag mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils substantiiert auseinandersetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2019 - 5 BN 4.18 -, zu den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Darlegung einer Tatsachenfrage setzt außerdem eine intensive, fallbezogene Auseinandersetzung mit den von dem Verwaltungsgericht herangezogenen und bewerteten Erkenntnismitteln voraus (Senatsbeschluss vom 18.2.2019 - 10 LA 27/19 -; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 13.1.2009 - 11 LA 471/08 -, juris Rn. 5), weil eine Frage nicht entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist, die sich schon hinreichend klar aufgrund der vom Verwaltungsgericht berücksichtigten Erkenntnismittel beantworten lässt (GK-AsylG, a.a.O., § 78 AsylG Rn. 609 m.w.N; vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 30.1.2014 - 5 B 44.13 -, juris Rn. 2, und vom 17.2.2015 - 1 B 3.15 -, juris Rn. 3, zu den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Erforderlich ist daher über den ergebnisbezogenen Hinweis, dass der Bewertung der Situation in dem betreffenden Land zu der als klärungsbedürftig bezeichneten Tatsachenfrage durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis nicht gefolgt werde, hinaus, dass in Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts und den von ihm herangezogenen Erkenntnismitteln dargetan wird, aus welchen Gründen dieser Bewertung im Berufungsverfahren nicht zu folgen sein wird (GK-AsylG, a.a.O., § 78 AsylG Rn. 610 m.w.N). Dabei ist es Aufgabe des Zulassungsantragstellers, durch die Benennung von Anhaltspunkten für eine andere Tatsacheneinschätzung, also insbesondere durch das Anführen bestimmter (neuerer) Erkenntnisquellen, darzutun, dass hierfür zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (GK-AsylG, a.a.O., § 78 AsylG Rn. 610 f. m.w.N). Es reicht deshalb nicht, wenn der Zulassungsantragsteller sich lediglich gegen die Würdigung seines Vorbringens durch das Verwaltungsgericht wendet und eine bloße Neubewertung der vom Verwaltungsgericht berücksichtigten Erkenntnismittel verlangt (GK-AsylG, a.a.O., § 78 AsylG Rn. 609 m.w.N, Hailbronner, a.a.O., § 78 AsylG Rn. 28).
Diesen Darlegungsanforderungen genügt der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers.
Er beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und hält für grundsätzlich klärungsbedürftig:
„Rechtfertigt es die derzeitige Situation in Griechenland, dass auch nicht vulnerable Personen wie zum Beispiel junge Männer und Frauen, die arbeitsfähig und gesund sind, rechtfertigt also die Situation in Griechenland, dass allgemein es dort anerkannten international schutzberechtigten Flüchtlingen Schutzgewährung in Deutschland ermöglicht wird, weil sie in einem anderen Mitgliedstaat der ernsthaften Gefahr ausgesetzt würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC zu erfahren. Ist es in diesem Zusammenhang der Bundesrepublik Deutschland untersagt, von der durch Art. 33 Abs. 2a Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen.“,
ferner
„Besteht in Griechenland eine größere Funktionsstörung, die schutzsuchenden Personen tatsächlich der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC aussetzt.“
Überdies hält der Kläger für klärungsbedürftig,
„ob die sozialen Rahmenbedingungen in Griechenland eine unmenschliche menschenrechtswidrige Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK und 4 GRC darstellen.“
Unter Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismitteln tritt der Kläger unter Nennung eigener Erkenntnismittel der Argumentation des Verwaltungsgerichts im Einzelnen entgegen. Ihm fehlten die finanziellen Mittel, um eine Unterkunft außerhalb von staatlich finanzierten Unterkünfte zu erlangen. Soziale Unterstützung erhalte er aber nach einer Auskunft von ProAsyl nur unter Angabe einer Meldeadresse und erst ab einem einjährigen legalen Aufenthalt in Griechenland. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts sprächen somit gerade dafür, dass eine extrem hohe Gefahr der Obdachlosigkeit bei Rückkehr nach Griechenland bestehe (Seite 5 der Antragsschrift).
Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass sich aus der angefochtenen Entscheidung selbst nicht ergibt, wie er nach einer Überstellung nach Griechenland Wohnraum erlangen können soll (Seite 6 der Antragsschrift). Das Verwaltungsgericht setzt sich zwar mit verschiedenen Möglichkeiten zur Erlangung einer Unterkunft auseinander, kommt aber jeweils zum Schluss, dass diese dem Kläger nicht offenstehen. Es verweist ihn auf nicht näher genannte informelle Unterkünfte und von ihm zu entwickelnde, nicht näher konkretisierte Eigeninitiative. Die Existenz solcher Unterkünfte wird im Übrigen – wie der Kläger zutreffend ausführt – mit keiner Erkenntnisquelle belegt.
Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 10 LB 235/20 fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 78 Abs. 5 S. 3 AsylG). Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, oder Postfach 2371, 21313 Lüneburg, oder in elektronischer Form nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des 10. Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig (§ 124a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 6 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).