Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 05.02.2018, Az.: 13 ME 397/17

isolierter Anfechtungsantrag; Anfechtungsantrag; Anspruchsvoraussetzung; faktischer Inländer; Passivlegitimation; Verpflichtungsklage; Wohnsitz; Zuständigkeitskonservierung; Zuständigkeitswechsel

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.02.2018
Aktenzeichen
13 ME 397/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74096
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 07.11.2017 - AZ: 11 B 6273/17

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 11. Kammer - vom 7. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 7. November 2017 hat unter Berücksichtigung der zugehörigen Darlegungen im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO aus der Beschwerdebegründung vom 22. November 2017 (Bl. 42 ff. der GA), auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, keinen Erfolg.

1. Mit ausreichenden Darlegungen wird der genannte Beschluss des Verwaltungsgerichts zulässigerweise überhaupt nur angegriffen, soweit er die nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 11 A 6272/17 der Antragstellerin gegen die in Ziffern 2. und 3. des Bescheides des Antragsgegners vom 2. August 2017 (Bl. 9 ff. der GA) enthaltene Versagung der Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt hat. Insoweit erschöpft sich die Beschwerdebegründung im Wesentlichen darin auszuführen, die Antragstellerin und ihr Ehemann C. A. - der Beschwerdeführer des Parallelverfahrens 13 ME 398/17 - seien inzwischen „faktische Inländer“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK und hätten auch ausreichende Bemühungen zur Klärung ihrer Identität und Staatsangehörigkeit gezeigt, womit wohl geltend gemacht werden soll, sie könnten zumindest eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG beanspruchen.

Das führt jedoch der Sache nach nicht zu einer Änderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne des in der Beschwerdeinstanz weiterverfolgten Eilrechtsschutzbegehrens der Antragstellerin. Denn dieses Begehren ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Die materielle Abwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem öffentlichen Vollzugsinteresse, die der Senat aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen hat, geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn in der Hauptsache bestehen insoweit offensichtlich keine Erfolgsaussichten.

a) Die Klage 11 A 6272/17 wird (weiterhin) lediglich als Verpflichtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO geführt (vgl. Bl. 3 der GA). Diese kann nach § 113 Abs. 5 VwGO keinen Erfolg haben.

Denn es fehlt nun zumindest an der Passivlegitimation des Antragsgegners und damit an einer formellen Voraussetzung eines Anspruchs der Antragstellerin aus § 25 Abs. 5 AufenthG gegen den Antragsgegner. Die Antragstellerin und ihr Ehemann sind am 21./22. November 2017 aus dem Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners in die Stadt A-Stadt in Nordrhein-Westfalen verzogen (vgl. Bl. 46, 49, 51 der GA), womit nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a), 1. HS. VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG die Verbandskompetenz Niedersachsens und die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners als niedersächsische Ausländerbehörde (§ 71 Abs. 1 AufenthG) geendet haben (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 5.12.2017 - 13 ME 181/17 -, juris Rn. 25). Diese Verlagerung des Wohnsitzes ist beachtlich, weil die zu der früheren Aufenthaltserlaubnis des Landratsamts Dillingen an der Donau vom 20. November 2013 nach § 25 Abs. 5 AufenthG verfügte Wohnsitzauflage betreffend den Landkreis Dillingen an der Donau am 12. April 2016 durch den Antragsgegner gestrichen und nicht durch eine neue, auf dessen Bezirk erstreckte Wohnsitzauflage oder sonstige räumliche Beschränkung ersetzt worden ist (vgl. Bl. 994 der BA 001 Band III).

Eine „Zuständigkeitskonservierung“ zugunsten des Antragsgegners gemäß § 3 Abs. 3 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG und § 3 Abs. 3 VwVfG NRW (vgl. zur Anwendbarkeit auch auf Zuständigkeitswechsel während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens BVerwG, Urt. v. 24.5.1995 - BVerwG 1 C 7.94 -, juris Rn. 15) scheidet im vorliegenden Fall aus. Auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters des Senats vom 7. Dezember 2017 (vgl. den zugehörigen Vermerk auf Bl. 46 der GA) hat der Antragsgegner als bisher zuständige Ausländerbehörde mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2017 (Bl. 49 der GA) deutlich gemacht, dass er diesen Weg nicht beschreiten will. Darauf, dass die nach den genannten Vorschriften weiter erforderliche Zustimmung des Bürgermeisters der Stadt A-Stadt als nunmehr zuständiger Ausländerbehörde hierzu ebenfalls nicht vorliegt, kommt es daher nicht an.

b) Einen isolierten Anfechtungsantrag im Sinne des § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO gegen die Versagung einer Verlängerung bzw. Erteilung von Aufenthaltstiteln durch den ehemals zuständigen Antragsgegner (vgl. zur ausnahmsweisen Zulässigkeit dieser Klageart in einer derartigen Situation BVerwG, Urt. v. 10.12.1996 - BVerwG 1 C 19.94 -, juris Rn. 12) hat die Antragstellerin im Hauptsacheklageverfahren 11 A 6272/17 in Reaktion auf den Zuständigkeitswechsel weder anstelle des Verpflichtungsantrags noch hilfsweise gestellt. Ob eine solche Klage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der Sache Erfolg hätte (vgl. hierzu BVerwG, a.a.O., Rn. 14 ff.), bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung.

2. Im Übrigen - insbesondere hinsichtlich der Abschiebungsandrohung aus Ziffer 5. des Bescheides des Antragsgegners vom 2. August 2017 - fehlt es an Darlegungen der Antragstellerin, weshalb der Beschluss des Verwaltungsgerichts ihr Eilrechtsschutz hiergegen zu Unrecht versagt habe. Der Senat muss daher auch nicht entscheiden, ob die in der Hauptsache gegen die Abschiebungsandrohung als Anfechtungsklage erhobene Klage 11 A 6272/17 insoweit Erfolgsaussichten hat, insbesondere ob diese Verfügung etwa aufgrund des eingetretenen Zuständigkeitswechsels rechtswidrig und rechtsverletzend ist.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und Nrn. 8.1, 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).