Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 26.08.2002, Az.: 12 LA 522/02

Ermessensreduzierung; Lärmschutz-Richtlinien-StV; Unzumutbarkeit; Verkehrslärm

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.08.2002
Aktenzeichen
12 LA 522/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43514
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 26.04.2002 - AZ: 2 A 216/98

Gründe

1

Der Antrag, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Berufung - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) - greifen nicht durch.

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1. Die Zulassung der Berufung erfordert, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) bezeichneten Zulassungsgründe eindeutig geltend gemacht wird und innerhalb der Antragsfrist aus sich heraus verständlich näher dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) wird, dass und aus welchen Gründen dieser Zulassungsgrund vorliegen soll. An die Darlegung sind nicht geringe Anforderungen zu stellen (vgl. Senat, Beschl. v. 16.9.1997 - 12 L 3508/97 -, NdsVBl. 1997, 282 und st. Rspr.; Bader, DÖV 1997, 442; ders., in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO 1999, RdNrn. 27 ff zu § 124a; Seibert, DVBl. 1997, 932; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, RdNr. 7 zu § 124a). Die dem Revisionsrecht nachgebildete Darlegungspflicht bestimmt als selbständiges Zulässigkeitserfordernis den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts. Sie soll den Aufwand für die Bearbeitung des Zulassungsantrages "reduzieren", dadurch das Zulassungsverfahren beschleunigen und verlangt, wie der Hinweis auf den Vertretungszwang (§ 67 Abs. 1 VwGO) in der Gesetzesbegründung des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 - BGBl I S. 626 - (BT-Drs. 13/3993, S. 13) erhellt, qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen. Das bloße Benennen oder Geltendmachen eines Zulassungsgrundes genügt dem Darlegungserfordernis ebenso wenig wie eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens oder gar eine - ergänzende - Bezugnahme hierauf (vgl. Bader, NJW 1998, 409 (410)). Insgesamt ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschl. v. 21.1.2000 - 2 BvR 2125/97 -, DVBl. 2000, 407).

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1.1 Wird - wie hier in erster Linie - der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemacht, so ist für dessen Darlegung als Mindestvoraussetzung zu verlangen, dass geltend gemacht wird, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist, und die Sachgründe hierfür bezeichnet und erläutert werden.

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Hiernach ist für die Darlegung hinreichend, dass sich ein Antrag nicht darauf beschränkt, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung allgemein oder unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens anzuzweifeln, sondern hinreichend fallbezogen und substantiiert (insoweit hängen die Darlegungsanforderungen auch von Art und Umfang der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ab) auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu den für die Entscheidung maßgeblichen Rechts- und Tatsachenfragen eingeht, deren Unrichtigkeit mit zumindest vertretbaren, jedenfalls nicht unvertretbaren Erwägungen dartut und sich dazu verhält, dass und aus welchen Gründen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung auf diesen - aus Sicht des Rechtsmittelführers fehlerhaften - Erwägungen beruht; nicht ausreichend sind Darlegungen zu Zweifeln an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente oder Sachverhaltsfeststellungen, wenn diese nicht zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses begründen (Senat, Beschl. vom 21.3.1997 - 12 M 1255/97 - und st. Rspr.). Rechts- oder Tatsachenfragen, die in der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung keine Rolle gespielt haben oder nicht zweifelhaft waren, brauchen dabei im Rahmen des Antrages auf Rechtsmittelzulassung nicht erörtert zu werden, um eine Entscheidungserheblichkeit darzulegen (BVerfG <1. Kammer des Zweiten Senats>, Beschl. v. 15.8.1994 - 2 BvR 719/94 -, NVwZ-Beil. 1994, 65 <66> <zu § 78 Abs. 4 AsylVfG>), soweit sich ihre Entscheidungserheblichkeit nicht aufdrängte. Für das - gesondert zu prüfende - Darlegungserfordernis reicht es auch bei einer - objektiv im Ergebnis (eindeutig) unrichtigen - Entscheidung jedenfalls nicht aus, dass die Unrichtigkeit lediglich allgemein behauptet wird, sich diese aber nicht aus dem Antrag selbst, sondern erst nach einer Durchsicht der Akten erschließt. Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittels (mindestens) ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Senat, Beschl. v. 18.1.1999 - 12 L 5431/98 -, NdsVBl. 1999, 93; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Januar 2001, RdNrn. 395g, h zu § 80; Kopp/Schenke, aaO, RdNr. 7 zu § 124; Happ: in Eyermann, VwGO, 10. Aufl. 1998, RdNr. 20 zu § 124). Die Annahme, der Erfolg des Rechtsmittels müsse wahrscheinlicher sein als der Misserfolg (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.5.1997 - A 12 S 580/97 -, DVBl. 1997, 1327; Hess. VGH, Beschl. v. 4.4.1997 - 12 TZ 1079/97 -, NVwZ 1998, 195; Nds. OVG, Beschl. v. 31.7.1998 - 1 L 2696/98 -, NdsRpfl. 1999, 87; Meyer-Ladewig in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, aaO, RdNr. 26d zu § 124 m.w.Nachw.; Bader; NJW 1998, 409) trifft nicht zu, sie vernachlässigt die Zweistufigkeit des Verfahrens, ist auch aus Gründen der System- und Funktionsgerechtigkeit - Entlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und Verfahrensbeschleunigung - nicht geboten und verweigert in einer Vielzahl von Verfahren den Zugang zu den Berufungsverfahren, obwohl das Rechtsmittel Erfolg haben wird. Eine solche Auslegung wird dem Anliegen des Gesetzgebers (BT-Drs. 13/3993) weniger gerecht, grob ungerechte Entscheidungen zu verhindern, und schränkt damit den Zugang zu den Berufungsverfahren auf eine aus Sachgründen nicht gebotene Weise unzumutbar ein. Es reicht aus, dass ein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 (1459) = NdsVBl. 2000, 244 (245) = NVwZ 2000, 1163).

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1.2 Nach diesem Maßstab kann das Vorbringen des Klägers, mit dem er die Auffassung des Verwaltungsgerichts bekämpft, er habe keinen Anspruch auf Anordnung der begehrten verkehrsbeschränkenden Maßnahmen durch die Beklagte und ihm stehe auch die hilfsweise begehrte Entschädigung nicht zu, nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils führen.

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Der Kläger macht mit Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend, das Verwaltungsgericht habe als Richtschnur zur Beantwortung der Frage, was Straßenanliegern an Verkehrslärm zumutbar sei, zu Unrecht die Vorläufigen Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV vom 6.11.1981, VkBl. 1981, 428) herangezogen. Diese seien längst durch neuere Regelwerke, vor allem durch die 16. Verordnung zur Durchführung des BImSchG (Verkehrslärm-Schutzverordnung vom 12.6.1990, BGBl. I S. 1036) überholt. Die Immissionsgrenzwerte, die die als Orientierungshilfe anwendbare Verkehrslärm-Schutzverordnung für Kern-, Dorf- und Mischgebiete vorsehe, würden durch den Verkehrslärm auf der {C.} Straße im Hinblick auf das Wohngrundstück des Klägers erheblich überschritten, woraus sich die Unzumutbarkeit der Lärmbelästigung ergebe. Hingegen habe das Verwaltungsgericht ausgehend von den viel zu hohen, in den Lärmschutzrichtlinien-StV für Mischgebiete angenommenen Richtwerten bzw. mit der nicht zutreffenden Erwägung, er, der Kläger, habe ausdrücklich nur solche Lärmschutzmaßnahmen beantragt, die der Herabsetzung einer durch die in den Vorjahren durchgeführte Umgestaltung der {C.} Straße verursachten Erhöhung des Verkehrslärms dienen sollten, eine Unzumutbarkeit des Verkehrslärms und damit bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Einschreitens nach § 45 StVO verneint und sich dementsprechend nicht mit der Ermessensseite der Norm befasst. Fehle mithin der gesamten Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils die Grundlage, spreche eine Vermutung dafür, dass ernstliche Zweifel am Ergebnis des Urteils bestünden, so dass für die Zulassung der Berufung nicht mehr zu prüfen sei, ob sich das Urteil möglicherweise mit einer anderen Begründung aufrecht erhalten lasse.

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Die Normstruktur des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO - auf der Grundlage dieser Vorschrift hat das Verwaltungsgericht den Hauptantrag des Klägers von diesem ungerügt ausschließlich geprüft - ist in Rechtsprechung und Lehre geklärt. Danach setzt die Norm in ihrem verwaltungsgerichtlich voll nachprüfbaren Tatbestand eine straßenverkehrsrechtliche Gefahr voraus, stellt es jedoch auf ihrer Rechtsfolgenseite in das nur im Rahmen des § 114 VwGO überprüfbare Ermessen der Straßenverkehrsbehörden, ob und ggf. welche Maßnahmen zur Bekämpfung der Gefahr ergriffen werden. Weiterhin ist § 45 Abs. 1 StVO grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner gerichtet. Allerdings kann der Einzelne dann einen - regelmäßig auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde begrenzten - Anspruch auf ein verkehrsregelndes Einschreiten haben, wenn die Verletzung seiner geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Denn das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 45 Abs. 1 StVO umfasst nicht nur die Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG); dazu gehört auch im Vorfeld der Grundrechte der Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen. Ein Anspruch des Einzelnen auf Erlass einer konkreten behördlichen Anordnung kann dabei nur in Ausnahmefällen einer sog. Ermessensreduzierung auf Null gegeben sein (grundlegend zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 4.6.1986 - 7 C 76.84 -, BVerwGE 74, 234, 235 ff.; aus der Rechtsprechung des Senats: Urte. v. 14.3.1994 - 12 L 4457/92 -, S. 9 UA u. - 12 L 6156/92 -, S. 8 f. UA; Beschl. v. 4.12.2001 - 12 MA 3749/01 -, S. 8 f. BA; außerdem: OVG Münster, Urt. v. 2.12.1997 - 25 A 4997/96 -, NVwZ-RR 1998, 627 ff.; VGH Mannheim, Urt. v. 16.5.1997 - 5 S 1842/95 -, NVwZ-RR 1998, 682 ff. [VG Gießen 14.11.1997 - 7 G 1371/97 (5)]; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. 2001, § 45 StVO, Rn. 26, 28a; Petersen, Nds. VBl. 1997, 169 f.).

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Bei der Ausübung ihres Ermessens hat die zuständige Behörde über die Belange der betroffenen Anlieger hinaus sowohl diejenigen des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer zu würdigen, als auch die Interessen anderer Anlieger in Rechnung zu stellen, ihrerseits von übermäßigem Lärm verschont zu bleiben, der als Folge verkehrsberuhigender Maßnahmen durch Verlagerung des Verkehrs eintreten kann. Die Behörde darf dabei in Wahrung allgemeiner Verkehrsrücksichten und sonstiger entgegenstehender Belange von derartigen Maßnahmen umso eher absehen je geringer der Grad der Lärmbeeinträchtigung ist, dem entgegengewirkt werden soll. Umgekehrt müssen bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen die verkehrsberuhigenden und verkehrslenkenden Maßnahmen entgegenstehenden Verkehrsbedürfnisse und Anliegerinteressen schon von einigem Gewicht seien, wenn mit Rücksicht auf diese Belange ein Handeln der Behörde unterbleibt. Jedenfalls darf die zuständige Behörde selbst bei erheblichen Lärmbeeinträchtigungen von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen absehen, wenn ihr dies mit Rücksicht auf die damit verbundenen Nachteile gerechtfertigt erscheint (vgl.: BVerwG, Urt. v. 4.6.1986, a.a.O., 240; Beschl. v. 18.10.1999 - 3 B 105/99 -, NZV 2000, 386 f.; OVG Münster, Urt. v. 2.12.1997, a.a.O.).

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Anerkannt ist dementsprechend weiterhin, dass sich die im Rahmen des § 45 Abs. 1 StVO zu gewährleistende Schutzbedürftigkeit - anders als im Straßenrecht - nicht nach einem abstrakt festgelegten Lärmpegel bestimmen lässt, sondern sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles richtet. Dabei ist insbesondere, aber nicht nur auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Anlieger sowie auf das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Lärmvorbelastung abzustellen (BVerwG, Urt. v. 4.6.1986, a.a.O., 239; Urt. v. 22.12.1993 - 11 C 45.92 -, DVBl. 1994, 758, 759; Urt. v. 15.2.2000 - 3 C 14/99 -, NJW 2000, 2121 f.; Urt. d. Sen. v. 14.3.1994 - 12 L 6165/92 -, S. 15 UA). Da von diesen Grundsätzen auch die Lärmschutz-Richtlinien-StV ausgehen, werden sie nach wie vor von der Rechtsprechung als grundsätzlich zu beachtende Orientierungshilfe bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Belange herangezogen. Dies geschieht mit der Maßgabe, dass weder bei der Überschreitung der in den Richtlinien enthaltenen Richtwerte ein Anspruch auf ein verkehrsbehördliches Einschreiten besteht, noch ein solches bei Verkehrsgeräuschen unterhalb dieser Werte ausgeschlossen wird (BVerwG, Urt. v. 4.6.1986, a.a.O., 239 f.; Urt. v. 22.12.1993, a.a.O., 759; VGH Kassel, Urt. v. 7.3.1989 - 2 UE 319/84 -, NJW 1989, 2767, 2768 f.; Urt. d. Sen. v. 14.3.1994 - 12 L 6195/92 -, S. 16 UA).

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Das angefochtene Urteil verneint vor diesem rechtlichen Hintergrund bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO. Lässt man dabei die von dem Kläger angegriffene Erwägung außer Acht, sein Begehren sei von vornherein nur auf eine Herabsetzung der von ihm geltend gemachten Erhöhung der Verkehrsbelastung der {C.} Straße nach ihrer Umgestaltung gerichtet gewesen, stützt sich die Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass nach dem Ergebnis der von dem Planungsbüro {D.} GmbH unter dem 3. Dezember 2001 erstatteten schalltechnischen Voruntersuchung für die {C.} Straße von einer unzumutbaren Lärmbelastung nicht ausgegangen werden könne, weil die in dieser Untersuchung festgestellten Beurteilungspegel von 64,5 dB(A) bis 66,5 dB(A) am Tage und von 56,0 dB(A) bis 58,1 dB(A) in der Nacht unterhalb der in den Lärmschutz-Richtlinien-StV für vergleichbare Gebiete vorgesehenen Richtwerte von 75 dB(A) am Tag und 65 dB(A) in der Nacht und - vor allem - auch unterhalb der für die Zeit vor der mit dem Ziel der Verkehrsberuhigung durchgeführten Umgestaltung der {C.} Straße errechneten Beurteilungspegel von 68,8 dB(A) bis 70,9 dB(A) am Tag und 58,6 dB(A) bis 60,7 dB(A) in der Nacht lägen sowie besondere Umstände, die die Anordnung von Lärmschutzmaßnahmen trotz der seinerzeit gegebenen Vorbelastung gebieten könnten, nicht ersichtlich seien.

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Der Kläger, der sein Begehren auf eine Verpflichtung der Beklagten zu immissionsmindernden Maßnahmen weiterverfolgt, hätte sich hiernach für die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht darauf beschränken dürfen, die weitere Geeignetheit der Lärmschutz-Richtlinien-StV als Orientierungshilfe bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Straßenverkehrslärm in Frage zu stellen. Um darzutun, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts - bezogen auf einen Anspruch auf ein Einschreiten der Beklagten - im Ergebnis unrichtig sei, hätte der Kläger weiter darlegen müssen, dass sich das Ermessen der Beklagten ausnahmsweise auf einen solchen Anspruch hin verdichtet habe. Der Kläger hat hiervon, obwohl sich dies aufdrängte und die Beklagte im Berufungszulassungsverfahren auf dieses Erfordernis zutreffend hingewiesen hat, bewusst abgesehen.

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Darlegungen zu dem durch das Verwaltungsgericht abgelehnten Hilfsantrag des Klägers finden sich in dessen Zulassungsantrag nicht ansatzweise.

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2. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt.

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2.1 Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist sowie im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss. Der Zulassungsantrag muss eine konkrete Frage aufwerfen, deren Entscheidungserheblichkeit erkennen lassen und (zumindest) einen Hinweis auf den Grund enthalten, der das Vorliegen der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll (Meyer-Ladewig, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, aaO, RdNr. 30 zu § 124; Kopp/Schenke, aaO, RdNr. 10 zu § 124). Für die Darlegung reicht es aus, dass die aufgeworfene Grundsatzfrage rechtlich derart aufbereitet wird, wie dies nach Maßgabe der Begründung in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts erforderlich ist; Rechtsfragen, die in der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung keine Rolle gespielt haben, brauchen im Rahmen des Antrages auf Rechtsmittelzulassung nicht erörtert zu werden, um eine Entscheidungserheblichkeit darzulegen (BVerfG <1. Kammer des Zweiten Senats>, Beschl. v. 15.8.1994 - 2 BvR 719/93 -, NVwZ-Beil. 1994, 65 <66>). Diese Voraussetzungen sind dann nicht gegeben, wenn sich die Frage so, wie sie mit dem Antrag aufgeworfen worden ist, im Rechtsmittelverfahren nicht stellt, ferner dann nicht, wenn sich die Frage nach dem Gesetzeswortlaut ohne Weiteres eindeutig beantworten lässt (BVerwG, Beschl. v. 8.12.1985 -- BVerwG 1 B 136.85 -, Buchholz 130 § 22 RuStAG, S. 2) oder sie in der Rechtsprechung - namentlich des Bundesverwaltungsgericht oder des erkennenden Senats - geklärt ist.

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2.2 Diesen Maßstab verfehlt der Kläger, wenn er die Frage aufwirft, an welchen Normen man sich im Hinblick auf die Zumutbarkeit von Verkehrslärm zu orientieren habe und im Weiteren auf ober- und höchstrichterliche Entscheidungen verweist, die im Gegensatz zu dem angefochtenen Urteil die Verkehrslärm-Schutzverordnung als Orientierungshilfe zugrunde gelegt hätten. Zum einen betreffen die von dem Kläger herangezogenen Entscheidungen (BVerwG, Urt. v. 9.2.1995 - 4 C 26.93 -, NVwZ 1995, 907 ff.; Beschl. v. 22.9.1999 - 4 B 68/98 -, NVwZ 2000, 565 ff.; OVG Koblenz, Urt. v. 11.5.1999 - 7 A 10095/99 -. NJW 2000, 234 ff.) nicht den hier in Rede stehenden Regelungsbereich des  § 45 Abs. 1 StVO, sondern denjenigen der Planfeststellung oder der sonstigen Veränderung von Straßen. Zum anderen richtet sich, wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, im Rahmen des § 45 Abs. 1 StVO die Schutzbedürftigkeit in Bezug auf Straßenverkehrslärm nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles und ist insoweit einer fallübergreifenden grundsätzlichen Klärung entzogen.

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3. Auch auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO kann der Kläger seinen Zulassungsantrag nicht mit Erfolg stützen.

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3.1 Ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, ist nur dann gemäß § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Wird ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend gemacht, muss dementsprechend substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (Senat, st. Rspr. unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.8.1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328).

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3.2 Insoweit reicht es nicht aus, wenn der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen die tatsächlichen verkehrsbedingten Lärmimmissionen, die von der {C.} Straße ausgingen, messen und begutachten lassen müssen, um seiner Entscheidung so die tatsächlichen Lärmpegel und nicht nur die prospektiv errechneten Pegel zugrunde legen zu können. Eine derartige Beweiserhebung, die der in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 26. April 2002 nicht anwesende bzw. vertretene Kläger nicht beantragt hat, musste sich dem Verwaltungsgericht bereits deshalb nicht aufdrängen, weil es allgemein anerkannt ist, dass Messungen an Ort und Stelle je nach Witterungslage, konkreter Zusammensetzung der Verkehrsströme und weiteren Einflussfaktoren zu jeweils unterschiedlichen Ergebnissen führen können und demgemäß die Zuverlässigkeit einer Berechnung aufgrund eines sachgerecht ermittelten Verkehrsaufkommens nicht erreichen können (vgl. dazu etwa: Urt. d. Sen. v. 14.3.1994 - 12 L 6165/92 -, S. 14 UA; OVG Münster, Urt. v. 2.12.1997 a.a.O., 628).

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Sofern der Kläger weiterhin rügt, das Verwaltungsgericht habe jedenfalls die mit der Erstellung der schalltechnischen Voruntersuchung vom 3. Dezember 2001 befassten Mitarbeiter des Planungsbüros {D.} GmbH zum Zweck der Erläuterung dieses Gutachtens laden müssen, um diese zu den Aspekten der ihrer Berechnung zugrunde gelegten Oberfläche der Straße bzw. der Durchschnittsgeschwindigkeit der Fahrzeuge sowie einer geänderten Vorfahrtsregelung persönlich zu befragen, und überdies eine Ortsbesichtigung durchführen müssen, vermag auch dies einen Verfahrensfehler nicht darzutun. Die in Rede stehende Voruntersuchung ist aus sich heraus verständlich und wird durch die Rügen des Klägers nicht substantiell in Frage gestellt. Jedenfalls musste sich dem Verwaltungsgericht die von dem Kläger genannte Befragung der Gutachter bzw. die Durchführung einer Ortsbesichtigung nicht aufdrängen.