Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.09.2018, Az.: 1 KN 169/16

Maßgeblichkeit des Soll-Zustands bei der Überplanung von Waldstücken i.R.d. Raumordnungsrechts; Umwandlung von Wald durch Bebauungsplan

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.09.2018
Aktenzeichen
1 KN 169/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 63664
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2018:0920.1KN169.16.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Bei der Überplanung von Waldstücken ist raumordnungsrechtlich nicht der Ist-, sondern der Soll-Zustand maßgeblich.

  2. 2.

    Zur Umwandlung von Wald durch Bebauungsplan.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Normenkontrollverfahrens.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich vornehmlich gegen die Festsetzung einer 63,1 x 27,2 m messenden privaten Stellplatzfläche südlich des 78,3 x 15 m umfassenden Bauteppichs, den die Antragsgegnerin mit dem angegriffenen Bebauungsplan Nr. 250 II "F. straße/nördlich B.- G.-Kanal" als allgemeines Wohngebiet mit einer Grundflächenzahl von 0,4 bei drei Vollgeschossen und abweichender Bauweise (Gebäudelängen und -breiten von maximal 15 m) auf seinem an die H. straße angrenzenden Flurstück 145/16 festgesetzt hat. Er sieht sich hierdurch im Vergleich zu anderen Planunterworfenen in der Ausnutzung seines Grundstücks ohne städtebaulich durchgreifenden Grund beeinträchtigt, d. h. eine bauliche Nutzung zugewiesen, die nicht profitabel genug sei.

2

Der angegriffene Plan umfasst einen 3,2 ha großen Teilbereich des Sanierungsgebiets I., in dem teilweise ehemalige Arbeiterhäuser stehen. Die Firma I. stellte 1994 den Betrieb ein. Sie hinterließ infolge defekter Abwasserleitungen erhebliche Bodenverunreinigungen, die 2001 zur Festlegung des 2015 etwas erweiterten Sanierungsgebietes führten (s. dazu das am gleichen Tage verhandelte Verfahren1 KN 89/16).

3

Mit dem angegriffenen Plan verfolgt die Antragsgegnerin den Zweck, nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den Nutzungswünschen der jeweiligen Eigentümer zu Wohnzwecken überbaubare Bereiche zu schaffen, die nördlich des B. -G. -Kanals und südlich des abknickenden Straßenzuges H. straße/F. straße liegen. Die J. Straße begrenzt den Planbereich im Osten, im Westen ist dies die am Westrand des Antragstellerflurstücks 145/16, Flur 55 verlaufende K. straße. Das westlich der K. straße liegende Areal, auf dem einst die L. Transport- und Containerdienst GmbH erheblichen Lärm verursachte, ist in den Bereich des hier angegriffenen Planes nicht einbezogen. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, dort Wohngebäuden gleichfalls quadratischen Grundrisses an der H. straße nach Süden kleinere Wohngebäude folgen zu lassen (Bebauungsplan 250 II "Zwischen M. straße/K. straße"; s. Anl. zum Schriftsatz vom 10.8.2018). Im Süden dieses Geländes steht eine Moschee.

4

Ausgespart, d. h. nicht in den Geltungsbereich des Planes einbezogen wurde auch das unmittelbar südlich des Antragstellergrundstücks und nördlich des Kanals liegende Gelände der B. Versorgungsbetriebe GmbH. Die betreibt dort das Wasserwerk der Stadt. Das stößt mit seinen Lüftungsanlagen den Lärm-Gutachten (N. vom 25.4.2003, 27.3.2006 und 14.7.2016) zufolge vornehmlich nach Süden erhebliche Lärmmengen aus. Der bei der ersten Begutachtung im Inneren zu verzeichnende Schalldruck wurde mittlerweile so reduziert, dass außen ein um 14 dB(A) geringerer Lärm austritt.

5

Auf dem Antragstellergrundstück steht die sog. O. -Halle. Sie gehörte zu den aufgegebenen I. -Werken und wird seit geraumer Zeit nicht mehr genutzt. Dabei handelt es sich um ein Bauwerk, das seine Schmalseite der H. straße zuwendet und nach Süden bis zum Gelände des Wasserwerks der B. Versorgungsbetriebe GmbH reicht. Das Antragsteller-Grundstück wird im angegriffenen Plan als allgemeines Wohngebiet (WA3) mit drei Vollgeschossen und abweichender Bauweise überplant. Danach sind Gebäudelängen und -breiten des Hauptkörpers von jeweils 15 m zulässig (§ 5 der textlichen Festsetzungen [TF]). Nach § 3 TF beträgt im WA3 die Traufhöhe mindestens 6 m und höchstens 9 m, die Firsthöhe maximal 12,50 m gemessen zwischen der Bezugsebene und Traufe bzw. First des Gebäudes. In den allgemeinen Wohngebieten sind auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen entlang von öffentlichen Verkehrsflächen in einer Tiefe von 3 m Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO sowie Garagen und offene Kleingaragen nicht zulässig. Auf zwei Drittel der Breite der überbaubaren Fläche schließt sich auf dem Antragstellergrundstück, beginnend im Westen an der K. straße der Bereich für private Stellplätze an, dessentwegen sich der Antragsteller gegen den Plan stellt. § 6 TF bestimmt dazu, dass je 5 Stellplätze ein hochstämmiger, standortgerechter und heimischer Laubbaum zu pflanzen, dauerhaft zu erhalten und nach Abgang am Standort zu ersetzen ist.

6

Dem im Aufstellungsverfahren mehrfach vorgebrachten Wunsch des Antragstellers, ohne erkennbaren Bedarf eine so große Stellplatzfläche auf seinem seines Erachtens schon jetzt bebaubaren Grundstück nicht festzusetzen, entsprach die Antragsgegnerin nicht. Dazu wird auf Seiten 51 f. der Ratsvorlage zur Bescheidung der Einwendungen sowie auf Seiten 2 und 5 der Planbegründung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Konkrete Nutzungspläne habe der Antragsteller nicht unterbreitet. Das städtische Bebauungskonzept sehe eine dreigeschossige Bebauung mit Stadthäusern vor, die in einheitlicher Flucht stehen und untereinander nicht durch verkehrliche Erschließung unterbrochen werden sollten. Der ruhende Verkehr solle daher auf der Fläche zwischen dem Bauteppich und dem Wasserwerk untergebracht werden. Ferner solle durch diese private Stellplatzanlage ein Puffer zwischen der Wohnnutzung und der gewerblichen Nutzung des Wasserwerks geschaffen werden. Im Sinne einer städtebaulichen und umweltschonenden Aufwertung einer solchen Stellplatzfläche gelte dort § 6 TF.

8

Am 15. September 2016 beschloss der Rat der Antragsgegnerin über die erhobenen Einwendungen und den Plan als Satzung. Am 20. Oktober 2016 machte sie ihn in den P. Nachrichten öffentlich bekannt.

9

Zur Begründung seines Ende November 2016 gestellten Normenkontrollantrags wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Vorbringen aus dem Aufstellungsverfahren. Er meint, die Antragsgegnerin habe sich mit seinen Eigentümerinteressen nicht wirklich auseinandergesetzt. Selbst bei Berücksichtigung des Wasserwerks wäre es ohne Einbußen für die Plankonzeption möglich gewesen, den als private Stellplatzfläche festgesetzten Bereich als Mischgebiet festzusetzen. Nur eine solche Festsetzung würde seinen berechtigten Eigentümerinteressen ausreichend gerecht und es ihm ermöglichen, diesen Bereich in der benachbarten Grundstücken vergleichbaren Tiefe für Wohnbauzwecke zu nutzen - und sei es mit Maßnahmen zur Abschirmung des Lärms, beispielsweise durch entsprechende Stellung der Gebäude, gebäudeinterne Raumaufteilung oder Lärmschutzmaßnahmen an den Fenstern. Ein solcher Riegel wäre zudem der straßenseitigen Bauzeile als Lärm abschirmendes Gebäude von Vorteil. Möglich wäre es auch gewesen, die Wohngebäude nicht nur entlang der H. straße, sondern außerdem zur K. straße orientiert festzusetzen. Der Stellplatzbedarf sei jedenfalls völlig überdimensioniert. Das Ziel, eine durchgehende Bebauung an der H. straße zu erreichen, rechtfertige diese Festsetzung ebenso wenig wie die Zahl der Wohnungen, welche die Antragsgegnerin auf den Bauflächen meine verwirklicht sehen zu können. Das Planvorhaben missachte raumordnungsrechtliche Vorgaben.

10

Der Antragsteller beantragt,

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den vom Rat der Antragsgegnerin am 15. September 2016 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 250 II "F. straße/nördlich B. -G. -Kanal" für unwirksam zu erklären, soweit dieser für sein Eckgrundstück H. straße/K. straße eine private Stellplatzfläche festsetzt,

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hilfsweise,

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diesen Bebauungsplan insgesamt für unwirksam zu erklären.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie erwidert:

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In Einklang mit den Planfestsetzungen sei es möglich, auf dem Areal 56 Kleinwohnungen zu schaffen. Nach den Zahlen, die sich unter anderem aus ihrer Stellplatzsatzung vom 21. Juni 2016 ergäben, seien daher 70 Stellplätze erforderlich. Einschließlich der planbedingten Pflanzverpflichtung (TF § 6) würde schon das einen Großteil der Fläche beanspruchen. Im Übrigen könne der Antragsteller, der an der Antragstellerin im Parallelverfahren 1 KN 89/16 (Fa. Q.) beteiligt sei, für deren Grundstücke Stellflächen bereitstellen. Der Antragsteller stelle nicht ausreichend ein, dass für ihn durch den Plan erstmals Bauflächen geschaffen würden. Selbst wenn er die streitige Fläche nicht vollständig zum Abstellen von Kraftfahrzeugen, sondern beispielsweise, was ihr recht und zudem zulässig sei, gärtnerisch nutze, werde seinem Grundstück eine sehr lukrative Nutzungsmöglichkeit zugeteilt. Ziel ihres Planes sei es auch, aus Vorsorgegründen einen Puffer zum lärmemittierenden Wasserwerk zu schaffen und die nach Lärmschutzrecht bestehenden Möglichkeiten nicht bis zum Letzten auszuschöpfen.

18

Die Beigeladene unterstützt den Normenkontrollantrag, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Sie sieht Art. 14 GG durch die Planfestsetzungen zum Nachteil des Antragstellers verletzt.

19

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Planaufstellungsvorgänge verwiesen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

20

Der zulässige Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg. Der angegriffene Bebauungsplan ist rechtmäßig.

21

Rügen zum Planaufstellungsverfahren hat der Antragsteller nicht erhoben.

22

Der Plan verstößt nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB, ungeachtet der Tatsache, dass die bislang baumbestandene Fläche F1 weniger als 30 m Abstand zu Baufeldern wahrt.

23

Im Landkreis R. S. gilt unverändert fort das Regionale Raumordnungsprogramm [RROP] 2001 (B. des Kreistags vom 1. März 2001; Bek. in den P. Nachrichten [GN] vom 15.3.2002). Nach seiner Vorbemerkung (Vb) 1 legt dieses Regionale Raumordnungsprogramm für den Landkreis R. S. die Ziele für den Planungsraum fest. Die nachfolgenden Behörden und Körperschaften wie namentlich die Gemeinden haben ihre Planungen und Maßnahmen diesen Zielen anzupassen (Vb. 2 aE). Unter "D - Ziele der Raumordnung" widmet sich das Regionale Raumordnungsprogramm ab Seite 3.3.7 dem Schutz der Waldränder. Zunächst heißt es da:

24

Da Waldränder meist von erheblicher Bedeutung für den Wald und das Landschaftsbild sind, die Übergangszone in die freie Feldflur zahlreichen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum dient, die Artenvielfalt hier größer ist als im Waldesinneren und die Erlebnisqualität von Waldrändern sehr hoch ist, beeinträchtigt eine Bebauung am Waldrand grundsätzlich dessen ökologische Bedeutung.

25

Auf Seite 3.3.8 oben wird fortgefahren wie folgt:

26

Daher sind Waldränder in einem Abstand von mindestens 30-50 Metern in der Regel von jeder Bebauung freizuhalten. Ein naturgemäßer Aufbau der äußeren und inneren Waldränder ist zu fördern.

27

Es spricht einiges dafür, dass jedenfalls Satz 1 der zuletzt zitierten Vorschrift als Ziel, d. h. als regionalplanerische Letztentscheidung anzusehen ist, welche die planende Gemeinde nicht durch Abwägung überwinden, allenfalls bei Ausfüllung des "in der Regel" etwas flexibilisieren kann.

28

Das kann indes unentschieden bleiben, weil die Antragsgegnerin durch die Festsetzung von Baufeldern, welche deutlich näher als 30 m an die als F1 festgesetzte Grünfläche heranrücken, einem solchen Ziel nicht zuwidergehandelt hätte. Sie hatte zwar im Planaufstellungsverfahren hinnehmen müssen/hingenommen, dass der Landkreis R. S. den Bewuchs, der auf dem im Plan als öffentliche Grünfläche F1 festgesetzten Flurstück 136/13, Flur 55 stand, als Wald im Sinne des NWaldLG ansah. Doch darauf kommt es für die Anwendung des Regionalen Raumordnungsprogramms nicht (mehr) an. Denn maßgeblich ist dafür der Soll-, d. h. der Zustand, der kraft Planung entstehen wird. Danach stellt dieses Flurstück, d. h. die als F1 festgesetzte Fläche keinen Wald mehr da. Von dessen Rand muss mithin kein Abstand gehalten werden. Das allein entscheidet. Ob die für die Waldumwandlung geltenden Vorschriften schon bei Satzungsbeschluss erfüllt sind/waren, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend. Im Einzelnen ist auszuführen:

29

Der Landkreis R. S. hatte schon während der Beteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB unter dem 23. Juli 2015 ausgeführt:

30

"Bei dem flächigen Gehölzbestand im südlichen Teilbereich der Plangebietsfläche (v.a. Flurstück 136/13 Flur 55) handelt es sich nach Abstimmung mit dem Beratungsforstamt T. um Wald i.S. des Gesetzes (Einschätzung anhand des Luftbildes)."

31

Davon war der Landkreis im Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht abgerückt (sein Schreiben vom 23.5.2016). Das ist indes nicht entscheidend. Maßgeblich für die Erfüllung raumordnerischer Ziele und Grundsätze ist nicht der Ist-, sondern der Sollzustand (vgl. Senatsurteil vom 15.3.2012 - 1 KN 251/10 -, JURIS-Rdnrn. 49 f.).

32

Festgesetzt hat die Antragsgegnerin diese Fläche nicht als Wald, sondern als öffentliche Grünfläche/Grünanlage F1. Diese ist nach § 8 TF zwar zu 70% mit heimischen Bäumen, im Übrigen als Wiesenfläche anzulegen. Der zukünftige Baumbestand bedeutet indes nicht, dass der F1-Bereich damit unverändert oder nach seiner plangerechten Herrichtung wieder als Wald im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG anzusehen sei. Das ist nur jede mit Waldbäumen bestockte Grundfläche, die aufgrund ihrer Größe und Baumdichte einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweist. Es dürfte angesichts der geringen Ausdehnung dieses Bereiches nicht abzusehen/anzunehmen sein, dass sich dort planbedingt ein waldbegründendes Binnenklima einstellen wird. Das kann aber auf sich beruhen. Denn rechtlich folgt die Richtigkeit dieser Annahme, es handele sich beim plangerechten Zustand nicht um Wald im Rechtssinne, aus § 2 Abs. 2 Nr. 4 iVm Abs. 5 Nr. 2 NWaldLG. Die streitige Fläche liegt bei zu Wohnzwecken bebaubaren Bereichen und soll deren Nutzung unterstützen und dienen (vgl. S. 5 der Planbegründung zu Nr. 4.5).

33

Wald darf nun zwar nach § 8 Abs. 1 NWaldLG nur mit Genehmigung in andere Nutzungsarten umgewandelt werden. Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift zufolge bedarf es einer Waldumwandlungsgenehmigung aber nicht, wenn die Umwandlung erforderlich wird durch Regelungen in einem Bebauungsplan. Dieser Fall ist hier gegeben.

34

Entgegen der Auffassung des Antragstellers verbleibt es beim Waldcharakter der Fläche nicht deshalb, weil für derartige Regelungen gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 NWaldLG die Regelungen des § 8 Abs. 3 bis 8 sinngemäße Beachtung verlangen. Die Voraussetzungen des Absatzes 3 dürften schon vorliegen: Hier soll die Waldumwandlung der Herstellung einer im Allgemeininteresse liegenden Anlage dienen.

35

Selbst wenn das bei Satzungsbeschluss nicht schon der Fall gewesen wäre: Ob die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 8, insbesondere ausreichende Ersatzaufforstung, bei Satzungsbeschluss schon samt und sonders erfüllt waren, ist für die Anwendung von § 1 Abs. 4 BauGB irrelevant. Maßgeblich ist dafür allein der plangerechte, d. h. der Soll-Zustand. Darin liegt gerade eingeschlossen, dass er bei Satzungsbeschluss weder tatsächlich erreicht worden sein muss, noch, dass die dafür erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt allesamt erfüllt gewesen sein müssen. Wie bei der Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) reicht es aus, wenn die planende Gemeinde verlässlich annehmen darf, die Umwandlungsvoraussetzungen würden in der Folgezeit erfüllt werden können und die dafür zuständige Behörde dem nicht im Wege stehen. Das ist hier der Fall. Die Antragsgegnerin kann nach den ausführlichen Erörterungen in der mündlichen Verhandlung fest damit rechnen, von der zuständigen Waldbehörde, dem Landkreis R. S. die Legalität der Waldumwandlung bestätigt zu erhalten. Sie hatte schon vor dem Satzungsbeschluss den Waldausgleichsbetrag von 37.503, 60 € bezahlt. Sie hatte auch zugesagt, den auf Seite 44 der Ratsvorlage zur Bescheidung eingegangener Einwendungen wiedergegebenen Äußerungen des Landkreises zu entsprechen und die erforderlichen Kompensationsmaßnahmen vertraglich auf den Flächen 228 und 228a der Naturschutzstiftung der R. S. zu sichern; die entsprechenden Verträge würden bis Satzungsbeschluss geschlossen. Ebenso wie bei § 1a Abs. 3 BauGB nur eine gewisse Sicherung verlangt werden kann, reicht auch dies aus, um sogar sicherzustellen, dass den materiellen Anforderungen des Landeswaldgesetzes genügt werden würde. Es ist verlässlich anzunehmen, dass der Landkreis weiterhin nach Recht und Gesetz agieren wird.

36

Die Festsetzung einer privaten Stellplatzanlage dieser Größe ist entgegen der Annahme des Antragstellers und der Beigeladenen mit § 1 Abs. 7 BauGB zu vereinbaren. Das darin verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = JURIS-Rdnr. 29). Diesen Voraussetzungen wird die getroffene Abwägungsentscheidung gerecht.

37

Das Interesse des Antragstellers an einer stärkeren Ausnutzbarkeit des Eckgrundstücks sowie an einer deutlich kleineren Dimensionierung der Fläche für private Stellplätze hatte die Antragsgegnerin erkennbar in die Abwägung einbezogen.

38

Das daraufhin gefundene Ergebnis ist abwägungsgerecht.

39

Für die getroffene Entscheidung streiten die folgenden städtebaulichen Belange:

40

Dass dort überhaupt Wohnbebauung geplant wird, ist ein Ziel, das der Antragsteller teilt.

41

Nicht vom Antragsteller geteilt wird das Bestreben der Antragsgegnerin, an der Südseite der H. straße eine Wohnbauzeile mit höheren Ausnutzungsziffern und in der Gestalt perlschnurartig aufgereihter Würfel von 15 x 15 m messenden größeren Grundflächen entstehen zu lassen, als sie dies südlich davon liegenden Bereichen zugestehen will. Das ist ein städtebaulich sehr tragfähiger Grund, der von der Antragsgegnerin konsequent durchgeführt und fortgesetzt wird. Dieses rechtfertigt sich aus dem Spreizschritt zwischen dem aus § 1a Abs. 2 BauGB folgenden Gebot, innerstädtische Flächen intensiver zu nutzen, und dem Anliegen, auf die östlich davon stehenden, kleiner dimensionierten ehemaligen Werkswohnungen der Fa. I. Rücksicht zu nehmen und insoweit einen gleitenden Übergang zu finden. Außerdem ist es planerische Aufgabe der Antragsgegnerin, den Bereich südlich der H. straße baulich gegen das ehemalige I. -Gelände abzugrenzen. Insoweit stellt es ein nicht zu beanstandendes Konzept dar, bis zu dem nach Südosten abknickenden Teil an der Südseite der H. straße einen Bauteppich für diese Art konzentrierter Wohnbebauung zu schaffen.

42

Dieses Konzept hat die Antragsgegnerin konsequent auf dem ehemaligen westlich der K. straße angrenzenden Gelände des aufgegebenen Containerdienstes fortgesetzt. Insoweit ist auf die Erörterung in der mündlichen Verhandlung sowie auf die Anlage zum Schriftsatz vom 10. August 2018 (Bl. 90 GA) zu verweisen.

43

Außer dem Bestreben, zwischen dem abknickenden Ast der H. straße im Osten und der M. -/U. -V. -Straße im Westen einen durchgängigen Wohnbauakzent von schnurartig aneinandergereihten Wohnwürfeln zu planen, spricht für die gewählte Konzeption nicht allzu großer Bebauungstiefe das Anliegen, das südlich davon stehende Wasserwerk der Antragsgegnerin nicht einzuschnüren. Dabei handelt es sich um eine für das Allgemeinwohl wichtige Einrichtung. Die Antragsgegnerin darf bestrebt sein, seine Funktionsfähigkeit zu erhalten, die auch Erweiterungen und Umgestaltungen einschließt. Das Gelände ist nun einmal dort positioniert und warf in Zeiten des funktionierenden I. -Werkes keine nennenswerten Probleme auf. Solche drohen aber mit der Ansiedlung von Wohnnutzung in unmittelbarer Nachbarschaft zu entstehen. Es ist gerade Ausdruck vorsorgender Planung zu verhindern, dass diese im Allgemeinwohl liegende Einrichtung nicht abgeschnürt und für Entwicklungen, welche derzeit noch nicht verlässlich abzusehen, aber auch nicht auszuschließen sind, offengehalten wird. Es ist sogar ein Zeichen kluger Planung, einen solchen Betrieb nicht durch Heranrücken damit konkurrierender Nutzungen in ein Korsett zu pressen, das sich bei neuen Herausforderungen und Aufgabenstellungen als deutlich zu eng erweisen kann. Dann bleibt unter Umständen sogar nur eine kostenträchtige Aussiedlung. Dazu muss es die Antragsgegnerin im Interesse kostengünstiger und effizienter Wahrnehmung von Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht kommen lassen.

44

Dementsprechend stellt es einen ausgesprochen tragfähigen Gedanken dar, zwischen dem Bauteppich im Norden des Antragsteller-Grundstücks und dem Wasserwerksgelände einen leistungsfähigen Puffer zu planen.

45

Die damit konkurrierenden Interessen des Antragstellers sind demgegenüber von deutlich geringem Gewicht. Zu ihnen ist auszuführen:

46

Entgegen der Auffassung des Antragstellers und der Beigeladenenseite garantiert Art. 14 Abs. 1 GG gerade nicht maximalmögliche Grundstücksausnutzung. Vielmehr sind bei der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG unter anderem durch den Bebauungsplan vorzunehmenden Ausgestaltung des Eigentumsrechts dessen Sozialpflichtigkeit sowie Gemeinwohl- und konkurrierende Nutzungsbelange zu berücksichtigen.

47

Das Interesse des Antragstellers an weitergehender Bebauung seines Grundstücks hat nur geringes Gewicht. Die noch aufstehende O. -Halle vermittelt Baurechte nicht. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, handelt es sich hierbei um ein Gebäude, das zum I. -Komplex gehörte. Mit endgültiger Aufgabe dieser Produktionsstätte erledigte sich jede Legalisierung dieser Bausubstanz im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG auf andere Weise. Dementsprechend ist das Gebäude nach übereinstimmender Darstellung der Beteiligten seit geraumer Zeit ungenutzt. Die sog. O. -Halle prägt auch nicht mehr im Sinne des § 34 BauGB fort. Eine eingestellte Nutzung kann ihre prägende Wirkung zwar behalten, doch nur so lange, wie nach der Verkehrsauffassung mit der Aufnahme einer gleichartigen Nutzung gerechnet werden kann (BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360 <368>). Damit war hier wegen der endgültigen Aufgabe der I. -Werke nicht zu rechnen. Damit scheidet eine dem Antragsteller günstige Anwendung des § 34 BauGB aus. Es fehlte zudem an einem Bebauungszusammenhang mit maßstabbildender Bebauung. Selbst wenn es sie gegeben hätte, dann nur/allenfalls im Zusammenhang mit dem westlich angrenzenden Gelände der L. Transport- und Containerdienst GmbH. Diese war aber auf eine gewerbliche Nutzung ausgerichtet.

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Die U. -V. -Straße hat nach dem sich aus den Luftbildern ergebenden Eindruck trennende Funktion. Jenseits von ihr stehende Bebauung ist zudem zu weit entfernt, als dass sie dem Antragstellergrundstück noch einen Bebauungszusammenhang vermitteln könnte.

49

Zusammen mit dem nördlichen I. -Brachgelände oder dem südlich angrenzenden Wasserwerk kann das Antragstellergrundstück schon wegen der Nutzungen keinen Ortsteil bilden. Die östlich davon stehenden ehemaligen Werkswohnungsgebäude sind zu weit entfernt, als dass der Antragsteller daraus positive Folgen für die Bebaubarkeit seines Grundstücks ableiten könne.

50

Der Antragsteller kann des Weiteren die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht mit Erfolg für seinen Wunsch fruchtbar machen, eine größere überbaubare Fläche planerisch zugewiesen zu erhalten. Der Flächennutzungsplan stellt sein Grundstück zwar insgesamt als Wohnbaufläche dar. Das bedeutet aber nicht, dass dies dann auch so festgesetzt werden muss/kann. Denn unmittelbar südlich des Geländes wird im Flächennutzungsplan gelb unterlegt und damit als Versorgungsanlage für Wasser gekennzeichnet das Wasserwerk dargestellt. Damit war mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nur der bei der Abwägung zu lösende Konflikt bezeichnet, zwischen Wohnbauansprüchen und denen des Wasserwerks einen Ausgleich zu suchen, nicht aber zugleich dessen Lösung in dem Sinne, dass dem Antragsteller der gesamte als Wohnbaufläche dargestellte Bereich als zu Wohnzwecken überbaubar zugeteilt werden müsste.

51

Entgegen der Annahme des Antragstellers bestanden bei der Abwägung keine Alternativen, welche sich gegen die vorstehend genannten Gemeinwohl- und städtebaulichen Interessen hätten durchsetzen können. Für die Festsetzung einer Wohnbauzeile entsprechend der Art, wie sie die Antragsgegnerin nach dem hier interessierenden Satzungsbeschluss für das westlich angrenzende Gelände des ehemaligen Containerdienstes L. festgesetzt hatte, fehlt hier schlicht der Platz. Der Antragsteller hatte dies in der mündlichen Verhandlung zwar in Abrede genommen. Schon ein Vergleich mit dem mit Schriftsatz vom 10. August 2018 zur Akte gereichten Lageplan (Bl. 90 GA) zeigt aber, dass dies räumlich kaum möglich gewesen wäre. Denn es ist zu beachten, dass die Antragsgegnerin - sehr nachvollziehbar - zugleich das Ziel verfolgt, zwischen den 15 x 15 m Grundfläche umfassenden "Wohnwürfeln" keinen ruhenden Verkehr zu positionieren. Diese Reihe soll nicht durch verkehrliche Erschließung unterbrochen werden (s. S. 5 der Planbegründung). Dementsprechend kommt nur in Betracht, die sich südlich an den Bauteppich anschließende Fläche für den ruhenden Verkehr festzusetzen. Selbst wenn dies in geringerem Umfang geschähe als tatsächlich festgesetzt, verbliebe angesichts des Bedarfs, den selbst die vom Antragsteller anvisierte, hinsichtlich der Wohnungszahl hinter der von der Antragsgegnerin genannte Zahl zurückbleibenden Nutzung so viel an Stellplatzbedarf übrig, dass südlich davon aller Voraussicht nach keine weitere Wohnbauzeile mehr würde positioniert werden können.

52

In jedem Fall steht dieser Planungsalternative entgegen, dass diese zweite Wohnbauzeile zu nah an das lärmemittierende Wasserwerk herangerückt wäre. Entgegen der Annahme des Antragstellers wäre es nicht möglich, dort in Einklang mit der Rechtslage ein Mischgebiet festzusetzen. Der Bereich ist viel zu klein, als dass entweder auf diesem zweiten Baustreifen allein oder aber zumindest zusammen mit dem Bauteppich an der Südseite der H. straße die in § 6 Abs. 1 und 2 BauNVO genannte Nutzungsmischung entstehen könnte. Die Festsetzung eines Mischgebiets stellte mithin einen unzulässigen "Etikettenschwindel" dar, mit dem lediglich das Ziel verfolgt würde, einer Wohnbauzeile wegen der Lärmemissionen des Wasserwerkes einen (zu) geringen Schutzanspruch zuzugestehen.

53

In der vorstehend gewürdigten städtebaulichen Konzeption, entlang der Südseite der H. straße schnurartig aufgereiht Gebäude entstehen zu lassen, ist eingeschlossen, diese nicht an der Ostwange der K. straße nach Süden vordringen zu lassen. Diese Anordnung weiterer Wohnbauflächen für das Antragstellergrundstück verbietet sich zudem wegen der Flächen für den ruhenden Verkehr. Diese sind möglichst straßennah anzulegen. Damit vertrüge es sich nicht, sie erst östlich eines weiteren Wohnbauteppichs beginnen zu lassen.

54

Mit dieser Lösung vermittelt der Plan dem Antragsteller keine Nutzung, welche nur als unterwertig angesehen werden könnte. Das Maximum aller Nutzungsmöglichkeiten muss ihm ein Plan auch angesichts Art. 14 GG nicht vermitteln. Zudem ist es dem Antragsteller ohne weiteres möglich, die Stellplatzreserven gewinnbringend an Dritte abzutreten. Sowohl § 47 Abs. 4 NBauO als auch § 12 Abs. 2 BauNVO ließen es zu, überschüssige Stellplätze für die benachbarten Bereiche zur Verfügung zu stellen, welche auf dem Gelände des ehemaligen Containerdienstes L. oder den östlich benachbarten Bauflächen wohnbaulich genutzt werden können. Das stellt sogar eine akzeptablere Nutzung dar als die allein in Betracht kommende Alternative, südlich des Wohnbauteppichs nur "ausreichenden" Umfangs Flächen für den ruhenden Verkehr, im Übrigen aber eine private Grünfläche festzusetzen.

55

Der Vortrag des Antragstellers, ihm würden im Vergleich zu anderen Grundstückseigentümern geringere Wohnbauflächen zugeordnet, ist bloße Behauptung geblieben. Bei dieser Würdigung von Gleichheitsgesichtspunkten ist darauf zu achten, dass nur einander im Wesentlichen wesensgleiche Situationen miteinander verglichen werden. Es mag zwar sein, dass die Bauflächen zwischen abknickendem Ast der H. straße und deren Fortsetzung tiefer sind. Doch liegt das darin begründet, dass sie weiter vom lärmverursachenden Wasserwerk entfernt liegen. Dasselbe gilt für diejenigen, welche die Antragsgegnerin nordöstlich der F1-Fläche angeordnet hat. Gleichheitswidrige Benachteiligung des Antragstellers bei der Zuteilung von Bauflächen fällt dem Plan daher nicht als Abwägungsfehler zur Last.

56

Weitere Ausführungen zum Normenkontrollantrag sind nicht veranlasst.

57

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3, 167 VwGO iVm § 709 ZPO. Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, besteht nicht, weil sie sich auf die Seite des Unterlegenen gestellt hat.

58

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.