Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.09.2018, Az.: 2 LA 1750/17

Berufsbild; Hochschulprüfung; Legasthenie; Leseschwäche; Nachteilsausgleich

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.09.2018
Aktenzeichen
2 LA 1750/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 74205
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 27.09.2017 - AZ: 6 A 75/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Sachverständigengutachten (hier: zur Feststellung einer Legasthenie) ist nicht von vornherein ein ungeeignetes Beweismittel, wenn das Risiko einer Verfälschung von Untersuchungsergebnissen - sei es bewusst durch den zu Untersuchenden oder aufgrund der Besonderheiten der Begutachtungssituation - besteht. Es ist vielmehr Aufgabe des Sachverständigen, dieses Risiko einzuschätzen und zu bewerten.

2. Ob eine Legasthenie zu einer durch einen Nachteilsausgleich zu begegnenden Beeinträchtigung von Leistungen führt, die allein dem Bereich der Darstellung des Wissens in der Prüfung zuzuordnen sind, ist bei einer Hochschulprüfung anhand des Berufsbildes zu beurteilen, dessen Zugang das Studium eröffnen soll (hier: Wirtschaftsinformatiker).

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 6. Kammer - vom 27. September 2017 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagte wendet sich gegen ihre im angefochtenen Urteil ausgesprochene Verpflichtung, dem Kläger für die Anfertigung dreier Klausuren im Rahmen seines Bachelorstudiums eine Schreibzeitverlängerung im Umfang von 25 % der Bearbeitungszeit zu gewähren.

Der Kläger studierte an der Beklagten Wirtschaftsinformatik. Seinen Antrag, ihm u.a. für die Klausuren „Dienstleistungsmanagement“ am 31. März 2016, „Betriebliches Rechnungswesen“ am 7. September 2016 und „Grundlagen der Volkswirtschaftslehre“ am 29. März 2017 einen Nachteilsausgleich in Gestalt einer Schreibzeitverlängerung zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2016 ab. Aufgrund einstweiliger Anordnungen des Verwaltungsgerichts schrieb der Kläger die Klausuren mit der begehrten Schreibzeitverlängerung von 25% der Bearbeitungszeit; die Beschwerden der Beklagten gegen die einstweiligen Anordnungen betreffend die Schreibzeitverlängerungen bei den Klausuren „Betriebliches Rechnungswesen“ und „Grundlagen der Volkswirtschaftslehre“ hat der Senat zurückgewiesen (Beschlüsse vom 7. September 2016 – 2 ME 191/16 – und vom 27. März 2017 – 2 ME 967/17 –). Die Leistungen des Klägers in den drei Klausuren bewertete die Beklagte ausdrücklich nur mit einer vorläufigen Note und stellte die endgültige Benotung unter den Vorbehalt eines für den Kläger erfolgreichen Hauptsacheverfahrens.

Das Verwaltungsgericht hat zum Vorliegen einer Lese- und Rechtschreibstörung bei dem Kläger und zu einem ggfs. notwendigen Nachteilsausgleich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben und der Klage mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben. Die Beklagte hat die Zulassung der Berufung beantragt und danach dem Kläger, der sein Studium zwischenzeitlich beendet hatte, eine Notenübersicht und ein Zeugnis ohne Vorläufigkeitsvermerke erteilt, um dem Kläger Bewerbungen zu ermöglichen. Der Kläger ist inzwischen berufstätig.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Vorab ist angesichts der Diskussion dieser Fragen zwischen den Beteiligten darauf hinzuweisen, dass infolge der Erteilung der Notenübersicht und des Zeugnisses ohne Vorläufigkeitsvermerke sowie der Berufsaufnahme des Klägers weder sein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Verpflichtung noch das Rechtsschutzinteresse der Beklagten für den Zulassungsantrag entfallen sind. An dem erstrebten Verpflichtungsausspruch besteht nach wie vor ein Interesse, er ist für den Kläger nicht objektiv sinnlos geworden (vgl. hierzu Riese in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 113 Rn. 112). Denn die Beklagte hat die Klausuren lediglich unter Vorbehalt bewertet und deutlich gemacht, dass sie sich an das erteilte Prüfungszeugnis im Fall einer Klageabweisung nicht gebunden fühlt bzw. es zurücknehmen wird. Ebenso ist die Beklagte durch das angefochtene Urteil nach wie vor beschwert.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO liegen nicht vor.

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Regelung liegen nicht erst vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg, sondern bereits dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, NVwZ 2010, 634, Beschl. d. 2. K. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546, vgl. Gaier, NVwZ 2011, 385, 388 ff.). Das ist der Beklagten nicht gelungen.

a) Das gilt zunächst, soweit die Beklagte beanstandet, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung auf ein ungeeignetes Beweismittel gestützt. Sie trägt hierzu vor, es sei nicht gesichert, dass das Sachverständigengutachten des Prof. Dr. med. C. auf „wahrhaftigen“ Leistungen des Klägers beruhe. Frau Prof. Dr. D. – Inhaberin des Lehrstuhls Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Forensische Psychologie an der Beklagten – habe eine hohe Wahrscheinlichkeit gesehen, dass die gezeigten Testleistungen bei einem solchen Gutachten hinter dem tatsächlichen Leistungsniveau zurückblieben. Sie habe außerdem auf die Gefahr der bewussten Leistungsverfälschung durch den zu Untersuchenden hingewiesen.

Aus diesem Risiko allein kann aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht hergeleitet werden, dass zu den gestellten Beweisfragen – Vorliegen einer Legasthenie und daran anzuknüpfende Maßnahmen des Nachteilsausgleichs – ein Sachverständigengutachten keinen Aufschluss geben kann. Erst Recht kann nicht von dessen „Unausgereiftheit“ oder „Unzuverlässigkeit“ ausgegangen werden. Das Risiko einer Verfälschungstendenz, sei es bewusst oder aufgrund der Besonderheiten der Begutachtungssituation, besteht bei zahlreichen – vor allem auch medizinischen – Fragestellungen. Es ist Aufgabe des Sachverständigengutachtens, dieses Risiko und die Möglichkeit einer validen Begutachtung einzuschätzen; ggf. hat der Sachverständige darzulegen, warum er die Beweisfragen nicht beantworten kann. Dementsprechend diente auch hier das Sachverständigengutachten gerade der Klärung der Frage, ob bei dem Kläger „wahrhaftig“ eine Legasthenie vorliegt. Dabei war sich der Sachverständige, dem die Gerichtsakten vorlagen, den von der Beklagten aufgezeigten Problemen durchaus bewusst, er ist aber gleichwohl zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Kläger eine „ausgeprägte Lesestörung“ vorliege. Nicht hinnehmbare Konsequenz der von der Beklagten vertretenen Auffassung wäre, dass ein Sachverständigengutachten immer dann von vorneherein als ungeeignetes Beweismittel ausschiede, wenn es um die Feststellung nicht rein objektiv nachweisbarer Umstände geht.

b) Zu Unrecht beanstandet die Beklagte, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend untersucht, ob die Legasthenie des Klägers bei ihm zu einer Beeinträchtigung von Leistungen führe, die dem Bereich der Darstellung seines Wissens in der Prüfung zuzuordnen seien. Mit dieser Frage hat sich das Verwaltungsgericht auf Seite 10 des angefochtenen Urteils unter Hinweis auf die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 27. März 2017 ausführlich befasst. Es ist lediglich zu einem anderen als dem von der Beklagten favorisierten Ergebnis gekommen.

Aus Sicht des Senats ist die Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch zutreffend. Es ist nach wie vor nicht plausibel, dass das Berufsbild des Wirtschaftsinformatikers im besonderen Maße durch Textbe- und Verarbeitungsgeschwindigkeit – gerade das macht das Leiden des Klägers aus – geprägt wird. Das von der Beklagten bemühte Kriterium der „sicheren Beherrschung der deutschen Sprache“ hat damit nichts zu tun. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 30. März 2016 und des Prüfungsausschusses (Stellungnahme vom 30. November 2016) sowie der vorgelegten oder zitierten Stellenanzeigen ist weiterhin nicht zu erkennen, dass das Berufsbild des Wirtschaftsinformatikers spezifisch den schnellen Umgang mit Texten fordert. Die von der Beklagten immer wieder hervorgehobene Komponente des Arbeitens unter zeitlichem Druck ist einer Vielzahl von Berufen gemein; es erschließt sich nicht, warum sich dieser zeitliche Druck bei der Tätigkeit eines Wirtschaftsinformatikers nicht durch zusätzlichen Arbeits(zeit)einsatz ausgleichen lassen soll. Ebenso wenig zielführend ist die Abgrenzung zu dem Berufsbild eines Informatikers, weil das Erfordernis eines vergleichsweise vermehrten Arbeitens mit Texten allein nicht ausreicht.

Aus der von der Beklagten geforderten allgemeinen Differenzierung zwischen Schul- und Hochschulbereich sind angesichts des Ergebnisses, dass bei dem Kläger eine ausgeprägte Lesestörung vorliegt, die seine Fähigkeit zur Darstellung seines Wissens in den Klausuren beeinträchtigt, keine weiteren Erkenntnisse ziehen; im Übrigen fordern § 16 Satz 4 HRG und § 7 Abs. 3 Satz 5 NHG ausdrücklich, dass Prüfungsordnungen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen müssen.

c) Erfolglos wendet sich die Beklagte dagegen, dass das Verwaltungsgericht eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen hat. Es trifft zwar zu, dass § 9 Abs. 13 des Allgemeinen Teils der Prüfungsordnung (APO) für die Bachelor-, Master-, Diplom- und Magisterstudiengänge an der Technischen Universität A-Stadt in der vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. März 2018 geltenden Fassung auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet. Dieses Ermessen bezieht sich, liegen – wie hier – die Voraussetzungen eines Dauerleidens vor, das die Fähigkeit zur Darstellung des Wissens in der Prüfung betrifft, aber nur auf die Auswahl der Maßnahme des Nachteilsausgleichs (Auswahlermessen). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Regelung im Hinblick auf das prüfungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass ein Nachteilsausgleich wegen einer Krankheit oder Behinderung gewährt werden muss, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen zwar auch die einzelne Prüfungsleistung in den Blick zu nehmen ist, sich aber sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Senat in ihren in dieser Angelegenheit ergangenen Entscheidungen hinreichend mit der Frage, ob die Gewährung eines Nachteilsausgleichs auch in Anbetracht eines vergleichsweise geringen Textanteils in den Klausuren geboten ist, befasst und diese bejaht haben. Hieran hält der Senat fest.

Das Verwaltungsgericht hat der Beklagten zutreffend kein weiteres Auswahlermessen zugebilligt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass zum Ausgleich der Lesestörung ein Zeitausgleich „zwingend notwendig“ und ein Zuschlag von 25% das Minimum sei. Jede Entscheidung der Beklagten, die unter dieser Grenze bliebe, wäre mit Blick auf diese Feststellungen ermessensfehlerhaft. Vor allem gehen die Erwägungen der Beklagten fehl, dem Kläger sei mit Blick zum einen auf seine Fähigkeit, seine Schwäche durch erlernte Techniken auszugleichen, und zum anderen auf die Interessen anderer Prüflinge möglicherweise gar keine Schreibzeitverlängerung zu gewähren. Dass die von dem Sachverständigen als „zwingend notwendig“ erachtete Maßnahme eine Überkompensation darstellt – dies meint die Beklagte mit ihrem Vorbringen wohl – ist nicht erkennbar. Es fehlt schon an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der Kläger seine Leseschwäche durch Einsatz von ihm erlernter Techniken vollends ausgleichen könnte.

Ebenfalls als ermessensfehlerhaft wäre die Entscheidung der Beklagten anzusehen, den Kläger auf die Durchführung einer mündlichen Prüfung zu verweisen. Die Beklagte verkennt, dass bei einem Wechsel der Prüfungsform im Zuge eines Nachteilsausgleichs unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit Zurückhaltung geboten ist. Bevor auf eine andere Prüfungsform zurückgegriffen wird, ist stets eine genaue Betrachtung vorzunehmen, ob nicht doch eine den Prüfungscharakter weniger beeinträchtigende Maßnahme – wie etwa eine Schreibzeitverlängerung – angemessen und ausreichend ist (vgl. zum Ganzen Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage, Rn. 259). Genau das ist aber hier der Fall.

Unabhängig davon muss sich die Beklagte fragen lassen, aus welchen Gesichtspunkten es unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Chancengleichheit sachgerecht sein könnte, einen Prüfling, der die streitigen Prüfungen bereits unter Gewährung einer Schreibzeitverlängerung absolviert hat, die nach der Einschätzung eines Sachverständigen „zwingend notwendig“ war, auf die nachträgliche Ablegung mündlicher Prüfungen zu verweisen.

d) Es ist schließlich unschädlich, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 15. Februar 2016, mit dem die Beklagte die Gewährung des begehrten Nachteilsausgleichs abgelehnt hat, lediglich als rechtswidrig bezeichnet, ihn aber ausdrücklich nicht aufgehoben hat. Hervorzuheben ist allerdings, dass die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts anhand der Aktenlage nicht nachvollziehbar ist. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Aufhebung dieses Verwaltungsakts sei mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht ausdrücklich verlangt worden und deshalb wegen der Vorschrift des § 88 VwGO auch nicht erfolgt. Bei Klageerhebung war indessen ausdrücklich auch der Aufhebungsantrag angekündigt worden. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung geht nicht hervor, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers entgegen dieser Ankündigung nach rechtlicher Erörterung darauf bestanden hätte, den Aufhebungsantrag nicht zu stellen. Insofern wäre es dem Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Pflicht, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken, ohne weiteres möglich gewesen, die Stellung eines solchen Antrags anzuregen (vgl. hierzu Pietzcker in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 42 Rn. 96) bzw. den zu Protokoll genommenen Antrag nachträglich entsprechend auszulegen.

Unabhängig davon lassen sich jedenfalls aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht den Bescheid nicht aufgehoben hat, keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung herleiten. Der Bescheid steht der tenorierten Verpflichtung der Beklagten nicht entgegen. Zunächst spricht Vieles dafür, dass der Bescheid auch bei fehlender Aufhebung durch das Gericht unmittelbar durch den Verpflichtungsausspruch gegenstandslos wird (so Sodan in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 29, Wysk in: Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Auflage 2016, § 42 Rn. 51), was dem Umstand Rechnung trägt, dass der versagende Bescheid und der deckungsgleiche Verpflichtungsantrag eine untrennbare Einheit bilden (vgl. hierzu Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2014, § 42 Rn. 30, BVerwG, Urt. v. 10.12.2013 – 8 C 5.12 –, juris Rn. 19, Verpflichtungs- und Anfechtungskomponente als „einheitlicher, unteilbarer Verfahrensgegenstand des Neubescheidungsbegehrens nach § 113 Abs. 5 VwGO). Selbst wenn aber der Aufhebung durch das Gericht eine eigenständige Bedeutung zukommen sollte (so wohl Pietzcker in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 42 Rn. 96), folgte – um dem obigen Gedanken Rechnung zu tragen – aus der streitgegenständlichen Verpflichtung der Beklagten zugleich, dass sie einen noch entgegenstehenden versagenden Bescheid aufzuheben hätte (vgl. Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2014, § 42 Rn. 30). An einer solchen Aufhebung des Bescheides wäre sie auch durch dessen Bestandskraft nicht gehindert.

2. Der gerügte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt – unabhängig von der unzureichenden Darlegung der Beklagten – nicht vor. Der gerügte Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen einer „unvollständigen Zugrundelegung des Sachverhalts“ ist – unabhängig von der rechtlichen Einordnung des dahingehenden Vorbringens der Beklagten – schon deshalb nicht gegeben, weil das Verwaltungsgericht das Berufsbild eines Wirtschaftsinformatikers im Tatbestand auf Seite 4 und in den Entscheidungsgründen auf Seite 10 unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 27. März 2017 thematisiert hat. Ebenso hat das Verwaltungsgericht den Sachverhalt dahingehend richtig erfasst, dass die Beklagte die Auffassung vertritt, der Kläger verstoße gegen seine Mitwirkungspflichten (Seite 5 der angefochtenen Entscheidung). Diesem Vortrag ist es allerdings nicht gefolgt, sondern hat – im Anschluss an den Sachverständigen – Kompensationsstrategien keine durchgreifende Bedeutung beigemessen (Seite 9 f. der angefochtenen Entscheidung).

 Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).