Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.04.2018, Az.: 12 KN 243/17

Beiladung; einfache Beiladung; Beiladungsinteressent; Normenkontrolle; Normenkontrollverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
06.04.2018
Aktenzeichen
12 KN 243/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74125
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Mit einer Beiladung im Normenkontrollverfahren kann lediglich einem Anliegen des Beiladungsinteressenten Rechnung getragen werden, den Bestand der Norm zu verteidigen, nicht aber zu erreichen, dass diese für unwirksam erklärt wird.

Tenor:

Die Beiladung der D. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführung, E., 30167 Hannover – Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. – wird abgelehnt.

Gründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter.

Dem Antrag der aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Interessentin, sie beizuladen, kann nicht entsprochen werden. Zwar ist gemäß den §§ 47 Abs. 2 Satz 4, 65 Abs. 1 VwGO auch im Normenkontrollverfahren die (einfache) Beiladung eines an dem Rechtsstreit bisher nicht beteiligten Dritten möglich. Sie setzt jedoch eine Berührung von dessen rechtlichen Interessen im Sinne der §§ 47 Abs. 2 Satz 4, 65 Abs. 1 VwGO voraus, die nur dann vorliegt, wenn gerade die Unwirksamkeitserklärung der Norm zu der rechtlichen Beeinträchtigung dieser Interessen führen würde. Mit der Beiladung kann also lediglich dem Anliegen der Verteidigung des Normbestands Rechnung getragen werden. Ein Interesse an einer Unwirksamkeitserklärung der Norm muss der am Rechtsstreit unbeteiligte Dritte dagegen durch einen eigenen Normenkontrollantrag geltend machen (Ziekow, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 4. Aufl. 2014, § 47 VwGO, Rn. 278). Das ergibt sich nicht nur aus der Entstehungsgeschichte des § 47 Abs. 2 Satz 4 VwGO (vgl. dazu: Ziekow, a. a. O., Rn. 276 f.). Es folgt vielmehr auch aus der Überlegung, dass dem Dritten die Beiladung ansonsten dazu dienen könnte, für sich selbst einen Rechtsschutz zu erstreben, der zwar demjenigen entspricht, der durch einen eigenen Normenkontrollantrag erreichbar ist (vgl. § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO), aber der weder an die Einhaltung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geknüpft noch mit einem angemessenen Kostenrisiko verbunden wäre (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Zudem müsste das Eigeninteresse eines beigeladenen Dritten an der Unwirksamkeit der Norm bei der Streitwertfestsetzung gemäß § 51 Abs. 1 GKG unberücksichtigt bleiben. Der § 47 Abs. 2 Satz 4 VwGO hat aber nicht die Funktion, den an der Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Vorschrift Interessierten ein gleichsam „verbilligtes Sammelverfahren“ zur Verfügung zu stellen.

Ausweislich ihrer Antragsschrift vom 21. März 2018 besteht das Anliegen der hiesigen Beiladungsinteressentin nicht in der Verteidigung der umstrittenen Norm, sondern strebt sie – wie die Antragstellerin – deren Erklärung für unwirksam an. Deshalb ist ihre Beiladung zu dem vorliegenden Verfahren nach den soeben dargestellten rechtlichen Maßstäben nicht möglich.

Im Übrigen würde das Gericht – selbst wenn eine solche Beiladung rechtlich zulässig wäre – sie jedenfalls im Ermessenswege ablehnen. Denn mit ihr fände eine Umgehung der für das Anliegen der Beiladungsinteressentin vorgesehenen und angemessene Rechtsschutzform, nämlich der fristgerechten Stellung eines eigenen Normenkontrollantrags, statt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).