Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.04.2018, Az.: 12 LA 83/17

Versagung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mit der Begründung der Befürchtung von schädlichen Umwelteinwirkungen bei Überschreitung eines Geruchswerts von 25 % der Jahresstunden an einem benachbarten und im Außenbereich gelegenen Wohnhaus; Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Neubau von zwei Hähnchenmastställen mit jeweils 39.900 Tierplätzen nebst Nebenanlagen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.04.2018
Aktenzeichen
12 LA 83/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 50069
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2018:0426.12LA83.17.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 01.03.2017 - AZ: 5 A 813/14

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung kann grundsätzlich mit der Begründung versagt werden, es seien schädliche Umwelteinwirkungen zu befürchten, weil ein Geruchswert von 25 % der Jahresstunden an einem benachbarten, im Außenbereich gelegenen Wohnhaus erstmals überschritten werde.

  2. 2.

    Auch eine landwirtschaftliche Prägung eines Gebietes und der Umstand, dass von dem Nachbargrundstück in der Vergangenheit selbst landwirtschaftliche Geruchsimmissionen ausgegangen sind, rechtfertigen es für sich genommen nicht, das Schutzniveau für das Nachbargrundstück (noch) weiter gehend herabzusetzen. Eine höhere Geruchsbelastung kann jedoch ggf. (weiterhin) zumutbar sein, sofern schon die konkrete Vorbelastung über dem o. g. Jahresstundenswert liegt.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5. Kammer - vom 1. März 2017 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 76.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Neubau von zwei Hähnchenmastställen mit jeweils 39.900 Tierplätzen nebst Nebenanlagen.

2

Der Kläger ist Landwirt und betreibt auf seiner im Außenbereich gelegenen Hofstelle F. straße 14 unter anderem Rinderhaltung. Er beabsichtigt seit längerem, den landwirtschaftlichen Betrieb um zwei Hähnchenmastställe nebst Nebenanlagen mit jeweils 39.900 Tierplätzen auf dem Grundstück F. straße 16 zu erweitern. Im Umfeld befinden sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung und nicht landwirtschaftliche Wohnbebauung. In nördlicher Richtung liegt in einer Entfernung von etwa 165 m das Wohnhaus der Beigeladenen F. straße 12.

3

Den Genehmigungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 7. Oktober 2013 ab und wies auch den dagegen erhobenen Widerspruch mit Bescheid vom 7. Februar 2014 zurück, weil der zulässige Geruchsgrenzwert von 25 % der Jahresstunden am benachbarten Wohnhaus F. straße 12 deutlich überschritten werde. Das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 10. September 2012 weise dort eine Geruchsbelastung von 28,6 % bzw. - nach aktualisiertem Gutachten - 27,6 % der Jahresstunden aus. Derart hohe Werte seien nur ausnahmsweise bei landwirtschaftsbezogenem Wohnen oder nach dessen Aufgabe zumutbar, wenn zuvor schon erhöhte Vorbelastungen weit über dem Höchstschwellenwert der geltenden GIRL vorherrschten, was hier bei einer Vorbelastung von 23,2 % (ursprüngliches Geruchsgutachten) bzw. 22,2 % (ergänzende Stellungnahme) nicht der Fall sei. Ohnehin sei eine derart weitreichende Nachwirkung der schon im Jahr 1985 auf dem Grundstück F. straße 12 aufgegebenen Landwirtschaft nicht anzuerkennen. Keineswegs sei die Baugenehmigung für die Wohnnutzung und die Erweiterung des Wohnhauses erloschen, da die genehmigte Wohnnutzung nicht aufgegeben worden sei. Die ungenehmigten Räume im ehemaligen Wirtschaftsteil des Hauses, die mit Anbau der Wohnraumerweiterung saniert und neu verblendet worden seien, würden lediglich als Abstellraum und Autogarage genutzt und nicht zum Wohnen.

4

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor näher bezeichneten Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

5

Die zulässige Klage sei unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger habe im für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weder einen Anspruch auf die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die von ihm geplanten zwei Hähnchenmastställe nebst Nebenanlagen noch auf Neubescheidung seines Genehmigungsantrages.

6

Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche sei § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift sei die Genehmigung, welche hier gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, 1 Abs. 1 der 4. BImSchV i. V. m. Nr. 7.1 des Anhangs für Hähnchenmastställe der hier beantragten Art erforderlich sei, zu erteilen, wenn sichergestellt sei, dass u. a. die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt würden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG seien genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt u. a. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden könnten. Beim Betrieb der vom Kläger geplanten zwei Hähnchenmastställe mit jeweils 39.900 Tierplätzen würden Geruchsstoffe, mithin Luftverunreinigungen bewirkt, die schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 und 4 BImSchG darstellten. Der Beklagte habe die begehrte Genehmigung zutreffend bereits deswegen versagt, weil durch das Vorhaben am Wohnhaus der Beigeladenen F. straße 12 der nach der maßgeblichen Geruchsimmissions-Richtlinie im Einzelfall tolerable Geruchsgrenzwert nicht eingehalten werde. Zur Begründung im Einzelnen werde zunächst auf die zutreffenden Ausführungen diesbezüglich im Bescheid vom 7. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2014 verwiesen.

7

Ergänzend sei näher auszuführen, dass auch das Gericht die benachbarte Wohnnutzung in der F. straße 12 als hinreichend schutzwürdig ansehe (I.), es dort zu einer deutlichen Überschreitung des maßgeblichen Geruchsgrenzwertes komme (II.) und diese Überschreitung auch im Einzelfall unter Berücksichtigung besonderer nachwirkender Duldungspflichten für ein vormals selbst landwirtschaftlich genutztes Grundstück im Außenbereich nicht hinnehmbar sei (III.).

8

I. Das Wohnen im Außenbereich auf dem Grundstück F. straße 12 werde durch bestandskräftige Baugenehmigungen erlaubt, die auch nicht erloschen seien. Folglich müsse dieses Grundstück als einer der maßgeblichen Immissionspunkte bei der Bewertung der Einhaltung einschlägiger Geruchsgrenzwerte durch das Vorhaben des Klägers berücksichtigt werden.

9

1. Den beigezogenen Bauakten des Beklagten lasse sich entnehmen, dass eine Reihe bestandskräftiger Baugenehmigungen das Wohnen im Außenbereich auf dem Grundstück F. straße 12 erlaube. Die Mutter der Beigeladenen habe 1961 die Baugenehmigung für den Neubau eines Wohngebäudes als Anbau an ein Wirtschaftsgebäude erhalten. Der Vater der Beigeladenen habe 1985 zunächst vom Beklagten die Baugenehmigung für die Erweiterung des Wohnhauses durch einen südlichen Anbau (Wohnzimmer mit Kamin) erhalten. Nachdem der zeitgleiche ungenehmigte Teilausbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken beanstandet worden sei, habe er antragsgemäß 1986 vom Beklagten die Baugenehmigung für die entsprechende Erweiterung des Wohnhauses erhalten.

10

Bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont sei mit den Genehmigungen 1985/1986 die erweiterte Wohnnutzung im Außenbereich einzelfallbezogen unabhängig von der Anbindung an ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude genehmigt worden. In den zugrundeliegenden Bauanträgen finde sich ein weiterer Bezug zum Wirtschaftsgebäude weder textlich noch zeichnerisch. 1985 sei auch die landwirtschaftliche Tätigkeit (Milchviehhaltung) auf dem Grundstück aufgegeben worden. Zeitgleich mit dem südlichen Erweiterungsbau sei tatsächlich auch der Teilausbau des Dachgeschosses des Wohngebäudes zu Wohnzwecken erfolgt, der nördliche Anbau aufgestockt, das weiter nördliche Wirtschaftsgebäude ganz oder teilweise abgerissen sowie dort mit einheitlicher Ausrichtung und Dachkonstruktion eine Garage mit Abstellräumen errichtet worden. Vor diesem erkennbaren Hintergrund seien die neueren Baugenehmigungen ohne Anbindung an die zuvor privilegierte Landwirtschaft im Außenbereich erteilt worden.

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2. Die vorgenannten Baugenehmigungen seien auch nicht erloschen. Die Wohnnutzung habe seit 1961 unstreitig ununterbrochen stattgefunden. Der Beklagte habe die Genehmigungen seitdem weder geändert noch aufgehoben, und seine Baubehörde habe auch nach einer Ortsbesichtigung am 25. Februar 2013 mit vertretbaren Gründen ein Einschreiten gegen die Beigeladene abgelehnt. Zwar entfalle der von den Baugenehmigungen vermittelte Bestandsschutz grundsätzlich auch, wenn nachträgliche ungenehmigte bauliche Maßnahmen zu einer Identitätsänderung des Bauwerks führten und dieses gegenüber dem ursprünglichen als ein anderes Bauwerk ("aliud") erscheine. Dieses für die Abgrenzung illegaler Neubauten von zulässigen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten in der Rechtsprechung gebräuchliche Abgrenzungskriterium könne entsprechend für die Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob die Beigeladene den durch die Genehmigungen 1985/1986 vermittelten Bestandsschutz dadurch verloren habe, dass zusammen mit den genehmigten bzw. nachgenehmigten Umbauten 1985 auch der nördliche Anbau aufgestockt, das weiter nördliche Wirtschaftsgebäude abgerissen und durch eine Garage mit gleicher Fassade und Dachgestaltung ersetzt worden sei. Als Kennzeichen der Identität stelle die Rechtsprechung zunächst auf die Übereinstimmung im Standort, im Bauvolumen und in der Zweckrichtung und weiterhin auf ein "adäquates Verhältnis" zwischen dem ursprünglichen Gebäude und den Instandsetzungsmaßnahmen dergestalt ab, dass das ursprüngliche Gebäude als die Hauptsache erscheine. An diesem adäquaten Verhältnis fehle es dann, wenn die Instandsetzung eine Nachberechnung des gesamten Bauwerks erfordere (qualitativer Gesichtspunkt) oder der mit der Instandsetzung verbundene Arbeitsaufwand den für einen Neubau erreiche oder übersteige (quantitativer Gesichtspunkt).

12

Entgegen der Auffassung des Klägers sei im Rahmen dieser Betrachtung jedoch nicht auf die ursprüngliche Gesamtanlage bestehend aus Wirtschaftsgebäude mit der Nebenanlage Wohngebäude abzustellen, sondern wegen der selbstständigen Erlaubnis des Wohnens im Außenbereich durch die neueren Genehmigungen 1985/1986 allein auf das Wohngebäude. Den in Bauanträgen und Lebenswirklichkeit erkennbaren Nutzungswechsel vom landwirtschaftlich privilegierten Wohnen zum nachwirkend selbstständigen Wohnen im Außenbereich habe der Beklagte baurechtlich erlaubt. Die insofern maßgebliche selbstständige Wohnnutzung sei auch durch die ungenehmigten nördlichen Auf- und Anbauten nicht wesentlich geändert worden. Die Aufstockung des ursprünglich niedrigeren nördlichen Anbaus diene ebenso nach wie vor dem Wohnen (in den unteren Räumen). Mit dem Anbau einer Garage mit einheitlicher Fassade und Dachkonstruktion sei dort kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen worden. Nach den oben genannten Kriterien habe das genehmigte Wohngebäude weder durch Aufstockung seines ursprünglich niedrigeren nördlichen Anbaus noch durch den weiteren nördlichen Garagenanbau seine bauliche Identität verloren. Die (dominante) ursprüngliche Bausubstanz, der südliche Anbau und der dortige Dachausbau entsprächen nach wie vor den Genehmigungen. Die illegale Aufstockung des ursprünglichen nördlichen Anbaus und der illegale weitere nördliche Anbau einer Garage mit Abstellräumen nähmen im Hinblick auf Standort und Bauvolumen dem ursprünglichen Bauwerk nicht die Dominanz, sondern fügten sich diesem in Bausubstanz und Ausrichtung des Daches zwanglos an; auf Größe und Dachausrichtung des ursprünglichen Wirtschaftsgebäudes komme es nicht an. Die ungenehmigten Ausbauten gefährdeten auch keineswegs die Standfestigkeit des Wohngebäudes oder erforderten eine statische Neuberechnung. Der für sie notwendige Arbeitsaufwand erreiche in seiner Quantität schließlich evident nicht den Arbeitsaufwand für das ursprüngliche Wohngebäude mit seinem vormals niedrigeren nördlichen und höhengleichen südlichen Anbau. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe den Bestandsschutz eines genehmigten Hauptgebäudes und seine Nutzung nicht durch die illegale Errichtung von Garagen und Abstellräumen als gefährdet angesehen. Eine derart begrenzte Erweiterung sei zulässig, wenn sie die öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht über das Maß hinaus verletze, was die Erhaltung des Bestandes und seine weitere Nutzung bereits mit sich bringe. Dort wie hier sei nicht erkennbar, dass die Nebenanlage an baurechtliche Schranken stoße, die nicht schon durch den Bestandsschutz des Wohnhauses überwunden würden. Ausdrücklich betone das Bundesverwaltungsgerichts, dass zur funktionsgerechten Nutzung einer Wohnung die Möglichkeit gehöre, ein Kraftfahrzeug unter- oder Geräte abzustellen.

13

II. In den angefochtenen Bescheiden habe sich der Beklagte zutreffend an der Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - orientiert (1.) und dabei eine deutliche Überschreitung des maßgeblichen Geruchsgrenzwertes festgestellt (2.).

14

1. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG seien, könne - in Ermangelung bundesrechtlicher Vorschriften - auf die niedersächsische Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - zurückgegriffen werden. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden könne. Sie enthalte technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhten und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten hätten.

15

Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gelte für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gelte ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben des Klägers als auch das Wohnhaus der Beigeladenen lägen, regele die GIRL nicht ausdrücklich. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, werde erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Auch im Außenbereich sei daher zunächst der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich bis 0,25 und in Sonderfällen auch darüber hinaus setze das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich sei stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.

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2. Hiervon ausgehend habe der Beklagte eine deutliche Überschreitung des maßgeblichen Geruchsgrenzwertes 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) am Wohnhaus der Beigeladenen beanstandet, die sich aus den vom Kläger vorgelegten Geruchsgutachten erschließe. So sei im Gutachten von Prof. Dr. G. vom 10. September 2012 eine Gesamtbelastung der Gerüche von 28,6 % der Jahresstunden prognostiziert, wobei zu einer Vorbelastung von 23,2 % die Immissionen der geplanten Hähnchenmastställe hinzugerechnet worden seien. Nachdem es in der Nachbarschaft zu Reduzierungen gekommen sei, habe laut der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 18. Dezember 2013 die neu errechnete Gesamtbelastung 27,6 % der Jahresgeruchsstunden bei einer Vorbelastung von 22,2 % betragen.

17

III. Ohne Rechtsfehler habe der Beklagte ferner angenommen, dass diese Überschreitung auch im Einzelfall unter Berücksichtigung besonderer nachwirkender Duldungspflichten für ein vormals selbst landwirtschaftlich genutztes Grundstück im Außenbereich nicht hinnehmbar sei. Zwar sei der Schutzanspruch der zulässigen Wohnnutzung der Beigeladenen wegen der ursprünglichen Anbindung an die Privilegierung der Landwirtschaft im Außenbereich auch weiterhin deutlich eingeschränkt (1.). Bei Festlegung seiner konkreten Reichweite im Rahmen der anzustellenden Einzelfallprüfung sei eine ggf. weitere landwirtschaftliche Prägung der Nachbarschaft zu dem Vorhabengrundstück ein bedeutsamer, keineswegs aber der allein entscheidende Umstand (2.).

18

Daher sei es unter Berücksichtigung der übrigen Umstände hier aber gerechtfertigt, dem Schutzanspruch oberhalb von 25 % der Jahresgeruchsstunden Geltung zu verschaffen (3.). Aus Sicht der Kammer sei dabei insbesondere bedeutsam, dass durch die neue Tierkategorie Hähnchen erstmals die Schwelle von 25 % der Jahresgeruchsstunden massiv überschritten werde und der Kläger selbst bei zugestandenem Entwicklungspotential seines Betriebes keine berechtigten Erwartungen habe hegen dürfen, diese Schwelle überschreiten zu dürfen.

19

1. Nach der Rechtsprechung zur gebotenen Einzelfallprüfung in derartigen Fällen sei grundsätzlich der Schutzanspruch in Bezug auf Geruchsimmissionen deutlich eingeschränkt. Zumutbar könnten abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere der eigenen Emissionssituation, möglicherweise sogar Werte von 50 % und darüber hinaus sein. Denn für die nach Aufgabe einer früheren landwirtschaftlichen Nutzung nachwirkende Pflicht zur Rücksichtnahme bestehe keine feste zeitliche Grenze. Solange die nähere Umgebung - wie hier - weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt werde und die Schicksalsgemeinschaft der Landwirte fortbestehe, bestehe die besondere Rücksichtnahmepflicht fort.

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2. Anders als der Kläger meine, sei die Prägung der Umgebung als intensiv genutzter landwirtschaftlicher Außenbereich allein jedoch unzureichend, um nachwirkende Rücksichtnahmepflichten anzunehmen, die es gebieten würden, auch Jahresgeruchsstundenhäufigkeiten oberhalb von 25 % hinzunehmen. Nach der Rechtsprechung komme es immer auf die Umstände des Einzelfalls an, die genau in den Blick zu nehmen seien. Ein den hiesigen Verhältnissen entsprechender Fall sei - soweit ersichtlich - obergerichtlich bislang nicht entschieden. Ebenso wenig fänden sich grundsätzliche Ausführungen dahingehend, dass allein auf die Prägung der Umgebung abzustellen sei. Zwar komme diesem Umstand eine besondere Bedeutung zu. Keinesfalls sei er aber allein ausschlaggebend.

21

Das "OVG NRW" führe in einer Entscheidung (Beschl. v. 18.5.2016 - 2 B 1443/15 -, juris) einschränkend aus, dass auch im Außenbereich im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung nach der GIRL nur in ganz seltenen Ausnahmen Immissionsbelastungen von über 25 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit hinzunehmen seien. Es betone insbesondere, dass auch der Träger eines Erweiterungsvorhabens Rücksichtnahmepflichten gegenüber der Nachbarschaft habe und keinesfalls einen Anspruch darauf, ohne weiteres eine Geruchsbelastung von 25 % der Jahresstunden oder mehr (mit-)verursachen zu dürfen. Was seinen zu einer Geruchsprognose nach der GIRL 1998 ergangenen Beschluss vom 18. März 2002 (7 B 315/02) anbelange, weise das "OVG NRW" in seiner aktuellen Rechtsprechung (Urt. v. 1.6.2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 86) darauf hin, dass dieser auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008/2009 erfasst würden, keine Anwendung finden könne. Die in dem früheren Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden einer Rinderhaltung etwa entspreche innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.

22

3. Bei der Prüfung des hiesigen Einzelfalls seien verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur, die Nutzung des betreffenden Gebäudes des Nachbarn, die historische Entwicklung und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen zu rechnen seien. Hiervon ausgehend habe der Beklagte zutreffend angenommen, dass sich auch im Wege der Einzelfallprüfung nicht ausnahmsweise eine Überschreitung des Wertes von 25 % der Jahresgeruchsstunden rechtfertigen lasse.

23

Bei der Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung sei dem Kläger zuzugeben, dass das umliegende Gebiet historisch durch landwirtschaftliche Nutzungen geprägt gewesen sei und diese vorrangige Prägung auch nach wie vor bestehe, so dass dort Gerüche aus der Tierhaltung in höherem Umfang hinzunehmen seien. Bei der insoweit erhöht hinzunehmenden Vorbelastung sei aber hier bedeutsam, dass es sich bislang im Wesentlichen um Gerüche aus der Rinder- bzw. Schweinehaltung handelte, die mit 22,2 % (ergänzende Stellungnahme vom 18. Dezember 2013) - ohne jeglichen eigenen Immissionsbeitrag der Beigeladenen - unterhalb des Wertes von 25 % der Jahresgeruchsstunden lägen. Die Überschreitung dieser Grenze sei nicht bereits in der Vergangenheit angelegt, sondern werde erst mit dem streitigen Vorhaben erreicht. Trotz der landwirtschaftlichen Vorprägung der Umgebung habe der Kläger hinsichtlich des Entwicklungspotenzials seines Betriebes keineswegs davon ausgehen können, dass er diese Schwelle überschreiten dürfe. Bedeutsam sei in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger seinen Betrieb mit dem streitigen Vorhaben nicht im Rahmen der bisher gehaltenen Tierarten erweitere, sondern erstmalig Hähnchenmastställe mit einer anders gearteten Geruchskategorie und einer geänderten Hedonik (die bei Geflügel allgemein als störender empfunden werde) verwirklichen wolle. Dies gelte insbesondere unter dem mit zu berücksichtigenden Kriterium einer ggf. besonderen Ortsgebundenheit der geplanten Anlage. Der Kläger sei nicht aus anerkennenswerten Gründen darauf angewiesen, das streitige Vorhaben gerade an dem vorgesehenen Standort zu verwirklichen. Insoweit könne sich im Hinblick auf die Anerkennung der Einheit eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne von § 201 BauGB und der bodenbezogenen Urproduktion ein besonderer Schutz einer Anlage nur dann ergeben, wenn diese mit der Hofstelle und den zu ihr gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden sei, weil etwa die räumliche Nähe die Versorgung des Tierbestandes mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert werde. Derartige Belange könne eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § [3]5 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht bestehe. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden seien, oder sonstige betriebliche Vorteile, wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus, stünden dem nicht gleich.

24

Unter den Aspekten Nutzung des betreffenden nachbarlichen Gebäudes und historische Entwicklung sei es ebenso wenig geboten, im Einzelfall eine Überschreitung des Wertes von 25 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit zuzulassen. Zwar sei das Schutzniveau der Beigeladenen - wie dargelegt - wegen besonderer Rücksichtnahmepflichten zwischen emittierendem Betrieb und benachbarter Wohnbebauung auf das Maß der bisherigen Vorbelastung einschließlich einer anzuerkennenden etwaigen Betriebsentwicklung bis zum Grenzwert von 25 % abgesenkt. Die nachwirkende Rücksichtnahmepflicht der Beigeladenen erstrecke sich jedoch nicht auf jedwede weitere betriebliche Entwicklung. Vielmehr gehe im Rahmen der Gesamtabwägung zulasten des Klägers, dass er abweichend von der bisherigen gebietstypischen Geruchssituation eine neue Kategorie von Gerüchen durch die Hähnchenmastställe mit einer besonders lästigen Hedonik verwirklichen wolle und dabei erstmalig erheblich den Grenzwert 25 % überschreiten werde. Bislang betreibe der Kläger eine Milchvieh- und Rinderhaltung. Die ursprüngliche landwirtschaftliche Nutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen habe ebenfalls in einer Milchviehhaltung bestanden. Auch die Mehrzahl der umliegenden emittierenden Betriebe betrieben Rinder- und Schweinehaltung. Nur vereinzelt gebe es auch Geflügelhaltung. Mithin sei die neue erheblich belastende Geruchssituation durch das streitige Vorhaben historisch weder im Betrieb des Klägers noch in der weiteren Umgebung angelegt gewesen.

II.

25

Der gegen dieses Urteil gerichtete Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil die Zulassungsgründe, auf die sich der Kläger beruft (ernstliche Zweifel nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, hierzu unter I.), grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, hierzu unter II.) sowie besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, hierzu unter III.), teilweise bereits nicht hinreichend dargelegt sind und im Übrigen nicht vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

26

I. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substanziell mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist. Je intensiver diese Entscheidung begründet ist, umso eingehender muss der Zulassungsantragsteller die sie tragende Argumentation entkräften (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.2.2016 - 12 LA 126/15 - und Beschl. v. 18.6.2014 - 7 LA 168/12 -, NdsRpfl 2014, 260). Es reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, wenn er lediglich seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und/oder eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr muss er in der Regel den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenüberstellen und - soweit möglich - die Vorzugswürdigkeit dieser Gegenargumente darlegen (Nds. OVG, Beschl. v. 22.7.2016 - 12 LA 157/15 - und v. 18.6.2014 - 7 LA 168/12 -, a. a. O., m. w. N.). Nach dem Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO können Gründe für ernstliche Zweifel zwar noch ergänzt werden, soweit sie in offener Frist bereits den Mindestanforderungen entsprechend dargelegt worden sind. Der Vortrag weiterer als der bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel ist aber ausgeschlossen (Nds. OVG, Beschl. v. 21.12.2012 - 7 LA 19/11 -, juris, Rn. 7; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124a Rn. 53).

27

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils teilweise nicht ordnungsgemäß dargelegt und liegen solche Zweifel im Übrigen nicht vor.

28

1. Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe die Wohnnutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen zu Unrecht als schutzwürdig angesehen.

29

a) Soweit er erklärt, es sei sehr unwahrscheinlich, dass die Erweiterung des Gebäudes nach Norden - wie in dem Vermerk des Beklagten vom 21. Dezember 2016 angenommen - bereits 1985 stattgefunden habe, so ist nicht ersichtlich, gegen welchen vom Verwaltungsgericht angeführten Gesichtspunkt er sich damit wenden will. Wohl aus diesem Grund führt er selbst aus "Letztlich kommt es aber auch nicht darauf an, wann das alte Wirtschaftsgebäude abgerissen wurde, der alte "Anbau" aufgestockt und das vorhandene Gebäude nach Norden nochmals erheblich erweitert wurde."

30

Zwar trifft es zu, dass diese Baumaßnahmen nicht genehmigt wurden; diesen Umstand hat das Verwaltungsgericht jedoch bei seiner Entscheidung ausdrücklich berücksichtigt und das Wohnen auf dem Grundstück der Beigeladenen gleichwohl mit überzeugenden Argumenten als durch die bestandskräftigen, nicht erloschenen Baugenehmigungen erlaubt und schützenswert eingestuft. Dabei hat es als für die Frage der notwendigen Identität des Bauwerks die Übereinstimmung im Standort, im Bauvolumen und in der Zweckrichtung sowie ein "adäquates Verhältnis" zwischen dem ursprünglichen Gebäude und den Instandsetzungsmaßnahmen abgestellt und Letzteres verneint, wenn die Instandsetzung eine Nachberechnung des gesamten Bauwerks erfordere (qualitativer Gesichtspunkt) oder der mit der Instandsetzung verbundene Arbeitsaufwand den für einen Neubau erreiche oder übersteige (quantitativer Gesichtspunkt). Weiterhin hat das Verwaltungsgericht für die vorliegende Fallgestaltung diese Vorgaben noch dahin modifiziert, dass wegen der erteilten Baugenehmigungen nicht auf die "ursprüngliche Gesamtanlage", sondern auf das genehmigte Wohngebäude abzustellen sei. Diesen Obersatz hat der Kläger nicht in Frage gestellt.

31

Die Argumentation des Klägers geht in Teilen bereits an dem danach aus Sicht des Verwaltungsgerichts Maßgeblichen vorbei. Dies gilt insbesondere, soweit er ausführt, das Verwaltungsgericht hätte die durch die nicht genehmigten Umbauten bewirkte konkrete Erweiterung der zum Wohnen genutzten Wohnfläche zumindest ansatzweise beziffern müssen. Das Verwaltungsgericht hat nämlich - wie dargelegt - das Bauvolumen und als quantitativen Gesichtspunkt den Arbeitsaufwand und nicht die zum Wohnen genutzte Fläche in den Blick genommen.

32

Soweit der Kläger meint, das Verwaltungsgericht hätte die durch die nicht genehmigten Umbauten bewirkte konkrete Erweiterung der zum Wohnen genutzten Wohnfläche zumindest ansatzweise beziffern müssen, so legt er nicht dar, woraus er diese Forderung herleitet. Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger angestellte Rechnung nicht zutreffend ist. Er macht geltend, in der Baugenehmigung aus dem Jahr 1985 sei der nördliche Anbau zu Unrecht insgesamt als "Altbestand" gewertet worden, obwohl seinerzeit nur die östliche Hälfte hätte eingezeichnet werden dürfen. Der neu - ohne Genehmigung - errichtete westliche Teil habe im Erdgeschoss eine Größe von 19,8 m2 und führe zu einer Erhöhung der Fläche des Erdgeschosses um rund 19 %. Dabei übersieht er aber, dass neben der durch die Baugenehmigung aus dem Jahr 1985/1986 genehmigten Wohnfläche - nach seinen Rechnungen 104,99 m2 - schon 1961 die Küche im Anbau mit 21,52 m2 genehmigt worden war. Es ergibt sich somit insoweit eine Steigerung der Wohnfläche im Erdgeschoss von allenfalls 15,5 %. Selbst wenn man aber zu Gunsten des Klägers unterstellt, durch die Aufstockung in dem gesamten Bereich des Anbaus sei insgesamt von einer Erhöhung der Wohnfläche um 20 % auszugehen, rechtfertigt dies für sich genommen keine ernstlichen Zweifel an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die selbstständige Wohnnutzung sei durch die ungenehmigten nördlichen Auf- und Anbauten nicht wesentlich geändert worden.

33

Im Übrigen dürfte ausweislich des vom Beklagten vorgelegten Luftbildes aus dem Jahr 1985 die Erweiterung des Anbaus nach Westen seinerzeit bereits vorhanden und damit die nachrichtliche Übernahme in die Baugenehmigungen aus dem Jahr 1985 und 1986 korrekt gewesen sein. Es spricht mithin vieles dafür, dass sie in der Zeit zwischen 1961 und 1985 erfolgte.

34

Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Darlegung des Verwaltungsgerichts, "die Aufstockung des ursprünglich niedrigeren Anbaus diene ebenso nach wie vor dem Wohnen (in den unteren Räumen)" nahelegt, das Gericht habe angenommen, der auf den Genehmigungen aus den Jahren 1985 und 1986 als Bestand eingezeichnete Anbau sei insgesamt und damit auch in seinem westlichen Teil genehmigt. Selbst wenn das Verwaltungsgericht sich insoweit jedoch geirrt hätte, würde dies die Zulassung der Berufung nicht rechtfertigen. Wie dargelegt, hat das Verwaltungsgericht für die Frage der "wesentlichen Änderung der Wohnnutzung" nicht auf das Verhältnis zwischen der genehmigten und der "ungenehmigten" Wohnfläche abgestellt. Die entscheidungstragende Annahme des Gerichts, der Zweck des Anbaus habe sich nicht geändert, sondern bleibe "Wohnen", wird durch die etwaige Fehlvorstellung aber nicht in Frage gestellt.

35

b) Darüber hinaus verweist der Kläger im Berufungszulassungsverfahren erstmals darauf, die Beigeladene habe die von ihr genutzte Wohnfläche nach Westen um einen Wintergarten mit einer Grundfläche von mindestens 20 m2 erweitert. Dieser werde ersichtlich als zusätzliche Wohnfläche genutzt. Er gehe davon aus, dass dort sogar ein Kamin installiert worden sei.

36

Auch dieser Vortrag ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu wecken. Werden im Berufungszulassungsverfahren innerhalb der Begründungsfrist im Verhältnis zum erstinstanzlichen Verfahren neue Gesichtspunkte eingeführt, so reicht es, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen, nicht aus, diese Tatsachen lediglich zu behaupten; der Rechtsmittelführer muss vielmehr den neuen Tatsachenvortrag substantiieren und glaubhaft machen, um dem Berufungsgericht die summarische Beurteilung zu ermöglichen, das noch zulassende Rechtsmittel werde voraussichtlich zum Erfolg führen. Dabei sind an die Substantiierung und Glaubhaftmachung umso höhere Anforderungen zu stellen, je weniger nachvollziehbar ein Unterlassen des Vorbingens in erster Instanz ist (vgl. zu alledem Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. § 124 Rn. 91; Nds. OVG, Beschl. v. 12.9.2011 - 11 LA 209/11 -, juris; Beschl. v. 5.7.2009 - 5 LA 341/07 -, juris; Beschl. v. 9.6.2017 - 12 LA 10/17 -).

37

Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht. Die Beigeladene führt aus, 1996/1997 sei in Eigenleistung eine 38 m2 große Terrasse erbaut worden. Später seien zunächst an den Seiten Fensterelemente angebracht und letztlich die Terrasse komplett geschlossen worden, um der erheblichen Lärm- und Geruchsbelästigung zu entgehen. Die Terrasse diene nicht als zusätzlicher Wohnraum. Anders als der Kläger geltend mache, befinde sich in dem Wintergarten kein Kamin. Der Raum werde nicht als zusätzliche Wohnfläche, sondern allenfalls gelegentlich als Abstellraum für Gartentisch, Stühle, Kaminholz sowie als - nicht isolierter - Zwinger für die beiden Hunde genutzt.

38

Das von dem Kläger vorgelegte Foto scheint diese Darlegungen der Beigeladenen eher zu bestätigen, denn zu widerlegen. Bei der dort zu erkennenden weißen Sitzbank scheint es sich um eine Gartenbank zu handeln und zwar vermutlich diejenige, die ausweislich der von der Beigeladenen im Januar 2017 vorgelegten Lichtbildern seinerzeit vor der Garage stand. Die "Dinge", die nach Auffassung des Klägers "auf dem Tisch" - und wohl auch auf der Bank - "liegen", dürften dem Erscheinungsbild nach gestapelte Sitzpolster für Gartenstühle bzw. Bänke sein.

39

Vor diesem Hintergrund reicht der Vortrag des Klägers bezüglich des Wintergartens

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nicht aus, seine Behauptung zu stützen, es handele sich um zusätzlichen Wohnraum.

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Selbst wenn man dies aber anders sähe, rechtfertigt der Vortrag die Zulassung der Berufung nicht. Soweit der Kläger insoweit abermals mit einer prozentualen Erhöhung der Wohnfläche argumentiert und diese für die Frage der Identität als maßgeblich ansieht, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

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Darüber hinaus würde eine unzulässige Errichtung eines Wintergartens ersichtlich nicht den Bestandsschutz des Wohnhauses als solchen erlöschen lassen. Das ursprüngliche Haus wird nämlich ersichtlich nicht allein dadurch zum "aliud", dass an dieses ein - wie hier - im Wesentlichen aus Glaselementen bestehender Wintergarten, der ohne maßgeblichen Eingriff in die Substanz des Wohnhauses zurückgebaut werden kann, angebaut wird.

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c) Der Kläger macht weiter geltend, die Annahme des Verwaltungsgerichts, der ursprüngliche Baukörper habe seine Dominanz behalten, treffe nicht zu. Er verweist insoweit darauf, dass das ehemalige Haupthaus, das eine Breite von 14,37 m gehabt habe, durch die Aufstockung des Anbaus um 5,38 m und durch die Garage nochmals verlängert worden sei. Insgesamt sei von einer Verlängerung des Haupthauses um rund 10 m auszugehen. Schon deshalb könne man nicht davon sprechen, dass der ursprünglich dominante Baukörper seine Dominanz behalten habe. Hinzu komme, dass sich in dem ursprünglichen Haupthaus zur Straßenseite nur zwei, in der Erweiterung dagegen drei Fenster befänden. Insgesamt sei nunmehr nicht mehr ein Haupthaus mit einem Anbau und einem Wirtschaftsgebäude, sondern nur noch ein Gebäude erkennbar.

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Der Kläger übersieht insoweit, dass das 14,38 m breite Haupthaus nicht zu Unrecht um 10 m verlängert worden ist. Vielmehr erlaubte bereits die Baugenehmigung aus dem Jahr 1961 - gerade auf der vom ihm in dem Blick genommenen Nordostseite - den 5,38 m langen Anbau, der mit einem, wenngleich gegenüber dem Haupthaus um etwa 2,5 m abgesenkten Pultdach versehenen war. Überdies waren danach bereits in dem Anbau eine Tür und ein Fenster vorgesehen. Mithin ist auf dieser nordöstlichen Seite nicht von einer Verlängerung des Baus um 10 m auszugehen, sondern "nur" von einer Aufstockung des 5,38 m breiten Anbaus um etwa 2,5 m (von etwa 5 auf etwa 7,5 m Höhe) sowie einer Verlängerung um die nach Angaben des Klägers etwa 5 m lange Garage mit Abstellräumen. Bezüglich dieser setzt sich der Kläger aber bereits nicht mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach der Bestandsschutz eines genehmigten Hauptgebäudes und seine Nutzung nicht durch die illegale Errichtung von Garagen und Abstellräumen gefährdet werde und zur funktionsgerechten Nutzung einer Wohnung die Möglichkeit gehöre, ein Kraftfahrzeug unterzustellen oder Geräte abzustellen. Ferner trifft der Einwand des Klägers, das ursprüngliche Haupthaus sei nicht mehr erkennbar, auch in der Sache nicht zu. Die vom Beigeladenen übersandten Lichtbilder zeigen, dass die östliche zur Straße ausgerichtete Außenmauer (von der Westseite des Hauses in ihrer Gesamtheit liegen keine Bilder vor) nach dem ursprünglichen Haupthaus einige Zentimeter nach innen versetzt ist. Zudem sind die zwei Fenster in dem Haupthaus deutlich größer als das dritte schmale im ursprünglichen Anbau sowie die zwei in der Garage.

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2. Der Kläger meint ferner, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergäben sich daraus, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen habe, die Überschreitung der Grenzwerte für Geruchsimmissionen sei auch unter Berücksichtigung der besonderen nachwirkenden Duldungspflichten für ein vormals selbst landwirtschaftlich genutztes Grundstück im Außenbereich nicht hinnehmbar.

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Der Kläger führt insoweit aus, Ausgangspunkt für die Bestimmung, welche Immissionen ein Grundstückseigentümer hinzunehmen habe, sei das Rücksichtnahmegebot. Danach habe derjenige, der in der Vergangenheit selbst Geruchsemissionen aufgrund landwirtschaftlicher Tierhaltung verursacht habe, höhere Immissionen hinzunehmen, als derjenige, der in der Vergangenheit keine Landwirtschaft betrieben habe. Folglich müsse der erstgenannte Grundstückseigentümer verpflichtet sein, Geruchsimmissionen von über 25 % der Jahresstunden zu akzeptieren. Diesen Ausgangspunkt habe das Verwaltungsgericht aus den Augen verloren.

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Diese Argumentation überzeugt schon im Ansatz nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Geruchsimmissionen für erheblich i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG erachtet. Es ist dabei auf die Rechtsprechung, in der eine Geruchsbelastung von über 25 % mit Blick auf die nachwirkende Rücksichtnahmepflicht für hinnehmbar erachtet wurde, ausdrücklich eingegangen und hat erläutert, warum die diese Entscheidungen tragende Argumentation auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist. Damit setzt sich der Kläger nicht substantiiert auseinander, sondern behauptet (weiterhin) - ohne weiter gehende Begründung oder Nachweise aus der Rechtsprechung bzw. Literatur -, derjenige, der in der Vergangenheit selbst Tierhaltung betrieben habe, müsse Geruchsimmissionen in mehr als 25 % der Jahresstunden akzeptieren. Das Verwaltungsgericht hat jedoch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen darauf hingewiesen, es gebe keine Regel, wonach im Außenbereich alle Grundstückseigentümer eine Immissionsbelastung von 25 % Jahresgeruchsstundenhäufigkeit hinzunehmen hätten. Vielmehr sei schon dies nur in seltenen Ausnahmefällen der Fall. Auf diese Begründung geht der Kläger nicht ein, sondern setzt dem nur seine - wie dargelegt - nicht näher begründete Behauptung entgegen, derjenige, der in der Vergangenheit selbst Tierhaltung betrieben habe, müsse höhere Geruchsimmissionen hinnehmen, als ein "normaler" Nachbar und damit (immer) mehr als 25 % der Jahresstunden akzeptieren.

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Unabhängig davon, dass insoweit mithin schon die Darlegungserfordernisse nicht erfüllt sind, trifft die Annahme des Klägers auch in der Sache nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass dieser Gesichtspunkt für sich genommen nicht ausreicht, eine Duldungspflicht für eine Geruchsbelastung in Höhe von mehr als 25 % der Jahresstunden zu rechtfertigen.

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Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Genehmigung nur zu erteilen ist, wenn schädliche Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können, und Geruchsimmissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen, schädliche Umwelteinwirkungen darstellen. Ist die Schwelle der Erheblichkeit - wie bei Geruchsimmissionen - nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen (Bau)Gebiets zu bestimmen (BVerwG, Urt. v. 21.12.2011 - 4 C 12.10 -, BVerwGE 141, 293). Ebenso ist geklärt, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen als Orientierungshilfe auch auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (vgl. etwa NdsMBl. 2009 S. 795 ff., GIRL) zurückgegriffen werden kann. Dabei verbietet sich allerdings jede schematische Anwendung bestimmter Immissionswerte.

50

Zwar ist das Wohnen im Außenbereich danach mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch als etwa im Dorfgebiet verbunden, schon die Zulässigkeit der Häufigkeit landwirtschaftlicher Gerüche im Außenbereich bis zu einem Immissionswert von 0,25 (= 25 % der Jahresgeruchsstunden) setzt aber das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist danach eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat (vgl. Beschl. d. Sen. v. 6.9.2015 - 12 LA 153/15 -, juris; ferner Gem. RdErl. d. MU, d. MS, d. ML u. d. MW v. 23.7.2009 i. V. m. Anlage 2: Begründung und Auslegungshinweise zur Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL -, dort zu Nr. 3.1 GIRL: Zuordnung der Immissionswerte, NdsMBl. 2009, S. 794, 806).

51

Der erste Senat des Niedersächsischen OVG hat in den überwiegend bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen dementsprechend zwar über 25 % liegende Belastungen als zumutbar i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB eingestuft, dies jedoch damit begründet, dass sich die zuvor über 25 % der Jahresstunden liegende und damit "zu hohe" Geruchsbelastung durch das betreffende Vorhaben vermindere oder allenfalls "nicht wahrnehmbar" erhöhe (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 9.6.2015 - 1 LC 25/14 -, juris; Urt. v. 26.11.2014 - 1 LB 164/13 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 6.3.2013 - 1 ME 205/12 -, juris Rn. 28 ff., 38; Urt. v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01 -, juris).

52

Auf diesen Gesichtspunkt wird dann auch in einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen (vgl. Urt. v. 27.6.2017 - 4 C 3/16 -, BauR 2017, 1978). Dort hat das Bundesverwaltungsgericht (erneut) ausgeführt, dass bei der Bestimmung der Zumutbarkeit von Belästigungen etwaige Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen sind, die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort vorfindet, der durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist, und im Umfang der Vorbelastung Immissionen zumutbar seien, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären. Solle in einem erheblich vorbelasteten Gebiet ein weiteres emittierendes Vorhaben zugelassen werden, ist das danach jedenfalls dann möglich, wenn hierdurch die vorhandene Immissionssituation verbessert oder aber zumindest nicht verschlechtert wird.

53

Mithin rechtfertigen - anders als der Kläger meint - eine landwirtschaftliche Prägung eines Gebietes und der Umstand, dass von dem Nachbargrundstück in der Vergangenheit selbst Geruchsimmissionen ausgegangen sind, nicht gleichsam abstrakt eine noch weiter gehende Absenkung des Schutzniveaus. Vielmehr ist insoweit konkret diejenige "etwaige Vorbelastung schutzmindernd zu berücksichtigen ..., die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort vorfindet". Ist eine den Wert von 25 % Jahresgeruchsstunden deutlich überschreitende, aber noch unter der Schwelle der Gesundheitsgefahr liegende Geruchsbelastung bereits vor dem im Streit stehenden Vorhaben rechtmäßig vorhanden, so spricht Einiges dafür, dass ein Nachbar, von dessen Grundstück in der Vergangenheit selbst landwirtschaftliche Geruchsimmissionen ausgegangen sind, verpflichtet ist, diese (weiterhin) zu dulden und sich mithin nicht erfolgreich gegen Genehmigungen wenden kann, die zu einer, wenngleich geringfügigen Absenkung oder allenfalls nicht wahrnehmbaren Erhöhung führen. Ist die Situation vor Ort dagegen bisher und auch in der jüngeren Vergangenheit von einer geringeren, den o. a. Wert unterschreitenden Geruchsbelastung geprägt, so reichen die genannten Umstände nicht aus, eine deutliche Verschlechterung der Situation, die erstmalig zu einem - nicht unerheblichen - Überschreiten des Wertes von 25 % führt, für zulässig zu erachten. Die landwirtschaftliche Vorbelastung in Verbindung mit der zuvor landwirtschaftlichen Nutzung des Nachbargrundstück reicht abstrakt dafür nicht aus. Vielmehr ist bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung insoweit - wie dargelegt - die konkrete Geruchsvorbelastung in den Blick zu nehmen.

54

Mithin trifft die Ausgangsprämisse des Klägers, ein Grundstückeigentümer, von dessen Grundstück in der Vergangenheit selbst Geruchsemissionen aufgrund landwirtschaftlicher Nutzung ausgegangen seien, müsse Geruchsimmissionen in einer Höhe von über 25 % der Jahresstunden akzeptieren, nicht zu. Vor diesem Hintergrund überzeugt auch der Einwand nicht, das Verwaltungsgericht sei von dieser Regel zu Unrecht mit der Begründung abgewichen, durch die erstmalige Errichtung von Hähnchenställen werde die Hedonik geändert und er (der Kläger) sei nicht aus anerkennenswerten Gründen darauf angewiesen, das streitige Vorhaben wegen einer besonderen Ortsgebundenheit an dem vorgesehenen Standort zu verwirklichen. Jedenfalls als zusätzliche Verstärkung sind diese Aspekte im Rahmen der einzelfallbezogenen Gesamtabwägung nicht zu beanstanden.

55

3. Soweit der Kläger zur Begründung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel erstmals mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 auf eine am 23. November 2017 veröffentlichte Studie des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz mit dem Titel "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Mastbullen, Pferde und Milchvieh" sowie ein neues Gutachten des Ingenieurbüros Prof. Dr. G. vom 31. Januar 2018 verweist, in welchem die Geruchsimmissionen nochmals neu berechnet worden sind, so ist dieses im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig. Der Vortrag ist nämlich deutlich nach dem Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist erfolgt. Nach dem Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO können Gründe für ernstliche Zweifel zwar - wie ausgeführt - noch ergänzt werden, soweit sie in offener Frist bereits den Mindestanforderungen entsprechend dargelegt worden sind. Der Vortrag weiterer als der bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel ist jedoch ausgeschlossen. Die beiden soeben dargelegten Gesichtspunkte stellen sich jedoch nicht als bloße Ergänzung des bereits Vorgetragenen, sondern als neu dar. Auf die Frage, ob der Kläger diese Umstände zuvor hätte vortragen können, mithin insoweit ein Verschulden an der Fristversäumnis vorliegt, kommt es insoweit nicht an.

56

II. Anders als der Kläger meint, hat die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

57

Wird der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache geltend gemacht, so ist eine die Zulassung der Berufung eröffnende Grundsatzfrage nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufgeworfen wird, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist sowie im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und (zumindest) einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll. Der Zulassungsantrag des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

58

Der Kläger macht geltend, klärungsbedürftig sei die Frage, nach welchen Kriterien beurteilt werde, ob und insbesondere in welchem Umfang die besondere Rücksichtnahmeverpflichtung eines Grundstückseigentümers, von dessen Grundstück in der Vergangenheit landwirtschaftliche Geruchsemissionen ausgegangen seien und der nun seine landwirtschaftliche Tätigkeit eingestellt habe, eine Verpflichtung für diesen Grundstückseigentümer begründe, Geruchsemissionen von landwirtschaftlichen Betrieben aus seiner Nachbarschaft oberhalb des insoweit bestehenden Grenzwertes zu dulden.

59

Diese Frage ist jedoch nicht hinreichend konkret, sondern vielmehr so unbestimmt formuliert, dass sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist. Der Senat könnte sie deshalb nur im Stil eines Kommentars oder Lehrbuchs beantworten. Der Zulassungsgrund der "grundsätzlichen Bedeutung" hat aber nicht zur Aufgabe, in einer lehrbuchhaften Art Verhaltensanweisungen für eine Vielzahl von Sachverhaltsvarianten zu liefern (vgl. für das Revisionsverfahren: BVerwG, Beschl. v. 11.2.2016 - 4 B 1.16 -, ZfBR 2016, 372).

60

Die weiter gestellten Fragen:

61

"Besteht eine besondere Rücksichtnahmeverpflichtung eines Grundstückseigentümers, von dessen Grundstück in der Vergangenheit landwirtschaftliche Geruchsemissionen ausgegangen sind und der nun seine landwirtschaftliche Tätigkeit eingestellt hat, zur Duldung von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung über den für den Außenbereich bestehenden Grenzwert hinaus dann nicht, wenn die zusätzlichen Geruchsimmissionen aus einer Tierhaltungsanlage für eine Produktionsform stammen, die bisher weder von dem eine Baugenehmigung oder immissionsschutzrechtliche Genehmigung begehrenden Landwirt noch von anderen Landwirten in der Umgebung betrieben worden ist?"

62

und

63

"Besteht eine besondere Rücksichtnahmeverpflichtung eines Grundstückseigentümers, von dessen Grundstück in der Vergangenheit landwirtschaftliche Geruchsemissionen ausgegangen sind und der nun seine landwirtschaftliche Tätigkeit eingestellt hat, zur Duldung von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung über den für den Außenbereich bestehenden Grenzwert hinaus dann nicht, wenn die zusätzlichen Geruchsimmissionen aus einer geplanten Tierhaltungsanlage stammen, die rein theoretisch auch an einem Standort verwirklicht werden könnte?"

64

gehen bereits von einer unzulässigen Prämisse aus. Sie unterstellen, dass ein Grundstückseigentümer, von dessen Grundstück in der Vergangenheit landwirtschaftliche Geruchsemissionen ausgegangen sind und der nun seine landwirtschaftliche Tätigkeit eingestellt hat, Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung über den für den Außenbereich im Ausnahmefall nach der GIRL zulässigen Wert hinaus - gemeint sind wohl über 25 % der Jahresstunden - zu dulden hat. Diese Prämisse trifft jedoch, wie dargelegt, nicht zu. Damit stellen sich die aufgeworfenen Fragen hier nicht als entscheidungserheblich.

65

Die mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 erstmals aufgeworfene Frage,

66

"Sind für die Berechnung der Immissionen, die von einem Bullenmaststall und von Silagen ausgehen, die sich aus der Studie "Erstellung von Polaritätenprofilen für das Konzept Gestank und Duft für die Tierarten Mastbullen, Pferde und Milchvieh" ergebenden Werte zugrunde zu legen?"

67

ist schon deshalb nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu rechtfertigen, weil zu diesem Zeitpunkt die Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen war.

68

III. Den Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hat der Kläger ebenfalls nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls liegt dieser nicht vor. Zur Darlegung der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache sind die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, konkret zu benennen, und es ist anzugeben, aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Die besonderen Schwierigkeiten müssen nach ständiger Rechtsprechung des Senats in fallbezogener Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils und bezogen auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dargelegt werden (vgl. etwa Beschl. d. Sen. v. 11.9.2009 - 12 LA 134/08 -).

69

Der Kläger macht geltend, besondere Schwierigkeiten ergäben sich mit Blick auf die Frage, ob die Beigeladene vor dem Hintergrund, dass bauliche Veränderungen an ihrem Grundstück nicht genehmigt seien, überhaupt schutzwürdig im Hinblick auf die prognostizierten Immissionen sei. Insbesondere sei die Frage schwierig, ob das ursprüngliche Wohnhaus durch die baulichen Änderungen seine Identität verloren habe. Darüber hinaus sei die Frage zu klären, ob und inwieweit sich aus der auf dem Grundstück der Beigeladenen in der Vergangenheit betriebenen Landwirtschaft eine besondere Rücksichtnahmeverpflichtung, die eine Akzeptanz einer Grenzwertüberschreitung beinhaltete, begründete. Hierzu seien Kriterien zu entwickeln und müsse ein Maßstab gefunden werden, mit welchem Gewicht die einzelnen Kriterien jeweils in die Bewertung eingehen sollten. Dabei handele es sich um ein schwieriges Bewertungsproblem.

70

Wie sich aus dem bereits Ausgeführten ergibt, können diese Fragen - soweit sie überhaupt entscheidungserheblich sind - nach den vorstehenden Ausführungen ohne besondere Schwierigkeiten beantwortet werden, und sind sie demzufolge nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu rechtfertigen.

71

Die mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 neu thematisierten Gesichtspunkte sind angesichts der bereits zuvor abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist ebenfalls nicht geeignet, dem Antrag auf Zulassung der Berufung zum Erfolg zu verhelfen.

72

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

73

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Ihre außergerichtlichen Kosten sind danach erstattungsfähig, weil sie das Zulassungsverfahren mit eigenem Sachvortrag gefördert hat.

74

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und folgt der nicht angegriffenen Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

75

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).