Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.09.1996, Az.: 16a Sa 285/96
Beihilfeanspruch eines Angestellten im öffentlichen Dienst auf Ersatz der Kosten der Pflege bei dauernder Heimunterbringung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 12.09.1996
- Aktenzeichen
- 16a Sa 285/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 10776
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1996:0912.16A.SA285.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 12.12.1995 - AZ: 10 Ca 242/94
- nachfolgend
- BAG - 06.08.1998 - AZ: 6 AZR 787/96
Rechtsgrundlagen
- § 40 Abs. 1 Satz 2 BAT
- § 6 Bhv
- § 9 BhV
Prozessführer
XXX
Prozessgegner
YYY
Amtlicher Leitsatz
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 BAT ist für Angestellte im öffentlichen Dienst der für Beamte bestehende Beihilfeanspruch für die Kosten der Pflege bei dauernder Heimunterbringung gemäß § 9 BhV in der bis zum 31.03.1995 geltenden Fassung ausgeschlossen.
In dem Rechtsstreit
hat die 16a Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 12.09.1996
durch den Richter am Arbeitsgericht ... und
die ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 12.12.1995 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Beihilfeansprüche der Klägerin zu Pflegekosten für die dauernde Unterbringung ihres Ehemannes in einem Pflegeheim.
Die Klägerin ist Angestellte im ... für ... Auf das Arbeitsverhältnis findet der ... Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträge Anwendung. Der am 26.11.1939 geborene Ehemann der Klägerin ist aufgrund Krankheit seit April 1992 dauernd pflegebedürftig, wie mit ärztlicher Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Landkreises ... vom 10.08.1995 (Bl. 111 d. A.) bestätigt wurde. Seit dem 29.04.1992 befindet er sich im ... (Pflegeheimvertrag Bl. 93-96 d. A.). Die Klägerin hatte bereits am 09.04.1992 mündlich um Gewährung von Beihilfe zur Heimunterbringung und zu den Pflegekosten nach beamtenrechtlichen Grundsätze nachgesucht. Der Mitarbeiter Herr ... hatte in diesem Gespräch einen Anspruch der Klägerin verneint. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.1993 (Bl. 169 d. A.) hat die Klägerin den Anspruch erneut geltend gemacht, ohne ihn allerdings der Höhe nach zu beziffern. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin eine Aufstellung des Seniorenheims ... vom 08.06.1995 über aufgewendete Pflegekosten von April 1992 bis Juni 1995 vorgelegt (Bl. 102-103 d. A.). Der vorliegend hinsichtlich seiner Beihilfefähigkeit streitige reine Pflegekostenanteil ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Gesamtpflegesatz und den Kosten für reine Altenheimunterbringung. Er belief sich im Jahr 1992 auf DM 1.000,-, im Jahr 1993 auf DM 950,-, im Jahr auf DM 1.050,- und im Jahr 1995 auf DM 1.100,- monatlich. Da im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Pflegeversicherung zum 01.04.1995 auch eine Änderung der Beihilfevorschriften eingetreten ist, begehrt die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nur noch Beihilfeleistungen für den Zeitraum vom 29.04.1992 bis 31.03.1995 für aufgewendete Pflegekosten in Höhe unstreitiger DM 24.756,67.
Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf § 40 BAT i. V. m. § 6 BhV.
§ 40 Abs. 1, dessen Satz 2 zum 01.04.1991 angefügt wurde, lautet:
Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sowie von Unterstützungen werden die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet. Aufwendungen im Sinne des § 9 der Beihilfevorschriften (Bund) sind nicht beihilfefähig.
Für das beklagte Land gilt der Beihilfetarifvertrag vom 26.05.1964 (Nds. Ministerialblatt Nr. 35/1964). Nach dessen § 1 erhalten Angestellte im Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfen in sinngemäßer Anwendung der für die Beamten des Landes Niedersachsen jeweils geltenden Beihilfevorschriften.
Die Parteien streiten im Kern darum, ob sich die Beihilfefähigkeit der Pflegekosten bei Heimunterbringung bei Beamten aus § 6 oder § 9 BhV ergibt. Die Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) sind als Verwaltungsvorschrift zu § 79 BBG ergangen und lauten in der bis 31.03.1995 geltenden Fassung (GMBl. 1992 Seite 210) auszugsweise:
§ 6
Beihilfe fähige Aufwendungen bei Krankheit
...
7.
eine nach ärztlicher Bescheinigung notwendige häusliche Pflege bis zur Höhe der Kosten für eine vollbeschäftigte Berufspflegekraft ...Im übrigen wird für die ständige häusliche Pflege durch eine der in Satz 2 genannten Personen eine Beihilfe von DM 400,- monatlich gewährt, wenn beim Pflegebedürftigen nach dem Zeugnis eines Amts- oder Vertrauensarztes die Voraussetzungen für eine dauernde Unterbringung nach § 9 vorliegen und diese durch eine häusliche Pflege vermieden wird, ....
§ 9
Beihilfefähige Aufwendungen bei dauernder Anstaltsunterbringung
(1)
Aus Anlaß einer wegen Pflegebedürftigkeit notwendigen dauernden Unterbringung körperlich oder geistig Kranker in Kranken-, Heil- oder Pflegeanstalten sowie Pflegeheimen sind neben anderen beihilfefähigen Aufwendungen abweichend von § 6 Abs. 1 Nr. 6 die Kosten für Unterkunft und Verpflegung .... insoweit beihilfefähig, als sie monatlich folgende Beträge übersteigen ....
In der seit 01.04.1995 geltenden Fassung (Nds. MBl. 1995 Seite 198) lauten die entsprechenden Vorschriften wie folgt:
§ 6
Beihilfe fähige Aufwendungen bei Krankheit
....
7.
eine nach ärztlicher Bescheinigung notwendige vorübergehende häusliche Krankenpflege ...§ 9
Beihilfefähige Aufwendung bei dauernder Pflegebedürftigkeit
(1)
Bei dauernder Pflegebedürftigkeit sind die Aufwendungen für eine notwendige häusliche, teilstationäre oder stationäre Pflege neben anderen nach § 6 Abs. 1 beihilfefähigen Aufwendungen beihilfefähig.....
(7)
Aus Anlaß einer wegen Pflegebedürftigkeit notwendigen dauernden Unterbringung körperlich oder geistig Kranker in Kranken-, Heil- oder Pflegeanstalten sowie Pflegeheimen sind neben anderen beihilfefähigen Aufwendungen abweichend von § 6 Abs. 1 Nr. 6 die Kosten für Unterkunft und Verpflegung ... insoweit beihilfefähig, als sie monatlich folgende Beträge übersteigen ...
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug die Auffassung vertreten, § 40 BAT schließe nur die Beihilfefähigkeit der Kosten für Unterkunft und Verpflegung, die sogenannten Hotelkosten aus. Die Beihilfefähigkeit der reinen Pflegekosten ergebe sich hingegen aus § 6 BhV. Dies ergebe sich auch aus von der Klägerin vorgelegten Bescheiden des Landesverwaltungsamtes im Rahmen der Beamtenversorgung (Bl. 16-18 d. A.). Folglich sei auch ein entsprechender Beihilfeanspruch für Angestellte gegeben.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,
das beklagte Land zur Zahlung von DM 24.756,67 nebst 4 % Zinsen seit dem 01.04.1995 zu verurteilen (Zeitraum April 1992 bis März 1995).
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat geltend gemacht, § 9 BhV gehe einerseits über § 6 Abs. 1 Nr. 6 BhV hinaus, in dem hinsichtlich der reinen Unterbringungskosten die reinen Pflegeeinrichtungen den Krankenhäusern gleichgestellt würden. Zugleich seien aber Pflegekosten in vollem Umfang beihilfefähig gemäß § 9 BhV. Die von der Klägerin insoweit vorgelegten Bescheide des Landesverwaltungsamtes seien in der Begründung unzutreffend; dies sei gegenüber Beamten im Ergebnis jedoch unerheblich.
Das Arbeitsgericht Hannover hat mit Urteil vom 12.12.1995 die Klage abgewiesen, die Kosten der Klägerin auferlegt und den Streitwert auf DM 24.756,67 festgesetzt. Zur Begründung führt es aus, ein Anspruch auf Beihilfe für aufgewendete Pflegekosten bestehe weder nach § 9 noch nach § 6 BhV. § 9 BhV regele allein die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, § 6 BhV die Kosten für Krankenhausaufenthalt und häusliche Pflege. Eine Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Kosten einer Unterbringung in Pflegeheimen bestehe überhaupt nicht. Wenn das Land Niedersachsen möglicherweise rechtswidrig Beamten derartige Leistungen erbringe, lasse sich daraus ein Anspruch der Klägerin jedenfalls nicht ableiten.
Gegen dieses der Klägerin am 26.01.1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.02.1996 Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 18.03.1996, eingegangen am 19.03.1996, begründet hat.
Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie meint, unrichtig sei bereits die Grundannahme des angefochtenen Urteils, wonach auch für Beamte kein Anspruch auf Beihilfe für Pflegekosten bestehe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Staat seit Jahrzehnten Beträge in Milliardenhöhe ohne Rechtsgrundlage an Beamte gezahlt habe. Vielmehr ergebe sich die Beihilfefähigkeit der Pflegekosten aus den Grundsätzen des beamtenrechtlichen Alimentationsprinzips, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 1965 festgestellt habe (BVerWGE 22, 160). Infolge dieser grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei zunächst ein § 4 a BhV eingeführt worden, der inhaltlich etwa dem späteren § 9 BhV entsprochen habe. Anspruchsgrundlage für die Beihilfefähigkeit der Pflegekosten sei § 6 Abs. 1 Nr. 7 BhV. Dies ergebe sich sowohl aus den Ausführungshinweisen des Bundesinnenministers zu § 9 BhV (GMBl. 1992 Seite 246) sowie des Niedersächsischen Finanzministers vom 19.04.1985 (Nds. MBl. Seite 664). Danach blieben für die Berechnung der beihilfefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung die nach § 6 Abs. 1 ffr. 7 beihilfefähigen Pflegekosten unberücksichtigt. Die Klägerin verweist insoweit auch ausdrücklich auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Hannover 1 Ca 611/93 vom 18.02.1994, das ebenfalls dieser Argumentation gefolgt sei.
Die Klägerin beantragt,
das beklagte Land unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 12.12.1995 - 10 Ca 242/94 - zu verurteilen, an die Klägerin DM 24.756,67 nebst 4% Zinsen seit dem 01.04.1995 zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Die historisch ältere Vorschrift des § 6 BhV habe sich lediglich auf Krankenhausbehandlung und häusliche Pflege bezogen. § 9 BhV baue auf diesen Leistungen auf, um den Beamten zusätzlich auch in Fällen dauernder Pflegebedürftigkeit Kosten für Unterkunft und Verpflegung sicherzustellen. Ein eigenständiger Anspruch auf Erstattung von Pflegekosten werde dadurch nicht geschaffen. Die von der Klägerin zitierten Hinweise zu § 9 Abs. 1 BhV bezögen sich nicht pauschal auf die "Pflegekosten", sondern auf die in den Beihilfevorschriften enthaltenen Anspruchsgrundlagen für Beihilfeansprüche. Aus diesem Grunde steht der Klägerin keine Anspruchsgrundlage zur Seite. Im übrigen sei als weiterer wesentlicher Aspekt zu beachten, daß die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sich im wesentlich auf den beamtenrechtlichen Alimentationsgrundsatz stütze. Dieser finde jedoch gegenüber den Angestellten des öffentlichen Dienstes keine Anwendung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil kein Beihilfeanspruch der Klägerin besteht.
Da § 40 Abs. 1 Satz 2 BAT für Angestellte bezüglich Beihilfeansprüchen der Angestellten Ansprüche gemäß § 9 BhV ausdrücklich ausnimmt und auch der Beihilfetarifvertrag des Landes vom 26.05.1964 insoweit keine Sonderregelungen enthält, ist allein entscheidend, ob Kosten für die Pflege bei Heimunterbringung nach § 6 oder § 9 BhV zu erstatten sind. Daß für Beamte ein derartiger Beihilfeanspruch besteht, kann - insoweit entgegen dem erstinstanzlichen Urteil - nicht zweifelhaft sein. Das beklagte Land hat im Rechtsstreit entsprechende Rechtsansprüche der Beamten nicht in Abrede gestellt; die Annahme einer derart kostenspieligen rechtswidrigen Verwaltungspraxis über Jahrzehnte entbehrt auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.10.1965 (BVerWGE 22, 160) jeglicher Grundlage.
§ 79 BBG verlangt allgemein, daß der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen hat. Diese Generalklausel bedarf der Konkretisierung. Diese ist erfolgt durch das Verwaltungshandeln lenkende Verwaltungsvorschriften in Form der BhV. Die Rechtswirkung derartiger Verwaltungsvorschriften ist im Verwaltungsrecht umstritten (Selbstbindung der Verwaltung im Rahmen der Gleichbehandlung - originäres Administrativrecht; vgl. Badura/Ehlers u. a. Allgemeines Verwaltungsrecht 9. Aufl. § 7 Rdnr. 48 ff.). Einzelheiten können hier aber deswegen dahinstehen, weil durch § 40 BAT und den niedersächsischen Beihilfetarifvertrag sich unmittelbar tarifrechtliche Ansprüche der Klägerin ergeben.
Die Regelungen der §§ 6 und 9 BhV sind aber ihrerseits wiederum auslegungsbedürftig.
Die Wortlautauslegung der Vorschriften der §§ 6 und 9 BhV in der bis zum 31.03.1995 geltenden Fassung ergibt kein klares Ergebnis. Ausdrücklich sind die reinen Pflegekosten bei dauernder Anstaltsunterbringung überhaupt nicht erwähnt. Sowohl § 6 als § 9 BhV gehen von krankheitsbedingten Aufwendung aus. § 6 Abs. 1 Nr. 6 bezieht sich auf die anfallenden Krankenhausleistungen, § 6 Abs. 1 Nr. 7 nach dem ausdrücklichen Wortlaut auf notwendige häusliche Pflege, § 9 bezieht sich gemäß seiner ausdrücklichen Überschrift auf die Aufwendungen bei dauernder Anstaltsunterbringung. Inhaltlich verweist § 9 Abs. 1 auf § 6 Abs. 1 Nr. 6, § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 verweist wiederum auf § 9 BhV. Allerdings spricht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift recht deutlich dafür, sämtliche Aufwendungen die durch einen dauernden Heimaufenthalt wegen Pflegebedürftigkeit verursacht sind, dem Regelungsbereich des § 9 BhV zuzuordnen. Wie die Klägerin selbst angeführt hat, war die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.10.1965 (BVerWGE 22, 160) der Auslöser für eine Erweiterung der BhV. Die damals zunächst eingeführte Nr. 4 a BhV entsprach im wesentlichen dem späteren § 9 BhV. Das Bundesverwaltungsgericht hatte aber seiner Entscheidung die umfassende Alimentationspflicht des Dienstherrn auch im Pflegefall in den Vordergrund gestellt und war insoweit von den Gesamtaufwendungen der Unterbringung ausgegangen (vgl. dazu auch Topka/Möhle Beihilfevorschriften 5. Aufl. § 9 Erläuterungen Allgemein Rdnr. 1 und Erläuterungen zu Abs. 7 Rdnr. 6).
Bei der Auslegung ferner zu berücksichtigen sind die Ausführungsbestimmungen des Bundesinnenministers und (GMBl. 1992 Seite 242 ff.) und des Niedersächsischen Finanzministers (Nds. MBl. Seite 664), die ihrerseits wiederum Verwaltungsvorschriften darstellen. Zum einen haben aber norminterpretierende Verwaltungsvorschriften für den Richter keinen höheren Beweis- und Bindungswert als Stellungnahmen des Schrifttums (Badura/Ehlers u. a., Allgemeines Verwaltungsrecht § 7 Rdnr. 47). Zum anderen läßt auch inhaltlich die Formulierung, wonach im Rahmen des § 9 BhV die nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 beihilfefähigen Pflegekosten unberücksichtigt zu bleiben haben, nicht den zwingenden Rückschluß zu, daß alle Pflegekosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 beihilfefähig wären. Gemäß den Ausführungsbestimmungen des BMI in GMBl. 1992 Seite 243 sind gemäß Ziffer 3.2 beihilfefähig nur Pflegekosten für eine vorübergehende Pflege, während es bei § 9 BhV um Kosten einer dauernden Pflege geht.
Insbesondere die historische Entwicklung zeigt aber, daß auch nach den gesamten Sinnzusammenhang der Vorschriften alles dafür spricht, den gesamten Aufwand dauernder Pflegebedürftigkeit den § 9 BhV zuzuordnen. Zwar ist einzuräumen, daß der Wortlaut des § 9 BhV primär nur eine ausdrückliche Regelung der reinen "Hotelkosten" enthält und "andere beihilfefähige Aufwendung" nur beiläufig erwähnt. Die Ursache dieser unscharfen Abgrenzung zwischen §§ 6 und 9 BhV liegt darin, daß beide Paragraphen die Folgen von Krankheit regeln. Die Entwicklung, die Kosten der Pflege und die Kosten der medizinischen Behandlung deutlicher voneinander abzugrenzen ist erst wenige Jahre alt und entsprang der steigenden Kostenbelastung der gesetzlichen Krankenversicherungen. Sie führte letztlich zur Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Nach dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip war eine Leistung seitens des Dienstherrn aber in jeden Fall geboten, so daß es einer exakten Abgrenzung verschiedener Krankheitsfolgen und damit auch exakt definierter Leistungstatbestände nicht notwendig bedurfte.
Dies Ergebnis wird letztlich auch bestätigt durch die Neufassung der BhV zum 01.04.1995. Nunmehr ist nämlich in § 9 Abs. 1 BhV unmißverständlich klargestellt, daß bei dauernder Pflegebedürftigkeit die Aufwendungen für eine notwendige häusliche, teilstationäre oder stationäre Pflege nach § 9 BhV beihilfefähig sind, während § 6 BhV jetzt nur noch ausschließlich ärztliche und Krankenhausbehandlung umfaßt. In dieser Klarstellung ist eine nahtlose Fortentwicklung der BhV seit dem Jahr 1965 zu sehen.
Die vom Arbeitsgericht Hannover in dem Verfahren 1 Ca 611/93 geführte Argumentation, wonach die Pflegekosten bei dauernder Unterbringung in Analogie zu § 6 Abs. 1 Nr. 7 BhV zu regeln sei, vermag nicht zu überzeugen. Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Die Beihilfevorschriften sind nach allgemeiner Auffassung aber grundsätzlich abschließend geregelt (Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz § 79 Rdnr. 11 c).
Nach allem ist durch den mit Wirkung vom 01.04.1991 angefügten § 40 Abs. 1 Satz 2 BAT bei Angestellten ein Beihilfeanspruch bezüglich Aufwendungen, die durch dauernde Pflegebedürftigkeit verursacht sind, gänzlich ausgeschlossen (so auch Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Kommentar § 40 Rdnr. 4 c; anderer Auffassung Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT Kommentar § 40 - Beihilfen Erl. 5). Dies Ergebnis entspricht auch vollkommen dem grundsätzlichen strukturellen Unterschied zwischen dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip und dem generell auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall begrenzten sozialen Schutz des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber.
Die Frage, ob überhaupt eine ausreichende Geltendmachung des Beihilfeanspruchs gemäß § 17 Abs. 9 BhV vorlag, kann dahingestellt bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. ArbGG war die Revision zuzulassen.