Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 01.08.2002, Az.: 10 LB 754/01

Betreuer; Entschädigung; Fortbildungsurlaub; Fortbildungsveranstaltung; Gleichbehandlungsgrundsatz; Kreistagsmitglied; Nachteilsausgleich; Sozialarbeiter; Verdienstausfall

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
01.08.2002
Aktenzeichen
10 LB 754/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43969
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 19.11.2002 - AZ: BVerwG 8 B 167.02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein selbständig tätiger Betreuer, der die Betreuungsmaßnahmen überwiegend frei einteilen kann, hat keinen Anspruch auf Verdienstausfall anlässlich von Fortbildungsveranstaltungen. Im konkreten Fall ist ein Verstoß von § 35 Abs. 2 S. 5 NLO gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht festzustellen.

Tatbestand:

1

Der Kläger ist graduierter Sozialarbeiter. Er begehrt die Erstattung von Verdienstausfall für die Zeit einer Fortbildungsveranstaltung, an der er in seiner Funktion als Kreistagsmitglied teilgenommen hat. Der Kläger ist beruflich als Betreuer in ihm vom Amtsgericht übertragenen Betreuungsfällen selbständig tätig. Seine Vergütung erfolgt auf der Basis geleisteter Arbeitsstunden für die Betreuten durch das Amtsgericht.

2

Als Mitglied des Kreistages des Beklagten nahm der Kläger vom 15. - 19. September 1997 an einer Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung u. a. für Kreistagsabgeordnete mit dem Thema "Agenda 21" in {A.} teil. Die Teilnahme war kostenlos. In dieser Zeit war für die Betreuungsfälle des Klägers ein Vertreter bestellt.

3

Unter dem 30. September 1997 beantragte der Kläger beim Beklagten, ihm seinen Verdienstausfall für die Zeit der Fortbildungsveranstaltung zu erstatten. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger als selbständig Tätiger keinen Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls bei Fortbildungsveranstaltungen habe. Das Gesetz sehe den Ersatz von Einkommenseinbußen für selbständig Tätige nicht vor, weil davon auszugehen sei, dass diese ihre Tätigkeit regelmäßig so organisierten, dass Nachteile vermieden würden.

4

Dagegen erhob der Kläger am 18. November 1997 Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass es unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes nicht angehen könne, dass eine bestimmte Gruppe von Erwerbstätigen aus der Erstattungsregelung heraus falle. Nicht alle selbständig Tätigen könnten ihre Arbeit so organisieren, dass die anfallenden Tätigkeiten zeitversetzt erledigt werden könnten. Er könne nur personenbezogene Arbeit abrechnen und dürfe seine Arbeit nicht delegieren.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1998, zugestellt am 03. Februar 1998, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

6

Dagegen hat der Kläger am 3. März 1998 Klage erhoben und vertiefend ausgeführt, dass er in der Zeit der Fortbildungsveranstaltung Leistungen für die von ihm Betreuten erbracht hätte, die er mit dem Amtsgericht hätte abrechnen können. § 35 Abs. 2 NLO sei nicht zu entnehmen, dass das Gesetz den selbständig Tätigen keinen Verdienstausfall bei Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zubillige. Eine Auslegung dieser Vorschrift, die ohne sachliche Berechtigung und unter Verkennung der Bedingungen einer selbständigen Tätigkeit selbständige Erwerbstätige grundsätzlich von einer Erstattungsregelung ausnehme, sei kaum mit Art. 3 GG zu vereinbaren.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger den durch die Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung "Agenda 21" vom 15. September - 18. September 1997 entstandenen Verdienstausfall in Höhe von 1.120,00 DM zu erstatten.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat auf seinen Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzt, dass mit § 35 Abs. 2 S. 4 bis 7 NLO für die in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehenden Kreistagsabgeordneten ein eigenständiger Bildungsanspruch geregelt werden sollte. Weil aber der Anspruch auf Fortzahlung von Lohn und Gehalt gegenüber dem Arbeitgeber gesetzlich ausgeschlossen sei, habe hierfür eine weitere Regelung getroffen werden müssen. Für selbständig Tätige habe dieser Regelungsbedarf nicht bestanden, da diese über ihre Zeit frei disponieren könnten. § 35 Abs. 2 NLO könne nur als Ganzes gelesen und gedeutet werden. Die Regelungen des § 35 Abs. 2 NLO seien so klar und eindeutig, dass für eine Auslegung kein Raum sei.

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Der Kläger habe weder nachgewiesen, dass er in der geltend gemachten Zeit von Montag bis Donnerstag regelmäßig 8 Stunden zu einem Stundensatz von mehr als 35,00 DM gearbeitet hätte, noch dass er diese Arbeit nicht von Freitag bis Sonntag der vorhergehenden oder nachfolgenden Wochenenden hätte erledigen können. Dem Kläger sei es als selbständig Tätigem zuzumuten, ggf. auch die Abende und Wochenenden zu Hilfe zu nehmen, um die für die ehrenamtliche Tätigkeit erforderlichen beruflichen Ausfallzeiten nachzuholen.

13

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Mai 2000 abgewiesen. Der Kläger habe nach § 35 Abs. 2 S. 5 NLO keinen Anspruch auf Erstattung seines Verdienst-ausfalls, denn er stehe weder in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis noch habe er Lohn- oder Gehaltsansprüche, die er wegen der Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung verloren habe, so dass der in dieser Regelung vorausgesetzte Verdienstausfall beim Kläger als selbständig Tätigen nicht eintreten könne. Der Ausschluss des Klägers von der Gewährung eines Verdienstausfalls verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der sachliche Grund für eine Ungleichbehandlung sei darin zu erblicken, dass selbständig Tätigen in der Zeit, in der sie ihrer Berufstätigkeit nicht nachgingen wie etwa bei Krankheit, Erholungs- oder Fortbildungsurlaub grundsätzlich keine Vergütungsansprüche mit der Folge zustünden, dass bei ihnen für diese Zeiten ein auszugleichender "Verdienstausfall" nicht entstehen könne. Da Vergütungsansprüche während Fortbildungsmaßnahmen nicht entstünden und folglich auch für dies Zeit nicht entfallen könnten, habe der Gesetzgeber aus sachlich nachvollziehbaren Gründen den Anspruch auf Verdienst-ausfall im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens auf die in der Vorschrift genannten Fälle beschränken können.

14

Ein Anspruch des Klägers folge auch nicht aus § 5 Abs. 1 der Entschädigungssatzung des Beklagten vom 18. Juni 1997, denn soweit aus der Vorschrift ein Anspruch auf Verdienstausfall für selbständig Tätige abzuleiten sei, sei die Vorschrift wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 2 S. 5 NLO nichtig.

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Gegen diese Entscheidung führt der Kläger die vom Senat zugelassene Berufung. Zur Begründung trägt er vor,  Art. 3 GG werde unmittelbar dadurch verletzt, dass pauschal alle Selbständigen von der Verdienstausfallregelung ausgenommen seien. Dies sei keine zulässige Differenzierung, denn durch Veränderungen im Arbeitsleben nähmen heute selbständig Erwerbstätige verstärkt Aufgaben wahr, die früher typischerweise von Beamten und Angestellten erledigt worden seien.

16

§ 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung des Beklagten gewähre dem Wortlaut nach einen Anspruch auf Verdienstausfall auch für den Kläger. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass § 5 Abs. 1 Satz 3 der Satzung wegen des Verstoßes gegen § 35 Abs. 2 Satz 5 NLO nichtig sei, überzeuge nicht, denn § 35 Abs. 2 Satz 5 NLO schließe es angesichts seines mehrdeutigen Wortlauts keineswegs zwingend aus, von der Diskriminierung selbständig Erwerbstätiger abzusehen und selbständig Erwerbstätige in der Frage der Erstattung von Verdienstausfall den Empfängern von Lohn und Gehalt gleich zu behandeln. Dass der Beklagte in seiner Änderungssatzung vom  25. Februar 1999 nunmehr den Text  geringfügig verändert habe, spiele keine Rolle, weil die Satzung in der Fassung vom 18. Juni 1997 anzuwenden sei. Die Änderungssatzung selbst habe sich eine Rückwirkung nicht beigemessen.

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Der Kläger beantragt,

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das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er verweist auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese waren mit ihrem wesentlichen Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

24

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger den von ihm geltend gemachten Verdienstausfall nicht beanspruchen kann.

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Der Anspruch des Klägers auf Erstattung von Verdienstausfall für die Dauer der Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung lässt sich nicht auf § 5 Abs. 1 der Entschädigungssatzung des Beklagten vom 18. Juni 1997 (Amtsblatt Landkreis Lüneburg S. 170 ff.) stützen. Nach dieser Vorschrift ist für unselbständig Tätige neben den Leistungen nach §§ 1 bis 4 (allgemeine Aufwandsentschädigung für Kreistagsabgeordnete, Aufwandsentschädigung für nicht dem Kreistag angehörende Ausschussmitglieder, besondere Aufwandsentschädigung der Funktionsträger und Fahrkostenentschädigung) der nachgewiesene Verdienstausfall zu erstatten. Selbständig Tätigen wird gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 eine Verdienstausfallentschädigung auf der Grundlage des glaubhaft gemachten Verdienst-ausfalles gewährt. Satz 3 der Vorschrift bestimmt, dass dies auch für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 5 NLO gilt.

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Wenngleich dem Kläger zuzugeben ist, dass der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Satzung für das von ihm für richtig gehaltene Verständnis sprechen und ihm einen Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung gewähren könnte, geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die Vorschrift in der Zusammenschau mit § 35 Abs. 2 Satz 4 und 5 NLO auszulegen ist und dass sich die vom Kläger favorisierte Auslegung im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift verbietet. Nach § 35 Abs. 2 Satz 4 NLO in der für das Begehren des Klägers maßgeblichen Fassung vom 22. August 1996 (Nds. GVBl. S. 365) ist Kreistagsabgeordneten in jeder Wahlperiode bis zu fünf Arbeitstage Urlaub für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Zusammenhang mit dem Amt des Kreistagsmitgliedes zu gewähren. Weiter ist in § 35 Abs. 2 Satz 5 NLO geregelt, dass Kreistagsabgeordnete für die Zeit des Urlaubs nach Satz 4 keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt haben; entsteht ihnen hieraus ein Verdienstausfall, so hat der Landkreis diesen bis zu einem Höchstbetrag zu erstatten, der durch Satzung festzulegen ist.

27

Der Wortlaut des § 35 Abs. 2 NLO lässt allein die Auslegung zu, dass nur abhängig beschäftigten Kreistagsabgeordneten für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ein Verdienstausfall gewährt wird (vgl. Wefelmeier in Kommunalverfassungsrecht Niedersachsen, Stand: Dezember 2001, MGO § 39 Rdnr. 89; Thiele, Nds. Gemeindeordnung, Kommentar, 5. Aufl. § 39 Rdnr. 6). Die Formulierung "hieraus" und die damit verbundene Bezugnahme auf einen nicht bestehenden Lohn- oder Gehaltsanspruch für die Zeit des Fortbildungsurlaubs erlaubt allein das Verständnis, dass der Gesetzgeber ausschließlich für nicht selbständig Tätige einen Anspruch auf Erstattung von Verdienstausfall für die Zeit eines Fortbildungsurlaubs schaffen wollte und auf eine ausdrückliche Regelung für selbständig Tätige verzichtet hat. Die missverständliche Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 3 der Entschädigungssatzung des Beklagten verdeutlicht mit dem Hinweis auf § 35 Abs. 2 Satz 5 NLO, dass die gesetzliche Regelung wiederholt und in dem dem Beklagten eingeräumten Rahmen ausgefüllt, dass jedoch nicht ein über den Rahmen der Ermächtigungsvorschrift hinausgehender Anspruch eingeräumt werden sollte. Dieses Verständnis wird letztlich belegt durch die nunmehr in § 5 Abs. 4 der Entschädigungssatzung des Beklagten in der Fassung vom 25. Februar 1999 erfolgte Klarstellung, wonach eine Erstattung für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen nur gemäß § 35 Abs. 2 NLO geleistet wird, d.h. nur für Verdienstausfall, der unselbständig Tätigen anlässlich der Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung entsteht.

28

Soweit der Kläger den Ausschluss der selbständig Tätigen vom Anspruch auf Verdienstausfallerstattung in § 35 Abs. 2 Satz 5 NLO für mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar hält, kann für dieses Verfahren dahinstehen, ob der generelle Ausschluss dieser Gruppe gleichheitswidrig ist, denn jedenfalls im vorliegenden Fall ist Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG ist dieses Grundrecht bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln, vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Urt. v. 2.3.1999 - 1 BvL 2/91 -, BVerfGE 99, 367, 389).

30

Den Gesetzesmaterialien zu § 35 Abs. 2 NLO ist für die unterschiedliche Behandlung selbständig und unselbständig Tätiger keine Begründung zu entnehmen. In der Kommentarliteratur  (vgl. Thiele, Nds. Gemeindeordnung, 6. Aufl. 2002, § 39 Anm. 6)  wird davon ausgegangen, dass selbständig Tätige ihre Tätigkeit regelmäßig so organisieren können, dass Nachteile vermieden werden. Diese verallgemeinernde Sicht trifft jedoch in einer Reihe von Fällen nicht zu. So hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Fall einer Alleininhaberin eines Ladengeschäfts, die diesen ohne Angestellte führte und als kommunale Mandatsträgerin tätig war, ausgeführt, dass ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund dafür,  dass die Ladeninhaberin im Gegensatz zu den als Arbeiter und Angestellten beschäftigten Mandatsträgern keine Verdienstausfallentschädigung erhalte, nicht zu erkennen sei. Zwar sei jemand, der über seine Arbeitszeit selbst verfügen könne, regelmäßig auch imstande, etwaige Arbeitszeit- und damit Einkommensverluste auszugleichen, so dass er auf einen Verdienstausgleich nicht in gleicher Weise wie ein Arbeitnehmer angewiesen sei, im konkreten Fall lasse sich jedoch angesichts der Bindung an Ladenschlusszeiten und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sitzungsbedingte Abwesenheiten üblicherweise nur durch bezahlte Aushilfen zu überbrücken seien, die sonst bei selbständig Tätigen anzustellende Vermutung, ein Verdienstausfall sei durch veränderte Zeitdispositionen vermeidbar, nicht treffen. Was die für die Gewährung von Verdienstausfallentschädigung maßgeblichen Tätigkeitsbedingungen betreffe, so lägen die Verhältnisse der Berufstätigkeit der Klägerin denen der Arbeitnehmer vielmehr deutlich näher als denen der selbständig tätigen Kreisräte, die durch eine Verlagerung ihrer Arbeitszeit Verdienstausfällen entgegenwirken könnten (BVerwG, Urt. v. 7.9.1989 - 7 C 4.89 -, DVBl 1990, 155, 157).

31

Eine dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall vergleichbare Konstellation liegt hier jedoch nicht vor, denn nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat  kann dieser über seine Arbeitszeit in  gewissem Umfang disponieren und ist nicht wie ein Ladeninhaber an Ladenschlusszeiten gebunden. Der Kläger hat zwar  für die von ihm betreuten Personen  eine Vielzahl von Terminen  wahrzunehmen, ist jedoch im Übrigen in seiner Terminsgestaltung frei. Zwar soll er sich bei seiner Tätigkeit in erster Linie nach den Wünschen der Betreuten richten und muss in Ausnahmefällen, wenn Eilmaßnahmen geboten sind, auch am Wochenende oder nachts tätig werden, der überwiegende Teil der vom Kläger zu erbringenden Betreuungsleistungen ist jedoch nicht fristgebunden und kann somit auch nachgeholt werden. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt und dargelegt, dass der für die Dauer seiner Abwesenheit zu bestellende Vertreter seine Tätigkeit regelmäßig auf unaufschiebbare Dinge beschränke und Routineangelegenheiten, für die noch eine längere Bearbeitungsfrist bestehe, bis zu seiner Rückkehr liegen lasse.

32

Soweit der Kläger meint,  während der Dauer der Fortbildungsmaßnahme an der Übernahme weiterer Betreuungsfälle gehindert gewesen zu sein, erfordert dieser Einwand es ebenfalls nicht, ihn abhängig Beschäftigten gleichzustellen. Da der Kläger nicht feste Sprechzeiten unterhält und zudem auch während der Fortbildungsveranstaltung jedenfalls telefonisch erreichbar war, konnte das vor Übernahme eines neuen Betreuungsfalles mit dem zuständigen Richter zu führende Gespräch auch während der Dauer der Fortbildungsveranstaltung vereinbart werden. Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Kläger während der Zeit der Fortbildungsmaßnahme neue Betreuungsfälle entgangen sind. Da die berufliche Situation des Klägers eher der vom Gesetzgeber angenommenen Sicht der Tätigkeit Selbständiger vergleichbar ist, verstößt der Ausschluss des Klägers von der Erstattung eines Verdienstausfalls mithin nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.