Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.08.2002, Az.: 10 ME 118/02
außerplanmäßiger Professor; Betrauung; Hochschule; Hochschullehrer; Mitarbeitergruppe; Professor; Qualifikationsbeweis; Stimmrecht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 23.08.2002
- Aktenzeichen
- 10 ME 118/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 43793
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 13.06.2002 - AZ: 6 B 2166/02
Rechtsgrundlagen
- Art 3 Abs 1 GG
- Art 5 Abs 3 S 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zur mitgliedschaftsrechtlichen Zuordnung eines Außerplanmäßigen Professors, der als Oberarzt an einer Hochschule tätig ist, zur Professorengruppe
Gründe
Die den Anforderungen des § 146 Abs. 4 VwGO genügende und auch sonst zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
Der Antragsteller hat sowohl den erforderlichen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Der Anordnungsgrund besteht darin, dass der Antragsteller für den Fall, dass er materiell betrachtet Professor und nach dem NHG korporationsrechtlich als solcher zu behandeln wäre, mit dem Verweis auf das eventuell langwierige Klageverfahren unzumutbare, durch etwaigen späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr zu behebende Nachteile unter Berücksichtigung seiner nach Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Stellung (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 24. April 1997 - Az: 8 S 63.97 -, zitiert nach juris), erleiden würde. Nur auf diese Weise kann den in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG garantierten Teilhaberechten, wie die zur Wahrung der Wissenschaftsfreiheit erforderlichen Mitwirkungsrechte an der Selbstverwaltung der Medizinischen Hochschule wahrzunehmen, vollauf Geltung verschafft werden.
Auch wenn die begehrte einstweilige Anordnung praktisch vollständig das vorwegnimmt, was der Antragsteller im Klageverfahren erreichen kann, steht dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Fall dem Erlass der einstweiligen Anordnung nicht entgegen. Von dem Grundsatz der Vorwegnahme der Hauptsache ist im Interesse des Gebots effektiven Rechtsschutzes eine Ausnahme zu machen, wenn einem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, droht (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69-79). Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass hier - für den Fall, dass er der Gruppe der Professoren zuzurechnen ist -, sein Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG beeinträchtigt ist, wenn er seine Mitwirkungsrechte in Berufungs- und Habilitationsverfahren nicht wahrnehmen kann. Da diese Mitwirkungsrechte, die dem Antragsteller bis zum Zeitpunkt einer Entscheidung in der Hauptsache eröffnet sein würden, auch nach Abschluss der Hauptsacheverfahrens nicht nachgeholt werden können, liegt hier ein Ausnahmefall vor, der im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass der Antragsteller den geltend gemachten Anspruch auf die begehrte Feststellung seiner korporationsrechtlichen Zuordnung zur Gruppe der Professoren hat.
Nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 NHG in der zum Entscheidungszeitpunkt gültigen Fassung vom 24. März 1998 (Nds. GVBl. S. 300) bilden die Professorinnen, Professoren, Hochschuldozentinnen und Hochschuldozenten für die Wahl ihrer Vertretungen in den Gremien eine Gruppe (Professorengruppe). Die Oberassistentinnen, Oberassistenten, Oberingenieurinnen, Oberingenieure, die wissenschaftlichen und künstlerischen Assistentinnen und Assistenten, die wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Lehrkräfte für besondere Aufgaben bilden gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 NHG die Mitarbeitergruppe. Grundsätzlich zählt der Antragsteller als hauptberuflich an der Hochschule tätiger Oberarzt gemäß § 68 NHG mitgliedschaftsrechtlich zur Mitarbeitergruppe.
Der vom Antragsteller begehrten abweichenden Zuordnung zur Professorengruppe steht nicht entgegen, dass außerplanmäßige Professoren nach § 37 Abs. 2 Nr. 7 NHG nicht Mitglieder, sondern Angehörige der Hochschule sind, denn § 37 Abs. 2 Nr. 7 NHG erfasst lediglich die außerplanmäßigen Professoren, die nicht hauptberuflich an der Hochschule tätig sind. Dies ergibt sich bereits aus einem Vergleich mit den übrigen in § 37 Abs. 2 NHG aufgeführten Fallgruppen. Dass der Gesetzgeber dem außerplanmäßigen Professor, der nicht hauptberuflich an der Hochschule tätig ist, den Status eines Angehörigen zubilligen wollte, zeigen auch die früheren Fassungen der Vorschrift. So waren in § 44 Abs. 2 Nr. 7 NHG in der Fassung vom 23. Oktober 1981 (Nds. GVBl. S. 263) lediglich die Habilitierten, denen die Befugnis zur selbständigen Lehre zustand (Privatdozenten) und die nicht hauptberuflich an der Hochschule tätig waren, aufgeführt und die Änderung der Vorschrift durch Gesetz vom 10. April 1989 (Nds. GVBl. 1989, S. 85), die die Formulierung in § 44 Abs. 2 Nr. 7 durch "Privatdozenten und außerplanmäßige Professoren" ersetzte, erfolgte lediglich aus Gründen der Vereinfachung des Wortlauts (vgl. Niedersächsischer Landtag, Drs. 11/2220 S. 77). Dass der Gesetzgeber im Regelfall die außerplanmäßigen Professoren als nicht hauptberuflich tätige Angehörige eingeordnet wissen wollte, belegen auch die Materialien zum NHG in der Fassung vom 24. Juni 2002, denn in der Gesetzesbegründung zur Zusammensetzung der Hochschullehrergruppe ist insoweit ausgeführt, dass der Hochschullehrergruppe aufgrund des § 36 Abs. 1 Satz 1 HRG nur hauptberuflich an der Hochschule Tätige angehören könnten, also keine Privatdozenten oder außerplanmäßigen Professoren (vgl. Niedersächsischer Landtag, Drs. 14/2541 S. 71).
Da der Antragsteller im vorliegenden Fall jedoch hauptberuflich an der Hochschule tätig ist, ist er damit Mitglied der Hochschule und nicht lediglich Angehöriger im Sinne von § 37 Abs. 2 Nr. 7 NHG. Darüber hinaus ist er mitgliedschaftsrechtlich der Professorengruppe zuzuordnen.
Hierbei ist das Verwaltungsgericht zu Recht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2001 - BVerwG 6 B 42/01 - zitiert nach juris m. w. N.) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973, - 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 - BVerfGE 35, 79-170) ausgegangen, wonach ein Mitglied der Hochschule anhand materieller Kriterien der Gruppe der Professoren zuzuordnen ist.
Nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG ist es geboten, die Gruppe der Hochschullehrer in sich homogen zusammenzusetzen. Dies setzt voraus, dass die Mitgliedschaft in dieser Gruppe auf Hochschullehrer im materiellen Sinn beschränkt, aber auch erstreckt wird. Dabei ist als Hochschullehrer, unabhängig von seiner dienstrechtlichen Stellung, der akademische Forscher und Lehrer zu verstehen, der aufgrund der Habilitation oder eines sonstigen gleichbewerteten Qualifikationsbeweises mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre betraut ist. Wer als Angehöriger einer Hochschule diese Voraussetzungen erfüllt, hat Anspruch darauf, der Gruppe der Hochschullehrer und nicht einer anderen Gruppe zugeordnet zu werden (vgl. zusammenfassend BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1997, - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 - BVerfGE 95, 193-219 [BVerfG 26.02.1997 - 1 BvR 1102/95]). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1981 - 1 BvR 303/78 - BVerfGE 56, 192-216 [BVerfG 11.02.1981 - 1 BvR 303/7]) kommt mit dem Begriff der "Betrauung mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre" zum Ausdruck, dass das Merkmal der "Betrauung" gerade keine der materiellen Stellung als Hochschullehrer entsprechende, förmliche beamtenrechtliche Berufung in das Amt eines Hochschullehrers voraussetzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1995 - 6 C 7/94 - NVwZ 1996, 1213), der sich der Senat anschließt, ist mit dem Begriff "Betrauung" nicht eine bloß faktische, geduldete oder gar usurpierte Übernahme von Funktionen aus eigener Machtvollkommenheit eines Hochschulbediensteten gemeint, sondern es wird eine ausdrückliche Einräumung einer Rechtsstellung bzw. Befugnis durch die zuständigen Organe im Hinblick auf die selbständige Wahrnehmung von Forschung und Lehre gefordert. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht in der o. g. Entscheidung die daran im Einzelnen zu stellenden Anforderungen offen lässt, ist in den Gründen ausgeführt, dass eine förmliche Entscheidung, der ein Verfahren vorausgegangen ist, das sowohl hinsichtlich der zuständigen Entscheidungsträger als auch in seinen inhaltlichen Anforderungen grundsätzlich den Anforderungen an ein ordentliches Berufungsverfahren entspricht, wie es der Berufung in ein Professorenamt vorausgeht, insoweit genügt.
Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist der Antragsteller durch die Beklagte mit der selbständigen Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre betraut worden und nimmt diese Aufgabe auch faktisch selbständig und unabhängig von Weisungen wahr.
Der Antragsteller ist in seiner Tätigkeit faktisch einem Professor gleichgestellt. Ihm ist im Juni 1993 die venia legendi für Radiologie mit Schwerpunkt Neuroradiologie verliehen worden. In der Habilitationsurkunde kommt zum Ausdruck, dass die Hochschule erwartet, dass er als Forscher und akademischer Lehrer wirkt. Seitdem hält der Antragsteller kontinuierlich selbständig Vorlesungen, ist als Prüfer und Gutachter im Rahmen von Habilitationsverfahren und Dissertationen tätig. Am 12. November 1997 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Befugnis verliehen, den Titel Außerplanmäßiger Professor zu führen. In der Verleihungsurkunde ist ausgeführt, dass diese Befugnis so lange gilt, wie dem Antragsteller die Befugnis zur selbständigen Lehre an der Medizinischen Hochschule Hannover zusteht. Die Antragsgegnerin ist demnach selbst davon ausgegangen, dass der Antragsteller selbständig mit Lehraufgaben betraut ist.
Diese förmliche Entscheidung reicht nach Überzeugung des Senats als Nachweis für eine dem Antragsteller übertragene Rechtsposition, mit der ihm die selbständige Wahrnehmung von Forschung und Lehre in seinem Fach eingeräumt wird, aus. Die Verleihung der Befugnis, den Titel Außerplanmäßiger Professor zu führen, setzt nach § 24 Abs. 6 NHG voraus, dass nach Abschluss des Habilitationsverfahrens eine erfolgreiche selbstständige Lehrtätigkeit in verschiedenen Bereichen des Fachgebiets von mindestens zwei Jahren nachgewiesen wird. Nach § 1 der Geschäftsordnung der MHH für das Verfahren zur Erlangung der Genehmigung zur Führung des Titels Außerplanmäßiger Professor (GeschO APL-Prof.) können Privatdozentinnen und Privatdozenten zur Verleihung des Titels Außerplanmäßiger Professor vorgeschlagen werden, die sich in Lehre und Forschung besonders bewährt haben. Dies wird durch die §§ 3, 4 der Geschäftsordnung näher konkretisiert, wonach eine regelmäßige Beteiligung an der Lehre (§ 3 GeschO APL-Prof.) und kontinuierliche Leistungen in der Forschung (§ 4 GeschO APL-Prof.) erforderlich sind. Das Verfahren zur Verleihung des Titels Außerplanmäßiger Professor ist in der Weise ausgestaltet, dass nach Antrag des Bewerbers auf Einleitung des Verfahrens von der Sektion ein Ausschuss zur Vorbereitung ihrer Urteilsbildung eingerichtet wird, dem unter anderem in der Regel drei Professoren/Professorinnen angehören (§ 5 GeschO APL-Prof.). Die Sektion schlägt dem Senat die Einleitung des Verfahrens vor. Der Senat der Hochschule entscheidet über die Einleitung des Verfahrens und bestimmt die auswärtigen Gutachter, die die wissenschaftlichen Leistungen des Bewerbers sowie die Frage beurteilen, ob sich der Privatdozent bzw. die Privatdozentin in Lehre und Forschung besonders bewährt hat (§ 7 Abs. 1 GeschO APL-Prof.). Danach beschließt der Senat der Hochschule aufgrund der Gutachten und seiner eigenen Urteilsbildung, ob der Privatdozent bzw. die Privatdozentin dem Rektor zur Erteilung der Genehmigung zur Führung des Titels Außerplanmäßiger Professor benannt werden soll.
Die Ausgestaltung dieses Verfahrens ist nach Auffassung des Senats in Grundzügen dem Verfahren zur Berufung eines ordentlichen Professors nach §§ 51 ff. NHG nachgebildet. Die von der Geschäftsordnung für das Verfahren zur Erlangung der Genehmigung der Führung des Titels Außerplanmäßiger Professor aufgestellten inhaltlichen Anforderungen stellen nach Auffassung des Senats sicher, dass die an die Qualifikation eines erfolgreichen Bewerbers zu stellenden Anforderungen nicht hinter denen zurückbleiben, die in einem ordentlichen Berufungsverfahren gestellt werden. Auch wenn die Genehmigung zur Führung des Titels Außerplanmäßiger Professor vom Rektor der MHH erteilt wird, während die Berufung eines ordentlichen Professors durch das zuständige Ministerium erfolgt, folgt daraus nicht, dass die Vergleichbarkeit der beiden Verfahren im Hinblick auf die zu erfüllenden Qualifikationen zu verneinen ist, denn die vor der Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes mit Gesetz vom 8. Dezember 1993 (Nds. GVBl. 1993, S. 618) bestehende Befugnis des Ministers, den Titel "Außerplanmäßiger Professor" zu verleihen, ist im Hinblick darauf auf die Leitung der Hochschule verlagert worden, dass das Ministerium in der Vergangenheit in diesem Bereich lediglich formale Funktionen wahrgenommen hat (Niedersächsischer Landtag, Drs 12/3810, S. 150). Wenn aber eine echte Prüfungskompetenz vom Ministerium bei der Verleihung des Titels "Außerplanmäßiger Professor" nicht wahrgenommen wurde, wiegt der Unterschied, dass die Verleihung des Titels "Außerplanmäßiger Professor" im Gegensatz zur Berufung eines ordentlichen Professors nicht (mehr) durch das Ministerium erfolgt, nicht derart schwer, dass damit gravierende inhaltliche Differenzen im Rahmen der Überprüfung eines qualifizierten Bewerbers für den Titel "Außerplanmäßiger Professor" verbunden wären. Vielmehr ähneln sich die beiden Verfahren insbesondere im Hinblick auf die Überprüfung der Qualifikation des jeweiligen Bewerbers in den Grundzügen derart, dass auch das Verfahren zur Erlangung der Genehmigung zur Führung des Titels "Außerplanmäßiger Professor" hinsichtlich der von dem Betroffenen tatsächlich und selbständig wahrgenommenen und auch künftig eigenverantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben in Forschung und Lehre in vergleichbarer Weise einen Übertragungsakt darstellt. Insoweit wird die alleinige und umfassende Verantwortung der zuständigen Hochschulorgane für die ordnungsgemäße Erfüllung der der Hochschule obliegenden Aufgaben in Forschung und Lehre sichergestellt (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1995 - 6 C 7/94 - a. a. O.).
Für das Begehren des Antragstellers, der Professorengruppe zugeordnet zu werden, stellt der Senat jedoch nicht allein auf die Verleihung des Titels "Außerplanmäßiger Professor" ab, sondern als weiteres Erfordernis muss hinzutreten, dass der Antragsteller auch in der Zeit nach der Verleihung des Titels "Außerplanmäßiger Professor" im Rahmen seiner Tätigkeit professorentypische Aufgaben in Forschung und Lehre tatsächlich und kontinuierlich in mindestens überwiegendem Maß wahrgenommen hat. Dies ist bei dem Antragsteller der Fall. Dem vom Antragsteller vorgelegten Schriftenverzeichnis ist zu entnehmen, dass der Antragsteller auch nach der Verleihung der Befugnis, den Titel Außerplanmäßiger Professor zu führen, seit Jahren kontinuierlich in Forschung und Lehre in einem Umfang tätig ist, der ihn nicht von anderen Professoren unterscheidet. Die vom Antragsteller vorgelegte umfangreiche Beschreibung seiner Lehr- und Forschungstätigkeit verdeutlicht zudem, dass ihm eine Rechtsposition eingeräumt worden ist, die es ihm ermöglicht hat und weiter ermöglicht, ein wissenschaftliches Fach in Forschung und Lehre selbständig zu vertreten.
Der Bewertung, dass der Antragsteller auch im Bereich der Forschung selbständig tätig ist, steht, anders als die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht meinen, nicht entgegen, dass der Antragsteller nicht zum Abteilungsdirektor nach § 125 Abs. 2 NHG bestellt ist. Das Verwaltungsgericht verkennt die Tragweite des § 125 NHG, wenn es maßgeblich darauf abstellt, dass allein aus der Bestellung zum Abteilungsdirektor eine Betrauung mit selbständigen Forschungsarbeiten abzuleiten ist. Gemäß § 121 Abs. 2 S. 1 NHG bestehen im Fachbereich Humanmedizin medizinische Zentren, die sich in Abteilungen gliedern. Nach § 121 Abs. 2 S. 2 NHG obliegt den klinischen Abteilungen die Krankenbehandlung unmittelbar. Die Zuständigkeit und Organisation einer Abteilung ist in § 125 NHG geregelt.
Die Abteilungen erfüllen als Untergliederung des Fachbereichs Humanmedizin Aufgaben der Krankenversorgung und erbringen Dienstleistungen im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 3 NHG). Die Bedeutung der Krankenversorgung als einer der Universität zusätzlich übertragenen staatlichen Aufgabe hat rechtliche Folgen für die Stellung der Hochschullehrer, die in der Krankenversorgung an der Universität tätig werden. Soweit sie Kranke in Universitätskliniken behandeln, sind sie nicht in erster Linie akademische Forscher und Lehrer. Vielmehr handelt es sich bei der Krankenversorgung auch für den einzelnen medizinischen Professor um eine Zusatzaufgabe, die als staatliche Angelegenheit (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 2 NHG) neben seine Aufgabe, die medizinische Forschung und Lehre zu betreiben, tritt (BVerfG, Beschluss vom 8. April 1981 - BvR 608/79 - BVerfGE 57, 70 - 107 [BVerfG 08.04.1981 - 1 BvR 608/79]). Mithin geht es bei den Befugnissen der Leitung einer Abteilung eines medizinischen Zentrums nicht vorrangig um eine Angelegenheit der Wissenschaftsverwaltung, sondern um die Organisation der der Universität übertragenen Aufgabe der Krankenversorgung. Insoweit sind sie Verwaltungseinheiten im Rahmen der Krankenversorgung. In diesem Bereich erscheint das vom Verwaltungsgericht als maßgeblich erachtete Weisungsrecht des verantwortlichen Abteilungsleiters zur Aufrechterhaltung eines leistungsfähigen Klinikbetriebs und einer bestmöglichen Behandlung und Versorgung der Patienten sachgerecht. Die Verwaltungsorganisation der Krankenversorgung unterliegt dabei nicht den Garantien, welche im Rahmen der Tätigkeit des Hochschullehrers in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Geltung beanspruchen (BVerfG, Beschluss vom 8. April 1991 a. a. O.).
Demgegenüber ist nach Auffassung des Senats ein Weisungsrecht des Abteilungsleiters gegenüber dem Antragsteller im wissenschaftlichen Bereich nicht aus § 125 NHG abzuleiten. Soweit den Abteilungen gem. § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 NHG die Organisation und Koordination der Forschung und Lehre obliegt, folgt daraus ein Weisungsrecht des Abteilungsvorstehers gegenüber dem Antragsteller nicht. Vielmehr beinhaltet diese Aufgabe Koordinationsbefugnisse hinsichtlich eines sachgerechten Einsatzes der vorhandenen Personal- und Sachmittel, die allerdings mittelbar auch Forschungsvorhaben berühren können. Daraus folgt aber nicht die Ermächtigung zu Weisungen des Abteilungsvorstehers dergestalt, dass dem Antragsteller etwa Forschungsvorhaben untersagt werden könnten. Durch § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 NHG soll allein sichergestellt werden, dass eine sinnvolle Nutzung der Abteilungseinrichtungen im Sinne eines abgestimmten Personal- und Sachmitteleinsatzes erfolgt.
Diese Auslegung steht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Weisungsbefugnis des Abteilungsleiters in Einklang, denn im Wissenschaftsbetrieb sind Weisungskompetenzen eines Professors - hier des Abteilungsvorstehers - gegenüber einem anderen Professor - hier gegenüber dem Antragsteller - in der Regel im Hinblick auf das Grundrecht jedes Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht zulässig. Die Zuständigkeiten der Leitung einer wissenschaftlichen Universitätseinrichtung dürfen nicht zu unmittelbaren Eingriffen in die den (an der Einrichtung tätigen) Professoren gewährleistete Freiheit auf wissenschaftliche Eigeninitiative sowie Wahl und Durchführung ihrer Forschungsvorhaben führen (BVerfG, Beschluss vom 8. April 1981 a. a. O.).
Auch § 125 Abs. 3 S. 3 NHG spricht dafür, dass ein Weisungsrecht im Rahmen der Krankenversorgung der Zuordnung des Klägers zur Professorengruppe nicht entgegensteht. Nach § 125 Abs. 3 S. 4 NHG bestimmt sich die mitgliedschaftsrechtliche Stellung von Oberärztinnen und Oberärzte, die ausschließlich Funktionen in der Krankenversorgung wahrnehmen, nach § 68 NHG, d. h. sind sie in der Regel der Gruppe der Mitarbeiter zugeordnet. Wenn demgegenüber Oberärzte - wie der Kläger - auch andere Funktionen im Wissenschaftsbetrieb wahrnehmen, folgt daraus im Umkehrschluss, dass die mitgliedschaftsrechtliche Zuordnung in § 68 NHG für diese Gruppe nicht einschlägig ist, so dass eine Zuordnung zwischen der Professorengruppe und der Mitarbeitergruppe zu erfolgen hat, die sich an materiellen Kriterien im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert (BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973, - Az: 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 - BVerfGE 35, 79-170).