Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.09.2020, Az.: 5 LA 110/19

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.09.2020
Aktenzeichen
5 LA 110/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71945
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 21.05.2019 - AZ: 8 A 284/17

Tenor:

Auf den Antrag der Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 8. Kammer - vom 21. Mai 2019 zugelassen.

Das Berufungsverfahren wird unter dem Aktenzeichen

5 LB 150/20

geführt.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Anerkennung von Einsatzzeiten im Ausland während des Zeitraums vom 5. Februar 1996 bis zum 6. Mai 1996 als doppelt ruhegehaltfähige Dienstzeit.

Der am C. 1969 geborene Kläger stand als Berufssoldat - zuletzt im Rang eines Hauptmanns (Besoldungsgruppe A 11) - im Dienst der Beklagten und wurde gemäß § 2 des Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der Streitkräfte (SKPersStruktAnpG) mit Ablauf des 31. Dezember 2015 in den Ruhestand versetzt.

Mit Bescheid vom 16. März 2016 setzte die Bundesfinanzdirektion D. die Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 1. Januar 2016 fest. Eine besondere Berücksichtigung von Auslandszeiten erfolgte hierbei nicht; es wurden insgesamt 27 Jahre und 364 Tage als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt, woraus sich ein Ruhegehaltssatz von 50,63 Prozent ergab.

Bereits am 13. Januar 2016 hatte der Kläger unter Bezugnahme auf § 25 Abs. 2 Satz 3 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) die Berücksichtigung von Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung als doppelt ruhegehaltfähige Dienstzeit beantragt und insoweit Zeiträume in den Jahren 2006, 2007 bis 2008 sowie 2014 angeführt. Nachdem der Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 16. März 2016 keine Berücksichtigung von Auslandszeiten enthielt, wandte sich der Kläger mit E-Mail vom 19. April 2016 an die Beklagte und erklärte, bereits im Juli 2015 an seine damalige personalführende Stelle schriftlich einen Antrag auf doppelte Anrechnungszeiten gestellt zu haben; im November 2015 habe er diesbezüglich noch einmal mit der Versorgungsfestsetzungsstelle telefoniert und schließlich nochmals einen Antrag gestellt. Daraufhin erkannte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 19. Mai 2016 insgesamt 28 Jahre und 234 Tage als ruhegehaltfähige Dienstzeit an und setzte den sich hieraus ergebenden Ruhegehaltssatz ab dem 1. Januar 2016 auf 51,37 Prozent fest; hierin waren insgesamt 364 Tage einer besonderen Auslandsverwendung für die Zeiträume vom 24. Januar 2006 bis zum 13. März 2006, vom 8. November 2007 bis zum 24. Januar 2008, vom 30. Mai 2014 bis zum 14. August 2014 sowie vom 20. August 2014 bis zum 18. Oktober 2014 enthalten, welche unter Verweis auf § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG doppelt als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt wurden.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2017 beantragte der Kläger die doppelte Berücksichtigung auch der Zeiten seiner vom 5. Februar 1996 bis zum 6. Mai 1996 stattgefundenen Auslandsverwendung als doppelt ruhegehaltfähige Dienstzeit und berief sich zur Begründung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. September 2016 (- 6 K 4811/15 -, juris).

Mit Bescheid vom 1. Februar 2017 lehnte die Generalzolldirektion den Antrag ab. Die Berücksichtigung von Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung (sogenannten Einsatzzeiten) bis zum Doppelten als ruhegehaltfähige Dienstzeit erfolge nach § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG unter den dort genannten Voraussetzungen. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die besonderen Auslandsverwendungen gemäß § 63c Abs. 1 SVG seien nur Einsatzzeiten zu berücksichtigen, die ab dem 1. Dezember 2002 absolviert worden seien.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 2. Februar 2017 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2017 zurück. Nach § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG könnten Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung nach § 63c Abs. 1 SVG bis zum Doppelten als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, wenn sie insgesamt mindestens 180 Tage und jeweils ununterbrochen mindestens 30 Tage gedauert hätten. Der hier in Rede stehende Zeitraum der Auslandsverwendung des Klägers vom 5. Februar 1996 bis zum 6. Mai 1996 könne indes nicht doppelt berücksichtigt werden, weil der Begriff der besonderen Auslandsverwendung nach § 63c SVG erst mit Wirkung vom 1. Dezember 2002 in das Soldatenversorgungsgesetz eingefügt worden sei. Zeiträume von Auslandsverwendungen, die zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 zurückgelegt worden seien, unterfielen nicht dieser Definition der besonderen Auslandsverwendung. Zwar habe das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Urteil vom 13. September 2016, welches nach Ergehen des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. Februar 2017 (- 4 S 2079/16 -, juris) rechtskräftig geworden sei, in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass auch zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 zurückgelegte Zeiten von dem Begriff der „besonderen Auslandsverwendung“ erfasst sein könnten; hierbei handle es sich jedoch um eine nicht verbindliche Einzelfallentscheidung.

Mit seiner am 21. Juni 2017 bei dem Verwaltungsgericht Lüneburg erhobenen Klage hat der Kläger sein Anerkennungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er auf das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. September 2016 (a. a. O.) und den - den Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil ablehnenden - Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. Februar 2017 (a. a. O.) verwiesen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2017 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Anerkennung seiner Dienstzeit vom 5. Februar 1996 bis zum 6. Mai 1996 als doppelt ruhegehaltfähige Dienstzeit im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Berücksichtigung der Einsatzzeiten des Klägers vom 5. Februar 1996 bis zum 6. Mai 1996 stehe der bestandskräftige Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 16. März 2016 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. Mai 2016 nicht entgegen. Es sei bereits fraglich, ob die Beklagte - wenn es, wie der Kläger vorgetragen habe, zutreffe, dass dieser bereits im Juli 2015 die Berücksichtigung von zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 stattgefundenen Auslandsverwendungszeiten beantragt habe - über diese Zeiten schon bestandskräftig entschieden habe; dagegen spreche der handschriftliche Vermerk der Beklagten auf Blatt 65 der Beiakte 002. Jedenfalls aber könne die Behörde, auch wenn - wie hier - die in § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) normierten Voraussetzungen nicht vorlägen, ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen wiederaufgreifen und eine neue, der gerichtlichen Überprüfung zugängliche Sachentscheidung treffen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). Diese Möglichkeit finde ihre Rechtsgrundlage in § 51 Abs. 5 VwVfG in Verbindung mit §§ 48, 49 VwVfG. Hinsichtlich dieser behördlichen Ermächtigung zum Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne, welche die Korrektur inhaltlich unrichtiger Entscheidungen ermögliche, bestehe für den Betroffenen ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Eine Durchbrechung der Bestandskraft erfordere zunächst eine Entscheidung der Behörde zum Wiederaufgreifen (Stufe 1), die den Weg für eine erneute Sachentscheidung eröffne (Stufe 2). Auf dieser zweiten Stufe sei die Behörde nicht auf die in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG und § 49 Abs. 1 VwVfG normierte Möglichkeit der Aufhebung des Verwaltungsaktes ex tunc oder ex nunc beschränkt, sondern sie habe zu entscheiden, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen, geändert oder im Wege eines Zweitbescheides bestätigt werden solle. Die Beklagte habe auf den Antrag des Klägers vom 19. Januar 2017 inhaltlich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG geprüft; hierin liege eine konkludente Ermessensausübung dahingehend, sich nicht auf die Bestandskraft des Versorgungsfestsetzungsbescheides zu berufen, sondern in die Sachprüfung einzusteigen.

Der bestandskräftige Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 16. März 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. Mai 2017 sei auch rechtswidrig, soweit er die zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 stattgefundenen Einsatzzeiten des Klägers nicht als doppelt ruhegehaltfähig nach § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG berücksichtigt habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG auch auf zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 absolvierte Auslandseinsätze anwendbar. Insoweit werde auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Leipzig in dessen Urteil vom 16. August 2018 (- 3 K 2358/17 -, juris Rn. 24ff.) Bezug genommen, welches seinerseits auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. Februar 2017 (a. a. O.) verwiesen habe. Diesen Ausführungen schließe sich die Kammer an; sie entsprächen auch der überwiegenden bislang hierzu ergangenen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im Bundesgebiet.

Die Beklagte sei daher verpflichtet, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG in Verbindung mit § 63c Abs. 1 SVG für die Zeiten der Auslandsverwendung des Klägers im Zeitraum vom 5. Februar 1996 bis zum 5 Mai 1996 vorlägen, den Festsetzungsbescheid zur Gewährung des Ruhegehalts unter Berücksichtigung dieser Zeiten entsprechend zu ändern.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Kläger entgegentritt.

II.

Der u. a. auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestützte Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts Lüneburg bestehen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2011 - 5 LA 300/09 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 30.8.2011 - 5 LA 214/10 -, juris Rn. 3).

Ausgehend von diesen Maßstäben hat die Beklagte mit ihrem Zulassungsvorbringen (gerade noch hinreichend) ernstliche Richtigkeitszweifel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Bezug auf die Frage aufgezeigt, ob dem Kläger ein Anspruch auf Anerkennung von Einsatzzeiten im Ausland während des Zeitraums vom 5. Februar 1996 bis zum 6. Mai 1996 als doppelt ruhegehaltfähige Dienstzeit zusteht bzw. ob der Versorgungsfestsetzungsbescheid vom 16. März 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. Mai 2017 insoweit rechtmäßig ist, als er die zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 stattgefundenen Einsatzzeiten des Klägers unberücksichtigt gelassen hat.

Rechtsgrundlage für die mögliche Berücksichtigungsfähigkeit dieser Zeiten ist § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG. Danach können Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung nach § 63c Abs. 1 SVG bis zum Doppelten als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, wenn sie insgesamt mindestens 180 Tage und jeweils ununterbrochen mindestens 30 Tage gedauert haben. Nach § 63c Abs. 1 Satz 1 SVG ist eine besondere Auslandsverwendung eine Verwendung auf Grund eines Übereinkommens oder einer Vereinbarung mit einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung oder mit einem auswärtigen Staat auf Beschluss der Bundesregierung im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen; dem steht eine sonstige Verwendung im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Fahrfahrzeugen mit vergleichbar gesteigerter Gefährdungslage gleich (§ 63c Abs. 1 Satz 2 SVG); die Verwendung im Sinne der Sätze 1 und 2 beginnt mit dem Eintreffen im Einsatzgebiet und endet mit dem Verlassen des Einsatzgebietes (§ 63 Abs. 1 Satz 3 SVG).

Die Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG ist durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen (Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz - EinsatzVVerbG) vom 5. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2458ff.) mit Wirkung vom 13. Dezember 2011 in das Soldatenversorgungsgesetz eingefügt worden. Die Vorschrift des § 63c Abs. 1 SVG, auf die § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG Bezug nimmt und die die besondere Auslandsverwendung definiert, ist bereits durch Art. 2 Nr. 10 im Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 des Einsatzversorgungsgesetzes (EinsatzVG) vom 21. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3592) mit (Rück-)Wirkung zum 1. Dezember 2002 in das Soldatenversorgungsgesetz eingefügt worden.

Die Frage, ob § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG auch anwendbar ist, wenn der Betreffende zwar - wie hier mit Ablauf des 31. Dezember 2015 - zeitlich nach Inkrafttreten dieser Vorschrift am 13. Dezember 2011 in den Ruhestand getreten ist, aber die Berücksichtigungsfähigkeit von Auslandseinsätzen in Rede steht, die zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 stattgefunden haben, wird - worauf die Beklagte bei verständiger Würdigung ihres Zulassungsvorbringens zutreffend verwiesen hat - in der zweitinstanzlichen Rechtsprechung, unterschiedlich beantwortet.

Der von der Beklagten vertretenen (so Zulassungsbegründung - ZB -, S. 2ff. [Bl. 50ff./Gerichtsakte - GA -]) Auffassung, durch den in § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG enthaltenen Verweis auf „Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung nach § 63c Abs. 1 SVG“ gelte faktisch eine rückwirkende Stichtagsregelung zum 1. Dezember 2002 mit der Folge, dass ein Anspruch auf doppelte Berücksichtigung von Auslandsverwendungen erst für zeitlich nach dem 1. Dezember 2002 absolvierte Einsätze in Betracht komme, ist der beschließende Senat in seinem Beschluss vom 23. Juli 2019 (- 5 LA 108/18 -, juris Rn. 21 bis 23) der Sache nach beigetreten, ohne dass die entsprechenden Erwägungen allerdings allein entscheidungstragend gewesen sind, denn in Bezug auf den (in jenem Zulassungsverfahren bei äußerst großzügiger Würdigung durch den Kläger als geltend gemacht angesehenen) Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war bereits den maßgeblichen gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht genügt worden (a. a. O., Rn. 9, 15); außerdem unterschied sich der Sachverhalt jenes Zulassungsverfahrens insoweit vom Streitfall, als der dortige Kläger bereits zeitlich vor Inkrafttreten des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG am 13. Dezember 2012 - nämlich mit Ablauf des 31. August 2011 - in den Ruhestand getreten war.

Andererseits aber wird die - obergerichtlich durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Beschluss vom 14.2.2017, a. a. O., Rn. 6 bis 17; Urteil vom 10.12.2019 - 4 S 473/19 -, juris Rn. 21 bis 40) bestätigte und auch im streitgegenständlichen Urteil geteilte - Rechtsposition vertreten, die Vorschrift des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG enthalte keine zeitliche Beschränkung (so VG Karlsruhe, Urteil vom 13.9.2016, a. a. O., Rn. 20 bis 22; VG Kassel, Urteil vom 29.1.2018 - 1 K 6770/17.KS -, juris Rn. 28 bis 31; VG Magdeburg, Urteil vom 25.7.2018 - 8 A 352/17 -, juris Rn. 17; VG Leipzig, Urteil vom 16.8.2018, a. a. O., Rn. 20 bis 28 [allerdings für die - hier nicht vorliegende - Fallkonstellation, dass der Betreffende bereits zeitlich vor Inkrafttreten des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG, also zeitlich vor dem 13. Dezember 2011, in den Ruhestand getreten war]; VG Sigmaringen, Urteil vom 17.10.2018 - 10 K 6420/17 -, juris Rn. 28; VG Gera, Urteil vom 26.3.2019 - 1 K 598/17 Ge -, Rn. 28 bis 33 [allerdings ebenfalls für die - hier nicht vorliegende - Fallkonstellation, dass der Betreffende bereits zeitlich vor Inkrafttreten des § 25 Abs. 2 Atz 3 SVG, also zeitlich vor dem 13. Dezember 2011, in den Ruhestand getreten war]; VG Würzburg, Urteil vom 14.5.2019 - W 1 K 19.455 -, juris Rn. 25 bis 33; VG Halle, Urteil vom 23.10.2019 - 5 A 661/17 -, juris Rn. 42 bis 64); aus der bloßen Bezugnahme auf eine Legaldefinition, die lediglich der redaktionellen Vereinfachung des Wortlauts von § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG diene, könne keine zeitliche Eingrenzung der Anspruchsgrundlage hergeleitet werden (so VG Karlsruhe, Urteil vom 13.9.2016, a. a. O., Rn. 21; VG Kassel, Urteil vom 29.1.2018, a. a. O., Rn. 30; VG Leipzig, Urteil vom 16.8.2018, a. a. O., Rn. 26; VG Gera, Urteil vom 26.3.2019, a. a. O., Rn. 31; VG Würzburg, Urteil vom 14.5.2019, a. a. O., Rn. 26; VGH Ba.-Wü., Urteil vom 10.12.2019, a. a. O., Rn. 26). Ferner hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Berufungsurteil vom 18. Dezember 2019 (- 2 A 1193/18 -, juris Rn. 16) ausgeführt, es spreche grundsätzlich vieles dafür, dass auch Zeiten eines Auslandseinsatzes, der zeitlich vor dem 1. Dezember 2002 absolviert worden sei, im Rahmen des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG zu berücksichtigen seien; auf diese Frage kam es im dortigen Berufungsverfahren - in dem das vom hier angegriffenen Urteil in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 16. August 2018 (a. a. O.) geändert worden ist - aber nicht an, weil der dortige Kläger bereits zeitlich vor Erlass des § 25 Abs. 2 Satz 3 SVG in den Ruhestand getreten war und das Sächsische Oberverwaltungsgericht darauf abgehoben hat, dass sich nach dem sogenannten Versorgungsfallprinzip die Berechnung des Ruhegehalts auf der Grundlage des zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand geltenden Rechts bemisst, soweit nicht Übergangsvorschriften etwas anderes regelten (Sächs. OVG, Urteil vom 18.12.2019, a. a. O., Rn. 17 bis 22; in diesem Sinne auch VG Augsburg, Urteil vom 12.4.2018 - Au 2 K 17.1265 -, juris Rn. 54; VG Potsdam, Urteil vom 5.6.2019 - 2 K 4835/17 -, juris Rn. 16f.); das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen.

Das Berufungsverfahren wird den Beteiligten Gelegenheit geben, die hier in Rede stehenden Fragestellungen - insbesondere mit Blick auf die divergierende obergerichtliche Rechtsprechung - vertieft zu erörtern. In tatsächlicher Hinsicht wäre noch weiter aufzuklären, ob der Kläger - wie er in seiner E-Mail vom 19. April 2014 (Bl. 46/Beiakte 002) sowie in seinem „Widerspruch“ vom 19. Januar 2017 (Bl. 65/Beiakte 002) geltend gemacht hat - tatsächlich im Juli 2015 einen schriftlichen Antrag auf doppelte Anrechnung (auch) der hier in Rede stehenden Zeiten gestellt hat; ein solcher Antrag ist jedenfalls - soweit ersichtlich - in den vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht enthalten.

Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO). Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist schriftlich bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, oder Postfach 2371, 21313 Lüneburg, oder in elektronischer Form nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig (§ 124a Abs. 3 Sätze 3 bis 5 und Abs. 6 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).