Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.11.2021, Az.: 1 MN 125/21
Verlängerung einer Veränderungssperre bzgl. Antragstellung auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung einer Biogasanlage zur Verwertung von Gülle
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 30.11.2021
- Aktenzeichen
- 1 MN 125/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 51951
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 14 Abs. 2 S. 1 BauGB
- § 11 BauNVO
Fundstellen
- BauR 2022, 482-484
- DÖV 2022, 258
- KommJur 2022, 8-11
- NordÖR 2022, 206
- ZfBR 2022, 180
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 156.187,50 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die erste Verlängerung einer Veränderungssperre, weil diese der von ihr geplanten Errichtung einer Biogasanlage zur Verwertung von Gülle entgegensteht.
Die Antragstellerin plant auf dem Grundstück E. die Errichtung einer Biogasanlage zur biologischen Behandlung von 97 t/d Gülle und 3 t/d pflanzlicher Biomasse einschließlich Nebenanlagen zur Biogasaufbereitung und Behandlung der Gärreste. Unter dem 17. Dezember 2018 hat sie einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gestellt. Bezüglich des Anlagengrundstücks verfügt sie über eine mit notariellem Vertrag vom 17. Mai 2018 und Auflassungsvormerkung gesicherte Kaufoption mit Bindungsfrist bis zum 15. Januar 2020; der Eigentümer hat in diesem Verfahren eidesstattlich versichert, dass er sich an sein Angebot weiterhin gebunden hält.
Das Anlagengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Ströhen Nr. 14 "Bioenergiepark", rechtsverbindlich seit dem 4. Juli 2014. Der Plan setzt für das Anlagengrundstück ein Sondergebiet "Bioenergiepark 1" fest, das "vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Betrieben und Anlagen zur energetischen und stofflichen Verwertung von Biomasse, welche aus landwirtschaftlicher Produktion oder aus gewässer-, landschafts-, garten- oder forstpflegerischen Maßnahmen aus der Region ,Diepholzer Moorniederung' stammt, (...)" dient. Zulässig sind demzufolge vorrangig im Einzelnen näher bezeichnete Betriebe und Anlagen zur Behandlung und Verwertung von Biomasse. Das Planungsziel der Antragsgegnerin - das Planaufstellungsverfahren begann bereits im Jahr 2006 - war auf die Verwertung regionaler pflanzlicher Rohstoffe gerichtet; umgesetzt wurde ein entsprechendes Konzept des Grundstückseigentümers jedoch nicht.
Die Antragsgegnerin möchte an ihrem Planungsziel festhalten. Da die Beschränkung auf Biomasse pflanzlichen Ursprungs in den textlichen Festsetzungen des Plans indes nicht zum Ausdruck kommt und das Gewerbeaufsichtsamt die geplante Anlage für bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig erachtet, fasste der Rat der Antragsgegnerin unter dem 27. März 2019, bekannt gemacht am 29. März 2019 im Diepholzer Kreisblatt, den Aufstellungsbeschluss für die 1. Änderung des Bebauungsplans Ströhen Nr. 14 "Bioenergiepark" sowie zugleich eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich der Planänderung. In der Beschlussvorlage heißt es unter anderem, die Antragsgegnerin wolle ihr ursprüngliches planerisches Konzept "hinsichtlich des Einsatzes pflanzlicher Biomasse aus der Region präzisieren und unter Berücksichtigung aktueller Rahmenbedingungen fortentwickeln". Genannt werden im Folgenden Änderungen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Substraten, neue technische Verfahren sowie zwischenzeitliche Veränderungen im Plangebiet. Das Vorhaben der Antragstellerin stehe im Widerspruch zu dem Ziel einer ausschließlichen Verwertung von Biomasse aus der Diepholzer Moorniederung. Die Veränderungssperre wurde im Amtsblatt des Landkreises Diepholz vom 1. April 2019 bekannt gemacht und mit Beschluss des Rates vom 23. März 2021, bekannt gemacht im Amtsblatt des Kreises Diepholz vom 30. März 2021, um ein Jahr verlängert.
Gegen diese erste Verlängerung wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Normenkontrolleilantrag. Die Veränderungssperre sei rechtswidrig; ihr sei es angesichts des bereits im Jahr 2018 gestellten Genehmigungsantrags auch nicht zuzumuten, eine Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren abzuwarten. Die Veränderungssperre und ihre Verlängerung seien schon nicht der Vorgabe des § 6 Abs. 2 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin entsprechend im Diepholzer Kreisblatt ortsüblich bekannt gemacht worden. Zudem seien sie in der Sache fehlerhaft. Es fehle an dem erforderlichen Mindestmaß der Plankonkretisierung. Aus der Beschlussvorlage gehe nicht hervor, welche planerischen Vorstellungen die Antragsgegnerin konkret hege. Auch liege kein Sicherungsbedürfnis vor, weil eine Bauleitplanung mit dem Ziel des Ausschlusses von Biomasse tierischen Ursprungs städtebaulich nicht gerechtfertigt sei. Insbesondere ein Beitrag zum Klimaschutz liege darin nicht. Erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB sei eine solche Beschränkung ebenfalls nicht, weil der Bebauungsplan dann wirtschaftlich nicht mehr durchführbar sei. Pflanzliche Einsatzstoffe stünden - wie die Antragsgegnerin im weiteren Planaufstellungsverfahren selbst festgestellt habe - aufgrund einer Vielzahl bestehender Biogasanlagen in der Region nur noch sehr beschränkt zur Verfügung; es bestehe schon heute eine erhebliche Konkurrenz um derartige Substrate. Demgegenüber gebe es ein Bedürfnis zur Verwertung von Wirtschaftsdünger.
Die Antragstellerin beantragt,
die am 23. März 2021 beschlossene und am 30. März 2021 im Amtsblatt des Landkreises Diepholz, Ausgabe 19/2021, bekannt gemachte Satzung der Antragsgegnerin über die Verlängerung der Veränderungssperre zur 1. Änderung des Bebauungsplans Ströhen Nr. 14 "Bioenergiepark" (beschlossen in der Sitzung vom 27. März 2019) außer Vollzug zu setzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hält den Antrag für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Der Antragstellerin fehle nach Ablauf der Bindungsfrist eine gesicherte Zugriffsmöglichkeit auf das Anlagengrundstück. In der Sache sei die Veränderungssperre rechtmäßig. Die ortsübliche Bekanntmachung von Satzungen erfolge gemäß § 6 Abs. 1 der Hauptsatzung im Amtsblatt des Landkreises Diepholz. Ihre Planung sei hinreichend konkretisiert. Dabei könne dahinstehen, auf welchen Zeitpunkt im Fall der Verlängerung einer Veränderungssperre abzustellen sei. Das Plankonzept zeige auf, dass die Sondergebiete für einen Bioenergiepark grundsätzlich erhalten und lediglich insoweit konkretisiert werden sollten, als Biomasse tierischen Ursprungs ausgeschlossen werde. Ferner sollten weitere Verwendungs- und Vermarktungsmöglichkeiten für die pflanzliche Biomasse eröffnet werden. Das reiche zur Konkretisierung der Planungsabsichten aus; von ihr könne nicht verlangt werden, Art und Maß der vorgesehenen Nutzung schon detailliert und abgewogen darzulegen. Auch bestehe ein Sicherungsbedürfnis. Städtebauliche Gründe für ihre Planung müsse sie in diesem frühen Verfahrensstadium noch nicht im Einzelnen benennen. Es sei zudem keinesfalls von vornherein ausgeschlossen, dass es ausreichende Stoffkapazitäten für einen effizienten Betrieb rein pflanzlicher Biogasanlagen sowie weiterer Anlagen zur Energiegewinnung geben werde.
II.
Der Normenkontrolleilantrag hat keinen Erfolg; er ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Senat versteht den Antrag der Antragstellerin - über dessen Wortlaut hinaus und gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO unter maßgeblicher Orientierung an seiner Zielrichtung sowie seiner Begründung - dahingehend, dass die ursprüngliche Verlängerungssperre vom 27. März 2019 in der Fassung der Verlängerung vom 23. März 2021 zur gerichtlichen Prüfung gestellt wird. Dies ist vor dem Hintergrund erforderlich, dass eine Verlängerungssatzung keinen selbstständigen Regelungsinhalt hat, sondern lediglich die Geltungsdauer der ursprünglichen Satzung prolongiert, inhaltlich mit ihr aber eine untrennbare Einheit darstellt. Findet sich ein Antragsteller daher mit einer Veränderungssperre zunächst ab, entschließt sich dann aber dazu, ihre Verlängerung mit der Normenkontrolle zu attackieren, ist das wegen der untrennbaren Einheit nur möglich, wenn damit zugleich die Urfassung angegriffen wird; dies ist auch dann zulässig, wenn die Normenkontrollantragsfrist bezüglich der Urfassung zwischenzeitlich abgelaufen ist (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2016 - 1 KN 150/14 -, BauR 2017, 62 = BRS 84 Nr. 53 = juris Rn. 38 ff., unter Bezugnahme auf BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE 120, 138 = BRS 67 Nr. 11 = juris Rn. 16).
2. Der so verstandene Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere ungeachtet des Umstands antragsbefugt, dass sie nicht Eigentümerin des Anlagengrundstücks ist und gegenwärtig auch nicht über eine zivilrechtlich gesicherte Erwerbsoption verfügt. Da es nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreicht, dass eine Rechtsverletzung "in absehbarer Zeit" geltend gemacht wird, kann auch der angehende Eigentümer oder - soweit dies ansonsten die Antragsbefugnis begründet - sonst Berechtigte an einem Grundstück einen Normenkontroll(eil)antrag stellen. Erforderlich ist lediglich, dass der Antragsteller die ernsthafte Absicht und zu gegebener Zeit die gesicherte zivilrechtliche Möglichkeit hat, das Eigentum bzw. das sonstige Nutzungsrecht zu erwerben (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2001 - 6 CN 4.00 -, BauR 2001, 1243 = BRS 64 Nr. 55 = juris Rn. 15; NdsOVG; Urt. v. 13.7.2017 - 12 KN 206/15 -, NordÖR 2017, 436 = BRS 85 Nr. 172 = juris Rn. 22; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 18.5.1994 - 4 NB 27.93 -, NVwZ 1995, 264 = BRS 56 Nr. 31 = juris Rn. 9 ff.). Das ist hier der Fall. Die Antragstellerin hat einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gestellt und verfügt über eine - wenngleich für den Grundstückseigentümer nicht mehr verbindliche - Kaufoption, an der der Grundstückseigentümer nach seinem Bekunden festhält.
3. Der Normenkontrolleilantrag ist unbegründet.
Der Senat hat sich mit Beschluss vom 28. Februar 2020 - 1 MN 153/19 -, juris Rn. 15, dem vom 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung (Beschl. v. 25.2.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381 [BVerwG 25.02.2015 - BVerwG 4 VR 5.14] = BauR 2015, 968 = juris Rn. 12; v. 16.9.2015 - 4 VR 2.15 -, BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; v. 30.4.2019 - 4 VR 3.19 -, BauR 2019, 1442 = juris Rn. 4) vertretenen Prüfungsmaßstab für Anträge nach § 47 Abs. 6 VwGO angeschlossen. Zu prüfen sind danach zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist.
Gemessen daran bleibt der Antrag erfolglos, weil die Erfolgsaussichten der Antragstellerin in einem Hauptsacheverfahren gering sind. Die Veränderungssperre in der Fassung der Verlängerung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig.
a) Die Veränderungssperre begegnet keinen formellen Bedenken. Insbesondere ist sie den Anforderungen des § 16 Abs. 2 Satz 1 BauGB bekannt gemacht. Die Vorschrift verlangt, dass die Bekanntmachung in ortsüblicher Weise, also in derjenigen Form, die nach Landes- oder Gemeinderecht für die Bekanntmachung bestimmt ist, zu erfolgen hat (vgl. Senatsurt. v. 15.1.2015 - 1 KN 10/14 -, juris Rn. 27; v. 29.11.2013 - 1 MN 157/13 -, BauR 2014, 503 = BRS 81 Nr. 57 = juris Rn. 16). Für Satzungen - die Vorschrift ist insoweit lex specialis zu § 6 Abs. 2 - sieht § 6 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin in Einklang mit § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 NKomVG deren Veröffentlichung im Amtsblatt des Landkreises Diepholz vor; diese hat die Antragsgegnerin am 1. April 2019 bzw. am 30. März 2021 vorgenommen. Auch die weiteren formellen Anforderungen der §§ 14, 16 BauGB sind erfüllt.
b) Die mit der Veränderungssperre geschützten Planungsabsichten der Antragsgegnerin waren hinreichend konkret.
Eine Veränderungssperre darf nur erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 -, BRS 76 Nr. 108 = juris Rn. 6; v. 1.10.2009 - 4 BN 34.09 -, Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 29 = juris Rn. 9; Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE 120, 138 = juris Rn. 17). Dabei sind die Anforderungen an die Planungsabsichten freilich nicht zu überspannen. Erforderlich ist, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus (BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103 = NVwZ 1990, 558 [BVerwG 05.02.1990 - BVerwG 4 B 191/89] = BauR 1990, 335 = juris Rn. 3). Soll der Bebauungsplan Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung enthalten, so erfordert eine hinreichend konkrete Planung darüber hinaus, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Veränderungssperre Vorstellungen über diese Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundstücksflächen existieren, sei es, dass ein bestimmter Baugebietstypus, sei es, dass eine nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 2a BauGB festsetzbare Nutzung ins Auge gefasst worden ist (BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103 = juris Rn. 2). Denn nur wenn hinreichend erkennbar ist, dass ggf. zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben mit den beabsichtigten planerischen Gestaltungen nicht vereinbar sind, sind die nachteiligen Wirkungen einer Veränderungssperre erträglich (BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990 - 4 B 191.89 -, BRS 50 Nr. 103 = NVwZ 1990, 558 [BVerwG 05.02.1990 - BVerwG 4 B 191/89] = BauR 1990, 335 = juris Rn. 2 f.). Zweck der Veränderungssperre ist es, eine bestimmte Bauleitplanung und nicht lediglich die Planungszuständigkeit und Planungshoheit der Gemeinde zu sichern. Das erforderliche Mindestmaß an Vorstellungen muss daher geeignet sein, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat. Dies entspricht der Konzeption des § 14 BauGB. Nach seinem Absatz 2 Satz 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 13.03 -, BRS 67 Nr. 118 = juris Rn. 15; zum Ganzen zuletzt etwa Senatsurt. v. 27.2.2019 - 1 KN 46/18 -, juris Rn. 35).
Diesen Anforderungen genügten die Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre. Aus der Beschlussvorlage des Rates vom 8. März 2019 geht hervor, dass die Festsetzungen des ursprünglichen Bebauungsplans Nr. 14 zu den von der 1. Änderung betroffenen Sondergebieten Bioenergiepark 1 und 2 im Wesentlichen erhalten, aber auf einen ausschließlichen Einsatz pflanzlicher Biomasse begrenzt und zugleich um weitere zulässige Nutzungen und Anlagenarten - beispielhaft benannt werden Anlagen zur hydrothermalen Karbonisierung, zur Herstellung von E-Fuels und zur katalytischen Reduktion von Kohlendioxid in Festkohlenstoff - erweitert werden sollen. Das umreißt in der Zusammenschau mit den fortbestehenden Festsetzungen das künftige Spektrum der zulässigen Arten baulicher Nutzungen in hinreichender Weise. Zudem ermöglicht es, über mögliche Ausnahmen gemäß § 14 Abs. 2 BauGB sachgerecht zu entscheiden.
c) Ein Sicherungsbedürfnis der Antragsgegnerin ist ebenfalls nicht zu verneinen.
Ausreichend ist es insofern, dass die planerische Konzeption der Antragsgegnerin mit den Mitteln des Städtebaurechts nicht schlechthin unerreichbar ist. Dagegen wird im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle einer Veränderungssperre der in Aussicht genommene Bebauungsplan nicht nach Art eines vorgezogenen Normenkontrollverfahrens inhaltlich überprüft; die Veränderungssperre unterliegt auch nicht dem Abwägungsgebot (vgl. Senatsurt. v. 15.1.2015 - 1 KN 10/14 -, juris Rn. 33; v. 13.8.2013 - 1 KN 69/11 -, BauR 2014, 72 = juris Rn. 22 und 27).
Auf dieser Grundlage begegnet die Rechtmäßigkeit der Verlängerungssperre keinen Bedenken. § 11 BauNVO erlaubt es angesichts der in der Vorschrift angelegten großzügigen Möglichkeiten einer Konkretisierung der in einem Sondergebiet zulässigen Arten der baulichen Nutzung, die Betriebe und Anlagen zur Behandlung und Verwertung von Biomasse durch eine generalisierende Beschränkung der Einsatzstoffe und der Betriebs- und Anlagenarten einzugrenzen (vgl. Senatsurt. v. 8.9.2021 - 1 KN 150/19 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Die Frage, ob dies im Einzelfall - etwa mit Blick auf den Klimaschutz - abwägungsgerecht erfolgt, ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu prüfen und einem etwaigen späteren Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan vorbehalten. Dass es keine belastbaren städtebaulichen Gründe geben kann, den Einsatz tierischer Biomasse auszuschließen, ist jedenfalls nicht ersichtlich. Dem Senat liegen auch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die in dem Sondergebiet möglichen Betriebe und Anlagen nur unter Einsatz tierischer Biomasse wirtschaftlich betrieben werden können. Bereits der Vorentwurf für die 1. Planänderung setzt sich detailliert mit den möglichen Rohstoffquellen auseinander und benennt eine Fülle von pflanzlichen Einsatzstoffen, die gegenwärtig kaum oder gar nicht genutzt werden. Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme der Antragstellerin, dem Plan fehle insoweit bereits die Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB), fern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 3 h), 8 g), 17 b) der Streitwertannahmen des Senats (NdsVBl. 2021, 247 ff.). Der Senat legt einen Wert von 5 % der Investitionskosten in Höhe von 6.247.500 EUR zugrunde und halbiert diesen mit Blick darauf, dass lediglich eine Veränderungssperre angegriffen wird. Von einer weiteren Reduzierung aufgrund der Vorläufigkeit der angestrebten Entscheidung sieht der Senat in diesem Einzelfall ab, weil die Entscheidung die Hauptsache faktisch vorwegnimmt und vorwegnehmen soll; hätte die Antragstellerin Erfolg, wäre ihr Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach Lage der Akten umstandslos bewilligt worden.