Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.08.2002, Az.: 7 OA 169/02

Auffangwert; degressive Streitwertermittlung; Gewerbeerlaubnis; immissionsschutzrechtliche Genehmigung; Investitionssumme; Streitwert; Streitwertbemessung; Streitwertermittlung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.08.2002
Aktenzeichen
7 OA 169/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43903
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 26.07.2002 - AZ: 5 A 1182/02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Streitwertbemessung bei Klagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

Gründe

1

Die Streitwertbeschwerde, die als Rechtsmittel des Bevollmächtigten des Klägers auszulegen ist, hat nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert mit 11.000,-- EUR zu niedrig festgesetzt.

2

Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt sich der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger. Bei Klagen, die auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichtet sind, folgt der Senat im Ausgangspunkt dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563), der hierfür einen Wert in Höhe von 2,5 % der Investitionssumme - mindestens den Auffangwert - vorsieht. Er hat aber wiederholt (vgl. Beschl. v. 12.3.1997 - 7 O 4782/96 -; v. 24.11.1994 - 7 O 6742/94 -; v. 8.2.1993 - 7 O 6383/92 -) auf die Notwendigkeit hingewiesen, einen höheren Prozentsatz der Investitionssumme zugrunde zu legen, wenn andernfalls der Streitwert unter 30.000,-- DM läge. Hierfür war die Überlegung ausschlaggebend, dass eine angemessene Wertrelation zwischen Klagen auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung und auf eine Gewerbeerlaubnis bestehen muss. Lässt sich die Beschränkung des Streitwertes für die ersteren auf einen Bruchteil der Investitionssumme mit der Erwägung rechtfertigen, dass diese Investition nicht Selbstzweck ist, sondern es dem Anlagenbetreiber dabei regelmäßig um die gewerbliche Nutzung der Anlage geht, ist bei einer sechsstelligen Investitionssumme ein Streitwert in der Nähe des Mindestbetrages für die Klage auf eine gewerberechtliche Erlaubnis oder gegen eine Gewerbeuntersagung unangemessen. Ferner war für den Senat der Gedanke bedeutsam, dass der Wert der Klage auf Erteilung einer Anlagengenehmigung in einem angemessenen Verhältnis zu der Klage eines drittbetroffenen Privaten (vgl. Nr. 16.2 iVm Nr. 1.2 des Streitwertkatalogs) und einer drittbetroffenen Gemeinde (Nr. 16.3) stehen muss. Diese Ungereimtheiten lassen sich vermeiden, wenn kein gleichbleibender, sondern ein degressiver, mit zunehmender Höhe der Investitionssumme abnehmender Prozentsatz zugrunde gelegt wird. Angemessen erscheint es insoweit, bei Investitionen bis zu 10.000,-- EUR die volle Summe als Streitwert anzunehmen, bei höheren Investitionen hingegen einen sich allmählich vermindernden Prozentsatz zugrunde zu legen, der sich schließlich bei Großvorhaben auf den Mindestsatz von 2,5 % beschränkt. Bei einer Investitionssumme von 100.000,-- DM hat der Senat einen Streitwert in Höhe von 50 % und bei einer Investitionssumme von 200.000,-- DM einen Streitwert in Höhe von 40 % der Investitionssumme festgesetzt. Die Festlegung der weiteren Zwischenwerte muss der Entwicklung der Rechtsprechung überlassen bleiben. Insoweit hat der Senat bereits erwogen, bei einer Investitionssumme von 1.000.000,-- DM einen Streitwert in Höhe von 20 % und bei einer Investitionssumme von 10.000.000,-- DM einen Streitwert von 10 % zugrunde zu legen (Beschl. v. 8.2.1993 - 7 O 6383/92 -).

3

Es liegt in der Tendenz dieser Rechtsprechung, bei der hier in Rede stehenden Investitionssumme von 437.686,-- EUR (entspricht 856.039,-- DM) einen Streitwert in Höhe von 22 % (= gerundet 96.000,-- EUR) anzunehmen. Damit wird ein mit dem System der degressiven Streitwertermittlung zu vereinbarender angemessener Streitwert festgesetzt.