Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.02.2013, Az.: 4 PA 25/13
Darstellen eines der Klageerhebung entgegenstehendes Hindernisses i.R.e. innerhalb der Klagefrist eingereichten erst nach Ablauf der Frist beschiedenen Prozesskostenhilfeantrags in gerichtskostenfreien Verfahren ohne Anwaltszwang bzgl. Wiedereinsetzung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.02.2013
- Aktenzeichen
- 4 PA 25/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 33618
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2013:0215.4PA25.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 18.01.2013 - AZ: 3 A 6907/12
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs. 1 VwGO
- § 166 VwGO
- § 188 VwGO
- § 114 S. 1 ZPO
Fundstellen
- DÖV 2013, 572
- NVwZ-RR 2013, 5
- NVwZ-RR 2013, 622-623
Amtlicher Leitsatz
Ein innerhalb der Klagefrist eingereichter, aber erst nach Ablauf der Frist beschiedener Prozesskostenhilfeantrag in gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfreien Verfahren ohne Anwaltszwang stellt kein der Klageerhebung entgegenstehendes Hindernis im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO dar, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines einem derartigen Klageverfahren vorgeschalteten Prozesskostenhilfeverfahrens nach § 60 VwGO nicht in Betracht kommt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mit der Begründung abgelehnt, der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2012 fehle die nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht.
Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass die Klage sich bei der im Prozesskostenhilfeverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als unzulässig erweist, weil sie erst nach dem Ablauf der Klagefrist unbedingt erhoben worden ist und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist nicht in Betracht kommt.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klage nicht schon am 11. Dezember 2012, sondern erst am 19. Dezember 2012 unbedingt erhoben worden ist. Das Verwaltungsgericht ist des Weiteren zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage verfristet ist. Die Klägerin hat dem Verwaltungsgericht auf Anfrage des Berichterstatters vom 19. Dezember 2012 mit Anwaltsschriftsatz vom 24. Dezember 2012 mitgeteilt, dass ihr der Bescheid der Beklagten vom 7. November 2012 am 13. November 2012 zugestellt worden ist. Daher ist bei summarischer Prüfung ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Klagefrist von einem Monat (§ 74 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO) am 13. November 2012 zu laufen begonnen hat und damit am 13. Dezember 2012 abgelaufen ist. Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Klagefrist nicht zu laufen begonnen habe, weil die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist dann unrichtig, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Mindestangaben nicht enthält oder wenn diesen Angaben ein unzutreffender oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 - 4 C 2.01 -; Beschl. v. 14.2.2000 - 7 B 200.99 -, Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 77; Beschl. v. 11.5.1994 - 11 B 66.94 -, Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 63; Urt. v. 27.4.1990 - 8 C70.88 -, NJW 1991, 508 m.w.N.; Urt. v. 13.12.1978 - BVerwG 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 188; Senatsbeschl. v. 3.11.2009 - 4 LB 181/09 -). Das trifft auf die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung indessen nicht zu. Zum einen enthält diese die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Mindestangaben. Zum anderen ist der Zusatz, die Klage sei gegen die Leibniz Universität Hannover, vertreten durch den Präsidenten, zu richten, nicht generell geeignet, einen Irrtum über die Voraussetzungen der Klage hervorzurufen und die Klägerin dadurch abzuhalten, die Klage überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Der Klägerin ist zwar einzuräumen, dass die korrekte Bezeichnung der Beklagten nicht Leibniz Universität Hannover, sondern Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover lautet. Die Bezeichnung Leibnitz Universität Hannover ist aber keineswegs geeignet, einen Irrtum über die Voraussetzungen der Klage hervorzurufen oder die Erhebung der Klage zu erschweren. Die Befürchtung der Klägerin, dass die Erhebung einer Klage gegen die Leibniz Universität Hannover das Risiko berge, dass die Klage als unzulässig abgewiesen werde, weil sie gegen eine nicht existente Körperschaft gerichtet worden sei, entbehrt zudem jeder sachlichen Grundlage.
Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht ausgeführt, dass der Klägerin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein innerhalb der Klagefrist eingereichter, aber erst nach Ablauf dieser Frist beschiedener Prozesskostenhilfeantrag in gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfreien Verfahren ohne Anwaltszwang kein der Klageerhebung entgegenstehendes Hindernis im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO darstellt und daher eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines einem derartigen Klageverfahren vorgeschalteten Prozesskostenhilfeverfahrens nach § 60 VwGO nicht in Betracht kommt (Senatsbeschl. v. 25.2.2008 - 4 PA 390/07 -, NordÖR 2008, 290). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil das auf die Bewilligung von Ausbildungsförderung gerichtete Klageverfahren nach § 188 VwGO gerichtskostenfrei ist und für das erstinstanzliche Verfahren nach § 67 VwGO kein Anwaltszwang besteht. Dass in diesem Verfahren - worauf die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung hingewiesen hat - außergerichtliche Kosten anfallen, ist für die Frage, ob ein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt, indessen nicht relevant.
Zur Klarstellung weist der Senat schließlich darauf hin, dass auch der Umstand, dass die Eingangsverfügung der Kammervorsitzenden vom 12. Dezember 2012 der Klägerin auf dem Postweg und nicht per Fax übermittelt worden ist, keine Wiedereinsetzung rechtfertigt. Die Übermittlung auf dem Postweg hat zwar dazu geführt, dass der gerichtliche Hinweis, dass im vorliegenden Fall eine Wiedereinsetzung wegen verspäteter Klageerhebung nicht in Betracht kommt, die Klägerin erst nach dem Ablauf der Klagefrist erreicht hat. Die anwaltlich vertretene Klägerin hätte aber auch ohne diesen gerichtlichen Hinweis wissen müssen, dass in gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfreien Verfahren ohne Anwaltszwang eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines dem Klageverfahren vorgeschalteten Prozesskostenhilfeverfahrens nicht in Betracht kommt. Dass eine rechtzeitige Klageerhebung unterblieben ist, ist folglich auf ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückzuführen, das sich die Klägerin nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.