Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.02.2014, Az.: 1 MN 245/13
Beschränkung der Bekanntmachung einer erneuten Auslegung auf neu hinzugekommene Umweltinformationen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.02.2014
- Aktenzeichen
- 1 MN 245/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 11262
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2014:0225.1MN245.13.0A
Rechtsgrundlage
- § 4a Abs. 3 BauGB
Fundstellen
- BauR 2014, 2029-2031
- BauR 2015, 546
- DÖV 2014, 498
- NVwZ-RR 2014, 463-465
- NVwZ-RR 2014, 5-6
- NordÖR 2014, 247
- ZfBR 2014, 372-374
Amtlicher Leitsatz
Die Bekanntmachung einer erneuten Auslegung nach § 4a Abs. 3 BauGB kann sich wenn überhaupt allenfalls dann auf die Angabe derjenigen Arten verfügbarer Umweltinformationen, die im erneuten Auslegungsverfahren neu hinzugekommen sind, beschränken, wenn die Bekanntmachung(en) der vorausgegangenen Auslegung(en) die bis dahin verfügbaren Arten von Umweltinformationen vollständig angegeben haben. Heilbare Fehler im Normsetzungsprozess rechtfertigen den Erlass einer Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nur dann nicht, wenn zu erwarten ist, dass der Normgeber diese bis zur Hauptsacheentscheidung geheilt haben wird, und wenn der Antragsteller die verletzte Vorschrift nicht als eigenes Recht rügen kann. Das ist bei Fehlern der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht der Fall. Eine wöchentliche Auslegungsdauer von nur 6 Stunden kann in einer sehr kleinen Gemeinde ausnahmsweise noch ausreichend sein, wenn zusätzliche Einsichtstermine nach Absprache flexibel eingeräumt werden.
Tenor:
Der vom Rat der Antragsgegnerin am 24.10.2013 als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 10 A "Bahnhofstraße" wird einstweilen außer Vollzug gesetzt.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 12.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen den im Tenor benannten Bebauungsplan der Antragsgegnerin, da sie sich durch die Nutzungen im darin festgesetzten Sondergebiet "Landhandel" unzumutbaren Immissionen ausgesetzt sieht.
Das Plangebiet ist ein Areal im Norden des Gemeindegebietes der Antragsgegnerin beidseitig der Bahnhofstraße. Den Nordwesten des Plangebiets nimmt der seit Jahrzehnten vorhandene Standort eines Landhandelsbetriebs der Beigeladenen mit Getreidesilos, einer Getreide- und Schüttgutlagerhalle, einem Palettenlager und Büros ein. Für einen Teil des Betriebsgeländes - offenbar die südwestlich der vorhandenen Gebäude gelegene Fläche - setzte der Bebauungsplan "An der Bahn" der Antragsgegnerin zunächst ein Mischgebiet, in der Fassung der 1. Änderung vom 20.10.1987 dann ein eingeschränktes Gewerbegebiet fest. Für den Rest des Betriebsgeländes - offenbar den Nordostteil mit den Gebäuden - gab es bisher keinen Bebauungsplan. Die Flächen südlich und westlich des Betriebsgeländes/Plangebiets sind als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen, die West- und Südwestseite des Betriebsgeländes sind von der dort vorhandenen Wohnbebauung durch einen bewachsenen Erdwall abgeschirmt. Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Wohngrundstücks südwestlich des Betriebsgeländes, von diesem nur durch den Erdwall und eine Anliegerstraße getrennt.
In seiner Sitzung am 27.5.2002 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die Aufstellung des angegriffenen Bebauungsplans. Nach Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung lag der Plan vom 3.4.2006 bis zum 2.5.2006 öffentlich aus. Eine erneute öffentliche Auslegung gemäß § 4a Abs. 3 BauGB ohne Einschränkung fand vom 13.7.2011 bis zum 12.8.2011 statt; Ort und Dauer der Auslegung wurden am 6.7.2011 ortsüblich bekannt gemacht. Im Planaufstellungsverfahren holte die Antragsgegnerin u.a. schalltechnische Untersuchungen des Gutachterbüros F.
- G. - vom 13.2.2004 und des Büros H. -I. vom 16.8.2007 ein, die offenbar Gegenstand dieser Auslegungen waren; eine weitere schalltechnische Untersuchung erstellte am 27.11.2012 das Büro J. - K. -. Vom 15.7.2013 bis zum 16.8.2013 führte die Antragsgegnerin eine weitere unbeschränkte öffentliche Auslegung durch; die Auslegungsbekanntmachung vom 8.7.2013 hat u.a. folgenden Wortlaut:
"[...]
Änderungen ergaben sich im Wesentlichen im Zuge einer neuen bzw. aktuellen schalltechnischen Untersuchung (Stand: November 2012). So wurde z.B. ein Emissionskontingent im Sondergebiet festgesetzt. Zudem wurde die Unterteilung der Sondergebietsfläche aufgehoben. Desweiteren wird die Grundflächenzahl (GRZ in den Allgemeinen Wohngebieten) von 0,2 auf 2,5 erhöht.
[...] Der geänderte Entwurf [...] und die Begründung liegen daher in der Zeit vom 15.07.2013 bis 16.08.2013 im Gemeindebüro der [Antragsgegnerin], während der allgemeinen Sprechzeiten sowie nach gesonderter Absprache erneut öffentlich zur allgemeinen Einsicht aus.
[...]"
Als Sprechzeiten waren dienstags und mittwochs 9-11 Uhr, donnerstags 16-18 Uhr angegeben. Die Antragstellerin erhob im Auslegungszeitraum Einwendungen. In seiner Sitzung am 24.10.2013 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Am 9.11.2013 wurde der Bebauungsplan im Amtsblatt Nr. 45 für den Landkreis L. bekannt gemacht, am 13.11.2013 von der Bürgermeisterin ausgefertigt.
Der Bebauungsplan sieht für das Betriebsgelände der Beigeladenen ein Sondergebiet Landhandel mit einer GRZ von 0,8 und eingeschossiger Bebauung vor. An der Süd- und Südwestgrenze des Sondergebiets, offenbar an der Stelle des vorhandenen Lärmschutzwalls ist eine Fläche für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen vorgesehen. Südöstlich des Sondergebiets sind allgemeine Wohngebiete, östlich der Bahnhofstraße im Norden, gegenüber dem Landhandel, Mischgebiete, im Süden ebenfalls ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Die Baufenster in den Mischgebieten reichen in den bisherigen Außenbereich hinein. Die textlichen Festsetzungen lauten auszugsweise:
"1.1 Im Sondergebiet "Landhandel" (SO) ist ein Landhandels-, Saatgut-, Düngemittel- und Futtermittelherstellungsbetrieb mit den dazu üblicherweise gehörenden Gebäuden und Einrichtungen einschließlich Büro-, Sozial- und Wohnräumen zulässig. UVP-pflichtige betriebliche Einrichtungen und Anlagen sind nicht zulässig."
Emissionsrelevante Erweiterungen und Nutzungsänderungen können gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden, wenn im Zulassungsverfahren durch Gutachten nachgewiesen wird, dass an den Immissionsaufpunkten in der Wohnnachbarschaft schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 BImSchG nicht zu erwarten sind.
1.2 Im Sondergebiet (SO) ist das Lärmkontingent (LEK) nach DIN 45691 mit einem Wert von maximal 46 dB nachts (22 Uhr bis 6 Uhr) nicht zu überschreiten. [...].
[...]
1.10 Im Sondergebiet "Landhandel" (SO) dürfen Neu-, Um- und Anbauten für emissionsrelevante Anlagen und Nutzungen keine den angrenzenden Wohngebieten zugewandte Öffnungen haben.
[...]
1.12 Im Sondergebiet "Landhandel" (SO) ist auf der Fläche für Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen [...] ein Erdwall [mit näheren Spezifizierungen zu Dimensionen und Bepflanzung] zu errichten."
Am 23.12.2013 hat die Antragstellerin Normenkontroll- und gleichzeitig den vorliegenden Normenkontrolleilantrag gestellt. Zur Begründung macht sie geltend, der Eilantrag sei begründet, da bei einer Folgenabwägung die ihr bei Planvollzug vor einer Hauptsacheentscheidung drohenden Nachteile schwerer wögen als das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Die Beigeladene beabsichtige offenbar, demnächst einen Bauantrag zu stellen. Der Normenkontrollantrag sei zudem offensichtlich begründet. Die Auslegung sei unzureichend, da der Bebauungsplan nur an sechs Stunden pro Woche einsehbar gewesen sei; zudem sei das Gemeindebüro am letzten Tag der Auslegungsfrist geschlossen gewesen, und auch das Telefax-Gerät habe nicht funktioniert. Der Auslegungsbekanntmachung fehle der Hinweis, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar seien. Materiell-rechtlich verstoße der Bebauungsplan gegen § 50 BImSchG, da ein gewerbegebietsähnliches Sondergebiet neben Wohngebieten ausgewiesen sei. Die Antragsgegnerin habe zudem verkannt, dass die angrenzenden Wohngebiete faktisch reine Wohngebiete mit einem Schutzanspruch von 50 dB(A) tags bzw. 35 dB(A) nachts seien; das Gutachten habe hingegen schon im Ist-Zustand Belastungen von 54-58 dB(A) tags und 40-44 dB(A) nachts ermittelt; eine Betriebserweiterung würde die Situation verschärfen. Die Emissionskontingentierung stelle nur die Einhaltung der Richtwerte für allgemeine Wohngebiete sicher. Das Lärmgutachten beruhe nicht auf Messungen; der als "seltene Ereignisse" berücksichtigte Ernteverkehr trete relativ häufig auf. Geruchsbelastungen seien nicht untersucht worden, obgleich der Betrieb die Errichtung eines Düngemittelherstellungsbetriebes zulasse. Ihr Grundstück werde erheblich im Wert gemindert. Die Festsetzung "Landhandel" sei auch zu unbestimmt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Bebauungsplan bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren insoweit außer Vollzug zu setzen, als er für das Grundstück Bahnhofstraße 67 ein Sondergebiet "Landhandel" festsetzt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Eilantrag abzulehnen.
Sie bezweifelt die Antragsbefugnis der Antragstellerin; diese habe eine Verletzung ihres Rechts auf gerechte Abwägung ihrer Belange nicht hinreichend konkret dargelegt. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Der Bebauungsplan sei rechtmäßig. Die Auslegungszeiten seien jedenfalls in einer ehrenamtlich geführten Gemeinde ausreichend. Am letzten Tag der Auslegungsfrist sei das Gemeindebüro besetzt gewesen, das Faxgerät habe funktioniert. Der Hinweis auf die verfügbaren Umweltinformationen sei ausreichend gewesen. Im Rahmen einer erneuten Auslegung nach § 4a Abs. 3 BauGB müssten nur die im Vergleich zur letzten Auslegung neuen Umweltinformationen genannt werden; das sei hier die schalltechnische Untersuchung vom November 2012 gewesen, die genannt worden sei. Zudem sei ein etwaiger Mangel nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich. Er könne jedenfalls einem Normenkontrolleilantrag nicht zum Erfolg verhelfen, da er - falls er vorläge - von der Gemeinde zügig geheilt werden würde. Der Plan sei auch materiell rechtmäßig. § 50 BImSchG sei nicht verletzt, da hier eine vorhandene Gemengelage mit dem Ziel überplant werde, bestehende Nutzungskonflikte zu entschärfen; hierzu dienten die textlichen Festsetzungen 1.1, 1.2, 1.10-1.12. Der Schutzanspruch der Antragstellerin richte sich nach der WA-Festsetzung für ihr Grundstück. Zusätzliche Geräusch- und Staubimmissionen ermögliche der Plan nicht. Anhaltspunkte dafür, dass hier ein Konfliktpotential bestehe, das nicht in einem nachfolgenden Genehmigungsverfahren lösbar wäre, hätte der Rat nicht gehabt, zumal die Antragstellerin im Beteiligungsverfahren nicht auf etwaige Geruchsimmissionen hingewiesen habe. Die Festsetzung eines Sondergebiets "Landhandel" sei auch hinreichend bestimmt.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Antrag abzulehnen.
Sie beabsichtige gegenwärtig nicht, ihren Betrieb baulich zu erweitern. In der Sache äußert sie sich ähnlich wie die Antragsgegnerin.
II.
Der Antrag hat Erfolg.
Er ist zulässig. Die Antragstellerin hat hinreichend deutlich gemacht, dass und aus welchen Gründen sie ihre abwägungserheblichen Belange des Schutzes vor Lärm-, Geruchs- und Staubimmissionen, die von einem im Sondergebiet zulässigen Landhandelsbetrieb ausgehen könnten, verletzt sieht. Dass dies der Fall sein könnte, ist nicht nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen.
Der Antrag ist auch begründet. Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung einer Satzung nach dem Baugesetzbuch zur Folge hat, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174 m.w.N.). Aus anderen wichtigen Gründen ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erst dann geboten, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 21.3.1988 - 1 D 6/87 -, [...] = BRS 48 Nr. 30; siehe auch Beschl. v. 30.8.2001 - 1 MN 2456/01 -, [...] = NVwZ 2002, 109 = BRS 64 Nr. 62).
Ein schwerer, den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigender Nachteil ist nicht ersichtlich. Indizien, die den Vortrag der Beigeladenen, sie beabsichtige nicht, ihren Betrieb auf der Grundlage des Bebauungsplans in absehbarer Zeit zu erweitern, erschüttern würden, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen; erst recht ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass dies mit einem außergewöhnlichen Opfer für die Antragstellerin einhergehen würde. Die abstrakte Möglichkeit, dass ein Bebauungsplan ausgenutzt wird, ist der Regelfall und rechtfertigt die Aussetzung der Satzung nicht.
Allerdings ist der Erlass der einstweiligen Anordnung aus anderen wichtigen Gründen geboten, da der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird.
Der Senat stellt dabei nicht entscheidend darauf ab, dass der angegriffene Bebauungsplan nicht ordnungsgemäß ausgefertigt wurde. Dies dürfte zwar der Fall sein. Nach 11 Abs. 1 Satz 1 NKomVG sind Satzungen von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten zu unterzeichnen. Diese Ausfertigung hat vor der öffentlichen Bekanntmachung zu erfolgen; denn mit dieser tritt ein Bebauungsplan nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB in Kraft. Das setzt voraus, dass dem Bekanntmachungsakt alle übrigen Schritte, die für seine Rechtmäßigkeit erforderlich sind, vorausgegangen sind (BVerwG, Beschl. v. 9.5.1996 - 4 B 60.96 -, BauR 1996, 670 f. = [...] Rn. 3; Beschl. v. 27.1.1999 - 4 B 129.98 -, BauR 1999, 611 ff. = [...] Rn. 5 f.; Senat, Urt. v. 28.11.2012 - 1 KN 29/10 -, Vnb). Nach der in den Verwaltungsvorgängen allein vorhandenen beglaubigten Abschrift des Bebauungsplans wurde dieser am 9.11.2013 bekannt gemacht, jedoch erst am 13.11.2013 ausgefertigt. Dieser Fehler könnte allerdings gemäß § 214 Abs. 4 BauGB geheilt werden; würde es die Antragsgegnerin, die auf diesen von den Beteiligten nicht erörterten Mangel noch nicht gerichtlich hingewiesen wurde, beabsichtigen, eine Heilung bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorzunehmen, so wäre dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz voraussichtlich nicht schon aus diesem Grund stattzugeben.
Gleiches gilt für den ebenfalls von den Beteiligten nicht angesprochenen Verkündungsmangel, der darin begründet liegt, dass der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen auf die DIN 45691 Bezug nimmt, ohne sicherzustellen, dass die Planbetroffenen auch vom Inhalt der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können (vgl. zu diesem Erfordernis zuletzt BVerwG, Beschl. v. 5.12.2013 - 4 BN 48.13 -, [...]; Beschl. v. 29.7.2010 - 4 BN 21.10 -, NVwZ 2010, 1567 = [...]; ferner Senat, Beschl. v. 27.4.2011 - 1 KN 19/09 -, BRS 78 Nr. 56 = [...]Rn. 25 ff.).
Der Plan ist jedoch auch deshalb formell rechtswidrig, weil die Auslegungsbekanntmachung(en) entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB keine hinreichenden Informationen dazu enthalten, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind. Der Auslegungsbekanntmachung vom 8.7.2013 ist allenfalls - implizit - der Hinweis auf die schalltechnische Untersuchung des Büros M. vom 27.11.2012 zu entnehmen. Ob, wie die Antragsgegnerin meint, ein Hinweis auf sonstige verfügbare Umweltinformationen im Falle einer erneuten Auslegung nach § 4a Abs. 3 BauGB auch dann entbehrlich ist, wenn diese ohne Einschränkung nach § 4a Abs. 3 Satz 2 erfolgt, oder ob nicht vielmehr in diesem Fall auch die Auslegungsbekanntmachung vollständig zu sein hat, kann dahinstehen. Denn entbehrlich könnten die Angaben allenfalls dann sein, wenn jedenfalls die vorangegangenen Auslegungsbekanntmachungen, zumindest in ihrer Gesamtheit, die verfügbaren Umweltinformationen vollständig enthalten. Das ist hier nicht der Fall. Die Bekanntmachung für die Auslegung vom 3.4.2006 bis zum 2.5.2006 ist, soweit ersichtlich, in den bislang vorgelegten Verwaltungsvorgängen nicht enthalten, so dass der Senat ihre Übereinstimmung mit den Anforderungen des § 3 Abs. 2 BauGB nicht überprüfen kann. Jedenfalls in der Auslegungsbekanntmachung vom 6.7.2011 aber fehlen sämtliche Angaben zu verfügbaren Umweltinformationen. Zu entsprechenden Angaben hätte aber auch nach der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin Anlass bestanden; gegenüber der Auslegung von 2006 ist zumindest das Schallgutachten H. -I. vom 16.8.2007 hinzugekommen. Ferner hat zumindest der Landkreis L. im Rahmen der öffentlichen Auslegung 2006 umweltbezogene Angaben gemacht, u.a. auf einen Altlastenverdacht hingewiesen. Darüber hinaus ist gegenüber dem damaligen Begründungsentwurf der Umweltbericht erheblich verändert worden; in der Fassung von 2011 enthielt er erstmals eine Eingriffsbilanzierung.
Der Fehler in den Auslegungsbekanntmachungen ist nicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Hs. BauGB unbeachtlich. Unbeachtlich ist danach nur das Fehlen einzelner Angaben dazu, welche umweltbezogenen Informationen verfügbar sind. Hier fehlen in der Auslegungsbekanntmachung vom 6.7.2011 sämtliche Angaben zu umweltbezogenen Informationen, in der Auslegungsbekanntmachung vom 8.7.2013 ist nur eine einzige Information - und auch diese nur indirekt, als Anlass der erneuten Auslegung - angesprochen, obwohl jedenfalls die Angaben, die in den vorangegangenen Auslegungsbekanntmachungen ausgelassen wurden, hätten nachgeholt werden müssen.
Anders als ggf. hinsichtlich des Ausfertigungsmangels wirkt sich hier die Senatsrechtsprechung (vgl. Beschl. v. 15.4.2008 - 1 MN 58/08 -, BauR 2009, 85 = BRS 73 Nr. 61 mit ausführlichem Zitat des bis dahin unveröffentlichten Beschlusses vom 15.11.2000 - 1 M 3238/00 - sowie Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des OVG Münster; s. auch Senatsbeschl. vom 27.9.1999 - 1 M 2579/ 99 -, [...]), nach der eine einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO unter bestimmten Voraussetzungen nicht aus anderen wichtigen Gründen geboten ist, wenn ein Fehler einer Satzung heilbar ist, nicht zugunsten der Antragsgegnerin aus. Denn diese Rechtsprechung greift nur bei der Verletzung von Vorschriften, die der Antragsteller nicht als eigenes Recht rügen kann. Das ist bei Fehlern der Öffentlichkeitsbeteiligung, wie hier, nicht der Fall (vgl. Senatsbeschl. v. 2.7.2013 - 1 MN 90/13 -, [...]Rn. 61; Senatsbeschl. v. 4.5.2012 - 1 MN 218/11 -, [...]Rn. 59), ohne dass es bei einem Fehler in der Auslegungsbekanntmachung darauf ankäme, dass dieser den Antragsteller nach seinem eigenen Vortrag konkret von der Erhebung bestimmter Einwendungen abgehalten hätte. Erforderlich ist nach der o.g. Rechtsprechung ferner, dass damit zu rechnen ist, die Gemeinde begebe sich daran, den Mangel in einem ergänzenden Verfahren zu beheben. Hier hat die Antragsgegnerin zwar vage in Aussicht gestellt, "einen etwaigen Mangel zügig heilen" zu wollen. Dass sie dies auf die Rüge der Antragstellerin tatsächlich in Angriff genommen hätte, hat sie aber nicht vorgetragen, sondern ist weiterhin der Auffassung, ihre Auslegungsbekanntmachung sei ordnungsgemäß.
Eine nur teilweise Außervollzugsetzung des angegriffenen Bebauungsplans, wie sie die Antragstellerin beantragt hat, kommt hier nicht in Betracht, da der Plan nicht teilbar ist. Es ist nicht mit hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass die Antragsgegnerin den "Restplan" auch ohne die Festsetzung des Sondergebiets "Landhandel" in der vorliegenden Form getroffen hätte, da die Konzeption der Wohn- und Mischgebiete auf die vom Sondergebiet ausgehenden Emissionen abgestimmt ist. In einem solchen Fall hindert § 88 VwGO das Normenkontrollgericht nicht, abweichend vom gestellten Antrag die angegriffene Rechtsnorm insgesamt für unwirksam zu erklären (BVerwG, Beschl. v. 20.8.1991 - 4 NB 3.91 -, NVwZ 1992, 567 = BRS 52 Nr. 36 = [...]); entsprechendes muss dann auch für das Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO gelten.
Weitere Ausführungen zur formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des Plans sind daher zur Begründung des Aussetzungsausspruchs nicht erforderlich. Für den Fall, dass die Antragsgegnerin eine Heilung des Bebauungsplans unternehmen sollte, sieht sich der Senat freilich veranlasst, auf folgendes hinzuweisen:
Die Auslegungsfrist von 6 Stunden in der Woche könnten hier angesichts der begrenzten Möglichkeiten der mit rund 1.500 Einwohnern sehr kleinen Gemeinde gerade noch ausreichend sein; zu berücksichtigen ist dabei, dass die Gemeinde sich offensichtlich bemüht, mit den Nachmittagsöffnungszeiten am Donnerstag auch Berufstätigen die Einsicht zu ermöglichen, und dass die Möglichkeit einer Terminsvereinbarung außerhalb der angegebenen Sprechzeiten bestanden zu haben scheint; im Einzelnen wird einiges davon abhängen, wie flexibel diese letztere Möglichkeit gehandhabt wurde. Sollte eine Terminvereinbarung nicht relativ frei und ohne große "Zugangshürden" möglich sein, wäre die Antragsgegnerin allerdings gut beraten, die Einsichtsmöglichkeit etwas zu erweitern.
In der Sache lässt sich anhand der bislang vorgelegten Unterlagen nicht abschließend beurteilen, ob dem Abwägungsgebot und insbesondere dem Trennungsgrundsatz des § 50 Satz 1 BImSchG hinreichend Rechnung getragen wurde. Wie von der Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt, ist eine strikte Trennung von Wohn- und Gewerbegebieten dort planerisch nicht zwingend geboten, wo eine Gemengelage bereits vorhanden ist. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die vorliegende Planung den Konflikt zulasten der Wohnbebauung noch verschärft, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen; im Hauptsacheverfahren wird es hier zum einen darauf ankommen, welche Schutzvorkehrungen die 1. Änderung des Bebauungsplans "An der Bahn", die dem Senat nicht vorliegt, vorsah. Zum anderen wird hier die Auslegung des angegriffenen Plans von Bedeutung sein. Ist dessen textliche Festsetzung Nr. 1 so zu verstehen, dass durch dessen Satz 1 nur der vorhandene, genehmigte Bestand des Betriebes und die vorhandene, genehmigte Betriebsweise abgesichert wird, während sämtliche emissionsrelevanten Erweiterungen und Nutzungsänderungen, also auch die bei unbefangener Lesart von Satz 1 gedeckten, gemäß Satz 3 nur ausnahmsweise zulässig wären, so wäre ein Nachteil für die Antragstellerin nicht ersichtlich.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird jedenfalls kein Abwägungsfehler darin liegen, dass die Antragsgegnerin bzw. der von ihr beauftragte Lärmsachverständige ihrem Grundstück nur den Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebietes zugebilligt haben. Dass das Grundstück im Bebauungsplan "An der Bahn" als allgemeines Wohngebiet festgesetzt ist, hat die Antragstellerin nicht bestritten. Angesichts dessen ist ihre Behauptung, das Grundstück liege in einem "faktischen reinen Wohngebiet" unerheblich; für eine Beurteilung des Schutzanspruchs eines Grundstücks anhand des tatsächlichen Umgebungscharakters ist nur dort Raum, wo entweder eine planerische Festsetzung nicht existiert oder diese funktionslos geworden ist. Für letzteres hat die Antragstellerin keine Anhaltspunkte vorgetragen; diese sind auch nicht ersichtlich. Selbst wenn in der näheren Umgebung ihres Grundstücks tatsächlich nur die in § 3 Abs. 2 BauNVO genannten Nutzungen vorhanden sein sollten, ist nicht langfristig ausgeschlossen, dass sich dort auch Nutzungen, wie sie § 4 Abs. 2 BauNVO nennt, zusätzlich ansiedeln könnten. Tatsächlich könnte der Schutzanspruch der Antragstellerin sogar noch unter dem eines allgemeinen Wohngebiets liegen, da die langjährige Nachbarschaft ihres Grundstücks zu einem faktischen Gewerbegebiet - dem Betriebsgelände der Beigeladenen - hier womöglich zu einer Mittelwertbildung zwingt.
Ob die Antragsgegnerin möglichen Geruchs- und Staubbelastungen näher hätte nachgehen müssen, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen. Dass die Geruchs- und Staubbelastungssituation gegenwärtig unzumutbar ist, hat die Antragstellerin nicht substantiiert geltend gemacht. Hinsichtlich künftiger Belastungen ist fraglich, ob der Bebauungsplan eine wesentliche Verschlechterung der gegenwärtigen Situation zulässt. Wäre der Bebauungsplan so auszulegen, wie oben skizziert, wäre auch mit Blick auf mögliche Geruchs- und Staubbelastungen eine Verschlechterung der gegenwärtigen Situation nicht zu erwarten. Die Umwandlung des Betriebs der Beigeladenen hin zu einer reinen Düngemittelfabrik dürfte der Bebauungsplan jedenfalls nicht zulassen; mit Blick auf den aus der Bezeichnung des Sondergebiets und der Planbegründung hervorgehenden Gebietscharakter dürfte die textliche Festsetzung 1.1 Satz 1 hier einschränkend auszulegen sein. Es ist allerdings überraschend, dass in den Verwaltungsvorgängen eine Forderung des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes N. nach einer Bewertung der Geruchssituation und auch ein Auftrag für ein Geruchs- und Staubgutachten vom 6.6.2007, jedoch kein Gutachten vorhanden ist, ohne dass sich in den Planaufstellungsvorgängen hierfür eine Erklärung findet. Dies wird im Hauptsacheverfahren der Erläuterung bedürfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 9 b), 18 b) der regelmäßigen Streitwertannahmen des Senats.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).