Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.02.2014, Az.: 8 LA 84/13
Approbation; Arzt; Betäubungsmittel; Diazepam; Dihydrocodein; Flunitrazepam; Methadon; Polimadon; Substitution; Substitutionsbehandlung; Unwürdigkeit; Widerruf
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.02.2014
- Aktenzeichen
- 8 LA 84/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 42677
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 13.03.2013 - AZ: 6 A 2246/12
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs 1 S 1 Nr 2 BÄO
- § 5 Abs 2 S 1 BÄO
- § 13 BtMG
- § 5 BtMVV
- § 5a BtMVV
- Art 12 GG
- § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 6. Kammer - vom 13. März 2013 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf ihrer Approbation als Ärztin und gegen die damit verbundene Aufforderung zur Rückgabe ihrer Approbationsurkunde.
Die 19.. geborene Klägerin erlangte 1981 an der Universität C. das Diplom in Medizin und ist seit 1987 Fachärztin für Allgemeinmedizin. Nach einer Tätigkeit als Honorarärztin des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen und verschiedenen Vertretungstätigkeiten für Allgemeinmedizin ist sie seit 1993 als niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin in eigener Praxis, seit 2003 mit Sitz in D., tätig.
Die Klägerin wurde durch Urteil des Amtsgerichts E. vom 3. August 2005 - … - wegen Betruges zu einer Geldstrafe von sechzig Tagessätzen verurteilt. Die Klägerin hatte im März 2003 einen Arzt mit der privaten Behandlung ihres Sohnes beauftragt, aber die hierfür entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 7.260 EUR nicht bezahlt.
Die Klägerin wurde durch weiteres Urteil des Amtsgerichts F. vom 25. Februar 2008 - … - wegen eines Vergehens nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 des Betäubungsmittelgesetzes in Verbindung mit § 16 Nr. 2a der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung in fünfzehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt. Die Klägerin hatte im Jahr 2007 in mindestens fünfzehn Fällen diversen von Betäubungsmitteln abhängigen Patienten Opiate in Form von Polamidon verschrieben, ohne dass die dafür vom Verordnungsgeber aufgestellten Bedingungen eingehalten wurden. Sie unterließ es auch, auf den ärztlichen Verschreibungen Angaben zum Patientencode, zum Datum der ersten und letzten Verschreibung und zur erforderlichen Kennzeichnung der Verschreibungen vorzunehmen. Nach der Verschreibung fanden erforderliche Kontrollen der Patienten nicht statt. Ein Therapiekonzept zur Beendigung der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln wurde nicht erstellt.
Die Klägerin wurde durch ein weiteres Urteil des Amtsgerichts F. vom 16. Dezember 2010 - … - wegen neun Vergehen nach § 16 Nr. 2a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Nr. 1 in Verbindung mit § 5a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und § 17 Nr. 10 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Klägerin hatte in den Jahren 2008 und 2009 zwei ihrer Patienten Arzneimittel zur Substitution bei mutmaßlich bestehender Opiatabhängigkeit verschrieben, ohne dass ein erforderliches Therapiekonzept erstellt und ohne dass die Einhaltung verbindlich vereinbarter Schritte durch die Patienten nachgewiesen und durch die Klägerin dokumentiert wurde. Die Klägerin verschrieb den zwei Patienten in den Jahren 2008 und 2009 insgesamt 1.290 Tabletten Flunitrazepam 1 mg, 500 Tabletten Diazepam 10 mg und 400 Tabletten Dihydrocodein 120 mg.
Nach Anhörung widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 20. Juli 2012 die ärztliche Approbation der Klägerin und forderte diese zur Rückgabe der Approbationsurkunde auf. Der Beklagte nahm unter Bezugnahme auf die Feststellungen in den strafgerichtlichen Entscheidungen eine Unwürdigkeit der Klägerin zur Ausübung des ärztlichen Berufs an. Die nachgewiesenen Straftaten beträfen das Arzt-Patienten-Verhältnis und stünden im direkten Zusammenhang mit der ärztlichen Berufsausübung. Das den Straftaten zugrunde liegende Verhalten der Klägerin stelle einen groben Verstoß gegen wesentliche Berufspflichten dar. Auch könne die Einnahme der von ihr zeitgleich verschriebenen Benzodiazepine und Opioide zu einer lebensgefährlichen Intoxikation führen. Das Fehlverhalten sei geeignet, das zur Ausübung des ärztlichen Berufs erforderliche Vertrauen und Ansehen nachhaltig zu zerstören. Der Widerruf der Approbation greife auch unter Berücksichtigung aller individuellen Umstände nicht unverhältnismäßig in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der Klägerin ein.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. März 2013 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Der von ihr geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne der genannten Bestimmung sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.4.2013 - 13 LA 34/13 -, juris Rn. 2; Beschl. v. 24.3.2009 - 10 LA 377/08 -, juris Rn. 2; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: September 2004, § 124a Rn. 100).
Die Klägerin wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zunächst ein, das Verwaltungsgericht habe tatsächliche und rechtliche Feststellungen in den strafgerichtlichen Entscheidungen nicht berücksichtigen dürfen. Dies sei zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Widerruf einer ärztlichen Approbation zwar grundsätzlich zulässig. Ausnahmen gälten aber dann, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der getroffenen Feststellungen vorlägen oder wenn die Approbationsbehörde und das Verwaltungsgericht den Sachverhalt besser als das Strafgericht aufklären könnten. Hier lägen beide Ausnahmefälle vor.
Zum einen seien in den Entscheidungen des Amtsgerichts F. vom 25. Februar 2008 und vom 16. Dezember 2010 gar keine Tatsachen gerichtlich festgestellt worden. In der Entscheidung vom 16. Dezember 2010 sei das Amtsgericht F. zu Unrecht nicht vom Vorliegen eines unvermeidbaren Verbotsirrtums ausgegangen. Es habe sich mit dieser für den Schuldvorwurf wesentlichen Frage nicht befasst, obwohl hierzu angesichts der Aussagen des Zeugen G. zur unzureichenden Information der Ärzte über die schwierige Regel-Ausnahme-Systematik der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung zur Verschreibung von Flunitrazepam und Diazepam Anlass bestanden hätte. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die objektiven Tatumstände unstreitig seien. Es sei in der angefochtenen Entscheidung zwar mehrfach auf dem Strafverfahren zugrunde liegende Tatsachen, etwa das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen vom 13. April 2010 (MDK-Gutachten) und die Aussage des Zeugen H., eingegangen. Dabei habe es aber die die Klägerin entlastenden Umstände, etwa die Aussagen der Zeugen G. und I., nicht berücksichtigt. Auch habe es den Charakter des MDK-Gutachtens als privates Gutachten zur Feststellung der Leistungspflicht der Krankenkassen nicht hinreichend gewürdigt.
Zum anderen habe das Verwaltungsgericht die Feststellungen in den strafgerichtlichen Entscheidungen auch deshalb nicht berücksichtigen dürfen, weil es selbst und insbesondere auch der Beklagte zur Aufklärung des Sachverhalts besser in der Lage gewesen wären. Der Beklagte sei nicht nur Approbationsbehörde, sondern auch die in Niedersachsen für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs zuständige Landesbehörde. Diese hätte die betäubungsmittelrechtlichen Fragestellungen besser beurteilen können als das Strafgericht.
Diese Einwände setzen die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung ernstlichen Richtigkeitszweifeln nicht aus.
Bei Entscheidungen über den Widerruf einer Approbation dürfen die in einem rechtskräftigen Strafurteil oder auch Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.8.2011 - BVerwG 3 B 6.11 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 6.3.2003 - BVerwG 3 B 10.03 -, juris Rn. 2; Urt. v. 26.9.2002 - BVerwG 3 C 37.01 -, NJW 2003, 913, 916; Senatsbeschl. v. 21.5.2013 - 8 LA 54/13 -, juris Rn. 6 jeweils m.w.N.).
Entgegen der Darstellung der Klägerin sind solche tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in den vom Beklagten und vom Verwaltungsgericht herangezogenen strafgerichtlichen Entscheidungen getroffen worden.
Das Amtsgericht F. stellte in seinem Urteil vom 25. Februar 2008 - … - (Umdruck, S. 2 f.) fest, dass die Klägerin im Mai und Juni 2007 ihren Patienten J., K., L., M., N., O., P. und Q. in insgesamt fünfzehn Fällen jeweils 100 ml einer Polamidonlösung zur Substitution bei bestehender Opiatabhängigkeit ohne das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hierfür verschrieben habe. Die Klägerin habe es auch unterlassen, auf den ärztlichen Verschreibungen Angaben zum Patientencode, zum Datum der ersten und letzten Verschreibung und zur erforderlichen Kennzeichnung der Verschreibungen vorzunehmen. Nach der Verschreibung hätten erforderliche Kontrollen der Patienten nicht stattgefunden. Ein Therapiekonzept zur Beendigung der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln sei nicht erstellt worden. Die Klägerin habe von den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Drogenersatzbehandlung Kenntnis gehabt; ihre anderslautende Einlassung sei eine unwahre Schutzbehauptung.
Das Amtsgericht F. stellte in seinem weiteren Urteil vom 16. Dezember 2010 - … - (Umdruck, S. 2 f.) fest, dass die Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 ihren Patienten J. und K. zur Substitution bei mutmaßlich bestehender Opiatabhängigkeit in wenigstens neun Fällen insgesamt auch 1.290 Tabletten Flunitrazepam und 400 Tabletten Dihydrocodein verschrieben habe, ohne dass das Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes verfolgt, ein erforderliches Therapiekonzept erstellt, die Einhaltung verbindlich vereinbarter Schritte durch die Patienten nachgewiesen und durch die Klägerin dokumentiert worden sei.
Diese tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in den rechtskräftigen, gegen die Klägerin ergangenen strafgerichtlichen Urteilen durfte auch das Verwaltungsgericht zur Grundlage seiner Entscheidung machen. Ein Abweichen von den Feststellungen in einer strafgerichtlichen Entscheidung kann zwar ausnahmsweise dann geboten sein, wenn gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.8.2011, a.a.O.; Beschl. v. 6.3.2003, a.a.O.; Urt. v. 26.9.2002, a.a.O.), etwa weil Wiederaufnahmegründe gegeben sind, die maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts erkennbar auf einem Irrtum beruhen oder die Approbationsbehörde ausnahmsweise in der Lage ist, eine für ihre Entscheidung erhebliche, aber strittige Tatsache besser als das Strafgericht aufzuklären (vgl. Senatsbeschl. v. 21.5.2013, a.a.O., Rn. 8). Derart gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen in den strafgerichtlichen Entscheidungen ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen der Klägerin hier indes nicht.
Soweit die Klägerin geltend macht, die objektiven Tatumstände seien nicht unstreitig und das MDK-Gutachten sei nur ein privates Gutachten zur Feststellung der Leistungspflicht der Krankenkassen, hat sie schon keine Anhaltspunkte aufgezeigt, die auf eine Unrichtigkeit der Feststellungen in den strafgerichtlichen Verfahren hindeuten. Solche sind für den Senat auch nicht offensichtlich. Es steht vielmehr fest, dass die Klägerin wiederholt und erheblich gegen die gesetzlich zwingenden Voraussetzungen für die Verschreibung von Betäubungsmitteln verstoßen hat.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln - Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) - vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74), in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Verordnung vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1180) geänderten Fassung, darf der Arzt einem opiatabhängigen Patienten zur Behandlung der Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes ein Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln - Betäubungsmittelgesetz (BtMG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358) verschreiben, wenn und solange der Substitution keine medizinisch allgemein anerkannten Ausschlussgründe entgegenstehen (Nr. 1), die Behandlung erforderliche psychiatrische, psychotherapeutische oder psychosoziale Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen einbezieht (Nr. 2), der Arzt die Meldeverpflichtungen nach § 5a Abs. 2 BtMVV erfüllt hat (Nr. 3), die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes keine Erkenntnisse ergeben haben, dass der Patient von einem anderen Arzt verschriebene Substitutionsmittel erhält (Nr. 4 Buchst.a), nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 BtMVV erforderliche Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen dauerhaft nicht in Anspruch nimmt (Nr. 4 Buchst. b), Stoffe gebraucht, deren Konsum nach Art und Menge den Zweck der Substitution gefährdet (Nr. 4 Buchst. c) oder das ihm verschriebene Substitutionsmittel nicht bestimmungsgemäß verwendet (Nr. 4 Buchst. d), der Patient im erforderlichen Umfang, in der Regel wöchentlich, den behandelnden Arzt konsultiert (Nr. 5) und der Arzt Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden (Nr. 6); vgl. zur Strafbarkeit der Verschreibung von Betäubungsmitteln ohne Indikationsstellung, ohne Prüfung von Behandlungsalternativen oder ohne unzureichende ärztliche Kontrolle nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG und mangelnden Sperrwirkung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 BtMG: BGH, Urt. v. 2.2.2012 - 3 StR 321/11 -, NStZ 2012, 337, 338. Jeder Arzt, der ein Substitutionsmittel für einen Patienten verschreibt, hat dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 5a Abs. 2 Satz 1 BtMVV unverzüglich schriftlich oder kryptiert auf elektronischem Wege den Patientencode (Nr. 1), das Datum der ersten Verschreibung (Nr. 2), das verschriebene Substitutionsmittel (Nr. 3), das Datum der letzten Verschreibung (Nr. 4), Name und Adresse des verschreibenden Arztes (Nr. 5) sowie im Falle des Verschreibens nach § 5 Abs. 3 BtMVV Name und Anschrift des Konsiliarius zu melden.
Diese gesetzlich zwingenden Voraussetzungen einer ärztlichen Substitutionsbehandlung beachtete die Klägerin zum einen nicht hinreichend, als sie im Mai und Juni 2007 ihren Patienten J., K., L., M., N., O., P. und Q. in insgesamt fünfzehn Fällen das in der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG genannte Methadon unter dem Markennamen Polamidon zur Substitution bei bestehender Opiatabhängigkeit verschrieb. Die Verschreibung, welche die Klägerin in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht F. am 25. Februar 2008 eingeräumt hat (vgl. Blatt 118 f. der Beiakte B), erfolgte bereits nicht, wie von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BtMVV gefordert, zur Behandlung der Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes. Die Klägerin hatte ein konkretes Therapiekonzept (vgl. zu den Anforderungen § 5 Abs. 10 und 11 BtMVV i.V.m. Nrn. 3 f. der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger in der hier maßgeblichen Fassung vom 22. März 2002) für die behandelten Patienten nicht erstellt. Die Klägerin hatte auch nicht, wie von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BtMVV gefordert, die Meldeverpflichtungen nach § 5a Abs. 2 BtMVV erfüllt. Schließlich verfügte sie nicht, wie von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtMVV gefordert, über die Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation.
Die dargestellten gesetzlich zwingenden Voraussetzungen einer ärztlichen Substitutionsbehandlung beachtete die Klägerin zum anderen jedenfalls insoweit nicht hinreichend, als sie ihren Patienten J. und K. in den Jahren 2008 und 2009 insgesamt 1.290 Tabletten Flunitrazepam und 400 Tabletten Dihydrocodein zur Substitution bei bestehender Opiatabhängigkeit verschrieb. Die Klägerin hat mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht in Frage gestellt, die zugrunde liegenden Verschreibungen (Blatt 172 f. der Beiakte C) selbst vorgenommen zu haben.
Nach den Bestimmungen der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG gelten für die Verschreibung von Flunitrazepam ("ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III je abgeteilte Form bis zu 1 mg Flunitrazepam enthalten. Für ausgenommene Zubereitungen, die für betäubungsmittelabhängige Personen verschrieben werden, gelten jedoch die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln.") und Dihydrocodein ("ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III bis zu 2,5 vom Hundert oder je abgeteilte Form bis zu 100 mg Dihydrocodein, berechnet als Base, enthalten. Für ausgenommene Zubereitungen, die für betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Personen verschrieben werden, gelten jedoch die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln.") an betäubungsmittelabhängige Personen stets die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln. Die Verschreibungen erfolgten hier für die Patienten J. und K.. Diese Patienten waren nach den Einlassungen der Klägerin in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht F. am 15. November 2010 jedenfalls im Zeitpunkt der Verschreibung heroinabhängig (Blatt 153 der Beiakte A).
Die danach bei der Verschreibung von insgesamt 1.290 Tabletten Flunitrazepam und 400 Tabletten Dihydrocodein zur Substitution bei bestehender Opiatabhängigkeit in den Jahren 2008 und 2009 geltenden und gesetzlich zwingenden Voraussetzungen einer ärztlichen Substitutionsbehandlung beachtete die Klägerin nicht hinreichend. Die Klägerin räumte in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht F. am 15. November 2010 (Blatt 153 der Beiakte A) ein, die Verschreibungen lediglich als "Überbrückungsmedikation" für die spätere Aufnahme in ein Methadonprogramm vorgenommen zu haben. Auch hier erfolgte die Substitutionsbehandlung daher nicht, wie von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BtMVV gefordert, zur Behandlung der Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes. Die Klägerin hatte ein konkretes Therapiekonzept für die behandelten Patienten nicht erstellt. Sie hatte auch weder, wie von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BtMVV gefordert, die Meldeverpflichtungen nach § 5a Abs. 2 BtMVV erfüllt, noch verfügte sie, wie von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BtMVV gefordert, über die Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation. Schließlich hatte sie nicht berücksichtigt, dass einer Substitution mit Flunitrazepam und Dihydrocodein medizinisch allgemein anerkannte Ausschlussgründe im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BtMVV entgegenstanden. Solche Ausschlussgründe können sich aus den Gegenanzeigen und Anwendungsbeschränkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen der verwendeten Substitutionsmittel ergeben (vgl. Bundesregierung, Fünfzehnte Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (Fünfzehnte Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung - 15. BtMÄndV), BR-Dr. 252/01, S. 48; Weber, BtMG, 4. Aufl., BtMVV § 5 Rn. 44). Bei der gegebenen Heroinabhängigkeit der Patienten war eine Behandlung mit einem Benzodiazepin, wozu Flunitrazepam zählt, schon nach der Gebrauchsinformation zum verschriebenen Präparat der Firma 1A-Pharma (veröffentlicht unter: www.1apharma.de) kontraindiziert. Auch die Gebrauchsinformation zu dem weiteren verschriebenen Präparat DHC 120 mg der Firma Mundipharma (veröffentlicht unter www.mundipharma.de) weist ausdrücklich darauf hin, dass Dihydrocodein ein Abhängigkeitspotenzial hat, bei längerfristiger Anwendung körperliche und psychische Abhängigkeit auftreten kann und bei vorbestehender Opioidabhängigkeit (auch solche in Rückbildung) mit schnellen Rückfällen zu rechnen ist.
Auch soweit die Klägerin weiter geltend macht, das Amtsgericht F. habe in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 2010 das Vorliegen eines unvermeidbaren Verbots-irrtums zu Unrecht nicht angenommen und habe die entlastenden Aussagen der Zeugen G. und I. zur unzureichenden Information der Ärzte über die schwierige Regel-Ausnahme-Systematik der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung zu den hier verschriebenen Präparaten nicht hinreichend berücksichtigt, vermag der Senat Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen nicht zu erkennen.
Einem etwaigen Verbotsirrtum der Klägerin hinsichtlich der zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln käme nur dann eine schuldausschließende Wirkung im Sinne des § 17 Satz 1 StGB zu, wenn er für die Klägerin unvermeidbar gewesen ist. Die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums setzt voraus, dass der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet. Hinzu kommt, dass der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen darf. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 4.4.2013 - 3 StR 521/12 -, NStZ 2013, 461).
Hieran gemessen war ein etwaiger Verbotsirrtum der Klägerin darüber, ob die dargestellten gesetzlichen Vorschriften über das Verschreiben von Betäubungsmitteln auch für die hier erfolgte Verschreibung der Wirkstoffe Flunitrazepam und Dihydrocodein an die betäubungsmittelabhängigen Patienten J. und K. galten, offensichtlich nicht unvermeidbar gewesen. Die Klägerin weist für sich zwar zutreffend darauf hin, dass nach den Bestimmungen der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG die Geltung der gesetzlichen Vorschriften über das Verschreiben von Betäubungsmitteln teilweise von der Dosierung des Wirkstoffs je verschriebener Packungseinheit oder je abgeteilter Form abhängig ist und insoweit eine Regel-Ausnahme-Systematik zu beachten ist. Sie ignoriert indes, dass die Verschreibung der Wirkstoffe Flunitrazepam und Dihydrocodein für betäubungsmittelabhängige Personen unabhängig von der Dosierung der Wirkstoffe den gesetzlichen Vorschriften über das Verschreiben von Betäubungsmitteln unterliegt, sich also im vorliegenden Fall die Frage, ob die sonst geltende, von der Dosierung abhängige Regel-Ausnahme-Systematik schwer zu verstehen und handzuhaben ist, gar nicht stellte. Die zwingende Geltung der gesetzlichen Vorschriften über das Verschreiben von Betäubungsmitteln ergab sich vielmehr ohne Weiteres aus den eindeutigen Bestimmungen der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG für die Verschreibung von Flunitrazepam ("Für ausgenommene Zubereitungen, die für betäubungsmittelabhängige Personen verschrieben werden, gelten jedoch die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln.") und Dihydrocodein ("Für ausgenommene Zubereitungen, die für betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Personen verschrieben werden, gelten jedoch die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln."); vgl. allgemein zur Erkennbarkeit der Maßgaben einer zulässigen Substitutionsbehandlung nach §§ 29, 13 BtMG, § 5 BtMVV für einen Arzt: BGH, Urt. v. 2.2.2012, a.a.O..
Auch die Aussagen der Zeugen G. und I. in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht F. bieten keine Anhaltspunkte für einen unvermeidbaren Verbotsirrtum der Klägerin. Die Zeugen G. und I. haben lediglich auf allgemeine Schwierigkeiten bei der Anwendung der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG und mangelhafte Informationen der Ärzte über gesetzlichen Vorschriften zum Verschreiben von Betäubungsmitteln hingewiesen, zugleich aber klargestellt, dass die erforderlichen Informationen sowohl in der Roten Liste als auch seit 2008 in Fachinformationen für Ärzte verfügbar gewesen seien (Blatt 172 f. der Beiakte A). Die auch durch die vorausgegangene strafgerichtliche Verurteilung vom 25. Februar 2008 sensibilisierte Klägerin hätte mithin etwaige Zweifel über die Geltung der gesetzlichen Vorschriften für die Verschreibung von Betäubungsmitteln ohne Weiteres durch den Einsatz ihrer geistigen Erkenntniskräfte, jedenfalls aber durch die Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigen und so einen etwaigen Verbotsirrtum vermeiden können.
Ein Abweichen von den aufgezeigten Feststellungen der strafgerichtlichen Entscheidungen ist schließlich auch nicht deshalb geboten, weil der Beklagte ausnahmsweise in der Lage gewesen ist, eine für seine Entscheidung erhebliche, aber strittige Tatsache besser als das Strafgericht aufzuklären (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 21.5.2013, a.a.O., Rn. 8). Mit dem Hinweis darauf, dass der Beklagte nicht nur Approbationsbehörde, sondern auch die in Niedersachsen für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs zuständige Landesbehörde sei und daher die betäubungsmittelrechtlichen Fragestellungen besser als das Strafgericht beurteilen könne, hat die Klägerin schon nicht hinreichend dargelegt, hinsichtlich welcher für die Widerrufsentscheidung erheblichen, aber strittigen Tatsache die Möglichkeiten des Beklagten zur Sachaufklärung besser als die der Strafgerichte gewesen sein sollen. Dies ist für den Senat auch nicht offensichtlich. Auf etwa bessere Kenntnisse des Beklagten hinsichtlich der betäubungsmittelrechtlichen Fragestellungen kommt es insoweit nicht an; die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts ist autonome Aufgabe des Gerichts (iura novit curia; vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.6.1992 - 1 BvR 600/92 -, NJW-RR 1993, 383; BVerwG, Beschl. v. 8.7.1998 - BVerwG 4 BN 22.98 -, juris Rn. 16).
Die Klägerin wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils weiter ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht aus den strafgerichtlichen Entscheidungen auf ihre Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs geschlossen.
Entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts habe sie in der mündlichen Verhandlung nicht eingeräumt, die Verschreibungen unter Druck vorgenommen zu haben. Auch der vom Verwaltungsgericht angenommene Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit sei tatsächlich nicht eingetreten. Die insoweit herangezogene Aussage des Apothekers H. könne eine anderslautende Feststellung nicht tragen. Der Zeuge sei nicht gerichtlich vernommen worden und als Apotheker selbst in die Abgabe der Arzneimittel involviert gewesen. Das Verwaltungsgericht habe auch den Begriff der "Unwürdigkeit" im Sinne des § 5 BÄO unzutreffend ausgelegt. Es habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Approbationswiderruf in die Berufswahlfreiheit eingreife. Ein solcher Eingriff könne nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt werden, wenn zugleich die bezweckte Gefahrenabwehr in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Grundrechtseingriffs stehe und auch sonst verhältnismäßig sei. Daran fehle es hier. Sie - die Klägerin - übe den ärztlichen Beruf jedenfalls seit 2009 einwandfrei aus. Insoweit sei von Bedeutung, dass der Beklagte in seiner Funktion als für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs zuständige Landesbehörde bei der Überprüfung des Verschreibungsverhaltens und begleitenden Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs im Zeitraum von 2009 bis 2011 keine Fehler festgestellt habe. Soweit das Verwaltungsgericht diese Umstände mit der Erwägung unberücksichtigt lasse, die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs verfolge andere Zwecke als die vergangenheitsbezogene Feststellung der Unwürdigkeit, gehe es fehl. Sowohl der Widerruf der Approbation als auch Überwachungsmaßnahmen nach dem Betäubungsmittelgesetz dienten der Gefahrenabwehr. Eine Gefährdung des Gemeinwohls durch eine weitere Ausübung der ärztlichen Tätigkeit sei daher nachweislich nicht zu besorgen, zumal ihre Tätigkeit zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum erforderlich sei. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass ein Widerruf der Approbation aufgrund ihres Alters einem endgültigen Berufsverbot gleichkomme. Angesichts der Verwaltungspraxis des Beklagten zur Erteilung einer Berufserlaubnis könne sie frühestens 2016 einen Antrag auf Erteilung dieser Erlaubnis und erst 2018 einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation stellen. Zu diesem Zeitpunkt werde sie das 64. Lebensjahr vollendet haben. Der Approbationswiderruf bewirke daher faktisch auch einen Ausschluss von der Wiedererteilung der Approbation und erweise sich schon aus diesem Grund als unverhältnismäßig.
Diese Einwände begründen ernstliche Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin sei zur Ausübung des ärztlichen Berufs unwürdig im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO, nicht.
Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ist nach der Rechtsprechung des Senats dann zu bejahen, wenn der Arzt vorsätzlich eine schwere, gemeingefährliche oder gemeinschädliche oder gegen die Person gerichtete, von der Allgemeinheit besonders missbilligte ehrenrührige Straftat begangen hat. Dabei muss eine solche Straftat nicht unmittelbar im Verhältnis des Arztes zu seinem Patienten angesiedelt sein. Erfasst werden vielmehr auch alle mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit in nahem Zusammenhang stehenden Handlungen und ferner, abhängig von der Schwere des Delikts, auch Straftaten außerhalb des beruflichen Wirkungskreises, wenn sie zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust führen, der den Betroffenen für den ärztlichen Beruf als auf absehbare Zeit untragbar erscheinen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.8.1995 - BVerwG 3 B 7.95 -, NVwZ-RR 1996, 477; Beschl. v. 9.1.1991 - BVerwG 3 B 75.90 -, NJW 1991, 1557; Senatsbeschl. v. 2.9.2009, - 8 LA 99/09 -, juris Rn. 3). Dabei ist nach objektivem Maßstab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.3.2003, a.a.O., Rn. 3, Bayerischer VGH, Beschl. v. 21.5.2010 - 21 BV 09.1206 -, juris Rn. 40) zu beurteilen, ob das Fehlverhalten geeignet ist, dieses Ansehen des Berufsstandes der Ärzte und das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig zu erschüttern. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Ansehens- und Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit konkret eingetreten ist (vgl. Senatsbeschl. v. 2.5.2012 - 8 LA 78/11 -, juris Rn. 16; Bayerischer VGH, Beschl. v. 7.2.2002 - 21 ZS 01.2890 -, juris Rn. 12). Einer Feststellung der Unwürdigkeit steht daher - entgegen der Annahme der Klägerin - von vorneherein nicht entgegen, dass ihr erhebliches strafbares Verhalten gegebenenfalls in der Öffentlichkeit nicht bekannt geworden ist.
Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das in den strafgerichtlichen Entscheidungen dokumentierte Fehlverhalten der Klägerin geeignet ist, das Ansehen des Berufsstandes der Ärzte und das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig zu erschüttern. Die Klägerin beging in mehreren Fällen vorsätzliche Straftaten, die unmittelbar im Verhältnis des Arztes zu seinem Patienten angesiedelt sind. Ihr Fehlverhalten war gravierend. Sie verschrieb in einer Vielzahl von Fällen über einen mehrjährigen Tatzeitraum ihren Patienten Betäubungsmittel und beachtete dabei wesentliche und grundlegende gesetzliche Vorschriften über das Verschreiben von Betäubungsmitteln vorsätzlich nicht. So führte sie Substitutionsbehandlungen durch, ohne das für diese Behandlungen grundlegende Ziel einer Abstinenz des Patienten zu verfolgen, ohne eine fundierte Indikation zu erstellen, ohne ein umfassendes Therapiekonzept zu entwickeln und ohne über eine hinreichende suchttherapeutische Qualifikation zu verfügen (vgl. zu diesen grundlegenden Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung: BGH, Urt. v. 2.2.2012, a.a.O.; Weber, a.a.O., BtMG, § 13 Rn. 71 f.). Dabei ist es ohne Belang, ob ihr gravierendes Fehlverhalten, wie es der Beklagte meint, auf Mitleid mit ihren Patienten oder, wie es das Verwaltungsgericht annimmt, auf Druck von diesen zurückzuführen war. In jedem Fall missbrauchte die Klägerin das in sie als Ärztin gesetzte Vertrauen grob und verstieß gravierend auch gegen ihre grundlegende ärztliche Pflicht, das Handeln am Wohl der Patienten auszurichten (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen). Die Art und Weise der Verschreibung von Betäubungsmitteln an betäubungsmittelabhängige Patienten war im vorliegenden Fall geeignet, deren Suchterkrankung zu fördern und sie der erheblichen Gefahr einer fehldosierten Anwendung auszusetzen (vgl. zur Unwürdigkeit für die Ausübung des ärztlichen Berufs bei Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften für die Verschreibung von Betäubungsmitteln: Bayerischer VGH, Urt. v. 3.3.1992 - 21 B 91.1336 -, BayVBlatt 1992, 403 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.6.1988 - 5 B 309/88 -, MedR 1989, 44 f.).
Liegen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO vor, ist - ohne dass es entgegen der Annahme der Klägerin auf die Gefahr erneuter Verletzungen beruflicher Pflichten ankäme (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.1.2011, a.a.O.; Beschl. v. 2.11.1992 - BVerwG 3 B 87.92 -, NJW 1993, 806; Senatsbeschl. v. 23.4.2012 - 8 LA 45/11 -, juris Rn. 10) - die Approbation als Arzt zu widerrufen; dem Beklagten ist insoweit kein Ermessen eingeräumt.
Anhaltspunkte dafür, dass der Widerruf der Approbation im vorliegenden Fall ausnahmsweise einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin bewirkt (vgl. zur grundsätzlichen Verhältnismäßigkeit des mit dem Approbationswiderruf verbundenen Eingriffs in die Berufsfreiheit: BVerwG, Beschl. v. 23.10.2007 - BVerwG 3 B 23.07 -, juris Rn. 5 f.), ergeben sich aus ihrem Zulassungsvorbringen nicht.
Die Klägerin weist zwar zutreffend daraufhin, dass der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit in die Berufswahlfreiheit eingreift; denn die freie Berufswahl umfasst nicht nur die Entscheidung über den Eintritt in den Beruf, sondern überdies die Entscheidung darüber, ob und wie lange ein Beruf ausgeübt werden soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.3.1977 - 1 BvR 124/76 -, BVerfGE 44, 105, 117). Er stellt insoweit aber lediglich eine subjektive Zulassungsregelung dar. Denn ein Arzt ist zur Ausübung des ärztlichen Berufs unwürdig im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötige Vertrauen besitzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.4.1998 - BVerwG 3 B 95.97 -, NJW 1999, 3425; Senatsbeschl. v. 2.9.2009, a.a.O., Rn. 2 jeweils m.w.N.). Die (Fortsetzung der) Ausübung des ärztlichen Berufs wird damit vom Vorliegen persönlicher Eigenschaften, auf deren Vorliegen der Betroffene Einfluss nehmen kann, abhängig gemacht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.3.1985 - 1 BvR 1245/84 -, BVerfGE 69, 233, 244; Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl., Art. 12 Rn. 130 (Abhängigkeit des Berufszugangs von der Zuverlässigkeit des Berufsträgers als subjektive Berufszulassungsregelung)). Der mit einem Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit als subjektiver Berufszulassungsregelung verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit kann daher schon dann gerechtfertigt sein, wenn ein überragendes Gemeinschaftsgut, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht, geschützt werden soll. Genau dies ist indes Ziel des Widerrufs der ärztlichen Approbation wegen Unwürdigkeit. Denn dieser soll nicht das bisherige Verhalten des Arztes sanktionieren, sondern das Ansehen der Ärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit schützen, dies freilich nicht als Selbstzweck, sondern um das für jede Heilbehandlung unabdingbare Vertrauen der Patienten in die Integrität der Personen aufrecht zu erhalten, denen mit der Approbation die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde verliehen ist und in deren Behandlung sich die Patienten begeben. Dieses für das Arzt-Patienten-Verhältnis konstitutive und damit auch für das hochrangige Gemeinschaftsgut der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung (vgl. zu dem im Verfassungsrang stehenden Gemeinschaftswert der Volksgesundheit: BVerfG, Beschl. v. 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. -, BVerfGE 80, 1, 21; BVerwG, Urt. v. 18.5.1982 - BVerwG 7 C 24.81 -, BVerwGE 65, 323, 325) unerlässliche Vertrauen würde zerstört durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Ärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist. Dabei muss der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit stehen. Anlass für den Widerruf wegen Unwürdigkeit können deshalb nur gravierende Verfehlungen sein, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos, nachhaltig zu erschüttern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.1.2011, a.a.O.; Senatsbeschl. v. 18.4.2012, a.a.O.; Stollmann, Widerruf und Ruhen von Approbationen, in: MedR 2010, 682 f. jeweils m.w.N.).
Wie ausgeführt beging die Klägerin hier solche gravierenden Verfehlungen wiederholt und über einen langen Zeitraum. Dabei ließ sie sich auch durch eine strafgerichtliche Verurteilung wegen der Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorschriften über die Verschreibung von Betäubungsmitteln nicht von ihrem Handeln abhalten, sondern setzte unmittelbar nach der Verurteilung am 25. Februar 2008 ihr Fehlverhalten fort.
Auch das Verhalten der Klägerin im Zeitraum zwischen der Aufdeckung der im Urteil des Amtsgerichts F. vom 16. Dezember 2010 geahndeten Taten und der Widerrufsentscheidung der Beklagten am 20. Juli 2012 steht der Annahme der Unwürdigkeit nicht entgegen. Die Klägerin stellte ihr strafbares Verhalten erst nach Aufdeckung der Taten ein. Die Überprüfung ihres Verschreibungsverhaltens und die begleitende Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs im Zeitraum von 2009 bis 2011 ergab keine Fehler. Einem solchen Wohlverhalten, das unter dem Druck eines schwebenden behördlichen Verfahrens an den Tag gelegt wird, kann indes regelmäßig kein besonderer Wert beigemessen werden (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 29.11.2005 - 1 R 12/05 -, juris Rn. 166; Bayerischer VGH, Beschl. v. 15.6.1993 - 21 B 92.226 -, juris Rn. 34). Anlass, von diesem Grundsatz im vorliegenden Fall ausnahmsweise abzuweichen, besteht für den Senat nach dem Zulassungsvorbringen nicht.
Der Approbationswiderruf ist schließlich nicht deshalb unverhältnismäßig, weil dieser Widerruf im Hinblick auf das Alter der Klägerin gegebenenfalls einem endgültigen Berufsverbot gleichkommt und eine Abmilderung der Folgen des Eingriffs in die Berufsfreiheit durch eine spätere Wiedererteilung der Approbation faktisch nicht mehr in Betracht kommt. Denn bei der Beurteilung der Unwürdigkeit eines Arztes für die weitere Berufsausübung kann bei älteren Ärzten kein anderer Maßstab angelegt werden als bei jüngeren Ärzten (vgl. Senatsbeschl. v. 2.5.2012, a.a.O., juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.7.2003 - 9 S 1138/03 -, NJW 2003, 3647, 3649). Im Übrigen ist für die Berücksichtigung individueller Gesichtspunkte dann kein Raum, wenn, wie hier, die Berufsunwürdigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt vorlag (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.10.2007, a.a.O., Rn. 6; Beschl. v. 14.4.1998, a.a.O., S. 3426).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).