Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.02.2018, Az.: 7 LB 71/17

Untersagung einer gewerblichen Altkleidersammlung; Zuverlässigkeit des Sammlers

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.02.2018
Aktenzeichen
7 LB 71/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 63909
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2018:0215.7LB71.17.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Göttingen - 02.03.2017 - AZ: 4 A 345/15

Fundstellen

  • AbfallR 2018, 92-93
  • DÖV 2018, 417
  • FuBW 2018, 519-524
  • FuHe 2018, 630-635
  • FuNds 2018, 316-321
  • GV/RP 2018, 569-574
  • NVwZ-RR 2018, 484
  • NdsVBl 2018, 273-281
  • NordÖR 2018, 346-356
  • UPR 2018, 278-279
  • ZUR 2018, 434-438

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Sowohl straßenrechtliche Normen als auch zivilrechtliche Abwehrrechte aus Eigentum und Besitz gehören zu den im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften, deren Nichtbeachtung die Annahme einer Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG rechtfertigen kann. Daher bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Trägers der Sammlung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG, wenn es nachweislich und wiederholt zu systematischen und massiven Verstößen gegen öffentliches und/oder privates Recht durch Personen kommt, derer sich der Anzeigende als Dienstleister bedient, indem Sammelcontainer ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnisse im öffentlichen Straßenraum oder widerrechtlich auf Privatgrundstücken aufgestellt werden, und bei prognostischer Betrachtung die Gefahr besteht, dass es im Fall der Durchführung der angezeigten Sammlung ebenfalls oder weiterhin zu solchen gewichtigen Verstößen kommen wird.

  2. 2.

    War ein gewerblicher Sammler in der Vergangenheit unzuverlässig, ist für eine Wiedererlangung der Zuverlässigkeit grundsätzlich erforderlich, dass sich der Sammler ernsthaft und nachhaltig um eine Beseitigung der geltend gemachten Missstände bemüht. Erforderlich sind im Regelfall ernsthafte und nachhaltige Veränderungen in personeller und sachlich-organisatorischer Hinsicht, die die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene zukünftig die Gewähr dafür bietet, sich bei der Durchführung gewerblicher Sammlungen rechtstreu zu verhalten.

  3. 3.

    § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG normiert eine widerlegliche Vermutung einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Ob eine solche Ausnahmesituation, in welcher die Regelvermutung nicht mehr gilt, gegeben ist, ist ausgehend von einem Vergleich der Sammelmengen anhand einer Irrelevanzschwelle zu bestimmen, welche bei 10 - 15% liegt.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 4. Kammer - vom 02. März 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Sammlung von Alttextilien im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Klägerin führt bundesweit gewerbliche Sammlungen von Alttextilien durch das Aufstellen von Altkleidercontainern durch. Das Sammelgut wird vorsortiert und an einen Verwertungsbetrieb in Polen weitergegeben.

3

Im Stadtgebiet der Beklagten führten die Göttinger Entsorgungsbetriebe (GEB), ein Eigenbetrieb der Beklagten, im Jahr 1998 ein Sammelsystem für Alttextilien ein. Die Alttextilien werden von den GEB über Altkleidercontainer eingesammelt und einem zertifizierten Verwertungs- und Sortierbetrieb übergeben. Die Altkleidercontainer befinden sich auf den vorhandenen Standplätzen für Altglascontainer. Bis zum Herbst 2013 standen an 69 der insgesamt 154 vorhandenen Standplätze für Altglascontainer auch Altkleidercontainer. Im Herbst 2013 erweiterten die GEB ihr Sammelkonzept und stellten weitere 85 Altkleidercontainer auf. Seitdem steht an jedem Standplatz mit Altglascontainern mindestens auch ein Altkleidercontainer. Der für die Erweiterung notwendige Wirtschaftsplan war zuvor im November 2012 im Betriebsausschuss beraten und im Dezember 2012 im Rat der Beklagten beschlossen worden. Das Erfassungssystem soll gewährleisten, dass die Entfernung zu einem Standplatz für jeden Bürger nicht mehr als 500 m beträgt und nicht mehr als 1.000 Einwohner an einen Standplatz angeschlossen sind.

4

Im Oktober 2014 stellten Mitarbeiter der GEB fest, dass die Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten einen Altkleidercontainer aufgestellt hatte. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 wies die Beklagte die Klägerin auf die Verletzung der Anzeigepflicht nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) hin und gab ihr vor Erlass einer Untersagungsverfügung die Gelegenheit, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, den Altkleidercontainer zu entfernen. Mit Schreiben vom 03. November 2014 erläuterte die Klägerin, dass der Altkleidercontainer versehentlich im Stadtgebiet der Beklagten aufgestellt worden sei. Sie habe beim Landkreis Göttingen eine gewerbliche Sammlung angezeigt, deren Vollständigkeit ihr bestätigt worden sei. Es sei übersehen worden, dass für das Stadtgebiet der Beklagten keine Anzeige erfolgt sei. Der Container werde entfernt.

5

Am 10. November 2014 zeigte die Klägerin der Beklagten an, dass sie beabsichtige, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten eine gewerbliche Sammlung von Alttextilien aufzunehmen. Angezeigt wurde eine Sammlung von ca. 20 t pro Jahr, wobei die Aufstellung von Altkleidercontainern an zehn Sammelstellen im Stadtgebiet der Beklagten auf privatem Gelände beabsichtigt sei. Die Sammlung sei auf Dauer, mindestens aber für drei Jahre geplant.

6

Auf Bitten der Beklagten nahmen die GEB unter dem 03. Dezember 2014 zu der Anzeige der Klägerin Stellung. Die GEB forderten die Beklagte auf, die angezeigte gewerbliche Sammlung zu untersagen, da der Schutz überwiegender öffentlicher Interessen anders nicht zu gewährleisten sei.

7

Mit Bescheid vom 15. Januar 2015 untersagte die Beklagte der Klägerin nach erfolgter Anhörung, in ihrem Stadtgebiet entsprechend der Anzeige vom 10. November 2014 gewerblich Altkleider und Schuhe zu sammeln. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass Rechtsgrundlage der Entscheidung § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG sei. Der gewerblichen Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Denn die Sammlung gefährde in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 17 Abs. 3 KrWG. Sie, die Beklagte, unterhalte ein eigenes getrenntes Sammelsystem für Altkleider mittels Container. In ihrem Abfallwirtschaftskonzept seien u. a. die separate Erfassung und Verwertung von Alttextilien als ein wichtiger Baustein ihrer Abfallwirtschaft festgelegt worden. Der im November 2012 beschlossene Wirtschaftsplan habe zudem Mittel für die Erweiterung des Sammelsystems auf derzeit 154 Container flächendeckend im Stadtgebiet vorgesehen. Seit August 2013 seien die Standplätze für Alttextilcontainer auf 150 im Stadtgebiet erhöht worden, so dass an jedem Altglascontainerstandplatz auch ein Container für Alttextilien zu finden sei. Durch die Verdichtung des Containernetzes würden kürzere Entsorgungswege von maximal 500 m gewährleistet. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger führe daher im Ergebnis eine haushaltsnahe und hochwertige Erfassung und Verwertung der Abfälle durch. Die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung würde durch weitere gewerbliche Sammlungen wesentlich beeinträchtigt werden, und damit wäre die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. Die erwirtschafteten Überschüsse von derzeit 500 € pro 1.000 kg gingen in die Gebührenkalkulation (Quersubventionierung) für die Abfallentsorgungsgebühren ein. Hierdurch würde derzeit über 1 % des Gebührenbedarfs gedeckt. Die von der Klägerin angegebene Sammelmenge von 20 t jährlich mache rund 5 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus. Dieser sammle ca. 420 t jährlich. Im Zusammenwirken mit anderen, bereits bestehenden Sammlungen im Stadtgebiet der Beklagten wären das System und die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet, da sich die gesamte Sammelmenge aller gewerblichen Sammler nicht mehr innerhalb der von der Rechtsprechung festgelegten Toleranzschwelle bewegte. Das geschätzte Sammelvolumen aller bestehenden gewerblichen Sammlungen werde auf derzeit 420 t jährlich geschätzt und entspreche damit der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Sofern weitere gewerbliche Sammlungen im Stadtgebiet zugelassen würden, würde dies zu einem für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unrentablen Missverhältnis der Sammelmengen im Altkleiderbereich führen.

8

Die anwaltlich vertretene Klägerin legte mit Schreiben vom 30. Januar 2015 Widerspruch gegen den Bescheid ein. Sie machte unter anderem geltend, dass der Untersagungsbescheid formell rechtswidrig sei, da eine ordnungsgemäße interne Trennung der Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und der unteren Abfallbehörde nicht ersichtlich sei. Ferner sei die Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in fehlerhafter Weise erfolgt. Der Bescheid sei zudem auch materiell rechtswidrig, da überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 KrWG der gewerblichen Sammlung nicht entgegenstünden. Insbesondere seien die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 KrWG nicht erfüllt. Für die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei das bloße Bestehen einer eigenen Erfassung und Verwertung von Abfällen nicht ausreichend. Zudem sei keine wesentliche Beeinträchtigung dargelegt, da unter anderem eine fehlerhafte Bemessungsgrundlage vorliege. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG greife nicht ein, da weder ersichtlich sei, dass die Abfallgebühren bei weiterer Durchführung der angezeigten Sammlung steigen würden, noch, dass eine - unterstellte - Gebührensteigerung eine notwendige Toleranzschwelle der Gebührenänderung überschreiten würde.

9

Mit Schreiben vom 05. August 2015 nahm die Beklagte zu der Widerspruchsbegründung der Klägerin Stellung. Sie wies unter anderem erneut darauf hin, dass der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden, da die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährde. Die Klägerin wurde gebeten mitzuteilen, ob ihr Widerspruch aufrechterhalten werde. Die Klägerin hielt mit Schreiben vom 27. August 2015 an ihrem Widerspruch fest.

10

Mit Widerspruchsbescheid vom 04. November 2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15. Januar 2015 zurück. Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Die Untersagungsverfügung sei formell rechtmäßig ergangen. Eine Unzuständigkeit ihrerseits ergebe sich nicht aus § 42 Abs. 4 des Niedersächsischen Abfallgesetzes (NAbfG). Der Wortlaut der Regelung sei eindeutig und ordne die Zuständigkeit der oberen Abfallbehörde nur an, wenn die Körperschaft als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger Antragstellerin oder Adressatin eines Verwaltungsakts in einem Verwaltungsverfahren sei. Zudem sei durch die Organisation der GEB als Eigenbetrieb (auch nach außen hin) erkennbar, dass behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt sei. Die Untersagungsverfügung sei auch materiell rechtmäßig. Es seien Tatsachen bekannt geworden, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG ergäben. Im gesamten Bundesgebiet seien Fälle bekannt geworden, in denen die Klägerin in verschiedenen Kommunen Altkleidersammelcontainer ohne vorherige Anzeige, Rückfrage und ohne Einholung behördlicher oder privater Erlaubnisse sowohl auf öffentlichen Flächen als auch auf privaten Grundstücken (teilweise verkehrsbehindernd) abgestellt habe. Beispielsweise sei diese Vorgehensweise - ausweislich von Interneteinträgen - in Dessau, Halle, Bitterfeld, Merseburg, Weißenfels, Leipzig, Nordhausen und Gelsenkirchen erfolgt. Auch in ihrem - der Beklagten - Stadtgebiet sei der Verwaltungsvorgang ursprünglich dadurch eingeleitet worden, dass im Oktober 2014 ein zuvor nicht angezeigter Altkleidercontainer aufgestellt worden sei. Das Vorgehen stelle sich als systematisch dar. Bei prognostischer Betrachtung bestehe die Gefahr, dass es im Fall der Durchführung der angezeigten Sammlung auch in ihrem Stadtgebiet zu solchen gewichtigen Verstößen kommen werde. Die Sammlung sei zudem gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG zu untersagen. Der Sammlung stünden überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG entgegen. Die GEB als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger führten eine haushaltsnahe und hochwertige Erfassung und Verwertung der Abfälle durch. Die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung würde durch weitere gewerbliche Sammlungen wesentlich beeinträchtigt werden, und damit wäre die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. Es sei eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller angemeldeten (gewerblichen) Sammlungen durchzuführen. Wie die Daten der GEB zeigten, seien die Sammelmengen in den letzten Jahren rückläufig gewesen. Das jährliche Sammelvolumen habe sich von 550 t im Jahr 2005 auf 420 t im Jahr 2012 reduziert. Im Jahr 2012 seien sieben gewerbliche Sammler mit insgesamt 65 Altkleidercontainern im Stadtgebiet aktiv gewesen. Diese Zahl sei im Jahr 2012 mit der Anzahl der durch die GEB aufgestellten Container annähernd identisch gewesen, so dass davon auszugehen sei, dass sie annähernd dieselbe Kleidermenge sammeln konnten. Trotz der Verdoppelung der Standplätze für Altkleidercontainer durch die GEB entspreche der Gesamtanteil der gewerblichen Sammelmengen jedenfalls immer noch mindestens 25 %. Dieser Marktanteil könne nicht als geringfügig angesehen werden. In der Rechtsprechung lasse sich eine Geringfügigkeitsschwelle von 10 % bis ca. 20 % finden. Zudem sei auch eine Gefährdung der Gebührenstabilität anzunehmen. Die erwirtschafteten Überschüsse von derzeit 500 € pro 1.000 kg gingen in die Gebührenkalkulation (Quersubventionierung) für die Abfallentsorgungsgebühren ein. Hierdurch würde derzeit über 1 % des Gebührenbedarfs gedeckt. Die von der Klägerin angegebene Sammelmenge von 20 t jährlich mache rund 5 % der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus. Von einer Gefährdung der Gebührenstabilität könne bei diesem Sammelvolumen ausgegangen werden.

11

Die Klägerin hat am 17. November 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht Göttingen erhoben. Zur Begründung ihrer Klage hat sie im Wesentlichen vorgetragen:

12

Der Bescheid vom 15. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2015 sei bereits formell rechtswidrig. Die Beklagte sei für den Erlass des Bescheides nicht zuständig gewesen. Zwar sei der Wortlaut des § 42 Abs. 4 NAbfG inzwischen geändert worden und sei somit für den vorliegenden Sachverhalt nicht mehr einschlägig. Da die Beklagte - durch ihren Eigenbetrieb - aber selbst eine Sammlung betreibe, befinde sie sich in einem Interessenkonflikt und sei daher aus rechtsstaatlichen Gründen daran gehindert gewesen, den angefochtenen Bescheid zu erlassen. Zu der im Widerspruchsbescheid geltend gemachten Unzuverlässigkeit sei sie, die Klägerin, zudem nicht angehört worden.

13

Der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei auch materiell rechtswidrig. Es liege weder der Tatbestand des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG noch der Tatbestand des § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG vor.

14

Zur Begründung der Unzuverlässigkeit stütze sich die Beklagte - mit Ausnahme einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Leipzig - ungeprüft auf Presseberichte aus dem Internet, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Die Vorfälle lägen längere Zeit zurück und erlaubten keine negative Prognose für die Zukunft. Seit dem Jahr 2013 sei es bei ihr, der Klägerin, zu erheblichen personellen und organisatorischen Änderungen gekommen. Am 05. September 2013 sei der bisherige Geschäftsführer E. durch F. ersetzt worden. Am 12. Dezember 2014 sei Herrn E. auch die Prokura entzogen worden und G. zum Prokuristen bestellt worden. Seit Januar 2016 sei dieser auch Geschäftsführer. Herr E. und Herr F. seien nicht mehr in dem Unternehmen tätig. Das Arbeitsverhältnis zu Herrn H., dem früheren Abfallbeauftragten, sei zum 30. Juni 2016 beendet worden. Weder bezüglich des jetzigen Geschäftsführers noch in Bezug auf sie, die Klägerin, selbst lägen Eintragungen im Gewerbezentralregister vor. Bereits am 07. August 2013 sei eine Arbeitsanweisung zur Überprüfung und Aufstellung von Containern angefertigt worden, die von jedem Mitarbeiter habe unterzeichnet werden müssen. Eine weitere Arbeitsanweisung sei am 15. April 2014 erfolgt. Ihre neue Geschäftsführung habe diese Arbeitsanweisungen nochmals überarbeitet. Darin sei detailliert dargelegt, wie sich die Mitarbeiter hinsichtlich der Aufstellung und Betreuung jedes einzelnen aufgestellten Sammelcontainers zu verhalten hätten. Seit 2013 sei es nicht mehr zu systematischen und massiven Verstößen gegen Rechtsvorschriften gekommen. Die früheren Verstöße beruhten zudem auf einem eigenmächtigen Handeln eines früheren Mitarbeiters. Soweit sich die Beklagte im Klageverfahren zur Begründung ihrer, der Klägerin, Unzuverlässigkeit auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 06. Juni 2016 (Az. 20 A 714/15, n. v.) sowie auf das Urteil der Vorinstanz, des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. Februar 2015 (Az. 9 K 5640/12, juris), stütze, halte sie die Entscheidungen inhaltlich für nicht richtig; die Vorwürfe seien in allen wesentlichen Punkten entkräftet worden. Die Entscheidungen hätten für das vorliegende Verfahren zudem keine Bindungswirkung.

15

Im Hinblick auf den Tatbestand des § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG seien weder die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG noch die des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG erfüllt. Das bloße Nebeneinander einer Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und einer gewerblichen Sammlung reiche nicht aus, um eine Untersagungsverfügung zu rechtfertigen. Es fehle an jeglichen Darlegungen der Beklagten zu der Frage, ob und gegebenenfalls welche Anpassungen der Entsorgungsstrukturen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aufgrund der angezeigten Sammlung der Klägerin erforderlich wären. Eine Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und seiner Sammlung sei nicht zu erkennen. Das im Stadtgebiet der Beklagten zur Verfügung stehende Potential an einzusammelnden Alttextilien werde von den bisher durchgeführten Sammlungen noch nicht vollständig ausgeschöpft, so dass daneben Raum für weitere Sammlungen, insbesondere die von ihr angezeigte Sammlung, verbleibe. Eine wissenschaftliche Erhebung habe ergeben, dass in Deutschland pro Einwohner und Jahr ein Sammelpotential von 13,7 kg, zumindest aber 9 kg bestehe. Diese Zahlen würden im Stadtgebiet der Beklagten im Jahr 2015 von den zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Sammlungen nicht erreicht. Im Übrigen begegne die nach Angaben der Beklagten von der Firma I. angezeigte Sammelmenge von 200 t erheblichen Bedenken. Daneben sei darauf hinzuweisen, dass das Sammelgut in dem mit ihr kooperierenden Unternehmen in 700 Fraktionen sortiert werde. Dies sei höherwertiger als die von der Beklagten veranlasste Verwertung. Schließlich sei durch die von ihr angezeigte Sammlung auch die Stabilität der Gebühren nicht gefährdet.

16

Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die vollständige Untersagung unverhältnismäßig sei. Die Beklagte hätte die Sammlung zum Beispiel mit Bedingungen oder Auflagen versehen können.

17

Die Klägerin hat beantragt,

18
  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2015 aufzuheben;

19
  1. 2.

    die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Sie hat - unter Bezugnahme auf die angegriffenen Bescheide - geltend gemacht:

23

Die Untersagungsverfügung sei nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die Frage der Zuverlässigkeit der Klägerin werde auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 06. Juni 2016 (Az. 20 A 714/15, n. v.) sowie auf das Urteil der Vorinstanz, des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. Februar 2015 (Az. 9 K 5640/12, juris), verwiesen. Dort sei die Unzuverlässigkeit der Klägerin bestätigt worden.

24

Im Hinblick auf die geltend gemachte Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sei festzuhalten, dass die GEB eine hochwertige, flächendeckende Sammlung durchführten und das Sammelgut an zertifizierte Sortierbetriebe weitergäben, in denen es in bis zu 300 Fraktionen sortiert werde. Dies werde von den GEB vor Ort überprüft. Die Vermarktung und Wiederverwertung erfolge nach dem neuesten Stand der Technik. Ausweislich der Übersicht der Sammelmengen der gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen sowie des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aus den Jahren 2012 bis 2015 habe die Sammelmenge der GEB im Jahr 2015 581 t betragen. Der Anteil der gewerblichen Sammlungen habe im Jahr 2015 mit 177,94 t bei 31 % gelegen, der Anteil der gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen zusammen mit 232,11 t bei 40 %. Rechne man die angezeigten Sammelmengen der derzeit zwei neu angezeigten Sammlungen (Klägerin: 20 t pro Jahr; Firma I.: 200 t pro Jahr) den Bestandssammlungen der gewerblichen Sammlungen hinzu, betrage der Anteil der gewerblichen Sammlungen 68 %. Durch diesen hohen Anteil an gewerblichen Sammelmengen müsse prognostisch davon ausgegangen werden, dass eine solche Marktmehrheit zu Eingriffen in die Grundstrukturen des Entsorgungsträgers führen wird.

25

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 02. März 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Untersagungsverfügung der Beklagten sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage sei § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG.

26

Die formellen Voraussetzungen seien erfüllt, insbesondere sei die Beklagte für den Erlass des Bescheides zuständig gewesen. Die Zusammenfassung der Aufgaben des Vollzugs des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in oder bei einer Behörde sei zwar aus rechtsstaatlichen Gründen nicht bedenkenfrei, da es zu einem Interessenkonflikt kommen könne. Eine neutrale Aufgabenwahrnehmung sei aber dann gegeben, wenn - wie hier - behördenintern für eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt sei.

27

Auch materiell-rechtlich sei die Verfügung nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe die Untersagung sowohl auf die Unzuverlässigkeit der Klägerin als auch auf das Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen stützen können.

28

Die Beklagte habe in ihrem Widerspruchsbescheid die Unzuverlässigkeit der Klägerin vorrangig mit im Internet veröffentlichten Zeitungsberichten aus verschiedenen Kommunen begründet, nach denen die Klägerin Altkleidercontainer aufgestellt hatte, ohne dies anzuzeigen bzw. ohne eine entsprechende öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Berechtigung für den Aufstellort zu haben. Im gerichtlichen Verfahren habe sich die Beklagte ferner auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. Februar 2015 und den dieses bestätigenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 06. Juni 2016 bezogen. Die Unzuverlässigkeit der Klägerin bis zum Ablauf des Jahres 2014 sei damit hinreichend belegt. Die Klägerin habe massiv gegen straßenrechtliche Vorschriften verstoßen und Eigentumsrechte verletzt. Bei systematischen und massiven Verstößen in der Vergangenheit könne in der Regel angenommen werden, dass Verstöße auch in Zukunft vorkommen werden und die Unzuverlässigkeit fortbesteht. Von einem auch zukünftig unzuverlässigen Verhalten der Klägerin könnte dann nicht ausgegangen werden, wenn diese sich ernsthaft und nachhaltig um eine Beseitigung der geltend gemachten Missstände bemüht hätte und ihr Verhalten seit längerer Zeit keinen Anlass zu Beanstandungen mehr gebe. Dies sei nach Auffassung der Kammer nicht der Fall. Wesentliche Verstöße gegen Rechtsvorschriften nach Ablauf des Jahres 2014 habe die Beklagte zwar nicht vorgetragen. Diese seien auch für das Gericht nicht offensichtlich. Für das Gericht sei jedoch nicht erkennbar, dass die Klägerin ernsthaft und nachhaltig Vorkehrungen getroffen habe, um gleichartige Verstöße in der Zukunft zu verhindern. Die erfolgten Änderungen in der Geschäftsleitung reichten hierfür nicht aus. Ein vollständiger Wechsel in der Führungsebene, der allein einen Neuanfang hätte glaubhaft werden lassen, sei zunächst nicht erfolgt. Das nur zögerliche Auswechseln von Mitarbeitern, die für das illegale Aufstellen von Containern verantwortlich waren, spreche gegen ein nachhaltiges Bemühen der Klägerin um ein künftig rechtskonformes Verhalten. Die von der Klägerin vorgetragenen innerbetrieblichen Anweisungen genügten den Anforderungen an eine ernsthafte Umkehr ebenfalls nicht.

29

Unabhängig von dem Vorstehenden sei die gewerbliche Sammlung der Klägerin auch zu untersagen, weil ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Die Beklagte könne sich zwar nicht auf eine Gefährdung der Gebührenstabilität nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG berufen. Es liege aber eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, weil die Beklagte für Alttextilien eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung durchführe (§ 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 Nr. 1 KrWG). Eine Ausnahme von der in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG normierten Regelvermutung sei nicht gegeben. Es sei zu prüfen, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die Sammlung zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre. Ob dies der Fall sei, bemesse sich in erster Linie nach den Auswirkungen auf die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu erzielende Sammelmenge. Hierzu sei zunächst der status quo zu ermitteln, d. h. der Anteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers am Gesamtaufkommen der Sammlungen. In die Berechnung einzubeziehen seien neben der öffentlich-rechtlichen Sammlung die bereits rechtmäßig durchgeführten gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen mit ihren tatsächlichen Sammelmengen. Der beabsichtige Marktzutritt des gewerblichen Sammlers sei nicht isoliert, sondern im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen zu beurteilen. Für die Prognose der Veränderungen durch die streitgegenständliche Sammlung seien deshalb weitere angezeigte, aber noch nicht durchgeführte Sammlungen einzubeziehen. Die ermittelten Sammelmengen privater Sammler seien den tatsächlichen bzw. aufgrund konkreter Planungen erwarteten Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gegenüberzustellen. Die Schwelle, unterhalb derer wesentliche Änderungen der Entsorgungsstruktur typischerweise nicht zu erwarten seien, liege bei 10 bis 15 %. Werde diese Irrelevanzschwelle überschritten, bleibe es bei der Regelvermutung. Aus den von der Beklagten vorgelegten Zahlen für das Jahr 2015 ergebe sich ein Anteil der Beklagten an der Sammelmenge von 71,45 %. Bei einer beabsichtigten Sammlung von 20 t würde sich die Sammelmenge der privaten Sammler entsprechend erhöhen und den Anteil der öffentlich-rechtlichen Sammlung auf 68,99 % senken. Dies entspreche einer Reduzierung um rund 3,44 %. Dieser Betrag überschreite zwar für sich genommen nicht die Irrelevanzschwelle, jedoch sei der Zutritt der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen privaten Sammlungen zu sehen. Es handele sich um folgende Sammlungen: J. mit 132 t, K. mit 60 t, L. mit 132 t, M. mit 20 t und I. mit 200 t, d. h. insgesamt: 544 t. Von diesen angezeigten Sammelmengen seien bereits 84,46 t als tatsächliche Sammelmenge bei der Berechnung des "status quo" berücksichtigt worden. Bei Reduzierung der öffentlich-rechtlichen Sammlung um 459,54 t (544 t - 84,46 t) würde sich der Anteil der Beklagten an der gesamten Sammelmenge von 813,11 t auf 14,93 % beschränken. Dies entspreche, ausgehend von dem gegenwärtigen Anteil von 71,45 %, einem Rückgang um 79,1 %. Die Irrelevanzschwelle werde damit deutlich überschritten. Die von dem Mitbewerber der Klägerin angezeigte Sammelmenge von 200 t möge zwar überhöht sein, es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts (und diesem auch nicht möglich), eine realistische Sammelmenge zu prognostizieren.

30

Die Verhältnismäßigkeit habe die Beklagte beachtet. In welcher Weise Auflagen oder Befristungen öffentliche Interessen und die von den gewerblichen Anbietern geplanten Sammlungen in Einklang bringen könnten, sei angesichts der erheblichen Sammelmengen der Mitbewerber der Klägerin nicht ersichtlich.

31

Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 03. August 2017 (Az. 7 LA 22/17) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen.

32

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

33

Bedenken bestünden bereits gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Die Beklagte, die den Bescheid erlassen habe, sei zugleich Rechtsträger des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und stehe somit in einem Wettbewerbsverhältnis zu ihr, der Klägerin. Bei den GEB handele es sich um einen rechtlich unselbständigen Eigenbetrieb der Beklagten. Es liege eine Interessenkollision vor. Zwar sei die geänderte Fassung des § 42 Abs. 4 NAbfG ihrem Wortlaut nach für den vorliegenden Sachverhalt nicht mehr einschlägig. Es bestünden jedoch erhebliche Zweifel, ob die jetzige Regelung mit dem Europarecht und dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sei.

34

Unabhängig davon sei der Bescheid jedenfalls aus materiell-rechtlichen Gründen rechtswidrig. Es lägen weder Tatsachen vor, aus denen sich hinreichende Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit ergäben, noch sei die Sammlungsuntersagung erforderlich, weil überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden.

35

Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG seien zunächst - angebliche - straßenrechtliche und privatrechtliche Verstöße im Zusammenhang mit der Aufstellung von Altkleidercontainern nicht zu berücksichtigen. Denn für den Begriff der Zuverlässigkeit sei ergänzend auf die Definition in § 8 der Entsorgungsfachbetriebsverordnung (EfbV) abzustellen, der einen Katalog von Regelbeispielen enthalte. Das Straßen- und Wegerecht sei in dieser Aufzählung nicht vorhanden. Selbst wenn man jedoch entsprechende Verstöße für relevant hinsichtlich der Beurteilung der Zuverlässigkeit halten würde, hätten weder die Beklagte, bei der die volle Darlegungs- und Beweislast liege, noch das Verwaltungsgericht hinreichende Tatsachen ermittelt, aus denen sich Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit ergeben würden. Es sei lediglich auf Presseberichte und auf frühere Gerichtsentscheidungen Bezug genommen worden. Presseberichte hätten nicht unbedingt die Vermutung der Richtigkeit für sich. Höchst fraglich sei auch, ob die bloße Bezugnahme auf frühere Gerichtsentscheidungen ausreiche, ohne eigene Ermittlungen dahingehend angestellt zu haben, ob und inwieweit die dort getroffenen Feststellungen zutreffend seien. Dies betreffe die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Dezember 2015, 29. Dezember 2015 und 06. Juni 2016 sowie die diesen zugrundeliegenden erstinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Gelsenkirchen, Düsseldorf und Köln. Diese Entscheidungen hätten für das vorliegende Verfahren keinerlei Bindungswirkung. Tatsächlich seien die in den genannten Gerichtsentscheidungen erhobenen Vorwürfe weitgehend zu entkräften.

36

Unabhängig davon sei aber jedenfalls festzuhalten, dass sie, die Klägerin, nach den vorgenommenen personellen Veränderungen keine nennenswerten Rechtsverstöße begangen habe. Die genannten Gerichtsentscheidungen bezögen sich auf frühere Zeiträume. Schon nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts seien keine Verstöße gegen Rechtsvorschriften nach Ablauf des Jahres 2014 vorgetragen oder sonst ersichtlich. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren auf ein Verfahren im Land Brandenburg Bezug genommen habe, sei festzuhalten, dass dieses Verfahren beim Verwaltungsgericht Potsdam noch anhängig sei. Bei den erwähnten Vorfällen aus den Jahren 2016 und 2017 handele es sich um bloße Behauptungen des dortigen Beklagten, denen entgegenzutreten sei. Im Hinblick auf das von der Beklagten im Berufungsverfahren ebenfalls erwähnte Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. September 2017 (Az. 17 K 12388/17, juris) sei mitzuteilen, dass sie, die Klägerin, die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragt habe; das Verfahren sei beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zum Aktenzeichen 20 A 2883/17 anhängig. Zudem sei darauf hingewiesen, dass die Frage ihrer Zuverlässigkeit von den Verwaltungsgerichten in Nordrhein-Westfalen unterschiedlich beurteilt werde. So habe das Verwaltungsgericht Minden mit Urteil vom 22. April 2014 (Az. 11 K 2480/13, NRWE) keine Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit gesehen. Ebenso gingen auch nicht alle zuständigen Behörden in Nordrhein-Westfalen davon aus, dass sie, die Klägerin, weiterhin unzuverlässig sei. Ausweislich des Schreibens der Stadt Gelsenkirchen vom 26. April 2017 habe diese zum jetzigen Zeitpunkt keine Bedenken mehr gegen ihre Zuverlässigkeit. Auch die Stadt Herne gehe - wie ihr Bescheid vom 12. September 2017 zeige - zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr von einer Unzuverlässigkeit ihrerseits aus. Ein aktuelles Führungszeugnis des Herrn G. sowie aktuelle Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister über Herrn G. und sie, die Klägerin, wiesen jeweils keine Eintragungen aus. Schließlich lasse sich aus dem in der Vergangenheit liegenden Verhalten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Unzuverlässigkeit in der Zukunft schließen. Ihr sei keine negative Zukunftsprognose zu stellen. Ihre heutige Geschäftsführung biete eine hinreichende Gewähr dafür, dass es in Zukunft nicht zu Rechtsverstößen kommen werde. Unter anderem habe die neue Geschäftsführung detaillierte Arbeitsanweisungen für die einzelnen Gruppen von Mitarbeitern erstellt. Der Umstand, dass der jetzige Geschäftsführer Herr G. bereits vor der Bestellung des Herrn E. Geschäftsführer gewesen sei, begründe keine Bedenken gegen die Zuverlässigkeit. Dieser Geschäftsführerwechsel sei im Jahr 2006 erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt seien jedoch keine Rechtsverstöße bekannt geworden. Es sei nichts dagegen einzuwenden, mit Herrn G. einen Mann zum Unternehmen zurückzuholen, der einerseits über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfüge und andererseits über einen tadellosen Ruf. Des Weiteren habe es in der Zeit, in der Herr G. Prokurist des Unternehmens gewesen sei, keinen einzigen festgestellten Verstoß gegen das Straßenrecht oder gegen privatrechtliche Nutzungsbefugnisse gegeben.

37

Der Sammlung stünden auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG entgegen. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf eine Gefährdung der Gebührenstabilität berufen könne (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG). Der Tatbestand des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG liege aber ebenfalls nicht vor, da die dort aufgestellte Vermutung jedenfalls widerlegt sei.

38

Ob die gesetzliche Vermutung widerlegt sei, sei nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2016 (Az. 7 C 4.15, juris) anhand eines Vergleichs der Sammelmengen der gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen mit den Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu ermitteln. Wie dieser Mengenvergleich vorzunehmen sei, habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 30. Januar 2017 (Az. 20 Cs 16.1416, juris) weiter konkretisiert. In einem ersten Schritt sei danach der Marktanteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unter Berücksichtigung der bereits durchgeführten gemeinnützigen und gewerblichen Sammlungen zu ermitteln. Anhand der von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Zahlen für das Jahr 2016 ergebe sich eine Gesamtsammelmenge von 822,55 t für das Jahr 2016, wovon 609 t auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entfielen, so dass dieser einen Marktanteil von 74,04 % gehabt habe. In einem zweiten Schritt sei nun zu untersuchen, inwieweit sich der Marktanteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch die streitgegenständliche Sammlung und die weiteren angezeigten Sammlungen verändere. Die neben ihrer Sammlung angezeigte Sammlung der I. GmbH mit einer angezeigten Sammelmenge von 200 t sei inzwischen bestandskräftig untersagt worden. Im Berufungsverfahren sei diese Sammelmenge daher nicht mehr zu berücksichtigen, sondern nur noch ihre eigene Sammlung mit einer Sammelmenge von 20 t sowie eine weitere angezeigte Sammelmenge von 14 t, also insgesamt 34 t. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus rechtsfehlerhaft auch die angezeigten Sammelmengen der bereits durchgeführten Sammlungen abzüglich der tatsächlichen Sammelmengen berücksichtigt. Das Bundesverwaltungsgericht habe aber eindeutig ausgeführt, dass bereits rechtmäßig durchgeführte Sammlungen (nur) mit den tatsächlichen Sammelmengen in den Blick zu nehmen seien. Lediglich bezüglich der angezeigten, aber noch nicht durchgeführten Sammlungen sei auf die angezeigten Sammelmengen abzustellen. Durch die angezeigte zusätzliche Sammelmenge von 34 t würde sich die Gesamtsammelmenge auf 856,55 t pro Jahr erhöhen. Der Marktanteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beliefe sich auf 71,1 %, was einer Differenz von 2,94 Prozentpunkten gegenüber dem bisherigen Marktanteil entspräche. Diese Differenz bleibe deutlich unter der vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen "Wesentlichkeitsschwelle" von 10 % bis 15 %. Im Übrigen sei nicht davon auszugehen, dass sich die zusätzliche Sammelmenge allein auf die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auswirke, nicht jedoch auf die bereits bestehenden gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sie sich gleichmäßig zu Lasten aller bereits bestehenden Sammlungen auswirke. Schließlich sei für eine von der Beklagten geforderte Gesamtschau der Entwicklungen, d. h. eine Berücksichtigung der längerfristigen Entwicklung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein Raum, denn dieses führe aus, dass es für die Beurteilung sowohl der Veränderungen als auch des Status Quo grundsätzlich auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht ankomme.

39

Sie, die Klägerin, halte zudem an ihrem bisherigen Vortrag fest, wonach im Gebiet der Beklagten über die derzeit erzielte Gesamtsammelmenge hinaus noch eine höhere Sammelmenge an Alttextilien erzielbar sei. Bei einer im Bundesdurchschnitt zu erzielenden Sammelmenge von 9 kg pro Einwohner ergebe sich für das Gebiet der Beklagten eine erzielbare Sammelmenge von 1.170 t pro Jahr. Diese werde durch die bisher durchgeführten Sammlungen bei Weitem nicht erreicht. Die diesbezügliche Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach durch die Aufstellung weiterer Sammelcontainer im Stadtgebiet zusätzliche Sammelmengen nicht zu erzielen seien, vermöge nicht zu überzeugen. Die Sammelmengen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien von Jahr zu Jahr deutlich gestiegen. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Sammelmenge der privaten Sammlungen im gleichen Zeitraum im gleichen Maße zurückgegangen sei und daher die Gesamtsammelmenge nahezu konstant geblieben sei. Vielmehr seien auch die Sammelmengen der gewerblichen Sammler annähernd konstant geblieben bzw. hätten teilweise sogar gesteigert werden können.

40

Jedenfalls kämen vorliegend mildere Mittel als die vollständige Untersagung der Sammlung in Betracht, so dass die vollständige Sammlungsuntersagung unverhältnismäßig sei. Zu denken wäre an eine mengenmäßige Begrenzung der angezeigten Sammlung der Klägerin, wenn man davon ausginge, dass die Sammlung mit der angezeigten Sammelmenge von 20 t die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährden würde. Auch eine Befristung käme in Betracht. Durch diese Maßnahme könnte festgestellt werden, ob es tatsächlich zu einer Reduzierung der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers käme.

41

Die Klägerin beantragt,

42
  1. 1.

    unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 02. März 2017 den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2015 aufzuheben;

43
  1. 2.

    die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Sie trägt im Wesentlichen vor:

47

Es bestünden keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Zwar sei sie, die Beklagte, sowohl als untere Abfallbehörde für die Bescheiderteilung nach dem KrWG zuständig als auch als rechtlich unselbständiger Eigenbetrieb öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Entgegen der Darstellung der Klägerin sei aus dieser Tatsache aber keine unzulässige Verflechtung abzuleiten, die eine neutrale Aufgabenwahrnehmung in Frage stellen könnte. Bei ihr, der Beklagten, sei die neutrale Aufgabenwahrnehmung in ausreichender Weise sichergestellt, da die Aufgabenwahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch die GEB in personeller und erheblicher räumlicher Trennung zur unteren Abfallbehörde erfolge. Der nach § 130 Abs. 1 Nr. 3 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) als Sondervermögen außerhalb ihrer allgemeinen Verwaltung geführte Eigenbetrieb sei räumlich mit sämtlichen Mitarbeitern in der Rudolf-Wissell-Straße ansässig, während die für den übertragenen Vollzug des KrWG zuständige untere Abfallbehörde im Fachdienst Umwelt im Rathaus ansässig sei. Damit habe sie, die Beklagte, mit ihrer personellen und räumlichen Aufgabentrennung dem Neutralitätsgebot in ausreichendem Maße Genüge getan.

48

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der angegriffene Bescheid auch materiell rechtmäßig.

49

Die Klägerin sei nach wie vor als unzuverlässig anzusehen. Die Klägerin irre, wenn sie davon ausgehe, dass straßenrechtliche und privatrechtliche Verstöße bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG nicht heranzuziehen seien. Insbesondere könne die Klägerin sich dafür nicht auf die Definition des § 8 EfbV berufen. § 8 Abs. 2 EfbV gebe Anhaltspunkte für den Maßstab, bei welchen Gesetzesverstößen von einer Unzuverlässigkeit auszugehen sei. Die Aufzählung könne aber schon wegen des Wortlauts (keine Einschränkung bzw. Bezugnahme im KrWG) und systematisch (Gesetz vor Verordnung) nicht abschließend sein, zumal gewerbliche Sammler nicht notwendigerweise Entsorgungsfachbetriebe sein müssten. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit seien insoweit nicht allein Begebenheiten und Geschehnisse relevant, die einen Zusammenhang mit dem Sammlungs- und/oder Verwertungsgeschehen aufwiesen, sondern sämtliche betriebsbezogene Verstöße gegen geltendes Recht. Dies gelte insbesondere dann, wenn durch die Vielzahl der straßenrechtlichen Verstöße eine Geschäftspraktik erkennbar sei, durch Umgehung der Anzeigepflicht nach dem KrWG und die fehlende Beantragung einer Sondernutzungserlaubnis den Wirkungskreis des Unternehmens zu erweitern und sich dadurch wirtschaftliche Vorteile gegenüber Mitbewerbern zu verschaffen. Soweit die Klägerin auf die vorgenommenen personellen Veränderungen verweise, seien Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit dadurch nicht ausgeräumt. Beim Verwaltungsgericht Potsdam sei derzeit unter dem Aktenzeichen 1 K 3090/16 ein Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Landesamt für Umwelt, Potsdam, anhängig, welcher Vorfälle aus den Jahren 2016/2017 zum Gegenstand habe. Sowohl in Brandenburg/Havel als auch in Potsdam seien von der Klägerin Sammelcontainer im öffentlichen Raum aufgestellt worden, ohne dass eine Sondernutzungserlaubnis vorgelegen hätte. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe in einer Entscheidung vom 29. September 2017 (Az. 17 K 12388/17, juris) die Unzuverlässigkeit der Klägerin aktuell bestätigt. Anscheinend hätten weder ein Wechsel der Geschäftsführung noch interne Arbeitsanweisungen Änderungen der bisherigen Geschäftspraktiken bewirkt. Insbesondere sei der Wechsel des Geschäftsführers der Klägerin kein Hinweis darauf, dass bei der Klägerin ein richtungsweisender Wechsel in der Firmenführung erfolgt sei. Denn der aktuelle Geschäftsführer, G., sei bereits vor der Bestellung des - nach Feststellung mehrerer Verwaltungsgerichte unzuverlässigen - Geschäftsführers E. Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Zudem sei er bis zu seiner erneuten Bestellung als Geschäftsführer als Einzelprokurist für die Klägerin tätig und somit im Zusammenwirken mit dem damaligen unzuverlässigen Geschäftsführer bereits für das Vorgehen der Klägerin zuständig gewesen. Mit seiner Bestellung könne daher nicht von einem echten Wechsel ausgegangen werden, der auf ein nunmehr zuverlässiges Handeln der Klägerin schließen lasse.

50

Zudem stünden der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Es sei von Bedeutung, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die Sammlung zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung gezwungen sei. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sei eine angezeigte Sammlung zu berücksichtigen gewesen, deren prognostizierte Sammelmengen so erheblich waren, dass die Relevanzschwelle überschritten gewesen sei. Hierzu sei jedoch festzuhalten, dass die Untersagung der Sammlung dieser Firma inzwischen rechtskräftig durch das Verwaltungsgericht Göttingen bestätigt worden sei und daher die damalig angezeigten Sammelmengen bei der Berechnung nicht mehr berücksichtigt werden könnten. In Anlehnung an die vom Verwaltungsgericht Göttingen vorgenommene Berechnung ergebe sich anhand der Zahlen aus dem Jahr 2016 folgendes: Der Anteil der GEB an der Sammelmenge betrage 72,28 % (Gesamtmenge: 842,55 t; GEB Sammelmenge: 609 t; private Sammlungen (gemeinnützig und gewerblich): 233,55 t). Hinsichtlich der noch nicht entschiedenen Sammlungen und angekündigten Sammelerhöhungen seien 34 t zu berücksichtigen (Klägerin: 20 t; Erhöhung N.: 14 t). Bei Marktzutritt dieser zwei bisher nicht berücksichtigten Sammlungen bzw. Sammelmengen käme es zu einer Reduktion der Sammelmenge der GEB auf 575 t. Die Reduktion des Anteils der GEB am gesamten Sammelvolumen belaufe sich damit auf 4,03 % (575 t / 842,55 t = 68,25 %; 72,28 % - 68,25 % = 4,03%). Im Ergebnis führe die Sammlung der Klägerin sowie die Sammelerhöhung der Firma N. damit zu einer prognostischen Änderung des Sammelanteils der GEB in Höhe von 4,03 % (gemeint sind wohl: Prozentpunkte) und liege daher unterhalb der Relevanzschwelle. Die Praktikabilität und Korrektheit der Berechnungsweise des Verwaltungsgerichts Göttingen sei jedoch in Frage zu stellen, da die tagesgenaue Zustandsberechnung an sich häufig unterhalb der Relevanzschwelle liege. Sobald die gewerblichen Sammlungen jährlich eine für sich betrachtet nicht relevante Sammlungserhöhung beantragten, müsse das bei summarischer Betrachtung über einen größeren Zeitraum jedoch zu anderen Ergebnissen führen, da der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die sukzessiven Erweiterungen der gewerblichen Sammlungen dann doch zu Anpassungen seiner Organisationsstruktur gezwungen sein werde. Eine isolierte fallbezogene Betrachtungsweise helfe daher auf Dauer bei der Beurteilung der entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht weiter. Hier müsse auch eine Gesamtschau der Entwicklungen einbezogen werden. Bei einer solchen Gesamtschau sei von entgegenstehenden öffentlichen Interessen auszugehen.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

52

Die vom Senat zugelassene und auch sonst statthafte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen hat in der Sache keinen Erfolg.

53

Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin abgewiesen. Sie ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

54

Die abfallrechtliche Untersagungsverfügung der Beklagten stellt einen Dauerverwaltungsakt dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.10.2015 - 7 C 8.14 -, juris). Für die Beurteilung einer gegen einen Dauerverwaltungsakt gerichteten Klage kommt es regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Entscheidung an. Dies gilt auch hier. Abzustellen ist daher auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über die Berufung der Klägerin.

I.

55

Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung der Beklagten ist § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG. Danach hat die zuständige Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben (1. Halbsatz), oder die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist (2. Halbsatz).

II.

56

Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG sind erfüllt. Sowohl die formellen (dazu unter 1.) als auch die materiellen Voraussetzungen (dazu unter 2.) für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung liegen vor.

1.

57

Der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2015 ist formell nicht zu beanstanden. Die Beklagte war für den Erlass des angefochtenen Untersagungsbescheides zuständig.

58

Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG wird die Untersagung durch die "zuständige Behörde" ausgesprochen. Nach § 42 Abs. 1 NAbfG sind für Entscheidungen und Maßnahmen auf Grund des Kreislaufwirtschaftsgesetzes die unteren Abfallbehörden zuständig. Die Beklagte ist aufgrund der ausdrücklichen Nennung in § 41 Abs. 2 Satz 1 NAbfG untere Abfallbehörde im Sinne dieser Vorschrift. Ihre sachliche Unzuständigkeit folgt nicht aus der devolvierenden Zuständigkeitsbestimmung in § 42 Abs. 4 NAbfG, da die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nicht selbst Adressatin oder Antragstellerin ihrer eigenen Entscheidung ist.

59

Soweit die Klägerin die Ordnungsverfügung für rechtswidrig hält, weil die Beklagte nicht nur die für den Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde, sondern zugleich auch öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger ist, dringt sie damit nicht durch. Diese Doppelzuständigkeit verstößt nicht gegen die verfassungs- und unionsrechtlich gebotene Neutralitätspflicht.

60

Zwar kann ein Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 106 Abs. 1 i. V. m. Art. 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -) auch dann vorliegen, wenn der Staat mit der Übertragung von Sonderrechten auf bestimmte Unternehmen die Struktur des Marktes durch die Schaffung ungleicher Wettbewerbsbedingungen beeinträchtigt, indem eine Lage geschaffen wird, die es diesen Unternehmen ermöglicht, ihre beherrschende Stellung - beispielsweise durch Behinderung neuer Markteintritte - aufrechtzuerhalten oder zu stärken oder auf einen anderen Markt auszudehnen; dabei ist der Nachweis einer tatsächlich missbräuchlichen Verhaltensweise dieser Unternehmen nicht erforderlich. Eine hiernach unzulässige Verfälschung des Wettbewerbs ist insbesondere dann gegeben, wenn eine juristische Person sowohl Wirtschaftsteilnehmer ist als auch an der Genehmigung von Anträgen von Wettbewerbern mitwirkt, ohne dass diese Befugnis Beschränkungen, Bindungen und einer Kontrolle unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 - 7 C 36.15 -, juris, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH).

61

Dies ist beim Vollzug des Kreislaufwirtschaftsgesetzes jedoch nicht der Fall. Die Gesetzesbindung der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verpflichtet die Behörde auch zur Unparteilichkeit und zur Wahrung des Gemeinwohls bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Dabei unterstehen die Abfallbehörden der Fachaufsicht. Die fachbezogene Integrität einer Behörde wird nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass sie mit mehreren Aufgaben befasst ist, die von gegenläufigen Interessen geprägt sein können. Eine institutionelle Befangenheit einer Behörde kennt die Rechtsordnung nicht. Die in dieser Situation gebotene neutrale und nicht einseitig interessengeleitete Aufgabenwahrnehmung ist bei einer Behörde mit Doppelzuständigkeiten in einer rechtsstaatlichen und zugleich unionsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise dann gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2017, - 7 C 36.15 -, juris, m. w. N.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.07.2017 - 20 B 15.313 -, juris).

62

Dem ist vorliegend dadurch Genüge getan, dass - darauf hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen - die Beklagte die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers durch die GEB wahrnimmt. Es handelt sich dabei um einen rechtlich unselbständigen Eigenbetrieb, der nach § 130 Abs. 1 Nr. 3 NKomVG als Sondervermögen außerhalb ihrer allgemeinen Verwaltung geführt wird. Nach dem im Internet abrufbaren Dezernatsverteilungsplan der Beklagten (Stand: 01. November 2016) sind die GEB keinem Dezernat untergeordnet; sie stehen als Eigenbetrieb außerhalb der Dezernatsverteilung. Die Aufgaben der unteren Abfallbehörde nimmt hingegen der im Dezernat D "Planen und Bauen" angesiedelte Fachbereich 67 "Stadtgrün und Umwelt" - Fachdienst 67.2 "Umwelt" - wahr. Die Beklagte hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass die GEB mit sämtlichen Mitarbeitern in der Rudolf-Wissell-Straße ansässig sei, während die untere Abfallbehörde im Rathaus untergebracht sei. Die beiden Aufgaben werden damit sowohl in organisatorischer als auch in personeller und räumlicher Hinsicht getrennt wahrgenommen. Dem Neutralitätsgebot wird damit in ausreichendem Maße Genüge getan.

2.

63

Der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2015 ist auch materiell rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Untersagung der angezeigten Sammlung der Klägerin liegen vor. Es sind Tatsachen bekannt, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin ergeben, vgl. § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG (dazu unter a)). Zu Unrecht haben die Beklagte und das Verwaltungsgericht zwar angenommen, dass zudem die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei, vgl. § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG. Dieser Umstand ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da es sich bei den beiden Alternativen um jeweils selbstständig tragende Untersagungsgründe handelt (dazu unter b)).

a)

64

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin bestehen, die eine Untersagung der Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG rechtfertigen.

65

Der Begriff der Zuverlässigkeit ist im Kreislaufwirtschaftsgesetz selbst nicht definiert, sondern wird in § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG vorausgesetzt. Da es sich bei der gewerblichen Sammlung von Abfällen um eine grundsätzlich dem Anwendungsbereich der §§ 1, 35 Gewerbeordnung (GewO) unterfallende selbständige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, liegt es angesichts des Fehlens einer eigenständigen gesetzlichen Begriffsbestimmung nahe, insoweit auf die zu § 35 GewO entwickelten Kriterien zurückzugreifen. Dies ist auch bei anderen spezialgesetzlich geregelten Tätigkeiten anerkannt.

66

Die Prüfung der Zuverlässigkeit nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ist insbesondere nicht auf die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien beschränkt. Unabhängig davon, ob im Rahmen der Entsorgungsfachbetriebeverordnung von einer abschließenden Konkretisierung der Zuverlässigkeit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 EfbV durch Abs. 2 der Vorschrift auszugehen ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien zum Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber eine einschränkende Auslegung des Zuverlässigkeitsbegriffs in § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG in der Weise im Blick hatte, es solle allein auf die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien ankommen. In systematischer Hinsicht stellen die Zuverlässigkeitsregelungen in § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 EfbV speziellere Regelungen im Verhältnis zu § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG dar, weil sie nur für Inhaber und verantwortliche Personen von Entsorgungsfachbetrieben gelten, während die Durchführung einer Sammlung nach § 18 KrWG nicht voraussetzt, dass das Sammlungsunternehmen Entsorgungsfachbetrieb sein muss. Daher mögen die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien eine Orientierungshilfe bei der Auslegung des Zuverlässigkeitsbegriffs in § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG darstellen; sie bilden jedoch keine Grenze in dem Sinne, dass nur die in § 8 Abs. 2 EfbV genannten Kriterien zur Beurteilung der Zuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG herangezogen werden dürfen und dementsprechend straßenrechtliche Aspekte außer Betracht zu bleiben haben. (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2016 - 7 ME 43/16 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.05.2015 - 20 A 316/14 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 607/13 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.05.2014 - 10 S 30/14 -, juris).

67

§ 3 Abs. 2 der Anzeige- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV) findet zur Konkretisierung des Zuverlässigkeitsbegriffs des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ebenfalls keine ausschließliche Anwendung. Diese Vorschrift dient ausweislich ihres Absatzes 1 allein der Konkretisierung von § 53 Abs. 2 Satz 1 KrWG und § 54 Abs. 1 Satz 2 KrWG; eine Konkretisierung von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG ist hingegen nicht vorgesehen. Angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen ist es auch nicht geboten, den Anwendungsbereich der Norm über ihren Wortlaut hinaus auf § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu erstrecken. Dies gilt schon deshalb, weil die zuvor genannte Verordnung lediglich einen bestimmten eingegrenzten Regelungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes betrifft, so dass sich nicht erschließt, warum die auf diesen eingeschränkten Regelungsbereich abstellende Vorschrift des § 3 Abs. 2 AbfAEV darüber hinaus auch im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrwG Berücksichtigung finden sollte. Unabhängig davon wäre ein Rückgriff etwa auf straßenrechtliche oder zivilrechtliche Vorschriften auch bei einer Anwendung des § 3 Abs. 2 AbfAEV möglich, da es sich bei den dort aufgeführten Konkretisierungen lediglich um Regelbeispiele handelt (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2016 - 7 ME 43/16 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.05.2015 - 20 A 316/14 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 06.12.2016 - 2 B 1935/16 -, juris).

68

Nach den damit grundsätzlich maßgeblichen zu § 35 GewO entwickelten Grundsätzen ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß auszuüben. Unter Anwendung allgemeiner Maßstäbe schlagen dabei grundsätzlich Verstöße gegen solche Vorschriften ohne weiteres auf die abfallrechtliche Zuverlässigkeit durch, die unmittelbar das Schutzgut des Abfallrechts, die Umwelt, betreffen. Daneben stehen Verstöße gegen Vorschriften, die ohne unmittelbaren Bezug zur Umwelt als dem Schutzgut des Abfallrechts für die ordnungsgemäße Sammlung von Abfällen einschlägig sind. Gründe, diese von vornherein bei der Prüfung der Zuverlässigkeit auszusparen, sind nicht ersichtlich. Solche Verstöße geben vielmehr Aufschluss über das Verhalten bezüglich der in Rede stehenden gewerblichen Tätigkeit. Je weniger direkt das Schutzgut des Abfallrechts von der Vorschrift betroffen ist, gegen die verstoßen wird, umso strenger muss jedoch der Maßstab zur Berücksichtigung dieses Verstoßes im Hinblick auf die Annahme der Unzuverlässigkeit sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Relevanz von Verstößen allein aus der Schwere des einzelnen Verstoßes ergibt. Vielmehr kann auch eine Vielzahl weniger gewichtiger Verstöße in ihrer Gesamtheit zur Prognose der Unzuverlässigkeit führen. Denn sie lässt einen Hang zur Nichtbeachtung geltenden Rechts erkennen, der - vorbehaltlich erkennbarer Verhaltensänderungen - dem erforderlichen Vertrauen auf künftige Rechtstreue entgegensteht. Grundsätzlich reicht dementsprechend die in einer Vielzahl kleinerer Verstöße zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung zur Annahme der Unzuverlässigkeit aus, ohne dass ein zielgerichtetes Handeln festgestellt werden müsste. Je mehr System hinter den Verstößen zu erkennen ist, umso weniger gewichtig kann der einzelne Verstoß sein, um die Annahme der Unzuverlässigkeit im Rahmen von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG zu rechtfertigen. Aus diesem Grund sind jedenfalls schwere und systematische Verstöße auch gegen nicht unmittelbar umweltschutzbezogene Vorschriften geeignet, die erforderliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Solche kommen zum Beispiel im Hinblick auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte an Grundstücken in Betracht. Sowohl straßenrechtliche Normen als auch zivilrechtliche Abwehrrechte aus Eigentum und Besitz gehören zu den im Zusammenhang mit der Sammlung einschlägigen Vorschriften, deren Nichtbeachtung die Annahme einer Unzuverlässigkeit im Sinne von § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG rechtfertigen kann. Denn nach § 3 Abs. 15 KrWG wird eine Sammlung durch das Einsammeln von Abfällen charakterisiert. Diese beginnt regelmäßig und - abgesehen von sog. Straßensammlungen - notwendig mit dem Aufstellen von Containern (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2016 - 7 ME 43/16 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.05.2015 - 20 A 316/14 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.07.2013 - 20 B 607/13 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.05.2014 - 10 S 30/14 -, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.12.2016 - 4 LB 20/15 -, juris). Durchgreifende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Trägers der Sammlung im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG bestehen danach auch dann, wenn es nachweislich und wiederholt zu systematischen und massiven Verstößen gegen öffentliches und/oder privates Recht durch Personen kommt, derer sich der Anzeigende als Dienstleister bedient, indem Sammelcontainer ohne erforderliche Sondernutzungserlaubnisse im öffentlichen Straßenraum oder widerrechtlich auf Privatgrundstücken aufgestellt werden, und bei prognostischer Betrachtung die Gefahr besteht, dass es im Fall der Durchführung der angezeigten Sammlung ebenfalls oder weiterhin zu solchen gewichtigen Verstößen kommen wird (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2016 - 7 ME 43/16 -, juris; Beschluss des Senats vom 14.01.2015 - 7 ME 57/14 -, juris).

69

Es besteht auch keine Veranlassung, die Zuverlässigkeitsprüfung auf den Zuständigkeitsbereich der beklagten Behörde zu beschränken und nur Tatsachen zugrunde zu legen, die dort zutage getreten sind. Denn die Zuverlässigkeit ist ein personenbezogenes Merkmal, kein regionales. Regelmäßig dürfte sich ein Verhalten deshalb nicht stadt- oder kreisbezogen beurteilen lassen. Insbesondere gibt es keinen Grund, warum die Manifestation nicht ordnungsgemäßer Gewerbeausübung in einem Sammelgebiet - etwa in einem Nachbarkreis - von vornherein außer Betracht bleiben müsste. Der Fall, dass der Träger einer Sammlung - aus welchen Gründen auch immer - ausschließlich im Zuständigkeitsbereich einer Behörde auffällig wird und sich im Übrigen stets an die einschlägigen Vorschriften hält, dürfte eher theoretischer Natur sein (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2016 - 7 ME 43/16 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.12.2015 - 20 A 1596/14 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.05.2015 - 20 A 316/14 -, juris).

70

Dies zugrunde gelegt, bestehen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats über die Berufung der Klägerin durchgreifende Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin als Trägerin der Sammlung.

aa)

71

Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin in der Vergangenheit unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG gewesen ist. Es sind wiederholt, in großem Umfang und in verschiedenen Kommunen Altkleidercontainer aufgestellt worden, ohne dass die erforderliche Sondernutzungserlaubnis für den öffentlichen Straßenraum oder eine privatrechtliche Berechtigung für Privatgrundstücke vorgelegen hätte.

72

Zwar ist es im Zuständigkeitsbereich der Beklagten selbst in der Vergangenheit nur zu einem einzigen - belegten - Verstoß der Klägerin gekommen. So haben Mitarbeiter der GEB im Oktober 2014 festgestellt, dass die Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten einen Altkleidercontainer aufgestellt hatte, ohne dies vorher anzuzeigen. Dieser einmalige Verstoß, der von der Klägerin mit einem Versehen entschuldigt worden ist, reicht für sich genommen nicht aus, um auf eine Unzuverlässigkeit der Klägerin zu schließen. Jedoch besteht - wie dargelegt - keine Veranlassung, die Zuverlässigkeitsprüfung auf den Zuständigkeitsbereich der beklagten Behörde zu beschränken. Bundesweit - insbesondere (im angrenzenden Bundesland) in Nordrhein-Westfalen, wo sich der Sitz der Klägerin befindet (vgl. Amtsgericht A-Stadt, HRB 10812) - ist es zu einer Vielzahl von Verstößen der Klägerin gegen öffentliches und/oder privates Recht gekommen.

73

Soweit sich die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid - und ihr folgend auch das Verwaltungsgericht - vorrangig auf im Internet veröffentlichte Zeitungsberichte verschiedener Kommunen berufen hat, nach denen die Klägerin Altkleidercontainer aufgestellt hatte, ohne dies anzuzeigen bzw. ohne eine entsprechende öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Berechtigung für den Aufstellort zu haben, teilt der Senat die Bedenken der Klägerin, ob den Presseberichten - isoliert betrachtet - eine Vermutung der Richtigkeit zugeschrieben werden kann.

74

Etwas anderes gilt jedoch für die von der Beklagten im Klage- und Berufungsverfahren zur Begründung der Unzuverlässigkeit der Klägerin herangezogenen Gerichtsurteile anderer Verwaltungsgerichte (siehe dazu sogleich). Aus ihnen ergeben sich gerichtlich hinreichend sicher festgestellte Tatsachen, die eine Unzuverlässigkeit der Klägerin begründen. Dies gilt jedenfalls für diejenigen Gerichtsentscheidungen, die - wie hier - rechtskräftig geworden sind; denn insoweit ist es der Klägerin nicht gelungen, die gegen sie erhobenen Vorwürfe entweder in dem jeweiligen gerichtlichen Verfahren oder in einer nächsthöheren Instanz zu entkräften. Rechtskräftig wird zwar grundsätzlich nur die Feststellung der Rechtsfolge als Ergebnis der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter das Gesetz, also die im Entscheidungssatz des Urteils sich verkörpernde Schlussfolgerung aus Rechtsnorm und Lebenssachverhalt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.05.1994 - 9 C 501.93 -, juris). Die Rechtskraft erstreckt sich hingegen nicht auf die einzelnen Urteilselemente, also nicht auf die tatsächlichen Feststellungen, die Feststellung einzelner Tatbestandsmerkmale und sonstige Vorfragen oder Schlussfolgerungen, auch wenn diese für die Entscheidung tragend gewesen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2013 - 8 C 2.12 -, juris). Tatsächliche Feststellungen nehmen aber insofern an der Rechtskraft teil, als sie in einem weiteren Verfahren über denselben Streitgegenstand grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden können. In diesem Sinne wird der Prozessstoff bestandsfest, auch wenn die tatsächlichen Feststellungen nicht in selbstständige Rechtskraft erwachsen (vgl. Clausing in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 121 Rn. 46, zitiert nach beck-online). Adressaten der Bindungswirkung sind dabei nicht nur die in § 121 Nr. 1 VwGO genannten Beteiligten, sondern auch die Gerichte (vgl. Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u. a.; VwGO, 6. Auflage 2014, § 121 Rn. 7, zitiert nach juris). Soweit die Klägerin nunmehr anführt, dass die in den genannten Gerichtsentscheidungen erhobenen Vorwürfe weitgehend zu entkräften seien, ist diesem Vorbringen im vorliegenden Verfahren daher nicht weiter nachzugehen. Es ist nicht Aufgabe des Senats, die vorangegangenen Prozesse vor anderen Verwaltungsgerichten erneut aufzurollen und einer erneuten Beweiswürdigung zu unterziehen.

75

Den Urteilen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (vgl. Urteil vom 02.09.2014 - 17 K 4202/13 -, juris; Urteil vom 02.09.2014 - 17 K 3552/13 -, juris; Urteil vom 22.09.2014 - 17 K 2730/13 -, juris; Urteil vom 07.10.2014 - 17 K 2897/13 -, juris), des Verwaltungsgerichts Köln (vgl. Urteil vom 11.09.2014 - 13 K 7220/12 -, n. v.) und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (vgl. Urteil vom 10.02.2015 - 9 K 5640/12 -, juris; Urteil vom 24.02.2015 - 9 K 2302/13 -, n. v.; Urteil vom 24.02.2015 - 9 K 2303/13 -, juris) lassen sich die der Klägerin - unter Verantwortung ihrer ehemaligen Geschäftsführer E. und F. sowie ihres ehemaligen Sammlungsverantwortlichen H. - anzulastenden Verstöße, die im Ergebnis ihre Unzuverlässigkeit in der Vergangenheit begründen, detailliert entnehmen. Ausweislich der gerichtlich festgestellten Tatsachen hat die Klägerin in der Vergangenheit bei der Durchführung gewerblicher Alttextilsammlungen u. a. in den Städten Wuppertal, Remscheid, Düsseldorf, Krefeld, Leverkusen, Gelsenkirchen, Dortmund, Essen, Herne sowie in weiteren Kommunen massiv gegen öffentliches Straßenrecht und private Verfügungsbefugnisse verstoßen. Ihre Altkleidersammelcontainer wurden danach in den Jahren 2011 bis 2014 wiederholt und in großer Anzahl im öffentlichen Straßenraum ohne Einholung der erforderlichen Sondernutzungserlaubnis sowie auf Privatgrundstücken ohne Einverständnis des jeweiligen Verfügungsberechtigten aufgestellt. Die einzelnen Standorte der Container sowie die Zeitpunkte der jeweiligen Verstöße gegen das Straßen- und/oder Privatrecht lassen sich den einzelnen Urteilen entnehmen. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zitierten Entscheidungen.

76

Die genannten Urteile der Verwaltungsgerichte Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen sind rechtskräftig, nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die hiergegen von der Klägerin gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung allesamt abgelehnt hat (vgl. Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2043/14 -, n. v.; Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2042/14 -, n. v.; Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2077/14 -, juris; Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2079/14 -, n. v.; Beschluss vom 29.12.2015 - 20 A 2012/14 -, n. v.; Beschuss vom 06.06.2016 - 20 A 714/15 -, n. v.; Beschluss vom 06.06.2016 - 20 A 835/15 -, n. v.; Beschluss vom 06.06.2016 - 20 A 785/15 -, n. v.). Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Bewertung der Verwaltungsgerichte Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen, die Klägerin sei aufgrund der im einzelnen benannten Verstöße gegen Straßen- und/oder Privatrecht unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG, auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich erfolgten personellen Veränderungen bei der Klägerin bestätigt. So hat es zuletzt mit drei Beschlüssen vom 06. Juni 2016 den Unzuverlässigkeitsvorwurf des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen aufrechterhalten.

77

Zu verweisen ist des Weiteren auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 21. Januar 2013 (Az. 1 L 542/12, juris), der durch das Sächsische Oberverwaltungsgericht (vgl. Beschluss vom 25.03.2013 - 1 B 300/13 -, juris) bestätigt worden ist. Ausweislich dieser Entscheidung hatte die Klägerin im Jahr 2012 in Leipzig hunderte Container aufgestellt, ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis zu besitzen. Bis Ende des Jahres 2012 wurden 760 Container der Klägerin beräumt. Dies stellt einen massiven Verstoß der Klägerin gegen straßenrechtliche Vorschriften dar.

78

Schließlich ist noch auf das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 24. Oktober 2013 (Az. M 17 K 13.2189, juris) zu verweisen, mit dem ebenfalls die Unzuverlässigkeit der Klägerin festgestellt worden ist. Ausweislich der Feststellungen dieser Entscheidung hat die Klägerin in der Vergangenheit immer wieder Container ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis auf öffentlichem Straßengrund aufgestellt. Es wird verwiesen auf die - soeben genannte - Entscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzig. Im Gewerbezentralregister befänden sich zudem zehn Eintragungen bezüglich des damaligen Geschäftsführers der Klägerin, unter anderem Eintragungen zu unerlaubten Sondernutzungen aus dem Jahr 2008. Im Jahr 2013 sei in Nordhausen ein Container ohne die erforderliche Erlaubnis aufgestellt worden.

79

Allein die Vielzahl dieser Verfahren ist als Indiz für ein unzuverlässiges Geschäftsgebaren der Klägerin anzusehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2077/14 -, juris).

bb)

80

Es ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht weiterhin davon auszugehen, dass die Klägerin unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG ist.

81

Die in ihrer Gesamtheit als systematisch und massiv einzustufenden Verstöße der Klägerin in der Vergangenheit rechtfertigen die Prognose, dass es im Fall der Durchführung der angezeigten streitgegenständlichen Sammlung in der Zukunft ebenfalls zu solchen gewichtigen Verstößen kommen wird (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2016 - 7 ME 43/16 -, juris). Zwar können Verstöße in der Vergangenheit ihre Aussagekraft für die erforderliche Prognose zukünftiger Zuverlässigkeit nach einer gewissen Zeit einbüßen. Allerdings gibt es insoweit keinen festen zeitlichen Rahmen, wonach Rechtsverstöße beispielsweise nach einem Jahr als unbeachtlich angesehen werden müssten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.12.2015 - 20 A 2012/14 -, n. v.). Vorliegend spricht insbesondere auch angesichts der Vielzahl der Verstöße nichts dafür, die hauptsächlich in den Jahren 2011 bis 2014 - und damit in noch nicht allzu ferner Vergangenheit - aufgetretenen Verstöße als erledigt zu betrachten, zumal in die Zwischenzeit eine Vielzahl von Untersagungsverfahren und gerichtlichen Auseinandersetzungen fällt, die ein etwaiges Wohlverhalten der Klägerin als zumindest maßgeblich dem behördlichen Druck geschuldet erscheinen lassen und nicht als Indiz für einen Gesinnungswandel (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2077/14 -, juris). War ein gewerblicher Sammler in der Vergangenheit unzuverlässig, ist für die Wiedererlangung der Zuverlässigkeit ein "strenger" Maßstab anzulegen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2077/14 -, juris). Für eine Wiedererlangung der Zuverlässigkeit ist grundsätzlich erforderlich, dass sich der Sammler ernsthaft und nachhaltig um eine Beseitigung der geltend gemachten Missstände bemüht hat. Erforderlich sind im Regelfall nachhaltige und ernsthafte Veränderungen in personeller und sachlich-organisatorischer Hinsicht, die die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene zukünftig die Gewähr dafür bietet, sich bei der Durchführung gewerblicher Sammlungen rechtstreu zu verhalten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.12.2015 - 20 A 2012/14 -, n. v.). Die von der Klägerin vorgenommenen personellen und organisatorischen Veränderungen reichen nicht aus, um davon auszugehen, sie habe sich ernsthaft und nachhaltig um eine Beseitigung der geltend gemachten Missstände bemüht.

(1)

82

Zunächst hat die Klägerin nach der Auffassung des Senats keine hinreichenden personellen Veränderungen vorgenommen, die eine Zäsur im Sinne eines Neuanfangs erkennen ließen.

83

So hat zunächst die Abberufung des damaligen Geschäftsführers E. und die Berufung von F. zum Geschäftsführer der Klägerin im September 2013 (vgl. Amtsgericht A-Stadt, HRB 10812) nicht zu einer solchen hinreichenden personellen Veränderung geführt. Zum einen wurde E. zugleich mit seiner Abberufung als Geschäftsführer der Klägerin die Einzelprokura erteilt (vgl. Amtsgericht A-Stadt, HRB 10812), die es ihm ermöglichte, weiterhin maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin zu nehmen. Zum anderen ist es ausweislich der Feststellungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (vgl. Urteil vom 02.09.2014 - 17 K 4202/13 -, juris; Urteil vom 02.09.2014 - 17 K 3552/13 -, juris; Urteil vom 22.09.2014 - 17 K 2730/13 -, juris; Urteil vom 07.10.2014 - 17 K 2897/13 -, juris), des Verwaltungsgerichts Köln (vgl. Urteil vom 11.09.2014 - 13 K 7220/12 -, n. v.) und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (vgl. Urteil vom 10.02.2015 - 9 K 5640/12 -, juris; Urteil vom 24.02.2015 - 9 K 2302/13 -, n. v.; Urteil vom 24.02.2015 - 9 K 2303/13 -, juris) auch nach diesem Austausch der Geschäftsführung im Jahr 2013 weiterhin zu Verstößen gegen das Straßen- und/oder Privatrecht gekommen.

84

Im Dezember 2014 erhielt sodann G. anstelle von E. die Einzelprokura (vgl. Amtsgericht A-Stadt, HRB 10812). Dies geschah im auffälligen zeitlichen Zusammenhang mit den soeben zitierten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Köln vom September/Oktober 2014 und erweckt aus diesem Grund den Anschein eines rein prozesstaktischen Manövers. Auch wenn das Reagieren auf gerichtliche Entscheidungen für sich genommen nicht als schädlich angesehen werden kann, sondern auch die Bereitschaft der Klägerin zeigt, auf aufgezeigte Missstände zu reagieren, bleibt doch der Eindruck zurück, es werde erst dann gehandelt, wenn ein Handeln unausweichlich ist. Unabhängig davon ist F., unter dessen Führung es bereits zu Verstößen gegen das Straßen- und/oder Privatrecht gekommen war, weiterhin Geschäftsführer der Klägerin geblieben. Die Erteilung der Prokura an G. stellt damit für sich genommen noch keine Änderung in der Unternehmensleitung dar, die als Zäsur im Sinne eines Neuanfangs zu werten wäre.

85

Ein weiterer Austausch der Geschäftsführung erfolgte erst im Januar 2016, d. h. im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu den - bereits zitierten - Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. und 29. Dezember 2015 (vgl. Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2043/14 -, n. v.; Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2042/14 -, n. v.; Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2077/14 -, juris; Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2079/14 -, n. v.; Beschluss vom 29.12.2015 - 20 A 2012/14 -, n. v.). Anstelle von F., der von den Verwaltungsgerichten Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen und ihnen folgend vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als unzuverlässig angesehen worden ist, wurde nunmehr G. zum Geschäftsführer bestellt (vgl. Amtsgericht A-Stadt, HRB 10812). Diese personelle Veränderung kann jedoch ebenfalls nicht als ein ernsthaftes und nachhaltiges Bemühen um eine Beseitigung der Missstände angesehen werden. Zwar weisen ein von der Klägerin vorgelegtes aktuelles Führungszeugnis des G. sowie aktuelle Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister über G. keine Eintragungen aus. Es spricht jedoch einiges dagegen, die Bestellung von G. als personellen Neuanfang zu qualifizieren, der eine Wiedererlangung der Zuverlässigkeit rechtfertigt (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2017 - 17 K 12388/17 -, juris).

86

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass G. bereits vor der Bestellung von E. zum Geschäftsführer der Klägerin im Jahr 2006 Geschäftsführer der Klägerin gewesen ist (vgl. Amtsgericht A-Stadt, HRB 10812). Bereits aus diesem Grund ist zweifelhaft, ob seine erneute Bestellung zum Geschäftsführer im Jahr 2016 als personeller Neuanfang qualifiziert werden kann. Außerdem ist G. vor seiner erneuten Bestellung zum Geschäftsführer im Januar 2016 bereits mehr als ein Jahr als Einzelprokurist für die Klägerin tätig gewesen und hat während dieser Zeit mit F. zusammengearbeitet, der seinerseits wiederum - wie bereits ausgeführt - von den Verwaltungsgerichten Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen und ihnen folgend vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als unzuverlässig angesehen worden ist. Des Weiteren hat G. nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer im Januar 2016 keine unverzüglichen Konsequenzen aus der gerichtlich mehrfach festgestellten Unzuverlässigkeit des Mitarbeiters H. gezogen. Dieser war unter G. noch nahezu ein halbes Jahr, nämlich bis Ende Juni 2016 tätig. Die Abberufung von H. steht ihrerseits im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den - bereits zitierten - Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 06. Juni 2016 (vgl. Beschuss vom 06.06.2016 - 20 A 714/15 -, n. v.; Beschluss vom 06.06.2016 - 20 A 835/15 -, n. v.; Beschluss vom 06.06.2016 - 20 A 785/15 -, n. v.), in denen die fortbestehende Unzuverlässigkeit der Klägerin unter anderem mit der Tätigkeit von H. begründet wurde. Darüber hinaus hat die Klägerin - jedenfalls bis September 2017 - auch unter Leitung ihres aktuellen Geschäftsführers G. bei der Durchführung gewerblicher Sammlungen weiterhin mit Personen zusammengearbeitet, die in der Vergangenheit keine Gewähr für ein in jeder Hinsicht rechtstreues Verhalten geboten haben. So bediente sie sich für die Leerung von Altkleidercontainern des Subunternehmers O., der in der Vergangenheit Altkleidercontainer unter Verstoß gegen öffentliches Straßenrecht aufgestellt hat (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2017 - 17 K 12388/17 -, juris, m. w. N.).

87

Dieses insgesamt nur zögerliche und nicht konsequente Auswechseln von Mitarbeitern spricht - dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt - gegen ein nachhaltiges Bemühen der Klägerin um ein künftig rechtskonformes Verhalten. Es spricht Vieles dafür, dass es sich bei dem Austausch der Geschäftsführung im September 2013 und erneut im Januar 2016, bei dem Wechsel in der Stellung des Einzelprokuristen im Dezember 2014 und bei der Abberufung des Abfallbeauftragten H. im Juni 2016 um rein prozesstaktisch zu erklärende Manöver handelt, die an der Unzuverlässigkeit nichts ändern, sie im Gegenteil bestätigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2015 - 20 A 2077/14 -, juris). Die Klägerin hat personelle Veränderungen immer nur dann und auch nur insoweit vorgenommen, wie es aufgrund der gegen sie ergangenen Gerichtsentscheidungen unausweichlich war. So erfolgte - wie bereits ausgeführt - die Bestellung des aktuellen Geschäftsführers G. kurz nach Erlass der ablehnenden Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. und 29. Dezember 2015. Die Entlassung des Abfallbeauftragten H. erfolgte kurz nach Erlass der ablehnenden Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 06. Juni 2016.

(2)

88

Unabhängig davon hat die Klägerin jedenfalls keine hinreichenden organisatorischen Veränderungen vorgenommen, die eine Zäsur im Sinne eines Neuanfangs erkennen ließen. Die von der Klägerin vorgelegten innerbetrieblichen Arbeitsanweisungen genügen den Anforderungen an eine ernsthafte Umkehr nicht. Denn sie bieten insbesondere keine hinreichende Gewähr dafür, dass es nicht auch in Zukunft wieder zu systematischen Verstößen gegen private Verfügungsbefugnisse kommen wird.

89

Bereits das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. Beschuss vom 06.06.2016 - 20 A 714/15 -, n. v.) hat in Anbetracht der massiven und systematischen Verstöße der Klägerin gegen öffentliches Straßenrecht und private Verfügungsbefugnisse in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich der Akquisition neuer Standplätze für Altkleidercontainer auf Privatgrundstücken einer umfassenden und sorgfältigen Überprüfung der Verfügungsbefugnis des jeweiligen Vertragspartners bedürfe. Bislang prüfe die Klägerin nicht selbst die Verfügungsberechtigung des Vertragspartners über den Standplatz, sondern verlasse sich auf die Angaben des Vertragspartners. Sie sei der Auffassung, es könne bei etwaigen Eigentumsverletzungen allenfalls ein Fehlverhalten ihres Vertragspartners angenommen werden, das ihr nicht zuzurechnen sei. Dabei übersehe sie aber, dass sie die Verantwortung dafür trage, bei ihrer Sammlung geltendes Recht zu beachten. Sie nehme es zumindest billigend in Kauf, widerrechtlich fremdes Eigentum in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin könne sich nur dann der Verfügungsbefugnis des jeweiligen Vertragspartners sicher sein, wenn sie sich in jedem Einzelfall entweder einen Grundbuchauszug zum Nachweis der Eigentümerstellung über das jeweilige Grundstück oder aber einen Mietvertrag des jeweiligen Mieters vorlegen lasse, aus dem sich ausdrücklich eine Berechtigung zur Untervermietung entsprechender Stellflächen ergebe. Ferner sei erforderlich, dass die Klägerin sämtliche von ihr bereits besetzte Standorte einer umfassenden Prüfung dahingehend unterziehe, ob die Containeraufstellung rechtskonform erfolgt sei (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.06.2016 - 20 A 714/15 -, n. v.; VG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2017 - 17 K 12388/17 -, juris).

90

Dass derartige Überprüfungen oder gleichstehende aktive Kontrollmaßnahmen hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des jeweiligen Vertragspartners durch die Mitarbeiter der Klägerin mittlerweile erfolgen, lässt sich den von der Klägerin vorgelegten (überarbeiteten) Arbeitsanweisungen (Anlagen K 15 und K 16) nicht entnehmen. So heißt es bezüglich der Akquisition neuer Containerstandplätze zur Verfügungsbefugnis des jeweiligen Vertragspartners in Ziffer 2 der Anweisung für Außendienstmitarbeiter lediglich, es sei zu beachten, ob der Vertragsnehmer verfügungsberechtigt über die anzumietende Fläche sei. Den Anweisungen für Aufsteller von Altkleiderwertstoffboxen und für Fahrpersonal ist hinsichtlich einer Prüfung der Verfügungsbefugnis des Vertragspartners überhaupt nichts Greifbares zu entnehmen. Konkrete Handlungsanweisungen fehlen insoweit. Ein wirksames Kontrollsystem hat die Klägerin nicht entwickelt. Sie verlässt sich bei der Prüfung der Verfügungsbefugnis über Privatgrundstücke offensichtlich nach wie vor allein auf die Angaben ihres jeweiligen Vertragspartners, ohne sich selbige vom vorgeblichen Eigentümer etwa durch Vorlage eines Grundbuchauszugs bzw. vom vorgeblichen Mieter durch Vorlage eines Mietvertrags mit ausdrücklicher Berechtigung zur Untervermietung oder durch vergleichbare Dokumente nachweisen zu lassen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 29.09.2017 - 17 K 12388/17 -, juris).

91

Die Klägerin bestätigt im Übrigen selbst, dass sie nach wie vor die Verfügungsbefugnis ihrer Vertragspartner bezüglich der Stellflächen unzureichend prüft. Sie vertritt in ihrem Schriftsatz vom 24. April 2017 die Auffassung, dass es ihr aufgrund der mittlerweile mehr als 6.500 Container im gesamten Bundesgebiet nicht möglich sei, in jedem Einzelfall etwa anhand eines Grundbuchauszugs zu prüfen, wer der Eigentümer des jeweiligen Grundstücks sei. Eine solche Auffassung sei überzogen. Sie müsse sich auf die Angaben ihrer Vertragspartner verlassen dürfen. Wenn es zu Beanstandungen komme, sei es kein Problem, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Damit unterlässt es die Klägerin - trotz der festgestellten Verstöße in der Vergangenheit - aber willentlich, sich über die bloßen Angaben ihres jeweiligen Ansprechpartners hinausgehende Gewissheit über dessen privatrechtliche Verfügungsbefugnis über die betreffende Containerstellfläche zu verschaffen und nimmt folglich weiterhin billigend in Kauf, dass etwaige Rechte privater Dritter insoweit nicht beachtet werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.06.2016 - 20 A 714/15 -, n. v.).

(3)

92

Sind somit bereits die Veränderungen der Klägerin in personeller und sachlich-organisatorischer Hinsicht nicht ausreichend, um auf eine Wiedererlangung der Zuverlässigkeit schließen zu lassen, ist schließlich auch aus sonstigen Umständen keine Abkehr der Klägerin von ihrem bisherigen Verhalten erkennbar und damit eine günstige Prognose für die Zukunft nicht möglich.

93

Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Verhalten der Klägerin seit längerer Zeit keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben hätte. So liegen - wie bereits ausgeführt - die in den Urteilen bzw. Beschlüssen der Verwaltungsgerichte Leipzig, Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen aufgeführten Verstöße gegen Straßen- und/oder Privatrecht in den Jahren 2011 bis 2014 noch nicht so lange zurück, dass sie als erledigt betrachtet werden könnten, zumal ihnen aufgrund ihrer Vielzahl und Massivität ein besonderes Gewicht zukommt. Schon aus diesem Grund kann keine Rede davon sein, die Klägerin hätte seit längerer Zeit keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben.

94

Des Weiteren hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit einem aktuellen Urteil vom 29. September 2017 (Az. 17 K 12388/17, juris) die Klägerin (weiterhin) für unzuverlässig erklärt. Aufgeführt werden dort unter anderem 13 Verstöße gegen öffentliches Straßenrecht bzw. private Verfügungsbefugnisse in den Jahren 2013 bis 2015. Zwar hat die Klägerin gegen dieses Urteil die Zulassung der Berufung beantragt; das Verfahren ist bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zum Aktenzeichen 20 A 2883/17 anhängig. Auch wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf damit noch nicht rechtskräftig ist, wirft es jedenfalls ein negatives Licht auf das Geschäftsgebaren der Klägerin und vermag damit nicht zu einer günstigen Zuverlässigkeitsprognose für die Zukunft beizutragen.

95

Schließlich hat die Beklagte darauf verwiesen, dass aktuell bei dem Verwaltungsgericht Potsdam (Az. 1 K 3090/16) ein Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Landesamt für Umwelt, Potsdam, anhängig sei, welcher Vorfälle aus den Jahren 2016/2017 zum Gegenstand habe. Sowohl in Brandenburg/Havel als auch in Potsdam seien von der Klägerin Sammelcontainer im öffentlichen Raum aufgestellt worden, ohne dass eine Sondernutzugserlaubnis vorgelegen hätte. Die Klägerin ist den dort erhobenen Vorwürfen zwar im Einzelnen entgegengetreten und hat insbesondere darauf verwiesen, dass das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam weiterhin anhängig und noch keine Entscheidung ergangen sei. Dies verkennt der Senat nicht. Es verbleibt jedoch auch insoweit der Umstand, dass aktuell Gerichtsprozesse um Sammlungsuntersagungen gegenüber der Klägerin geführt werden, die ihre (Un-) Zuverlässigkeit zum Gegenstand haben. Ein Indiz für eine günstige Zuverlässigkeitsprognose lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten.

96

Den Umstand, dass offenbar die Stadt Gelsenkirchen und die Stadt Herne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr von einer Unzuverlässigkeit der Klägerin ausgehen, nimmt der Senat zur Kenntnis. Die Einschätzung dieser beiden Städte bindet den Senat jedoch nicht hinsichtlich der eigenen Beurteilung der Zuverlässigkeit der Klägerin.

97

Es ist daher weiterhin davon auszugehen, dass die Klägerin unzuverlässig im Sinne des § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG ist.

b)

98

Da es sich bei den beiden Alternativen in § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG um jeweils selbständig tragende Untersagungsgründe handelt und hier bereits der erste Untersagungsgrund nach § 18 Abs. 5 Satz 2, 1. Alt. KrWG erfüllt ist, kommt es auf das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG nicht mehr entscheidungserheblich an. Daher weist der Senat nur zur Klarstellung darauf hin, dass die Beklagte und das Verwaltungsgericht insoweit zu Unrecht angenommen haben, dass die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten sei. Der gewerblichen Sammlung der Klägerin stehen keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegen.

99

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG, auf den § 18 Abs. 5 Satz 2, 2. Alt. KrWG Bezug nimmt, besteht die Überlassungspflicht von Abfällen an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht für Abfälle, die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen stehen einer gewerblichen Sammlung nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist nach Satz 2 der Vorschrift anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung 1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, 2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder 3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird. Nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG gilt Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.

100

Vorliegend wird durch die Sammlung der Klägerin die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht wesentlich beeinträchtigt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte sich nicht auf eine Gefährdung der Gebührenstabilität im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG berufen kann. Dem ist nichts hinzuzufügen, und das Ergebnis wird auch von den Beteiligten nicht (mehr) in Frage gestellt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung aber auch nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG abgeleitet werden. Zwar stellt das von den GEB bereitgestellte System eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung von Abfällen im Sinne dieser Vorschrift dar. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 16 f. des Urteilsabdrucks wird insoweit Bezug genommen (vgl. § 130b Satz 2 VwGO). Jedoch ist § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris) unionsrechtskonform als widerlegliche Vermutung auszulegen. Denn der Schluss, dass jegliche gewerbliche Sammlung eine wesentliche Beeinträchtigung des Schutzobjekts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zur Folge hat, ist auch bei einer typisierenden Betrachtungsweise nicht vertretbar. Vielmehr müssen Sammlungen ausgenommen werden, die gerade wegen ihrer Eigenheiten nur unbedeutende Auswirkungen haben können (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris).

101

Die Prüfung, ob eine Ausnahme von der in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG normierten Regelvermutung vorliegt, hat sich daran auszurichten, ob Anhaltspunkte gegeben sind, die den Schluss zulassen, dass die dort vorausgesetzten negativen Auswirkungen auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers aufgrund besonderer Umstände nicht zu besorgen sind. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG geht in der Regel davon aus, dass der Marktzutritt gewerblicher Sammler bei einem hochwertigen Erfassungs- und Verwertungssystem die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich beeinträchtigt und damit dessen Funktionsfähigkeit gefährdet. Damit genießt das hochwertige Erfassungssystem besonderen Schutz. Nach der Gesetzesbegründung soll von Bedeutung sein, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch die Sammlung zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung seiner Entsorgungsstruktur gezwungen wäre (vgl. BT-Drs. 17/6052 S. 88). Ein umfassender Schutz des organisatorischen status quo des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist schon hiernach nicht beabsichtigt. Das ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens dadurch bekräftigt worden, dass der Stellungnahme der Europäischen Kommission Rechnung getragen werden sollte; diese hatte darauf abgestellt, dass der - grundsätzlich zu ermöglichende - Marktzutritt weiterer Sammler zwangsläufig Änderungen, auch struktureller Art, erfordere und diese folglich hinzunehmen seien. Nur ein in dieser Weise reduzierter Schutz entspricht auch den Anforderungen aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Er ist nicht unternehmens-, sondern aufgabenbezogen und hat allein die Sicherung der im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Aufgabe im Blick. Es kommt folglich darauf an, ob durch einen Marktzugang des gewerblichen Sammlers die Grundstrukturen der Entsorgung, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zur Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung nach Maßgabe seiner organisatorischen Grundentscheidungen ins Werk gesetzt hat, wesentlich umgestaltet werden müssten (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris, m. w. N.). Ob es daran entgegen der in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorausgesetzten Regel fehlt, bemisst sich in erster Linie nach den Auswirkungen auf die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu erzielende Sammelmenge. Folgen für die Einnahmesituation des Entsorgungsträgers, die für die Gebührenkalkulation von Bedeutung sein können, sind demgegenüber allein im Rahmen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris).

102

Bei der Bewertung der Auswirkungen des Marktzutritts eines gewerblichen Sammlers ist dessen Sammlung nicht isoliert, sondern nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen zu betrachten. Damit wird klargestellt, dass bei der Abschätzung der abfallwirtschaftlichen Auswirkungen nicht allein auf den Beitrag des jeweils zu prüfenden Sammlers abzustellen ist, sondern im Sinne einer Gesamtbelastung die Beiträge anderer berücksichtigungsfähiger Sammlungen in die Betrachtung mit einzubeziehen sind (vgl. BT-Drs. 17/7505 S. 43). In erster Linie von Bedeutung sind insoweit - als zusätzlich beabsichtigte Veränderung des Sammlungsumfeldes - weitere angezeigte, aber insbesondere wegen einer sofort vollziehbaren Untersagungsverfügung noch nicht durchgeführte Sammlungen. Sie werden erst dann unbeachtlich, wenn die Untersagung bestandskräftig geworden ist. Zuvor sind sie als jedenfalls mögliche (Zusatz-)Belastungen in die Überlegungen mit einzustellen. Neben den anstehenden Veränderungen sind bereits rechtmäßig durchgeführte Sammlungen mit den tatsächlichen Sammelmengen in den Blick zu nehmen. Sie bilden den Rahmen, in dem sich die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bewährt und behauptet hat. Sie prägen den status quo und zeigen mit dem Anteil des Entsorgungsträgers am gesamten Sammelaufkommen an, welches Gewicht ihm auf dem Entsorgungsmarkt für die betreffende Abfallfraktion zukommt. Die gemeinnützigen Sammlungen sind dabei jeweils einzustellen. Für die Beurteilung der Veränderungen wie auch des status quo ist grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht maßgeblich. Dem gewerblichen Sammler kommt demnach einerseits zugute, wenn eine weitere Sammlungsanzeige zwischenzeitlich wegfällt oder eine bislang durchgeführte Sammlung eingestellt wird. Andererseits kann er nicht geltend machen, dass eine seiner Anzeige nachfolgende Anzeige bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden dürfe; denn allein die zeitliche Reihenfolge der Anzeigen begründet keinen rechtlichen Vorrang (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris).

103

Die so ermittelten zusätzlichen Sammelmengen auf Seiten der privaten Sammler sind den tatsächlichen bzw. auf der Grundlage konkreter Planungen erwarteten Sammelmengen des Entsorgungsträgers gegenüberzustellen und hiernach die Rückgänge bzw. die verminderten Steigerungspotenziale auf Seiten des Entsorgungsträgers zu prognostizieren und zu bewerten. Bis zu welchem Ausmaß einer - in prozentualen Anteilen bemessenen - Einbuße die Entsorgungsstruktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bei Wahrung einer effizienten Aufgabenerledigung im Wesentlichen unverändert bleiben kann, hängt von verschiedenen Faktoren, insbesondere vom konkreten Erfassungssystem ab. Im Interesse der Praktikabilität der Regelung ist gleichwohl in generalisierender Weise eine "Irrelevanzschwelle" festzulegen, von der nach unten oder nach oben nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abgewichen werden kann. Die Schwelle, unterhalb derer wesentliche Änderungen der Entsorgungsstruktur typischerweise nicht zu erwarten sind, ist bei einer Abfallfraktion wie den Alttextilien nicht zu niedrig anzusetzen. Denn das Erfassungssystem ist hier durch stationäre Einrichtungen und folglich durch einen hohen Anteil fixer Kosten gekennzeichnet. Eine Schwelle von 10 bis 15 % wird dem gerecht. Die Bandbreite ermöglicht es, verschiedene Konstellationen angemessen zu bewerten. So kann berücksichtigt werden, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Entsorgung der betreffenden Abfallfraktion ausweislich seines Anteils an der Gesamtsammelmenge dominiert oder nicht und folglich Einbußen in größerem oder kleinerem Umfang ohne wesentliche Beeinträchtigung seiner Funktionsfähigkeit hinnehmen kann. Ist diese Irrelevanzschwelle - gegebenenfalls nach deren Modifikation bei ganz außergewöhnlichen Konstellationen - überschritten, bleibt es bei der Regelvermutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 - 7 C 36.15 -, juris).

104

Dies zugrunde gelegt, ist die gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vorliegend widerlegt. Die Beklagte bzw. die GEB wären durch die Sammlung der Klägerin nicht zu einer wesentlichen Änderung oder Anpassung ihrer Entsorgungsstruktur gezwungen. Negative Auswirkungen auf die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind nicht zu besorgen.

105

Zu ermitteln sind danach in einem ersten Schritt die Anteile des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sowie der rechtmäßig durchgeführten privaten - d. h. gewerblichen und gemeinnützigen - Sammlungen mit ihren tatsächlichen Sammelmengen am Gesamtaufkommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 - 7 C 36.15 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.01.2017 - 20 CS 16.1416 -, juris; VG München, Urteil vom 27.07.2017 - M 17 K 17.286 -, juris; VG München, Urteil vom 11.05.2017 - M 17 K 16.1241 -, juris). Es handelt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierbei um den status quo, der den Rahmen aufzeigt, in dem sich die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bewährt und behauptet hat. Die maßgeblichen Tatsachen ergeben sich hierfür aus der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20. November 2017 vorgelegten Tabelle, die die Zahlen bzw. eine Übersicht der Sammelmengen für das Jahr 2016 enthält. Es handelt sich dabei um die aktuellsten Zahlen, die der Beklagten vorliegen und die damit im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen sind. Danach betrug die Gesamtsammelmenge im Jahr 2016 im Stadtgebiet der Beklagten 822,55 t. Davon entfielen 609 t auf die GEB und 213,55 t auf die privaten Sammlungen. Damit betrug der Anteil der GEB an der Gesamtsammelmenge 74,04 % und der Anteil der privaten Sammlungen 25,96 %.

106

Zu betrachten sind in einem zweiten Schritt die anstehenden bzw. zu erwartenden Veränderungen, d. h. die Zusatzbelastungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.01.2017 - 20 CS 16.1416 -, juris; VG München, Urteil vom 27.07.2017 - M 17 K 17.286 -, juris; VG München, Urteil vom 11.05.2017 - M 17 K 16.1241 -, juris). Neben der streitgegenständlichen Sammlung der Klägerin sind weitere angezeigte, aber insbesondere wegen einer sofort vollziehbaren Untersagungsverfügung noch nicht durchgeführte Sammlungen einzubeziehen. Sie werden - wie dargelegt - erst dann unbeachtlich, wenn die Untersagung bestandskräftig geworden ist. Nach der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20. November 2017 vorgelegten Tabelle ist vorliegend neben der angezeigten Sammelmenge der Klägerin in Höhe von 20 t die angezeigte Erhöhung der Sammelmenge der N. in Höhe von 14 t zu berücksichtigen. Da für die Beurteilung der Veränderungen wie auch des status quo grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht maßgeblich ist, ist die vom Verwaltungsgericht zum damaligen Zeitpunkt noch zu Recht berücksichtigte Sammelmenge der I. in Höhe von 200 t bei der Entscheidung des Senats nicht mehr zu berücksichtigen. Denn die Untersagung dieser Sammlung ist zwischenzeitlich bestandskräftig geworden. Ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - die angezeigten Sammelmengen der bereits durchgeführten privaten Sammlungen abzüglich ihrer tatsächlichen Sammelmengen. Denn die bereits rechtmäßig durchgeführten Sammlungen sind (nur) mit den tatsächlichen Sammelmengen in den Blick zu nehmen; sie prägen - wie bereits ausgeführt - den status quo (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris). Als Zusatzbelastungen sind daher vorliegend insgesamt 34 t in den Blick zu nehmen.

107

Schließlich sind in einem letzten Schritt die ermittelten zusätzlichen Sammelmengen auf Seiten der privaten Sammler den tatsächlichen Sammelmengen des Entsorgungsträgers gegenüberzustellen und hiernach die Rückgänge auf Seiten des Entsorgungsträgers zu prognostizieren und zu bewerten (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris; BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 - 7 C 36.15 -, juris; VG München, Urteil vom 11.05.2017 - M 17 K 16.1241 -, juris). Auf die privaten Sammlungen, die als mögliche Zusatzbelastung im Raum stehen, entfallen 34 t, d. h. 4,13 % des gesamten bisherigen Sammelaufkommens von 822,55 t. Damit erhöht sich das private Sammelaufkommen von (vorher) 213,55 t auf insgesamt 247,55 t. Dies macht einen Anteil am gesamten Sammelaufkommen von 30,1 % gegenüber (vorher) 25,96 % aus. Der (bisherige) Anteil des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers von 609 t reduziert sich entsprechend auf 575 t. Dies entspricht nur noch einem Anteil am gesamten Sammelaufkommen von 69,9 % gegenüber (vorher) 74,04 %, d. h. einem Rückgang des Anteils des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers um 4,14 Prozentpunkte bzw. um 5,59 % (vgl. zu dieser Berechnungsweise auch: Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.01.2017 - 20 CS 16.1416 -, juris; VG München, Urteil vom 11.05.2017 - M 17 K 16.1241 -, juris). Selbst wenn man - entgegen dieser Berechnungsweise, die auf die jeweiligen Anteile am gesamten Sammelaufkommen abstellt - allein darauf abstellen wollte, welchen Anteil die zusätzliche Sammelmenge auf Seiten der privaten Sammler in Höhe von 34 t an der (bisherigen) Sammelmenge der GEB in Höhe von 609 t hat, ergibt sich lediglich ein Anteil von 5,58 % (vgl. dazu tendierend wohl: BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 - 7 C 36.15 -, juris).

108

Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG widerlegt. Die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Irrelevanzschwelle von 10 bis 15 % wird deutlich unterschritten. Sogar noch deutlicher unterschritten wäre die Irrelevanzschwelle dann, wenn man - was naheliegt - davon ausginge, dass die neu hinzukommenden 34 t nicht vollständig zu Lasten der Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gehen, sondern sich der Rückgang anteilig auf die vorhandenen Sammlungen verteilt (vgl. VG München, Urteil vom 27.07.2017 - M 17 K 17.286 -, juris). Der Rückgang des Anteils des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wäre dann noch geringer.

109

Der - sinngemäße und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wohl nicht mehr aufrechterhaltene - Einwand der Beklagten, dass es für die notwendige Gesamtbetrachtung der Belastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht zielführend sei, wenn immer nur der streitgegenständliche Einzelfall für sich genommen geprüft werde, da ansonsten die Frage der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers immer, bis hin zu einem Marktanteil gegen null, verneint werden könne, wenn die jeweils streitgegenständliche Sammlung eine beantragte Sammelmenge von weniger als 10 % des gesamten Sammelaufkommens habe, erscheint zwar nicht völlig unberechtigt. Denn für sich genommen nach ihrer Menge irrelevante private Sammlungen können sich über die Jahre hinweg aufsummieren und gemeinsam die Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgers in Frage stellen (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 06.07.2017 - 1 K 675/15 -, juris). Gleichwohl würde eine Berechnungsweise, bei der auf den Marktanteil aller - d. h. sowohl der bereits bestehenden und durchgeführten als auch der zusätzlich angezeigten - privaten Sammlungen am Gesamtmarkt bzw. an der Sammelmenge des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgestellt würde (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 06.07.2017 - 1 K 675/15 -, juris; VG Münster, Urteil vom 22.03.2017 - 7 K 700/14 -, juris), den von dem Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2016 (Az. 7 C 4.15, juris) aufgestellten Grundsätzen und der dort aufgezeigten Berechnungsweise widersprechen. Denn es geht danach um die Folgen des Hinzutretens weiterer privater Sammlungen und dessen Auswirkungen auf den Anteil des Entsorgungsträgers am gesamten Sammelaufkommen (vgl. VG München, Urteil vom 11.05.2017 - M 17 K 16.1241 -, juris). Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris) hat darauf hingewiesen, dass die "zusätzlichen Sammelmengen auf Seiten der privaten Planer [...] den tatsächlichen [...] Sammelmengen des Entsorgungsträgers gegenüberzustellen" sind. Ob es sich um eine wesentliche Beeinträchtigung handelt, ist anhand einer "Bewertung der Auswirkungen eines Marktzutritts eines gewerblichen Sammlers" und "Beurteilung der Veränderung" vorzunehmen. Die bereits rechtmäßig durchgeführten Sammlungen bilden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hingegen (lediglich) den Rahmen, in dem sich die Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers "bewährt und behauptet" hat. "Sie prägen den status quo [...]". Sie stellen jedoch keine zusätzliche Belastung im Sinne einer Veränderung dar (Anmerkung: Hervorhebungen durch den Senat).

110

Im Übrigen kann von der Irrelevanzschwelle bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nach unten abgewichen werden. So kann berücksichtigt werden, ob der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Entsorgung der betreffenden Abfallfraktion ausweislich seines Anteils an der Gesamtsammelmenge dominiert oder nicht und folglich Einbußen in größerem oder kleinerem Umfang ohne wesentliche Beeinträchtigungen seiner Funktionsfähigkeit hinnehmen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris; VG München, Urteil vom 11.05.2017 - M 17 K 16.1241 -, juris). Vorliegend sind jedoch (noch) keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass außergewöhnliche Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegen. Die GEB dominieren die Entsorgung der betreffenden Abfallfraktion ausweislich ihres Anteils an der Gesamtsammelmenge von 74,04 %.

III.

111

Als Rechtsfolge ordnet § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG die Untersagung der Durchführung der angezeigten Sammlung an. Die zuständige Behörde "hat" nach dieser Vorschrift die Durchführung der angezeigten Sammlung "zu untersagen", wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden ergeben. Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen ist der Behörde danach kein Ermessen eingeräumt (vgl. Beschluss des Senats vom 17.05.2016 - 7 ME 43/16 -, juris).

112

Die Untersagung der Sammlung ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht unverhältnismäßig. Der Geltungsbereich der Untersagungsverfügung beschränkt sich in räumlicher Hinsicht auf das Stadtgebiet der Beklagten, d. h. gewerbliche Sammlungen der Klägerin anderenorts sind nicht betroffen. Zwar ist die Untersagung einer Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als grundsätzlich gebundene Entscheidung nur als ultima ratio zulässig. Sie ist unverhältnismäßig, wenn als milderes Mittel eine Maßnahme nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2016 - 7 C 4.15 -, juris). Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die angezeigte Sammlung von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG sicherzustellen. Vorliegend geht es aber nicht um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder Nr. 4 KrWG. Vielmehr bestehen nach den obigen Ausführungen zureichende Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit der Klägerin. In diesem Fall ist für mildere Maßnahmen als die Untersagung kein Raum.

IV.

113

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, eine für die Klägerin positive Kostenentscheidung voraussetzt, kann diesem Antrag der Klägerin angesichts der vorstehenden Erörterungen von vornherein kein Erfolg beschieden sein.

114

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

115

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.