Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.08.2022, Az.: 4 B 2648/22
Beherbergungsbetrieb; Betriebsbeschreibung; Fremdköper; Gebietscharakter; Gebietserhaltungsanspruch; Gebot der Rücksichtnahme; Gemengelage; kein faktisches Allgemeines Wohngebiet; kein ungestörter Ruhebereich; keine maßgeschneiderte Baugenehmigung; landwirtschaftlicher Betrieb; Monteurwohnheim; Nachbarrechtsschutz; Prägende Wirkung; Stellplätze im hinteren Grundstücksbereich; zulässige Nutzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 22.08.2022
- Aktenzeichen
- 4 B 2648/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59279
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 34 Abs 1 BauGB
- § 34 Abs 2 BauGB
- § 12 BauNVO
- § 12 BauNVO
- § 4 BauNVO
- § 80a Abs 3 VwGO
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung und den Anbau eines Wohnhauses zu Fremdenzimmern.
Das Vorhabengrundstück mit der postalischen Anschrift S. 9 in T. (Flurstück U., Flur V., Gemarkung W.) liegt an der Straße S. (Landesstraße X.), die in ostwestlicher Richtung verläuft und ist straßenseitig mit einem Wohnhaus bebaut, in dem derzeit die Nutzung von 6 Fremdenzimmern genehmigt ist. Die Antragsteller zu 4.) und zu 5.) sind Eigentümer des unmittelbar östlich angrenzenden Grundstücks Y., die Antragsteller zu 6.) und zu 7.) des nordwestlich an das Vorhabengrundstück angrenzenden Grundstücks Z., die Antragstellerin zu 3.) Eigentümerin des nördlich angrenzenden Grundstücks AA. und die Antragsteller zu 1.) und zu 2.) Eigentümer des östlich davon liegenden Grundstücks AB., das nicht unmittelbar an das Vorhabengrundstück angrenzt. Die Grundstücke der Antragsteller sind jeweils mit Wohnhäusern bebaut. Auf den Grundstücken Y. und AC. sind jeweils Garagen nordwestlich der straßenseitigen Wohnbebauung und auf den Grundstücken Z. und AD. jeweils straßenseitige Garagen genehmigt. Auf dem Grundstück AE., das an der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straße AF. liegt, ist die Garage an der südwestlichen Grundstücksgrenze errichtet. Darüber hinaus befinden nördlich und südlich dieses Grundstücks jeweils straßenseitige Carportanlagen. Westlich des Vorhabengrundstücks befindet sich ein weiteres Grundstück mit Wohnbebauung und wiederum westlich angrenzend das Grundstück AG., das einem landwirtschaftlichen Betrieb dient und etwa ein Drittel der gesamten Fläche des Straßengevierts – bestehend aus den Straßen S. (im Süden), AH. (im Westen und Nordwesten) und AF. (im Nordosten und Osten) – umfasst. Östlich der Straße AF. befindet sich auf dem Eckgrundstück AI. ein großflächiger REWE Einkaufsmarkt. Gegenüber dem Vorhabengrundstück, südlich der Straße S., liegt ein Gartencenter. Ein Bebauungsplan für das Vorhabengrundstück und die umliegenden Grundstücke des Straßengevierts existiert nicht.
Bild 1.
Unter dem 15.06.2017 stellte die Beigeladene einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für Sonderbauten (Nutzungsänderung und Anbau eines Wohnhauses zu Fremdenzimmern mit insgesamt 28 Betten). Ausweislich der Betriebsbeschreibung soll das Gebäude Monteuren aus dem In- oder Ausland eine Unterkunft bieten, wobei größtenteils Monteure aus dem Ausland erwartet werden.
Nach den ursprünglichen Bauunterlagen sollte an das vorhandene straßenseitige Gebäude in nördlicher Richtung ein 14,6 m langer und 9,52 m breiter zweigeschossiger Anbau erstellt und nördlich daran angrenzend 8 Stellplätze errichtet werden.
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 14.07.2017 der Antragsgegnerin beschwerten sich die Antragsteller zu 1.) und 2.) am 07.07.2017 über Lärm durch die häufige Nutzung des hinteren Gartenbereichs auf dem Vorhabengrundstück, insbesondere laute Musik und Fußballspielen. Zuvor hatten sich bereits die Antragsteller zu 4.) und 5.) über eine Lärmbelästigung durch intensive Gartennutzung auf dem Vorhabengrundstück beschwert.
Mit Schreiben vom 18.07.2017 erteilte die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr ihr Benehmen mit dem Vorhaben der Beigeladenen.
Mit weiterem Schreiben vom 30.07.2017 teilten die Antragsteller mit, dass es auf dem Vorhabengrundstück sehr laut sei, seitdem die Vermieterin dort nicht mehr wohne. Es seien zahlreiche überdachte Möglichkeiten zum Aufenthalt aufgebaut und eine Tischtennisplatte aufgestellt worden. Nach Feierabend hielten sich wochentags von 18 bis 23 Uhr, vereinzelt auch länger, mehr als zehn erwachsene männliche Personen im Garten auf, am Wochenende sogar ab 12 Uhr bis nach Mitternacht. Durch laute Unterhaltungen, Fußball- und Tischtennisspielen und teilweise lautes Radiohören sei der Aufenthalt auf ihren eigenen Terrassen unerträglich geworden. Es werde in die Hecken und Büsche der Nachbarn uriniert, was nicht tolerabel sei. Die beantragte Nutzungsänderung werde die Lautstärke noch weiter steigen lassen. Eine gewerbliche Nutzung im Wohngebiet werde abgelehnt.
Mit Schreiben vom 16.11.2017 regte die Antragsgegnerin gegenüber der Beigeladenen an, in Hinblick auf die Nachbarbeschwerden die Bauunterlagen zu überarbeiten und u.a. von einer Nutzung des Außenbereichs grundsätzlich abzusehen und sicherzustellen, dass die Hausordnung eingehalten werde. Zudem sei für die Abweichung von brandschutzrechtlichen Vorschriften noch ein Abweichensantrag zu stellen.
Nachdem die Beigeladene die angeforderten Unterlagen zunächst nicht vorlegte, kündigte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21.12.2018 an, den Antrag als nicht prüffähig abzulehnen, wenn die Unterlagen nicht bis zum 15.02.2019 vorlägen und – in Hinblick auf die illegale Nutzung – eine Nutzungsuntersagung in Betracht zu ziehen, da 23 Personen in ihrem Haus gemeldet seien.
Die Beigeladene übermittelte daraufhin eine erweiterte Betriebsbeschreibung und geänderte Bauunterlagen, denen zufolge im rückwärtigen Bereich nur noch fünf Stellplätze entstehen, die über eine Zufahrt entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum östlichen Grundstücksnachbarn (Antragsteller zu 4.) und 5.)) erschlossen werden. Weiter soll die Stellplatzfläche mit Hecken zur hinteren Grundstücksfläche abgegrenzt und der rückwärtige Gartenbereich von Nutzungen freigehalten werden. Auf der Länge der Zufahrt soll zum östlichen angrenzenden Grundstück ein 1,80 m hoher Sichtschutzzaun errichtet werden. Südlich des Bestandsgebäudes sind straßenseitig drei weitere Stellplätze geplant. Ausweislich der erweiterten Betriebsbeschreibung sollen sich die Monteure in der Regel von montags bis samstags in der Zeit von 18 Uhr bis 6.30 Uhr in der Unterkunft aufhalten können, vereinzelt auch an den Wochenenden. Die Benutzung des Außen-/Gartenbereichs wird untersagt und mit einem Zaun/einer Hecke abgegrenzt. Ein Raucherbereich wird vor dem Haus zur Straße eingerichtet und ein Hausmeister eingestellt, um den Hausfrieden zu wahren. Auch eine Hausordnung wurde als Bestandteil der Betriebsbeschreibung eingereicht.
Mit Bescheid vom 11.06.2020 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung und zum Anbau eines Wohnhauses zu Fremdenzimmern mit insgesamt 28 Betten mit einem ergänzenden Lageplan zur Anordnung der Stellplätze sowie einer Betriebsbeschreibung, einer erweiterten Betriebsbeschreibung und einer Hausordnung.
Bild 2.
Hiergegen haben die Antragsteller am 08.07.2020 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden ist.
Nachdem die Antragsteller am 11.05.2022 bei der Antragsgegnerin vergeblich Aussetzung der Vollziehung beantragt hatten, haben sie am 28.06.2022 beim Verwaltungsgericht Hannover einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
Es sei nicht zu beanstanden, dass sie nunmehr einen Eilantrag bei Gericht gestellt hätten, nachdem über die vor zwei Jahren eingelegten Widersprüche noch nicht entschieden worden sei und Bauarbeiten aufgenommen worden seien.
Die Umgebung des Vorhabengrundstücks entspreche einem Allgemeinen Wohngebiet, in dem ein Wohnheim für wechselnde Monteure unzulässig sei. Planungsrechtlich trenne die Straße S. das Gebiet nach Süden ab. Trennende Wirkung habe zudem die Straße AF. in Richtung Osten. Das Gebiet zwischen der Straße AF. im Osten und der Straße AH. im Westen bestehe – mit Ausnahme des auf dem Eckgrundstück befindlichen landwirtschaftlichen Betriebs – ausschließlich aus Wohnbebauung. Der landwirtschaftliche Betrieb sei dort einzigartig und deshalb nicht zu berücksichtigen. Das Monteurwohnheim stelle keinen zulässigen Beherbergungsbetrieb, sondern eine die Umgebung störende Nutzung dar. Montagearbeiter, die vorübergehend in einem Wohnheim untergebracht seien, verhielten sich an ihren freien Tagen deutlich lauter und störender als die Bewohner eines Wohngebiets. Insbesondere sei mit einem gewissen Alkoholkonsum und einem damit verbundenen Geräuschpegel zu rechnen. Dies belege auch die Praxis, da die Beigeladene die Nutzung für diese Zwecke (im geringeren Umfang) bereits vor fünf Jahren aufgenommen habe und die Arbeiter die Freiflächen bei gutem Wetter ständig nutzten. Entgegen der Darstellung der Beigeladenen sei davon auszugehen, dass die Monteure an den Wochenenden nicht nach Hause fahren, sondern ihre Freizeit auf dem Grundstück verbringen und es dadurch zu deutlich höheren Störungen für die Nachbarschaft komme.
Der massive zweigeschossige Anbau stelle darüber hinaus einen Fremdkörper dar.
Zudem würden erstmals Einstellplätze in der Grundstückstiefe vorgesehen, die Verkehrslärm in die Grundstücke hineintrügen. Bislang habe es in der Tiefe der Grundstücke nur Gartennutzungen gegeben. Die Geräuschbelästigungen durch An- und Abfahrverkehr seien unzumutbar, da Monteure jedenfalls zum Teil im Schichtdienst tätig seien und daher auch mit Verkehrslärm nachts zu rechnen sei. Zudem sei die Stellplatzanlage mit Blick auf die Anzahl der Stellplätze für 28 (oder gar 68) Monteure unzureichend und es sei damit zu rechnen, dass im hinteren Bereich mehr als fünf Fahrzeuge abgestellt werden. Die Beigeladene werbe damit, dass ein kleiner, ein großer und sogar ein LKW-Stellplatz vorhanden seien.
Es sei davon auszugehen, dass die Beigeladene im Bestandsbau 40 Personen und im Anbau 28 Personen unterbringen könne, so dass insgesamt 68 Monteure das Wohnheim nutzen könnten.
Das Benutzungsverbot des Gartens und die Bezugnahme auf die Hausordnung seien nicht ausreichend, um den entstehenden Nutzungskonflikt zu lösen, da diese Regelungen weder umgesetzt noch überwacht werden (könnten).
Die Antragsteller beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 11.06.2020 betreffend das Baugrundstück S. 9 in AJ. anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Genehmigung der Nutzungsänderung eines Wohnhauses in Fremdenzimmer mit insgesamt 28 Betten bedeute, dass sich dort maximal 28 Personen aufhalten dürften. Im Alt- und Anbau seien insgesamt 15 Gästezimmer geplant nebst Gemeinschaftsbädern und einer Gemeinschaftsküche. Da die Umgebung des Vorhabengrundstücks keinem der Baugebiete der §§ 3 ff. BauNVO entspreche, sei nicht § 34 Abs. 2, sondern § 34 Abs. 1 BauGB für die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens maßgeblich. Das Vorhaben füge sich wegen der Mischung der verschiedenen Nutzungsarten (Einkaufsmarkt, landwirtschaftlicher Betrieb, Gaststätte und Wohnen) ebenfalls ein. Der Flächennutzungsplan sehe für diesen Bereich eine Bebauung als Mischgebiet vor.
Das Rücksichtnahmegebot werde nicht verletzt, da die Baugenehmigung ausreichend Schutzmaßnahmen für die nördlich angrenzenden Grundstücke vorsehe. Der rückwärtige Grundstücksbereich sei als Ruhezone geplant, mit Sichtschutzbepflanzung, gärtnerischem Anlegen einer Ruhezone und dem Aufstellen eines Sichtschutzzauns. Auch die Hausordnung und die Betriebsbeschreibung sowie die erweiterte Betriebsbeschreibung stellten klar, dass die Benutzung des Außenbereichs des Grundstücks untersagt werde, um eine Lärmbelästigung der Nachbarn zu vermeiden.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Antrag abzulehnen.
Die Bebauung entspreche keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 3 ff. BauNVO, allenfalls einem Dorf- oder Mischgebiet. Abzustellen sei auf den Bereich zwischen dem Grundstück AK. im Osten, das mit einem großflächigen REWE-Markt bebaut sei und dem Grundstück AL. im Westen, das einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Auf dem Grundstück AG. befinde sich ebenfalls ein landwirtschaftlicher Betrieb, auf dem westlich davon liegenden Grundstück AM. befinde sich ein Restaurant mit Tanzsaal, das von der Tanzsparte des AN. mit Trainingszeiten an mehreren Tagen in der Woche z.T. bis 22 Uhr oder 22.15 Uhr genutzt werde. Auch auf dem Grundstück Y. habe es über einen langen Zeitraum neben der Wohnnutzung noch Nichtwohnnutzung (Stall, dann Lagerplatz für Kleinhandel mit Getränken und verpackten Lebensmitteln) gegeben. Die Prägung der Umgebung durch diese Nutzungen widerspreche der Einordnung als Allgemeines Wohngebiet. Zudem komme der Straße S. auch keine trennende Wirkung bei, so dass auch der dem Vorhabengrundstück gegenüberliegende Betrieb AO. zu berücksichtigen sei. Es sei daher von einer Gemengelage auszugehen.
Selbst wenn man von einem Allgemeinen Wohngebiet ausgehe, liege bei einer Monteurunterkunft mit Einzelzimmern Wohnen im Sinne von § 4 BauNVO vor. Ggfs. handele es sich um ein nichtstörendes Gewerbe, das jedenfalls ausnahmsweise zulässig sei.
Soweit die Antragsteller Störungen durch übermäßigen Alkoholkonsum, Grillen oder Notdurftverrichtung behaupteten, handele es sich um Fehlverhalten ohne planungsrechtliche Relevanz, das zudem durch die Hausordnung als Baugenehmigungsbestandteil für die Zukunft reglementiert sei. Zudem drohten entsprechende Wohngeräusche im Sinne einer Nutzung der Außenflächen grundsätzlich durch jeden Grundstücksnachbarn.
Fragen betreffend die überbaubaren Flächen seien nicht nachbarschützend.
Die Anzahl der Stellplätze sei zutreffend nach den Richtzahlen für den Einstellplatzbedarf mit einem Platz je 4 Betten ermittelt worden. Bei Montagekolonnen sei aus betriebswirtschaftlichen Gründen mit einer Anreise von mehreren Personen im Kleinbus auszugehen. Zudem befinde sich in der Nähe der Bahnhof und es gebe im öffentlichen Straßenraum ausreichend Stellplätze. Abzustellen sei nicht auf die bisherige Nutzung, sondern den mit der angefochtenen Baugenehmigung zulässigen Nutzungsumfang.
Die Anordnung der Stellplätze sei in diesem Einzelfall auch nicht rücksichtslos. Die Grundstücke AP. bis AQ. verfügten bereits über lange, in die Tiefe der Grundstücke reichende Zufahrten zur Erschließung rückwärtiger Garagen oder Stellplätze, so dass die rückwärtigen Grundstücksbereiche durch Stellplatznutzungen vorgeprägt seien. Auch auf dem Grundstück AE. sei eine rückwärtige Garage an der Südwestgrenze des Grundstücks genehmigt worden. Östlich der nunmehr geplanten Stellplätze auf dem Vorhabengrundstück befinde sich auf dem Grundstück Y. ein großer Teich und erst nördlich davon offenbar dem Freizeitwohnen dienende bauliche Bereiche. Von einer Beeinträchtigung der Wohnnutzung auf dem Grundstück Y. durch die Zufahrt sei ebenfalls nicht auszugehen, da die bestehenden Baugenehmigungen für die baulichen Anlagen auf diesem Grundstück in diesem Bereich keine fenstermäßig nach Westen ausgerichteten schutzbedürftigen Aufenthaltsräume vorsehen würden. Die Grundstücke AF. grenzten ausnahmslos an das nördliche Drittel des Grundstücks der Beigeladenen an und damit an Gartenflächen, die aufgrund der Nebenbestimmungen (Grüneintragungen) nicht zur Nutzung freigegeben seien.
Problematisch sei zudem, dass die Antragsteller bis zum Beginn der Errichtung des Neubaus (Bodenplatte) gewartet hätten, um den Aussetzungsantrag zu stellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung ist nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft, da der Widerspruch nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung entfaltet.
Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Zwar ist aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich, ob über den Aussetzungsantrag der Antragsteller vom 11.05.2022 zwischenzeitlich entschieden worden ist. Grundsätzlich ist nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 6 VwGO vor Stellung des Eilantrags bei Gericht die Entscheidung der Antragsgegnerin über den Aussetzungsantrag abzuwarten. Abweichend von diesem Grundsatz ist ein Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auch vor der Entscheidung der Behörde über den Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO zulässig, wenn die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat (Nr. 1) oder wenn eine Vollstreckung droht (Nr. 2). Letzteres dürfte vorliegend anzunehmen sein, weil die Bauarbeiten auf dem Vorhabengrundstück – nach den vorgelegten Lichtbildern – zwischenzeitlich begonnen haben. Dass die Antragsteller ihren Eilantrag erst zwei Jahre nach Einlegung des Widerspruchs gestellt haben, ist rechtlich irrelevant und lässt den Eilantrag insbesondere nicht treuwidrig erscheinen.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist unbegründet.
Nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Nachbarn, von der Vollziehung der angegriffenen Baugenehmigung verschont zu bleiben, das Interesse des Bauherrn an ihrer Ausnutzung überwiegt. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist das Risiko des Nachbarn, die Folgen der Verwirklichung der angegriffenen Maßnahme trotz möglichen späteren Erfolges in der Hauptsache dulden zu müssen, mit dem Risiko des Bauherrn abzuwägen, die Verwirklichung des Vorhabens trotz möglicher späterer Klageabweisung aufschieben zu müssen. Bei der zwischen beiden Folgeabschätzungen vorzunehmenden Abwägung spielt die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsbehelfs in der Regel eine entscheidende Rolle. Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung lässt sich hier absehen, dass der von den Antragstellern eingelegte Rechtsbehelf keinen Erfolg haben wird.
Die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn kann nur dann zum Erfolg führen, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Die Zulassung des Bauvorhabens durch die Bauaufsicht verletzt einen Nachbarn dann in seinen Rechten, wenn sie mit Vorschriften nicht vereinbar ist, die – zumindest auch – die Funktion haben, nachbarliche Rechte zu schützen. Dies ist hier voraussichtlich nicht der Fall. Nach summarischer Prüfung hat der Widerspruch der Antragsteller gegen die Baugenehmigung mit dem Argument, dass sich das Vorhaben nicht in den Gebietscharakter (eines Allgemeinen Wohngebiets) einfüge (1.) und die Nutzung im Übrigen rücksichtslos sei, weil sowohl von den Monteuren, die sich im Wohnheim aufhielten als auch vom (im Übrigen unzureichend ermittelten) Stellplatzverkehr im hinteren Grundstücksbereich unzumutbare Lärmbelästigungen ausgingen (2.) und der zweigeschossige Anbau einen Fremdkörper in der Umgebung darstelle (3.), voraussichtlich keinen Erfolg.
1. Der sog. Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer – unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung – das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen. Aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (grundlegend BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 ff.; vgl. auch VGH München, Beschl. v. 23.01.2018 - 15 CS 17.2575 -, Rn. 18, juris). Insofern wird die zulässige Art der baulichen Nutzung nicht nur im Gebiet eines Bebauungsplans, sondern auch im faktischen Baugebiet unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung vom Gebietserhaltungsanspruch erfasst (Nds. OVG, Beschl. v. 20.09.2017 - 1 ME 111/17 -, Rn. 12, juris).
Wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO entspricht, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre. Als maßgebliche nähere Umgebung ist die Umgebung anzusehen, insoweit sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst.Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt. Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Ob eine vorhandene, nicht genehmigte Bebauung bei der Bestimmung der näheren Umgebung zu berücksichtigen ist, hängt davon ab, ob diese in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass die zuständigen Behörden sich mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben (OVG Lüneburg, Urt. v. 09.10.2019 - 1 LB 147/17 -, Rn. 24, juris; BVerwG, Urt. v. 06.06.2019 - 4 C 10/18 -, Rn. 11 ff., juris).
Anders als die Antragsteller meinen, liegen ihre jeweils mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke und das Vorhabengrundstück nicht gemeinsam in einem faktischen Allgemeinen Wohngebiet, so dass die Geltendmachung eines Gebietserhaltungsanspruchs hier ausscheidet. Nach Auswertung des vorhandenen Kartenmaterials aus dem Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin sowie des verfügbaren Kartenmaterials unter Google Maps kann offenbleiben, ob eine Gemengelage vorliegt oder ein Misch- oder Dörfliches Wohngebiet, da angesichts der vorhandenen Nutzungen die Eigenart der näheren Umgebung jedenfalls keinem Allgemeinen Wohngebiet entspricht.
Zwar dient – wie von den Antragstellern vorgetragen – die Bebauung westlich und südlich der nach Westen abknickenden Straße AF., nördlich der Straße S. im Bereich der Häuser Nummer 3 bis 11 und südlich der Straße AH. im Wesentlichen dem allgemeinen Wohnen und entspricht damit (in diesem Teilbereich) einem Allgemeinen Wohngebiet. Allerdings lässt diese beschränkte Betrachtungsweise außer Acht, dass sich im östlichen Teil des Straßengevierts S., AH. und AF. noch das landwirtschaftlich genutzte Grundstück AG. befindet, das von der Grundfläche her mindestens ein Drittel des Straßengevierts ausmacht und damit die Umgebung ganz wesentlich prägt. Gerade die Größe der Hofstelle mit ihrem prägenden Charakter schließt es aus, den landwirtschaftlichen Betrieb als einen Fremdkörper zu betrachten und daher unberücksichtigt zu lassen (so im Ergebnis auch OVG Koblenz, Urt. v. 20.11.2018 - 1 A 11633/17 -, Rn. 34, BeckRS 2018, 53597). Gleichzeitig steht das Vorhandensein eines landwirtschaftlichen Betriebs bereits für sich genommen der Annahme eines Allgemeinen Wohngebiets im Sinne von § 4 BauNVO entgegen, da landwirtschaftliche Betriebe im Allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig sind. Zudem dürften auch die Nutzungen westlich der Straße AH. und östlich der Straße AF. mit zu berücksichtigen sein. Beide Straßen sind schmal und haben keine trennende Wirkung, so dass auch die Nutzungsarten jenseits dieser Straßen in den Blick zu nehmen sind. Auf dem Grundstück östlich der Straße AR. mit der postalischen Anschrift S. 1 befindet sich ein großflächiger Lebensmittelmarkt, der kaum mehr nur der Versorgung des Gebiets im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO dienen dürfte und damit ebenfalls gegen die Prägung als Allgemeines Wohngebiet spricht. Darüber hinaus dürfte aus Sicht der Kammer nicht nur die westliche, östliche und nördliche Bebauung, sondern auch die Bebauung südlich des Vorhabengrundstücks und der Straße S. bei der Frage der Gebietsprägung mit einzubeziehen sein. Auch wenn es sich bei der Straße S. um eine Landesstraße handelt, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Straße aufgrund des Verkehrsaufkommens und ihrer Breite oder sonstigen Gestaltung (jeweils einspurige Verkehrsführung in beide Richtungen) eine trennende Wirkung haben könnte. Damit stellt auch die südlich des Vorhabengrundstücks gelegene Gärtnerei eine Nutzung dar, die im Allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 BauNVO nur ausnahmsweise zulässig wäre.
Wegen der Dominanz des landwirtschaftlichen Betriebs und des großflächigen Einzelhandels einerseits und dem vorhandenen Bestand der dazwischen gelegenen Wohnbebauung andererseits, die zusammen betrachtet keinem Allgemeinem Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO entsprechen, ist damit – unabhängig von der Zulässigkeit der westlich der Straße AH. gelegene Gastwirtschaft oder der südlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Gärtnerei in einem Allgemeinen Wohngebiet – entweder von einer Gemengelage auszugehen, da ein Nebeneinander von unterschiedlichen Nutzungen (Wohnen und Gewerbe) vorliegt, oder von einem Dörflichen Wohngebiet oder Mischgebiet, in dem ein Wohnheim für Monteure als Betrieb des Beherbergungsgewerbes zulässig ist. Auf die Frage, ob es sich insoweit um eine im Allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässige Nutzung handelt, kommt es damit nicht mehr an.
2. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Für Vorhaben in einer Gemengelage leitet sich das Gebot der Rücksichtnahme aus dem Begriff des „Sich-Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB ab. Danach ist eine bauliche Anlage im Einzelfall unzulässig, wenn von ihr Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die für den Nachbarn unter Berücksichtigung des Charakters der näheren Umgebung die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten, oder wenn das Vorhaben selbst solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt ist.
Zu den Anforderungen an das Gebot der Rücksichtnahme hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29.08.2013 (1 LA 219/11) Folgendes ausgeführt:
„Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei muss allerdings demjenigen, der sein eigenes Grundstück in einer sonst zulässigen Weise baulich nutzen will, insofern ein Vorrang zugestanden werden, als er berechtigte Interessen nicht deshalb zurückzustellen braucht, um gleichwertige fremde Interessen zu schonen (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 25.2.1977 - BVerwG IV C 22.75 -, juris Rn. 22; Urt. v. 18.11.2004 - BVerwG 4 C 1.04 -, juris Rn. 22).“
Gemessen daran ist nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen schutzwürdige Belange der Antragsteller beeinträchtigt.
Die Antragsteller befürchten durch das Vorhaben vermehrt Lärmbelästigungen infolge der Nutzung der Freiflächen im Garten und verweisen darauf, dass bereits die bislang genehmigte Nutzung einer geringeren Anzahl von Fremdenzimmern zu Beeinträchtigungen infolge von (übermäßigen) Alkoholkonsums, lauten Unterhaltungen und Ballspielen im Garten abends und an den Wochenenden geführt habe. Allerdings erlaubt die angefochtene Baugenehmigung ausweislich der erweiterten Betriebsbeschreibung keine Nutzung des Frei-/Gartenbereichs, enthält gestalterische Vorgaben, um eine entsprechende Nutzung zu verhindern und die Vorgabe der Einstellung eines Hausmeisters, um die Umsetzung der Hausordnung durchzusetzen. Die Vorgaben der Hausordnung und die gestalterischen Regelungen zur Vermeidung von Gartennutzungen erscheinen auch nicht von vornherein ungeeignet, entsprechende Störungen zu verhindern, auch wenn es naturgemäß nicht gänzlich ausgeschlossen ist, dass die Vorgaben der Hausordnung auch umgangen werden könnten. Zwar ist eine sog. „maßgeschneiderte“ Baugenehmigung, die durch Nebenbestimmungen in Hinblick auf den Störgrad des Bauvorhabens nur formal passend gemacht worden ist, regelmäßig nachbarrechtsrelevant rechtswidrig, wenn sie nicht auf eine effektive Um- und Durchsetzung angelegt ist und so realistisch nicht genutzt werden kann (OVG Münster, Beschl. v. 07.01.2022 – 2 A 1229/21 -, Rn. 9 ff., juris). Dies wäre dann der Fall, wenn die maßgeschneiderte Baugenehmigung dazu dient, ein Vorhaben an eine ungeeignete Umgebung anzupassen und die dafür festgesetzten Auflagen völlig betriebsfremd und derartig betriebseinschränkend gefasst sind, dass ihre Einhaltung vor vornherein ausgeschlossen wäre und ihre Durchsetzung nicht zuverlässig überwacht werden könnte (VGH München, Urt. v. 14.08.2008 - 14 B 06.1181 -, Rn. 35, juris).
Entsprechendes lässt sich für die streitgegenständliche Baugenehmigung und ihre Nebenbestimmungen jedoch nicht annehmen. Zum einen lässt das Fehlen eines nutzbaren Außenbereichs das Vorhaben nicht ungeeignet für die Nutzung als Wohnheim oder Monteurunterkunft erscheinen. Vielmehr ist es gerade im verdichteten innerörtlichen Raum üblich, dass Betriebe des Beherbergungsgewerbes keine gartenähnlichen Außenbereiche vorweisen, sondern die in dieser Unterkunft untergebrachten Personen in ihrer Freizeit darauf angewiesen sind, ihre arbeitsfreie Zeit außerhalb (des Grundstücks) der Unterkunft zu gestalten. Insofern erscheint auch die gestalterische Abgrenzung von Stellflächen und (nicht nutzbarem) Ruhebereich geeignet, eine Nutzung des nördlichen Grundstücksbereichs durch die Bewohner zu verhindern. Zum anderen ist es nicht unrealistisch anzunehmen, dass die Vorgaben der Hausordnung durchgesetzt werden, da für den Fall der Nichteinhaltung der Hausordnung ein Kündigungsrecht besteht und davon auszugehen ist, dass etwaige Verstöße gegen das Verbot der Nutzung des Außenbereichs von den Nachbarn dokumentiert und mitgeteilt werden. Da bereits der Aufenthalt im Garten verboten ist, unabhängig vom damit verbundenen Lärmpegel, ist die Dokumentation von Verstößen gegen diese Verbote darüber hinaus wenig aufwändig und Sanktionen sind damit einfach durchzusetzen.
Schließlich ist die Anlage von Stellplätzen auch im hinteren Teil des Grundstücks nicht rücksichtslos. Nach § 12 Abs. 1 BauNVO sind Stellplätze und Garagen grundsätzlich in allen Baugebieten zulässig und können nach § 12 Abs. 2 BauNVO auch den Anwohnern im Reinen und Allgemeinen Wohngebiet zugemutet werden, sofern (nur) der durch die zugelassene Nutzung verursachte Bedarf abgedeckt wird. § 12 Abs. 2 BauNVO beinhaltet insoweit eine normative Duldungspflicht, derzufolge der Nachbar die sich aus der Nutzung von Stellplätzen und Garagen ergebenden üblichen Störungen bei Tag und Nacht hinnehmen muss, wenn die Garagenanlage das Bedürfnis nicht überschreitet, dass sich aus dem auf dem Grundstück verwirklichten Vorhaben ergibt (OVG Schleswig, Beschl. v. 31.03.2020 - 1 MR 2/20 -, Rn. 20, juris). Betrachtet man die konkrete Lage der Stellplätze, wird nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg in den Fällen, in denen rückwärtige Grundstücksbereiche in der Umgebung bereits Einstellplätze aufweisen, die Grenze des Zumutbaren nur überschritten, wenn die vom Vorhaben ausgelösten Belästigungen gegenüber dem Vorhandenen eine neue Größenordnung erreichen. Dies ergibt sich nicht zwangsläufig allein aus einer höheren Anzahl von Stellplätzen, sondern insbesondere, wenn die Enge der Zufahrt komplizierten Rangierverkehr zur Folge habe und dieser nicht hinreichend vom Nachbargrundstück abgeschirmt werde (OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 ME 76/20 -, Rn. 18 ff., juris). Gleichzeitig ist in den Blick zu nehmen, ob und ggfs. wie die Zufahrt zu den Stellplätzen abgeschirmt wird und wie das Schutzbedürfnis mit Blick auf die Nutzungen in den Gebäuden ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.03.2020 - 1 ME 154/19 -, Rn. 9, juris).
Legt man diese Maßstäbe zugrunde, vermag die Kammer bei summarischer Prüfung (noch) nicht zu erkennen, dass die Anzahl und Anordnung der Stellplätze bereits die Grenze der Zumutbarkeit überschreitet. In der Umgebung des Vorhabengrundstücks gibt es auf den östlich gelegenen Grundstücken Y. und AC. bereits Einstellplätze in den hinteren Grundstücksbereichen, wenngleich nicht in genau derselben Tiefe. Dabei handelt es sich jeweils um Garagen, die nicht straßenseitig, sondern nördlich der Wohnbebauung errichtet worden sind und damit bereits Verkehrslärm in die straßenabgewandten Gartenbereiche bringen. Ein bislang gänzlich ungestörter Ruhebereich liegt damit nicht vor. Zudem ist der Charakter der näheren Umgebung zu berücksichtigen. Wie bereits oben unter 1. dargelegt, liegt kein Allgemeines Wohngebiet vor, sondern eine Gemengelage, in der bereits störenden Nutzungen wie ein landwirtschaftlicher Betrieb, eine Gärtnerei und ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorhanden sind. Der Grad der gebotenen Rücksichtnahme ist in einer solchen Gemengelage geringer als in einem faktischen Allgemeinen Wohngebiet. Dass die Stellplätze von Lkws genutzt werden könnten, ist angesichts der geringe Breite der Zufahrt nicht zu erwarten, so dass von einer Nutzung nur durch herkömmliche Pkw zu rechnen ist. Gleichzeitig ist die Parkplatzfläche nicht so eng zugeschnitten, dass mit übermäßig viel Rangierverkehr zu rechnen sein wird. Die Zufahrt zu den Stellplätzen führt – soweit erkennbar – auch nicht entlang besonders geschützter Aufenthaltsbereiche auf dem Grundstück der Antragsteller zu 4.) und 5.). Vielmehr haben diese durch die Errichtung der Garage an ihrer westlichen Grundstücksgrenze etwa in Höhe des Endes der Zufahrt auf dem Vorhabengrundstück dort selbst ihren Stellplatzbedarf gedeckt. Zudem sind nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beigeladenen keine Aufenthaltsräume an der Grenze zum Vorhabengrundstück genehmigt. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Errichtung des Sichtschutzzauns zum Grundstück Y. und die Gestaltung des Abschlusses der Stellplatzfläche mit Hecken jedenfalls im gewissen Umfang zu einer Verringerung der Verkehrsgeräusche auf den Grundstücken der Antragsteller führen wird. Sollte es sich nach Aufnahme der Nutzung herausstellen, dass auf der Stellplatzfläche unerwartet viel Verkehrsbewegungen und Verkehrslärm zur nächtlichen Stunde entstehen, könnte diesem Umstand auch durch nachträgliche Nutzungsbeschränkungen Rechnung getragen werden.
Auch das weitere Argument der Antragsteller, dass die Anzahl der Stellplätze unzureichend bemessen sei, vermag dem Eilantrag nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Stellplatzberechnung orientiert sich an den Richtzahlen für den Einstellplatzbedarf, der nach Nr. 6.3 für sonstige Beherbergungsbetriebe einen Einstellplatz pro 2-6 Betten vorsieht. Dass die Antragsgegnerin auf dieser Grundlage für die geplanten 28 Betten die Anzahl von 8 notwendigen Stellplätzen und damit einen Stellplatz mehr als rechnerisch erforderlich festgesetzt hat, wenn man vom Mittelwert 4 Betten pro Stellplatz ausgeht, ist nicht zu beanstanden. Es ist für das Gericht auch nicht erkennbar, dass für das geplante Monteurwohnheim ausnahmsweise eine deutlich höhere Anzahl an Stellplätzen erforderlich wäre und deshalb mit erhöhtem Stellplatzsuchverkehr und damit mehr Verkehrslärm für die Antragsteller zu rechnen ist. Ausgangspunkt der Berechnungen ist die genehmigte Anzahl an Betten und für diese Bettenanzahl erscheinen 8 Stellplätze angemessen.
3. Darüber hinaus entfaltet die wahrnehmbare Baumasse des Vorhabens auch keine erdrückende Wirkung in Hinblick auf die Grundstücke der Antragsteller. Eine solche nimmt der Senat des OVG Lüneburg in ständiger Rechtsprechung erst dann an, wenn die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, das heißt dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnishofsituation hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dass das Vorhaben die bislang vorhandene Situation lediglich verändert, reicht nicht aus. Die in diesen Ausdrücken liegende „Dramatik“ ist ernst zu nehmen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.02.2022 - 1 ME 186/21 -, Rn. 9, juris mit Hinweis auf Senatsbeschl. v. 15.01.2007 - 1 ME 80/07 -, ZfBR 2007, 284 = Rn. 23, juris; v. 13.01.2010 - 1 ME 237/09 -, RdL 2010, 98 = Rn. 14, juris). In Hinblick auf die nördlich des Vorhabengrundstücks liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 1.) bis 3.) und 6.) und 7.), die im Wesentlichen nur die Giebelseite des Vorhabens wahrnehmen, liegt es auf der Hand, dass ein rund 10 Meter breiter Anbau ihre Grundstücke nicht quasi erdrückt. Nichts Anderes gilt für die Antragsteller zu 4.) und 5.), deren Grundstück zwar unmittelbar an das Vorhabengrundstück angrenzt und die damit theoretisch den direkten Blick auf den insgesamt knapp 25 Meter langen Baukörper aus Altbau und Anbau haben. Allerdings ist die Gebäudeflucht auf dem Grundstück Y. in der Summe von Haupt- und Nebengebäuden einschließlich Garagen vergleichbar lang wie die Bebauung auf dem Vorhabengrundstück. Da beide Gebäudekomplexe (abgesehen von der Grenzgarage auf dem Grundstück Y.) die vorgeschriebenen Grenzabstände einhalten und für die Antragsteller zu 4.) und 5.) auf ihrem Grundstück noch ausreichend Ausweichmöglichkeiten für eine „optische Erholung“ vom westlich gelegenen Bauvorhaben bleiben, kann eine erdrückende Wirkung nicht ernsthaft angenommen werden. Weitergehende Abwehransprüche können die Antragsteller aus der Masse und Kubatur des streitgegenständlichen Vorhabens nicht herleiten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, da sie sich mit ihrem Antrag einem Prozessrisiko ausgesetzt hat.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an dem in Nr. 7a) der Streitwertannahmen der mit Bau- und Immissionsschutzsachen befassten Senate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts für ab dem 01.06.2021 eingegangene Verfahren bezifferten Rahmen, so dass für jedes der insgesamt vier beteiligten Nachbargrundstücke jeweils ein Streitwert von 25.000 Euro anzusetzen ist, der nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NordÖR 2014, 11) für das Eilverfahren halbiert wird. In Hinblick auf die Antragsteller zu 1.) und 2.), zu 4.) und 5.) und zu 6.) und 7.) geht die Kammer davon aus, dass sie die streitgegenständliche Baugenehmigung jeweils als Rechtsgemeinschaft im Sinne von Nr. 1.1.3 anfechten, so dass sich der Streitwert nicht weiter erhöht.