Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.02.2014, Az.: 5 OA 292/13

Bemessung des Streitwerts bei Angriff der Anordnung einer ärtzlichen Untersuchung durch einen Beamten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.02.2014
Aktenzeichen
5 OA 292/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 10623
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0205.5OA292.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 22.04.2013 - AZ: 6 A 2936/10

Fundstellen

  • NVwZ-RR 2014, 6
  • NVwZ-RR 2014, 448
  • ZBR 2014, 179

Amtlicher Leitsatz

In den Fällen, in denen Beamte allein die Anordnung einer ärtzlichen Untersuchung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 NBG) angreifen, bemisst sich der Hauptsachestreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG.

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 6. Kammer - vom 22. April 2013 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere war der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt hat, hierzu gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechtigt. Die Beschwerdeeinlegung ist auch innerhalb der in § 68 Abs. 1 Satz 3, 1. Halbsatz in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 2, 1. Fall des Gerichtskostengesetzes (GKG) bestimmten Frist, also innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft in der Hauptsache, erfolgt. Das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 17. April 2013 ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16. Mai 2013 zugestellt worden (Bl. 120/GA) und - weil dieser innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einen Antrag auf Zulassung der Berufung nicht gestellt hat - seit dem 16. Juni 2013 rechtskräftig. Demzufolge ist die am 16. Dezember 2013 beim Verwaltungsgericht Oldenburg eingegangene (Bl. 122/GA) Streitwertbeschwerde rechtzeitig eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zutreffend unter Zugrundelegung des Auffangwertes (§ 52 Abs. 2 GKG) auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Der Senat ist bereits in seinen Beschlüssen vom 6. November 2008 (5 ME 331/08) und vom 3. Mai 2011 (5 ME 47/11) - die letztgenannte Entscheidung betraf das dem streitgegenständlichen Hauptsacheverfahren vorangegangene Eilverfahren der Klägerin - davon ausgegangen, dass sich in Fällen, in denen Beamte allein die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung angreifen, der Hauptsachestreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG bemisst (ebenso etwa Bay. VGH, Beschluss vom 18.6.2007 - 15 ZB 06.1229 -, [...] Rn. 20; vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 21.12.2001 - 4 S 5.01 -, [...] Rn. 19; Hamb. OVG, Beschluss vom 5.12.2013 - 1 Bs 310/13 -, [...] Rn. 18; OVG NRW, Beschluss vom 17.12.2013 - 6 B 1249/13 -, [...] Rn. 18; Beschluss vom 16.1.2014 - 1 B 1506/13 -, [...] Rn. 25). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch angesichts des Beschwerdevorbringens,

in diesen Fällen liege eine Streitigkeit um den "kleinen Gesamtstatus" (§ 52 Abs. 5 Satz 2 GKG) vor, weil die amtsärztliche Untersuchung zwingend zum Streitgegenstand der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gehöre, so dass sich entsprechend dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 2008 (1 B 1745/07 -, [...]) gemäß § 52 Abs. 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG ein Streitwert in Höhe des 6,5-fachen Betrages des Endgrundgehaltes der Klägerin (6.571,02 EUR x 6,5 = 42.711,63 EUR) ergebe,

weiterhin fest.

Der Beschwerdevortrag ist bereits insoweit unklar, als die vom Beschwerdeführer in Bezug genommene obergerichtliche Entscheidung die abgelehnte Reaktivierung eines Beamten zum Streitgegenstand hat. Diesen Streitgegenstand hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als von der Sonderregelung des § 52 Abs. 5 Satz 2, 2. Variante GKG (in der Fassung vom 5. Mai 2004, BGBl. I S. 718) erfasst angesehen (a. a. O., Rn. 19), welche unmittelbar nur bei Streitigkeiten um den Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand Anwendung fand (vgl. nunmehr § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung), während sich die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit als solche nach § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG a. F. bemaß (vgl. zur gleichlautenden, bis zum 31. Juli 2013 geltenden Nachfolgeregelung etwa Nds. OVG, Beschluss vom 1.3.2013 - 5 LB 79/11 -). Warum aber dann, wenn die Ansicht des Beschwerdeführers zuträfe - die Untersuchungsanordnung also "zwingend zum Streitgegenstand der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gehörte" - lediglich der "kleine Gesamtstatus" maßgeblich sein sollte, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

Dessen ungeachtet liegt hier entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine "statusrechtliche Angelegenheit" im Sinne von § 52 Abs. 5 GKG vor. Zutreffend ist zwar, dass (Landes-)beamte auf Lebenszeit grundsätzlich in den Ruhestand zu versetzen sind, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind (§ 26 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes - BeamStG -), dass die Dienstunfähigkeit aufgrund einer ärztlichen - in der Regel amtsärztlichen - Untersuchung festzustellen ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, § 45 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG -) und dass (Landes-)Beamte, wenn der Dienstherr Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit hat, verpflichtet sind, sich nach schriftlicher Weisung ihrer Dienstvorgesetzten innerhalb einer angemessenen Frist ärztlich untersuchen zu lassen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 NBG). Die Untersuchungsanordnung dient dem Zweck, Zweifel an der Dienstfähigkeit zu beseitigen. Sie zielt damit auf die Klärung der Vorfrage, ob der Beamte noch fähig ist, seine Dienstpflichten zu erfüllen. Da das Ergebnis der Untersuchung offen ist, betrifft deren Anordnung weder die Zurruhesetzung des Beamten noch ist sie in einem Verfahren über die Zurruhesetzung ergangen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.9.2009 - BVerwG 2 B 69.09 -, [...] Rn. 4). Denn die amtsärztliche Untersuchung kann neben der Feststellung der Dienstunfähigkeit auch zu der Annahme führen, der Beamte sei begrenzt (vgl. § 27 BeamtStG) oder sogar voll dienstfähig. Außerdem ist selbst dann, wenn die amtsärztliche Untersuchung zu dem Ergebnis der Dienstunfähigkeit gelangt, eine Versetzung in den Ruhestand nicht zwingend (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, wonach von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden soll, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist).

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).