Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.04.2023, Az.: 10 ME 56/23

Beschluss; Bindungswirkung; Gefahrenprognose; neuer Bescheid; Bindungswirkung eines Beschlusses gemäß § 80 Abs. 5 VwGO

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.04.2023
Aktenzeichen
10 ME 56/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 15945
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0422.10ME56.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 21.04.2023 - AZ: 5 B 71/23

Fundstellen

  • DÖV 2023, 648
  • NordÖR 2023, 359

Amtlicher Leitsatz

Die Bindungswirkung eines Beschlusses gemäß § 80 Abs. 5 VwGO steht dem Erlass eines neuen Bescheides der Versammlungsbehörde aufgrund einer neuen Gefahrenprognose, die auf wesentlich neuen Erkenntnissen beruht, nicht entgegen.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 21. April 2023 geändert und der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Auflage unter Ziffer 2. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 20. April 2023 abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf jeweils 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. April 2023 hat Erfolg.

Bereits mit Bescheid vom 23. März 2023 hatte die Antragsgegnerin die angezeigte Veranstaltung mit dem Thema "Protest gegen den Ausbau und bereits bestehende Abschnitte der A 39" bestätigt mit der Auflage unter der Ziffer 1., dass die Versammlung nicht auf der Bundesautobahn (BAB) 39 ab der Anschlussstelle Lüneburg-Nord in Richtung der Anschlussstelle Winsen-Ost bis zur Höhe des Bahnhofs Bardowick verlaufen dürfe und stattdessen lediglich ein Teilstück der BAB 39 zwischen der Anschlussstelle B 4/Lüner Kreisel bis zur Anschlussstelle Lüneburg-Nord zu nutzen sei. Der allein gegen diese Auflage gerichtete Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer entsprechenden Klage hatte beim Verwaltungsgericht Erfolg. Dieses stellte mit Beschluss vom 4. April 2023 (5 B 54/23) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen diese Auflage wieder her. Mit Bescheid vom 20. April 2023 widerrief die Antragsgegnerin die Auflage unter der genannten Ziffer 1. ihres Bescheides vom 23. März 2023 und wiederholte diese Auflage unter der Ziffer 2. ihres neuen Bescheides aufgrund einer neuen Gefahrenprognose. Gegen den Bescheid vom 20. April 2023 erhob die Antragstellerin am 21. April 2023 Klage und beantragte zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht mit dem im vorliegenden Beschwerdeverfahren angefochtenen Beschluss vom 21. April 2023 statt.

Die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat als Beschwerdegericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO; BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 16.5.2020 - 1 BvQ 55/20 -, juris Rn. 5 f.), rechtfertigen eine Abänderung dieser erstinstanzlichen Entscheidung. Denn die von der Antragstellerin angegriffene Auflage unter der Ziffer 2. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 20. April 2023 erweist sich als voraussichtlich rechtmäßig.

Dabei steht die formell rechtskräftig gewordene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 4. April 2023 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts einer Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 20. April 2023 verfügte Routenänderung für die am 23. April 2023 geplante Fahrraddemonstration in der Sache nicht entgegen.

Zwar ist die Behörde bei einer Stattgabe eines Eilantrags aufgrund der materiellen Bindungswirkung grundsätzlich und auch selbst bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage gehindert, erneut die sofortige Vollziehung anzuordnen (vgl. dazu Hoppe in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 125; Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 529 f.). Ihr bleibt vielmehr grundsätzlich lediglich der Weg, eine Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu beantragen (vgl. dazu Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26.1.2012 - 12 ME 291/11 -, juris Rn. 10; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 171). Der Behörde ist es dementsprechend darüber hinaus auch verwehrt, unter Aufhebung des früheren Verwaltungsakts einen neuen, im Wesentlichen inhaltsgleichen Verwaltungsakt zu erlassen und ihn mit einer Anordnung der sofortigen Vollziehung zu verbinden (Hoppe in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 127; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 171; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26.1.2012 - 12 ME 291/11 -, juris Rn. 10). Die Bindungswirkung bezieht sich jedoch nur auf den jeweiligen Verfahrensgegenstand (Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 533). Ihr Umfang ergibt sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen des Beschlusses (Puttler in: in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 171).

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit von versammlungsrechtlichen Beschränkungen ist insoweit jedoch zu beachten, dass es für die Prognose hinsichtlich einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung grundsätzlich auf die bei Erlass der Verfügung erkennbaren Umstände ankommt (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.5.2010 - 1 BvR 2636/04 -, juris Rn. 17; Bayerischer VGH, Urteil vom 10.7.2018 - 10 B 17.1996 -, juris Rn. 35 f.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6.11.2004 - 11 ME 322/04 -, juris Rn. 14). Nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen ist bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides durch die Gerichte auf den Zeitpunkt der behördlichen Ausgangsentscheidung abzustellen (Barczak in: Ridder/Breitbach/Deiseroth, VersammlungsR, 2. Auflage 2020, § 15 Rn. 180, 261; Hettich, VersammlungsR, 3. Auflage 2022, Rn. 149). Die Behörde hat daher die Sachaufklärung grundsätzlich vor Erlass einer auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestützten Auflage durchzuführen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 10.7.2018 - 10 B 17.1996 -, juris Rn. 35). Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines eine Versammlung beschränkenden Bescheides sind demnach grundsätzlich die von der Behörde zum Zeitpunkt des Erlasses ihrer Verfügung ermittelten und ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisse und nicht, wie das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss meint, auch Tatsachen, die sie zwar tatsächlich nicht berücksichtigt hat, sie aber berücksichtigen hätte können. Zwar können Umstände, die die bisherige Gefahrenprognose lediglich ergänzen, bestätigen oder untermauern auch später noch herangezogen werden, nicht jedoch völlig neue Tatsachen, die zu einer Wesensänderung des Bescheides führen (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29.5.2008 - 11 LC 138/06 -, juris Rn. 56, und Beschluss vom 6.11.2004 - 11 ME 322/04 -, juris Rn. 14). Eine Wesensänderung des Bescheides liegt beispielsweise dann vor, wenn erstmals überhaupt konkrete Gründe angeführt werden, die die verfügte versammlungsrechtliche Beschränkung rechtfertigen könnten (vgl. Barczak in: Ridder/Breitbach/Deiseroth, VersammlungsR, 2. Auflage 2020, § 15 Rn. 261). In diesen Fällen ist regelmäßig der Erlass einer neuen beschränkenden Anordnung erforderlich (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 29.5.2008 - 11 LC 138/06 -, juris Rn. 56; vgl. auch Dürig-Friedl: in Dürig/Friedl/Enders, Versammlungsrecht, 2. Auflage 2022, § 15 Rn. 60; Hettich, VersammlungsR, 3. Auflage 2022, Rn. 149, 280).

Vorliegend hat die Antragsgegnerin weitere, bei ihrer früheren Verfügung vom 23. März 2023 von ihr nicht berücksichtigte und zum Teil ihr auch nicht bekannte wesentliche Umstände (u.a. die Folgen der Sperrungen der BAB 1 und der BAB 25 sowie der B 216) ermittelt, aus denen sich - wie im Folgenden ausgeführt - bei der von der Antragstellerin gewünschten Routenführung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ergibt und hat damit der von ihr erneut angeordneten Änderung der Route eine neue Gefahrenprognose zugrunde gelegt (vgl. zur Unzulässigkeit der Nachholung einer unzureichenden Gefahrenprognose: Bayerischer VGH, Urteil vom 10.7.2018 - 10 B 17.1996 -, juris Rn. 36). Dass die Sperrungen der BAB 1 und der BAB 25, wie das Verwaltungsgericht meint, der Autobahn GmbH bereits Anfang März 2023 bekannt gewesen sind und sie diese Umstände dennoch nicht in ihrer Stellungnahme an die Antragsgegnerin vom 21. März 2023 erwähnt hat, ändert nichts daran, dass es sich insoweit um neue wesentliche Erkenntnisse der Antragsgegnerin handelt, die sie in ihrer ersten Gefahrenprognose, die dem früheren Bescheid vom 23. März 2023 zugrunde lag, nicht berücksichtigt hat. Die neue Gefahrenprognose, die auch auf wesentlich andere Tatsachen gestützt wurde, konnte vom Verwaltungsgericht in seiner vorangegangenen Entscheidung vom 4. April 2023 nicht berücksichtigt werden und ist daher von der Bindungswirkung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts auch nicht umfasst.

Hieraus folgt auch nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, dass die Versammlungsbehörde jeden ihr nachträglich bekannt gewordenen Umstand zum Anlass nehmen könnte, unter Umgehung der Bindungswirkung einer früheren verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidung, eine Versammlung erneut zu beschränken. Denn für die Möglichkeit einer erneuten behördlichen Entscheidung reicht nicht jede neu ermittelte Tatsache aus. Die neuen Erkenntnisse müssen vielmehr zu einer wesentlichen Änderung der ursprünglichen Entscheidung führen. In diesen Fällen ist es der Versammlungsbehörde zudem gerade zum Schutz der Adressaten ihrer Verfügung nicht möglich, ihre ursprüngliche Entscheidung nunmehr auf wesentlich andere Umstände zu stützen und so gegebenenfalls eine bei Erlass rechtswidrige Beschränkung nachträglich rechtmäßig zu machen. Ein Nachschieben von wesentlich neuen Umständen oder ein Austausch der Begründung ist ihr unter Rechtsschutzgesichtspunkten verwehrt. Möchte sie ihre die Versammlungsfreiheit einschränkende Anordnung auf eine wesentlich andere Tatsachengrundlage stellen, muss sie vielmehr eine neue Verfügung erlassen, die der erneuten gerichtlichen Überprüfung (gegebenenfalls in einem Eilverfahren) unterliegt. Hierin ist auch bereits deshalb keine Umgehung von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu sehen, weil in diesen Fällen sein Anwendungsbereich überhaupt nicht eröffnet ist. Denn mit der neuen Entscheidung, der wesentliche neue Erkenntnisse zugrunde liegen, liegt keine Identität des Streitgegenstandes mehr vor, der Voraussetzung für die Anwendung von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist (Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 587). Darüber hinaus ist bei Erlass einer gefahrenabwehrrechtlichen Verfügung auch nicht davon auszugehen, dass der Behörde daran gelegen ist, den Sachverhalt zunächst nur unzureichend zu ermitteln, um dann später weitere Anordnungen erlassen zu können. Demgegenüber ist sie aber gehalten, ihr auch nachträglich bekannt gewordene, für die Abwehr von Gefahren relevante Tatsachen mit zu berücksichtigen und damit auch bei wesentlich neuen Erkenntnissen, eine neue Verfügung zu erlassen.

Selbst wenn man hiervon abweichend annähme, der auf die neue Gefahrenprognose gestützte Bescheid vom 20. April 2023 habe keinen wesentlich anderen Inhalt als die ursprüngliche Verfügung vom 23. März 2023, weshalb aufgrund der Bindungswirkung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 4. April 2023 grundsätzlich die aufschiebende Wirkung der Klage ohne erneute Sachprüfung anzuordnen sei, wäre jedenfalls auf den (hilfsweisen) Antrag der Antragsgegnerin nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO, der sich natürlich auf den Beschluss vom 4. April 2023 (Az. 5 B 54/23) bezogen hat, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern und der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die von der Antragsgegnerin verfügte Routenänderung abzulehnen. Das Beschwerdegericht hätte hinsichtlich des beim Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO gestellten Antrags, wenn dessen Voraussetzungen - wie hier - vorliegen, selbst die nach § 80 Abs. 5 VwGO zu ergehende Entscheidung zu treffen (Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 594). Hier liegen mit der Sperrung von Teilen der BAB 1 und der BAB 25 sowie deren Folgen (Stellungnahmen der Autobahn GmbH vom 12. April 2023 und der Polizeiinspektion Lüneburg/Lüchow-Dannenberg/Uelzen vom 19. April 2023) als der Antragsgegnerin nachträglich bekannt gewordene Tatsachen sowohl veränderte Umstände, als auch solche Umstände vor, die von ihr - mangels Bekanntheit bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens - unverschuldet nicht geltend gemacht worden sind (vgl. dazu Schoch in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 585, 588).

Ist demnach der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. April 2023 in der Sache zu prüfen, so hat das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bezüglich der Auflage unter der Ziffer 2. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 20. April 2023 zu Unrecht stattgegeben.

Gemäß § 80 Abs. 1, 5 Sätze 1 und 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage auch schon vor deren Erhebung wiederherstellen. Die gerichtliche Entscheidung ergeht dabei auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung (Senatsbeschluss vom 9.10.2020 - 10 ME 199/20 -, juris Rn. 8). Gegenstand der Abwägung sind das private Aussetzungsinteresse einerseits und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits (Senatsbeschluss vom 9.10.2020 - 10 ME 199/20 -, juris Rn. 8). Dabei sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren wesentlich zu berücksichtigen (Sächsisches OVG, Beschluss vom 8.11.2022 - 5 B 195/22 -, juris Rn. 11; Bayerischer VGH, Beschluss vom 26.6.2022 - 10 CS 22.1506 -, juris Rn. 23). Lässt sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids ohne weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherzustellen, weil an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 9.10.2020 - 10 ME 199/20 -, juris Rn. 8; Sächsisches OVG, Beschluss vom 8.11.2022 - 5 B 195/22 -, juris Rn. 11; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 22.4.2016 - 11 ME 82/16 -, juris Rn. 21). Erweist sich der angefochtene Bescheid als voraussichtlich rechtmäßig, besteht an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kein überwiegendes Interesse (Sächsisches OVG, Beschluss vom 8.11.2022 - 5 B 195/22 -, juris Rn. 11; Bayerischer VGH, Beschluss vom 26.6.2022 - 10 CS 22.1506 -, juris Rn. 23;). Lässt sich die Rechtmäßigkeit bei summarischer Prüfung nicht eindeutig beurteilen, bedarf es schließlich einer allgemeinen Interessenabwägung im Sinne einer Folgenabwägung (BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 27.6.2022 - 1 BvQ 45/22 -, juris Rn. 13; Senatsbeschluss vom 9.10.2020 - 10 ME 199/20 -, juris Rn. 8; Sächsisches OVG, Beschluss vom 8.11.2022 - 5 B 195/22 -, juris Rn. 11; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3.1.2022 - 7 B 10005/22 -, juris Rn. 6). Dabei sind die Folgen gegenüberzustellen, die einerseits eintreten, wenn dem Antrag stattgegeben wird, der Bescheid sich aber später im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweist bzw. die andererseits eintreten, wenn der Antrag abgelehnt wird, der Bescheid sich aber später im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist (Senatsbeschluss vom 9.10.2020 - 10 ME 199/20 -, juris Rn. 8).

Bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, muss schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 -, juris Rn. 18). Daher ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen, und sofern dies nicht möglich ist, eine sorgfältige, hinreichend substantiiert begründete Folgenabwägung vorzunehmen (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 -, juris Rn. 18, 22; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 8). Hierbei kann auch eine Rolle spielen, ob es ein Beteiligter zu vertreten hat, dass aus zeitlichen Gründen eine hinreichend intensive Prüfung nicht möglich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 -, juris Rn. 96; Thüringer OVG, Beschluss vom 5.10.2018 - 3 EO 649/18 -, juris Rn. 6). Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von versammlungsrechtlichen Beschränkungen sind die Gerichte gehindert, die Ermessensentscheidung der Behörde zu ersetzen (BVerwG, Beschluss vom 1.10.2008 - 6 B 53.08 -, juris Rn. 9).

Nach Art. 8 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Diesem Grundrecht gebührt in einem freiheitlichen Staatswesen ein besonderer Rang (BVerwG, Urteil vom 26.2.2014 - 6 C 1.13 -, juris Rn. 16, und Beschluss vom 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 -, juris Rn. 61). Denn als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung konstituierend (BVerfG, Ablehnung Einstweilige Anordnung vom 27.6.2022 - 1 BvQ 45/22 -, juris Rn. 6 m.w.N., und Beschluss vom 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 -, juris Rn. 63, 66). Das Grundrecht schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen (BVerfG, Ablehnung Einstweilige Anordnung vom 27.6.2022 - 1 BvQ 45/22 -, juris Rn. 6 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 24.5.2022 - 6 C 9.20 -, juris Rn. 19). Aus Art. 8 Abs. 1 GG folgt auch das Recht der Grundrechtsträger, insbesondere des Veranstalters, selbst über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 24.5.2022 - 6 C 9.20 -, juris Rn. 19 m.w.N., und Beschluss vom 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 -, juris Rn. 61; vgl. auch BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 -, juris Rn. 16 m.w.N., und Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 64). Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen - gegebenenfalls auch mit Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen - am Wirksamsten zur Geltung bringen können (BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15 -, juris Rn. 9, und Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 64; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 27.9.2022 - 11 ME 284/22 -, juris Rn. 13 m.w.N. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.3.2021 - 15 B 469/21 -, juris Rn. 5). Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt dabei auch das Interesse des Veranstalters, einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu erzielen, also gerade auch durch eine möglichst große Nähe zu dem symbolhaltigen Ort (BVerfG, Beschluss vom 27.6.2022 - 1 BvQ 45/22 - juris Rn. 6 m.w.N.). Allerdings verschafft die Versammlungsfreiheit kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten (BVerfG, Beschlüsse vom 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15 -, juris Rn. 5, und vom 20.6.2014 - 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 16). Insbesondere gewährt sie keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten Zwecken Zugang gewährt wird (BVerfG, Beschlüsse vom 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15 -, juris Rn. 5, und vom 20.6.2014 - 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 16; BVerwG, Beschluss vom 8.1.2021 - 6 B 48.20 -, juris Rn. 11). Ausgeschlossen sind daher Orte, zu denen der Zugang individuell kontrolliert und nur für einzelne, begrenzte Zwecke gestattet wird (BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 69; BVerwG, Beschluss vom 8.1.2021 - 6 B 48.20 -, juris Rn. 11). Demgegenüber verbürgt die Versammlungsfreiheit die Durchführung von Versammlungen aber dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.3.2021 - 15 B 469/21 -, juris Rn. 7; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15 -, juris Rn. 5, und vom 20.6.2014 - 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 16).

Grundsätzlich ist im öffentlichen Straßenraum ein solcher allgemeiner kommunikativer Verkehr eröffnet (BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 67). Dies gilt jedenfalls für innerörtliche Straßen und Plätze sowie in verstärktem Maße für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche, da die Ermöglichung des kommunikativen Verkehrs ein wesentliches Anliegen ist, das mit solchen Einrichtungen verfolgt wird (BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 67). Ausschlaggebend ist die tatsächliche Bereitstellung des Ortes und ob nach diesen Umständen ein allgemeines öffentliches Forum eröffnet ist (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20. Juni 2014 - 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 16). Das Leitbild des öffentlichen Forums ist dadurch charakterisiert, dass auf ihm eine Vielzahl von verschiedenen Tätigkeiten und Anliegen verfolgt werden kann und hierdurch ein vielseitiges und offenes Kommunikationsgeflecht entsteht (BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 70). Abzugrenzen ist dies von Stätten, die der Allgemeinheit ihren äußeren Umständen nach nur zu ganz bestimmten Zwecken zur Verfügung stehen und entsprechend ausgestaltet sind (BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 70). Wenn Orte in tatsächlicher Hinsicht ausschließlich oder ganz überwiegend nur einer bestimmten Funktion dienen, kann in ihnen - außerhalb eingeräumter Nutzungsrechte - die Durchführung von Versammlungen nach Art. 8 Abs. 1 GG nicht begehrt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 70). Dort wo öffentliche Kommunikationsräume eröffnet werden, kann der unmittelbar grundrechtsverpflichtete Staat nicht unter Rückgriff auf frei gesetzte Zweckbestimmungen oder Widmungsentscheidungen den Gebrauch der Kommunikationsfreiheiten aus den zulässigen Nutzungen ausnehmen (BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 68). An die Funktion der Ermöglichung eines kommunikativen Verkehrs knüpft das Versammlungsrecht an, beachtet dabei allerdings die allgemeinen straßen- und straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen, die es jedoch partiell überlagert, sofern dies für eine effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit erforderlich ist (BVerfG, Urteil vom 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 67).

Bundesautobahnen gehören zwar zum öffentlichen Straßenraum, sie dienen jedoch nicht dem kommunikativen Verkehr. Vielmehr sind sie gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 FStrG nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt (vgl. auch § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StVO). Damit sind sie nach dem Gesetz, ihrer Widmung sowie den äußeren und tatsächlichen Umständen grundsätzlich nur für begrenzte Zwecke - den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen - zugänglich und damit nicht als Stätte des allgemeinen öffentlichen Verkehrs und Ort allgemeiner Kommunikation anzusehen (Senatsbeschluss vom 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris; in diesem Sinne auch bereits Niedersächsisches OVG, Urteil vom 18.5.1994 - 13 L 1978/92 -, juris Rn. 2; vgl. für einen Friedhof BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20.6.2014 - 1 BvR 980/13 -, juris Rn. 19). Auch ist nicht ersichtlich, dass über Sondernutzungserlaubnisse (vgl. dazu auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 12) auf Bundesautobahnen regelmäßig ein kommunikativer Verkehr ermöglicht würde oder dies auch nur vorgesehen wäre. In der Praxis dürften Sondernutzungserlaubnisse im Sinne des § 8 FStrG in der Regel auch eher bei solchen Bundesfernstraßen in Betracht kommen, die keine Autobahnen sind (vgl. zu den typischen Fallgruppen Wohlfarth in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 3. Auflage 2021, FStrG § 8 Rn. 3 und 4).

Nach inzwischen herrschender obergerichtlicher Rechtsprechung schließt die spezifische Widmung der Autobahnen für den überörtlichen Kraftfahrzeugverkehr deren Nutzung für Versammlungszwecke aber gleichwohl nicht generell aus (Sächsisches OVG, Beschluss vom 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 8; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 12; Hessischer VGH, Beschluss vom 30.10.2020 - 2 B 2655/20 -, juris Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3.11.2017 - 15 B 1370/17 -, juris Rn. 15 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.7.1993 - 2 M 24/93 -, juris Rn. 8). Allerdings kommt eine Nutzung zu Versammlungszwecken nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht (Senatsbeschluss vom 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris), da Bundesautobahnen nach dem bereits genannten § 1 Abs. 3 Satz 1 FStrG Bundesfernstraßen sind, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Während bei innerörtlichen Straßen und Plätzen, bei denen die Widmung die Nutzung zur Kommunikation und Informationsverbreitung einschließt, Einschränkungen oder gar ein Verbot von Versammlungen aus Gründen der Verkehrsbehinderung nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen, ist den Verkehrsinteressen bei öffentlichen Straßen, die allein dem Straßenverkehr gewidmet sind, eine erheblich größere Bedeutung beizumessen, so dass das Interesse des Veranstalters und der Versammlungsteilnehmer an der ungehinderten Nutzung einer solchen Straße in der Regel zurückzutreten hat (Senatsbeschluss vom 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris; so auch Sächsisches OVG, Beschluss vom 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 8). Eine Überlagerung dieser rechtlichen Nichtöffnung von Autobahnen für den allgemeinen kommunikativen Verkehr kommt somit nur ausnahmsweise in den Fällen in Betracht, in denen die Wahl einer Autobahn als Versammlungsort für eine effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit unabdinglich ist (vgl. Wefelmeier in Wefelmeier/Miller, NVersG, 2. Auflage 2020, § 8 Rn. 40; Dübbers, Auf Bundesautobahnen finden keine Versammlungen statt, SVR, 2022, 245, 248; Boguslawski/Leißing, Bahn frei oder freie Autobahnen, NVwZ 2022, 852, 854; Waldhoff, Versammlungsrecht und Straßenrecht: Fahrraddemonstration auf der Autobahn, JuS 2022, 287, 288). Stehen etwa die äußere Gestaltung und vor allem der Ort der Versammlung (auf der Autobahn) und die durch sie ausgelösten Behinderungen in einem besonderen Zusammenhang mit dem Versammlungsthema oder betrifft das Anliegen auch die von der Demonstration nachteilig Betroffenen, kann die Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände möglicherweise eher sozial erträglich und dann in größerem Maße hinzunehmen sein, als wenn dies nicht der Fall ist. Demgemäß ist im Rahmen der Abwägung zur Herstellung praktischer Konkordanz zwischen dem durch die Veranstaltung ausgeübten Grundrecht der Versammlungsfreiheit und den Rechten Dritter sowie den betroffenen öffentlichen Belangen insbesondere zu berücksichtigen, ob und inwieweit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen Bezug zum Versammlungsthema haben und wie eng der thematische Bezug der Veranstaltung zur Autobahn ist (Senatsbeschluss vom 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.7.2022 - 9 S 1561/22 -, juris Rn. 8; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7.9.2021 - 10 CS 21.2282 -, juris Rn. 31; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 11, 13; Hessischer VGH, Beschluss vom 31. Juli 2008 - 6 B 1629/08 -, juris Rn. 15). Je konkreter ein örtlicher bzw. thematischer Bezug zur Autobahn bzw. zu einem bestimmten Autobahnabschnitt ist, desto eher vermag das Versammlungsrecht das Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ausnahmsweise zu verdrängen. Demgegenüber ist das Versammlungsrecht stärker eingeschränkt, wenn der Bezug zur Autobahn eher lockerer und / oder auch auf andere - mit geringeren Behinderungen verbundene - Abschnitte oder andere Autobahnen sinngemäß übertragbar ist (Senatsbeschluss vom 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris; Sächsisches OVG, Beschluss vom 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 8). Demzufolge kann die Behinderung von Verkehrsteilnehmern regelmäßig nicht durch Art. 8 GG gerechtfertigt sein, wenn damit lediglich die Erhöhung der Aufmerksamkeit für das Demonstrationsanliegen beabsichtigt ist (BVerfG, Urteil vom 11.11.1986 - 1 BvR 713/83, u.a. -, juris Rn. 89; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7.9.2021 - 10 CS 21.2282 -, juris Rn. 32; vgl. auch Hessischer VGH, Beschluss vom 31.7.2008 - 6 B 1629/08 -, juris Rn. 15). Außerdem ist bei der Prüfung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, der die grundsätzlich ausgeschlossene Nutzung von Autobahnen für Demonstrationen rechtfertigt, maßgeblich zu berücksichtigen, welche Gefahren durch die beabsichtigte Nutzung einer Autobahn für die Versammlungsteilnehmer und andere Verkehrsteilnehmer entstehen, insbesondere ob aufgrund der Versammlung die Gefahr von Verkehrsunfällen besteht (vgl. BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 7.12.2020 - 1 BvR 2719/20 -, juris Rn. 9; Senatsbeschluss vom 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris), wie lange und wie intensiv die Beeinträchtigungen und die Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer sind, welche Verkehrsbedeutung dem betroffenen Autobahnabschnitt zukommt, mit welchem Verkehrsaufkommen im Zeitpunkt der Versammlung zu rechnen ist, inwieweit den durch eine Versammlung auf einer Autobahn begründeten Gefahren durch ein Sicherungskonzept begegnet werden kann und ob zumutbare und praktikable Umleitungsmöglichkeiten bestehen, die die Gefahren und die Beeinträchtigungen ausreichend reduzieren können (Senatsbeschluss vom 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris; vgl. ferner Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 13 m.w.N.).

Nach diesen Maßgaben ist die von der Antragstellerin angefochtene Auflage 2. in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. April 2023, nach der die Versammlung nicht auf der BAB 39 von der Anschlussstelle Lüneburg-Nord Richtung Winsen-Ost bis zur Höhe des Bahnhofs Bardowick verlaufen darf und sie stattdessen eine Alternativroute - von der Bockelmannstraße (Höhe AGL, dort auch Auftaktkundgebung) Richtung B4 und sodann über die Anschlussstelle B4/Lüner Kreisel entgegengesetzt der Fahrtrichtung auf der BAB 39 bis zur bzw. vor die Anschlussstelle Lüneburg-Nord mit einer Zwischenkundgebung vor der Brücke Höhe Hamburger Straße und zurück auf der gleichen Strecke - nutzen soll, voraussichtlich rechtmäßig.

Insoweit ist es entgegen der Auffassung der Antragstellerin unerheblich, dass die Antragsgegnerin unter der Ziffer 1. ihres Bescheides vom 20. April 2023 die entsprechende Auflage in dem alten Bescheid vom 23. März 2023 widerrufen hat. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin hier entgegen der Ansicht der Antragstellerin keinen Verwaltungsakt gleichen Inhalts erlassen hat (vgl. § 49 Abs. 1 VwVfG), da die Auflage unter der Ziffer 2. des Bescheids vom 20. April 2023 auf einer neuen Gefahrenprognose beruht, und auch sonst keine Gründe ersichtlich sind, die gegen die Rechtmäßigkeit des Widerrufs sprechen könnten, ist es hier ohne Belang, ob der Widerruf rechtmäßig ist, da dies nichts daran ändern würde, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bescheid mit einer neuen, die Versammlungsteilnehmer einschränkenden und die bisherige Auflage ersetzenden Auflage erlassen hat, die folglich von der Antragstellerin auch angefochten worden ist.

Auch kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin von einem Rechtsmissbrauch der Antragsgegnerin im Hinblick auf den späten Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides keine Rede sein. Denn die Antragsgegnerin hat ihre Gefahrenprognose in dem Bescheid vom 20. April 2023 auf neue, erst nach Erlass des alten Bescheides vom 23. März 2023 und auch erst nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. April 2023 vorliegende Erkenntnismittel, nämlich die Stellungnahmen der Autobahn GmbH vom 12. April 2023 und der Polizeiinspektion A-Stadt vom 19. April 2023, gestützt und ist zudem auf Weisung der Fachaufsichtsbehörde vom 19. April 2023 (Bl. 217 ff. Verwaltungsvorgang) und schließlich auch aus Anlass des Beschlusses des Senats vom 18. April 2023 (10 ME 52/23) tätig geworden.

Besonderheiten, die hier trotz der Beeinträchtigungen der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs ausnahmsweise die Nutzung der Autobahn für die geplante Versammlung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor, wie dies von der Antragsgegnerin in der angefochtenen Verfügung auch zutreffend ausgeführt worden ist.

Der Senat hat bei dieser Prüfung zugunsten der Antragstellerin und im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht nur die von ihr im vorliegenden Verfahren zur Begründung ihres Eilantrags und zur Erwiderung auf die Beschwerde vorgetragenen Argumente, sondern auch die von ihr in dem vorhergehenden Verfahren 5 B 54/23, das mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. April 2023 abgeschlossen worden ist, vorgebrachten Einwände sowie die von ihrem Prozessbevollmächtigten in dem Verfahren 5 B 128/23 / 10 ME 52/23, in dem es ebenfalls um eine Fahrraddemonstration auf einer Autobahn (BAB 39 zwischen Braunschweig und Wolfsburg) gegangen ist, angeführten Argumente berücksichtigt.

Zwar besteht mit dem Thema der Veranstaltung "Protest gegen den Ausbau und bereits bestehende Abschnitte der A 39" und "A 39 stoppen, bestehende Abschnitte rückbauen und umwidmen: Platz für Leben statt für Autos - ´Tandem-Fahrraddemo´ auf der Autobahn" ein konkreter örtlicher und thematischer Bezug der Veranstaltung zu der gewünschten Versammlungsroute. In Anbetracht der von der Antragsgegnerin zutreffend ermittelten erheblichen Behinderungen und Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer kann hier aber von einem solchen Ausnahmefall, der die grundsätzlich ausgeschlossene Nutzung von Autobahnen für Demonstrationen rechtfertigen würde, keine Rede sein. Denn die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Durchführung der Versammlung auf diesem stark frequentierten Abschnitt der BAB 39 den Verkehr über ca. 6 Stunden, also über einen relativ langen Zeitraum, intensiv beeinträchtigen würde, dieser erheblichen Beeinträchtigung nicht in ausreichendem Maße durch Umleitungsstrecken und Verkehrslenkungskonzepte begegnet werden könnte und sich dadurch die Gefahr von Verkehrsunfällen deutlich erhöhen würde.

Die Antragsgegnerin ist dabei zutreffend von einer voraussichtlichen Sperrung der BAB 39 im Umfang von ca. 6 Stunden ausgegangen. Nach der überzeugend begründeten Darstellung der Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 20. April 2023 und der Autobahn GmbH in ihrer Stellungnahme vom 12. April 2023 werden für die Errichtung der Sperrmaßnahmen an den Anschlussstellen Handorf und Lüneburg-Nord einschließlich der Aufstellung einer Stauwarnanlage und für das notwendige mehrfache Befahren der zu sperrenden Strecke mindestens 1 1/2 Stunden benötigt. Die Durchfahrt des Aufzugs in dem betroffenen Abschnitt erfordert danach "im Idealfall" ebenfalls mindestens 2 Stunden. Der Abbau der Sperrmaßnahmen benötigt nach der Einschätzung der Autobahn GmbH und der Antragsgegnerin ebenso 2 Stunden. Dies hat die Autobahn GmbH in der genannten Stellungnahme überzeugend damit begründet, dass im Anschluss an die Versammlung auf der Autobahn eine Streckenkontrolle durchgeführt werden muss, um sicherzugehen, dass die Verkehrssicherheit der Strecke gewährleistet ist, also beispielsweise keine Gegenstände auf der Fahrbahn liegen und die Fahrbahn auch nicht verunreinigt ist. Erst nach der Streckenkontrolle kann die Vollsperrung schrittweise aufgehoben werden. Daraus ergibt sich, dass die Dauer der Vollsperrung mindestens 5 1/2 Stunden beträgt. Insofern scheint jedoch die Annahme der Antragsgegnerin und der Autobahn GmbH, dass die Durchführung der Fahrraddemonstration auf dem betroffenen Streckenabschnitt, der hin und zurück befahren werden muss, mit der von den Versammlungsteilnehmern gewünschten Zwischenkundgebung auf der Autobahn (auf der Höhe des Bahnhofs Bardowick) lediglich 2 Stunden in Anspruch nehmen würde, zu optimistisch zu sein, sodass die Einschätzung der gesamten Dauer der Sperrmaßnahmen von mindestens 6 Stunden durch die Antragsgegnerin jedenfalls nicht zu hoch gegriffen ist.

Hinzu kommt, dass die Auflösung der entstandenen Staus nur zeitversetzt erfolgen kann mit der Folge, dass die Verkehrsbehinderung selbst noch über einen deutlich längeren Zeitraum anhalten dürfte, worauf die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 20. April 2023 gestützt auf die Stellungnahme der Polizeiinspektion Lüneburg vom 19. April 2023 zutreffend hingewiesen hat.

Soweit die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin angenommene Zeit für die Dauer der Sperrmaßnahme als "Scheinargument" ansieht, hat sie keine konkrete Begründung angeführt, aus der sich ergeben könnte, dass die hier von einer fachlich erfahrenen Stelle (Autobahn GmbH) sowie von der Antragsgegnerin selbst vorgenommene und sehr gut nachvollziehbare Einschätzung unzutreffend ist. Soweit die Antragstellerin auf Erfahrungen anlässlich anderer Fahrraddemonstrationen in anderen Orten, bei denen wesentlich kürzere Zeiträume für die Sperrung von Autobahnen benötigt worden sein sollen, verweist, ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Fälle mit dem vorliegenden Fall vergleichbar sind. Denn es kommt insoweit immer auf die konkrete Situation an. Entscheidend ist daher hier, dass nach den fachlich fundierten und überzeugenden Einschätzungen eine Sperrzeit von mindestens 6 Stunden in jedem Fall notwendig ist. Im Übrigen ist hier bereits der für die Durchführung der Fahrraddemonstration einschließlich der Zwischenkundgebung notwendige Zeitraum von mindestens 2 Stunden länger als die von der Antragstellerin angeführten Zeiträume für die Sperrungen in den von ihr genannten anderen Fällen.

Ferner ist die Antragsgegnerin zutreffend davon ausgegangen, dass die BAB 39 auf dem von der Fahrraddemonstration beanspruchten Abschnitt in vollem Umfang, also in beiden Fahrtrichtungen gesperrt werden müsste. Denn es liegt auf der Hand, dass die Autobahn nicht nur auf der Fahrbahn, die für die Fahrraddemonstration beansprucht wird, sondern auch auf der Gegenfahrbahn zwingend gesperrt werden müsste. Eine lautstarke und auch optisch auffällige Fahrraddemonstration mit Lautsprechern, Musikboxen, Transparenten, Fahnen und Spruchbändern stellt nämlich - wie die Antragsgegnerin gestützt auf die Stellungnahme des Autobahn Polizeikommissariats Winsen (Luhe) vom 17. März 2023 im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat - eine erhebliche akustische und optische und auch nicht zu erwartende Ablenkung für die auf der Gegenfahrbahn fahrenden Verkehrsteilnehmer mit der hohen Gefahr von Auffahrunfällen dar. Das dagegen von der Antragstellerin angeführte Argument, dass die Behörde den Autofahrern offenbar kein verkehrsgerechtes Verhalten zutraue, geht an der Verkehrsrealität ("Gafferunfälle") offensichtlich vorbei. Auch die von der Antragstellerin ferner vorgebrachte Möglichkeit einer (auf einer freien Autobahnstrecke ungewöhnlichen) Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h auf der Gegenfahrbahn würde dieses erhebliche Risiko von Auffahrunfällen zwar möglicherweise etwas reduzieren, aber keineswegs ausschließen. Außerdem würde durch eine solche Geschwindigkeitsreduzierung die von (aus der Mitte der Demonstration) hinübergeworfenen Gegenständen ausgehende Gefahr nur unwesentlich gemindert werden.

Zwar soll die Demonstration nur bis zur Höhe des Bahnhofs Bardowick verlaufen, doch hat die Antragsgegnerin gestützt auf die Stellungnahme des Autobahn Polizeikommissariats Winsen (Luhe) vom 17. März 2023 zu Recht angenommen, dass dies die Vollsperrung der gesamten Autobahn zwischen den Anschlussstellen Lüneburg-Nord und Handorf zur Folge hätte, da zwischen diesen Anschlussstellen sich keine weiteren Anschlussstellen befinden, sowie der B 404 an der Anschlussstelle Handorf Richtung Lüneburg.

Die Antragsgegnerin hat schließlich in dem angefochtenen Bescheid vom 20. April 2023 zu Recht angenommen, dass die von der Antragstellerin beabsichtigte Routenführung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs verbunden mit Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer führen würde, der durch verkehrslenkende Maßnahmen nicht hinreichend begegnet werden könnte.

Die Antragsgegnerin hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass ausgehend von 21.000 Fahrzeugen in 24 Stunden (diese Zahlen hat die Antragsgegnerin der von dem Polizeikommissariat Winsen (Luhe) mit seiner Stellungnahme vom 17. März 2023 vorgelegten Verkehrsstatistik entnommen) an einem durchschnittlichen Sonntag im April, was somit auch für den 23. April 2023 gelten würde, ca. 6.000 bis 8.000 Fahrzeuge in den Tagesstunden von der Vollsperrung betroffen wären. Für dieses hohe Verkehrsaufkommen besteht im Lüneburger Raum nur eine Umleitungsstrecke bei einer Vollsperrung zwischen Lüneburg-Nord und Handorf, wie die Polizei in ihrer Stellungnahme vom 17. März 2023 überzeugend dargestellt hat. Sowohl der von Hamburg als auch der von Süden fließende Verkehr müsste über die regulär ausgewiesene Umleitungsstrecke der BAB 39 für den Abschnitt Lüneburg

-Handorf, d. h. über die Kreisstraße 46, die ehemalige Bundesstraße 4, und die B 404 geführt werden. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die Kreisstraße 46 nicht in demselben Maße aufnahmefähig ist wie sie seinerzeit als B4 gewesen ist. Denn u. a. Geschwindigkeitsbegrenzungen und in der Zwischenzeit errichtete Kreisverkehre in den zu querenden Ortschaften bremsen den Verkehrsfluss erheblich. Soweit die Antragstellerin, ohne konkrete Auseinandersetzung mit der verkehrlichen Situation im Lüneburger Raum, auf die Notwendigkeit eines vorausschauenden Verkehrslenkungs- und Sicherheitskonzepts verweist, ist in Anbetracht dieser umfassenden und intensiven Verkehrsbehinderungen nicht ersichtlich und wird von der Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung auch nicht ausgeführt, mit welchen konkreten verkehrslenkenden Maßnahmen das Risiko von Rückstaus beseitigt oder zumindest erheblich reduziert werden könnte. Außerdem übersieht sie, dass hier nur mit der genannten Umleitungsstrecke und den von der Antragsgegnerin in Ihrer Verfügung dargestellten Sicherungsmaßnahmen auf die in diesem Falle notwendig werdende Vollsperrung reagiert werden könnte. Möglicherweise könnte in einem Verkehrsraum, in dem mehrere Autobahnen und/oder andere aufnahmefähige Straßen zur Verfügung stehen, mit einem solchen Konzept auf eine Demonstration reagiert werden (wie etwa im Ruhrgebiet), die Antragstellerin beachtet jedoch nicht, dass solche Möglichkeiten im Lüneburger Raum nicht bestehen.

Schon angesichts der oben erwähnten hohen Verkehrszahlen und nur einer Umleitungsstrecke hätte die von der Antragstellerin gewünschte Demonstration erhebliche Staus zur Folge. Es liegt auf der Hand, dass der von Nordwesten über die BAB 39 heranfließende Verkehr durch die Vollsperrung der BAB 39 bei der Anschlussstelle Handorf und die Ableitung des Verkehrs auf die je Fahrtrichtung nur einspurig befahrbare B 404 sich in einem erheblichen Umfang zurückstauen würde. Dies hätte nicht nur ganz erhebliche Behinderungen für die anderen Verkehrsteilnehmer zur Folge, sondern wäre für den von Hamburg auf der BAB 39 heranfließenden Verkehr mit der konkreten Gefahr von Auffahrunfällen verbunden. Die Antragsgegnerin hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass Stauenden das typische Risiko bergen, dass Fahrer ankommender Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit und die Entfernung zum Stauende falsch einschätzen und es zu Auffahrunfällen kommt. Zwar kann diese Gefahr durch rechtzeitige Hinweise (optische Hinweise und Hinweise über den Verkehrsfunk) und möglicherweise auch durch die von der Antragstellerin angeführte (die Gefahr von Rückstaus allerdings noch erhöhende) Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h für den heranfließenden Verkehr gemindert, jedoch nicht beseitigt werden. Auch ist die für den 23. April 2023 angekündigte Demonstration in den Medien keineswegs in einem Umfang bekannt, dass alle oder zumindest die meisten Autofahrer sich auf eine mögliche Sperrung der BAB 39 einschließlich der von der Antragstellerin angeführten alternativen Nutzung der Bahn einstellen können. Lediglich den Klimaaktivisten und anderen Interessenten, die die Bekanntmachungen auf den entsprechenden Websites verfolgen, und den Lesern der örtlichen Landeszeitung dürfte diese Demonstration - eine aufmerksame Lektüre vorausgesetzt - bekannt sein. Den übrigen Autofahrern und insbesondere den nicht aus der Region stammenden Autofahrern dürfte diese Demonstration jedoch unbekannt sein. Diese werden allenfalls über den Verkehrsfunk kurzfristig informiert. Soweit die Antragstellerin dem Argument des Risikos von Auffahrunfällen entgegenhält, dass diese Gefahr zu den generellen Gefahren auf einer Autobahn gehöre und es nicht zulässig sei, die Untersagung einer Versammlung mit Gefahren zu begründen, die auch ohne diese am Ort der Versammlung bestünden, übersieht sie, dass die von der Antragsgegnerin zutreffend ermittelten Behinderungen und Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer am 23. April 2023 konkret und ausschließlich durch die von der Antragstellerin gewünschte Demonstrationsroute verursacht würden. Dass es auch aufgrund von (unvermeidbaren) Baumaßnahmen und Unfällen zu Autobahnsperrungen kommen kann, nimmt den genannten erheblichen Behinderungen und Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer nicht die von der Antragsgegnerin zu berücksichtigende Bedeutung. Zudem gilt es, die ohnehin im Straßenverkehr bestehenden Gefahren für die Verkehrsteilnehmer möglichst gering zu halten und nicht noch durch vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen deutlich zu erhöhen.

Zur Begründung ihrer neuen Gefahrenprognose in dem Bescheid vom 20. April 2023 hat die Antragsgegnerin wesentliche neue Sachverhaltsumstände und Erkenntnisse angeführt.

Zum einen hat die Antragsgegnerin in dieser neuen Gefahrenprognose maßgeblich berücksichtigt, dass die geplante Sanierung der BAB 1 und der BAB 25 auf die Zeit vom 21. bis zum 24. April 2023 vorgezogen worden ist. Dies bedeutet nach der Stellungnahme der Autobahn GmbH vom 12. April 2023, dass die BAB 1 und 25 zwischen den Anschlussstellen Hamburg-Stillhorn und Hamburg-Moorfleet sowie zwischen dem Autobahndreieck Hamburg-Südost und der Anschlussstelle Hamburg-Allermöhe voll gesperrt sind. Dies hat, wie die Antragsgegnerin gestützt auf die Stellungnahmen der Autobahn GmbH vom 12. April 2023 und der Polizeiinspektion Lüneburg vom 19. April 2023 deutlich höhere Verkehrsbelastungen auf der BAB 39 als an einem üblichen Sonntag im April zur Folge. Diese erheblich höhere Verkehrsbelastung macht nach der Einschätzung der Antragsgegnerin gestützt auf die Stellungnahme der Autobahn GmbH vom 12. April 2023 eine deutlich höhere Kapazität auf der Umleitungsstrecke notwendig, weshalb für den überregionalen Verkehr eine ungestört befahrbare BAB 39 erforderlich ist. Diese Einschätzung ist sehr gut nachvollziehbar und überzeugend. Denn bei einer Vollsperrung der genannten Autobahnen östlich bzw. südöstlich von Hamburg entsteht ein großräumiger Ausweichverkehr, der in der von der Autobahn GmbH zitierten Pressemitteilung auch ausdrücklich empfohlen wird. Für den Lüneburger Raum bedeutet dies eine erheblich verstärkte Beanspruchung der B 404, der BAB 39, der Ostumgehung und der B4 (in beiden Fahrtrichtungen). Wird diese in dieser Situation besonders wichtige Verkehrsachse für einen Zeitraum von ca. 6 Stunden unterbrochen, liegt es entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts auf der Hand, dass es zu sehr langen Rückstaus mit den oben dargestellten konkreten Unfallgefahren vor allem an der Anschlussstelle Handorf kommt.

Soweit das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen hat, dass wegen der von der Antragsgegnerin akzeptierten teilweisen Inanspruchnahme der BAB 39 ohnehin nicht von einem ungestörten Befahren dieser Autobahn ausgegangen werden könne, führt dies zu keiner anderen Bewertung der Folgen der von der Antragstellerin und den anderen Versammlungsteilnehmern gewünschten Demonstrationsroute. Denn die ganz erheblichen Auswirkungen auf den Kraftfahrzeugverkehr mit den oben dargestellten deutlich gesteigerten Unfallgefahren hätte es auch gerechtfertigt, dass die Antragsgegnerin den Versammlungsteilnehmern eine Alternativroute angeboten hätte, die die BAB 39 auch nicht auf einem Teilstück in Anspruch genommen hätte. Denn angesichts dieser erheblichen Behinderungen und Gefahren liegt hier der oben beschriebene Ausnahmefall, in dem ausnahmsweise die Nutzung einer Autobahn für Demonstrationszwecke in Betracht kommt, ersichtlich nicht vor. Wenn die Antragsgegnerin der Antragstellerin und den anderen Versammlungsteilnehmern gleichwohl - auch im Sinne der Herstellung praktischer Konkordanz zwischen den betroffenen Grundrechten - entgegenkommt, indem sie die Benutzung eines kurzen Teilstücks der BAB 39 zulässt, stellt dieses Entgegenkommen die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin in keiner Weise in Frage.

Zum anderen hat die Antragsgegnerin den von der Polizeiinspektion Lüneburg in ihrer Stellungnahme vom 19. April 2023 angeführten Umstand in ihrer neuen Gefahrenprognose ebenfalls maßgeblich berücksichtigt, dass die B 216 voll und die Ostumgehung Lüneburg halbseitig je Fahrtrichtung gesperrt sind. Nach der genannten Stellungnahme der Polizei kommt es hierdurch immer wieder zu massiven Staubildungen. Kann dieser Verkehr wegen einer Sperrung der BAB 39 über einen Zeitraum von 6 Stunden nicht Richtung Norden über die BAB 39 abfließen, wird der Verkehr nach dieser Stellungnahme in das Gebiet der Stadt Lüneburg ausweichen und kann dann im weiteren Verlauf nur die oben genannte Umleitungsstrecke über die ehemalige B4 nutzen. Es ist entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts ohne weiteres nachzuvollziehen, dass dies zu ganz erheblichen Behinderungen des Verkehrs führen wird. Dies hat die Polizei in der genannten Stellungnahme anschaulich und überzeugend mit den Folgen der Havarie eines LKWs auf der Ostumgehung am 19. Juni 2019 verglichen, wonach es zu einem völligen Erliegen des Verkehrsflusses in weiten Teilen Lüneburgs gekommen ist. Zwar ist im Bereich der Stadt Lüneburg die Gefahr von Auffahrunfällen wegen der geringeren gefahrenen Geschwindigkeit möglicherweise niedriger, doch weist die Polizei in ihrer Stellungnahme vom 19. April 2023 zu Recht darauf hin, dass der Rettungsdienstverkehr ganz erheblich betroffen sein wird, wenn als Folge der genannten Sperrung der BAB 39 es zu einem vergleichbaren Verkehrsstillstand im Bereich der Stadt Lüneburg kommt.

Beide von der Antragsgegnerin in ihrer neuen Gefahrenprognose angeführten Sachverhaltsumstände und Erkenntnisse belegen, dass die von der Antragstellerin gewünschte Demonstrationsroute auf der BAB 39 zu massiven Verkehrsbehinderungen mit erheblichen Unfallgefahren und Behinderungen des Rettungsdienstverkehrs im innerstädtischen Verkehr führen würde.

Die Berücksichtigung dieser neuen Erkenntnisse in einer neuen Gefahrenprognose ist nicht nur zulässig, sondern ist zur Abwehr der sich aus diesen Erkenntnissen ergebenden Gefahren nach dem oben Gesagten auch geboten, auch wenn die zu Grunde liegenden Sachverhalte (Sperrungen der genannten Autobahnen im Raum Hamburg und Sperrung der B 216) möglicherweise bereits seit längerer Zeit objektiv feststehen. Denn entscheidend ist, dass die Antragsgegnerin eine neue Gefahrenprognose aufgrund wesentlich neuer, von den sachverständigen Stellen erstellter Erkenntnismittel (Stellungnahmen der Autobahn GmbH vom 12. April 2023 und der Polizeiinspektion Lüneburg vom 19. April 2023) getroffen hat.

Dabei hat die Antragsgegnerin ebenfalls zutreffend berücksichtigt, dass "die Verkehrsachse Hamburg-Winsen-Lüneburg" in dem Zeitraum von mindestens 6 Stunden auch für den Rettungsdienstverkehr (nicht nur bei Rettungseinsätzen zwischen Winsen und Lüneburg, sondern etwa auch bei Krankentransporten zwischen den Kliniken Winsen und Lüneburg) "nur sehr eingeschränkt" zur Verfügung stünde, was nicht hinnehmbare zeitliche Verzögerungen zur Folge hätte. In keiner Weise nachvollziehbar ist der diesbezügliche Einwand der Antragstellerin, dass der Hinweis auf nötige Rettungseinsätze "grotesk" sei. Soweit die Antragstellerin ferner darauf hinweist, dass trotz der Sperrung die Nutzung der Autobahn durch Rettungsdienstfahrzeuge möglich sei, kann dahingestellt bleiben, ob dies zutreffend ist, da jedenfalls durch die entstehenden langen Rückstaus an den Anschlussstellen die Erreichbarkeit und Nutzbarkeit der BAB 39 auch für Rettungsdienstfahrzeuge erheblich eingeschränkt wäre. Hinzu kommt die oben dargestellte Folge einer Sperrung der BAB 39, dass Rettungseinsätze im Bereich der Stadt Lüneburg durch die zu erwartenden massiven Stauungen des Verkehrs ganz erheblich eingeschränkt wären.

Soweit die Antragstellerin gegen die Auflage unter der Ziffer 2. in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. April 2023 anführt, dass sie den Ort für ihre Demonstration völlig frei wählen könne und es kein Gesetz gebe, dass Versammlungen auf Autobahnen verbietet, verkennt sie, das zwar - wie oben ausgeführt - ein Anspruch auf Wahl des Ortes der Versammlung, aber kein Anspruch darauf besteht, an jedem erdenklichen Ort eine Versammlung durchzuführen. Eine Autobahn kommt daher nur in Ausnahmefällen als Versammlungsort in Betracht. Angesichts der von der Antragsgegnerin zutreffend ermittelten erheblichen Behinderungen und Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer liegt hier ein solcher Ausnahmefall aber ersichtlich nicht vor.

Unabhängig von den obigen Ausführungen käme man aber auch dann zu keinem anderen Ergebnis, wenn man annähme, dass das Selbstbestimmungsrecht der Teilnehmer bzw. des Veranstalters grundsätzlich auch die Auswahl einer Autobahn als Versammlungsort umfasst. Denn auch dann würde sich die verfahrensgegenständliche Verfügung der Antragsgegnerin als voraussichtlich rechtmäßig erweisen. Bei einer Abwägung der betroffenen Belange im Rahmen der Herstellung praktischer Konkordanz ergibt sich nämlich - wie oben zu dem Nichtvorliegen eines Ausnahmefalls ausgeführt -, dass auch von diesem rechtlichen Standpunkt ausgehend in der vorliegenden Konstellation dem Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gegenüber dem Recht der Antragstellerin und der Versammlungsteilnehmer aus Art. 8 GG der Vorrang gebührt.

Jedenfalls hat die Antragsgegnerin mit der von ihr in dem Bescheid vom 20. April 2023 festgelegten (Alternativ-)Route in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise eine praktische Konkordanz zwischen dem durch die Veranstaltung ausgeübten Grundrecht der Versammlungsfreiheit und den Rechten Dritter sowie den betroffenen öffentlichen Belangen hergestellt (vgl. dazu BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 6.5.2005 - 1 BvR 961/05 -, juris Rn. 24; BVerwG, Urteil vom 24.5.2022 - 6 C 9.20 -, juris Rn. 24, und Beschluss vom 8.1.2021 - 6 B 48.20 -, juris Rn. 13; jeweils zu § 15 Abs. 1 VersG). Die von der Antragsgegnerin angebotene Alternativroute wird nämlich dem Anliegen der Versammlung in jeder Hinsicht gerecht. Die Alternativroute soll von der Bockelmannstraße (Höhe AGL, dort auch Auftaktkundgebung) Richtung B4 und sodann über die Anschlussstelle B4/Lüner Kreisel entgegengesetzt der Fahrtrichtung auf der BAB 39 bis zur bzw. vor die Anschlussstelle Lüneburg-Nord mit einer Zwischenkundgebung vor der Brücke Höhe Hamburger Straße und zurück auf der gleichen Strecke verlaufen. Sie beinhaltet damit 1 km "echter Autobahn", da die A 39 in diesem Umfang auch noch nach der Anschlussstelle Lüneburg-Nord in Richtung Uelzen als Autobahn gewidmet ist und zudem Teil des geplanten Autobahnausbaus ist. Nach dem Inhalt des Kooperationsgesprächs am 16. März 2023 geht es den Teilnehmern der geplanten Veranstaltung aber gerade darum, ihre Demonstration auf der "echten Autobahn" durchzuführen. Auch richtet sich das Thema der Demonstration ausdrücklich gegen den Ausbau der BAB 39. Trotz der auch mit diesem (kleineren) Teilabschnitt der BAB 39 einhergehenden erheblichen, der Annahme eines Ausnahmefalls im oben beschriebenen Sinne entgegenstehenden Verkehrsbehinderungen ist die Antragsgegnerin damit dem Anliegen der Versammlungsteilnehmer erheblich entgegengekommen, so dass das von der Versammlung verfolgte Anliegen in ausreichend öffentlichkeitswirksamer Weise auch auf der Alternativroute verwirklicht werden kann und insbesondere auch der inhaltliche Bezug zum Versammlungsthema hinreichend gewährleistet ist. Gerade auch angesichts dieses Alternativangebots der Antragsgegnerin kann keine Rede davon sein, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. April 2023 die Rechte der Antragstellerin und der anderen Versammlungsteilnehmer aus Art. 8 GG verletzt.

Soweit die Antragstellerin dagegen pauschal angeführt hat, dass die Länge der Autobahnstrecke auf der Alternativroute mit 1 km "sehr deutlich überschätzt" sei und diese "nur wenige 100 Meter" betrage, hat sie diese Behauptung durch nichts belegt. Die weitere Behauptung, dass das den Autobahnabschnitt kennzeichnende Verkehrsschild sich in unmittelbarer Nähe der Anschlussstelle Lüneburg-Nord befinde, ist unzutreffend. Auch kann der Senat nicht nachvollziehen, dass die Ostumgehung, die nach Auffassung der Antragstellerin bei der Anschlussstelle Lüneburg-Nord beginnt, "gefühlt" keine Autobahn sei. Denn das Gegenteil ist hinsichtlich der mehrspurig und autobahnähnlich ausgebauten Ostumgehung der Fall.

Ist nach allem der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Auflage unter Ziffer 2. des Bescheides der Antragsgegnerin vom 20. April 2023 abzulehnen, hat auch ihr Hilfsantrag, festzustellen, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 4. April 2023 hinsichtlich dieser Auflage aufschiebende Wirkung hat, aus denselben Gründen keinen Erfolg.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Denn der Sach- und Streitstand bietet im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Streitwerts nach der sich für die Antragstellerin aus ihrem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache. In einem solchen Fall ist nach § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen. Der Vorschlag unter Ziffer 45.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11), nicht nur bei einer einzelnen streitgegenständlichen Auflage, sondern auch bei einem Versammlungsverbot lediglich einen Streitwert in Höhe des halben Auftragswertes anzusetzen, ist daher nicht überzeugend (ebenfalls einen Streitwert in Höhe des Auffangwerts nehmen u.a. an: BVerwG, Beschlüsse vom 8.1.2021 - 6 B 48.20 -, juris Tenor und Rn. 21, und vom 5.3.2020 - 6 B 1.20 -, juris Tenor und Rn. 23; ferner statt vieler anderer Obergerichte Bayerischer VGH, Beschluss vom 10.4.2014 - 10 C 14.512 -, juris Rn. 8; a.A. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 8.7.2022 - 11 OA 61/22 -, juris Rn. 7 m.w.N.). Zwar ist hier von der Antragstellerin (formal) nur eine einzelne Beschränkung der geplanten Versammlung angegriffen. Jedoch wird aus ihrer Sicht die von der Antragsgegnerin mit Ziffer 2. des Bescheides festgelegte Alternativroute nicht den Versammlungszielen gerecht, weil sie nicht in hinreichendem Maße auf der BAB 39 verläuft. Außerdem ist Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides vom 20. April 2023 allein die Änderung der Route. Daher erscheint auch im vorliegenden Fall eine Reduzierung des Auffangwertes nicht als angemessen. Eine Halbierung oder Reduzierung des Auffangwerts in versammlungsrechtlichen Verfahren ist auch nicht deshalb angemessen, weil dadurch die finanziellen Risiken, die mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbunden sind, speziell für das Versammlungsrecht reduziert werden, womit der besonderen Bedeutung von Art. 8 GG Rechnung getragen werden könnte (so aber Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 8.7.2022 - 11 OA 61/22 -, juris Rn. 7). Denn Grundrechte sind in einer Vielzahl von Rechtsgebieten - auch in solchen, die keine Gerichtskostenfreiheit nach § 188 Satz 2 VwGO vorsehen - betroffen, ohne dass dies allein ein hinreichender Gesichtspunkt wäre, von der Regelung des § 52 Abs. 2 GKG abzuweichen. Der Erleichterung der Anrufung der Gerichte durch mittellose Personen dient die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Eine möglichst niedrige Bemessung des Streitwerts ist hierfür gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Reduzierung des Streitwerts im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Rechtsschutzverfahrens (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs) findet auch nicht statt, weil die begehrte Entscheidung die Hauptsache vorweggenommen hätte (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 8.6.2022 - 10 ME 75/22 -, juris Rn. 26). Die Änderung der Festsetzung des Streitwerts für die erste Instanz beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.