Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.09.2020, Az.: 10 OA 173/20
Androhung; Gegenstandswert; Hauptsache; Interesse; Streitwert; Titel; Vollstreckungsgläubiger; Wert; Zwangsgeld
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.09.2020
- Aktenzeichen
- 10 OA 173/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 71920
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 03.07.2020 - AZ: 4 D 1/20
Rechtsgrundlagen
- § 52 Abs 1 GKG
- § 23 Abs 1 S 2 RVG
- § 172 VwGO
- § 188 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Im Rahmen der Gegenstandswertfestsetzung ist bei der Bemessung des Interesses des Vollstreckungsgläubigers an der Vollstreckung gemäß § 172 VwGO grundsätzlich von dem hälftigen Wert des anzudrohenden Zwangsgeldes auszugehen.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - Einzelrichterin der 4. Kammer - vom 3. Juli 2020 geändert.
Der Gegenstandswert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss, über die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache der Senat gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG entscheidet, hat Erfolg.
Der Gegenstandswert ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts in nach § 188 VwGO gerichtskostenfreien Verfahren nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, sondern nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (seit dem Senatsbeschluss vom 30.05.2018 - 10 OA 194/18 -, juris Leitsatz und Rn. 2) nach § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. den Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes, hier also des Gerichtskostengesetzes, entsprechend festzusetzen.
Nach Ziffer 1.7.1 Satz 1 Halbsatz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11) entspricht der Streitwert bzw. hier der Gegenstandswert in selbstständigen Vollstreckungsverfahren - wie hier - der Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes oder der geschätzten Kosten der Ersatzvornahme. Bei der Androhung von Zwangsmitteln ist nach Satz 2 dieser Ziffer des Streitwertkatalogs die Hälfte des sich nach Satz 1 ergebenden Betrages festzusetzen. Diese Vorgaben bzw. Empfehlungen sind auch auf den vorliegenden Fall, in dem die Vollstreckungsgläubigerin die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 EUR gegenüber der Vollstreckungsschuldnerin gemäß § 172 Satz 1 VwGO begehrt hat, entsprechend anzuwenden (ebenso grundsätzlich Hessischer VGH, Beschluss vom 11.05.2016 - 9 E 448/16 -, juris Rn. 40, und Bayerischer VGH, Beschluss vom 18.01.2010 - 11 C 09.2813 -, juris Rn. 30).
Das Interesse des Vollstreckungsgläubigers an der Durchsetzung eines bereits titulierten Anspruchs gemäß § 172 VwGO ist nämlich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (und des OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.08.2010 - 8 E 555/10 -, juris Rn. 2, sowie des VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.07.2000 - 13 S 352/00 -, juris Leitsatz und Rn. 3; diese Auffassung war auch noch im Senatsbeschluss vom 09.09.2002 - 10 OB 97/02 -, juris Rn. 9, vertreten worden) nicht mit dem Wert der Hauptsache (hier nach der Gegenstandswertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das Hauptsacheverfahren 4 A 96/15: 24.700 EUR) gleichzusetzen. Denn der Vollstreckungsgläubiger hat schon einen vollstreckbaren Titel über den von ihm geltend gemachten Anspruch in Form eines verwaltungsgerichtlichen Beschlusses oder Urteils erreicht. Im Hauptsacheverfahren ist dementsprechend der Gegenstandswert bzw. Streitwert entsprechend der (wirtschaftlichen) Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG) bzw. in der Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG) festgesetzt worden. Dasselbe Interesse ist dann nicht noch ein weiteres Mal im Vollstreckungsverfahren maßgeblich. Denn im Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO geht es “nur“ noch um das Interesse des Vollstreckungsgläubigers an der möglichst baldigen Durchsetzung dieses Anspruchs. Es ist sachgerecht, die Bemessung dieses Interesses an der Höhe des begehrten - gesetzlich begrenzten - Zwangsgeldes unter entsprechender Anwendung der Ziffer 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu orientieren.
Es ist hier folglich ein Gegenstandswert in Höhe von 5.000 EUR gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG festzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 33 Abs. 9 RVG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).