Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.02.2014, Az.: 3 LD 1/13

Verpflichtung eines Beamten zur Beschaffung einer erforderliche Bildschimarbeitsplatzbrille in der Freizeit; Disziplinarrechtliche Maßnahme gegen einen Beamten wegen Nichtbeschaffung einer erforderlichen Bildschirmarbeitsbrille

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.02.2014
Aktenzeichen
3 LD 1/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 14654
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0225.3LD1.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 21.11.2012 - AZ: 14 A 3114/12

Amtlicher Leitsatz

Ein Beamter muss eine erforderliche Bildschimarbeitsplatzbrille weder in der Freizeit beschaffen noch gegenüber dem Optiker in Vorleistung treten.

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil desVerwaltungsgerichts Oldenburg - 14. Kammer - vom 21. November 2012 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Kürzung seines monatlichen Ruhegehalts um 1/10 für 18 Monate.

Er wurde am 26. September 19 geboren, ist seit 19 verheiratet und hat zwei 19 und 19 geborene Töchter.

Nach Abitur und Studium der Elektrotechnik (Abschluss Diplom-Ingenieur) trat er zum 1. September 19 als Technischer Fernmeldeinspektor-Anwärter in den Fernmeldetechnischen Dienst der damaligen Deutschen Bundespost ein. Mit Wirkung vom 1. September 19 wurde er zum Technischen Fernmeldeamtmann (BesGr. A 11) ernannt. Er war damals beim Fernmeldeamt F. tätig.

Aufgrund der Umstrukturierung der ehemaligen Deutschen Bundespost u.a. in die Dt. Telecom AG wurde er im November 20 zunächst in die "TI Niederlassung G." als Referent Strukturplanung, Bewertung A 11, Standort F. eingesetzt. Zum Juni 20 wurde er aufgrund weiterer Organisationsänderung zum "Zentrum Technik Planung" versetzt und weiterhin als Referent Strukturplanung am Standort F. eingesetzt. Für den Zeitraum vom 1. Dezember 20 bis 30. Juni 20 wurde ihm "vorübergehend" eine Tätigkeit im Bereich Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH, einer 100%igen Tochter der Telecom AG am Dienstort F. zugewiesen. Im Juli 20 wurde diese vorübergehende Zuweisung widerrufen und ihm ab 15. Juli 20 "dauerhaft" Tätigkeiten im dem Tochterunternehmen zugewiesen. Die Verfügung wurde am 4. März 20 aufgehoben. Am 29. November 20 erfolgte wiederum die "dauerhafte" Zuweisung einer Tätigkeit bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH am Standort F.. Am 28. Januar 20 wurde ihm nach einer Neugestaltung seiner Aufgaben die "Tätigkeit eines Referenten Masterplanung Zugangsnetz bei der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH" dauerhaft zugewiesen. Seit dem 1. Juli 20 ist der Beklagte im Ruhestand.

In einer Beurteilung für den Zeitraum 19 /20 heißt es unter anderem, der Beamte verstehe es, sich in Wort und Schrift sehr präzise und verständlich auszudrücken. Abweichende Standpunkte berücksichtige er nicht immer angemessen, er finde sich schwer in ein Team. Er halte stark an althergebrachten Prinzipien fest. Bei Entscheidungen würden wirtschaftliche bzw. unternehmerische Belange nicht ausreichend berücksichtigt. Weitergehende Betrachtungen würden nicht nach unternehmerischen Gesichtspunkten, sondern teilweise noch nach "behördlichen" Aspekten angestellt. Die Neigung, über grundsätzliche Dinge immer wieder zu diskutieren, sei für die Zusammenarbeit sehr hinderlich. Er müsse sich grundlegend auf die neue Situation innerhalb des Unternehmens einstellen. Das Wissen sei grundsätzlich vorhanden.

Zum 25. Juni 20 wurde er - auf seinen Widerspruch hin - einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Aufgrund erheblicher Fehltage erfolgte am 25. November 20 eine arbeitsmedizinische Untersuchung, die keine gesundheitlichen Bedenken ergab. 20 lief für den Beklagten eine Wiedereingliederungsmaßnahme. In einer Beurteilung von September 20 heißt es unter anderem, Handlungsbedarf am Arbeitsplatz erkenne der Beamte nicht, er verhalte sich passiv, Aussagen zur weiteren beruflichen Entwicklung seien nicht möglich. Die Klägerin, die (wohl) davon ausging, dass der Beklagte in seinem Leistungsvermögen krankheitsbedingt gemindert und den Anforderungen seines Arbeitsplatzes nicht gewachsen sei, ordnete Ende 20 eine amtsärztliche Untersuchung an. Der dagegen gerichtete Eilantrag blieb vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg ohne Erfolg (Beschl. v. 10.1.2005 - 6 B 4984/04 -).

Im Februar 20 verhängte die Klägerin gegen den Beklagten eine Geldbuße in Höhe von 1.500,-- EUR, weil er während der Dienstzeit persönliche E-Mails verfasst und an seine Vorgesetzten/Mitarbeiter E-Mails mit rufschädigendem Inhalt versandt habe. Vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg (14 A 2688/06) wurde die Geldbuße einvernehmlich auf 500,-- EUR herabgesetzt.

Der Beklagte arbeitete - soweit ersichtlich - von Mitte 20 bis zu seinem Ruhestand mit Herrn H. als Vorgesetztem in einem Team zusammen.

Dem Disziplinarverfahren liegt folgendes zugrunde:

Der Beklagte verfügte nach eigenen Angaben im Jahr 20 über eine ca. 5 Jahre alte Bildschirmarbeitsplatzbrille (im Folg.: BAB). Nachdem bei einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung am 21. März 20 keine Auffälligkeiten festgestellt worden waren, beantragte der Beklagte am 17. Juni 20 eine neue BAB, da sich gesundheitliche Beeinträchtigungen (Kopfschmerzen) bei der Arbeit am Bildschirm bemerkbar gemacht hätten, die alte Brille sei wohl nicht mehr ausreichend. Ziel des Beklagten war es, anlässlich einer neuen ärztlichen Untersuchung die Notwendigkeit einer Sehhilfe mit Gleitsichtgläsern feststellen zu lassen. Am 19. Juni 20 teilte der Beklagte zudem mit, bei Überprüfung durch seinen Augenoptiker habe sich herausgestellt, dass die alte BAB nicht mehr ausreichend dimensioniert sei und dieses die Kopfschmerzen erkläre. In einer ärztlichen Untersuchung vom 19. Dezember 20 wurde die Notwendigkeit einer BAB festgestellt.

Zur Beschaffung einer BAB meldete sich der Beklagte für den 15. Januar 20 (6.30 Uhr bis 10.30 Uhr) ab. Dieser Abwesenheitsantrag wurde indes abgelehnt, da die Zeit zur Beschaffung einer BAB nach dem Bildschirmtarifvertrag nicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden könne. Es handele sich um eine persönliche Angelegenheit, die außerhalb der Arbeitszeit zu erledigen sei.

Den ihm Anfang Juni 20 erteilten Arbeitsauftrag (Nicht beschaltete Grundleitungen - Untersuchung von Grundleitungen, die in PLURAL ohne Belegung sind) hatte der Beklagte (wegen der bislang nicht vorhandenen neuen BAB und wegen zwischenzeitlicher Erkrankungen) bis zum 29. Januar 20 nicht erledigt. Sein Vorgesetzter bat um Erledigung bis zum 30. April 20 . Der Beklagte erklärte, ohne Brille könne er die Tätigkeit nicht erledigen. Er bat um eine amtsgemäße Tätigkeit ohne PC-Einsatz oder um Übergabe einer BAB. Zugleich erklärte er seine Bereitschaft, die BAB während seiner Dienstzeit selbst zu besorgen.

Unter dem 5. März 20 forderte der Vorgesetzte einen Fortschrittsbericht an. Der Beklagte wies erneut auf die noch fehlende BAB hin, er arbeite (nur), soweit es ohne Brille möglich sei. In der folgenden Zeit wurde weder vom Beklagten noch von der Klägerin eine BAB beschafft.

Am 5. März 20 erteilte der Vorgesetzte dem Beklagten einen weiteren Auftrag (Arbeit im Projekt "Power-Off"). Der Beklagte wies auf die noch fehlende Brille hin, für die zudem zwischenzeitlich eine erneute augenärztliche Untersuchung erforderlich sei, da eine frühere augenärztliche Verordnung wegen Zeitablaufs nicht mehr gültig sei.

Unter dem 13. März 20 erteilte die Klägerin dem Beklagten die Weisung, sich eine BAB bis zum 27. März zu beschaffen. Die Weisung begründete sie mit § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG, wonach sich Beamte mit Hingabe ihrem Beruf zu widmen hätten, was auch die Pflicht beinhalte, die volle Verwendbarkeit zu erhalten bzw. durch zumutbare ärztliche Behandlungen herzustellen. Hierzu gehöre die Beschaffung/der Gebrauch einer BAB, der Beklagte sei daher zu Beschaffung der verordneten BAB verpflichtet.

Am 11. Mai 20 bot der Vorgesetzte an, die Brille während der Dienstzeit gemeinsam mit dem Beklagten zu beschaffen. Am 14. August 20 hielt der Vorgesetzte fest:

"Beschaffung einer Bildschirmarbeitsbrille für Herrn B..

Die dienstliche Weisung vom 12. März mit der Aufforderung, die noch fehlende BAB bis zum 27.3. zu beschaffen, wurde bis 14.8. noch nichtausgeführt.

Ein Angebot, während der Dienstzeit die Bildschirmbrille zu besorgen, lehnte Herr B. ab.

Herr B. verweigerte die Unterschrift."

Am 8. September 20 wurde das vorliegende Disziplinarverfahren eingeleitet, weil der Beklagte "seit nunmehr eineinhalb Jahren" die erforderliche Bildschirmarbeitsbrille nicht beschafft habe und Arbeitsaufträge am PC mit der Begründung verweigere, der Dienstherr habe das notwendige Arbeitsmittel (BAB) nicht zur Verfügung gestellt.

Gegen die nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Weisung vom 13. März 20 legte der Beklagte knapp ein Jahr später Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 20 als unzulässig zurückgewiesen wurde: Es handele sich bei der Weisung nicht um einen Verwaltungsakt mit Außenwirkung, sondern um eine dienstliche Anordnung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG. Daraufhin hat der Beklagte Klage erhoben (6 A 1015/10). Das Disziplinarverfahren wurde für die Dauer dieses Klageverfahrens ausgesetzt.

Das von dem Kläger gegen die Zuweisungsentscheidung (v. 9.11.20 ) angestrengte Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Oldenburg abgelehnt (Beschl. v. 19.1.2011 - 6 B 3355/10 -) und unter anderem ausgeführt:

"Ohne Erfolg macht der Antragsteller des Weiteren geltend, der Dienstherr habe ihm die benötigte Bildschirmarbeitsbrille nicht gegenständlich zur Verfügung gestellt. Es bleibt ihm unbenommen, in Absprache mit der Dienststelle möglicherweise auch während der Dienstzeit einen Optiker aufzusuchen, sich eine Bildschirmarbeitsbrille anpassen zu lassen und mit einem entsprechenden Kostenvoranschlag bei der Dienststelle vorstellig zu werden, um die Anerkennungsfähigkeit der voraussichtlich entstehenden Kosten zu klären. Weder die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten noch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 27.2.2003 - 2 C 2.02 -, zitiert nach [...]) verbieten die Selbstbeschaffung der Bildschirmarbeitsbrille bzw. die Mitwirkung des jeweiligen Beamten bei der Beschaffung. Im Übrigen belegt das vorliegende Verfahren angesichts der von ihm gefertigten Schriftsätze nachdrücklich, dass der Antragsteller ohne weiteres in der Lage ist, Bildschirmarbeit zu verrichten."

In dem ablehnenden Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts zur Zuweisungsverfügung vom 28. Januar 20 (Beschl. v. 7.4.2011 - 6 B 270/11 -) heißt es:

"Dem steht auch der Hinweis des Antragstellers auf die Notwendigkeit einer Bildschirmarbeitsbrille nicht entgegen. Das vorliegende Verfahren belegt angesichts der von ihm gefertigten Schriftsätze nachdrücklich, dass er ohne weiteres in der Lage ist, Bildschirmarbeit zu verrichten. Im Übrigen dürfte der Zurverfügungstellung der Bildschirmarbeitsbrille nach den Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 31. März 20 nunmehr nichts mehr im Wege stehen." (Anm.: Die Klägerin hatte dem Beamte mitgeteilt, er könne die Rechnung des Optikers direkt an die Telekom schicken und ihm unter dem 8. April 20 einen entspr. Bezugsschein übersandt, vgl. 6 A 1015/10, Bl. 52).

In der dazu ergangenen Beschwerdeentscheidung (erk. Gericht, Beschl. v. 1.9.2011 - 5 ME 179/11 -) wird ausgeführt:

"Soweit der Antragsteller vorträgt, er könne die anderen in der Verfügung aufgeführten Aufgaben derzeit nicht wahrnehmen, weil er keine Bildschirmbrille habe, steht dies der Rechtmäßigkeit der Zuweisungsentscheidung nicht entgegen. Zudem verhält sich der Antragsteller nicht zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, das vorliegende Verfahren belege angesichts der von dem Antragsteller gefertigten Schriftsätze nachdrücklich, dass der Antragsteller ohne Weiteres in der Lage sei, Bildschirmarbeit zu verrichten, und im Übrigen dürfe der Zurverfügungstellung einer Bildschirmarbeitsbrille nach den Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 31. März 20 nunmehr nichts im Wege stehen."

Zur Unterstützung seiner Argumentation legte der Beklagte eine Stellungnahme des Augenarztes Dr. med. I., berufsgenossenschaftlicher Facharzt, F., vom 13. September 20 vor, wonach die Indikation zur Verwendung einer computerarbeitsplatzbezogenen Sehhilfe bestehe und die vorhandenen Brillen nicht geeignet seien, die Computertätigkeit zu gewährleisten.

Bereits am 20. Mai 20 war dem Beklagten wegen seiner zahlreichen Krankmeldungen auferlegt worden, künftig schon am ersten Tag einer Dienstunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Nachdem der Beklagte bei zahlreichen nachfolgenden Krankmeldungen diese Vorgabe nicht beachtet hatte, wurde er unter dem 8. August 20 unter Hinweis auf disziplinarrechtliche Konsequenzen erneut aufgefordert, die fehlenden, bereits auf den ersten Krankheitstag bezogenen ärztlichen Dienstunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen. Der Kläger hat dagegen Widerspruch erhoben, der mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 20 zurückgewiesen wurde: Zwar handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt, gleichwohl sei das Widerspruchsverfahren nach § 126 Abs. 2 BBG zulässig, der Widerspruch sei indes unbegründet, weil die Anordnung gerechtfertigt sei.

Am 15./20. Juni 20 wurde der Beklagte von seinem Vorgesetzten, bestätigt durch den nächsthöheren Vorgesetzten aufgefordert, täglich einen Tätigkeitsbericht vorzulegen. Darin sollte er "detailliert Inhalt und Umfang der geleisteten Aufgaben" beschreiben. Er wurde darauf hingewiesen, dass es sich um eine reine innerdienstliche Weisung handele und ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe. Der Beklagte erwiderte, einen Tätigkeitsbericht könne er naturgemäß erst dann führen, wenn ihm Aufgaben übertragen seien, die er auch (sinngemäß ohne die bislang noch fehlende BAB) erledigen könne. Derartige Aufgaben seien ihm bislang aber nicht übertragen.

Das Disziplinarverfahren wurde am 31. August 20 auf die beiden, nicht eingehaltenen Vorgaben ausgedehnt.

In dem Verfahren 6 A 1015/10 (Weisung vom 13.3.20 ) schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2011 folgenden Vergleich:

  1. 1.

    Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger binnen zwei Wochen einen Bezugsschein über die Beschaffung einer Bildschirmarbeitsbrille auszuhändigen. In diesem Bezugsschein ist festzustellen, dass nicht der Kläger selbst Vertragspartner des Optikers wird und dass der Optiker die Rechnung direkt an die dort genannte Stelle zu übermitteln hat, so dass der Kläger von einem etwaigen Kostenrisiko freigestellt ist.

  2. 2.

    Der Kläger verpflichtet sich, bei der Beschaffung der Bildschirmarbeitsbrille mitzuwirken, insbesondere dem Optiker die erforderlichen medizinischen Daten zu benennen.

  3. 3.

    Die Beklagte hebt die Verfügung vom 13. März 20 , soweit dem Kläger darin die Beschaffung einer Bildschirmarbeitsbrille aufgegeben wurde, auf.

  4. 4.

    Die Beklagte ist bereit, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen.

Die Klägerin übersandte dem Beklagten daraufhin einen Bezugsschein vom 21. Oktober 20 , der - abweichend von dem früheren Bezugsschein vom April 20 - direkt an den Optiker gerichtet war und in dem ausgeführt wird, dass die Kosten (in näher begrenzter Höhe) übernommen würden und der Vertrag zwischen Optiker und der Telekom geschlossen werde.

Unter dem 13. Oktober 20 bat der Beklagte seinen nächsthöheren Vorgesetzten, Herrn H. anzuweisen (und den Beklagten hierüber zu informieren), dass die Wege zum Optiker zur Beschaffung einer BAB nunmehr als Dienstzeit gelten würden. Unter dem 2. Dezember 20 bat der Beklagte erneut um Klarstellung, dass seine Mitwirkung bei der Beschaffung der Brille als Dienstzeit anerkannt werde, dann werde er umgehend für die Brille sorgen. Eine entsprechende Erklärung erfolgte nicht.

Nach Abschluss des Vergleichs wurde das Disziplinarverfahren fortgeführt.

Im Rahmen der disziplinarischen Ermittlungen wurde u.a. der Vorgesetzte gehört. Er erklärte, die von dem Beklagten zu leistenden Arbeiten seien zu 90 % am Bildschirm zu erledigen. Da der Beklagte nicht mit den fachlichen Anwendungen arbeite, sondern lediglich mit dem Office-Programm, könne er ihn für die tägliche Arbeit nicht einsetzen. Die betriebsärztlichen Untersuchung und auch die ggfs. nachfolgende Untersuchung durch einen Augenarzt könnten während der Dienstzeit erfolgen, die Beschaffung der BAB müsse dagegen außerhalb der Dienstzeit geschehen. Eine Beschaffung während der Dienstzeit sei nach dem Bildschirmtarifvertrag nicht vorgesehen. Gleichwohl habe er dem Beklagten zweimal (11.5. und 14.8.20 ) über die Regelungen des Bildschirmtarifvertrages hinaus die Beschaffung der Brille angeboten. In einer ergänzenden Befragung gab er an, die Zeit zur Beschaffung einer Bildschirmarbeitsbrille könne nicht als Arbeitszeit gerechnet werden. Weiter heißt es:

"Am 11.5.20 wurde Herrn B. angeboten, sich die Brille während der Dienstzeit zu beschaffen. Herr B. hat nicht zugesagt mit den Worten "noch keine Entscheidung". Ein erneutes Angebot am 14.8. , sich die Brille zu beschaffen, lehnte Herr B. erneut ab. In diesem Zusammenhang hat Herr B. nicht gefragt, alleine gehen zu dürfen. Hätten wir aber auf jeden Fall genehmigt."

Der abschließende Ermittlungsbericht datiert vom 26. Januar 20 .

Mit Eingang vom 3. April 2012 hat die Klägerin Klage erhoben, ursprünglich gerichtet auf Entfernung aus dem Dienst, und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe durch sein Verhalten gegen seine Pflicht zu vollem dienstlichen Einsatz gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG und gegen seine beamtenrechtliche Folgepflicht gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG verstoßen und damit schuldhaft ein Dienstvergehen begangen. Der Vorgesetzte habe dem Beklagten zu keiner Zeit verwehrt, sich die Brille alleine zu besorgen. Fakt bleibe indes, dass die Beschaffung der Bildschirmarbeitsbrille nach den derzeit gültigen Richtlinien nicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden könne. Hier habe auch darauf geachtet werden müssen, keinen Präzedenzfall zu schaffen. Wenn es dem Beklagten unangenehm gewesen sei, die Bildschirmarbeitsbrille während der Dienstzeit mit seinem Vorgesetztem zu beschaffen, hätte er die Möglichkeit gehabt, sich die Brille in seiner Freizeit zu beschaffen, zumal der Beklagte als Brillenträger ohnehin Optiker aufsuchen müsse und die Geschäfte von der Dienststelle des Beklagten lediglich 700 m bis 1,5 km entfernt lägen. Bei dieser Entfernung sei zudem der Antrag auf eine vierstündige Dienstbefreiung (von 6.30 Uhr bis 10.30 Uhr) als völlig überzogen anzusehen. Schon aus dem Treueverhältnis heraus müsse ein Beamter alles tun, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Gegebenenfalls hätte sich der Beklagte bei einem Gang zum Optiker während des Dienstes aus dem Zeiterfassungssystem ausstempeln und im Nachhinein die Erstattung dieser Zeit beantragen müssen. Dann hätte der Beklagte die Brille zeitnah erhalten und die strittige Frage, ob der Gang zum Kauf der Brille Freizeit oder Dienstzeit sei, hätte im Nachhinein ausgetragen werden können.

Ergänzend führt die Klägerin in der Klagschrift aus, der Vortrag des Beklagten, er sei auf eine neue Arbeitsplatzbrille angewiesen, sei zudem nicht glaubhaft, da er in der Vergangenheit unzählige E-Mails an dem PC habe verfassen können. Vorzuhalten sei dem Beklagten zudem, dass er nicht zumindest seine private Bildschirmbrille zum Dienst mitgebracht habe.

Vorwerfbar seien zudem die nicht fristgerechte Vorlage der Atteste und die Nichtvorlage der Tätigkeitsberichte.

Tatsächlich sei es dem Beklagten nur darum gegangen, sich von allen Arbeiten möglichst fernzuhalten. Diese Einstellung komme auch in den zurückliegenden Beurteilungen zum Ausdruck. Das Dienstvergehen müsse zur Entfernung aus dem Dienst führen.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung (nur noch) beantragt,

den Beamten das Ruhegehalt um 1/20 für drei Jahre zu kürzen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, mit dem Abschluss des Vergleichs in dem Verfahren 6 A 1015/10 habe die Klägerin anerkannt, dass er für seine Arbeit am PC eine neue Bildschirmarbeitsplatzbrille benötige. Dies werde auch nicht durch die von ihm angefertigten zahlreichen e-mails in Frage gestellt; denn es sei zu berücksichtigen, dass seine Arbeit als Ingenieur am dienstlichen PC nicht eine einfache Textverarbeitung darstelle, sondern dafür sei ein "zum Teil auf mehreren Bildschirmen stattfindenden Umgang mit filigranen, abstrakten, mehrschichtigen Planfiguren mit farblich sehr ähnlichen Darstellungen" erforderlich. Entgegen der Mutmaßung der Klägerin habe er zu Hause keine "private Bildschirmarbeitsbrille". Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (v. 27.2.2003 - 2 C 2.02 -) treffe grundsätzlich den Dienstherrn die Pflicht zur gegenständlichen Beschaffung einer Bildschirmarbeitsbrille. Da er mit einem Kostenerstattungsverfahren nicht einverstanden sei, müsse ihm die Brille gegenständlich ausgehändigt werden. Unabhängig davon sei er auch nicht verpflichtet, die Brille in seiner Freizeit zu kaufen und den Betrag vorzufinanzieren. Eine Beschaffung der Bildschirmarbeitsbrille könne von ihm auch trotz des Vergleichs vom Oktober 20 nicht verlangt werden, da er schon vor dem Vergleich, nämlich seit dem 6. September 20 dienstunfähig erkrankt sei und daran anschließend in den Ruhestand versetzt worden sei.

Die Aufforderung, die Atteste bereits am ersten Erkrankungstag vorzulegen, habe er erst ab Rechtskraft des Widerspruchsbescheides befolgen müssen und seitdem auch befolgt. Er habe sich schließlich nicht geweigert, Tätigkeitsberichte anzufertigen. Die Aufforderung sei jedoch ins Leere gegangen, da er mangels BAB gar keine Tätigkeiten habe verrichten können. Dies sei auch seinem Vorgesetzten bekannt gewesen. Die Abgabe von täglichen "Leermeldungen" wäre ohne jeden dienstlichen Sinn gewesen und sei daher als Schikane aufzufassen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Verwaltungsgericht das monatliche Ruhegehalt um 1/10 für 18 Monate gekürzt.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er führt im Wesentlichen aus, er sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht verpflichtet gewesen, zumindest ab August 20 , spätestens Januar 20 während der Dienstzeit einen Optiker aufzusuchen und mit einem Kostenvoranschlag bei der Dienststelle vorstellig zu werden; denn dies hätte erfahrungsgemäß wieder neue Diskussionen, u.a. um die Höhe der Kostenerstattung eröffnet. Auch habe er eine gegenständliche Zurverfügungstellung der BAB verlangen können. Komme der Dienstherr seinen Aufgaben nicht nach, die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung am PC zu gewährleisten, könne die darauf beruhende Nichterfüllung der Dienstpflicht nicht disziplinarrechtlich verfolgt werden. Erst nachdem die Klägerin im Anschluss an den Vergleich in dem Verfahren 6 A 1015/10 im Oktober 20 einen Bezugsschein ausgestellt habe, in dem deutlich geworden sei, dass der Vertrag zwischen dem Optiker und der Klägerin zustande komme und nicht zwischen dem Optiker und dem Beklagten, seien zumindest die kostenrechtlichen Probleme als gelöst anzusehen gewesen. Wegen seiner damaligen Krankheit und der sich daran anschließenden Versetzung in den Ruhestand habe er indes die Brille nach diesem Vergleichsabschluss nicht mehr beschaffen müssen.

Die Nichtvorlage der geforderten Atteste bereits am ersten Tag der Erkrankung stelle kein Dienstvergehen dar. Zum einen sei er unverschuldet davon ausgegangen, dass sein Widerspruch aufschiebende Wirkung entfaltet habe. Zum anderen habe damals, was erst später erkannt worden sei, ein Bandscheibenvorfall im Nackenbereich vorgelegen, der zeitweise zur Bewegungsunfähigkeit geführt habe. In den maßgeblichen Zeiträumen sei es ihm daher (gar) nicht möglich gewesen, gleich am ersten Tag die behandelnden Ärzte aufzusuchen.

Auch die Nichtvorlage der geforderten Tätigkeitsberichte könne nicht als ein Dienstvergehen bewertet werden. Er sei an jenen 16 Tagen dazu nicht verpflichtet gewesen, weil die Weisung gegen das allgemeine Schikaneverbot verstoßen habe; denn dem Dienstherrn sei bekannt gewesen, dass er ohne die BAB seine Arbeit am PC nicht habe bewältigen können.

Schließlich sei als Hintergrund allgemein zu erwähnen, dass die Telekom AG seit der Privatisierung dafür bekannt geworden sei, übernommene Beamte vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Unter diesem Druck habe er seit mindestens 19 gestanden. Schon damals sei ihm aufgrund seiner krankheitsbedingten Fehltage angekündigt worden, er müsse mit seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand rechnen. Deswegen habe er 20 auf seine Gleichstellung mit Schwerbehinderten gedrängt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie verweist auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern und die Klage der Klägerin in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin hat dem Beklagten in ihrer Disziplinarklage zur Last gelegt:

1. seit seiner Forderung nach einer neuen Bildschirmarbeitsbrille am 14.06.20 ... die mehrfach durch seine Führungskraft ergangenen dienstlichen Aufforderungen sowie eine schriftliche dienstliche Weisung vom 13.03.20 im Zusammenhang mit der Beschaffung einer ärztlich indizierten Bildschirmarbeitsbrille ignoriert zu haben und sich die Bildschirmbrille trotz der gerichtlichen Vereinbarung vom 07.10.2011 und der daraufhin nochmals erteilten Kostenzusage in Form eines schriftlichen Bezugsscheins vom 21.10.20 bis heute nicht beschafft zu haben, so dass er infolge dessen unter Hinweis auf die fehlende Brille in den letzten Jahren keine dienstlichen Aufträge mehr erledigt hatte, für die er den PC benötigt hätte,

2. in dem Zeitraum vom 16.06.20 bis 02.09.20 in 16 Fällen gegen die Attestauflage vom 20.05.20 verstoßen zu haben und

3. dauerhaft gegen die am 15.06.20 erteilte Weisung, täglich Tätigkeitsberichte vorzulegen, verstoßen zu haben.

Der Vorwurf zu 1. stellt indes keine Dienstpflichtverletzung dar. Die Vorwürfe zu 2. und 3. sind nicht als eine schuldhafte Pflichtverletzung anzusehen. Unabhängig davon würden sie allenfalls einen Verweis oder eine Geldbuße rechtfertigen. Beides ist indes gegenüber Ruhestandsbeamten nicht zulässig.

1. Bildschirmarbeitsplatzbrille (BAB)

Die Nichterledigung der dem Beklagten übertragenen Aufgaben stellt keine Pflichtverletzung dar, weil die Klägerin dem Beklagten die für die Arbeiten erforderliche BAB nicht in zureichendem Maße zur Verfügung gestellt hat.

Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte in dem Zeitraum ab 20 eine neue Bildschirmarbeitsplatzbrille (BAB) benötigte. Soweit die Klägerin in der Klagschrift andeutet, der Vortrag des Beklagten zur Notwendigkeit der Brille sei aufgrund seines umfangreichen E-Mail-Verkehrs nicht glaubhaft, ist dieser Vorhalt zum einen in der Klagschrift bei der Aufzählung der disziplinarrechtlichen Verfehlungen nicht enthalten. Zum anderen steht er im Widerspruch zum bisherigen Verhalten der Klägerin. So hat die Klägerin die Notwendigkeit der Brille in dem Verfahren 6 A 1015/10 ausdrücklich bestätigt und in dem abgeschlossenen Vergleich eine Kostenverpflichtung für die neue Brille übernommen. Außerdem ergibt sich die Notwendigkeit aus der arbeitsmedizinischen Untersuchung vom 19. Dezember 20 . Zudem hat der Beklagte geltend gemacht, dass für die ihm übertragenen Aufgaben ein "zum Teil auf mehreren Bildschirmen stattfindenden Umgang mit filigranen, abstrakten, mehrschichtigen Planfiguren mit farblich sehr ähnlichen Darstellungen" erforderlich sei, ohne dass die Klägerin dem entgegengetreten ist. Dass der Beklagte mit anderen Programmen zahlreiche e-mails verfasst, kann daher der Notwendigkeit einer BAB nicht entgegengehalten werden. Darüber hinaus hat die Klägerin diesen Vortrag im Berufungsverfahren auch nicht mehr aufrechterhalten.

Soweit die Klägerin in der Klageschrift erwähnt, der Beklagte habe seine private BAB für dienstliche Tätigkeiten nutzen können, ist auch dieser Vorhalt nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens gewesen und nicht in der Aufzählung der disziplinarrechtlichen Verfehlungen enthalten. Unabhängig davon, ob die Klägerin den Beklagten überhaupt auf eine etwaige privat angeschaffte BAB verweisen dürfte, hat der Beklagte zudem erklärt, er habe (gar) keine private BAB. Schließlich hat die Klägerin diesen Vorhalt im Berufungsverfahren ebenfalls nicht (mehr) erwähnt.

Mit dem Verwaltungsgericht ist daher zugrunde zu legen, dass der Beklagte unter Hinweis auf die fehlende BAB in der Zeit vom 11. Juli 20 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zum 1. Juli 20 keine dienstlichen Aufträge erledigt hat, für die er den PC benötigt hätte und die er nicht mit dem Office-Programmen erledigen konnte. Disziplinarrechtlich betrachtet wurde vom Verwaltungsgericht allerdings nur sein Verhalten ab 8. März 20 , weil es in der Einleitungsverfügung (v. 8.9.20 ) heißt, er habe ein Dienstvergehen dadurch begangen, dass er "seit nunmehr eineinhalb Jahren" (mithin seit März 20 ) die Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben verweigert habe. Hierzu hat sich die Klägerin in dem Berufungsverfahren nicht geäußert, so dass auch der Senat von diesem Zeitpunkt ausgeht.

Die Klägerin hat dem Beklagten die BAB, bei der es sich um ein Arbeitsmittel handelt, weder gegenständlich zu Verfügung gestellt, noch ihm in zureichendem Maße eine anderweitige Beschaffung ermöglicht.

Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 27.2.2003 - 1 C 2.02 -, ZBR 2004, 58, [BVerwG 27.02.2003 - 2 C 2/02] [...]) hat zur BAB unter anderem ausgeführt:

"Danach ist die Bildschirmarbeitsbrille ein Arbeitsmittel, dass der Dienstherr bereitzuhalten hat. Überlässt es der Dienstherr dem Beamten mit dessen Einverständnis, die Bildschirmarbeitsbrille selbst zu beschaffen, entsteht ein Kostenerstattungsanspruch, der an die Stelle des vorrangigen Anspruchs auf Sachausstattung tritt. In diesem Fall ist der Betrag zu erstatten, den der Arbeitgeber für die Anschaffung des erforderlichen Arbeitsmittels hätte aufwenden müssen und der der Höhe nach weiterhin durch die tatsächlich entstandenen Kosten begrenzt wird. ................. Danach sind der Dienstherr und deshalb ebenso der Kläger gehalten, eine geeignete Sehhilfe zu dem im Durchschnitt niedrigsten Marktpreis zu erwerben. Will sich der Kläger (Beamter) nicht der Mühe eines gegebenenfalls erforderlichen Kostenvergleichs unterziehen, hat er die Möglichkeit, auf seinem Recht gegenüber seinem Dienstherrn zu bestehen, ihm eine Bildschirmarbeitsbrille zur Verfügung zu stellen. Die von dem Kläger begehrte Kostenerstattung ist Surrogat für den normativ vorgesehenen Anspruch auf Sachausstattung. Dies schließt es aus, dass nur ein Zuschuss zu den tatsächlich entstandenen oder notwendigen Aufwendungen gezahlt wird oder dass anderweitige zweckidentische Zahlungen angerechnet werden. Nach Art. 9 Satz 2 Nr. 3 der Richtlinie 90/270/EWG darf die Ausstattung der Arbeitnehmer mit der speziellen Sehhilfe in keinem Fall zu einer finanziellen Mehrbelastung der Arbeitnehmer führen. ................. Der Kostenersatz erfolgt nicht auf der Grundlage der allgemeinen Fürsorgepflicht (§ 79 BBG), die die Gewährung von Beihilfen des Dienstherrn in Krankheitsfällen zusätzlich zu der zumutbaren Eigenbelastung des Beamten vorsieht. Hiervon unterscheidet sich die Pflicht des Dienstherrn, die erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen und für den Schutz des Beamten vor Unfällen und sonstigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz zu sorgen. .................. § 6 Abs. 2 Bildschirmarbeitsverordnung (v. 4.12.1996, BGBl. I S. 1841) statuiert die Pflicht des Dienstherrn, dem Beamten ein Arbeitsmittel zu verschaffen. Ebenso wenig wie die Pflicht des Dienstherrn zur gegenständlichen Überlassung einer Bildschirmarbeitsbrille dadurch beeinflusst wird, dass der Beamte sich bereits eine derartige, zum Beispiel für den häuslichen Gebrauch bestimmte Brille auf eigene Kosten angeschafft hat, ist es für die Pflicht zur Erbringung der Surrogatleistung, der Erstattung des Marktpreises der Brille, von Belang, dass der Beamte von Dritten aufgrund seiner speziellen Rechtsbeziehungen zu ihnen ebenfalls eine partielle Kostenerstattung erhält."

Diese Vorgaben gelten weiterhin. Zwar galt im Zeitpunkt des Urteils die unter anderem auf der Richtlinie 90/270/EWG (dort Art. 9: "Die gemäß diesem Artikel (Anm.: er bezieht sich auf Bildschirmarbeit und Sehhilfen) getroffenen Maßnahmen dürfen in keinem Fall zu einer finanziellen Mehrbelastung der Arbeitnehmer führen) beruhende Bildschirmarbeitsverordnung (v. 4.12.1996, BGBl. I S. 1841), dessen § 6 bestimmte:

"1. Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit an Bildschirmgeräten, anschließend in regelmäßigen Zeitabständen sowie bei Auftreten von Sehbeschwerden, die auf die Arbeit am Bildschirmgerät zurückgeführt werden können, eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens durch eine fachkundige Person anzubieten. Erweist sich aufgrund der Ergebnisse einer Untersuchung nach Satz 1 eine augenärztliche Untersuchung als erforderlich, ist diese zu ermöglichen.

2. Den Beschäftigten sind im erforderlichen Umfang spezielle Sehhilfen für ihre Arbeit an Bildschirmgeräten zur Verfügung zu stellen, wenn die Ergebnisse einer Untersuchung nach Abs. 1 ergeben, dass spezielle Sehhilfen notwendig und normale Sehhilfen nicht geeignet sind."

Mit Wirkung vom 24. Dezember 2008 ist § 6 Bildschirmarbeitsverordnung geändert worden und lautet nunmehr:

"Für die Untersuchung der Augen und des Sehvermögens einschließlich des zur Verfügungstellens von speziellen Sehhilfen gilt die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge vom 18. Dezember 2008 ..., die im Anhang Teil 4 einen Anlass für Angebotsuntersuchungen enthält, in der jeweils geltenden Fassung."

In der genannten Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge ist in § 8 geregelt:

"Ist dem Arbeitgeber bekannt, dass bei einem oder einer Beschäftigten gesundheitliche Bedenken gegen die Ausübung einer Tätigkeit bestehen, so hat er ..................... die Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen und unverzüglich die erforderlichen zusätzlichen Schutzmaßnahmen zu treffen. Bleiben die gesundheitlichen Bedenken bestehen, so hat der Arbeitgeber nach Maßgabe der dienst- und arbeitsrechtlichen Regelungen dem oder der Beschäftigten eine andere Tätigkeit zuzuweisen, bei der diese Bedenken nicht bestehen."

sowie im Teil 4:

"Angebotsuntersuchungen bei...

Tätigkeiten am Bildschirm

Die Pflicht zum Angebot einer Untersuchung beschränkt sich auf eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens. Erweist sich aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchung eine augenärztliche Untersuchung als erforderlich, so ist diese zu ermöglichen. ..................... Den Beschäftigten sind im erforderlichen Umfang spezielle Sehhilfen für ihre Arbeit an Bildschirmen zur Verfügung zu stellen, wenn Untersuchungsergebnis ist, dass spezielle Sehhilfen notwendig und normale Sehhilfen nicht geeignet sind. ..."

(vgl. Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge v. 18.12.2008 idF. durch die Verordnung v. 26.11.2010, BGBl. I 2008, S. 2768; 2010, 1643).

Inhaltlich haben sich also gegenüber den rechtlichen Vorgaben im Zeitpunkt der o. a. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine Veränderungen ergeben.

Die Vorgaben des BVerwG sind durch das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern (v. 30.12.2003 - D II 4 - 211 470 - 1/201 -, Arbeitsschutz im Bundesdienst, hier: Bildschirmarbeitsplätze) umgesetzt worden. In seiner Anlage 2 wird von der BAB als einem Arbeitsmittel gesprochen, das der Dienstherr bereitzuhalten hat und von einem vorrangigem Anspruch des Beamten auf Sachausstattung.

Der Beklagte konnte daher - wenn wie hier eine einvernehmliche Regelung nicht im Raum steht - verlangen, dass die Klägerin die BAB gegenständlich zur Verfügung stellt. Zwar weist die Klägerin - nicht zu Unrecht - darauf hin, dass Brillen möglichst individuell anzupassen sind. Wählt der Beamte indes ein "gegenständliches Zur-Verfügung-Stellen", kann er die Beachtung individueller Besonderheiten nicht verlangen. Das ist auch nicht zwingend geboten, da es mittlerweile in vielen Geschäften Brillen "von der Stange" zu kaufen gibt. Auch hat der Beamte bei dieser Alternative dafür Sorge zu tragen, dass der Optiker die augenärztliche Verordnung erhält. Vorliegend hat die Klägerin ein derartiges Zur-Verfügung-Stellen einer BAB allerdings gar nicht erwogen.

Sie hat dem Beklagten aber auch keine angemessene Alternative aufgezeigt. Nach den Ausführungen des BVerwG kann - wenn insoweit Einvernehmen zwischen Dienstherrn und Beamten besteht - der Beamte die Brille auch selbst beschaffen. Zu der Frage, ob dies in der Dienst- oder Freizeit zu erfolgen hat, verhält sich das Urteil nicht.

Da es sich um ein Arbeitsmittel handelt, die Beschaffung damit eine dienstliche und nicht eine persönliche Angelegenheit des Beamten ist, ist er nicht verpflichtet, die Brille in seiner Freizeit anzuschaffen, jedenfalls dann nicht, wenn es sich - wie hier - um eine reine BAB handelt. (Etwas anderes dürfte gelten, wenn es sich um eine allgemein notwendige Brille handelt, die nur um einen speziellen Sehbereich für die Bildschirmarbeit ergänzt wird.) Andernfalls würden Arbeitsmittel letztlich auf Kosten des Beamten angeschafft, was aber Art. 9 RL 90/270/EWG und § 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz gerade ausschließen. Der Dienstherr kann allerdings den für den Kauf der Brille erforderlichen Zeitaufwand auf das nach allgemeiner Lebenserfahrung Übliche beschränken, hätte also die von dem Beklagten genannte Zeit (6.30 bis 10.30 Uhr) kürzen können, zumal die Läden ohnehin nicht um 6.30 Uhr öffnen. Da es sich um ein von dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellendes Arbeitsmittel handelt, ist der Beamte auch nicht zur Vorfinanzierung der Kosten bzw. zum Vertragsabschluss auf eigenen Namen verpflichtet. Solange und soweit eine einvernehmliche Regelung nicht möglich ist bzw. solange der Beamte - wie vorliegend - nachfolgende Streitigkeiten mit seinem Dienstherrn befürchten muss, muss der Dienstherr nach den in Art. 9 RL 90/270/EWG und § 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz enthaltenen Rechtsgedanken daher bereits gegenüber dem Optiker verbindlich die Kosten (ggfs. in von ihm begrenzter Höhe) übernehmen.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der im vorliegenden Verfahren gegenüber dem Beklagten ergangenen Verfügung vom 13. März 20 . Sie ist rechtswidrig, weil sie die oben aufgezeigten Grundsätze verkennt. Außerdem ist diese Verfügung mit dem gerichtlichen Vergleich in dem Verfahren 6 A 1015/10 im Oktober 2011 - sinngemäß ex tunc - aufgehoben worden.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Bildschirmtarifvertrag (idFv. 7.6.2006) berufen, der in § 7 Abs. 4 regelt, dass (nur) Augenuntersuchungen auf die Arbeitszeit angerechnet werden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass der Bildschirmtarifvertrag nach seinem § 1 nicht für Beamte gilt, sondern nur für darin näher bestimmte Arbeitnehmer.

Die Klägerin kann auch nicht auf ihre Verfügung vom 19. Februar 2002 (CC PM 211-1), mit der die entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Bildschirmtarifvertrags auf Beamte vorgegeben wird, verweisen. Zum einen wird in jener Verfügung ausdrücklich nur auf den Bildschirmtarifvertrag vom 12. September 2001 Bezug genommen, nicht jedoch auf danach erfolgende Veränderungen. Zum anderen kann die Klägerin die entsprechende Anwendung von Tarifverträgen nicht - gleichsam Recht setzend - auf eine bestimmte Gruppe von Bundesbeamten vorgeben. Dies steht nicht im Einklang mit Art. 143b Abs. 3 GG (vgl. allg. auch BVerwG, Urt. v. 22.6.2006 - 2 C 26.05 -, [...],).

Soweit der Vorgesetzte dem Beklagten erstmals am 11. Mai 20 angeboten hat, die BAB während der Dienstzeit zusammen mit dem Vorgesetzten zu beschaffen, brauchte der Beklagte auf dieses Angebot nicht einzugehen. Mit dem Verwaltungsgericht vertritt auch der Senat die Auffassung, dass es nicht ein disziplinarrechtlich zu würdigendes Fehlverhalten darstellt, wenn der Beklagte einen Besuch des Optikers im Beisein seines Vorgesetzten ablehnt.

Ein erneutes Angebot, die Brille während der Dienstzeit zu beschaffen, ist von dem Vorgesetzten zwar unter dem 14. August 20 ergangen. Abweichend von der Wertung des Verwaltungsgerichts ist indes auch dieses Angebot nicht als ausreichend anzusehen. Aufgrund des vorangegangenen Verhaltens der Klägerin konnte der Beklagte nämlich erneut nur davon ausgehen, dass er sich mit dem Vorgesetzten während der Dienstzeit die Brille beschaffen sollte. Von einem derartigen Verständnis des Angebots ist auch die Klägerin selbst ausgegangen. So heißt es hierzu zum Beispiel in der Klagschrift:

"Am 14.8.20 befragte Herr H. den Beklagten erneut, ob er sich die Bildschirmarbeitsbrille nunmehr beschafft habe. ... Herr H. unterbreitete dem Beklagten sodann nochmals das Angebot, mit ihm gemeinsam während der Dienstzeit die Bildschirmarbeitsbrille zu beschaffen. Wieder lehnte der Beklagte dieses Angebot im Beisein von vier weiteren Zeugen ab."

Eine vergleichbare Formulierung findet sich in der Einleitungsverfügung vom 8. September 20 .

Zu einer anderen Wertung führt auch nicht die Aussage des Vorgesetzten im behördlichen Disziplinarverfahren:

"...Ein erneutes Angebot am 14.8.20 , sich die Brille zu beschaffen, lehnte der Beklagte erneut ab. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte nicht gefragt, alleine gehen zu dürfen. Hätten wir aber auf jeden Fall genehmigt."

Daraus kann nicht geschlossen werden, man habe dem Beklagten am 14. August 20 gestatten wollen, die Brille während der Dienstzeit und unter Anrechnung auf die Dienstzeit zu beschaffen. Dem steht schon die weitere Erklärung des Zeugen in jener Stellungnahme entgegen:

"Die Zeit zur Beschaffung einer Bildschirmarbeitsbrille wird nicht als Arbeitszeit angerechnet."

Zu Recht macht der Beklagte mithin geltend, hätte er sich die Brille nach dem Gespräch vom 14. August 20 in der Dienstzeit anpassen lassen, wäre nachfolgend ein Streit entstanden, ob dieser Zeitraum als Dienstzeit zu rechnen oder ob der Beklagte nachträglich aus dem Zeiterfassungssystem auszustempeln sei. Darauf brauchte sich der Beklagte angesichts der Aussagen seines Vorgesetzten in dem vorausgegangenen Zeitraum indes nicht einzulassen.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beklagte zumindest ab Januar 20 (nach Wertung des Verwaltungsgerichts sogar vorsätzlich) seine Dienstpflichten verletzt hat. In seinem Beschluss vom 19. Januar 2011 (6 B 3355/10) hat das Verwaltungsgericht zwar die Auffassung vertreten, der Beklagte könne sich auf die fehlende BAB nicht berufen, da er sie selbst beschaffen und die Kosten dann gegenüber dem Dienstherrn geltend machen könne, außerdem belegten seine zahlreichen Schriftsätze, dass er durchaus in der Lage sei, Bildschirmarbeit zu verrichten. Diese Wertung kann dem Beklagten im vorliegenden Verfahren aber nicht entgegengehalten werden. Streitgegenstand in jenem Beschluss war nämlich die für sofort vollziehbar erklärte Zuweisungsverfügung des Beklagten zu einem Tochterunternehmen der Klägerin und nicht die Anordnung, sich eine BAB zu besorgen. In Rechtskraft erwächst jedoch nur der Tenor, nicht auch Begründungselemente.

Schließlich lag bis Oktober 20 auch keine zureichende Kostenübernahmeerklärung durch die Klägerin unmittelbar gegenüber dem Optiker vor, obgleich der Beklagte deutlich gemacht hatte, nicht in Vorleistung bzw. als Vertragspartner des Optikers (auf)treten zu wollen. Erst mit dem am 19. Oktober 20 - nach dem Vergleich - ausgestellten Bezugsschein hat die Klägerin kenntlich gemacht, dass der Vertrag zwischen ihr und dem Optiker zustande kommt.

Dahinstehen kann, ob der Beklagte zumindest nach Erhalt des Bezugsscheines im Anschluss an den Vergleich vom Oktober 2011, in dem er sich verpflichtet hatte "mitzuwirken", gehalten war, einen Optiker aufzusuchen, ohne dass die Klägerin ihm vorher ausdrücklich zusichert, diesen Gang als Dienstzeit zu bewerten; denn der Beklagte war bereits seit dem 6. September 20 dienstunfähig erkrankt und hat bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit (1.7.20 ) seinen Dienst nicht wieder aufgenommen. Er war mithin seit dem 6. September 20 aus Krankheitsgründen nicht mehr verpflichtet, sich um die Anschaffung der BAB zu bemühen.

2. Attest

Soweit der Beklagte entgegen den Vorgaben der Klägerin (v. 20.5. und 8.8.20 ) nicht bereits am ersten Tag seiner Erkrankung ein ärztliches Attest vorgelegt hat, liegt objektiv ein Dienstvergehen vor; denn Anordnungen des Dienstherrn sind grundsätzlich zu befolgen (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG iVm. § 96 Abs. 1 Satz 2 BBG). Dem kann der Beklagte nicht entgegenhalten, er sei aufgrund seiner zeitweise sehr schmerzhaften Gelenkerkrankungen teilweise bewegungsunfähig und daran gehindert gewesen, die Atteste jeweils zeitgerecht vorzulegen. Dieser Einwand ist erstmals im Berufungsverfahren vorgebracht worden und daher ersichtlich als Schutzbehauptung anzusehen; denn es ist nicht erkennbar, wieso der Beklagte diesen Aspekt nicht bereits im Disziplinarverfahren erwähnt hat. Dass eine etwaige Remonstration (§ 63 BBG) nicht zur aufschiebenden Wirkung führt, hat bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt. Gleichwohl fehlt es an einem Verschulden. Es ist dem Beklagten zugute zu halten, dass er in laienhafter Parallelwertung von einer aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs (v. 16.6. und 9.8.20 ) gegen die Anordnung ausging. Ob eine Weisung zur Konkretisierung der Nachweispflicht aus § 96 Abs. 1 Satz 2 BBG einen Verwaltungsakt darstellt, insbesondere die dafür erforderliche Außenwirkung aufweist, oder als Maßnahme nach § 44a Satz 2 oder (nur) nach Satz 1 VwGO zu gelten hat, war 2011 in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Das Bundesverwaltungsgericht hat 2000 (Beschl. v. 19.6.2000 - 1 DB 13.00 -, BVerwGE 111, 246, [...]) diese Frage für einen aktiven Beamten für den Fall offengelassen, dass die Verweigerung der Untersuchung (hier entspr.: der Vorlage der Atteste) mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden kann. Auch 2010 war die Frage weiterhin umstritten (vgl. Urt. d. erk. Gericht v. 23.2.2010 - 5 LB 20/09 -, NordÖR 2010, 180, [...], mwN.; VG Ansbach, Beschl. v. 28.1.2010 - AN 11 S 10.00028 -, [...]) und ist erst 2012 durch das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 -, Revisionsentscheidung zu dem o. a. Urt. d. 5. Senats, ZBR 2013, 128, [BVerwG 26.04.2012 - BVerwG 2 C 17.10] [...]) dahin entschieden worden, dass die Anordnung der Untersuchung (hier also: unverzügliche Vorlage eines Attestes) kein Verwaltungsakt sei.

Und selbst wenn man von einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung ausgeht, ist bei der Bemessung des Disziplinarmaßes zu berücksichtigen, dass weder aus den Akten noch nach dem Vortrag der Klägerin stichhaltige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Beklagte in dem maßgeblichen Zeitraum tatsächlich nicht erkrankt war. Das Dienstvergehen wäre bei pflichtgemäßem Ermessen (§ 13 BDG) unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit daher nicht mit einer Kürzung des Ruhegehalts, sondern allenfalls einem Verweis oder einer Geldbuße zu ahnden. Beides ist gegenüber einem Ruhestandsbeamten aber nicht mehr möglich (§ 5 Abs. 2 BDG).

3. Tätigkeitsbericht

Soweit der Beklagte entgegen der Aufforderung vom 15./20. Juni 20 keine täglichen Tätigkeitsberichte vorgelegt hat, hat er zwar erneut eine Weisung seines Dienstherrn nicht befolgt (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG). Zutreffend macht der Beklagte jedoch geltend, dass die Vorgabe sinnlos war, weil dem Dienstvorgesetzten klar war, dass der Beklagte keine Aufgaben erledigte. Hierzu hat sein Vorgesetzter auf Nachfrage im behördlichen Disziplinarverfahren u.a. angegeben:

"Über den gesamten Zeitraum hat er quasi keinerlei übertragene Aufgaben erledigt."

In der Klagschrift heißt es hierzu, der Beklagte habe keine der ihm übertragenen Aufgaben erledigt. Vor diesem Hintergrund ging die Anforderung ersichtlich ins Leere. Die Nichterfüllung einer auch nach Kenntnis des Vorgesetzten offensichtlich sinnlosen Anweisung kann aber dem betreffenden Beamten nicht vorgehalten werden und damit auch nicht Anlass für eine Disziplinarmaßnahme sein.

Und selbst wenn man zugrunde legt, dass der Beklagte zumindest für die 10% seiner Arbeit, die er mit dem Office-Programm erledigt hat, einen täglichen Tätigkeitsbericht hätte abgeben müssen, und zumindest insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung bejaht, käme - auch in Zusammenschau mit den Ausführungen unter 2. - ebenfalls nur ein(e) gegenüber Ruhestandsbeamten nicht mehr zu verhängender Verweis/Geldbuße in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 77 Abs. 1 Satz 1 BDG, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit des Urteils beruht auf § 3 BDG i. V. m. § 167 Abs. 2 VwGO, § 710, § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 69 BDG, § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.