Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.02.2013, Az.: 11 LA 315/12

Bestehen eines verwaltungsgerichtlich durchsetzbaren Anspruchs auf Ausgleich notwendiger Aufwendungen aufgrund des verfassungsrechtlich verankerten Konnexitätsprinzips bei fehlender gesetzlicher Anspruchsgrundlage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.02.2013
Aktenzeichen
11 LA 315/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 32172
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0212.11LA315.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 11.10.2012 - AZ: 10 A 624/11

Fundstellen

  • DVBl 2013, 516-519
  • DÖV 2013, 356
  • GK 2013, 161-168
  • Gemeindehaushalt 2013, 168
  • KommJur 2013, 254-257
  • NVwZ-RR 2013, 6
  • NVwZ-RR 2013, 529-531
  • NdsVBl 2013, 230-232
  • NordÖR 2013, 276

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Aus dem Konnexitätsprinzip in Art. 57 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung lässt sich nicht ableiten, dass einer Kommune auch ohne gesetzliche Anspruchsgrundlage unmittelbar nach Satz 2 der vorgenannten Verfassungsbestimmung ein verwaltungsgerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Ausgleich ihrer notwendigen Aufwendungen wegen Erfüllung einer Aufgabe nach Satz 1 der Vorschrift zusteht.

  2. 2.

    Zu der Frage, ob und mit welchem Inhalt eine Kommune wegen Verletzung des Konnexitätsprinzips eine Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof erheben kann

Gründe

1

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Berufungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog für unwirksam zu erklären. Im Übrigen ist der Antrag auf Zulassung der Berufung zulässig, aber unbegründet.

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Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr als niedersächsischer Gemeinde ohne Schwerpunktfeuerwehr durch den im Mai 2010 in Kraft getretenen § 4 Abs. 5 der Verordnung über die kommunalen Feuerwehren (FwVO 2010) vom 30. April 2010 (Nds. GVBl. 2010, 185, 284) erstmals die Verpflichtung auferlegt worden sei, ein "Einsatzleitfahrzeug (Typ 1)" anzuschaffen. Sie habe deshalb ein solches - gebrauchtes - Fahrzeug im Juni 2010 erworben und hierfür sowie für seine notwendige Herrichtung insgesamt 17.778,12 EUR aufgewendet. Nach Art. 57 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung (NV), jedenfalls aber auf Grund eines Folgenbeseitigungsanspruches habe das beklagte Land ihr diese notwendigen Aufwendungen unmittelbar auszugleichen. Der Beklagte lehnte dieses Begehren ab, und zwar durch Bescheid vom 16. Dezember 2010. Die folgende Klage hat das Verwaltungsgericht sowohl hinsichtlich des Hauptantrages, der als Verpflichtungsklage auf die Erstattung von 17.778,12 EUR gerichtet ist, als auch hinsichtlich der hilfsweisen Feststellungsbegehren abgelehnt.

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Im Zulassungsverfahren hat der Beklagte auf Anregung des Gerichts seinen Ablehnungsbescheid der Form nach aufgehoben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt. Im Übrigen verfolgt die Klägerin ihren Hauptantrag sinngemäß fort. Die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO sind nicht gegeben.

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1. Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen nicht. Dabei kann offen bleiben, ob das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass es sich vorliegend nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Jedenfalls ist ihm in der Annahme zu folgen, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch erfolgreich weder auf Art. 57 Abs. 4 NV (a) noch auf einen "Folgenbeseitigungsanspruch" (b) gestützt werden kann.

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(a) Der Zahlungsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 57 Abs. 4 NV.

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Die Sätze 1 bis 3 der vorgenannten Vorschrift haben folgenden Wortlaut:

"Den Gemeinden und Landkreisen und den sonstigen kommunalen Körperschaften können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung zugewiesen werden und staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden. Für die durch Vorschriften nach Satz 1 verursachten erheblichen und notwendigen Kosten ist unverzüglich durch Gesetz der entsprechende finanzielle Ausgleich zu regeln. Soweit sich aus einer Änderung der Vorschriften nach Satz 1 erhebliche Erhöhungen der Kosten ergeben, ist der finanzielle Ausgleich entsprechend anzupassen".

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Vorliegend kann offen bleiben, ob der Klägerin auf dem Gebiet des Brandschutzes, der ihr nach § 1 Abs. 2 NBrandSchG als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises obliegt, mit der Einführung des § 4 Abs. 5 FwVO 2010 erstmals die Anschaffung eines Einsatzleitfahrzeuges aufgegeben und damit eine "neue" Pflichtaufgabe zur Erfüllung in eigener Verantwortung i.S.d. Art. 57 Abs. 4 Satz 1 NV übertragen worden ist oder sich eine entsprechende Verpflichtung - wie der Beklagte geltend macht - schon aus der unverändert gebliebenen gesetzlichen "Generalklausel" des § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 1 NBrandSchG ergab, wonach Gemeinden eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten, zu unterhalten und einzusetzen und dazu insbesondere u.a. die erforderlichen Anlagen, Mittel und Geräte bereitzuhalten haben. Ebenfalls kann offen bleiben, ob es sich im erstgenannten Fall im Hinblick auf den Neuerlass der FwVO im Jahr 2010 um einen Anwendungsfall des Art. 57 Abs. 4 Satz 1 NV oder im Hinblick darauf, dass u.a. § 4 FwVO 2010 lediglich an die Stelle der durch § 18 Abs. 2 Nr. 1 FwVO 2010 aufgehobenen, zuvor geltenden Verordnung über die Mindeststärke, die Gliederung nach Funktionen und die Mindestausrüstung der Freiwilligen Feuerwehren im Lande Niedersachsen vom 21. September 1993 (Nds. GVBl. S. 365), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 8. August 2005 (Nds. GVBl. S. 266), getreten ist, um einen Anwendungsfall des Art. 57 Abs. 4 Satz 3 NV handelte. Schließlich braucht auch nicht näher dem Einwand des Beklagten nachgegangen zu werden, es mangele bei der notwendigen Globalbetrachtung vorliegend an der in Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV geforderten "Erheblichkeit" der Kosten.

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Selbst wenn insoweit zu Gunsten der Klägerin vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV auszugehen ist, lässt sich daraus aus den zutreffend vom Verwaltungsgericht genannten Gründen jedenfalls nicht die von der Klägerin gesehene Rechtsfolge herleiten. Die Vorschrift lautet nämlich nicht, dass die erheblichen und notwendigen Kosten unverzüglich zu erstatten sind, sondern dahingehend, dass "unverzüglich durch Gesetz der entsprechende finanzielle Ausgleich zu regeln" ist. Ein solches Gesetz existiert jedoch unstreitig nicht. Auf das schon nach dem Wortlaut der Norm notwendige Kostenausgleichsgesetz - für einen Rückgriffsanspruch des Landes gegenüber den Kommunen gilt im Übrigen nach Art. 57 Abs. 7 NV nichts anderes - kann weder nach der Entstehungsgeschichte noch nach dem Sinn und Zweck der Verfassungsänderung verzichtet werden. Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass durch die mit Gesetz vom 27. Januar 2006 (Nds. GVBl. S. 58) erfolgte Änderung des Art. 57 Abs. 4 NV die (finanzielle) Stellung der Kommunen gestärkt, (auch) in Niedersachsen das sog. strikte Konnexitätsprinzip eingeführt und ihnen grundsätzlich ein Anspruch auf Ausgleich notwendiger und erheblicher Kosten zugestanden worden ist (vgl. LT. - Drs. 15/2517, S. 2 f.). Diesem Zweck der Verfassungsänderung lässt sich aber nicht noch weitergehend entnehmen, dass einer Kommune auch ohne gesetzliche Anspruchsgrundlage unmittelbar nach Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV ein dann verwaltungsgerichtlich durchzusetzender Anspruch zustehen soll.

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Systematisch spricht dagegen, dass der Verfassungsgesetzgeber in Satz 2 des Art. 57 Abs. 4 NV für den Ausgleichsanspruch bewusst eine Regelung durch Gesetz gefordert hat, während die Aufgabenübertragung nach Satz 1 dieser Norm auch auf Grund eines Gesetzes erfolgen kann. Mit dem "Gesetz" im Sinne des Satzes 2 soll also nicht nur eine eindeutige Grundlage für den Ausgleichsanspruch geschaffen, sondern auch in einem entsprechenden parlamentarischen Verfahren auf Grund einer nachvollziehbaren Ermittlung der Kosten (vgl. die Nachweise aus der landesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bei Laier, NdsVBl. 2009, 217, 223 f., und Dombert, LKV 2009, 343, 346) Art und Umfang des Ausgleichs festgelegt werden. Schließlich spricht auch die Entstehungsgeschichte der Verfassungsänderung gegen die Annahme, Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV enthalte keinen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, sondern könne unmittelbar als Anspruchsgrundlage für einen Kostenausgleich dienen. Zugleich mit der Änderung des Art. 57 Abs. 4 NV wurde nämlich in § 36 Abs. 2 NStGHG die Frist zur Einlegung einer kommunalen Verfassungsbeschwerde von einem Jahr auf zwei Jahre verlängert. Den Kommunen sollte so die Gelegenheit eröffnet werden, etwaige bei Übertragung einer neuen Aufgabe zunächst nicht absehbare und deshalb auch nicht als ausgleichsfähig anerkannte Kosten nachträglich gerichtlich geltend machen zu können (vgl. Freese, NdsVBl. 2007, 33, 35). Eine entsprechende gerichtliche Durchsetzung vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof ist nach Art. 54 Nr. 5 NV, § 36 NStGHG möglich, wenn eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts durch ein "Landesgesetz" gerügt wird. Jedenfalls ein Streit zwischen einer Kommune und einem Land darüber, ob eine gesetzliche Regelung des Ausgleichsanspruches nach Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV der Höhe nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht, soll also vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof ausgetragen werden. Dass etwa anderes gelten soll, wenn aus Sicht der Kommune zu.U.nrecht eine gesetzliche Ausgleichsregelung im Sinne des Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV ganz fehlt, und ihr dann ein unmittelbar im Verwaltungsgerichtsweg durchsetzbarer Anspruch zustehen soll, macht angesichts der Aufgabenverteilung zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichten schon systematisch wenig Sinn.

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Entsprechende Bedenken sind schließlich auch nicht deshalb zurückzustellen, weil andernfalls der Rechtsschutz der Kommune bei einer Aufgabenübertragung durch Verordnung ohne (ausreichenden) Kostenausgleich leere liefe - wie die Klägerin geltend macht. Ist der Kommune die neue Aufgabe - wie hier - durch Verordnung, also nicht durch formelles Gesetz übertragen worden, kann sie hiergegen zwar vor dem Staatsgerichtshof nach dem Wortlaut des Art. 54 Nr. 5 NV, § 36 NStGHG mangels "Gesetz" als Streitgegenstand nicht erfolgreich im Wege der Kommunalverfassungsbeschwerde vorgehen; ob abweichend vom Wortlaut auch eine Verordnung angegriffen werden kann (vgl. bejahend Hüper, Der Staatsgerichtshof des Landes Niedersachsen, S. 249 ff.; ablehnend Freese, NdsVBl. 2007, S. 33, 35, Rn. 28, sowie Ipsen, Niedersächsische Verfassung, Art. 54, Rn. 26), kann offen bleiben, da die Kommune in jedem Fall nicht rechtsschutzlos ist. Ihr steht nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. AG VwGO zumindest die Möglichkeit offen, eine Normenkontrolle vor dem erkennenden Gericht zu beantragen. Allerdings führen nach überwiegender Ansicht (vgl. zuletzt etwa Staatsgerichtshof des Landes Hessen, Urt. v. 6.6.2012 - P.St. 2292 -, NVwZ-RR 2012, 625 ff., [...], Rn. 84, sowie BVerfG, Beschl. v. 7.5.2001 - 2 BvK 1/00 -, BVerfGE 103, 332 ff., [...], Rn. 120, jeweils m.w.N.) fehlende oder unzureichende Ausgleichsbestimmungen ohnehin nicht zur Rechtswidrigkeit der Aufgabenübertragungsnorm.

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Tauglicher Streitgegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof kann aber ein aus Sicht der Kommune unzureichendes, den Anforderungen des Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV nicht genügendes Ausgleichsgesetz sein. Da der Gesetzgeber nach zutreffender Ansicht (vgl. LT - Drs. 15/2517, S. 3; Henneke, NdsVBl. 2006, 89, 96 f.; Waechter, in: Hannoverscher Kommentar zur Nds. Verfassung, Art. 58, Rn. 46, sowie zur alten Fassung des Art. 57 Abs. 4 NV auch: Nds. StGH, Urt. v. 16.5.2001 - 6/99 u.a. -, NdsRpfl. 2001, 298 ff., [...], Rn. 114; Ipsen, Niedersächsische Verfassung, Art. 57, Rn. 39) nicht in einem gemeinsamen Rechtssetzungsakt mit der Aufgabenübertragung zugleich auch den Kostenausgleich regeln muss und dies bei einer Aufgabenübertragung durch Verordnung auch gar nicht kann, besteht für eine betroffene Kommune die Unsicherheit, ob sich ihre Beschwerde nun gegen den unterbliebenen Erlass eines eigenständigen speziellen Kostenausgleichsgesetzes oder gegen die fehlende Ergänzung vorhandener Gesetze, die - wie etwa das NFAG oder das NFVG - allgemein die Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen regeln, richten muss. Dies gilt im Übrigen aber auch dann, wenn die Aufgabenübertragung - anders als vorliegend - durch Gesetz erfolgt ist; auch in diesem Fall muss wegen des o. a. fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhanges zwischen Aufgabenübertragungsnorm und Kostenausgleichsgesetz nicht zwingend die Aufgabenübertragungsnorm angegriffen werden.

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Der Senat kann und muss nicht abschließend klären, welcher der in der bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.5.2001 - 2 BvK 1/00 -, a. a. O, [...], Rn. 121, m.w.N.) und Literatur (vgl. Waechter, a.a.O., Art. 58, Rn. 105; Badenhop, NordÖR 2010, 282, 285) zu der vergleichbaren Problematik auch in anderen Ländern entwickelten Lösungswege vom Niedersächsischen Staatsgerichtshof für zutreffend erachtet wird, ob also etwa das NFAG oder das NFVG anzugreifen, schlicht das Unterlassen des Erlasses eines Kostenausgleichsgesetzes zu rügen oder Anknüpfungspunkt ungeachtet der Rechtsnatur doch jeweils die Aufgabenübertragungsnorm ist. Denn jedenfalls ist nicht zu erkennen, dass die entsprechende Beschwerde einer Kommune bei einem von ihr gerügten Unterlassen des Landesgesetzgebers mangels tauglichen Streitgegenstandes vom Staatsgerichtshof insgesamt für unstatthaft erklärt werden wird (vgl. ausdrücklich ablehnend zu einem entsprechenden Einwand des Landes Nordrhein-Westfalen auch Verfassungsgerichtshof NRW, Urt. v. 12.10.2010 - 12 /09 -, OVGE 53, 275 ff., [...], Rn. 53; auch Dombert, a. a. O, S. 343, 348, setzt bei der Erörterung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Konnexitätsprinzips als selbstverständlich voraus, dass die Beschwerde nicht an dem Mangel eines tauglichen Beschwerdegegenstandes scheitert), ihr also insoweit kein effektiver Rechtsschutz zur Verfügung stünde. Schließlich könnte verwaltungsgerichtlich andernfalls ohnehin nur ein Feststellungsantrag (vgl. Saarl. OVG, Beschl. v. 27.11.2012 - 3 A 113/12 -, [...]), nicht aber der hier noch streitige Verpflichtungs- oder ein Leistungsantrag erfolgreich sein.

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(b) Die Klage ist auch nicht auf Grund eines Folgenbeseitigungsanspruchs begründet.

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Dabei kann offen bleiben, inwieweit ein solcher Anspruch überhaupt neben der ausdrücklichen Regelung in Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV Bestand haben kann und allgemein auf "Fehler" im Normsetzungsverfahren anzuwenden ist.

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Jedenfalls hat nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. zum Folgenden BVerwG, Beschl. v. 14.7.2010 - 1 B 13/10 -, [...], Rn. 3, sowie allgemein Schoch, Der Folgenbeseitigungsanspruch im Spiegel der Rechtsprechung der letzten 25 Jahre, Die Verwaltung 44 (2011), S. 397 ff., jeweils m.w.N.) der Betroffene im Wege der Folgenbeseitigung keinen Anspruch, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der behördliche Fehler nicht passiert wäre. Anders als im Sozialrecht, das bei der Verletzung behördlicher Auskunfts- und Hinweispflichten einen Anspruch auf Herstellung desjenigen Zustands kennt, der entstanden wäre, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, kann auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden. Gegenstand eines Folgenbeseitigungsanspruchs ist daher nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln erlangt haben würde. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung, der ein Verschulden der Behörde nicht voraussetzt, ist nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustands gerichtet. Mangels gesetzlicher Vorschriften kann er hingegen nicht zu einem darüber hinausgehenden Erfolg führen. Ein Folgenbeseitigungsanspruch kann deshalb nicht auf Schadensersatz oder Entschädigung in Geld für rechtswidriges Verwaltungshandeln, sondern allein auf die Wiederherstellung des durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustandes gerichtet sein, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand (BVerwG, Urt. v. 28.5.2003 - 2 C 35/02 -, Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 39, [...], Rn. 16; Nds. OVG, Beschl. v. 12.12.2008 - 8 PA 105/08 -, NVwZ-RR 2009, 452 f., m.w.N.). Die behördliche Untätigkeit in Gestalt der Nichterfüllung eines Leistungsanspruchs stellt demnach keinen Fall der Folgenbeseitigung dar (Schoch, a.a.O., S. 402).

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Sollte die Klägerin § 4 Abs. 5 FwVO 2010 mangels gesetzlicher Kostenausgleichsregelung für rechtswidrig halten, so wäre im Wege der Folgenbeseitigung allenfalls die in § 4 Abs. 5 FwVO 2010 enthaltene Verpflichtung zur Anschaffung eines Einsatzleitfahrzeuges "rückabzuwickeln", die Klägerin also etwa zur Weiterveräußerung berechtigt; ihr ist dann aber nicht ersatzweise für die Anschaffung Kostenausgleich zu leisten. Im Übrigen ist mit der Änderung des § 4 Abs. 5 FwVO 2010 durch die Verordnung vom 17. Mai 2011 (Nds. GVBl. S. 125) für die Klägerin die bindende Verpflichtung zur Anschaffung eines Einsatzleitfahrzeuges ohnehin bereits entfallen.

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Sollte die Klägerin hingegen mit der bereits zuvor angeführten, wohl überwiegenden Ansicht allein die fehlende Ausgleichsregelung als rechtswidrig ansehen, so fehlt es schon an einem durch einen rechtswidrigen behördlichen Eingriff verursachten Zustand, der wiederherzustellen wäre. Denn die Anschaffung des Fahrzeugs ist dann ebenso zu Recht erfolgt wie der dazu notwendige Aufwand. Das Unterlassen eines Kostenausgleichs stellt hingegen keinen Eingriff im Sinne des Folgenbeseitigungsanspruchs dar, da dieser auf die Wiederherstellung des vorherigen und nicht auf die Änderung (Verbesserung) des bestehenden Zustandes gerichtet ist. Zudem ist der Folgenbeseitigungsanspruch bislang nur für die Folgen von Fehlern der Exekutive und nicht für die Beseitigung legislativen Unrechts, zumal in Form des Unterlassens, anerkannt.

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2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Dass der Klägerin der geltend gemachte Leistungsanspruch weder unmittelbar aus Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV noch im Wege der Folgenbeseitigung zusteht, kann aus den zuvor genannten Gründen vielmehr im Zulassungsverfahren ohne besonderen Aufwand festgestellt werden, zumal bereits das Verwaltungsgericht die materielle Rechtslage unter umfassender Auswertung der dazu vorliegenden Rechtsprechung, Literatur und Materialien zutreffend dargestellt hat. Gewisse Schwierigkeiten verbleiben allein bei der Frage der Bestimmung des genauen tauglichen Streitgegenstandes einer kommunalen Verfassungsbeschwerde in der vorliegenden Fallgestaltung. Aus den genannten Gründen kann diese Frage jedoch verwaltungsgerichtlich ohnehin nicht verbindlich geklärt werden und damit dem Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten vermitteln.

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3. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die beiden von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aufgeworfenen Fragen bereits ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens zu verneinen sind, ob

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- sich seit der Neufassung der Art. 57 Abs. 4 NV durch das Änderungsgesetz vom 27. Januar 2006 (Nds. GVBl. S. 58) jedenfalls dann unmittelbar aus dieser Verfassungsbestimmung ein Anspruch einer Gemeinde auf einen entsprechenden finanziellen Ausgleich ergibt, wenn sich nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes, sondern durch Verordnung deren Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung verschärfen und ihr dadurch erhebliche notwendige Kosten entstehen, ohne dass (unverzüglich) ein Landesgesetz ergeht (oder - wie hier - gar dauerhaft unterbleibt), das diese Kosten ausgleicht,

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und ob

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- eine Behörde, die Pflichtaufgaben einer Gemeinde zur Erfüllung in eigener Verantwortung durch Erlass einer Verordnung verschärft, nach den Grundsätzen des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruches zum finanziellen Ausgleich verpflichtet ist, wenn durch die Verschärfung der Pflichtenlage erhebliche und notwendige Kosten der Gemeinde ausgelöst werden, der Landesgesetzgeber aber weder zeitgleich noch anschließend durch Gesetz einen entsprechenden finanziellen Ausgleich regelt.