Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.11.2010, Az.: 5 LC 450/08

Pflicht des Beamten zur tatsächlichen Leistungserbringung von erforderlichen Nachtdienststunden für die Gewährung einer Wechselschichtzulage; Möglichkeit der Berücksichtigung von nach dem Dienstplan eines Beamten vorgesehenen, wegen Dienstunterbrechung nicht geleisteten Nachtdienststunden

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.11.2010
Aktenzeichen
5 LC 450/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 27812
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2010:1109.5LC450.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 10.09.2008 - AZ: 3 A 203/06
nachfolgend
BVerwG - 27.10.2011 - AZ: BVerwG 2 C 73.10

Fundstellen

  • NVwZ-RR 2011, 291-293
  • NordÖR 2011, 96
  • ZBR 2011, 288

Amtlicher Leitsatz

Der Beamte muss die für die Gewährung der Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV erforderlichen Nachtdienststunden tatsächlich geleistet haben. Die Berücksichtigung von nach dem Dienstplan vorgesehenen Nachtdienststunden, die der Beamte wegen Unterbrechungen seines Dienstes im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV tatsächlich nicht geleistet hat, kommt nicht in Betracht.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil, mit dem das Verwaltungsgericht seine auf die Gewährung einer Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 und 4 EZulV gerichtete Klage abgewiesen hat.

2

Der Kläger ist Kriminaloberkommissar und im Bereich der Beklagten bei dem Polizeikommissariat G. eingesetzt. Aufgrund der Einsatzzeiten des Klägers im Wechselschichtdienst stellte das Polizeikommissariat G. unter Außerachtlassung von Krankheits-, Urlaubs- und Seminarteilnahmezeiten in einem Vermerk vom 29. März 2006 fest, dass dem Kläger für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 die hälftige Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 und Abs. 4 EZulV zustehe, während ein Anspruch hierauf für die Monate November 2005 und Dezember 2005 unterbrochen und ihm für diesen Zeitraum lediglich eine Schichtzulage nach § 20 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 4 EZulV in Höhe von 30,68 EUR zu gewähren sei. Letzteres teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22. Mai 2006 mit. Gegen die Kürzung der Wechselschichtzulage in den Monaten November 2005 und Dezember 2005 legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Erschwerniszulagenverordnung eine Weiterzahlung der Zulage bei Krankheit und Urlaub vorsehe und entgegenstehende Durchführungshinweise diesen Regelungen nicht vorgingen.

3

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2006 als unbegründet zurück. Aus § 18 Abs. 1 EZulV gehe hervor, dass der Anspruch auf die Zulage mit der tatsächlichen Aufnahme der zulagenberechtigenden Tätigkeit entstehe und mit deren Beendigung erlösche, wenn in den §§ 19 bis 26 EZulV nicht anderes bestimmt sei. Bei einer Unterbrechung der zulagenberechtigenden Tätigkeit unter anderem aufgrund eines Erholungsurlaubs entfalle die Gewährung der Zulage gemäߧ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EZulV nicht sofort, sondern der Anspruch bleibe in diesem Falle dem Grunde nach bestehen. Die durch diese Unterbrechung ausgefallenen Nachtdienststunden würden jedoch nicht mitgerechnet. Es könne sich eine Änderung der Höhe des Anspruchs auf eine Zulage ergeben, die in den §§ 20 bis 26 EZulV geregelt sei. Die festsetzende Dienststelle habe bei Vorliegen der in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EZulV aufgezählten Unterbrechungen weiterhin monatlich rückwirkend (10 Wochen beziehungsweise 14 Wochen) zu überprüfen, ob die tatsächlich geleisteten Nachtdienststunden für die Gewährung der Wechselschicht-/Schichtzulage, die an die tatsächlich durch den Beamten zu leistenden Nachtdienststunden gebunden sei, gemäß Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Buchst. a des § 20 EZulV ausreichten. Da der Kläger in der Zeit vom 3. Oktober 2005 bis 13. Oktober 2005 Erholungsurlaub gehabt und vom 31. Oktober 2005 bis 11. November 2005 an einem Seminar in H. teilgenommen habe sowie vom 20. November 2005 bis zum 26. November 2005 dienstunfähig erkrankt gewesen sei, ergebe sich für den Anspruch im Monat November 2005, dass er rückwirkend bis zum 22. September 2005 (10 Wochen) 74,5 und rückwirkend bis zum 25. August 2005 (14 Wochen) 114 Nachtdienststunden geleistet habe, sodass sich lediglich ein Anspruch auf die hälftige Schichtzulage gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und Abs. 4 EZulV ergebe. Bei der Berechnung des Anspruchs für den Monat Dezember 2005 sei wiederum ein Zeitraum von 10 beziehungsweise 14 Wochen rückwirkend vom 31. Dezember 2005 zu betrachten. Demzufolge habe der Kläger 67,75 beziehungsweise 110,75 Nachtdienststunden geleistet und ebenfalls einen Anspruch nur auf die hälftige Schichtzulage gemäߧ 20 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und Abs. 4 EZulV.

4

Am 17. Oktober 2006 hat der Kläger Klage im Wesentlichen mit der Begründung erhoben, die von ihm wegen Erholungsurlaubs, Krankheit und Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung tatsächlich nicht geleisteten Nachtdienststunden seien aufgrund der Privilegierung dieser Unterbrechungstatbestände in § 19 EZulV wie tatsächlich geleistete Nachtdienststunden zu behandeln. § 20 EZulV treffe bezüglich der Fortzahlung der Wechselschichtzulage weder eine von § 19 EZulV abweichende materiell-rechtliche Regelung noch bestimme er dessen Nichtanwendung. Regelungen in anderen Bereichen wie des Bundesangestelltentarifes oder Durchführungshinweise könnten dem nicht entgegenstehen.

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Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2006 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 31. Dezember 2005 eine Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 und 4 EZulV zu gewähren.

6

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Sie hat ihre angefochtenen Bescheide verteidigt und ergänzend ausgeführt, dass es auf die tatsächlich geleisteten Nachtdienststunden ankomme, § 19 EZulV in den genannten Fällen lediglich dazu führe, dass der Anspruch auf Zulage dem Grunde nach aufrecht erhalten bleibe, § 4 EFZG dem nicht entgegen stehe und die einschlägigen Durchführungshinweise die Regelungen derErschwerniszulagenverordnung lediglich konkretisierten.

8

Das Verwaltungsgericht hat mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. September 2008 ergangenem Urteil, dem Kläger am 8. Oktober 2008 zugestellt, die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 und 4 EZulV lägen nicht vor, da der Kläger nicht in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Stunden Nachtdienst geleistet habe. Als Berechnungsgrundlage sei dabei ein Zeitraum von 10 Wochen rückblickend vom Ende des letzten Tages des Monats betrachtet zugrunde zu legen. Insoweit folge es der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur annähernd gleichlautenden Vorschrift des § 33a Abs. 1 BAT und den einschlägigen Durchführungshinweisen. Danach setze die Berechnung eines Durchschnitts die Einbeziehung von mindestens zwei Zeiträumen voraus. Aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 EZulV ergebe sich zwar nicht zwingend die Berechnung anhand eines 10-Wochen-Zeitraums. Vielmehr seien auch noch andere Berechnungsweisen denkbar. Doch dränge sich eine bestimmte Berechnungsweise nach dem Wortlaut und dem Sinn des § 20 Abs. 1 EZulV einen Schwankungsausgleich zulassen zu wollen - nicht auf. Der Verordnungsgeber habe offensichtlich nicht nur die in den betreffenden Monat fallenden Nachtdienststunden berücksichtigen wollen, sonst hätte er nicht die Formulierung "in je fünf Wochen durchschnittlich gewählt". Bei der Berechnung seien nur die tatsächlich geleisteten Nachtdienststunden einzubeziehen, da die Wechselschichtzulage dem Ausgleich der mit der Arbeit im Nachtdienst verbundenen Erschwernisse diene. Dies ergebe sich auch aus dem Regelungszusammenhang von § 20 Abs. 1 EZulV und dessen Abs. 2 Satz 1 Buchst. a, 2. Alt., wonach eine der Höhe nach abgestufte Gewährung der Zulagen in Abhängigkeit der geleisteten Nachtdienststunden vorgesehen sei. § 19 Abs. 1 EZulV stehe dem nicht entgegen. Denn diese Regelung sei im Zusammenhang mit § 18 Abs. 2 EZulV zu betrachten. Diese Norm ordne lediglich eine anteilige Zahlung der Zulage an, wenn die Zulagenberechtigung nicht für den vollen Kalendermonat gegeben sei, während in den Fällen des § 19 Abs. 1 EZulV trotz einer dort genannten Unterbrechung die Zulage bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen für den gesamten Monat gezahlt werde. Zudem sehe die Vorschrift vor, dass die Weitergewährung nur erfolge, soweit die §§ 20 bis 26 EZulV nichts anderes bestimmten. Letzteres sei indes der Fall, weil § 20 Abs. 1 EZulV ausdrücklich auf die tatsächlich geleisteten Nachtdienststunden abstelle.

9

Der Kläger hat am 4. November 2008 die von dem Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er rügt, die von dem Verwaltungsgericht für die Berechnung der Zulage zugrunde gelegte Betrachtung eines Zeitraums von zehn Wochen ergebe sich keineswegs so aus der Vorschrift des § 20 Abs. 1 EZulV. Zudem könne die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den Kläger als Beamten nicht ohne Weiteres übernommen werden. Die tarifrechtlichen Regelungen seien ebenfalls nicht maßgebend. Die Privilegierung der Unterbrechungstatbestände in § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV führe zu einer Berücksichtigung bei der Ermittlung der für die Gewährung einer Wechselschichtzulage erforderlichen Nachtdienststunden. § 20 EZulV treffe bezüglich der Fortzahlung der Wechselschichtzulage beziehungsweise der betragsmäßig höchsten Schichtzulage weder eine von § 19 EZulV abweichende materielle Regelung noch bestimme er dessen Nichtanwendung. Vielmehr müssten die Regelungen der§§ 19 und 20 EZulV aus gesetzessystematischen Gründen zusammen betrachtet werden. Die grundlegende Privilegierung bestimmter Tatbestände durch § 19 EZulV gelte mithin auch für die Zulagen nach § 20 EZulV. Wenn der Verordnungsgeber bei Nichterfüllung der 40 Nachtdienststunden in Folge Urlaubs etc. die Fortzahlung eines anderen Betrages gewollt hätte, hätte er dieses in der Verordnung explizit regeln müssen. An einer solchen Regelung fehle es. Wie auch die Vorschrift des § 19 Abs. 2 EZulV zeige, könne es nicht gewollt sein, dem Beamten auch im Falle von Urlaub etc. einen Einkommensverlust zuzumuten. Derartiges bedürfe einer ausdrücklichen, hier fehlenden Regelung. Mithin sei in § 20 Abs. 1 EZulV nicht "etwas anderes" im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV bestimmt.

10

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2006, soweit er dem entgegen steht, zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 31. Dezember 2005 eine Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 und 4 EZulV zu gewähren.

11

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

12

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und weist ergänzend darauf hin, dass es sich bei § 19 Abs. 2 EZulV in den Fällen des qualifizierten Dienstunfalls um eine Ausnahmeregelung handele, die auf die Fälle von Urlaub etc. nicht anzuwenden und daher für den vorliegenden Fall nicht einschlägig sei.

13

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mitgeteilt, dass unter Berücksichtigung der während des Urlaubs, der Erkrankung und der Fortbildungsveranstaltung nach dem Dienstplan vorgesehenen, vom Kläger tatsächlich nicht geleisteten Nachtdienste davon auszugehen sei, dass für den Monat November 2005 rückwirkend ab dem 30. November 2005 innerhalb des zehnwöchigen Zeitraums insgesamt 152 Nachtdienststunden und für den Monat Dezember 2005 rückwirkend ab dem 31. Dezember 2005 innerhalb des zehnwöchigen Zeitraums insgesamt 112,50 Nachtdienststunden bei der Prüfung der Voraussetzung der Wechselschichtzulage zugrunde zu legen gewesen wären.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die Niederschrift über den Termin zur mündlichen Verhandlung und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist unbegründet.

16

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung einer Wechselschichtzulage für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. Dezember 2005 nach § 20 Abs. 1 der am 3. Dezember 1998 bekannt gemachten (BGBl. I S. 3497) Erschwerniszulagenverordnung in der hier anwendbaren Fassung des Art. 3 Nr. 9 Buchst. a der Verordnung zur Umstellung dienstrechtlicher Vorschriften auf Euro vom 8. August 2002 (BGBl. I S. 3177 - nachfolgend EZulV) nicht zu.

17

Die von dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum begehrte Wechselschichtzulage zählt zu den Dienstbezügen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG (s. BVerwG Urt. v. 26.3.2009 - BVerwG 2 C 12.08 -, Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 11 = NVwZ-RR 2009, 608 = ZBR 2009, 306. zitiert nach [...] Langtext, Rn. 12), das hier in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung anzuwenden ist (s. § 86 BBesG).

18

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV erhalten Beamte und Soldaten eine Wechselschichtzulage von 102,26 Euro monatlich, wenn sie ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt sind, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird) vorsieht, und sie dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Dienststunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leisten. Diese Voraussetzungen sieht der Senat vorliegend als nicht erfüllt an.

19

Der Kläger ist zwar im streitgegenständlichen Zeitraum im Bereich der Beklagten bei dem Polizeikommissariat G. "ständig" - also nicht nur vertretungsweise - in Wechselschichten im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV eingesetzt gewesen und hat zugleich die Polizeizulage erhalten, was gemäß § 20 Abs. 4 EZulV zu einer hälftigen Kürzung der ihm zustehenden Zulagen nach § 20 Abs. 1 und 2 EZulV geführt hat. Er hat in dieser Zeit auch seinen Dienst nach Maßgabe eines Dienstplans verrichtet, der die Anforderungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV erfüllt hat.

20

Jedoch hat der Kläger nach dem Dienstplan nicht "dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Dienststunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht" geleistet.

21

Ohne Rechtsfehler sind die Beklagte und das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Zeitraums, innerhalb dessen die geforderten Nachtdienststunden durchschnittlich erbracht werden müssen, davon ausgegangen, dass die Zugrundelegung eines zehnwöchigen Zeitraums geboten, aber auch ausreichend ist. Denn die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV erforderliche Berechnung eines Durchschnittswerts bedingt es, dass mindestens die doppelte Länge des maßgeblichen Zeitraums - hier von fünf Wochen - heranzuziehen ist (so BVerwG, Urt. v. 11.12.1997 - BVerwG 2 C 36.96 -, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 19 = ZBR 1998, 284, zitiert nach [...] Langtext, Rn. 23). Anhaltspunkte dafür, dass gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV oder aus anderen Gründen die Heranziehung eines längeren Zeitraums angezeigt ist, sind nicht ersichtlich.

22

Bei der Wahl des zeitlichen Eckpunktes, von dem ab der zehnwöchige Zeitraum zu bemessen ist, ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Wechselschichtzulage als monatliche Zulage zu zahlen und damit für jeden Monat festzustellen ist, ob die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen, zum anderen, dass die mit der Arbeit in Wechselschicht verbundenen Erschwernisse möglichst zeitnah vergütet werden sollen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997, a.a.O., Rn. 23). In Anbetracht dessen begegnet es im vorliegenden Fall keinen Bedenken, wenn die Beklagte für die Feststellung der Wechselschichtzulagenberechtigung des Klägers hinsichtlich des Monats November 2005 den Zeitraum vom 22. September 2005 bis zum 30. November 2005 und für den Monat Dezember 2005 den zehnwöchigen Zeitraum vor dem 31. Dezember 2005 herangezogen hat, da der Kläger im gesamten Berechnungszeitraum Wechselschichtdienst geleistet hat. Diese Berechnungsweise steht im Einklang mit den Durchführungshinweisen zu den Wechselschichtdienst- und Schichtdienstzulagen nach § 20 der Erschwerniszulagenverordnung, bekannt gemacht durch Runderlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 2. Dezember 1998 (Nds. MBl. 1999 S. 51), der auf die Durchführungshinweise zu den Wechselschicht- und Schichtzulagen nach§ 33a BAT/BAT-O und § 29a MTArb/MTArbV-O, bekannt gemacht durch Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. September 1998 (GMBl. S. 726), verweist, in dem unter Ziffer 2.2 diese Berechnungsweise vorgesehen ist. Hinsichtlich des Monats November 2005 hat der Kläger demzufolge lediglich 74,5 Nachtdienststunden sowie hinsichtlich des Monats Dezember 2005 lediglich 67,75 Nachtdienststunden und folglich jeweils nicht durchschnittlich 40 Nachtdienststunden in je fünf Wochen tatsächlich im zugrunde zu legenden Berechnungszeitraum geleistet. Damit hat der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung der Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV nicht erfüllt.

23

Kein anderes Ergebnis folgt aus den Umständen, dass der Kläger in der Zeit vom 3. Oktober 2005 bis 13. Oktober 2005 Erholungsurlaub hatte, vom 31. Oktober 2005 bis 11. November 2005 an einem Seminar in H. teilgenommen hatte und vom 20. November 2005 bis zum 26. November 2005 dienstunfähig erkrankt war, sodass er die in diesem Zeitraum an sich nach dem Dienstplan vorgesehenen Nachtdienststunden nicht geleistet hat. Diese tatsächlich nicht geleisteten Nachtdienststunden, bei deren Berücksichtigung der Kläger nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Voraussetzungen für die Gewährung der Wechselschichtzulage erfüllt hätte, sind nicht in die Berechnung einzubeziehen. Die Feststellung der Zulagenberechtigung für die Wechselschichtzulage setzt nach Auffassung des Senats voraus, dass der Beamte nach dem Dienstplan so eingesetzt wird und tatsächlich die erforderliche Anzahl von Nachtdienststunden innerhalb des Berechnungszeitraums leistet. Die Hinzurechnung von während eines Urlaubs etc. nicht geleisteter und damit fiktiver Nachtdienststunden kommt nicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV in den dort genannte Fällen in Betracht (a. A. Leihkauff, in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band IV, Stand: Januar 2010, B IV/6.1 Rn. 15 ff. zu § 20 EZulV).

24

Nach dem hier einschlägigen § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3 und 5 EZulV wird bei einer Unterbrechung der zulagenberechtigenden Tätigkeit die Zulage nur weiter gewährt im Falle eines Erholungsurlaubs, einer Erkrankung einschließlich Heilkur und einer Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, soweit in den§§ 20 bis 26 EZulV nichts anderes bestimmt ist. Demnach führen die dort genannten Unterberechungstatbestände, wenn sie die Fristen des § 19 Abs. 1 Satz 2 EZulV nicht überschreiten, regelmäßig dazu, dass der Beamte durch die Unterbrechungen seinen Zulagenanspruch - dem Grunde nach - nicht verliert. Dies gilt auch für den hier geltend gemachten Anspruch auf Wechselschichtzulage. Es ist davon auszugehen, dass auch diese Zulage trotz der aufgeführten Unterbrechungen grundsätzlich weiter zu gewähren ist. Denn insoweit ist in § 20 EZulV "nichts anderes bestimmt", da - anders als etwa in § 22a Abs. 3 Nr. 3 Satz 3 EZulV - die Anwendung von § 19 EZulV nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Da sich die Erschwerniszulagen nach§ 20 Abs. 1 und 2 EZulV in ihrer Ausgestaltung in wesentlichen Merkmalen einer Stellenzulage genähert haben (vgl. dazu BR-Drucks. 152/76 S. 32), bedarf es einer Fortzahlungsregelung wie derjenigen des § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV, um nicht in jedem Unterbrechungsfall die Zulagenberechtigung enden zu lassen. Der Verordnungsgeber hat in Anbetracht dessen mit der dortigen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass die tatsächliche Erfüllung der maßgeblichen Aufgaben, die zur Zulagenberechtigung führen, die allgemein üblichen und rechtlich vorgesehenen Unterbrechungen der Dienstzeit durch Urlaub, Krankheit oder die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen einschließen (s. ebenso im Bereich der Stellenzulagen BVerwG, Urt. v. 24.8.1995 - BVerwG 2 C 1.95 -, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 16 = ZBR 1996, 44, zitiert nach [...] Langtext, Rn.16). Hierfür spricht auch, dass die Wechselschichtzulage im dritten Abschnitt der Erschwerniszulagenverordnung geregelt ist und es sich um eine Zulage handelt, die in festen Monatsbeträgen gewährt wird. Anders als etwa die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten sind die Schichtzulagen damit keine Zulagen, die einzelfallbezogene Erschwernisse abgelten sollen. Dementsprechend ist dem Regelungssystem der Erschwerniszulagenverordnung zu entnehmen, dass die (Wechsel-) Schichtzulagen auch bei Urlaub, Krankheit oder der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen weiter gewährt werden sollen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997, a.a.O., Rn. 32) und die Ansprüche hierauf in derartigen Fällen gerade nicht nach § 18 EZulV erlöschen und erst nach Ende der Unterbrechung bei Vorliegen der Voraussetzungen neu entstehen.

25

Die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV rechtfertigt indes nicht ein Absehen von den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV. Mit den Schichtzulagen des § 20 Abs. 1 und 2 EZulV werden nach ihrem Sinn und Zweck die mit dem (Wechsel-) Schichtdienst von dem Beamten geforderte ständige Umstellung des Arbeits- und Lebensrhythmus und die damit verbundenen gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen besoldungsrechtlich anerkannt (vgl. zum Sinn und Zweck der Erschwerniszulagen BVerwG, Urt. v. 11.12.1997a.a.O., Rn. 31; Urt. v. 25.1.2007 - BVerwG 2 C 28.05 -, Buchholz 237.8 § 208 RhPLBG Nr. 1 = NVwZ 2007, 1192 = ZBR 2007, 307, [BVerwG 25.01.2007 - BVerwG 2 C 28/05] zitiert nach [...] Langtext, Rn. 39; Urt. v. 26.3.2009, a.a.O., Rn. 8). Hierbei hat der Verordnungsgeber die durch den Schichtdienst hervorgerufenen Erschwernisse im Sinne des§ 47 BBesG, die durch die Zulagen nach § 20 Abs. 1 und 2 EZulV abgegolten werden sollen, abgestuft je nachdem, ob, in welcher Häufigkeit und in welchem Umfang der Schichtplan Dienst an Wochenenden, zur Nachtzeit und innerhalb von bestimmen Zeitspannen vorsieht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21. März 1996 - BVerwG 2 C 24.95 -, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 17 = ZBR 1996, 260, zitiert nach [...] Langtext, Rn. 27). Demzufolge ist die Gewährung der Wechselschichtzulage nur dann gerechtfertigt, wenn der den Schichtdienst leistende Beamte nicht nur im Wechselschichtdienst eingesetzt gewesen ist, sondern auch tatsächlich die erforderliche durchschnittliche Anzahl von Nachtdienststunden nach dem Dienstplan im Berechnungszeitraum geleistet hat.

26

Da dem Wortlaut im Besoldungsrecht maßgebende Bedeutung zukommt (s. nur BVerwG, Urt. v. 26.3.2009, a.a.O., Rn. 12 m. N.) und§ 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV ausdrücklich bestimmt, dass die Beamten die erforderlichen Nachtdienststunden "leisten", ist für eine erweiternde Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals dahingehend, dass nicht geleistete Nachtdienststunden in den Fällen des § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV fiktiv in die Berechnung einzubeziehen sind, kein Raum. Ebenso wenig ist entgegen Leihkaufff (a.a.O., Rn. 15.3) ersichtlich, dass die Ausnahmevorschrift des § 19 Abs. 2 EZulV ein anderes Verständnis dieses Merkmals des § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV gebietet. Denn bei dieser Norm handelt es sich um eine Ausnahmeregelung zu den Befristungsregelungen des § 19 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EZulV, die nicht das Verhältnis des § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV zu den §§ 20 bis 26 EZulV betreffen.

27

Soweit das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 24.3.10 - 10 AZR 58/09-, zitiert nach [...] Langtext) im Regelungssystem des TVöD die Auffassung vertritt, dass der Anspruch auf die Zulage für ständige Wechselschichtarbeit auch dann besteht, wenn die Leistung einer tariflich geforderten Schicht nur deshalb nicht erfolgt, weil der Beschäftigte unter Fortzahlung der Bezüge von der Erbringung der Arbeitsleistung (so etwa in den Fällen von Krankheit, Erholungsurlaub und Zusatzurlaub) freigestellt ist, schließt sich der Senat aus den genannten Gründen wegen der Besonderheiten des Besoldungsrechts dieser Auffassung nicht an. Die strukturellen Unterschiede zwischen dem Beamtenverhältnis, dessen Besoldung dem Grundsatz der Gesetzesbindung unterliegt (§ 2 Abs. 1 BBesG), und dem Arbeitsverhältnis, das dem Tarifrecht unterliegt, lassen hieran anknüpfende Unterschiede in bereichsspezifischen Regelungen zu (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 11.12.1997, a.a.O., Rn. 21).

28

Da der Kläger in Bezug auf den streitgegenständlichen Zeitraum durchschnittlich nicht 40 Nachtdienststunden geleistet hat, scheidet die Gewährung einer Wechselschichtzulage nach § 20 Abs. 1 EZulV unter Anrechnung der Polizeizulage nach § 20 Abs. 4 EZulV in den Monaten November 2005 und Dezember 2005 aus.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

31

Der Senat lässt nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Klärung der Frage zu, ob zu den geleisteten Nachtdienststunden im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 EZulV auch diejenigen nach dem Dienstplan zu erbringenden Nachtdienststunden zu zählen sind, die der Beamte wegen der von § 19 Abs. 1 Satz 1 EZulV erfassten Unterbrechungen seines Dienstes tatsächlich nicht geleistet hat.