Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.08.1996, Az.: 15 TaBV 121/95

Eingliederung von DRK-Vereinsschwestern in den vom Arbeitgeber geleiteten Pflegedienst eines Krankenhauses als mibestimmungspflichtige Einstellung; Tendenzschutz der Schwesternschaft als Hindernis des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates des aufnehmenden Arbeitgebers

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
07.08.1996
Aktenzeichen
15 TaBV 121/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 10769
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:1996:0807.15TABV121.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Hildesheim - AZ: 2 BV 2/95

Sonstige Beteiligte

1.

2.

3

Amtlicher Leitsatz

Die Eingliederung von DRK-Vereinsschwestern in den vom Arbeitgeber geleiteten Pflegedienst eines Krankenhauses ist eine mibestimmungspflichtige Einstellung. Der Tendenzschutz der Schwesternschaft steht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates des aufnehmenden Arbeitgebers nicht entgegen.

In dem Beschlußverfahren
hat die 15. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Anhörung der Beteiligten vom 07. August 1996
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden
und die ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Beteiligten streiten im Beschwerderechtszug noch über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Aufnahme von Pflegekräften und -schülerinnen des Beteiligten zu 3) in das Krankenhaus der Beteiligten zu 2).

2

Die Beteiligte zu 2) betreibt das Städtische Krankenhaus und die dem Krankenhaus angegliederte Krankenpflegeschule. Der Beteiligte zu 1) ist der im Krankenhaus gewählte Betriebsrat. Bei dem Beteiligten zu 3) handelt es sich um eine als Verein organisierte DRK-Schwesternschaft, dessen Zweck die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege ist. Wegen der Rechtstellung seiner Pflegekräfte und Pflegeschülerinnen wird auf seine Satzung Bezug genommen (Bl. 66 ff.d.A.). Der Verein entsendet Pflegekräfte in das Krankenhaus und läßt in der Krankenpflegeschule Pflegeschülerinnen ausbilden aufgrund des Gestellungsvertrags vom 10.10.1975 (Bl. 10 ff.d.A.), der auszugsweise lautet:

§ 1

Vertragszweck

  1. 1.

    Die Schwesternschaft Grenzmark wird am Krankenpflegedienst des Stadt. Krankenhauses sowie zur Erfüllung besonderer Aufgaben, z. B. im Op-, Anästhesie- und anderen Funktionsdiensten nach Maßgabe dieses Vertrages beteiligt.

  2. 2.

    Die Zahl der einzusetzenden Schwestern und Pflegehilfskräfte wird zwischen dem Krankenhausträger und der Schwesternschaft vereinbart. Die Zahl der Schwestern einschließlich Funktionsschwestern darf die im Stellenplan der Stadt ausgewiesenen Planstellen nicht übersteigen.

  3. 3.

    Schwesternhelferinnen und Krankenpflegehelferinnen dürfen von der Schwesternschaft nur mit Zustimmung der Pflegedienstleitung eingesetzt werden. Die Beschäftigung von Praktikantinnen und Volontärinnen fällt nicht unter diesen Vertrag.

§ 2

Stellung der Schwestern

  1. 1.

    Die nach dem Gestellungsvertrag tätigen Schwestern stehen zum Stadt. Krankenhaus nicht in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis. Unbeschadet dieser Regelung unterliegen sie jedoch der Dienstaufsicht der Pflegedienstleitung und sind bei der Durchführung derärztlichen Anordnungen an die Weisungen des zuständigen Arztes und in Verwaltungs- und Wirtschaftsangelegenheiten an die Weisungen der Verwaltung gebunden.

  2. 2.

    Der Leitung des Pflegedienstes obliegt neben der dienstlichen und persönlichen Beaufsichtigung der Schwestern, die aufgrund des Gestellungsvertrages im Stadt. Krankenhaus tätig sind, auch die Fürsorge und Betreuung dieses Pflegepersonals, die Verantwortung für eine berufsethische und berufstechnisch einwandfreie Arbeit, die Dienstplangestaltung, die Urlaubseinteilung, sofern im Einzelfall diese Dinge nicht durch eine Dienstanweisung geregelt sind. Die Aufsicht erstreckt sich nur auf die Zeit während der Anwesenheit auf dem Krankenhausgelände.

  3. 4.

    Das Stadt. Krankenhaus kann bei Nichteignung einer Schwester für die von ihr zu erfüllende Aufgabe ihre Ablösung verlangen. Der Antrag ist schriftlich bei der Schwesternschaft zu stellen. In Härte fällen werden die Vertragspartner eine einvernehmliche Lösung herbeiführen.

    Die Schwesternschaft kann eine Schwester ablösen, wenn diese sich den Verpflichtungen gegenüber der Schwesternschaft entzieht oder deren Ansehen durch ihr Verhalten schädigt. Das Krankenhaus ist schriftlich zu unterrichten. Eine Schwester kann auch abgelöst werden, wenn dies im Interesse der Fortbildung der Schwester liegt oder wenn es aus anderen zwingenden Gründen, die dem Krankenhaus schriftlich mitgeteilt werden müssen, notwendig ist.

§ 8

Erholungsurlaub

  1. 2.

    Die Beurlaubung wird von der Leitung des Pflegedienstes aufgrund des vom Stadt. Krankenhauses genehmigten Urlaubsplanes vorgenommen.

  2. 3.

    In unerwarteten, besonders dringenden Fällen kann die Leitung des Pflegedienstes Dienstbefreiung im Rahmen der tariflichen Bestimmungen, die auch für die anderen Pflegekräfte gelten, gewähren. Für Kurzlehrgänge zur Fortbildung bis zu 6 Tagen im Kalenderjahr gilt das gleiche.

§ 10

Oberin der Schwesternschaft

Die Oberin der Schwesternschaft hat zu Abteilungen, in denen Schwestern der Schwesternschaft arbeiten, im Benehmen mit der Leitung des Pflegedienstes Zutritt. Es bleibt ihr unbenommen, die Schwestern auch in ihren Wohnräumen zu besuchen und sich über Arbeit und Leistungen der Schwestern unterrichten zu lassen, sofern dadurch nicht die jeder Schwester obliegende Schweigepflicht verletzt wird.

§ 11

Dienstanweisung usw. des Krankenhausträgers

Die Schwesternschaft wird ihre Schwestern verpflichten, die Dienstanweisungen, Hausordnungen usw. des Krankenhauses zu beachten.

§ 12

Öffentlicher Notstand

Die Schwesternschaft ist als DRK-Organisation berechtigt, im Katastrophen fall Krankenschwestern im Benehmen mit dem Krankenhausträger vorübergehend anderweitig zu verwenden. Für diese Schwestern wird die Schwesternschaft geeignete Ersatzkräfte einsetzen. Den besonderen Interessen des Krankenhauses wird von der Schwesternschaft Rechnung getragen.

§ 16

Krankenpflegeschülerinnen

  1. 1.

    Der Schwesternschaft Grenzmark stehen in der Krankenpflegeschule des Stadt. Krankenhauses 15 Ausbildungsplätze für Krankenpflegeschülerinnen zur Verfügung.

  2. 3.

    Schwesternvorschülerinnen können im Einvernehmen mit der Pflegedienstleitung im Krankenhaus eingesetzt werden.

3

Der Betriebsrat hat die Auflassung vertreten, die Pflegekräfte und -schülerinnen der Schwesternschaft seien dem Krankenhaus betriebsverfassungsrechtlich zuzuordnen, da sie Arbeitnehmerinnen seien und eine einheitliche Leitung bestehe.

4

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. 1.

    festzustellen, daß die Schwestern und Pflegehilfskräfte einschließlich der Auszubildenden des Beteiligten zu 3., die im Städtischen Krankenhaus ... beschäftigt sind, dem von der Beteiligten zu 2. betriebenen Städtischen Krankenhaus betriebsverfassungsrechtlich zuzuordnen sind,

  2. 2.

    hilfsweise

    festzustellen, daß die sozialen Angelegenheiten gem.§ 87 BetrVG, personelle Einzelmaßnahmen gem. § 99 BetrVG und Kündigungen gem. § 102 BetrVG, soweit sie die im Städtischen Krankenhaus beschäftigten Schwestern, Pflegehilfskräfte und Auszubildenden der Beteiligten zu 3. betreffen, der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen,

  3. 3.

    hilfsweise

    festzustellen, daß der Beteiligte zu 1. vor der Aufnahme der Tätigkeit von Schwestern, Pflegehilfskräften und Auszubildenden des Beteiligten zu 3. im Betrieb der Beteiligten zu 2. aufgrund des Gestellungsvertrages nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist.

5

Die Beteiligten zu 2. und 3. haben beantragt,

die Anträge abzuweisen,

da weder eine einheitliche Leitung bestehe noch die Pflegekräfte und -schülerinnen der Schwesternschaft Arbeitnehmerinnen seien.

6

Mit Beschluß vom 26.10.1995 hat das Arbeitsgericht unter Zurückweisung des Haupt- und des 1. Hilfsantrags dem 2. Hilfsantrag stattgegeben. Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Hauptantrag sei unbegründet, weil die Beteiligten zu 2. und 3. zum einen keinen gemeinsamen Betrieb führten und zum zweiten die entsandten Mitglieder der Schwesternschaft keine Arbeitnehmerinnen seien. Bei dem Antrag zu 2., also dem 1. Hilfsantrag, handele es sich um einen Globalantrag, der dann unbegründet sei, wenn bereits eines der umfassend nach den §§ 87, 99 und 102 BetrVG geltend gemachten Beteiligungsrechte nicht bestünde. Das sei im Bereich der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten z. B. hinsichtlich des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG der Fall, weil die Beteiligten zu 2. und 3. keinen gemeinsamen Betrieb führten und hinsichtlich Entgeltsfragen kein Bezug zur Beteiligten zu 2.) bestünde. Heiter sei kein Ansatzpunkt für Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 102 BetrVG erkennbar. Im Bereich der personellen Mitbestimmung nach § 99 BetrVG komme eine Beteiligung bei Ein- und Umgruppierungen von vornherein nicht in Betracht, weil die Beteiligte zu 2) keine Eingruppierungsentscheidungen zu treffen habe. Der zweite Hilfsantrag sei dagegen zulässig und begründet. Das Feststellungsinteresse sei gegeben, da der Betriebsrat eine Klärung für künftig zu erwartende vergleichbare Fälle begehre. Der Antrag sei hinreichend bestimmt, denn er beziehe sich auf die Eingliederung aller Pflegekräfte und -schülerinnen der beteiligten Schwesternschaft in das Krankenhaus der Beteiligten zu 2. Vor der Aufnahme der Tätigkeit von Pflegekräften und -schülerinnen aufgrund des Gestellungsvertrages sei der Betriebsrat nach § 99 BetrVG unter dem Gesichtspunkt der Einstellung zu beteiligen. Unter Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. Beschluß vom 30.08.1994 - 1 ABR 3/94 - AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung) die Eingliederung von Personen in den Betrieb zu verstehen, um zusammen mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs durch ihrer Art nachweisungsgebundene Tätigkeit zu verrichten. Auf die Art. des Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber/Betriebsinhaber und diesen Personen und darauf, ob überhaupt ein Rechtsverhältnis zwischen ihnen bestehe, komme es insoweit nicht an. Sie müßten aber so in die Arbeitsorganisation eingegliedert sein, daß der Arbeitgeber/Betriebsinhaber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über ihren Arbeitseinsatz auch nach Ort und Zeit zu treffen habe und damit wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung übernehme. Charakteristisch für die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation sei insbesondere die Unterwerfung unter die Organisationsgewalt und damit auch unter Weisungen des Betriebsinhabers. Erforderlich, aber auch ausreichend sei, daß der Betriebsinhaber einen Teil der typischen Arbeitgeberfunktionen wahrnehme. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Die Beteiligte zu 2. habe dem Beteiligten zu 3. keine konkreten abgrenzbaren und abgegrenzten Aufgabenübertragen. Insbesondere habe der Beteiligte zu 3. nicht den Pflegedienst oder auch nur Teile davon zu organisieren. Nach dem Gestellungsvertrag sei es vielmehr Aufgabe des Beteiligten zu 3., der Beteiligten zu 2. Pflegekräfte zur Verfügung zu stellen. Eine von dem Gestellungsvertrag abweichende tatsächliche Handhabung sei von keiner Seite vorgetragen worden. Insbesondere nach den §§ 2 und 8 des Gestellungsvertrages seien die von dem Beteiligten zu 3. zur Verfügung gestellten Pflegekräfte der Personalhoheit der Beteiligten zu 2. unterstellt. Allein Ärzte, Pflegedienstleitung und gegebenenfalls Verwaltung der Beteiligten zu 2. hätten gegenüber diesen Pflegekräften die Weisungsrechte, die sie auch gegenüber Arbeitnehmern der Beteiligten zu 2. hätten. Darauf, daß diese Pflegekräfte nicht Arbeitnehmer seien, ihre Dienstleistung gegebenenfalls vielmehr aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung erbringen, komme es nicht an. Weisungsrechte des Beteiligten zu 3. hinsichtlich Art, Ort, Zeit und Durchführung der seinen Pflegekräften im Betrieb der Beteiligten zu 2. obliegenden Aufgaben seien nicht ersichtlich. Vielmehr stünden der Beteiligten zu 2. sämtliche auf den Arbeitseinsatz der Pflegekräfte des Beteiligten zu 3. bezogenen Weisungsrechte, sogar die der Urlaubsgewährung zu, so, als wären es ihre Arbeitnehmer. Die Eingliederung der Pflegekräfte des Beteiligten zu 3. in den Betrieb der Beteiligten zu 2. berühre die kollektiven und vom Beteiligten zu 1. wahrgenommenen Interessen der Belegschaft der Beteiligten zu 2. in gleicher Weise, wie bei Arbeitnehmern der Beteiligten zu 2.

7

Der Beschluß des Arbeitsgerichts ist der Beteiligten zu 2. am 2.11. und dem Beteiligten zu 3. am 03.11.1995 zugestellt worden. Die Beteiligte zu 2. hat am 28.11. und der Beteiligte zu 3. am Montag, den 04.12.1995 Beschwerde eingelegt. Nachdem die Beschwerdebegründungsfrist für beide bis zum 29.02.1996 verlängert worden war, haben der Beteiligte zu 3. am 28.2. und die Beteiligte zu 2. am 29.02.1996 ihre Begründungsschriftsätze eingereicht.

8

Die Beteiligten zu 2. und 3. greifen die Entscheidung des Arbeitsgerichts nach Maßgabe ihrer Begründungsschriftsätze vom 27. bzw. 29.02.1996 an, auf die ebenso Bezug genommen wird, wie auf den ergänzenden Schriftsatz vom 06.08.1996.

9

Die Beteiligten zu 2. und 3. beantragen,

in Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag des Betriebsrats insgesamt abzuweisen.

10

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

11

Auf seine Beschwerdeerwiderung vom 26.04.1996 wird gleichfalls Bezug genommen.

12

II.

1.

Die Beschwerden der Beteiligten 2. und 3. sind zulässig (§ 87 ArbGG i.V.m. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 222 Abs. 2, 518, 519 ZPO).

13

Der Beteiligte zu 3. ist auch hinsichtlich des in die Beschwerdeinstanz erwachsenen 2. Hilfsantrags des Betriebsrats Beteiligter im Sinne des § 83 Abs. 3 ArbGG und deshalb beschwerdebefugt (Germelmann u. a., ArbGG, 2. Aufl., § 83, Rdnr. 37). Beteiligter des Beschlußverfahrens ist, wer in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (Germelmann u. a., a.a.O., § 83, Rdnr. 14). Das ist der Beteiligte zu 3. deshalb, weil der Betriebsrat den Beteiligten zu 3. neben der Beteiligten zu 2. als Arbeitgeber eines gemeinsamen Betriebes in Anspruch nimmt, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Zwar ist bei objektiver Antragshäufung für jeden Antrag die Beteiligtenstellung gesondert zu bestimmen (Germelmann u. a., a.a.O., § 83, Rdnr. 16). Auch ist grundsätzlich ein dritter Arbeitgeber, der Arbeitnehmer in den Betrieb entsendet, bei dem Streit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht Beteiligter, weil seine Arbeitgeberstellung im Verhältnis zum Betriebsrat gar nicht in Betracht gezogen wird. Vorliegend stützt der Betriebsrat sein in Anspruch genommenes Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der Eingliederung der Vereinsmitglieder der Schwesternschaft in den Krankenhausbetrieb aber gerade auch auf die Mitarbeitgeberstellung der Schwesternschaft hinsichtlich des Krankenhausbetriebes. Er ist in der mündlichen Anhörung vor dem Beschwerdegericht nicht zu einer Erklärung bereit gewesen, daß er diese Rechtsposition nicht mehr aufrechterhalte.

14

2.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem 2. Hilfsantrag des Betriebsrats zu Recht stattgegeben. Das Beschwerdegericht macht sich seine zutreffende Begründung zu eigen. Die vorgebrachten Beschwerdegründe vermögen die Begründung des Arbeitsgerichts nicht zu erschüttern.

15

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, daß die Vereinspflegekräfte und Vereinsschülerinnen der Schwesternschaft keine Arbeitnehmerinnen im Sinne des § 5 BetrVG sind, weil ihre Tätigkeit vereinsrechtlicher Natur ist (vgl. BAG, Beschluß vom 06.07.1995 - 5 AZB 9/93 - AP Nr. 22 zu § 5 ArbGG 1979 zu der Tätigkeit der Vereinsschwestern auf der Grundlage der dortigen Vereinssatzung, die der Vereinssatzung des Beteiligten zu 3) inhaltlich entspricht).

16

Mit dem Arbeitsgericht ist weiter davon auszugehen, daß die Beteiligten zu 2. und zu 3. das Städtische Krankenhaus Hildesheim nicht als gemeinsamen Betrieb im Sinne des § 1 BetrVG führen, weil kein einheitlicher Leitungsapparat hinsichtlich der sozialen und personellen Angelegenheiten der Mitarbeiter besteht (dazu: BAG, Beschluß vom 14.12.1994 - 7 ABR 26/94 - AP Nr. 3 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz). Zutreffend führt das Arbeitsgericht aus, daß keinerlei Einfluß der Schwesternschaft auf die Leitung des Krankenhauses erkennbar ist. Es besteht keinerlei gesellschaftsrechtliche Verflechtung. Der Einsatz der Vereinsmitglieder wird von der Pflegedienstleistung der Beteiligten zu 2. gesteuert (§ 1 Nr. 3, § 2 Nr. 1 und 2, § 8 Nr. 2 des Gestellungsvertrages). Die Oberin der Schwesternschaft hat lediglich ein Zutritt- aber kein Weisungsrecht (§ 10 des Gestellungsvertrages). Keiner der Beteiligten hat vorgetragen, daß im Städtischen Krankenhaus eine von dem Gestellungsvertrag abweichende tatsächliche Übung praktiziert würde.

17

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Eingliederung der Vereinsmitglieder des Beteiligten zu 3. in den Krankenhausbetrieb der Beteiligten zu 2. ist jedoch entgegen den Beschwerden der Beteiligten zu 2. und zu 3. nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Vereinsmitglieder keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG sind. Die von den Beteiligten zu 2. und zu 3. vorgenommene ausschließlich systematische Auslegung, der zufolge es sich bei Einstellungen im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG nur um Einstellungen von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 BetrVG handeln könne, berücksichtigt nicht den Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Dieses Mitbestimmungsrecht dient der Wahrnehmung der Interessen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Werden Personen, die keine Arbeitnehmer sind, in den Betrieb eingegliedert und arbeiten diese mit den Arbeitnehmern unmittelbar zusammen, so können durch diese Maßnahme die Interessen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer berührt werden, was z. B. die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 6 BetrVG deutlich machen. Das Beschwerdegericht folgt dem Bundesarbeitsgericht, das in ständiger Rechtsprechung (z. B. Beschlüsse vom 15.04.1986 - 1 ABR 44/84 - AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972 und vom 30.08.1994 - 1 ABR 3/94 - AP 6 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; anders das Bundesverwaltungsgericht zu dem personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungstatbestand der Einstellung, jedenfalls für die Eingliederung eines kirchlichen Religionslehrers in eine Schule, Beschluß vom 23.08.1993 - 6 P 14/92) allein darauf abstellt, ob eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den im Betrieb vorhandenen Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen, ohne daß es auf das Rechtsverhältnis ankommt, in dem diese Person zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber steht.

18

Die von der beteiligten Schwesternschaft entsandten Vereinspflegekräfte verwirklichen zusammen mit den angestellten Pflegekräften der Beteiligten zu 2. durch weisungsgebundene Tätigkeit den arbeitstechnischen Zweck des Krankenhauses, wie von dem Arbeitsgericht überzeugend dargelegt. Entgegen der Beschwerde steht vorliegend der Gestellungsvertrag nicht einem freien Dienstvertrag gleich, bei dem der freie Dienstnehmer mit Hilfe seiner Mitarbeiter die Dienste in dem fremden Betrieb selbständig organisiert und durchführt. Der vorliegende Gestellungsvertrag weicht nämlich entscheidend von dem Gestellungsvertrag ab, der dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 04.07.1979 (5 AZR 8/78 - AP Nr. 10 zu § 611 BGB Rotes Kreuz) zugrunde lag. Nach jenem Gestellungsvertrag hatte die DRK-Schwesternschaft die Organisation und Leitung des Pflegedienstes insgesamt übernommen. Die Schwesternschaft unterstand lediglich den ärztlichen Vorgaben des Krankenhausträgers, organisierte aber ansonsten den Pflegedienst eigenverantwortlich durch eine eigene Oberschwester, die umfassende Weisungsbefugnisse gegenüber dem Pflegepersonal hatte. Vorliegend hat die Schwesternschaft keine eigene Organisation im Krankenhaus der Beteiligten zu 2. Die Vereinsmitglieder sind in den eigenen Pflegedienst der Beteiligten zu 2. eingegliedert. Sie unterliegen hinsichtlich der Art. der Arbeitsausführung und der zeitlichen Lage der Arbeit bis hin zur Urlaubserteilung im vollen Umfang dem Weisungsrecht der Pflegedienstleistung der Beteiligten zu 2.

19

Die Beteiligten zu 2. und zu 3. können auch nicht damit durchdringen, daß ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Eingliederung von Vereinsmitgliedern der Schwesternschaft nicht erforderlich sei, weil die Interessen der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. dadurch nicht berührt werden könnten, weil das Kontingent der Schwesternschaft festgelegt sei. Dabei übersehen sie, daß das Kontingent gemäß § 2 Nr. 2 Satz 1 des Gestellungsvertrages jederzeit abänderbar ist. Bei einer Erhöhung des Kontingents kann folglich ohne weiteres ein Fall des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG eintreten. Ausschließen läßt sich z. B. auch nicht, daß der Betriebsrat gemäß § 104 BetrVG die Entlassung einer angestellten Pflegekraft erzwungen hat, diese jedoch als Vereinsschwester wieder eingegliedert werden soll. Ohne Zustimmungsverweigerungsrecht nach§ 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG könnte folglich die dem Betriebsrat gemäß § 104 BetrVG eingeräumte Rechtstellung unterlaufen werden.

20

Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG bei der Einstellung von Vereinsmitgliedern steht weiter nicht der Tendenzschutz des Beteiligten zu 3. entgegen. Die Unternehmung des Beteiligten zu 3. dient unmittelbar und überwiegend seiner karitativen Bestimmung. Im Verhältnis der eigenen Mitarbeiter zu ihrem eigenen Vorstand finden gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei dem Beteiligten zu 3. die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes keine Anwendung, soweit sie der Tendenzverwirklichung entgegenstehen. Das betrifft jedoch nicht das betriebsverfassungsrechtliche Verhältnis zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung der Beteiligten zu 2. Wird die Schwesternschaft außerhalb ihrer eigenen Organisation in einer fremden Betriebsorganisation tätig, muß sie die dort geltenden gesetzlichen Regelungen akzeptieren. Aber selbst wenn man insoweit einen Tendenzschutz annehmen wollte, hätte der Betriebsrat zumindest ein Unterrichtungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG.

21

Die Beteiligte zu 2. kann dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht entgegenhalten, daß sie bei der Eingliederung der Vereinsmitglieder keine eigene Entscheidungsbefugnis habe, so daß kein Raum für eine Mitentscheidung des Betriebsrates gegeben sei. Richtig ist, daß die Beklagte zu 2. nach dem Gestellungsvertrag lediglich die Eingliederung von Pflegehelferinnen und von Schwesternvorschülerinnen verweigern kann (§§ 1 Nr. 3 Satz 1, 16 Nr. 3 des Gestellungsvertrages), sie im übrigen aber die zugewiesenen Vereinsmitglieder akzeptieren muß. Diese Vertragsgestaltung stellt jedoch eine Umgehung des zwingenden Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates dar und ist deshalb unwirksam, Der Hinweis der Beteiligten zu 2. und zu 3. auf die Rechtslage bei der Zuweisung von Zivildienstleistenden vermag daran nichts zu ändern. Die Zuweisung des Zivildienstleistenden erfolgt auf gesetzlicher Grundlage (§ 4 Zivildienstgesetz), eine mangelnde Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers und damit ein mangelndes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates beruhen auf gesetzlicher Grundlage. Das gesetzliche Mitbestimmungsrecht ist damit durch ein gleichrangiges Gesetz eingeschränkt. Demgegenüber kann ein zwingendes gesetzliches Mitbestimmungsrecht nicht durch eine entgegenstehende aber niederrangigere Vertragsgestaltung ausgeschlossen werden.

22

Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegt schließlich auch die Eingliederung der Vereinsschülerinnen. Die Berufsausbildung der Krankenpflegerinnen und Krankenpflegehelferinnen findet in der Krankenpflegeschule der Beteiligten zu 2. statt, die mit dem Krankenhausbetrieb verbunden ist, wie in den §§ 5 Abs. 2 Nr. 4, 10 Abs. 2 Nr. 4 Krankenpflegegesetz gefordert. Sie werden zur praktischen Ausbildung in den Krankenhausbetrieb eingegliedert und verrichten dort weisungsgebundene Arbeit, die der Verwirklichung des Betriebszweckes dient. Es handelt sich folglich um eine Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Der Umstand, daß die Ausbildung im Krankenpflegegesetz vorgeschrieben ist, bedeutet nicht, daß kein Raum mehr für die Ausübung von Weisungen hinsichtlich Art. und Zeit der praktischen Ausbildung verbleiben. Ein Bedürfnis für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kann nicht verneint werden. Auch hier kann auf § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG verwiesen werden.

23

3.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei (§ 12 Abs. 5 ArbGG).

24

4.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.