Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.02.2014, Az.: 4 LB 231/12

Vorliegen einer maßgeblichen Änderung der Einkommensverhältnisse hinsichtlich Beurteilung durch Gegenüberstellung der neuen Verhältnisse bzgl. des Bewilligungsbescheids; Neufestsetzung von Wohngeldleistungen in niedrigerer Höhe und Rückforderung zu viel erbrachter Wohngeldleistungen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.02.2014
Aktenzeichen
4 LB 231/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 11222
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0224.4LB231.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 03.03.2011 - AZ: 3 A 1851/10

Fundstellen

  • DÖV 2014, 499-500
  • FEVS 2015, 84-88
  • NordÖR 2014, 248

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Bei der Beurteilung, ob eine maßgebliche Änderung der Einkommensverhältnisse im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WoGG vorliegt, sind die neuen Verhältnisse den Verhältnissen gegenüberzustellen, auf denen der (bisherige) Bewilligungsbescheid für den jeweiligen Bewilligungszeitraum beruht.

  2. 2.

    Aus § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WoGG ergibt sich nicht, dass sich die Einkommensverhältnisse erst nach Beginn des Bewilligungszeitraums geändert haben müssen. Die Änderung kann auch vor Beginn des Bewilligungszeitraums eingetreten sein, sofern sie im Bewilligungszeitraum fortwirkt.

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 3. März 2011 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vor-läufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten ab-wenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Neufestsetzung von Wohngeldleistungen in niedrigerer Höhe und die Rückforderung zu viel erbrachter Wohngeldleistungen.

Der Kläger beantragte am 15. Juli 2009 die Gewährung von Wohngeld für die Wohnung B., die er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin C. sowie drei minderjährigen Kindern bewohnte. Aus den Antragsangaben des Klägers zum Einkommen ergab sich u.a., dass Frau C. die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente beantragt hatte. Mit Bescheiden vom 1. und 2. Oktober sowie 13. November 2009 gewährte der Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag Wohngeld für die Zeit vom 1. bis 31. Juli 2009 in Höhe von insgesamt 145,- EUR, für die Zeit vom 1. bis 31. August 2009 in Höhe von insgesamt 176,- EUR, für die Zeit vom 1. bis 30. September 2009 in Höhe von insgesamt 394,- EUR und für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis 28. Februar 2010 in Höhe von monatlich 356,- EUR. Sowohl mit Bescheid vom 1. Oktober 2009 als auch mit Bescheid (Nr. 1) vom 13. November 2009 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass mitzuteilen sei, wenn für D. eine Rente bewilligt werde, und dass es im Falle einer rückwirkenden Rentenbewilligung zu einer Wohngeldrückforderung kommen könne.

Nachdem die Lebensgefährtin des Klägers dem Beklagten im Januar 2010 telefonisch mitgeteilt hatte, dass sie mit dem Kläger ab dem 1. Februar 2010 in den Landkreis Wittmund verziehe, stellte der Beklagte mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 19. Januar 2010 fest, dass der Bewilligungsbescheid (Nr. 2) vom 13. November 2009, mit dem Wohngeldleistungen für den Zeitraum 1. Oktober 2009 bis 28. Februar 2010 bewilligt worden waren, per Gesetz ab dem 1. Februar 2010 unwirksam sei, da die bisherige Wohnung zum 31. Januar 2010 aufgegeben werde.

Anlässlich eines Telefonates mit der Familienkasse der Stadt Emden am 14. Juni 2010 sowie anhand der anschließend von dem Sozialamt des Landkreises Wittmund zur Verfügung gestellten Kopie des Rentenbescheides vom 20. April 2010 erfuhr der Beklagte, dass inzwischen D. "aufgrund des Vergleichs vom 5. März 2010" rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2011 eine Erwerbsminderungsrente von (brutto) 832,52 EUR monatlich bewilligt und für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. April 2010 eine Nachzahlung in Höhe von 7.575,24 EUR überwiesen worden war.

Der Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 23. Juni 2010 seine Wohngeldbewilligungsbescheide vom 1. und 2. Oktober sowie 13. November 2009 für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 mit der Begründung auf, dass sich das Gesamteinkommen im laufenden Bewilligungszeitraum nicht nur vorübergehend um mehr als 15 Prozent erhöht habe. Ferner forderte der Beklage unter Neuentscheidung über den Wohngeldanspruch des Klägers für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 von den für diesen Zeitraum bereits erbrachten Wohngeldleistungen in Höhe von insgesamt 2.139,- EUR einen Betrag in Höhe von 1.566,- EUR zurück. Über den Wohngeldanspruch des Klägers entschied der Beklagte mit weiteren Bescheiden gleichen Datums neu und setzte folgende Wohngeldleistungen fest: für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Juli 2009 in Höhe von 0,- EUR (zuvor 145,- EUR), für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis 31. August 2009 ebenfalls in Höhe von 0,- EUR (zuvor 176,- EUR), für den Zeitraum vom 1. bis 30. September 2009 in Höhe von 149,- EUR (zuvor 394,- EUR) und für den Zeitraum 1. Oktober 2009 bis 31. Januar 2010 in Höhe von monatlich 106,- EUR (zuvor 365,- EUR). Danach ergab sich für den gesamten Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 ein Wohngeldanspruch des Klägers in Höhe von insgesamt 573,- EUR anstelle der zuvor bewilligten Leistungen in Höhe von insgesamt 2.139,- EUR.

Am 22. Juli 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Diese begründete der Kläger damit, dass ihm zum Zeitpunkt der Bewilligung des Wohngeldes diese Leistungen zugestanden hätten, da er keine Gelder bezogen habe. Es bestehe immer noch ein Bedarf in Höhe von 30,- EUR. Für den Fall, dass er eine Rückzahlung leisten müsste, fehle dieses Geld und er würde wieder bedürftig werden. Das jetzige Einkommen liege so hoch, dass noch ein Bedarf von 30,- EUR bestehe. Dem widerspräche es, wenn er eine Rückzahlung leisten müsste.

Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. März 2011 nicht erschienen ist, hat im erstinstanzlichen Verfahren keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und auf die Klage erwidert, der Kläger sei mehrfach schriftlich und mündlich darauf hingewiesen worden, dass die Gewährung einer Rente mitzuteilen sei und voraussichtlich zu einer Neuberechnung und Rückforderung führen werde. Der Kläger und seine Lebensgefährtin hätten ihm - dem Beklagten - nichts hinsichtlich des Vergleiches vom 5. März 2010 und nichts hinsichtlich des Bescheides vom 20. April 2010 mitgeteilt. Hiervon habe er nur rein zufällig und ohne Zutun des Klägers Kenntnis erlangt. Die Nachzahlung der Rente für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 30. April 2010 habe sich auf einen Betrag in Höhe von 7.575,24 EUR belaufen. Die Zahlung des Rückforderungsbetrages von 1.566,- EUR sei hieraus ohne weiteres möglich. Einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Rentenversicherungsträger habe er bei Bewilligung der Wohngeldleistungen nicht geltend gemacht, weil weder der Zeitpunkt, ab dem eine Rente bewilligt werden würde, bekannt gewesen sei noch die mögliche Höhe der Rente noch überhaupt, ob eine Rente bewilligt werden würde.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 3. März 2011 die Bescheide des Beklagten vom 23. Juni 2010 aufgehoben, soweit dem Kläger nicht erneut Wohngeldleistungen bewilligt werden. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht u.a. ausgeführt:

"Die zulässige Klage ist begründet.

Dabei hält das Gericht es für vertretbar und angemessen, das Klagebegehren- obwohl der Kläger trotz Anordnung seines persönlichen Erscheinens der mündlichen Verhandlung am 3. März 2011 ferngeblieben ist und dem Gericht daher keine Gelegenheit zur Erörterung des Klageantrages mehr gegeben hat - in dem sich aus dem Tatbestand dieses Urteils (Klageantrag) ergebenden Sinne auszulegen, d.h. im Interesse des Klägers davon auszugehen, dass er sich gegen die Bescheide des Beklagten vom 23. Juni 2010 nur insoweit wenden will, als mit diesen Bescheiden nicht eine erneute Bewilligung von Wohngeldleistungen erfolgt, die Klage also ausschließlich gegen die endgültige Aufhebung der seinerzeitigen Bewilligungsbescheide und die damit verbundene Rückforderung überzahlten Wohngeldes gerichtet sein soll. Denn soweit die angefochtenen Bescheide eine (teilweise) erneute Wohngeldbewilligung enthalten, wird der Kläger durch sie nicht beschwert und kann er somit an deren Aufhebung nicht interessiert sein. Insoweit wäre die Klage deshalb ohnehin schon mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig abzuweisen.

Mit dieser Maßgabe ist der Klage in vollem Umfange stattzugeben. Denn soweit die Bewilligungsbescheide des Beklagten vom 1. und 2. Oktober sowie vom 13. November 2009, betreffend den Bewilligungszeitraum 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010, endgültig aufgehoben und überzahlte Wohngeldleistungen in Höhe von 1.566,00 EUR von dem Kläger zurückgefordert werden, sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen sie den Kläger auch in seinen Rechten, so dass sie gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO insoweit aufzuheben sind.

Die von dem Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage des § 27 Abs. 2 des Wohngeldgesetzes (WoGG) in der ab 1. Januar 2009 geltenden aktuellen Fassung (i.V.m. § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X) trägt die getroffenen Entscheidungen nicht. Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WoGG ist über die Leistung des Wohngeldes von Amts wegen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an neu zu entscheiden, wenn sich im laufenden Bewilligungszeitraum nicht nur vorübergehend das Gesamteinkommen um mehr als 15 Prozent erhöht und dadurch das Wohngeld wegfällt oder sich verringert. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 WoGG im Falle des Satzes 1 Nr. 3 der Beginn des Zeitraums, für den das zu erhöhende Einkommen bezogen wird, das zu einer Erhöhung des Gesamteinkommens um mehr als 15 Prozent führt (vgl. zur Entstehungsgeschichte und ratio der letzteren Vorschrift die Ausführungen zur Vorgängernorm des § 29 Abs. 3 Satz 2 WoGG a.F. in Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand Juni 2007, § 29 Rdnrn. 34 f.).

Die der D. mit Rentenversicherungsbescheid vom 20. April 2010 bewilligte Erwerbsminderungsrente hat entgegen der Auffassung des Beklagten eine Erhöhung des Gesamteinkommens im Sinne dieser Vorschriften nicht bewirkt. Denn wegen der in diesem Bescheid ausdrücklich getroffenen Bestimmung, "die Rente beginnt am 01.07.2009", hat der 1. Juli 2009 im Rechtssinne als "Beginn des Zeitraums, für den das erhöhte Einkommen bezogen" worden ist, zu gelten. Dabei handelt es sich aber zugleich um den Beginn auch des Zeitraumes, für den dem Kläger mit Bescheiden vom 1. sowie 2. Oktober und 13. November 2009 Wohngeld bewilligt worden war (Bewilligungszeitraum - 1. Juli 2009 bis 28. Februar 2010). Kraft der sich aus § 27 Abs. 2 Satz 2 WoGG in bezug auf den Fall des § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WoGG ergebenden fiktiven Rückerstreckung des Einkommensbezuges ist der Kläger demnach, soweit es jedenfalls - wie hier - um die Voraussetzungen einer neuen Entscheidung über die (seinerzeitige) Leistung des Wohngeldes gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 WoGG geht, so zu stellen, als wäre das (gegenüber dem der damaligen Wohngeldbewilligung von dem Beklagten tatsächlich zugrunde gelegten Gesamteinkommen) um die der D. bewilligte Rente erhöhte Gesamteinkommen bereits, was den Wohngeldbewilligungszeitraum 1. Juli 2009 bis 28. Februar 2010 betrifft, von Anfang an bezogen worden. Demnach liegt nach der gebotenen rechtlichen Betrachtungsweise, also unter Berücksichtigung der in Rede stehenden gesetzlichen Fiktion, eine "im laufenden Bewilligungszeitraum" eingetretene Änderung der (Einkommens-)Verhältnisse, namentlich eine diese (zeitlichen) Voraussetzungen erfüllende Erhöhung des Gesamteinkommens, nicht vor. Dies bedarf an sich keiner weiteren Erörterung, weil ein Ereignis, das zeitgleich mit dem Beginn eines festgelegten, bestimmten Zeitraumes stattfindet, schon aus sprachlogischen Gründen nicht ebenso und zugleich als ein "im", also in diesem Zeitraum (m.a.W. innerhalb, im Laufe oder während dieses Zeitraumes) stattfindendes Ereignis begriffen werden kann. Dennoch sei zur Veranschaulichung und unter sprachlich-begrifflichen Gesichtspunkten beispielhaft verwiesen auf die Kommentierung zu § 27 Abs. 2 Satz 3 WoGG bei Stadler u.a., a.a.O., Stand August 2010, § 27 Rdnr. 50, die sich auch mit der Definition und Unterscheidung von Änderungszeitpunkten je nach ihrer Lage schon zu Beginn oder im Laufe eines bestimmten Zeitraumes (dort eines Monats) befasst und in der hierzu (sinngemäß) festgestellt wird, dass eine schon zu Beginn des Zeitraumes (zum Ersten des Monats) eingetretene Änderung dann vorliege, wenn sie ab 0:00 Uhr bestehe, während die Annahme einer im Laufe des Zeitraumes (des Monats) eingetretenen Änderung voraussetze, dass sie nach 0:00 Uhr erfolgt sei. Dies ergibt sich letztlich aber auch von selbst und muss deshalb nicht weiter vertieft werden. Hieraus folgt andererseits, dass auch nach der Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 3 WoGG (andere insoweit vergleichbare Regelungen kommen in der Rechtsordnung zahlreich vor) sich u.U. nur durch eine tatsächliche oder juristische Sekunde in ihrem Zeitablauf unterscheidende Sachverhalte mit völlig unterschiedlichen Rechtsfolgen verbunden sein können. Es ist nicht ersichtlich, warum hinsichtlich solcher Auswirkungen - auch wenn sie sich im Einzelfall, wie möglicherweise hier, in einer zu Lasten der Behörde gehenden Unumkehrbarkeit einer unbillig erscheinenden Vermögensverschiebung äußern mögen - für § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 WoGG etwas anderes sollte gelten müssen.

§ 27 Abs. 4 WoGG scheidet als Rechtsgrundlage für die erfolgte (gänzliche bzw. im Ergebnis teilweise) Aufhebung der früheren Bewilligungsbescheide ebenfalls aus. Danach gilt zwar u.a. § 27 Abs. 2 WoGG entsprechend, wenn sich die Änderungen (u.a. nach Abs. 2 Satz 1) auf einen abgelaufenen Bewilligungszeitraum beziehen. Diese Vorschrift ist hier schon deshalb unanwendbar, weil dem Kläger für den Zeitraum ab 1. Juli 2009 erstmals Wohngeld durch den Beklagten bewilligt worden war, vorangegangene abgelaufene Bewilligungszeiträume somit gar nicht bestehen."

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat durch Beschluss vom 18. September 2011 gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassene Berufung des Beklagten, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 4 WoGG mit der Begründung verneint habe, diese Norm verlange einen der Änderung der Verhältnisse im Sinne § 27 Abs. 2 Satz 1 WoGG vorangegangenen abgelaufenen Bewilligungszeitraum. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liege auch eine Änderung im Bewilligungszeitraum vor, wenn die zeitliche Änderung der Verhältnisse vor diesem Bewilligungszeitraum liegt oder zufällig wie hier zeitglich auf den Beginn des Bewilligungszeitraumes fällt. Die einschränkende Auslegung durch das Verwaltungsgericht würde zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Einschränkung der Änderung von Wohngeldbescheiden bei (nachträglicher) Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 27 Abs. 2 Satz 1 WoGG führen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 3. März 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht für erforderlich hält.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Denn entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die angefochtenen Bescheide vom 23. Juni 2010, mit denen der Beklagte die Bescheide vom 1. und 2. Oktober sowie vom 13. November 2009 aufgehoben, über die Leistung von Wohngeld für die Monate Juli 2009 bis Januar 2010 neu entschieden und überzahlte Wohngeldleistungen in Höhe von 1.566,- EUR zurückgefordert hat, rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WoGG ist über die Leistung des Wohngeldes von Amts wegen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an neu zu entscheiden, wenn sich im laufenden Bewilligungszeitraum nicht nur vorübergehend das Gesamteinkommen um mehr als 15 Prozent erhöht und dadurch das Wohngeld wegfällt oder sich verringert. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt im Fall des Satzes 1 Nr. 3 der Beginn des Zeitraums, für den das erhöhte Einkommen bezogen wird, das zu einer Erhöhung des Gesamteinkommens um mehr als 15 Prozent führt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 WoGG). Nach § 27 Abs. 4 WoGG gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend, wenn sich die Änderungen nach Absatz 2 Satz 1 und 4 und Absatz 3 Satz 1 auf einen abgelaufenen Bewilligungszeitraum beziehen, längstens für drei Jahre vor Kenntnis der wohngeldberechtigten Person oder der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder von der Änderung der Verhältnisse; der Kenntnis steht die Nichtkenntnis infolge grober Fahrlässigkeit gleich.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war hier gemäß § 27 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 WoGG über die Leistung von Wohngeld an den Kläger in dem Zeitraum von Juli 2009 bis Januar 2010 neu zu entscheiden, da eine für den Wohngeldanspruch des Klägers maßgebliche Änderung im Sinne von § 27 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 WoGG vorlag, die sich auf abgelaufene Bewilligungszeiträume bezog.

Das für die Ermittlung der Höhe des Wohngeldanspruchs maßgebliche Gesamteinkommen der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (§ 13 WoGG) hat sich in den Bewilligungszeiträumen, die durch die Bescheide vom 1. und 2. Oktober sowie vom 13. November 2009 hier abweichend von dem regelmäßigen Bewilligungszeitraum von zwölf Monaten festgesetzt worden sind (vgl. § 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WoGG), um mehr als 15 Prozent erhöht, wodurch das Wohngeld weggefallen ist bzw. sich verringert hat. Denn der Lebensgefährtin des Klägers ist durch Rentenbescheid vom 20. April 2010 rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2011 eine Erwerbsminderungsrente von (brutto) 832,53 monatlich bewilligt worden. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt hier gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 WoGG der 1. Juli 2009, da dies der Beginn des Zeitraums ist, für den die Rente bezogen wird. Auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen kommt es insoweit nicht an (vgl. dazu Senatsbeschl. v. 5.9.2013 - 4 LB 261/11 -). Dass sich unter Berücksichtigung dieser Rentenzahlung in den Bewilligungszeiträumen vom 1. Juli bis 31. Juli 2009, vom 1. bis 31. August 2009, vom 1. bis 30. September 2009 und vom 1. Oktober 2009 bis 31. Januar 2010 das Gesamteinkommen um mehr als 15 Prozent erhöht hat, ergibt sich aus den zutreffenden Berechnungen des Beklagten in den Bescheiden vom 23. Juni 2010, auf die der Senat insoweit Bezug nimmt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts haben sich die Einkommensverhältnisse auch "in den Bewilligungszeiträumen" geändert. Bei der Beurteilung, ob eine maßgebliche Änderung der Einkommensverhältnisse vorliegt, sind die neuen Verhältnisse den Verhältnissen gegenüberzustellen, auf denen der (bisherige) Bewilligungsbescheid für den jeweiligen Bewilligungszeitraum beruht. Aus § 27 Abs. 2 Satz 1 WoGG ergibt sich hingegen nicht, dass sich die Einkommensverhältnisse erst nach Beginn der Bewilligungszeiträume geändert haben müssen. Die Änderung kann vielmehr auch vor Beginn des Bewilligungszeitraums eingetreten sein, sofern sie im Bewilligungszeitraum fortwirkt. § 27 Abs. 2 Satz 1 WoGG sieht nämlich allein vor, dass - bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im jeweiligen Bewilligungszeitraum - vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an neu zu entscheiden ist. Ändern sich wie hier die Einkommensverhältnisse zeitgleich mit dem Beginn eines Bewilligungszeitraums und führt die auf diesen Bewilligungszeitraum bezogene vergleichende Betrachtung dazu, dass sich das Gesamteinkommen um mehr als 15 Prozent erhöht hat, ist über den Wohngeldanspruch daher mit Beginn der Änderung der Verhältnisse und daher von Beginn des Bewilligungszeitraums an neu zu entscheiden. Dieses betrifft hier zunächst den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Juli 2009. Hinsichtlich der sich zeitlich anschließenden Bewilligungszeiträume wirkt die durch die nachträgliche Rentenbewilligung zum 1. Juli 2009 eingetretene Änderung aber fort, so dass auch insoweit eine maßgebliche Änderung der Einkommensverhältnisse in den jeweiligen Bewilligungszeiträumen vorliegt und für diese Bewilligungszeiträume ebenfalls eine Neuberechnung durchzuführen ist (vgl. dazu Stadler u.a., WoGG, Stand: Oktober 2013, § 27 Rn 56).

Die hier vorliegende maßgebliche Änderung in den Einkommensverhältnissen betrifft auch abgelaufene Bewilligungszeiträume im Sinne des § 27 Abs. 4 WoGG. Für die Anwendung des § 27 Abs. 4 WoGG ist maßgeblich, ob sich die Änderung der Verhältnisse auf Bewilligungszeiträume bezieht, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Neufestsetzung bereits abgelaufen sind. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Systematik, die zwischen einer Neufestsetzung im laufenden Bewilligungszeitraum gemäß § 27 Abs. 2 WoGG und nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums gemäß § 27 Abs. 4 WoGG unterscheidet. Bezugspunkt für die Unterscheidung zwischen laufenden und abgelaufenen Bewilligungszeiträumen ist der Zeitpunkt der Entscheidung über die Neufestsetzung. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Neufestsetzung - hier am 23. Juni 2010 - waren die durch die Bescheide vom 1. und 2. Oktober sowie vom 13. November 2009 festgesetzten Bewilligungszeiträume bereits abgelaufen, so dass hier § 27 Abs. 4 WoGG entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts anwendbar ist.

Die weitere Voraussetzung des § 27 Abs. 4 WoGG für die (rückwirkende) Neufestsetzung der Wohngeldansprüche des Klägers für die abgelaufenen Bewilligungszeiträume von Juli 2009 bis Januar 2010 liegt ebenfalls vor, da diese Zeiträume innerhalb der Frist von drei Jahren vor Kenntnis der wohngeldberechtigten Person oder der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder von der Änderung der Verhältnisse liegen.

Der von dem Beklagten im Bescheid vom 23. Juni 2010 festgesetzte Erstattungsbetrag in Höhe von 1.566,- EUR begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Ein Ermessen steht der Behörde insoweit nicht zu. Da der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 1. und 2. Oktober sowie vom 13. November 2009, mit denen Wohngeldleistungen in Höhe von insgesamt 2.139,- bewilligt worden sind, zu Recht aufgehoben hat und den Wohngeldanspruch des Klägers für die Bewilligungszeiträume vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2010 unter Berücksichtigung des höheren Gesamteinkommens zu Recht neu auf insgesamt 573,- EUR festgesetzt hat, ist der von dem Beklagten geforderte Erstattungsbetrag in Höhe von 1.566,- EUR nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.