Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.02.2013, Az.: 7 ME 217/12

Rechtmäßigkeit der Gleichsetzung der Voraussetzungen für die Erneuerung einer ATPL-Lizenz und die Umschreibung einer solchen Lizenz in eine FCL-Lizenz durch das Luftfahrtbundesamt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.02.2013
Aktenzeichen
7 ME 217/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 32171
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0214.7ME217.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 13.11.2012 - AZ: 2 B 1068/12

Amtlicher Leitsatz

Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Luftfahrtbundesamt die Erneuerung einer ATPL-Lizenz von den gleichen Voraussetzungen abhängig macht, die für eine Umschreibung einer solchen Lizenz in eine FCL-Lizenz gelten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem es das Begehren abgelehnt hat, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die nach ICAO-Richtlinien (International Civil Aviation Organization = deutsch: Internationale Zivilluftfahrt-Organisation, nach dem "Chicagoer"-Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt v. 07.12.1944) ausgestellte ATPL (Airline Transport Pilot Licence = deutsch: Lizenz für Verkehrspiloten) des Antragstellers nebst Berechtigungen, u.a. zum Instrumentenflug, zu erneuern, hat im Ergebnis keinen Erfolg.

2

Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt eine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht.

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Für das Begehren des Antragstellers, seine ATPL-Lizenz einschließlich Instrumentenflugberechtigung - IR(A) - ohne (erneute) Ablegung der theoretischen Prüfung nach JAR-FCL 1.185 c deutsch zu erneuern, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Mit der Einführung der "Joint Aviation Requirements Flight Crew Licensing" (JAR-FCL) in deutsches Recht im Mai 2003 (§ 20 Abs. 2 LuftVZO) kam es zu einer Umstellung des Lizensierungssystems für Piloten. Dabei ging der Verordnungsgeber davon aus, dass Inhaber von bestehenden Lizenzen diese innerhalb einer Übergangszeit von 60 Monaten bei Neuausstellung des Luftfahrerscheins (§§ 26, 26a LuftVZO i.V.m. §§ 1, 4 LuftPersV) in eine Lizenz nach den neuen Lizensierungsbestimmungen JAR-FCL 1 deutsch umschreiben lassen würden (Kamp, Kölner Kompendium zum Luftfahrtrecht, 2009, Band 2 Luftverkehr, Teil I A Luftfahrtpersonal Rn. 238). Die in § 135 LuftPersV 2003 noch enthaltenen detaillierten Regelungen über die Fortgeltung alten Rechts für nicht umgeschriebene Erlaubnisse und Berechtigungen entfielen mit der Neufassung des § 135 LuftPersV ab Juli 2007. Damit trat allerdings kein Erlöschen der nach ICAO-Regime erteilten Pilotenlizenzen ein. Sie sind, sofern nicht nur für einen bestimmten Zeitraum erteilt, unbefristet gültig, lediglich der Luftfahrerschein nach § 26 LuftVZO bedarf in festgelegten Zeiträumen der Erneuerung, was der Aufsichtsbehörde periodisch Gelegenheit gibt, die in § 26a LuftVZO genannten rechtlichen Voraussetzungen für den Fortbestand der Lizenz sowie der mit ihr verbundenen Berechtigungen, z.B. der Instrumentenflugberechtigung, auch bei Alt-Lizenzen zu überprüfen (Kamp, a.a.O., Rn. 222 u. Fn. 274, Rn. 238). Infolge der Nichtumschreibung zahlreicher Lizenzen ist es zu einem Nebeneinander alter - vor Mai 2003 ausgestellter - und nach JAR-FCL erteilter oder umgeschriebener Lizenzen gekommen, auf das der Verordnungsgeber reagiert hat. In § 135 LuftPersV 2007 geht er ersichtlich von der Fortgeltung nicht nach JAR-FCL 1 erteilter Flugzeugpilotenlizenzen aus. In der neugefassten Vorschrift wird allerdings nur allgemein die weitere Verlängerung und Erneuerung der eingetragenen Klassen- und Musterberechtigungen sowie der Erwerb weiterer derartiger und sonstiger Berechtigungen - ohne die Umschreibung von nicht nach JAR-FCL erteilten Flugzeugpilotenlizenzen in eine FCL-Lizenz - als Fallgruppen geregelt und angeordnet, dass sie sich nach den Bestimmungen der JAR-FCL 1 richten (§ 135 Satz 2 LuftPersV 2007). Die Fortgeltung einer nach ICAO-Lizenz bestehenden Instrumentenflugberechtigung ist in der Vorschrift nicht angesprochen. Die Übergangsbestimmung JAR-FCL 1.005 b nennt nur den Fall noch unter ICAO-Regime begonnener und bis zum 01.11.2010 abgeschlossener Ausbildungen, trifft hingegen keine Regelung für die vom Kläger begehrte Erneuerung seiner ATPL-Lizenz. Anhang 1 zu JAR-FCL 1.005 sieht lediglich die Ersetzung einer nach dem bis zum 30.04.2003 geltenden Recht erteilten Pilotenlizenz durch eine Lizenz nach JAR-FCL vor und verlangt nach Ziffer a), dass der Lizenzinhaber, um eine ATPL(A) zu ersetzen, die den Rechten der Lizenz entsprechende Befähigungsüberprüfung für die Verlängerung einer Muster-, Klassen- und, soweit zutreffend, Instrumentenflugberechtigung gemäß JAR-FCL 1.245 bestehen muss. Eine - unmittelbar anwendbare - normative Rechtsgrundlage, auf die der Antragsteller das Begehren stützen könnte, seine ATPL-Verkehrsflugzeugführerlizenz einschließlich Instrumentenflugberechtigung zu erneuern, besteht daher nicht.

4

Bei dieser rechtlichen Ausgangslage ist es nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin in ihrer Verwaltungspraxis für die vom Antragsteller gewünschte Erneuerung seiner ATPL-Lizenz die Bestimmungen über die Umschreibung derartiger Lizenzen in eine FCL-Lizenz entsprechend heranzieht und damit insoweit eine unterschiedliche Behandlung von Piloten mit vor Mai 2003 ausgestellten Lizenzen und Berechtigungen sowie Piloten mit nach JAR-FCL erteilten oder inzwischen umgeschriebenen Lizenzen vermeidet. Nach den Auslegungsgrundsätzen des intertemporalen Verwaltungsrechts sind bei Rechtsänderungen grundsätzlich alle bei ihrem Inkrafttreten einschlägigen Fälle nach neuem Recht zu behandeln, sofern das Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimmt (BVerwG, Urt. v. 14.04.2011 - 3 C 20.10 -, BVerwGE 139, 323ff. m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall; auch die Übergangsregelungen in § 135 Satz 1 LuftPersV 2007 und Ziffer a) des Anhangs 1 zu JAR-FCL 1.005 verlangen bei Umschreibung vor Mai 2003 erteilter (alter) Lizenzen eine Anpassung des Ausbildungsstands bzw. das Bestehen der Befähigungsüberprüfung nach JAR-FCL 1.245 für die Instrumentenflugberechtigung, d.h. die Anwendung neuen Rechts. Dieser Befund führt zur Anwendung von JAR-FCL 1.185 c), wonach der Pilot, wenn die IR(A) - wie hier - innerhalb der vergangenen 7 Jahre nicht verlängert oder erneuert wurde, die theoretische und praktische Prüfung für den Erwerb der Instrumentenflugberechtigung abzulegen hat.

5

Mit seinen Angriffen gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann der Antragsteller daher im Ergebnis nicht durchdringen. Ob § 29 Abs. 2 LuftVZO entsprechend herangezogen werden kann, wie das Verwaltungsgericht gemeint hat, ist angesichts der dargestellten normativen Ausgangslage letztlich nicht entscheidend. Es liegt in Abwägung mit den hohen Schutzgütern von Leib, Leben und Gesundheit von Personen sowie der Sicherheit des Flugverkehrs auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) vor, wenn dem Antragsteller nach einer rd. 10jährigen Flugpause auferlegt ist, den Nachweis der Befähigung zum Instrumentenflug (erneut) zu führen. Bei der IR(A) handelt es sich um eine fliegerische Berechtigung, die - wie die Regelungen in JAR-FCL 1.185 und 1.246 zeigen - nicht voraussetzungslos verlängert oder erneuert wird. Dies galt auch bei vor dem 30.04.2003 erworbenen Pilotenlizenzen, wie der des Antragstellers (vgl. § 17 Abs. 2 LuftPersV 1984), worauf das Verwaltungsgericht hinweist. Auch bei Fortgeltung alten Rechts hätte er bei der Erneuerung einer Erlaubnis, die länger als 3 Jahre abgelaufen war, zusätzlich zum Überprüfungsflug nach Instrumentenflugregeln die theoretische Prüfung wiederholen müssen (vgl. § 17 Abs. 3 LuftPersV 1984). Dem Antragsteller wird mit der Anwendung von neuem Recht, d.h. hier JAR-FCL 1.185 c), mithin nicht etwas genommen, worauf er nach altem Recht uneingeschränkten Anspruch gehabt hätte. Darin, dass Piloten, die - anders als der Antragsteller - in der Vergangenheit ihre alten ICAO-Lizenzen haben rechtzeitig umschreiben und erneuern lassen, nicht den Anforderungen nach JAR-FCL 1.185 c) genügen müssen, liegt aufgrund des abweichenden Sachverhaltes keine unverhältnismäßige Ungleichbehandlung iSv Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG. Die Musterberechtigung A 320 ersetzt die von der Antragsgegnerin für die Erneuerung seiner Lizenz geforderte Überprüfung der theoretischen Kenntnisse für den Erwerb der IR(A) - entgegen der Auffassung des Antragstellers - auch dann nicht, wenn das Muster ausschließlich unter Instrumentenflugbedingungen geflogen wird, da es sich nach dem FCL-Lizensierungssystem um getrennte Berechtigungen handelt.