Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.09.2018, Az.: 5 ME 104/18

Ausschärfende Betrachtung; Ausschärfung; kommissarische Dienstpostenübertragung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.09.2018
Aktenzeichen
5 ME 104/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74202
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 14.06.2018 - AZ: 2 B 2387/18

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

-Anwendbarkeit des Grundsatzes der "ausschärfenden Betrachtung" auch beim Vergleich von Anlassbeurteilungen niedersächsischer Lehrkräfte.

-Maßstab für die gerichtliche Überprüfung einer (vorhandenen) ausschärfenden Betrachtung; Verbot des Anstellens einer eigenen ausschärfenden Betrachtung durch das Gericht bei fehlender Ausschärfung.

-Unerheblichkeit einer kommissarischen Dienstpostenübertragung an den Mitbewerber vor dem Hintergrund eines möglichen Bewährungsvorsprungs, wenn dieser Mitbewerber ohnehin zur vertretungsweisen Wahrnehmung dieser Aufgaben berufen ist.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer - vom 14. Juni 2018 geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Beigeladenen unter Übertragung des im Schulverwaltungsblatt 3/2016 ausgeschriebenen Dienstpostens der „Leiterin/des Leiters der Abteilung 2 - Schule im Sinne des NSchG einschließlich der beruflichen Bildung (Studiendirektorin oder -direktor, Besoldungsgruppe A 15) im Landesbildungszentrum für G. B-Stadt“ zum Studiendirektor zu ernennen und ihn in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 einzuweisen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers vom 24. März 2016 bestandskräftig entschieden worden ist.

Der Antragsgegner und der Beigeladene tragen die Kosten des gesamten Verfahrens – also auch ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten – je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 38.089,56 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Ziel weiter, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die Stelle einer Studiendirektorin/eines Studiendirektors für die Leitung der Abteilung 2 Schule im Sinne des Niedersächsischen Schulgesetzes einschließlich der Beruflichen Bildung im Landesbildungszentrum für G. B-Stadt (Besoldungsgruppe A 15) mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Der im Jahr 1957 geborene Antragsteller steht im Statusamt eines Oberstudienrates (Besoldungsgruppe A 14) und ist beim Landesbildungszentrum für G. (H.) in B-Stadt als Lehrer und darüber hinaus seit Februar 2003 als Pädagogischer Leiter der Medienzentrale des H. tätig. Der im Jahr 1961 geborene Beigeladene steht ebenfalls im Statusamt eines Oberstudienrates und ist als Lehrer beim H. B-Stadt eingesetzt; er ist seit Dezember 2002 Leiter des Fachbereichs „Koordinierung klassenübergreifender Aufgaben im Sekundarbereich I“ und seit dem … 2006 zum ständigen Vertreter der Schulleiterin im Sinne des Niedersächsischen Schulgesetzes und zum Abwesenheitsvertreter der Leiterin der Abteilung 2 des H. - also zur Wahrnehmung der Vertretung in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Dienstposten - bestellt worden.

Nachdem im Schulverwaltungsblatt 3/2016 zum 31. März 2016 die oben angegebene Stelle ausgeschrieben worden war, bewarben sich hierauf neben dem Antragsteller und dem Beigeladenen als interne Bewerber ein weiterer - externer - Bewerber. Das Auswahlverfahren wurde im April 2016 mit Blick auf eine angestrebte Änderung des § 11 der Niedersächsischen Verordnung über die Laufbahn der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Bildung (NLVO-Bildung) ausgesetzt und nach erfolgter Änderung der Vorschrift im Januar 2017 wiederaufgenommen.

Mit Wirkung vom … 2017 übertrug der Antragsgegner dem Beigeladenen den ausgeschriebenen Dienstposten kommissarisch. Bereits mit Schreiben vom 12. April 2017 hatte sich der Antragsteller an den Antragsgegner gewandt und geltend gemacht, in der kommissarischen Stellenübertragung an den Beigeladenen eine „Wettbewerbsverschlechterung“ zu seinen Lasten zu sehen, weil der Beigeladene während des Bewerbungsverfahrens wesentlich mehr Möglichkeiten habe, sich im Hinblick auf den ausgeschriebenen Dienstposten „inhaltlich vorzubereiten“, als dies beim Antragsteller der Fall sei. Hierauf teilte der Antragsgegner dem Antragsteller unter dem 3. Mai 2017 mit, dass er die geäußerten Bedenken hinsichtlich einer Wettbewerbsverschlechterung zu Lasten des Antragstellers nicht teile. Nach Feststellung des Vorliegens der persönlichen Voraussetzungen der Bewerber werde die dienstliche Beurteilung als wesentliches Auswahlkriterium zugrunde gelegt. Unterschiedliche Statusämter bzw. Entgeltgruppen der Bewerber seien dabei zu berücksichtigen; die kommissarische Übertragung eines Funktionsamtes hingegen habe keinen Einfluss auf die Auswahlentscheidung.

Ende Juli 2017 nahm der externe Mitbewerber um die ausgeschriebene Stelle seine Bewerbung zurück.

In der aus Anlass seiner Bewerbung erstellten dienstlichen Beurteilung vom … 2017 (Beurteilungszeitraum: … 2014 bis … 2017) erhielt der Antragsteller das Gesamturteil „übertrifft erheblich die Anforderungen“ (= zweitbeste von insgesamt fünf Notenstufen) und die Eignungsaussage „Die Lehrkraft ist für die angestrebte Funktion geeignet“. Grundlage der Anlassbeurteilung waren zwei Beurteilungsbeiträge, die am 7. September 2017 erfolgte Besichtigung einer Unterrichtsstunde des Antragstellers, die am 7. September 2017 erfolgte Beratung einer Lehrkraft sowie die Leitung einer Konferenz durch den Antragsteller sowie ein mit dem Antragsteller am 7. September 2017 geführtes und auf die Eignung für die angestrebte Funktion bezogenes Gespräch. Auch der Beigeladene wurde aus Anlass seiner Bewerbung um die streitgegenständliche Stelle dienstlich beurteilt. Der Beigeladene erhielt in seiner dienstlichen Beurteilung vom … 2017 (Beurteilungszeitraum: … 2014 bis … 2017) ebenfalls das Gesamturteil „übertrifft erheblich die Anforderungen“ und die Eignungsprognose „für die angestrebte Funktion geeignet“. Grundlage jener (Anlass-)Beurteilung waren ein Beurteilungsbeitrag und - wie beim Antragsteller - ein Besuch des eigenen Unterrichts des Beigeladenen, die Beratung einer Lehrkraft und die Leitung einer Konferenz durch den Beigeladenen sowie ein mit dem Beigeladenen geführtes eignungsbezogenes Gespräch, allesamt erfolgt am 30. August 2017.

Der Antragsgegner führte am 24. Januar 2018 mit beiden Bewerbern Auswahlgespräche; die Auswahlkommission bestand aus 6 stimmberechtigten Mitgliedern, die hinsichtlich der Teilaufgaben jeweils maximal festgelegte Punktzahlen - für alle Aufgaben insgesamt maximal 100 Punkte - vergeben konnten. Der Antragsteller erreichte durchschnittlich 54,24 Punkte (von möglichen 100 Punkten), der Beigeladene hingegen eine durchschnittliche Punktzahl von 63,51.

Ende Januar 2018 entschied der Antragsgegner abschließend, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Im Auswahlvermerk vom 26. Januar 2018 heißt es wörtlich:

„Die Auswahlentscheidung hat sich zunächst an Art. 33 [Abs. 2] GG, § 9 BeamtStG auszurichten; dabei wird das den Rechtsvorschriften zugrunde liegende Prinzip der Bestenauslese regelmäßig an den aktuellen Beurteilungen orientiert.

Für die beiden verbliebenen Bewerber liegen dienstliche Beurteilungen für den Zeitraum vom …2014 bis zum …2017 vor. Beiden Bewerbern wurde das Gesamturteil „übertrifft erheblich die Anforderungen“ zuerkannt.

Da aufgrund der vorliegenden, vom Ergebnis her […] gleichen Beurteilungen eine Auswahl für die Besetzung des Dienstpostens nicht möglich war, wurde im Rahmen eines strukturierten Auswahlgesprächs am 24.01.2018 ein Assessment-Center durchgeführt.

Das Assessment-Center bestand aus den Teilen Vortrag, strukturierte[m] Interview und gemeinsamer Diskussion zu einem fachlichen Schwerpunkt.

Insgesamt gliederte sich das Verfahren in drei Aufgabenbereiche. Die Bewerber hatten vor den ersten beiden Aufgabenstellungen 15 bzw. 30 Minuten Vorbereitungszeit.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Assessment-Centers wird auf den anliegenden Ablaufplan verwiesen.

Inhaltlich wurde die fachliche Kompetenz bezogen auf den ausgeschriebenen Dienstposten geprüft. Dabei wurden auch insgesamt 4 persönliche Kompetenzen hinsichtlich Führung, Personalentwicklung und Sozialverhalten beobachtet und bewertet. Die zu erreichende Höchstpunktzahl lag bei 100 Punkten. […]

Die für die Auswahlentscheidung relevanten Daten sind in der folgenden Übersicht dargestellt und führen zu folgendem Endergebnis:

Name

Erreichte durchschnittliche Punktzahl

Teil 1

Teil 2

Teil 3

Endergebnis

[Antragsteller]

13,67

19,16

21,5

54,33

[Beigeladener]

13,67

28,83

21,01

63,51

Hinsichtlich der Einzelergebnisse in den drei Teilbereichen wird auf die anliegende Auswertungstabelle verwiesen.

Der [Beigeladene] hat das beste Ergebnis erzielt.“

Mit Schreiben vom 1. März 2018 - dem Antragsteller zugegangen am 5. März 2018 - teilte der Antragsgegner mit, dass beabsichtigt sei, den ausgeschriebenen Dienstposten „unter Einbeziehung der vorliegenden Beurteilungen und dem Ergebnis des durchgeführten strukturierten Auswahlgesprächs vom 24.01.2018“ dem Beigeladenen zu übertragen.

Am 28. März 2018 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht Hannover um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung sei unter mehreren Gesichtspunkten fehlerhaft. Es sei entweder keine umfassende inhaltliche Auswertung der dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen erfolgt, oder jedenfalls sei diese nicht dokumentiert worden. Wenn eine solche ausschärfende Betrachtung durchgeführt worden wäre, hätte diese einen relevanten Leistungsvorsprung des Antragstellers ergeben mit der Folge, dass er hätte ausgewählt werden müssen, so dass es der Durchführung eines strukturierten Auswahlgesprächs nicht (mehr) bedurft hätte. Im Hinblick auf alle Beurteilungsteile sowie die zusammenfassende Bewertung weise der Antragsteller einen Leistungsvorsprung auf. Ungeachtet dessen sei dem Antragsteller zugesichert worden, dass der Beigeladene aus der kommissarischen Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens keine Vorteile in Bezug auf das Auswahlverfahren haben werde. Dennoch seien im zweiten Teil des Auswahlgesprächs, in dem der Antragsteller deutlich schlechter als der Beigeladene bewertet worden sei, Inhalte abgefragt worden, welche auf die Aufgabenstellung eines Schulleiters im H. zugeschnitten gewesen seien. Durch die kommissarische Aufgabenwahrnehmung habe der Beigeladene insoweit einen rechtswidrigen Vorteil erlangt; die Zusage, dass sich die Wettbewerbschancen des Antragstellers nicht verschlechtern würden, sei also nicht eingehalten worden. Schließlich seien die Ergebnisse des Assessment-Center-Verfahrens nicht ausreichend dokumentiert worden.

Der Antragsgegner ist dem Eilantrag entgegengetreten und hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, er habe sich - weil beide Bewerber in ihren dienstlichen Anlassbeurteilungen dasselbe Gesamturteil und dieselbe Eignungsaussage erhalten hätten - dazu entschieden, zur dienstpostenbezogenen Abgrenzung ein strukturiertes Auswahlgespräch durchzuführen. Bei wesentlich gleichen Gesamturteilen könne der Dienstherr die Kandidaten im Anschluss an einen Vergleich der Gesamturteile anhand der für das Beförderungsverfahren wesentlichen Einzelaussagen weiter vergleichen. Ein eindeutiger Vorsprung eines Bewerbers aufgrund der textlichen Ausführungen der Beurteilungen habe indes auch im Wege der Binnendifferenzierung nicht gesehen werden können. Hinsichtlich der Beurteilungsteile „Unterrichtsbesichtigung“ und „Leitung einer Konferenz“ sei ein Vorsprung eines der beiden Bewerber nicht erkennbar. Bei den Beurteilungsteilen „Beratung einer Lehrkraft“ und „auf die Eignung für die angestrebte Funktion bezogenes Gespräch“ sei hingegen eher ein Leistungsvorsprung für den Beigeladenen zu erkennen; dies gelte auch für die zusammenfassenden Aussagen am Ende der Anlassbeurteilungen. Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass eine überwiegende Anzahl der textlichen Ausführungen in den Beurteilungen Synonyme seien, welche die gleiche Wertigkeit besäßen. Aufgrund der Ergebnisse und der inhaltlichen Aussagen der Anlassbeurteilungen sei eine abschließende Auswahlentscheidung nicht möglich gewesen. Wegen der im Ergebnis wesentlich gleichen Beurteilungen sei daher entschieden worden, ein strukturiertes Auswahlgespräch durchzuführen. Die Konzeption des strukturierten Auswahlgesprächs sei unter Berücksichtigung der in der Ausschreibung genannten Voraussetzungen für die Besetzung des Dienstpostens erstellt worden. Es sei daher davon auszugehen, dass sich beide Bewerber intensiv mit der Stellenausschreibung auseinandergesetzt und eine Vorstellung von den Aufgaben des Dienstpostens entwickelt hätten. Beide Bewerber seien hiermit bereits in dem Beurteilungsteil „auf die Eignung für die angestrebte Funktion bezogenes Gespräch“ konfrontiert worden. Deshalb hätten beide Bewerber dieselben Voraussetzungen gehabt, sich die Aufgaben eines Schulleiters im H. zu vergegenwärtigen. Die Dokumentation des Assessment-Centers genüge den in der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts aufgestellten Grundsätzen. Sowohl Inhalte als auch zu erreichende Punkte seien in der Konzeption festgelegt und die Ergebnisse der Mitglieder der Auswahlkommission in entsprechenden Bewertungstabellen festgehalten worden.

Der Beigeladene hat - unter Stellung eines Ablehnungsantrags - die Auffassung vertreten, dass eine ausschärfende Betrachtung der dienstlichen Anlassbeurteilungen keine am Leistungsgrundsatz festmachbaren Unterschiede ergebe. Beide Bewerber seien absolut gleich beurteilt worden; jede andere Sichtweise stelle eine Überinterpretation der textlichen Ausführungen dar. Der Antragsgegner habe im gerichtlichen Verfahren in zulässiger Weise nachgetragen, sich zur Durchführung eines strukturierten Auswahlverfahrens entschieden zu haben, weil eine ausschärfende Betrachtung nicht zu einem eindeutigen Vorsprung eines der Bewerber geführt habe. Jedenfalls aber würde - wenn der Antragsgegner den Grundsatz der ausschärfenden Betrachtung verletzt hätte - dieser Fehler nicht zum Erfolg des Eilantrags führen. Diesem wäre nämlich nur dann stattzugeben, wenn eine Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers zumindest möglich wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil sich Leistungsunterschiede aus den vorliegenden Beurteilungen nicht herauslesen ließen und selbst bei einem geringen Leistungsvorsprung des Antragstellers die Durchführung des Assessment-Centers gerechtfertigt gewesen wäre. Die von der Auswahlkommission gewählte Fragestellung bei Aufgabe 2 des Assessment-Centers sei rechtlich nicht zu beanstanden. Wenn es um die Besetzung des Dienstpostens eines Schulleiters gehe, begegne es keinen Bedenken, die Kenntnisse und Fähigkeiten, die zur Ausfüllung des Dienstpostens erforderlich seien, zum Gegenstand des strukturierten Auswahlgesprächs zu machen. Wenn dem Beigeladenen insoweit ein Bewährungsvorsprung erwachsen wäre, sei es nach dem Leistungsgrundsatz gerade geboten, diesen zu berücksichtigen. Die Dokumentation des Assessment-Centers sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 14. Juni 2018 - dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 20. Juni 2018 - abgelehnt. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, welcher der Antragsgegner entgegentritt. Der Beigeladene ist der Beschwerde - unter Stellung eines Zurückweisungsantrags - ebenfalls entgegengetreten.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im tenorierten Sinne.

1. Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf abgehoben (Beschlussabdruck - BA -, S. 4), dass Auswahlentscheidungen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3). Erweist sich anhand dieses Maßstabs die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

Wie die Vorinstanz ebenfalls zu Recht herausgestellt hat (BA, S. 4f.), ergibt sich der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 21; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 10).

Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 23.5.2014 - 5 ME 61/14 -), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachliche Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte abstellen. So kann sie zum Beispiel der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren dienstlichen Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - BVerwG 2 VR 5.12 -, juris Rn. 25, 37). Es ist aber auch nicht zu beanstanden, auf das leistungsbezogene Erkenntnismittel eines so genannten strukturierten Auswahlgesprächs zurückzugreifen (BVerwG, Beschluss vom 27.4.2010 - BVerwG 1 WB 39.09 -, juris Rn 39; Nds. OVG, Beschluss vom 16.12.2014 - 5 ME 177/14 -, juris Rn. 29; Beschluss vom 1.4.2016 - 5 ME 23/16 -; Beschluss vom 11.7.2016 - 5 ME 76/16 -; Beschluss vom 1.12.2016 - 5 ME 153/16 -, juris Rn 23).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht.

a) Das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck - BA -, S. 5) hat die streitgegenständliche Auswahlentscheidung zutreffend für fehlerhaft gehalten, weil der Antragsgegner nach der Feststellung, die auf dasselbe Statusamt bezogenen dienstlichen Beurteilungen beider Bewerber wiesen dasselbe Gesamturteil auf, nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - eine ausschärfende Betrachtung dieser Anlassbeurteilungen vorgenommen, sondern mit den Bewerbern sogleich strukturierte Auswahlgespräche („Assessment-Center“) durchgeführt hat; jedenfalls aber wäre - wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht festgestellt hat, eine solche ausschärfende Betrachtung nicht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechend dokumentiert worden, so dass auch mit Blick auf diesen Gesichtspunkt ein Auswahlfehler vorliegt.

Wie sich dem Auswahlvermerk vom 26. Januar 2018 (Bl. 159f./Beiakte 001, Bd. 1) entnehmen lässt, ist der Antragsgegner allein aufgrund des Vergleichs der Gesamturteile beider Anlassbeurteilungen von im Wesentlichen gleichen Beurteilungen ausgegangen; eine inhaltliche Auswertung der Beurteilungen dahingehend, ob einem der beiden Bewerber gegenüber dem Mitbewerber ein Leistungsvorsprung zukommt, ist nicht vorgenommen worden.

Entgegen der Auffassung des Beigeladenen (Erwiderung - EW - vom 26.7.2018, S. 1f. Bl. 190f./GA]) ist eine solche Ausschärfung nicht lediglich dann erforderlich, wenn die insoweit maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien - wie etwa im Bereich der niedersächsischen Polizei oder der niedersächsischen Justiz - Einzelleistungsmerkmale mit jeweils anzukreuzenden Notenstufen vorsehen mit der Folge, dass Beurteilungen, die - wie im Bereich niedersächsischer Lehrkräfte - keine anzukreuzenden Notenstufen für einzelne Beurteilungsmerkmale vorsehen, einer ausschärfenden Betrachtung nicht zugänglich seien. Diese Position findet in dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz zur ausschärfenden Betrachtung - „Sind Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr zunächst die Beurteilung unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.6.2011 - BVerwG 2 C 19.10 -, juris Rn. Rn. 17; Beschluss vom 19.12.2014 - BVerwG 2 VR 1.14 -, juris Rn. 35) - keine Stütze. „Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien“ können auch vorliegen, wenn einzelne Beurteilungsbestandteile, wie etwa im Bereich der Beurteilung niedersächsischer Lehrkräfte die Teile „Beratung einer Lehrkraft“ oder „Unterrichtsbesichtigung“, welche jeweils textlich zu würdigen sind, unterschiedlich bewertet wurden. Dementsprechend hat der beschließende Senat die im Bereich der Beurteilungen niedersächsischer Lehrkräfte zu bewertenden Gesichtspunkte „Unterrichtsbesichtigung“, „Beratung einer Lehrkraft“, „Leitung einer Konferenz“ und „eignungsbezogenes Gespräch“ als Einzelleistungsmerkmale bezeichnet, anhand derer eine „Ausschärfung“ zu erfolgen habe (Nds. OVG, Beschluss vom 1.6.2018 - 5 ME 47/18 - n. v., BA, S. 24f.).

Der Beigeladene kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen (so EW vom 26.7.2018, S. 2 [Bl. 191/GA]), der Antragsgegner habe im verwaltungsgerichtlichen (Eil-)Verfahren in zulässiger Weise ergänzt, dass sich den textlichen Ausführungen der Anlassbeurteilungen ein eindeutiger Vorsprung eines der beiden Bewerber nicht entnehmen lasse.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Senats folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen in den Akten schriftlich niederzulegen (BVerfG, Beschluss vom 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 25.11.2011 - 2 BvR 2305/11 -, juris Rn. 12; BVerwG, Beschluss vom 26.3.2015 - BVerwG 1 WB 26.14 -, juris Rn. 37; Nds. OVG, Beschluss vom 7.2.2013 - 5 ME 256/12 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 3.9.2015 - 5 ME 163/15 -; Beschluss vom 23.11.2017 - 5 ME 196/17 -); nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen, deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggf. durch Akteneinsicht verschaffen kann, wird eine sachgerechte Kontrolle durch den Mitbewerber und ggf. durch das Gericht ermöglicht. Da es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Auswahlentscheidung regelmäßig auf den Zeitpunkt der Bewerberauswahl ankommt, überprüfen die Verwaltungsgerichte die Erwägungen des Dienstherrn hinsichtlich der Eignung der Kandidaten, wie sie zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung dokumentiert werden. Insoweit ergibt sich weder aus dem Auswahlvermerk vom 26. Januar 2018 (Bl. 159f./Beiakte 001, Bd. 1) noch aus dem Auswahlvorgang, soweit er den Zeitraum bis zum Ergehen der Auswahlentscheidung Ende Januar 2018 betrifft, dass der Antragsgegner eine ausschärfende Betrachtung vorgenommen hätte. Auswahlerwägungen können zwar - in entsprechender Anwendung des § 114 Satz 2 VwGO - im gerichtlichen Verfahren ergänzt werden; unzulässig - weil keine bloße Ergänzung - ist jedoch die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Auswahlentscheidung tragenden Gründe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - BVerwG 1 WB 19.08 -, juris Rn. 46; Nds. OVG, Beschluss vom 18.2.2016 - 5 ME 2/16 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 22.3.2016 - 5 ME 15/16 -). Eine solche - unzulässige - Nachholung nicht bis zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung dokumentierter Auswahlerwägungen im gerichtlichen Verfahren liegt hier jedoch in Bezug auf die Frage, ob und mit welchem Ergebnis eine ausschärfende Betrachtung stattgefunden hat, vor. Dies unterscheidet den Streitfall von derjenigen Sachverhaltskonstellation, die dem - vom Beigeladenen zitierten (EW vom 26.7.2018, S. 2 [Bl. 191/GA]) - Beschluss des Senats vom 22. März 2016 (- 5 ME 15/16 -) zugrunde lag. Denn dort war eine ausschärfende Betrachtung hinsichtlich sämtlicher Beurteilungsmerkmale - also nicht nur im Hinblick auf die vier im Auswahlvermerk aufgeführten - erfolgt, so dass in Bezug auf die übrigen Merkmale eine Ergänzung der ausschärfenden Betrachtung im gerichtlichen Verfahren möglich war.

b) Ist das Verwaltungsgericht somit (wegen der nicht erfolgten bzw. zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht dokumentierten Ausschärfung der Anlassbeurteilungen beider Bewerber) zutreffend von einem Fehler der Auswahlentscheidung ausgegangen, hält indes seine weitere Feststellung (BA, S. 5 bis 7) - auch bei Durchführung einer ausschärfenden Betrachtung erschiene die Auswahl des Antragstellers nicht möglich - der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht stand.

Die Vorinstanz (BA, S. 5) hat zur Frage der gerichtlichen Überprüfbarkeit von ausschärfenden Betrachtungen des Dienstherrn zu Recht herausgestellt, dass entsprechende Erwägungen nur auf ihre Plausibilität hin kontrollierbar sind (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 22). Wenn der Dienstherr also mit Blick auf das Anforderungsprofil des ausgeschriebenen Dienstpostens eine ausschärfende Betrachtung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber vornimmt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 1.12.2016 - 5 ME 153/16 -, juris Rn. 46ff.; Beschluss vom 3.1.2017 - 5 ME 157/16 -, Rn. 59ff.) und insoweit einen Leistungsvorsprung einer der Bewerber ermittelt, überprüfen die Verwaltungsgerichte mit Blick auf den dem Dienstherrn bei Auswahlentscheidungen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum nur, ob diese Einschätzung plausibel, nicht aber, ob sie „inhaltlich richtig“ ist. Wenn indes - wie hier - eine ausschärfende Betrachtung in Gänze fehlt bzw. nicht dokumentiert ist, dürfen die Verwaltungsgerichte vor dem Hintergrund des bestehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraums des Dienstherrn keine eigene ausschärfende Betrachtung der Bewertungen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber vornehmen (Nds. OVG, Beschluss vom 14.11.2013, a. a. O., Rn. 22). Auch hierauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen (BA, S. 5).

Die weitere Feststellung des Verwaltungsgerichts - wenn eine ausschärfende Betrachtung fehle bzw. nicht dokumentiert sei, müsse im Rahmen der Prüfung, ob dieser Fehler dazu führe, dass die Auswahl des unterlegenen Bewerbers möglich sei, eine „Offensichtlichkeitskontrolle“ stattfinden, d. h. eine Auswahl des unterlegenen Bewerbers sei allein dann möglich, wenn er bei einer vergleichenden Durchsicht „der Einzelmerkmale der Beurteilungen als offensichtlich besser beurteilt wirkt als der Beigeladene“ - begegnet jedoch rechtlichen Bedenken. Der Ansatz, dass eine ausschärfende Betrachtung nur dann zu einem maßgeblichen Leistungsvorsprung eines Bewerbers führen könne, wenn ein Bewerber in allen Einzelleistungsmerkmalen „offensichtlich“ - also deutlich - besser beurteilt wurde als der Mitbewerber, schränkt den Beurteilungsspielraum des Dienstherrn in unzulässiger Weise ein. Der Dienstherr kann schon bei einer - aus seiner Sicht - lediglich geringfügig besseren Bewertung einzelner Einzelleistungsmerkmale („Nuance“) einen Leistungsvorsprung des betreffenden Bewerbers annehmen. Ob er dies tut oder ob er darauf abhebt, es liege nach der ausschärfenden Betrachtung zweier nach dem Gesamturteil wesentlich gleicher dienstlicher Beurteilungen zwar ein leichter Vorsprung eines Bewerbers vor, dieser werde aber nicht als maßgeblich angesehen (vgl. etwa den Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 11. Juli 2016 - 5 ME 76/16 - zugrunde lag), liegt in seinem Ermessen und hängt u. a. auch davon ab, ob er einem bestimmten Kriterium des Anforderungsprofils ein besonderes Gewicht beimisst. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners (Antragserwiderung - AE - vom 23.4.2018, S. 3 [Bl. 50/GA]) muss sich also aus der ausschärfenden Betrachtung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber kein „eindeutiger“ Vorsprung eines Mitbewerbers ergeben, damit schon auf der ersten Stufe der Prüfung - dem Beurteilungsvergleich - ein Leistungsvorsprung festgestellt werden kann.

Soweit der Beigeladene den verwaltungsgerichtlichen Ansatz durch die Ausführungen des beschließenden Senats in dessen Beschluss vom 11. Juli 2016 (- 5 ME 76/17 -, BA, S. 17) bestätigt sieht (EW vom 26.7.2018, S. 3 [Bl. 192/GA]), überzeugt diese Sichtweise nicht. Denn jener - eine Beförderungsstelle im niedersächsischen Schuldienst betreffenden - Entscheidung lag eine Sachverhaltskonstellation zugrunde, welche mit der des Streitfalles nicht vergleichbar ist. Auch die dortige Auswahlentscheidung, die zwei im selben Statusamt stehende Bewerber betraf, die in ihrer jeweiligen Anlassbeurteilung dasselbe Gesamturteil erhalten hatten, war zwar letztlich auf das Ergebnis strukturierter Auswahlgespräche gestützt worden. In jener Auswahlentscheidung war jedoch eine ausschärfende Betrachtung der Beurteilungen vorgenommen (und dokumentiert) worden mit dem Ergebnis, das die dienstliche Beurteilung des dortigen Beigeladenen „etwas besser“ sei als die des Antragstellers; für den dortigen Dienstherrn war dieser Leistungsvorsprung jedoch nicht ausschlaggebend gewesen. Einziger Fehler jener Auswahlentscheidung war der Umstand gewesen, dass einer der vier Teile der Anlassbeurteilung des dortigen Beigeladenen fehlerhaft war. Vor dem Hintergrund dieses Sachverhalts hat der Senat seinerzeit ausgeführt, dass der festgestellte Beurteilungsfehler nur dann Einfluss auf die Auswahlentscheidung haben könne, wenn eine Wiederholung dieses Teils und eine sodann erfolgende Neubeurteilung des dortigen Beigeladenen unter Einbeziehung der übrigen, jeweils eigenständigen (drei) Beurteilungsteile dazu führen könnte,

·dass entweder das Gesamturteil in der dienstlichen Beurteilung des dortigen Beigeladenen um eine Notenstufe schlechter ausfiele,
·oder jedenfalls dazu, dass das Gesamturteil zwar gleich bliebe, die dienstliche Beurteilung des dortigen Beigeladenen aber im Vergleich zur dienstlichen Beurteilung des dortigen Antragstellers in den „Binnendifferenzierungen“ deutlich schlechter ausfiele,

denn nur in diesen Fällen wäre eine Auswahl des dortigen Antragstellers möglich, ohne dass es auf die - im dortigen Beschwerdeverfahren nicht mehr angegriffenen - Ergebnisse der strukturierten Auswahlgespräche ankäme. An einer solchen ausschärfenden Betrachtung mit dem Ergebnis eines - wenn auch nur geringfügigen - Vorteils des Beigeladenen fehlt es hier jedoch.

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat derzeit nicht festzustellen, dass bei einer erneuten Auswahlentscheidung des Antragsgegners unter Berücksichtigung einer ausschärfenden Betrachtung die Auswahl des Antragstellers praktisch ausgeschlossen wäre. Denn es erscheint - so versteht der Senat die Ausführungen des Antragstellers auf Seite 3 seiner Beschwerdebegründung (BB) vom 12. Juli 2018 (Bl. 178/GA) - aufgrund des bei der Auswahlentscheidung bestehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraums des Dienstherrn und der hieraus folgenden eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrollbefugnis jedenfalls nicht unmöglich, dass der Antragsgegner aus einzelnen Formulierungen der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers - etwa in Bezug auf die Beurteilungsteile „Unterrichtsbesichtigung“ und/oder „Beratung einer Lehrkraft“ - (plausibel) auf einen, wenn auch nur in Nuancen bestehenden, Leistungsvorsprung des Antragstellers schließt und diesen Leistungsvorsprung - mit Blick auf einzelne oder mehrere Aspekte des (fakultativen) Anforderungsprofils, wie es sich aus der Stellenausschreibung ergibt - für maßgeblich hält, um hierauf die Auswahlentscheidung zu stützen.

3. Der Antragsteller hat - durch seine unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Rechtsprechung erfolgten Ausführungen zur fehlenden Chancengleicheit im Auswahlverfahren durch kommissarische Dienstpostenübertragung (BB vom 12.7.2018, S. 4 [Bl. 179/GA]) - auch (gerade noch hinreichend) dargelegt, dass ein Anordnungsgrund vorliege. Ein solcher ist hier gegeben.

Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats besteht für eine einstweilige Anordnung gegen die Besetzung einer Beförderungsstelle mit einem Konkurrenten regelmäßig ein Anordnungsgrund, weil die Ernennung des Konkurrenten im Falle der Feststellung, dass dieser sich auf der Beförderungsstelle bewährt hat, (grundsätzlich) unumkehrbar wäre und der Konkurrent selbst im Falle der zeitnahen Übertragung nur des umstrittenen Dienstpostens (im laufenden Auswahlverfahren) noch immer die Möglichkeit hätte, auf der streitigen Stelle einen Bewährungsvorsprung vor dem unterlegenen Bewerber zu erlangen (Nds. OVG, Beschluss vom 20.2.2008 - 5 ME 505/07 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 10.4.2012 - 5 ME 44/12 -, juris Rn. 11). Hieran hat der Senat auch mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur möglichen „Ausblendung“ eines etwaigen Bewährungsvorsprungs mittels „fiktiver Beurteilungsfortschreibung“ (Beschluss vom 10.5.2016 - BVerwG 2 VR 2.15 -, juris) festgehalten (zuletzt: Nds. OVG, Beschluss vom 1.8.2018 - 5 ME 105/18 -). Im Streitfall liegt ein Anordnungsgrund unter dem Gesichtspunkt der Unumkehrbarkeit einer etwaigen Ernennung des Beigeladenen vor. Dem Beigeladenen ist zwar während des laufenden Auswahlverfahrens - nämlich mit Wirkung vom … 2017 - der streitgegenständliche Dienstposten kommissarisch übertragen worden. Er war jedoch bereits mit Wirkung vom … 2006 zum ständigen Vertreter der Schulleiterin im Sinne des Niedersächsischen Schulgesetzes und zum Abwesenheitsvertreter der Leiterin der Abteilung 2 des H. - also zur Wahrnehmung der Abwesenheitsvertretung in Bezug auf den ausgeschriebenen Dienstposten - bestimmt worden; die Wahrnehmung dieser Aufgaben bei (ggf. auch längerer) Abwesenheit der seinerzeitigen Amtsinhaberin gehört also gerade zu den Aufgaben, die der Beigeladene im Rahmen seiner - nach der Besoldungsgruppe A 14 bewerteten - Funktionsstelle mit wahrzunehmen hat (vgl. Bl. 134/Beiakte 001, Bd. 3). Hieran hat der Umstand, dass dem Beigeladenen die Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens mit Wirkung vom … 2017 kommissarisch übertragen worden sind, nichts Substantielles geändert. Wäre diese Regelung nicht getroffen worden, hätte der Beigeladene die entsprechenden Aufgaben bis zum Abschluss des Stellenbesetzungsverfahrens weiterhin als hierzu im Jahr 2006 bestellter Vertreter wahrzunehmen gehabt, so dass eine „ungerechtfertigte“ Aufgabenwahrnehmung im Auswahlverfahren, welche im beamtenrechtlichen Eilverfahren ein Grund für die Bejahung eines Anordnungsgrundes ist bzw. zum Erlass einer Zwischenentscheidung, gerichtet auf „Herunternahme“ von diesem Dienstposten, führen kann (zu einer solchen Fallgestaltung vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 1.8.2018 - 5 ME 105/18 -), im Streitfall nicht vorliegt. Dementsprechend lässt sich hier mit dem Gesichtspunkt der Verhinderung eines etwaigen Bewährungsvorsprungs zur Begründung eines Anordnungsgrundes nicht argumentieren, sondern nur - wie bereits dargelegt - mit dem Gesichtspunkt der Unumkehrbarkeit der etwaigen Ernennung des Beigeladenen.

4. Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen und zur Vermeidung etwaigen weiteren Rechtsstreits weist der Senat darauf hin, dass der Einwand des Antragstellers, im Assessment-Center sei im Verhältnis zu ihm der Grundsatz der Chancengleichheit missachtet worden, weil der Beigeladene bereits seit geraumer Zeit den ausgeschriebenen Dienstposten kommissarisch innehabe, nicht durchgreift.

Der Feststellung des Verwaltungsgerichts, es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner das strukturierte Auswahlgespräch an dem in der Stellenausschreibung formulierten Anforderungsprofil ausgerichtet habe (BA, S. 8), ist der Antragsteller in seiner Beschwerdeerwiderung nicht entgegengetreten; sie begegnet im Übrigen auch keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 3.1.2017 - 5 ME 157/16 -, juris Rn. 64 m. w. Nw.).

Der Senat teilt zwar die Rechtsauffassung des Antragstellers, das die kommissarische Wahrnehmung eines ausgeschriebenen Dienstpostens durch den (ausgewählten) Mitbewerber grundsätzlich die Möglichkeit eines Bewährungsvorsprungs - zumindest faktischer Art - in sich birgt, der im weiteren Auswahlverfahren nicht ohne Weiteres „ausgeblendet“ werden kann. Deshalb liegt im beamtenrechtlichen Eilverfahren zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Mitbewerbers ein Anordnungsgrund auch dann vor, wenn einem Mitbewerber, der die Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens bislang nicht wahrgenommen hat, dieser Dienstposten im laufenden Auswahlverfahren „nur“ kommissarisch übertragen wird, denn dieser Mitbewerber kann im Falle des Obsiegens des unterlegenen Mitbewerbers in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zwar von jenem Posten wieder „heruntergenommen“ werden, ein etwaiger Bewährungsvorsprung bliebe aber - zumindest faktisch - bestehen (vgl. zuletzt Nds. OVG, Beschluss vom 1.8.2018 - 5 ME 105/18 -; BA, S. 11ff.). Aus diesen Grundsätzen kann der Antragsteller jedoch für den Streitfall, in dem die vertretungsweise Wahrnehmung der Geschäfte des streitgegenständlichen Dienstpostens gerade zu den regulären Dienstaufgaben des Beigeladenen gehört, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Hätte der Antragsgegner die kommissarische Dienstpostenübertragung nicht getroffen, dann hätte der Beigeladene dessen Aufgaben weiterhin als Vertreter im Rahmen seiner Funktionsstelle wahrgenommen; einen diesbezüglichen - faktischen - Bewährungsvorsprung des Beigeladenden hätte der Antragsteller - wie jeder Bewerber, der im Hinblick auf einen zu besetzenden Dienstposten mit dem diesbezüglichen Stellvertreter konkurriert - hinzunehmen gehabt. Bei dieser Sachlage ist die während des Auswahlverfahrens mit Wirkung vom … 2017 (und eventuell mit Blick auf besoldungsrechtliche Folgen) erfolgte kommissarische Dienstpostenübertragung nicht geeignet, zu Lasten des Antragstellers einen ungerechtfertigten Nachteil im Auswahlverfahren zu begründen.

Soweit sich der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren auf das Schreiben des Antragsgegners vom 3. Mai 2017 (Bl. 113/Beiakte 001, Bd. 1) berufen und geltend gemacht hat, die dortige Zusage sei nicht eingehalten worden, ist bereits fraglich, ob die in diesem Schreiben enthaltene, äußerst kurze Passage mit dem Wortlaut „Die kommissarische Übertragung eines Funktionsamtes hingegen hat keinen Einfluss auf die Auswahlentscheidung“, als Zusage dahingehend zu verstehen ist, dem Beigeladenen werde aus der Wahrnehmung der Aufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens gegenüber dem Antragsteller im laufenden Auswahlverfahren kein Vorteil erwachsen. Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass der Antragsgegner eine entsprechende Zusage gemacht hätte, wäre diese rechtswidrig, weil niemals ausgeschlossen werden kann, dass aus der tatsächlichen Wahrnehmung der Aufgaben eines ausgeschriebenen Dienstpostens jedenfalls ein faktischer - nicht auszublendender - Erfahrungsvorsprung erwächst. Im Streitfall ist dieser mögliche Erfahrungsvorsprung jedoch durch den Umstand, dass die vertretungsweise Wahrnehmung der Aufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens zu den regulären Dienstgeschäften des Beigeladenen gehört, gerechtfertigt, so dass sich insoweit in Bezug auf die Durchführung des Assessment-Centers ein Auswahlfehler (in Gestalt der Verletzung des Gebots des fairen Verfahrens) nicht feststellen lässt. Dass das Assessment-Center in Bezug auf seine Dokumentation nicht den maßgeblichen Anforderungen genüge, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend gemacht; ungeachtet dessen vermag auch der beschließende Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht (BA, S. 7f.) - einen Dokumentationsfehler nicht zu erkennen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 VwGO.

Der Antragsgegner und der Beigeladene tragen die Kosten des gesamten Verfahrens - also auch die jeweiligen außergerichtlichen Kosten - je zur Hälfte (§ 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 der Zivilprozessordnung, ZPO), weil der Beigeladene in beiden Rechtszügen Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) und der Beigeladene und der Antragsgegner „unterlegener Teil“ im Sinne des § 154 Abs. 1 VwGO sind. Die Vorschrift des § 162 Abs. 3 VwGO ist hier nicht anwendbar, weil diese voraussetzt, daß der Beigeladene obsiegt hat (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, 154 Rn. 9.).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - in der zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (2. Juli 2018) geltenden Fassung vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042), beträgt also die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs maßgeblichen Endgrundgehalt (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 - 5 ME 157/14 m. w. Nw. -) der Besoldungsgruppe A 15 in Höhe von 6.348,26 EUR (§ 2 Abs. 2 Nr. 1, § 7 Abs. 1, Abs. 2 des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes - NBesG - in der Fassung vom 20. Dezember 2016 [Nds. GVBl. S. 308] in Verbindung mit der dortigen, zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs geltenden Anlage 5). Dementsprechend ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 38.089,56 EUR (6.348,26 EUR x 6); eine Halbierung für das Eilverfahren findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.5.2013 - 5 ME 92/13 -, juris Rn. 28).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).