Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 19.11.2021, Az.: 1 ME 76/20

Zumutbarkeit eines rückwärtigen Stellplatzverkehrs durch Einhaltung der Werte der TA Lärm; Senkung des Stellplatzlärms durch Maßnahmen des aktiven Schallschutzes (gerade noch) unter die Richtwerte der TA Lärm

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.11.2021
Aktenzeichen
1 ME 76/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 51950
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 16.04.2020 - AZ: 4 B 205/20

Fundstellen

  • BauR 2022, 220-223
  • NordÖR 2022, 206
  • ZAP EN-Nr. 70/2022
  • ZAP 2022, 64-65

Amtlicher Leitsatz

In einer durch Stellplatzverkehr vorbelasteten Lage überschreitet die Anlage rückwärtiger Stellplätze dann die Grenze des Zumutbaren, wenn die vom Vorhaben ausgelösten Belästigungen gegenüber dem Vorhandenen eine neue Größenordnung erreichen.

Zwar ist nicht jeder Stellplatzlärm, der durch Maßnahmen des aktiven Schallschutzes (gerade noch) unter die Richtwerte der TA Lärm gesenkt wird, in Wohngebieten zumutbar: Ebenso wenig wie eine durch "wohngebietstypische" Geräusche verursachte Überschreitung dieser Werte zwingend zur Unzulässigkeit eines Vorhabens führt, bedeutet die Einhaltung der Werte zwangsläufig die Zumutbarkeit eines rückwärtigen Stellplatzverkehrs.

Einfriedungen i.S.d. § 5 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 b) NBauO sind vertikale Strukturen, die der Trennung zweier Flächen dienen. Ob, zu welchen Anteilen und in welche Richtung diese Trennung visuell, akustisch, rein symbolisch oder als Schutz vor körperlichen Übertritten wirken soll, ist dabei unerheblich.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 16. April 2020 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind erstattungsfähig. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3. sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem ihrem Wohnhaus benachbarten Grundstück; sie fürchten insbesondere Beeinträchtigungen durch den mit dem Vorhaben verbundenen Stellplatzverkehr.

Die Antragsteller sind Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks A-Straße 7a, des Hinterliegergrundstücks zum im Nordosten an die A-Straße grenzenden Grundstück A-Straße 7. Im Norden ihres Grundstücks ist an das Wohnhaus eine Garage angebaut; die Zufahrt zu dieser verläuft über das Grundstück A-Straße dessen nordwestlicher Grenze entlang zur nordöstlich gelegenen A-Straße. Südöstlich des Wohnhauses liegt ein Freisitz, an der Ostecke des Grundstücks steht ein kleiner Schuppen. Auch die Grundstücke A-Straße 3 und 11 weisen Bebauung in zweiter Reihe auf. Das in seiner heutigen Gestalt 646 m2 große Vorhabengrundstück A-Straße 5 stand ursprünglich im Eigentum der Beigeladenen zu 1. und ging im Dezember 2020 in das Eigentum der Beigeladenen zu 3. über. Es schließt sich südöstlich an das Grundstück A-Straße; da es etwas tiefer ist als dieses, hat es auf einer Länge von 6 m eine gemeinsame Grenze auch mit dem Antragstellergrundstück. Es war ursprünglich mit einem Einfamilienhaus mit Zufahrt und Garage an der gemeinsamen Grundstücksgrenze versehen. Der ehemals rückwärtige Bereich dieses Grundstücks bildet inzwischen ein eigenes, etwa 400 m2 großes Grundstück (A-Straße 5a) zunächst im Eigentum der Beigeladenen zu 2., die es inzwischen ebenfalls weiterveräußert hat. Dessen Erschließung ist durch Baulasten auf dem Vorhabengrundstück gesichert, welche auch zum Wenden in dessen rückwärtigem Bereich berechtigen. Das Hinterliegergrundstück ist nach Bauanzeige inzwischen mit einem Dreiparteienhaus bebaut, für das die Anzeige vier Stellplätze vorsah. Alle genannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 411 der Antragsgegnerin aus dem Jahr 1971, der für sie allgemeines Wohngebiet und eine zweigeschossige Bebauung in offener Bauweise mit einer Grundflächenzahl von 0,4 und einer Geschossflächenzahl von 0,8 sowie entlang der A-Straße eine Baugrenze in 5 m Abstand zu dieser festsetzt.

Am 12. September 2018 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 1. zunächst eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Fünfparteienhauses auf dem Vorhabengrundstück. Von sechs Einstellplätzen sollte einer in Anwendung des § 23 Abs. 5 BauNVO außerhalb der Baugrenze vor dem Gebäude hergestellt werden. Zwei weitere Stellplätze mit je einer Breite von 2 m und einer Tiefe von 5 m sollten längs der nordwestlichen Grenze zum Grundstück A-Straße 7 liegen. Dort sah die Baugenehmigung eine 1,80 m hohe begrünte Lärmschutzwand vor; zwischen ihnen - bzw. einem 2 m breiten Grenzstreifen - und dem Wohnhaus verläuft die 3 m breite Zufahrt zum rückwärtigen Grundstücksbereich. Die übrigen drei - 2,50 m breiten - Stellplätze waren dort zwischen Hauswand und rückwärtiger Grundstücksgrenze im rechten Winkel zur Zufahrt, die sich hier zu einer 5,85 m breiten Rangierfläche verbreitert, angeordnet. Gegen diese Baugenehmigung erhoben die Antragsteller Widerspruch. Ihr Antrag auf Anordnung von dessen aufschiebender Wirkung hatte im Beschwerdeverfahren (Az. 1 ME 34/19) Erfolg. Darauf verzichtete die Beigeladene zu 1. auf die Baugenehmigung und stellte einen modifizierten Bauantrag. Sie legte ein gemeinsam für ihr Vorhaben und das Vorhaben der Beigeladenen zu 2. erstelltes Lärmschutzgutachten des Büros M. vom 7. August 2019 vor, nach dem unter den Bedingungen der Errichtung einer 2 m hohen Schallschutzwand an der Nordgrenze beider Grundstücke bis zum Ende des Stellplatzbereichs auf dem Hinterliegergrundstück Nr. 5a mit einem Schalldämmmaß von mindestens Rw=25 dB(A) und eines glatten Fahrbahnbelages am Wohnhaus der Antragsteller Lärmpegel von 37,4 dB(A) tags und 31,2 dB(A) nachts zu erwarten seien.

Unter dem 7. November 2019 erteilte die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Baugenehmigung. In der nun genehmigten Form weist das Vorhaben nur noch vier Wohneinheiten auf. Die beiden Stellplätze längs der Zufahrt sind entfallen, einer ersatzlos. Für den zweiten wurde im straßennahen Bereich eine Garage in das Wohnhaus integriert. Die drei rückwärtigen Stellplätze sind weiter vorgesehen; die Rangierfläche ist durch Versetzen dieser Stellplätze um 49 cm nach Südosten, vor allem aber durch Wegfall des 2 m breiten Grünstreifens an der Grundstücksgrenze sowie der seitlichen Stellplätze auf 8,34 m verbreitert worden. Die Breite der Zuwegung allein beträgt 5,00 m. Die Lärmschutzwand ist in den geänderten Bauvorlagen durchgehend von der Baugrenze bis zur rückwärtigen Grundstücksgrenze, in einer Höhe von 2 m und nicht mehr begrünt dargestellt; in der Breite sind für sie 15 cm zwischen Grundstücksgrenze und Zuwegung vorgesehen. Die Baugenehmigung enthält folgende als Hinweis (H) bzw. Auflage (A) gekennzeichneten Nebenbestimmungen (II.) zum Immissionsschutz:

1. "(A) Die schalltechnische Immissionsprognose der M., [...] ist Bestandteil der Baugenehmigung.

2. (A) Der Betrieb der Stellplatzanlage ist zulässig, wenn die in Kapitel 6 der schalltechnischen Immissionsprognose der M., [...] definierten Schallschutzmaßnahmen fachgerecht umgesetzt sind.

3. (A) Es ist eine Schallschutzwand (Höhe = 2m) an der Nordgrenze des Grundstücks mit einem Schalldämmmaß von mind. 25 dB fachgerecht zu errichten und dauerhaft zu erhalten. Die Lärmschutzwand darf keine Risse und offenen Fugen aufweisen; dies gilt insbesondere auch für den Anschluss an den Boden und die Tragpfosten.

4. (H) Es wird dringend empfohlen, die Schallschutzwand zu verlängern und an das geplante Nebengebäude anzuschließen."

Gegen die neue Baugenehmigung erhoben die Antragsteller wiederum Widerspruch und haben beim Verwaltungsgericht die Anordnung von dessen aufschiebender Wirkung beantragt; nach Zurückweisung des Widerspruchs haben sie Klage erhoben und ihren Antrag im vorliegenden Verfahren daran angepasst.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Aussetzungsinteresse der Antragsteller überwiege nicht, da die Baugenehmigung voraussichtlich deren Nachbarrechte nicht verletze. Ein Verstoß gegen drittschützende Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 411 oder einen Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller liege nicht vor. Auch das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt; ob dieses hier aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder aus § 34 BauGB herzuleiten sei, könne offenbleiben. Die insoweit gebotene Interessenabwägung gehe zu Lasten der Antragsteller aus. Den vom Senat im Verfahren 1 ME 34/19 zum ursprünglichen Vorhaben geäußerten Bedenken trage die neue Genehmigung Rechnung. Infolge der Verbreiterung der Zufahrt und des Wegfalls der Einstellplätze dort sei die "Flüssigkeit des Durchgangsverkehrs" nicht mehr beeinträchtigt. Die erhebliche Verbreiterung des Bereichs vor den drei rückwärtigen Einstellplätzen erleichtere das Einparken in diese und die Nutzung der durch Baulast gesicherten Rangierfläche für das Hinterliegergrundstück. Die Lärmschutzwand sei nun auch an der Grenze zum Antragstellergrundstück vorgesehen und wirke damit auch im Bereich der Südostterrasse der Antragsteller, auch wenn diese überwiegend etwas weiter westlich liege.

Die zusätzliche Belästigung der Antragsteller durch Verkehr zum bzw. vom Hinterliegergrundstück Nr. 5a sei zwar mit in den Blick zu nehmen, ergebe aber kein anderes Bild. Das gelte sowohl, wenn man eine abstrakt nachbarverträgliche Nutzung mit z.B. 1-2 Einstellplätzen in den Blick nehme, als auch bei Betrachtung des konkret dort vorgesehenen Vorhabens mit vier Einstellplätzen; denn dieses sehe ebenfalls eine Lärmschutzwand vor.

Nach dem Lärmgutachten würden selbst bei Realisierung beider Vorhaben die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete deutlich unterschritten; diesen Werten komme auch außerhalb des eigentlichen Anwendungsbereichs der TA Lärm eine stark mitbestimmende rechtliche Relevanz zu. Zweifel an der Verwertbarkeit der Erkenntnisse des Gutachtens bestünden nicht. Dessen Ausgangsdaten seien brauchbar. Der Immissionsort liege nahe der Südostterrasse der Antragsteller; etwaige Unsicherheiten seien angesichts der deutlichen Unterschreitung der Richtwerte unerheblich.

Einen Anspruch auf absolute Ruhe in rückwärtigen Ruhezonen hätten die Kläger nicht. Der Bebauungsplan Nr. 411 lasse eine Hinterliegerbebauung zu. Der Raum neben ihrer Südostterrasse biete sich als Standort für Einstellplätze an. Eine Grundstücksteilung sei angesichts der Grundstücksgröße zu erwarten gewesen. Die Stellplätze des Vorhabens seien von der Terrasse über 8 m entfernt und teilweise durch das vorhandene Nebengebäude abgeschirmt. Die prognostizierte Verkehrsfrequenz von 0,4 Kfz je Stunde und Einstellplatz tags (0,15 nachts) sei gering; gegenüber einem offensichtlich zumutbaren Verkehr von 1-2 Stellplätzen je Grundstück bestehe keine wesensverschiedene Größenordnung. Die Antragsteller hätten auf ihrer größeren Südwestterrasse Ausweichmöglichkeiten.

Dass das in Auflagen in Bezug genommene Lärmschutzgutachten die Lärmschutzwand auf beiden Grundstücken (5 und 5a) vorsehe, führe ebenfalls nicht zur Rücksichtslosigkeit des Vorhabens. Die Errichtung der Lärmschutzwand auf dem Vorhabengrundstück sei jedenfalls sichergestellt. Auf dem Hinterliegergrundstück sei sie jedenfalls dann gefordert, wenn dort vier Einstellplätze errichtet würden. Sei das nicht der Fall, so scheide eine Rechtsverletzung der Antragsteller ohnehin aus. Der Hinweis unter Ziffer II.4 sei ohne rechtliche Relevanz. Die Lärmschutzwand verletze keine Abstandsvorschriften; sie sei abstandsrechtlich als nach § 5 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 b) NBauO privilegierte Einfriedung zu werten. Die an der Südgrenze des Antragstellergrundstücks aufstehende Hecke werde durch die Genehmigung der Lärmschutzwand nicht gefährdet. Soweit die Hecke nach § 921 BGB geschützt sei, folge dies daraus, dass die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt werde. Zudem stehe die Hecke der Antragsteller auf der Höhe des Grundstücks Nr. 5 nicht auf der Grenze; dies sei erst im Grenzbereich zum Grundstück Nr. 5a der Fall. Soweit die Antragsteller unvollständige Verwaltungsvorgänge rügten, folge daraus keine Nachbarrechtsverletzung.

II.

Die dagegen gerichtete Beschwerde, auf deren fristgerecht dargelegte Gründe sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, hat keinen Erfolg.

1. Die Einwände der Antragsteller gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben verletze mit Blick auf den von ihm ausgelösten Stellplatzverkehr nicht das Gebot der Rücksichtnahme, greifen nicht durch.

Die Frage nach der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 411 - die Antragsteller bestreiten diese im Wesentlichen mit dem Argument, die Begründung des Plans genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, eine ernsthafte Abwägung habe nicht stattgefunden - hat das Verwaltungsgericht offengelassen. Das durfte es. Eine planerische Vorbelastung, die über die - im Falle der Unwirksamkeit des Plans allein maßgebliche - faktische Vorbelastung durch die vorhandene Umgebungsbebauung hinausginge, wurde vom Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung nicht herangezogen. Die auf S. 18 des Urteilsabdrucks in Bezug genommenen Passagen aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5. Februar 2019 - 4 B 3942/18 - verdeutlichen dies. Dass "die Antragsteller jederzeit mit einer maximalen Ausnutzung der Festsetzungen des Plans bis in den letzten Winkel der Hinterliegergrundstücke" hätten "rechnen müssen", hat das Verwaltungsgericht diesen entgegen ihrem Beschwerdevorbringen gerade nicht entgegengehalten. Es hat sich bei der Bestimmung des ihnen Zumutbaren vielmehr an der tatsächlichen Situation in der näheren Umgebung der Baugrundstücke - dem Vorhandensein einer Hinterliegerbebauung und rückwärtiger Stellplätze, wenn auch nicht in dem auf dem Vorhabengrundstück geplanten Umfang - orientiert.

Die daraus gezogene Folgerung, das Vorhaben genüge dem Gebot der Rücksichtnahme, ist nicht zu beanstanden. Unabhängig davon, ob dieses Gebot im Rahmen einer Beurteilung des Vorhabens nach § 30 BauGB i.V.m. §§ 4, 15 BauNVO oder im Rahmen einer Beurteilung nach § 34 BauGB zum Tragen kommt, beinhaltet es nicht, dass Lage und Anzahl der geschaffenen Stellplätze auf einem Grundstück exakt dem (maximal) in der Umgebung vorgefundenen Bestand entsprechen müssen. Weisen rückwärtige Grundstücksbereiche in der Umgebung bereits Einstellplätze auf, so ist, wie der Senat in seinem Beschluss vom 6. Mai 2019 - 1 ME 34/19 - (n.v.; vgl. auch Beschl. v. 6.5.2019 - 1 ME 37/19 - juris Rn. 7) bereits ausgeführt hat, die Grenze des Zumutbaren nur überschritten, wenn die vom Vorhaben ausgelösten Belästigungen gegenüber dem Vorhandenen eine neue Größenordnung erreichen. Im vorgenannten Beschluss hatte der Senat dies nicht mit der Zahl der Stellplätze allein, sondern im Wesentlichen mit Blick darauf bejaht, dass - erstens - die Enge der Zufahrt ungewöhnlich komplizierten Rangierverkehr zur Folge haben werde und dass - zweitens - dieser nicht hinreichend vom Grundstück der Antragsteller abgeschirmt werde. Mit dem Verwaltungsgericht geht er allerdings davon aus, dass die Änderungen des Vorhabens - Wegfall der behindernden seitlichen Stellplätze, Verbreiterung der Fahrspur und des Rangierplatzes - beiden Beanstandungspunkten zwar nicht optimal, aber doch in hinreichendem Maße Rechnung tragen.

Die reine Zahl der vorgesehenen rückwärtigen Einstellplätze ist, auch wenn sie in der Umgebung kein Vorbild hat, noch zumutbar. Zweifamilienhausbebauung in zweiter Reihe ist in der näheren Umgebung, zumindest auf dem Grundstück A-Straße 3a, bereits vorhanden. Dies lässt erwarten, dass auch weitere Hinterliegergrundstücke zumindest mit Zweiparteienhäusern bebaut werden und - mangels straßennaher Alternativen - die nach Nr. 1.2 des Stellplatzerlasses erforderlichen 3 Stellplätze im rückwärtigen Grundstücksbereich - wenn auch nicht mehr - errichten. Die Vorderlieger mögen bislang ihre Stellplätze seitlich ihrer Häuser angeordnet haben. Das Gebot der Rücksichtnahme kann ihnen allerdings nicht verwehren, was den Hinterliegern gestattet ist; sollte der letzte Satz auf Seite 5 des Senatsbeschlusses vom 6. Mai 2019 anders verstanden werden können, ist dies zu berichtigen. Vorder- und Hinterliegergrundstück sind grundsätzlich rechtlich selbständig. Bauherren, die - wie die Beigeladenen zu 1. und 2. - ihre Vorhaben zeitlich und offenbar teilweise auch inhaltlich aufeinander abgestimmt errichten, können insoweit nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden als Bauherren, die unabhängig voneinander agieren.

Dies ändert nichts an der im genannten Senatsbeschluss getroffenen Aussage, die Abspaltung von Fahr- und Wenderechten vom Vorhabengrundstück vermöge das von diesem Grundstück insgesamt hinzunehmende Maß der Beeinträchtigungen nicht zu erhöhen. Der Bauherr ist zwar nicht dafür verantwortlich, dass der Verkehr des Hinterliegergrundstücks zumutbar ist; auch ist es ihm nicht verwehrt, dem Verkehr zum bzw. vom Hinterliegergrundstück eigenen Stellplatzverkehr in den rückwärtigen Grundstücksbereich hinzuzufügen. Er darf nicht schlechter stehen, als er stünde, wenn die Baulastfläche ganz zum Hinterliegergrundstück gehörte und er daneben eine eigene Zufahrt hätte. Fallen beide Zufahrten allerdings, wie hier, zusammen, so muss er zum einen die mit dem erhöhten Risiko von Begegnungsverkehr verbundenen Probleme bewältigen und zum anderen ausgleichen, dass ggf. der Verkehr von zwei Grundstücken unmittelbar an einer Grundstücksaußengrenze entlanggeführt wird. Beides ist dem Beigeladenen zu 1. nunmehr - anders als im ersten Genehmigungsverfahren - gelungen.

Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Verbreiterung der Zufahrt auf 5 m und der Rangierfläche auf 8,34 m den ursprünglich zu erwartenden Belästigungen durch Rangierverkehr effektiv entgegenwirkt, haben die Antragsteller mit dem Beschwerdevorbringen nicht überzeugend in Frage gestellt.

Der Besonderheit, dass der rückwärtige Stellplatzverkehr zweier statt nur eines Grundstücks unmittelbar an der Grenze (auch) des Antragstellergrundstücks entlanggeführt wird, wird hier durch die Schallschutzwand entlang der gesamten Grenze des Vorhabengrundstücks mindestens ausgeglichen. Diese bewirkt - auch wenn die Baugenehmigung nach dem Verständnis des Senats nur die Errichtung auf dem Vorhabengrundstück selbst vorsieht (dazu unten) - eine gegenüber dem sonst in einem Wohngebiet Geschuldeten deutlich erhöhte Abschirmung des Lärmgeschehens. Die Wirkungen der Lärmschutzwand können hier auch berücksichtigt werden. Zwar ist nicht jeder Stellplatzlärm, der durch Maßnahmen des aktiven Schallschutzes (gerade noch) unter die Richtwerte der TA Lärm gesenkt wird, in Wohngebieten zumutbar: Ebenso wenig wie eine durch "wohngebietstypische" Geräusche verursachte Überschreitung dieser Werte zwingend zur Unzulässigkeit eines Vorhabens führt, bedeutet die Einhaltung der Werte zwangsläufig die Zumutbarkeit eines rückwärtigen Stellplatzverkehrs. Geht es allerdings, wie hier, darum, welchen Umfang eine im Ansatz in der Umgebungsbebauung bereits angelegte Vorbelastung durch rückwärtigen Stellplatzverkehr noch annehmen darf, so sind Maßnahmen, mit denen der Bauherr diesen deutlich unter die Richtwerte der TA Lärm senkt, bei der Prüfung der Zumutbarkeit zu berücksichtigen.

Dass die Schallschutzwand auf dem Vorhabengrundstück dies hier bewirkt, wird durch das Lärmgutachten vom 7. August 2017 nachgewiesen. Dieses bildet zwar die Lärmeinwirkungen auf dem Antragstellergrundstück insoweit nicht zutreffend ab, als es eine auch auf das Hinterliegergrundstück Nr. 5a fortgeführte Lärmschutzwand berücksichtigt, die mithin den Immissionsort vollständig vom Verkehrslärm auf dem Grundstück Nr. 5 abschirmt. Allerdings wird aus den Lärmkarten am Ende des Gutachtens - namentlich daraus, wie die Lärmisophonen an den Enden der Wand verlaufen - deutlich, dass auch dann, wenn die Lärmschutzwand nur auf dem Vorhabengrundstück errichtet würde, die Immissionsrichtwerte am Immissionsort auf dem Antragstellergrundstück klar unterschritten würden. Die Bedenken der Antragsteller gegen die Prämissen des Lärmgutachtens greifen nicht durch. Soweit die Antragsteller meinen, die dem Gutachten zugrundeliegenden generalisierenden Annahmen der Parkplatzlärmstudie trügen der besonderen Situation der streitgegenständlichen Stellplätze nicht Rechnung, benennen sie konkret lediglich angebliche Rangierprobleme, die mit der Anordnung der Stellplätze auf dem Grundstück Nr. 5a verbunden sind; diese sind dem Vorhaben nicht zuzurechnen. Dass das Gutachten, indem es den Verkehr zu den straßennahen Stellplätzen des Vorhabens als Lärm auf der ganzen Länge der Zufahrt behandelt hat, diesen überzeichnet, sehen die Antragsteller selbst. Gespräche zwischen den Insassen der PKW beim Ein- und Aussteigen sowie bei der Müllentsorgung sind bei der Beurteilung einer Wohnnutzung nicht dem Stellplatzlärm zuzuordnen; Gespräche der Grundstücksbewohner können dort jederzeit und bei jeder Betätigung stattfinden und sind sozialadäquat; auch die Antragsteller werden sich auf ihrer grenznahen Terrasse unterhalten. Die Annahme der Antragsteller, das Gutachten setze für das Vorhaben eine unrealistisch niedrige Frequenz von 2 Fahrbewegungen je 5 Tage und Stellplatz an, ist unzutreffend. Tatsächlich werden 0,4 Fahrbewegungen je Stunde und Stellplatz, also über 6 Fahrbewegungen (3 Wege) je Stellplatz täglich zugrunde gelegt. Das ist auch für ein "Wohnungseigentumsobjekt in bester Lage" eher konservativ. Dass eine (zu erwartende) Nutzung der Stellplatzanlage mit Schrittgeschwindigkeit lauter wäre als eine (dem Gutachten zugrundeliegende) Nutzung mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h ist nicht erkennbar.

2. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Lärmschutzwand verletze keine Grenzabstandsvorschriften, da sie von der Privilegierung des § 5 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 b) NBauO profitiere, ist zutreffend; insoweit wird auf die überzeugende Argumentation im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Der Einwand der Antragsteller, die "klassische Funktion" einer Einfriedung liege nicht im Schallschutz, greift nicht durch. Einfriedungen sind vertikale Strukturen, die der Trennung zweier Flächen dienen. Ob, zu welchen Anteilen und in welche Richtung diese Trennung visuell, akustisch, rein symbolisch oder als Schutz vor körperlichen Übertritten wirken soll, ist vom Einzelfall abhängig; die "klassische" Einfriedung gibt es nicht. Es ist nicht ersichtlich und wäre auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Gesetzgeber Trennwände, die dem Lärmschutz des Nachbarn dienen sollen, abstandsrechtlich schlechter hätte stellen wollen als Trennwände, mit denen sich der Bauherr selbst vor dem Nachbarn schützt. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Verwaltungsgericht in Höhe und Lage der Lärmschutzwand keinen Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme gesehen hat. Soweit die Antragsteller eine Gesamtlänge der Lärmschutzwand von 50 m betonen, machen sie Umstände geltend, die weder spezifisch ihr Grundstück beeinträchtigen - ein wesentlicher Teil der Lärmschutzwand verläuft entlang ihres Vorderliegergrundstücks A-Straße 7 - noch spezifisch vom Vorhaben ausgehen - der hintere Teil der Lärmschutzwand gehört nicht zum Vorhaben, sondern zum Bauprojekt A-Straße 5a. Das Antragstellergrundstück selbst wird, wie das Verwaltungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, nur auf einer Länge von 6 m durch eine Lärmschutzwand vom Vorhabengrundstück getrennt; von diesen wird ein wesentlicher Teil durch das Nebengebäude der Antragsteller verstellt.

3. Nicht zu beanstanden ist, dass das Verwaltungsgericht eine Rechtsverletzung der Antragsteller im Hinblick auf die an der Südgrenze ihres Grundstücks aufstehende Hecke verneint hat. Das Verwaltungsgericht hat diese Auffassung je selbständig tragend auf zwei Gründe gestützt - darauf, dass an der gemeinsamen Grenze des Vorhabengrundstücks mit dem Antragstellergrundstück keine im Miteigentum stehende Grenzhecke i.S.d. § 921 BGB vorhanden sei, die durch die in der Baugenehmigung vorgesehene Errichtung der Lärmschutzwand zerstört werden könnte, und darauf, dass die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt werde. Das zweite Argument greifen die Antragsteller nicht mit klarem Gegenvortrag an. Allenfalls andeutungsweise bzw. durch Ausführungen an anderer Stelle lässt sich ihrem Beschwerdevorbringen entnehmen, dass sie einerseits geltend machen wollen, die Nebenbestimmungen Nr. II.1 und II.2 gäben der Beigeladenen zu 1. auch die Errichtung einer Lärmschutzwand auf dem Grundstück A-Straße 5a (auf dem eine Hecke auf der Grundstücksgrenze vorhanden ist) auf, andererseits, dass die Lärmschutzwand auf dem Vorhabengrundstück ihren Anspruch nach §§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 NNachbG auf Herstellung einer Hecke als ortsübliche Einfriedung vereitele. Ob das der Fall ist, kann dahinstehen; denn jedenfalls ist die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Reichweite der Baugenehmigung zutreffend. Sollten die Antragsteller tatsächlich zivilrechtliche Abwehrrechte gegen die Errichtung der Lärmschutzwand auf dem Grundstück Nr. 5a oder einen aus dem - zivilrechtlichen - NNachbG folgenden Anspruch auf Herstellung einer Grenzhecke dort, wo die Baugenehmigung eine Lärmschutzwand fordert, haben, dürften die Antragsteller ohne zivilrechtliche Einigung mit den Antragstellern das genehmigte Vorhaben nicht verwirklichen; die Baugenehmigung würde daran nichts ändern und kann insoweit daher für die Antragsteller auch keinen rechtlichen Nachteil darstellen. Die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung wird durch die Vorhabenverwirklichung hindernde private Rechte nur insoweit berührt, als der Beigeladenen zu 1. dann, wenn eine Einigung zwischen ihr und den Antragstellern ausgeschlossen erscheint, das Sachbescheidungsinteresse zur Erteilung der Genehmigung fehlen könnte; das Erfordernis eines Sachbescheidungsinteresses ist aber nicht drittschützend.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Errichtung einer Lärmschutzwand nicht nur Gegenstand der Bauvorlagen und damit essentieller Bestandteil des Vorhabens ist, sondern der Beigeladenen zu 1. zusätzlich durch eine Auflage aufgegeben ist, ergibt sich nichts anderes; soweit die Erfüllung der Auflage einen Eingriff in private Rechtspositionen der Antragsteller bedeutet, bedürfte es zu ihrer Durchsetzung einer Duldungsverfügung gegenüber den Antragstellern, für die eine Rechtsgrundlage fehlen würde. Eine Vergleichbarkeit der vorliegenden Konstellationen mit den Fällen, in denen eine Baugenehmigung das Entstehen eines Notwegerechts zur Folge hat, besteht nicht. Eine § 917 Abs. 1 BGB vergleichbare Vorschrift, die ein etwaiges Miteigentum an einer Grenzhecke oder einen etwaigen Anspruch auf Herstellung einer ortsüblichen Einfriedung beschränken könnte, ist nicht ersichtlich. Der Verweis der Antragsteller auf die Kommentierung von Burzynska/Fontana in Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 68 Rn. 145 ergibt nichts anders; die Kommentatoren sehen eine privatrechtsgestaltende Wirkung der Baugenehmigung nur hinsichtlich solcher privatrechtlicher Abwehransprüche gegeben, die ihrerseits aus der Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Rechts folgen (etwa der Ansprüche aus § 1004 BGB). Auf solche Ansprüche berufen sich die Antragsteller hier nicht.

4. Dem Beschwerdevorbringen zu Ziff. 4. im Antragstellerschriftsatz vom 18. Mai 2020 lässt sich ein inhaltliches Argument gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Baugenehmigung verletze voraussichtlich keine Nachbarrechte der Antragsteller, nicht entnehmen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die Erteilung einer Baugenehmigung eine gebundene Entscheidung ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2., die sich durch Anträge einem Kostenrisiko ausgesetzt haben, aufzuerlegen. Hinsichtlich der Beigeladenen zu 3., die sich am Verfahren nicht beteiligt hat, gilt dies nicht.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).