Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.02.2017, Az.: 15 KF 13/16

Auslegung; vorläufige Besitzeinweisung; Erläuterungsanspruch; Flurbereinigung; Terminabsprache; Überleitungsbestimmungen; vorläufige Besitzeinweisung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.02.2017
Aktenzeichen
15 KF 13/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 54226
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Auslegung der Überleitungsbestimmungen beim Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft für 12 Tage zur Einsichtnahme nach vorheriger Terminabsprache genügt den Anforderungen des § 65 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 62 Abs. 3 Satz 1 FlurbG.

2. Die Geltendmachung eines Erläuterungsanspruchs nach § 65 Abs.1 Satz 2 Alt. 2 FlurbG ist für die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Besitzeinweisung jedenfalls dann unerheblich, wenn bei dem Teilnehmer keine Zweifel über die Lage und Grenzen der zugeteilten Flächen bestehen, er den Besitz angetreten hat und er erst mehrere Monate danach undifferenziert um eine Erläuterung bittet.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Zur Abgeltung der dem Gericht entstandenen baren Auslagen wird gegen den Kläger ein Pauschsatz in Höhe von 315,- EUR festgesetzt; daneben wird eine Gerichtsgebühr nach einem Streitwert von 5.000,- EUR erhoben.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1950 geborene Kläger wendet sich als Teilnehmer der vereinfachten Flurbereinigung T. gegen die vorläufige Besitzeinweisung.

Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen, Regionaldirektion Braunschweig - Amt für Landentwicklung Braunschweig -, ordnete als Funktionsvorgänger des Beklagten durch Beschluss vom 4. Februar 2011 die vereinfachte Flurbereinigung T. an. Das festgestellte Verfahrensgebiet liegt in der Gemeinde Hohenhameln (Landkreis Peine) und umfasst nach Änderungen eine Fläche von rd. 855 ha mit rd. 200 Teilnehmern.

Der Kläger ist unter der Ordnungsnummer „H.“ Teilnehmer im Flurbereinigungsverfahren, wobei in diese Ordnungsnummer auch die vom Kläger im Laufe des Verfahrens erworbenen Einlagen weiterer ehemaliger, vormals unter den Ordnungsnummern „I. - J.“ geführter Teilnehmer eingeflossen sind.

Aufgrund der seit dem Juni 2013 bestandskräftigen Wertermittlung wurden die Einlageflächen des Klägers einschließlich der im Laufe des Verfahrens von ihm erworbenen Flächen im Gesamtumfang von 8,0018 ha mit einem Wertverhältnis (WV) von 748,09 bewertet. Es handelt sich - abgesehen von einer hier nicht maßgebenden Fläche von rd. 0,01 ha für einen Weg und Wald - ausschließlich um Ackerland, das allerdings weitgehend zersplittert gelegen ist. Nach dem Vorbringen des Klägers habe seine Einlage über wenig angrenzende Gräben verfügt. Zusätzlich erwarb der Kläger nach § 52 FlurbG von drei weiteren Teilnehmern (Ordnungsnummern „K., L. und M.“) Flächen im Umfang von 0,4701 ha mit einem WV von 44,93.

Der Kläger führte nach seinen Angaben bis zum Juni 2015 als „Vollerwerbslandwirt“ einen „sich fortentwickelnden und erheblich gewachsenen“ Ackerbaubetrieb mit Sitz in N. (südwestlich von T.), den er seit dem 1. Juli 2015 an seinen Sohn B. -O. verpachtet habe; der Kläger sieht in der Verpachtung eine „formlos bindende Hoferbenbestimmung“ nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO. Im Verfahrensgebiet verfügt der „landwirtschaftliche Betrieb“ des Klägers über weitere Pachtflächen der Eheleute P., Frau Q. und des Herrn R..

Im Planwunschtermin vom 20. August 2013 wünschte der Kläger eine Abfindung westlich der Ortslage T., möglichst in der Lage „S.“ an die Eigentumsfläche von Herrn T., mit dem später evtl. ein freiwilliger Landtausch nach N. in Frage käme.

Der Beklagte ermittelte für den Kläger bei der o.a. Einlage von 748,09 WV abzüglich eines Landabzuges von 0,8% (für ein Teilgebiet) entsprechend 5,98 WV (= 742,11 WV) und zzgl. der erworbenen Flächen von 44,93 WV und eines Zuschlages aufgrund einer Sonderregelung von 0,12 WV einen Abfindungsanspruch von 787,15 WV.

Mit der streitigen vorläufigen Besitzeinweisung des Beklagten vom 24. Juli 2015 wurden dem Kläger mit Wirkung zum 1. Oktober 2015 Flächen mit einer Gesamtgröße von 8,4042 ha mit einem WV von 793,72, d.h. eine Mehrabfindung von 6,57 WV vorläufig zugewiesen; die Abfindung besteht im Wesentlichen aus drei Ackerflurstücken.

Die vorläufige Besitzeinweisung wurde öffentlich bekannt gemacht, die Überleitungsbestimmungen u.a. beim Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft ausgelegt. Zusätzlich wurden jedem Teilnehmer ein Text der Überleitungsbestimmungen sowie Kartenauszüge mit Darstellung der neuen Flächen per Post übersandt und darauf hingewiesen, dass im Termin am 14. September 2015 zur Bekanntgabe der neuen Feldeinteilung eine spätere Erläuterung und eine örtliche Anzeige der Neueinteilung beantragt werden könnten.

Gegen die vorläufige Besitzeinweisung legte der Kläger am 7. August 2015 Widerspruch ein, mit der er sich vorrangig gegen die Zuweisung des nordöstlich von T. gelegenen Ackerflurstücks „Im kleinen Felde“ statt einer (weiteren) Vergrößerung seines Ackerlandes „U.“ (westlich von T.) oder „V.“ (südlich von T.) wandte. Über den Widerspruch wurde am 10. September 2015 unter zusätzlicher Beteiligung der o.a. Verpächter (Eheleute P. und Frau Q.) mit der Bitte u.a. des Klägers verhandelt, vorrangig seine Fläche „W.“ (Flurstück 13) an die anderen beiden Flurstücke heranzulegen, hilfsweise dieses Flurstück 13 von dem westlich verlaufenden Graben (Flurstück X.) zu verlegen und mit dem östlichen Nachbarflurstück zu tauschen. Dem Kläger wurden die „hohen“ Anforderungen an die Unzumutbarkeit einer vorläufigen Besitzeinweisung verdeutlicht, und er wurde weiter darauf hingewiesen, dass bei der erfolgten vorläufigen Mehrabfindung insbesondere ein unzumutbarer Eingriff in die Struktur des klägerischen Betriebes nicht gegeben sei. Ein Anspruch auf eine weitere Optimierung bestehe nicht, so dass die vorgetragenen Wünsche u.a. des Klägers nur auf freiwilliger Basis, d.h. im Einverständnis mit den anderen Teilnehmern, verwirklicht würden.

Der Kläger erklärte daraufhin am 10. September 2015 zunächst mündlich sowie am 16. September 2015 per E-Mail (zugleich für die Familie P.) die Rücknahme des Widerspruchs, bevor er sich - nunmehr anwaltlich vertreten - mit Fax vom 26. Oktober 2015 auf die Formunwirksamkeit der Rücknahme des Widerspruchs berief und diesen fortführte.

Am 11. November 2015 wurde in Anwesenheit der o.a. Teilnehmer erneut über den Widerspruch verhandelt. Der Kläger wiederholte seine Änderungswünsche hinsichtlich des Flurstücks „W.“ und wünschte ergänzend eine Verlegung der Ausgleichsmaßnahme E.-Nr. Y. von seinem Flurstück „U.“ an die westliche Verfahrensgrenze. Der Beklagte sagte zu, die Verlegung des „W.“ verlaufenden Grabens nach Westen zu prüfen, übersandte dem Bevollmächtigten des Klägers auf seine Bitten am 13. November 2015 zahlreiche Unterlagen, u.a. eine Kopie der Überleitungsbestimmungen, und erinnerte nachfolgend an die Vorlage der angekündigten Widerspruchsbegründung, die dann am 2. August 2016 erfolgte.

Die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung sei danach formell rechtswidrig, weil der Verweis darauf, dass die ausgelegten Überleitungsbestimmungen „auf Antrag nach Terminabsprache mit Herrn Heinrich Z. als Vorsitzendem der Teilnehmergemeinschaft“ eingesehen werden können, nicht den (ungeschriebenen) Mindestanforderungen an die Einsichtnahme genüge; erforderlich sei ein Einsichtsrecht „jederzeit während der üblichen Geschäftszeiten“.

Die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung sei ferner materiell rechtswidrig, weil sie unzumutbar in den klägerischen Betrieb eingreife, indem westlich des o.a. Flurstücks „AA.“ ein Graben verlaufe, an beiden Seiten des Flurstücks „U.“ die Anlage eines Grünstreifens als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme geplant sei und auch das Flurstück „AB.“ von Wegen und dem Bruchgraben eingerahmt sei. Dadurch sei die Möglichkeit eingeschränkt, diese Flurstücke durch unmittelbar angrenzende landwirtschaftliche Flächen zu erweitern oder zu tauschen; außerdem müsse bei der Bewirtschaftung an Gewässern, aber auch an Grünstreifen Rücksicht genommen werden, um einen CC-relevanten Eintrag etwa von Düngemitteln in Gewässer zu verhindern. Schließlich lägen auch die Pachtflächen des Klägers „AA.“ ungünstig.

Ergänzend beantragte der Kläger mit der Widerspruchsbegründung eine Erläuterung der Feldeinteilung an Ort und Stelle nach § 65 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 FlurbG.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2016, zugestellt am 28. September 2016, zurück. Ein unterstellter Fehler bei der öffentlichen Bekanntgabe sei durch die o.a., nachfolgenden Gespräche geheilt. Inhaltlich sei bei der Einlage von 21 Flurstücken mit einem WV von 793,38 und einer vorläufigen Zuteilung von 6 Flurstücken mit einem WV von 793,72 ersichtlich kein Missverhältnis gegeben. Die Bewirtschaftung dieser Flächen sei dem Kläger trotz etwaiger rechtlicher Bewirtschaftungsauflagen u.a. an Grünstreifen zumutbar und eine Weiterentwicklung seines Betriebes durch Pacht oder Hinzuerwerb nicht ausgeschlossen.

Am 28. Oktober 2016 hat der Kläger Klage erhoben und diese unter Wiederholung und Vertiefung des Widerspruchsvorbringens begründet. Der angeführte formelle Fehler bei der Auslegung der Überleitungsbestimmungen sei weder i. S. d. § 45 Abs. 1 VwVfG  geheilt worden noch enthalte das Flurbereinigungsgesetz entsprechende Heilungsvorschriften. Zudem sei auf seine in dem Schriftsatz vom 29. Juli 2016 enthaltene Bitte noch keine Erläuterung der Feldeinteilung an Ort und Stelle nach § 65 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 FlurbG erfolgt. Inhaltlich sei die Bewirtschaftung der Neuzuteilung auch vorübergehend unzumutbar, weil sich „sämtliche neu zugeteilte Flächen in kleinräumigen Gesamtschlägen“, nicht aber in „einem homogenen Flächenkomplex mit den Pachtflächen“ befänden und sich zudem - wie bereits im Widerspruchsverfahren ausgeführt - aufgrund der Lage an Gräben und Grünstreifen Einschränkungen in der Bewirtschaftung und in der Weiterentwicklung ergäben.

Der Kläger beantragt,

die vorläufige Besitzeinweisung im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren T. vom 24. Juli 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 26. September 2016 entsprechend seinen Wünschen abzuändern,

hilfsweise,

den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 26. September 2016 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts an den Beklagten zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die - nach der nicht formwirksam erfolgten „Rücknahme“ des Widerspruchs und dem Erlass eines Widerspruchsbescheides durch den Beklagten in der Sache - zulässige Klage gegen die vorläufige Besitzeinweisung im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren T. ist unbegründet. Denn diese am 24. Juli 2015 vom Beklagten erlassene Anordnung in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 26. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung findet ihre rechtliche Grundlage in § 65 Abs. 1 Satz 1 (i. V. m. § 86) FlurbG.

Sie ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

Der Beklagte hat als zuständige Flurbereinigungsbehörde (§§ 65 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 2 Satz 2, 3 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) gehandelt.

Er hat entsprechend den Anforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 FlurbG den Beteiligten am 14. September 2015 die Neueinteilung der Flächen (allgemein) bekannt gegeben und nach §§ 65 Abs. 2 Satz 3, 110 Satz 1 FlurbG die vorläufige Besitzeinweisung öffentlich ordnungsgemäß bekannt gemacht.

Denn die öffentliche Bekanntmachung der Anordnung vom 24. Juli 2015 ist nach der Bescheinigung der Gemeinde Harsum, in der der Kläger seinen Wohnsitz hat und auf deren Ortsrecht deshalb abzustellen ist (vgl. Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 110, Rn. 7), gemäß § 7 Abs. 2 ihrer Hauptsatzung über die öffentliche Bekanntmachung von Gemeindeverfügungen durch Aushang in allen gemeindlichen Bekanntmachungskästen, u.a. auch in Rautenberg, vom 7. bis zum 21. August 2015 erfolgt.

Die Überleitungsbestimmungen haben nach §§ 65 Abs. 2 Satz 4, 62 Abs. 3 FlurbG i. V. m. der Bekanntmachung über die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 24. Juli 2015 in der Zeit vom 31. August 2015 bis zum 11. September 2015 bei dem Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft, Herrn Z. aus AC., „auf Antrag (Terminabsprache“) ausgelegen“. Sie sind nach der öffentlichen Bekanntmachung zusätzlich jedem „Beteiligten mit landwirtschaftlichen Nutzflächen vorab mit weiteren Unterlagen per Post übersandt worden“ und dem Bevollmächtigten des Klägers in der Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 13. November 2015 nochmals übermittelt worden. Diese unmittelbare Bekanntgabe des Textes der Überleitungsbestimmungen reicht für eine wirksame Bekanntgabe in jedem Fall aus (vgl. nur Senatsbeschl. v. 12.11.1993 - 15 M 4469/93 - RzF 1 zu § 62 Abs. 3 FlurbG sowie allgemein Wingerter/Mayr, a.a.O., § 65, Rn. 16; § 6, Rn. 6, m. w. N.), ohne dass es dazu noch einer weiteren vom Kläger vermissten ausdrücklichen Rechtsgrundlage bedarf; denn es handelt sich um einen (nachgeholten) Teil der Bekanntgabe als Wirksamkeitsvoraussetzung und keine „Heilung“.

Im Übrigen ist die vom Kläger gerügte Möglichkeit der Einsichtnahme beim Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft nach vorheriger Terminabsprache ohnehin nicht zu beanstanden. § 62 Abs. 3 FlurbG, auf den § 65 Abs. 2 Satz 4 FlurbG insoweit verweist, enthält keine näheren Anforderungen an die Art der Auslegung. Das Gesetz sieht hingegen die hier gewählte Form der Auslegung „beim Vorstand der Teilnehmergemeinschaft“ ausdrücklich vor, wobei die Mitglieder des Vorstandes nach § 24 Satz 1 FlurbG ehrenamtlich tätig sind. Der Gesetzgeber kann jedoch nicht annehmen, ein Mitglied dieses ehrenamtlich tätigen Vorstandes, d.h. regelmäßig - wie hier - der Vorsitzende, der nach § 26 Abs. 3 FlurbG die Vorstandsbeschlüsse ausführt und die Teilnehmergemeinschaft vertritt, verfüge über hinreichend Zeit, um in dem mindestens eine Woche (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 62, Rn. 3) dauernden Auslegungszeitraum zu den üblichen Bürozeiten von hauptberuflich tätigen Personen ständig anwesend zu sein. Vielmehr ist schon für die Auslegung (von baurechtlichen Plänen) in ehrenamtlich verwalteten Kleingemeinden anerkannt, dass sich die Auslegung auf Randzeiten in den Abendstunden bzw. am Samstag beschränken kann (vgl. Bayr. VGH, Beschl. v. 23.7.1981 - 16 XV 76 -, BayVBl. 1981, 691 f.; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 3 BauGB, Rn. 41, 41a) bzw. auf eine Terminabsprache verwiesen werden darf (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 25.2.2014 - 1 MN 245/13 -, juris, Rn.  38). Entsprechendes hat nach dem Sinn und Zweck erst recht für die Modalitäten der Auslegung von Unterlagen bei dem ehrenamtlich tätigen Vorstand der Teilnehmergemeinschaft nach dem Flurbereinigungsgesetz zu gelten. Dann ist es aber auch zulässig, statt fester, aber zeitlich eng begrenzter Zeiten für die Einsichtnahme innerhalb des ausreichend bemessenen o.a. „Zeitfensters“ von 12 Tagen eine solche Einsichtnahme nach vorheriger Terminabsprache vorzusehen. Die damit verbundene „Zugangsschwelle“ dürfte nicht höher, sondern wegen des in der Wahl zum Vorsitzenden zum Ausdruck kommenden Vertrauens und ggf. auch der größeren Ortsnähe eher niedriger als bei einer Einsichtnahme in der Verwaltung einer der Gemeinden im Verbandsgebiet sein. Es besteht daher kein durchgreifender Grund, die gewählte Form der Auslegung der Überleitungsbestimmungen als rechtswidrig anzusehen.

Dass dem Kläger nach seinen Angaben auf den von seinem Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 29. Juli (Eingang: 2. August ) 2016 gestellten Antrag noch nicht an „Ort und Stelle“ die neue Feldeinteilung näher erläutert worden ist, ist jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung unerheblich, d.h. wenn dem Teilnehmer aufgrund der übersandten Karten die neue Besitzeinteilung, die im Übrigen ohnehin teilweise mit der Einlage des Klägers übereinstimmt, bekannt gegeben worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.8.1988 - 5 C 78/84 -, juris, Rn. 15, 22) und bei dem Teilnehmer auch keine Zweifel an den neu zugeteilten Flächen bestehen. Dann ist dem Zweck der Vorschrift genügt, dem Teilnehmer auch einzelfallbezogen zu verdeutlichen, wo sich die ihm neu zugeteilten Flurstücke befinden und ihre Grenzen verlaufen.

Wenn man die Erfüllung des Erläuterungsanspruches nach § 65 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 FlurbG abweichend von der vorgenannten Ansicht als (formelle) Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der vorläufigen Besitzeinweisung ansehen würde, so müsste ein solcher Anspruch aber doch jedenfalls auf ein entsprechendes Angebot der Flurbereinigungsbehörde bis zum Wirksamwerden der Anordnung vom Teilnehmer geltend gemacht werden; hingegen kann die erst danach erfolgende Geltendmachung nicht rückwirkend bzw. auflösend bedingt zur Rechtswidrigkeit führen.

Danach wäre das Verlangen des Klägers auf nähere Erläuterung vor Ort hier jedenfalls verspätet geltend gemacht worden. Denn die Bekanntgabe der neuen, zum 1. Oktober 2015 wirksam werdenden Feldeinteilung erfolgte am 14. September 2015, und zugleich wurde den Teilnehmern entsprechend der Ankündigung in dem Text der vorläufigen Besitzeinweisung vom 24. Juli 2015 ausdrücklich vom Beklagten die Möglichkeit geboten, eine „örtliche Anzeige der Neueinteilung zu beantragen“. Hiervon haben sieben Teilnehmer Gebrauch gemacht, worauf am 16. September 2015 eine entsprechende Erläuterung erfolgte; der Kläger nahm diese Möglichkeit nicht wahr. Dass er stattdessen erst im August 2016 um eine nähere Erläuterung gebeten hat, ohne diese im Übrigen örtlich zu begrenzen oder Unklarheiten über den Umfang des bereits im Vorjahr übernommenen Besitzstandes zu bezeichnen, ist daher für die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Besitzeinweisung unerheblich.

Die vorläufige Besitzeinweisung genügt auch materiell-rechtlich den Anforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG. Nach dieser Bestimmung können die Beteiligten in den Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen werden, wenn deren Grenzen in die Örtlichkeit übertragen worden sind und die endgültigen Nachweise für Flächen und Werte der neuen Grundstücke vorliegen sowie das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht. Weder ist ersichtlich noch von dem Kläger geltend gemacht worden, dass die vorgenannten Voraussetzungen nicht gegeben sind. Insbesondere liegen aufgrund der seit dem Juni 2013 bestandskräftigen Wertermittlung die Werte für den Alt- und Neubesitz vor; Unterlagen über die neue Feldeinteilung sind den Beteiligten - wie dargelegt - mit einer Kopie der Überleitungsbestimmungen parallel zur öffentlichen Bekanntmachung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 24. Juli 2015 zugesandt worden.

Über die o. a. ausdrücklichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 FlurbG hinaus ist für die Regelflurbereinigung - wie hier - anerkannt, dass ausnahmsweise auch Abfindungsmängel zur materiellen Rechtswidrigkeit einer vorläufigen Besitzeinweisung führen können (vgl. zum Folgenden: Senatsurt. v. 15.3.2011 - 15 KF 24/09 -, juris, Rn. 24; Senatsbeschl. v. 9.7.2015 - 15 MF 16/14 -, jeweils m. w. N.). Dies wäre der Fall, wenn zwischen der Einlage und der vorläufigen Abfindung entgegen § 44 Abs. 1 FlurbG offensichtlich ein grobes Missverhältnis bestehen oder die vorläufige Besitzeinweisung entgegen § 44 Abs. 4 FlurbG offensichtlich zu einem unzumutbaren Eingriff in die bisherige Struktur des betroffenen Betriebs eines Teilnehmers führen würde, die eine auch nur vorübergehende Nutzung der zugewiesenen Flächen als unzumutbar erscheinen ließe lassen. Bei der letztgenannten Prüfung nach einem unzumutbaren Eingriff in die bisherige Betriebsstruktur ist auf einen Betrieb des Teilnehmers und nicht etwaiger Pächter abzustellen (vgl. Senatsurt. v. 5.9.2016 - 15 KF 8/15 -, und Senatsbeschl. v. 23.11.2015 - 15 MF 19/15 -).

Die Wertgleichheit der Abfindung ist hingegen allein Gegenstand der Prüfung der Rechtmäßigkeit des betreffenden Flurbereinigungsplans (vgl. zuletzt Senatsurt. v. 1.2.2017 - 15 KF 23/15 -, m. w. N.). Denn zum einen wird das Recht der Teilnehmer an der Flurbereinigung, gegen die ihnen im Flurbereinigungsplan zugewiesene Abfindung mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen vorzugehen, durch vorläufige Maßnahmen im Sinne der §§ 65 und 66 FlurbG nicht berührt. Zum anderen nimmt die Vorschrift des § 65 Abs. 1 FlurbG nicht auf die weiteren Maßgaben des § 44 FlurbG für die Landabfindung Bezug. Deshalb kann die vorläufige Besitzeinweisung grundsätzlich nicht mit der Begründung angefochten werden, die zugedachte Abfindung sei nicht wertgleich und verletzte deshalb die Bestimmung des § 44 FlurbG; insoweit darf dem Verfahren über Planwidersprüche nicht vorgegriffen werden.

Keine der beiden vorgenannten Ausnahmen liegt hier vor.

Ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen Alt- und Neubesitz ist nicht gegeben. Dabei sind nicht einzelne Einlageflächen den vermeintlich an ihre Stelle getretenen vorläufigen Abfindungsflächen gegenüber zu stellen; vielmehr ist wie nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG für die endgültige Abfindung die gesamte Einlage mit der gesamten vorläufigen Abfindung zu vergleichen (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 44, Rn. 8).

Der Kläger hat Einlageflächen von rd. 8 ha mit einem Wertverhältnis von 748,09 WV in das Verfahren eingebracht. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Landabzuges von 0,8 % (für ein Teilgebiet) entsprechend (-) 5,98 WV sowie Sonderregelungen und Landverzichten zu Gunsten des Klägers von insgesamt (+) 45,05 WV ein Anspruch von (abgerundet) 787,15 WV. Vorläufig zugeteilt worden sind ihm Flächen von insgesamt rd. 8,4 ha mit einem WV von 793,72, so dass sich eine Mehrabfindung von 6,57 WV entsprechend knapp 1 % ergibt.

Mängel gegen die Richtigkeit der dieser Berechnung zu Grunde liegenden Wertermittlung sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht substantiiert geltend gemacht worden. Sollte sein Vorbringen zur erschwerten Bewirtschaftung von Ackerflächen u.a. an Gewässerrandstreifen so zu verstehen sein, dass insoweit ein Wertabschlag hätte erfolgen müssen, so hätte dieser Einwand bereits gegen den Wertermittlungsrahmen geltend gemacht werden müssen; denn dieser sieht einen solchen Abschlag wegen Bewirtschaftungsnachteilen insoweit „nur“ bei angrenzendem Wald und Baumreihen (ausgenommen Obstbäume), nicht aber an Gewässern vor. Ein solcher Abschlag wäre im Übrigen weder offensichtlich noch so umfangreich, als dass sich daraus ein Missverhältnis zu Lasten des Klägers ergeben würde.

Ein unzumutbarer, §§ 86, 65 i. V. m. § 44 Abs. 4 FlurbG widersprechender Eingriff in die bisherige Struktur des klägerischen Betriebs durch die vorläufige Besitzeinweisung ist ebenfalls - und zwar ersichtlich - nicht gegeben.

Wie dargelegt, ist dabei grundsätzlich auf den Betrieb des Teilnehmers und nicht den Betrieb seines Pächters abzustellen und innerhalb des Betriebes des Teilnehmers wiederum auf die Eigentums- und nicht auf die gepachteten Flurstücke. Maßstab ist weiterhin grundsätzlich die „bisherige Struktur“ des eingebrachten Betriebes und nicht dessen potentielle, nicht konkretisierte Erweiterungsmöglichkeiten und erst recht nicht die Erweiterungsmöglichkeiten der vorläufig zugeteilten Flächen.

Hieran gemessen kann offen bleiben, ob der Kläger (durch seinen Sohn als designierten Hofnachfolger) überhaupt einen Betrieb im vorgenannten Sinne führt oder der Sohn als gegenwärtiger Pächter auf den Schutz nach den §§ 70, 71 FlurbG, die auf die vorläufige Besitzeinweisung entsprechend anzuwenden sind (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 71, Rn. 3), zu verweisen ist. Jedenfalls ist die vom Kläger bei einem Vergleich von Alt- zu Neubesitz gerügte, vermeintlich verschlechterte Möglichkeit der weiteren Expansion durch den Erwerb unmittelbar angrenzender (Acker-)Flurstücke oder durch Tausch deshalb unerheblich, weil darin kein Eingriff in die bisherige Betriebsstruktur liegt. Ebenso wenig kommt es auf die Lage der vom Kläger bzw. seinem Sohn von Dritten gepachteten Flächen an; auf die Lage solcher Flächen kann Rücksicht genommen werden, muss aber nicht (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 70, Rn. 1: Abstimmung der Planwünsche von Teilnehmer und Pächter).

Die demnach allein erhebliche Bewirtschaftung der drei neu zugeteilten Ackerflurstücke stellt sich durch deren Lage an Grünstreifen bzw. Gräben im Verhältnis zur Einlage nicht als wesentlich oder gar unzumutbar schlechter als zuvor dar. Soweit sich die Länge entsprechender Grenzen im Verhältnis zur Einlage überhaupt verschlechtert hat, steht dem eine erhebliche Verminderung der Zahl der Ackerflurstücke von (unter Einschluss der von Dritten erworbenen) über 20 eingelegten auf nur noch drei mit einem entsprechend deutlich größeren und damit viel besser zu bewirtschaftenden Umfang gegenüber; zugleich hat sich dadurch insgesamt die notwendige Entfernung zwischen der „Hofstelle“ des Klägers in Rautenberg und „seinen“ Ackerflurstücken vermindert. Ein - über diese offensichtlichen Vorteile hinausgehender - Anspruch auf Zuteilung nur von Ackerflurstücken im Westen oder Süden von T. - entsprechend seinem Planwunsch - steht dem Kläger nicht zu.

Die gerichtliche Kostenentscheidung folgt aus §§ 147 Abs. 1, 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 5112 der Anlage 1 des GKG ist eine Gerichtsgebühr mit vier Gebührensätzen anzusetzen. Der zugrunde gelegte Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.