Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.08.2002, Az.: 8 LA 79/02

Kostenschuldner; Mitveranlasser; Veranlasser; Vermessungskosten

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.08.2002
Aktenzeichen
8 LA 79/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43501
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 12.03.2002 - AZ: 2 A 30/01

Gründe

1

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die von der Klägerin geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt worden sind.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid vom 1. Oktober 1997, mit dem der Beklagte die Klägerin zu Vermessungskosten in Höhe von 723,37 DM herangezogen hat, mit der Begründung abgewiesen, dass der Leistungsbescheid rechtmäßig sei. Dabei könne offen bleiben, ob die Klägerin aufgrund des § 9 des Grundstückskaufvertrags und durch ihr Verhalten Kostenschuldnerin geworden sei. Denn sie könne sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass der Beklagte den Leistungsbescheid an die Verkäuferin des Grundstücks hätte richten müssen, weil sie durch die Zahlung der Sonderungskosten, die der Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 1992 verlangt habe, den Eindruck erweckt habe, dass sie den abgekürzten Leistungsweg akzeptiere und auch die Vermessungskosten ausgleichen werde.

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Die Richtigkeit dieser Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Verwaltungsgericht für die Abweisung der Klage gegebene Begründung zutreffend ist. Das erstinstanzliche Urteil erweist sich nämlich im Ergebnis als richtig, weil die Klägerin die Vermessung, zu deren Kosten sie herangezogen worden ist, mitveranlasst hat.

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Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Vermessungs- und Katasterverwaltung ist § 1 Abs. 1 Satz 1 NVerwKostG i. V. m. der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom 31. Mai 1995 (Nds. GVBl. S. 136) in der hier maßgeblichen Fassung vom 20. März 1996 (Nds. GVBl. S. 58). Danach werden für Amtshandlungen der Vermessungs- und Katasterverwaltung Kosten erhoben, wenn die Beteiligten die Amtshandlung veranlasst haben. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NVerwKostG ist derjenige Kostenschuldner, der zu der Amtshandlung Anlass gegeben hat. Mehrere Kostenschuldner haften nach § 5 Abs. 1 Satz 2 NVerwKostG als Gesamtschuldner.

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Im vorliegenden Fall hat die Verkäuferin des von der Klägerin mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18. Februar 1992 erworbenen Grundstücks beim Beklagten am 24. Oktober 1991 die Sonderung und die nachfolgende Grenzfeststellung beantragt. Damit hat sie zu der Vermessung, die der Beklagte später durchgeführt hat, Veranlassung gegeben. Die Klägerin hat die Vermessung aber mitveranlasst, weil der Notar den von ihm beurkundetem Grundstückskaufvertrag dem Beklagten mit Schreiben vom 14. Mai 1992 übersandt und dabei auf den Vermessungsauftrag Bezug genommen hat. § 9 Satz 2 des Kaufvertrages bestimmt, dass die Klägerin die Kosten der Vermessung trägt und etwa verauslagte Kosten der Sonderung erstattet. Diese Vereinbarung gilt zwar nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Grundstücksverkäuferin. Durch die Übersendung des Vertrages und die Bezugnahme auf den Vermessungsauftrag hat der Notar aber dem Sinne nach zum Ausdruck gebracht, dass die Vermessung des Grundstücks nunmehr auch im Interesse und auf Veranlassung der Klägerin erfolgen soll. Dieses Verhalten des Notars muss sich die Klägerin zurechnen lassen, weil die Vertragsparteien den Notar in § 8 Satz 1 des Vertrages dazu beauftragt und ermächtigt haben, alles zum Vollzug des Vertrages Erforderliche für sie zu veranlassen. Notwendig zum Vollzug des Kaufvertrages war aber auch die Sonderung und Vermessung des Grundstücks, zumal die Auflassung, zu der die Vertragsparteien in § 6 Abs. 2 des Vertrages zwei Notariatsangestellte bevollmächtigt hatten, nach § 6 Abs. 1 des Vertrages erst nach dem Vorliegen der Teilungsgenehmigung und der Abschreibungsunterlagen erfolgen durfte. Demzufolge konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass die Klägerin Mitveranlasserin der Vermessung und damit Kostenschuldnerin im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 NVerwKostG ist. Daher durfte der Beklagte die Klägerin zu den Vermessungskosten heranziehen, da auch ein Mitveranlasser nach § 5 Abs. 1 Satz 2 NVerwKostG als Gesamtschuldner haftet.

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Die Berufung kann auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden. Zum einen hat die Klägerin diesen Berufungszulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt, weil sie nicht erläutert hat, aus welchen Gründen die Beantwortung der von ihr aufgeworfenen Fragen besondere, d. h. überdurchschnittliche Schwierigkeiten aufwerfen könnte. Zum anderen liegt der Berufungszulassungsgrund auch nicht vor, da die Klärung der Rechts- und Tatsachenfragen, die sich im vorliegenden Verfahren stellen, keine über das normale Maß hinausgehende Schwierigkeiten bereitet.

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Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt gleichfalls nicht in Betracht. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, - ob allein der Antragsteller einer kostenpflichtigen Amtshandlung als Veranlasser auf die Kosten in Anspruch zu nehmen ist oder nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ein weiterer Kostenschuldner in Anspruch genommen werden kann, - verleiht ihrer Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich ist. Da die Klägerin Kostenschuldnerin im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 NVerwKostG ist, kann dahinstehen, ob sie nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zur Zahlung der Vermessungskosten verpflichtet ist. Außerdem bedarf es keines Berufungsverfahrens, um die Frage, ob mehrere Veranlasser einer kostenpflichtigen Amtshandlung Kostenschuldner sind, zu klären, da § 5 Abs. 1 Satz 2 NVerwKostG ausdrücklich bestimmt, dass mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner haften.

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Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen, weil die erstinstanzliche Entscheidung entgegen der Annahme der Klägerin von den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 25. Mai 1990 ( 6 A 163/88 ) und vom 25. April 1989 ( 1 A 164/87 ) nicht abweicht. Eine Abweichung setzt voraus, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit einem obergerichtlich aufgestellten, dieselbe Rechtsfrage betreffenden und die Entscheidung tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt ( vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.12.1995 - 4 B 187.95 -; Beschl. v. 29.8.1997 - 7 B 261/97 - NJW 1997 S. 3328; Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 12 Rn. 36 ff.). Das Verwaltungsgericht hat indessen keinen Rechtssatz aufgestellt, der dem in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 25. Mai 1990 entwickelten Rechtssatz widerspricht, dass in der Regel kein Bedürfnis bestehe, außer dem Antragsteller weitere Kostenschuldner in Anspruch zu nehmen, wenn eine Amtshandlung auf einen Antrag zurückgeht. Denn das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Klägerin als Kostenschuldnerin im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 NVerwKostG anzusehen ist. Im Übrigen weist das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 25. April 1989 den Rechtssatz, den ihm die Klägerin zugesprochen hat, nicht auf, so dass auch insoweit die behauptete Divergenz nicht vorliegt.