Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.02.2013, Az.: 1 ME 6/13
Kosten der Ersatzvornahme als sofort vollziehbare öffentliche Abgaben oder Kosten
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.02.2013
- Aktenzeichen
- 1 ME 6/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 32183
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:0221.1ME6.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg - 27.12.2012 - 2 B 65/12
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 3 VwGO
- § 80 Abs. 6 S. 2 Nr. 1 VwGO
- § 89 Abs. 4 NBauO
- § 66 Abs. 1 S. 1 Nds. SOG
Fundstellen
- DÖV 2013, 444
- NordÖR 2013, 228
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Ein Leistungsbescheid, der sowohl die Erstattung von Verwaltungskosten als auch der Kosten der Ersatzvornahme anordnet, ist nur hinsichtlich der Verwaltungsgebühren und Auslagen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO sofort vollziehbar.
- 2.
Kosten der Ersatzvornahme sind keine sofort vollziehbaren öffentlichen Abgaben oder Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
- 3.
Die Anforderung von Kosten der Ersatzvornahme auf der Grundlage des § 89 Abs. 4 NBauO i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG fällt nicht unter § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. 4. Eine Frist von 2,5 Werktagen ist jedenfalls unangemessen im Sinne des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO. Das gilt auch dann, wenn die Begründung des Aussetzungsantrages im Wesentlichen auf mehrere - der Antragsgegnerin bekannte - Schriftsätze verweist.
Gründe
Der Antragsteller wendet sich gegen den Leistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 3. Dezember 2012, mit dem er wegen der im Wege der Ersatzvornahme vorgenommenen Beseitigung diverser Nebenanlagen auf seinem Grundstück C. 8 in B. zur Erstattung von Kosten, Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 8.791,95 Euro herangezogen wird. Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren vornehmlich um die Frage, ob der hiergegen erhobene Widerspruch des Antragstellers vom 10. Dezember 2012 aufschiebende Wirkung entfaltet.
Laut des angegriffenen Leistungsbescheides vom 3. Dezember 2012 setzt sich der vom Antragsteller zu erstattende Gesamtbetrag aus Kosten von drei Firmen in Höhe von insgesamt 7.240,00 Euro, Verwaltungskosten (Abrechnung der geleisteten Stunden gemäß § 1 NVwKostG i.V.m. § 6 BauGO) in Höhe von 1.472,00 Euro, Gebühren für diesen Bescheid (§ 6 BauGO) in Höhe von 76,00 Euro und Auslagen (Zustellkosten/ § 13 NVwKostG) in Höhe von 3,45 Euro zusammen. Die Antragsgegnerin ist ausweislich der Rechtsmittelbelehrung davon ausgegangen, dass "der Widerspruch gegen die Kostenentscheidung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung [hat]". Sie hat den Antragsteller aufgefordert, den Betrag innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Bescheides zu überweisen. Für den Fall der Nichtzahlung "werde [sie] den festgesetzten Betrag im Wege der Verwaltungsvollstreckung bei ihm beitreiben".
Der Antragsteller stellte per Fax am Samstag, den 8. Dezember 2012 um 21.35 Uhr, einen Aussetzungsantrag und setzte der Antragsgegnerin eine Bescheidungsfrist bis zum 12. Dezember 2012 (24 Uhr). Die Antragsgegnerin lehnte seinen Antrag mit Bescheid vom 13. Dezember 2012, der dem Antragsteller am 17. Dezember 2012 zugestellt worden ist, ab.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 13. Dezember 2012 mit dem angefochtenen Beschluss (vollumfänglich) abgelehnt, weil sich der Leistungsbescheid der Antragsgegnerin voraussichtlich als rechtmäßig erweise. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat.
a) Der (Haupt-)Antrag des Antragstellers, unter Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, hat keinen Erfolg.
Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Leistungsbescheid vom 3. Dezember 2012 hat hinsichtlich der von der Antragsgegnerin darin geltend gemachten Verwaltungskosten, der Gebühr für diesen Bescheid und der Auslagen keine aufschiebende Wirkung. Die Antragsgegnerin hat "Verwaltungskosten" und "Gebühren" nach Zeitaufwand auf der Grundlage des § 1 NVwKostG i.V.m. § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BauGO in Höhe von 1.548,50 Euro und "Auslagen" für Kosten der Zustellung nach § 13 NVwKostG in Höhe von 3,45 Euro, insgesamt 1.551,95 Euro, in Rechnung gestellt. § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG bestimmt, dass der Begriff der Kosten die für Amtshandlungen nach diesem Gesetz zu erhebenden Gebühren und Auslagen umfasst.
Bei den von der Antragsgegnerin geforderten Gebühren und Auslagen handelt es sich um eine Anforderung von öffentlichen Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, so dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gemäß Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift entfällt.
Öffentlich-rechtliche Kosten sind grundsätzlich alle Gebühren und Auslagen, die dem Betroffenen wegen der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens auferlegt werden. Hierunter sind - nach Maßgabe der einschlägigen kostenrechtlichen Bestimmungen - die in einem Verwaltungsverfahren nach tariflichen Vorgaben oder doch leicht erkennbaren Merkmalen erhobenen (Verwaltungs-)Gebühren nebst den mit ihnen verbundenen Auslagen zu verstehen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. Juni 1989 - 21 M 82/89 -, NVwZ 1989, 1095; OVG Münster, Beschluss vom 6. Juni 1988 - 18 B 2224/87 -, NVwZ 1989, 84 [OVG Nordrhein-Westfalen 06.06.1988 - 18 B 2224/87]; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 62; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 80 Rn. 23). Da die Antragsgegnerin mit dem angegriffenen Leistungsbescheid für einzelne Amtshandlungen im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG nach bestimmten Gebührentatbeständen des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes und der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Bauaufsicht Gebühren und Auslagen abgerechnet hat, unterfallen diese Kosten dem Anwendungsbereich des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
Eine wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die rechtzeitig geltend gemachten Beschwerdegründe zu beschränkende Prüfung rechtfertigt es nicht, hinsichtlich der Verwaltungskosten, Gebühren und Auslagen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers anzuordnen. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag insoweit daher im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Der Antrag des Antragstellers ist nicht statthaft, weil er bereits nicht die Zugangsvoraussetzung gemäß 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO erfüllt. Danach ist in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 (Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten) der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das heißt, dass die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO insgesamt erfüllt sein müssen, wenn bei Gericht ein Eilantrag gestellt wird (ständige Senatsrechtsprechung: Beschluss des Senats vom 3. Januar 2011 - 1 ME 146/10 -, BRS 78 Nr. 174 = BauR 2011, 787; Beschluss vom 8. Juli 2004 - 1 ME 167/04 -, BauR 2004, 1596; s. schon Beschluss vom 31. Januar 1994 - 1 M 5091/93 -, NVwZ 1994, 698 = BauR 1994, 358 = BRS 56 Nr. 188). Die obligatorische Befassung der Behörde mit dem Begehren nach vorläufigem Rechtsschutz nach § 80 Abs. 6 VwGO vor der Anrufung des Gerichts soll den Vorrang der verwaltungsinternen Kontrolle stärken und die Gerichte entlasten (vgl. d. Entwurf d. 4. VwGO-ÄndG, BT-Drucks. 11/7030 zu Nr. 13, S. 24; vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juli 2004 - 1 ME 167/04 -, a.a.O.). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weil der Antragsteller seinen Eilantrag bereits am 13. Dezember 2012 beim Verwaltungsgericht gestellt hat. An diesem Tag wurde der Ablehnungsbescheid, der vom 13. Dezember 2012 datiert, erst gefertigt. Er ist ausweislich des Verwaltungsvorgangs erst am Folgetag, d.h. dem 14. Dezember 2012, abgesandt und dem Antragsteller ausweislich der Postzustellungsurkunde am 17. Dezember 2012 zugestellt worden. Damit kam der Eilantrag des Antragstellers zu früh.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegen Gründe nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nrn. 1 und 2 VwGO, wonach er die Bescheidung des per Fax am Samstag, den 8. Dezember 2012 um 21.35 Uhr, gestellten Aussetzungsantrags nicht hätte abzuwarten brauchen, nicht vor.
Nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO ist die vorherige Ablehnung des Aussetzungsantrags entbehrlich, wenn die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Was angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 30. Januar 2008 - 1 ME 270/07 - zur Angemessenheit der Frist zur Bescheidung eines Aussetzungsantrags festgestellt, dass diese in der Regel etwa einen Monat beträgt ([...] Rn. 9 = NVwZ-RR 2008, 594-597 [OVG Nordrhein-Westfalen 30.01.2008 - 1 ME 270/07]; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 186 Fn. 379 "Faustregel 1 Monat" m.w.N.). Die der Antragsgegnerin gesetzte Frist bis zum 12. Dezember 2012 - 24 Uhr - ist jedenfalls nicht angemessen. Damit hatte die Antragsgegnerin faktisch nur 2 1/2 Werktage Zeit, um über den Aussetzungsantrag sachlich zu entscheiden. Diese Frist ist selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller zur Begründung seines Antrags auf die - der Antragsgegnerin bekannten - Schriftsätze vom 28. und 30. September 2012 sowie vom 12. November 2012 Bezug genommen hat, viel zu kurz bemessen.
Ferner drohte keine Vollstreckung im Sinne des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO. Im Hinblick auf den Zweck des nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen behördlichen Aussetzungsverfahrens, die Gerichte von Aussetzungsanträgen zu entlasten, ist bei der Auslegung der Ausnahmeregelung des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO ein strenger Maßstab anzulegen. Bei einer weiten Auslegung dieser Regelung könnte dieses Ziel nicht mehr erreicht werden und sie würde ihren Charakter als Ausnahmeregelung verlieren, weil in einem weiten Sinne nahezu bei jedem auf die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten gerichteten Verwaltungsakt im Falle der Nichtbefolgung der Zahlungsaufforderung die Vollstreckung "droht". Nach ständiger Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts droht eine Vollstreckung im Sinne des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO daher erst dann, wenn der Beginn konkreter Vollstreckungsmaßnahmen von der Behörde für einen unmittelbar bevorstehenden Termin angekündigt worden ist, konkrete Vorbereitungen der Behörde für eine alsbaldige Vollstreckung getroffen worden sind oder die Vollstreckung bereits begonnen hat (Beschluss des 4. Senats vom 9. Juli 2009
- 4 ME 163/09 - m.w.N., NordÖR 2009, 355 [OVG Niedersachsen 09.07.2009 - 4 ME 163/09]; Beschlüsse vom 23. September 2008 - 4 ME 279/08 -, vom 4. September 2008 - 4 ME 278/08 -, vom 27. August 2008 - 4 ME 252/08 - und vom 10. November 2006 - 4 ME 188/06 -; ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. August 2006 - 9 S 4.06 -; OVG Saarlouis, Beschluss vom 22. Juni 1992
- 1 W 29/92 -, NVwZ 1993, 490; Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 186).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Vortrag des Antragstellers, er habe davon ausgehen müssen, dass unmittelbar nach Ablauf von zwei Wochen die Vollstreckung eingeleitet werde, trifft nicht zu. Zwar hat die Antragsgegnerin den Antragsteller mit dem Leistungsbescheid vom 3. Dezember 2012 aufgefordert, die Kosten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Leistungsbescheides zu überweisen, und für den Fall, dass er der Zahlungsaufforderung nicht nachkomme, angekündigt, den festgesetzten Betrag im Wege der Verwaltungsvollstreckung bei ihm beitreiben zu wollen. Doch stellt die bloße Ankündigung, die Vollstreckung einzuleiten, sollte die festgesetzte Gebührenschuld nicht innerhalb von zwei Wochen bezahlt sein, keine drohende Vollstreckung im Sinne des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO dar. Denn nach Ablauf dieser Frist wird lediglich allgemein die Einleitung der Vollstreckung, deren Kosten der Antragsteller zu tragen hat, angekündigt, ohne bereits eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme für einen unmittelbar bevorstehenden Termin anzudrohen. Ferner ergeben sich daraus keine konkreten Vorbereitungen der Antragsgegnerin für eine alsbaldige Vollstreckung (vgl. Beschluss des 4. Senats vom 9. Juli 2009 - 4 ME 163/09 - m.w.N., a.a.O.).
b) Der im Beschwerdeverfahren gestellte (Hilfs-)Antrag des Antragstellers, unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts festzustellen, dass sein Widerspruch aufschiebende Wirkung besitzt, hat hinsichtlich der durch die Beauftragung von drei Firmen entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 7.240,00 Euro Erfolg.
Der Hilfsantrag des Antragstellers ist in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft und zulässig, insbesondere hat der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Denn der Adressat eines Leistungsbescheids kann die gerichtliche Feststellung begehren, dass sein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, wenn die Behörde fälschlich annimmt, die aufschiebende Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs sei kraft Gesetzes ausgeschlossen und der Leistungsbescheid sofort vollziehbar (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Kommentar, Bd. 1 § 80 Rn. 354 ff., 449, Stand: August 2012). So liegt der Fall hier. Die Antragsgegnerin geht unter Verweis auf die Regelung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO davon aus, dass der Widerspruch gegen den Kostenbescheid keine aufschiebende Wirkung hat und der Antragsteller deshalb trotz Einlegung seines Rechtsbehelfs sogleich zur Zahlung verpflichtet ist.
Der Hilfsantrag ist auch begründet. Der Widerspruch des Antragstellers hat nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Die Antragsgegnerin macht mit dem Kostenbescheid vom 3. Dezember 2012 auf der Grundlage des § 89 Abs. 4 NBauO i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG Kosten für die im Wege der Ersatzvornahme vorgenommene Beseitigung von Nebenanlagen auf dem Grundstück des Antragstellers geltend.
Diese Kosten stellen - wovon nunmehr auch die Beteiligten ausgehen - keine sofort vollziehbaren öffentlichen Abgaben oder Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dar. Diese Regelung ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Zu den öffentlichen Abgaben gehören Steuern, Gebühren, Beiträge und auch sonstige öffentlich-rechtliche Geldforderungen, die von allen erhoben werden, die einen normativ bestimmten Tatbestand erfüllen und zur Deckung des Finanzbedarfs des Hoheitsträgers für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben dienen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 57). Die insoweit für den Wegfall des Suspensiveffekts tragende Erwägung, im Interesse der Sicherung einer geordneten Haushaltsführung der öffentlichen Hand die Stetigkeit des Mittelflusses zu gewährleisten (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO-Kommentar, Bd. 1, § 80 Rn. 132, Stand: August 2012), erfassen die von der Antragsgegnerin verauslagten Kosten in Höhe von insgesamt 7.240,00 Euro nicht (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 27. November 2006 - 1 S 1925/06 -, zitiert nach [...] m.w.N).
Die von der Antragsgegnerin geforderte Kostenerstattung gehört auch nicht zu den öffentlichen Kosten im Sinne der genannten Vorschrift. Öffentlich-rechtliche Kosten sind - nach Maßgabe der einschlägigen kostenrechtlichen Bestimmungen - die in einem Verwaltungsverfahren nach tariflichen Vorgaben oder doch leicht erkennbaren Merkmalen erhobenen (Verwaltungs-)Gebühren nebst der mit ihnen verbundenen Auslagen (s.o.). Hierzu zählen nicht die durch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls geprägten Kostenerstattungsansprüche, mit denen die Behörde den Ersatz von finanziellen Aufwendungen fordert, mit denen sie der Sache nach für den Schuldner in Vorleistung getreten ist. Deshalb unterfallen dem Kostenbegriff nicht Geldleistungen im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung, also auch nicht Kosten der Ersatzmaßnahme (OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. Juli 1970 - VI B 38/70 -, DÖV 1970, 789 und im Ergebnis auch Senatsbeschluss vom 21. Juli 2005 - 1 ME 131/05 -; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 80 Rn. 24; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 63). Da es bei den von der Antragsgegnerin geltend gemachten Aufwendungen für drei Firmen in Höhe von 7.240,00 Euro an der für Kosten kennzeichnenden Verknüpfung mit einem Gebührentatbestand fehlt, handelt es sich bei diesem Erstattungsbetrag nicht um Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
Die aufschiebende Wirkung entfällt ferner nicht nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Denn die Antragsgegnerin hat den Sofortvollzug des Leistungsbescheides nicht im Sinne dieser Vorschrift besonders angeordnet und begründet.
Die sofortige Vollziehbarkeit des angefochtenen Kostenbescheids ergibt sich auch nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, zweite Alternative VwGO, weil der Entfall der aufschiebenden Wirkung im Fall der Geltendmachung von Kosten der Ersatzvornahme auf der Grundlage des § 89 Abs. 4 NBauO i.V.m. 66 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG nicht durch Landesgesetz vorgeschrieben ist.
Nach § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG haben nur Rechtsbehelfe gegen die Androhung oder Festsetzung von Zwangsmitteln keine aufschiebende Wirkung. Nach diesem Wortlaut beinhaltet der Anwendungsbereich der Vorschrift - anders als in der Mehrzahl der übrigen Länder (vgl. Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. I, Stand: August 2012, § 80 Rn. 184 f.) - nicht einen umfassenden Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Maßnahmen (in) der Verwaltungsvollstreckung. Vielmehr hat der Niedersächsische Landesgesetzgeber den Entfall der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ausdrücklich nur auf die Androhung der Ersatzvornahme nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG und die - gesetzlich gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG nur noch für das Zwangsgeld vorgeschriebene - Festsetzung der Ersatzvornahme erstreckt. Aufgrund des klaren Wortlauts der Vorschrift und des Umstandes, dass es sich bei ihr um eine Ausnahmevorschrift handelt, ist sie restriktiv anzuwenden, so dass die mit Leistungsbescheid vom 3. Dezember 2012 geltend gemachten Kosten der Ersatzvornahme nicht unter § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG fallen (vgl. VGH München, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 2 CS 07.1702 -, NVwZ-RR 2009, 787 = [...] Rn. 14; OVG Weimar, Beschluss vom 12. März 2008 - 3 EO 283/07-, [...] Rn. 10f.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 22. Oktober 2012 - 2 M 22/12 -, [...] Rn. 35 und Beschluss vom 4. September 2003 - 2 M 519/02 -, [...] Rn. 6; OVG Bautzen, Beschluss vom 21. Februar 2003 - 4 BS 435/02 -, NVwZ-RR 2003, 475; OVG
Koblenz, Beschluss vom 28. Juli 1998 - 1 B 11553/98 -, NVwZ-RR 1999, 27 [OVG Rheinland-Pfalz 28.07.1998 - 1 B 11553/98] = [...] Rn. 7; vgl. im Ergebnis schon Senatsbeschluss vom 21. Juli 2005 - 1 ME 131/05 -, V.n.b.; Saipa, Nds. SOG, Stand: Dezember 2012, § 64 Rn. 5; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. I, Stand: August 2012, § 80 Rn. 190, Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 70; a.A. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Dezember 2011 - 20 GrS 1.11 -, [...] Rn. 13 ff., Beschluss vom 23. Dezember 2005, - 2 S 122.05 -, BRS 69 Nr 196 = NVwZ-RR 2006, 376, = [...] Rn. 8 und Beschluss vom 3. März 1997 - 2 S 24.96 -, NVwZ-RR 1999, 156 = [...] Rn. 10; unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OVG Berlin vom 3. März 1997, Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Auflage 2006, § 89 Rn. 135).
Zwar gehört nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 Nds. SOG die Ersatzvornahme gemäß § 66 Nds. SOG zu den Zwangsmitteln. Nach § 66 Abs. 1 kann die Verwaltungsbehörde "auf Kosten der betroffenen Person" die Handlung selbst ausführen oder eine andere Person mit der Ausführung beauftragen, wenn die Verpflichtung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung nicht erfüllt wird. Doch handelt es sich bei den mit Leistungsbescheid vom 3. Dezember 2012 geltend gemachten Kosten der Ersatzvornahme weder um eine Androhung noch um eine Festsetzung der Ersatzvornahme, sondern (nur) um die nachträgliche Geltendmachung der durch die bereits durchgeführte Ersatzmaßnahme entstandenen Beseitigungskosten. Der Umstand allein, dass der Vollstreckungserfolg erst eingetreten und die Zwangsvollstreckung abgeschlossen ist, wenn der Pflichtige die von ihm zu tragenden Kosten der von der Vollstreckungsbehörde an seiner Stelle vorgenommenen Handlung ausgeglichen hat (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Dezember 2011 - 20 GrS 1.11 -, [...] Rn. 13 ff.; OVG Berlin, Beschluss vom 3. März 1997 - 2 S 24.96 -, NVwZ-RR 1999, 156 [OVG Berlin 03.03.1997 - 2 S 24/96] = [...] Rn. 10), ändert nichts daran, dass § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG nicht einen einheitlichen Zwangsvollstreckungsvorgang umfasst, sondern der Wortlaut klar hinsichtlich einzelner "Stufen" (Androhung und Festsetzung) der Zwangsvollstreckung differenziert.
Darüber hinaus ist es nach Sinn und Zweck des § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG nicht gerechtfertigt, die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Anforderung Kosten der Ersatzvornahme entfallen zu lassen. Denn die Vorschrift soll verhindern, dass der Pflichtige allein mit der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln deren - meist zur Gefahrenabwehr erforderliche - Vollziehung praktisch lahm legt und diese Maßnahmen ihren Beugecharakter verlieren. Der Niedersächsische Gesetzgeber geht laut LT-Drs. 12/4140 (Seite 87) davon aus, dass
"die betroffene Person unter dem Druck der [Androhung und] bevorstehenden Festsetzung eines Zwangsmittels bewogen werden [soll], innerhalb der gesetzten Frist auch tatsächlich zu handeln (OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Februar 1985
- 6 OVG A 95/82 -). Dem stünde grundsätzlich entgegen, wenn sie sich allein durch Einlegen eines Widerspruchs einen zeitlichen Aufschub verschaffen könnte."
Die gesonderte und nachträgliche Anforderung der Kosten der Ersatzvornahme setzt den Pflichtigen im Gegensatz zur Androhung und Festsetzung eines Zwangsmittels nicht mehr unter "psychischen Zwang" (OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Februar 1985 - 6 OVG A 95/82 -, BRS 44, Nr. 208), die Handlung auszuüben. Vielmehr ist er aufgrund des nach Durchführung der Ersatzvornahme ergehenden Leistungsbescheides zur Vornahme der verlangten Handlung nicht mehr zu motivieren. Da diese schon ersatzweise vorgenommen worden ist, kann sein Wille nicht mehr dahingehend gebeugt werden, die Handlung selbst vorzunehmen und damit die kostenpflichtige Ersatzvornahme abzuwenden. Der Grund allein, "dass die Beugewirkung von Androhung und Festsetzung der Ersatzvornahme schwächer sein könnte, wenn die nachträgliche Kostenanforderung nicht kraft Gesetzes sofort vollziehbar wäre" (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Dezember 2011 - 20 GrS 1.11 -, [...] Rn. 17), rechtfertigt keine andere Entscheidung. Der Senat hat bereits Zweifel, ob diese Annahme überhaupt zutrifft. Jedenfalls wird sie nicht durch den Wortlaut des § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG und den Sinn und Zweck dieser Vorschrift bestätigt.
Es kann ferner offen bleiben, ob es sich bei dem Kostenvorschuss gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 Nds. SOG um ein Beugemittel handelt (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. I, Stand: August 2012, § 80 Rn. 190 m.w.N.). Denn diese Verpflichtung, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Voraus zu zahlen, hat einen mit der nachträglichen Anforderung der Kosten nicht vergleichbaren Regelungsgehalt. Sie ist nämlich - anders als die hier mit Leistungsbescheid erfolgte Geltendmachung der Kosten der Ersatzvornahme - grundsätzlich geeignet, den Willen des Pflichtigen vor Durchführung der Ersatzvornahme zu beugen.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin rechtfertigt auch die Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg keine abweichende Beurteilung. Zwar hat dieses wiederholt entschieden, dass die nachträgliche Anforderung von Kosten der Ersatzvornahme durch Leistungsbescheid eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung darstelle und aufgrund der landesgesetzlichen Regelung des § 39 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg - VwVG BB - (i.V.m § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 zweite Alternative) die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfalle (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Dezember 2011 - 20 GrS 1.11 - und Beschluss vom 23. Dezember 2005, - 2 S 122.05 -, a.a.O.). Doch ist diese Entscheidung nicht auf § 64 Abs. 4 Nds. SOG übertragbar. Denn § 39 VwVG BB und § 64 Abs. 4 Nds. SOG sind - worauf die Antragsgegnerin zutreffend hinweist - eben nur "fast wortgleich". In § 39 VwVG BB heißt es:
"Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörden (§ 2) und der Vollzugsbehörden (§ 16) in der Verwaltungsvollstreckung richten, haben keine aufschiebende Wirkung."
Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist mit der Formulierung "gegen Maßnahmen [...] in der Verwaltungsvollstreckung" deutlich weiter als § 64 Abs. 4 Nds. SOG, der nur die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Androhung bzw. die Festsetzung von Zwangsmitteln entfallen lässt. Dem entgegen schließt § 39 VwVG BB die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen umfassend, d.h. ohne inhaltliche Restriktionen, aus. Die Rechtslage in Berlin unterscheidet sich von der in Niedersachsen geltenden daher in so hohem Maße, dass es keiner weiteren inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Begründung der Entscheidungen des OVG Berlin-Brandenburg bedarf. Insbesondere kann dahinstehen, ob die nach der Durchführung der Ersatzvornahme vorgesehene Kostenbeitreibung im Verwaltungszwangsverfahren "Teil der Verwaltungsvollstreckung" im Sinne des § 39 Abs. 1 VwVG BB ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Dezember 2011 - 20 GrS 1.11 -, [...] Rn. 17).