Landgericht Hannover
Urt. v. 12.10.2022, Az.: 23 O 63/21
Keine formelle Rechtswidrigkeit von Beschlüssen der Hauptversammlung einer AG bei ordnungsgemäßer Bekanntmachung
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 12.10.2022
- Aktenzeichen
- 23 O 63/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 48104
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
In dem Rechtsstreit
...
hat das Landgericht Hannover - 3. Kammer für Handelssachen - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht ..., den Handelsrichter ... und den Handelsrichter ... auf die mündliche Verhandlung vom 01.06.2022 für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Nebenintervenienten zu 2. tragen die Kläger. Der Nebenintervenient zu 1. trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
- 3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger und der Nebenintervenient zu 1 machen die Nichtigkeit/Anfechtbarkeit der in der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 gefassten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 (der Kläger zu 2 und der Nebenintervenient zu 1 darüber hinaus zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4) geltend.
A.
Die Beklagte, eine im Handelsregister des Amtsgerichts ...unter HRB ... eingetragene börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in ..., berief am 14. Juni 2021 durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger ihre ordentliche Hauptversammlung 2021 für den 22. Juli 2021 ein. Die Einberufung erfolgte als virtuelle Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten mit Ausnahme der Stirnmrechtsvertreter der Gesellschaft gemäß § 1 Abs. 2, Abs. 6 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG, bzw. Covid-19-Gesetz) (Anlagen K1.7, K2.4 und B2).
Zum Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung 2021 am 14. Juni 2021 betrug die Gesamtzahl der Aktien der Beklagten 501.295.263; davon 295.089.818 (stimmberechtigte) Stammaktien und 206.205.445 stimmlose Vorzugsaktien (Anlagen K1.7, K2.4 und B2). Rd. 53,3 % der durch die Stammaktien der Beklagten vermittelten Stimmrechte entfielen auf die ..., rd. 20 % auf ... und rd. 17 % auf die ... (Anlage B3). Der restliche Anteil von rd. 9,7 % entfiel auf weitere Aktionäre, unter anderem die Kläger und Nebenintervenienten (Anlagen K1.1, NI2.1, Blatt 179a, GAI und Anlage B4).
Die mit der Einberufung mitgeteilte Tagesordnung umfasste unter den Punkten 10 a und 10 b Beschlussvorschläge des Vorstands und des Aufsichtsrats über die Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Vorstands, Herrn ..., und dem ehemaligen Mitglied des Vorstands, Herrn ... (Haftungsvergleiche) sowie unter Punkt 11 über die Zustimmung der Hauptversammlung zu einer Vergleichsvereinbarung mit den Versicherungsunternehmen, die an der für den ... bestehenden ... beteiligt sind (Deckungsvergleich). Die Tagesordnung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 beinhaltete, neben einer Kurzfassung, eine Beschreibung der Beschlussgegenstände, die Information, dass die Vergleiche der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen sowie den Vorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand, den jeweiligen Vergleichsvereinbarungen zuzustimmen. Der Wortlaut der Vergleichsvereinbarungen wurde in den weiteren Informationen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 wiedergegeben (unter I. bis III., Seite 21 ff. der Anlagen K1.7, K2.4 und B2). Ferner enthält die Einladung einen Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstandes der Beklagten zum Hintergrund der Vergleiche zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11, dem ...Versicherungsprogramm, dem wesentlichen Inhalt und den rechtlichen Rahmenbedingungen der Vergleichsvereinbarungen, zu den wesentlichen Gründen für die Vergleichsvereinbarungen, zur gerichtlich angeordneten Sonderprüfung sowie eine zusammenfassende Empfehlung (unter IV, Seite 47 bis 63, Anlagen K1.7, K2.4 und B2).
Die mitgeteilte Tagesordnung umfasste ferner unter den Punkten 3 und 4 Beschlussvorschläge des Vorstandes und des Aufsichtsrats über die Erteilung der Entlastung für die im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats (Anlagen K1.7, K2.4 und B2).
Hintergrund der der Hauptversammlung zur Zustimmung gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG vorgelegten Vergleichsvereinbarungen war der seitens der Beklagten gegenüber Herrn ... sowie Herrn ... - auf der Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme der Rechtsanwaltssozietät ... - erhobene Vorwurf einer fahrlässigen Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal. Dem ...sind bis zum 31. Dezember 2020 Aufwendungen in Höhe von rd. 32,2 Mrd. € dadurch entstanden, dass die Software der Steuerungseinheiten (zumindest) für den zwischen 2002 und 2008 von ... entwickelten Dieselmotor EA 189 dahingehend manipuliert wurde, dass der Fahrverlauf von Abgastests erkannt und je nach erkanntem Fahrverlauf zwischen zwei verschiedenen Modi umgeschaltet wurde ("Defeat Device"), um im Prüfstand die strengen US-amerikanischen Emissionsgrenzwerte einhalten zu können. Während im Prüfstand-Modus die strengen US-amerikanischen Emissionsgrenzwerte eingehalten wurden, ergaben Messungen im realen Fahrbetrieb um den Faktor 15 bis 35 höhere NOx-Emissionen, was eine Studie des ... im Mai 2014 aufdeckte. Die US-amerikanische ... am 18. September 2015 eine Notice of Violation mit der sie bekannt gab, dass bei Abgastests an bestimmten Fahrzeugen der Modelljahr 2009 bis 2015 mit 2,0 I Dieselaggregaten EA 189 und EA 288 des .. in den USA Unregelmäßigkeiten bei NOx-Emissionen festgestellt worden seien. Daraufhin informierte die Beklagte mit Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 darüber, dass bei Dieselaggregaten des Typs EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rd. 11 Millionen Fahrzeugen, auffällige Abweichungen von Emissionswerten zwischen Prüfstand und realem Fahrbetrieb festgestellt worden seien.
Mit einer weiteren Notice of Violation gab die EPA am 2. November 2015 festgestellte Unregelmäßigkeiten in Bezug auf in den Fahrzeugen von ..., ... und ... verbauten Dieselmotoren vom Typ 3,0 I V6 TDI bekannt. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) erließ in den Jahren 2017 bis 2019 Bescheide gegen ... und ... wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerungssoftware u. A. diverser von ... entwickelter V-TDI Motoren, deren Basisdatenstand in den in ... -Fahrzeugen eingesetzten V6 und V8 TDI Motoren ebenfalls enthalten war. Daraus ergaben sich die oben genannten Kosten (rd. 32,2 Mrd. €) u. A. für Rückrufe und Feldmaßnahmen, Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen an Händler, Kosten der internen Untersuchung und Bußgeldzahlungen. Gegen die Beklagte und andere Gesellschaften des ... u. A. noch anhängig sind im Zusammenhang mit dem Dieselskandal zahlreiche zivilrechtliche Einzel- und Sammelverfahren von Kunden sowie Klagen von Verbraucher- und/oder Umweltverbänden in Deutschland und im Ausland. Ferner werden von Anlegern aus Deutschland und dem Ausland gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Kursverluste im Zusammenhang mit dem Dieselskandal mit einem Volumen von mehr als 9,7 Mrd. € gerichtlich geltend gemacht (Seite 49 f. der Anlagen K1.7, K2.4 und B2 sowie Anlagen K1.8 bis K1.19). Ein wegen des Abgasreinigungskartells von der Europäischen Kommission gegen die Beklagte verhängtes Bußgeld betrug rd. 500 Mio. € (Anlage K1 20a).
U. A. gegen Herrn ... und Herrn ... werden vor den Landgerichten Braunschweig, München II und Stuttgart strafrechtliche Verfahren insbesondere wegen des Vorwurfs des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges geführt (Seite 50 der Anlagen K1.7, K2.4 und B2 sowie K1.34 bis K1.40, Anlage K1.43, K2.29, Anlagen K2.9, K2.11 bis K2.17; Anlagen NI1 bis NI4). Darüber hinaus wurde vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig das Hauptverfahren gegen Herrn .. wegen des Verdachts der Marktmanipulation zugelassen (Anlage K1.41 und Anlagen K2.18, K2.19, K2.20, K2.21) und mit Blick auf die zu erwartende Strafe im Verfahren wegen u. A. gewerbs- und bandenmäßigen Betruges vorläufig eingestellt (Anlage K1.42, Anlage K2.22). Diesen Einstellungsbeschluss hat das Oberlandesgericht Braunschweig mit Beschluss vom 19. April 2022 aufgehoben, weil bei der Entscheidung nicht alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt worden seien, sodass das Landgericht... erneut über die vorläufige Einstellung des Verfahrens zu entscheiden haben wird (Anlage K2.28). Gegen Herrn ... wurde zudem von der Staatsanwaltschaft Berlin Anklage wegen uneidlicher Falschaussage vor dem sog. "Abgas"-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags, wegen des Vorwurfs, fälschlich behauptet zu haben, erst im September 2015 über Abschalteinrichtungen unterrichtet worden zu sein, während ihm diese bereits seit Mai 2015 bekannt gewesen seien, erhoben (Anlage K2.24). Gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten, Herrn ... und den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, Herrn ... wegen des Verdachts der Marktmanipulation eingeleitete Strafverfahren wurden gegen Zahlung von jeweils 4,5 Mio. € an die Staatskasse gemäß § 153a StPO eingestellt. Gegen die Beklagte wurde ein Bußgeld in Höhe von 1 Mrd. € verhängt (Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 13. Juni 2018; Anlage K2.25) und gegen die ... in Höhe von 800 Mio. € (Pressemitteilung der... AG vom 16. Oktober 2018; Anlage K2.26).
Die Beklagte hat gegen die vom Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 8. November 2017 (9 W 86/17) gemäß § 142 Abs. 2 AktG angeordnete Sonderprüfung, mit dem Gegenstand zu prüfen, ob Vorstand und Aufsichtsrat im Zusammenhang mit dem Dieselskandal seit dem 22. Juni 2006 ihre Pflichten verletzt und der Beklagten einen Schaden zugefügt haben (vergleiche Anlage K1.31), und gegen die Bestellung eines neuen Sonderprüfers, jeweils Verfassungsbeschwerde erhoben (Seite 62 f. der Anlage B2 sowie Anlage K2.4); die gegen den Ausgangsbeschluss gerichtete einstweilige Anordnung wurde vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen (Anlage K1.33). Prüfungshandlungen hat der bestellte Sonderprüfer, gegen den die Beklagte - wegen des nicht hinreichend nachgewiesenen Fehlens eines Bestellungshindernisses - Unterlassungsklage erhoben hat, bis zur Hauptversammlung nicht vorgenommen (Seite 63 der Anlage B2 sowie Anlage K2.4).
In der vom Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn ... geleiteten Hauptversammlung vom 22. Juli 2021 erläuterte der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats, Herr ..., bezüglich der Tagesordnungspunkte 10 und 11 das Ergebnis der vom Aufsichtsrat im Oktober 2015 zu "Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Dieselthematik" in Auftrag gegebenen Untersuchung der Rechtsanwaltssozietät ... dahin, dass Herr ... und Herr ... ihre aktienrechtliche Sorgfaltspflicht nach § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG fahrlässig verletzt hätten; Herr ... indem er am 27. Juli 2015 gewonnene konkrete Anhaltspunkte für möglicherweise rechtswidrige Funktionen in 2,0 I Dieselmotoren nicht zum Anlass einer unverzüglichen, umfassenden Aufklärung des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen genommen habe und Herr ..., indem er am 21. September 2016 erlangte Anhaltspunkte für rechtswidrige Funktionen der von ... entwickelten V6 und V8 TDI Motoren nicht zum Anlass einer Untersuchung der Motoren auf unzulässige Softwarefunktionen genommen habe. Pflichtverletzungen anderer Vorstandsmitglieder, namentlich deren Beteiligung an der Entwicklung und Verwendung unzulässiger Softwarefunktionen, seien - so der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung - ebenso wenig wie eine Organisationspflichtverletzung oder die Verletzung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten festgestellt worden, (vgl. Seite 11 ff. des am 23. August 2021 zum Handelsregister des Amtsgerichts ... eingereichten notariellen Protokolls der ordentlichen Hauptversammlung 2021 des Rechtsanwalts ... als amtlich bestellter Vertreter des Notars ... , mit Amtssitz in ...; Anlage B4).
Nach dem Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 in der Einladung zur Hauptversammlung, sind die Vorstände der Beklagten sowie von ... und ... auf der Grundlage der in ihrem Auftrag von der Rechtsanwaltssozietät ... durchgeführten Prüfung, ob die ehemaligen oder amtierenden Mitglieder der Aufsichtsräte der vorgenannten Gesellschaften ihre aktienrechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal eingehalten haben, zu dem Ergebnis gelangt, dass nur Herrn ..., in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrats von ..., eine fahrlässige Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten vorzuwerfen sei, weil er die am 27. Juli 2015 gewonnenen Erkenntnisse fahrlässig nicht zum Anlass genommen habe, auf eine umfassende Aufklärung hinzuwirken, den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern aber kein Vorwurf zur Last zu legen sei (Seite 49 der Anlage B2).
Herr... war im Zeitraum 1. Januar 2007 bis 23. September 2015 Vorstandsvorsitzender der Beklagten (vgl. die Präambel des in der Einladung zur Hauptversammlung 2021 wiedergegeben Haftungsvergleichs, Anlage B2). In den Jahren 2012 bis 2014 belief sich seine jährliche Vergütung auf rd. 15 Mio. € (Anlage K1.22 bis K1.24). Im Jahr seines Ausscheidens erhielt er Vergütung in Höhe von rd. 7 Mio. € (Anlage K1. 25). Herr... war im Zeitraum Januar 2010 bis zum 28. September 2018 Mitglied des Vorstands der Beklagten sowie vom 1. Januar 2007 bis zum 28. September 2018 Vorstandsvorsitzender von ... (vgl. die Präambel des in der Einladung zur Hauptversammlung 2021 wiedergegeben Haftungsvergleichs, Anlage B2). Er erhielt in den Jahren 2015 bis 2017 eine jährliche Vergütung zwischen 3,7 und 5,2 Mio. € (Anlagen K1. 25, K1.28 und K1.29). Im Jahr seines Ausscheidens erhielt er eine Vergütung in Höhe von 2,7 Mio. € (Anlage K1. 30).
Der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats, Herr..., führte in der Hauptversammlung weiter aus, dass die nach Vorliegen der Prüfungsergebnisse und der (vom Aufsichtsrat am 26. März 2021 beschlossenen) außergerichtlichen Inanspruchnahme von ... und Herrn ... sowie der Unterrichtung der ...-Versicherer geführten Verhandlungen - auf der Grundlage des Beschlusses des Aufsichtsrats vom 5. Juni 2021 - in den Abschluss der in der Einladung zur Hauptversammlung 2021 wiedergegebenen Haftungsvergleiche und des Deckungsvergleichs mündeten (Seite 21 ff. der Anlage B2, auf deren Inhalt Bezug genommen wird; Seite 13 ff. der Anlage B4). Den wesentlichen Inhalt der Vergleiche erläuterte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende in der Hauptversammlung dahin, dass Herr ... Schadensersatz in Höhe von 11,2 Mio. € und Herr... Schadensersatz in Höhe von 4,1 Mio. € leisteten; Herr... teilweise und Herr... vollständig durch Verzicht auf Ansprüche gegen die Beklagte und .... Die ... -Versicherer (des ...) hätten sich zur Zahlung von 270 Mio € verpflichtet, wovon etwa 1 /3 an ... und knapp 15 % an ... weitergeleitet würden. Auf weitere Ansprüche gegen Herrn ..., Herrn ... und die beteiligten ...-Versicherer verzichte die Beklagte. Ferner würden im Interesse einer umfassenden Erledigung die Beklagte, ... und ... im Deckungsvergleich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen sonstige unter der ...-Versicherung versicherte Personen verzichten, wodurch diejenigen Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten, ... und ... betroffen seien, die sich nach den vom Aufsichtsrat, bzw. dem Vorstand der jeweiligen Gesellschaften getroffenen Feststellungen, pflichtgemäß verhalten hätten. Im Interesse weitgehender Rechtssicherheit habe sich die Beklagte zudem verpflichtet, Herrn ... und Herrn ... unter bestimmten Voraussetzungen von Rechtsverteidigungskosten sowie von Ansprüchen freizustellen, die Dritte im Zusammenhang mit dem Dieselskandal sowie damit zusammenhängenden Sachverhalten gegen Herrn ... oder Herrn ... geltend machen könnten (Seite 14 f. der Anlage B4).
Insoweit enthalten die jeweiligen Haftungsvergleiche in Ziffer 1.7 umfassende Erledigungsklausel, die neben Ansprüchen aus dem sogenannten Dieselskandal auch solche aus dem Abgasreinigungskartell erledigen (relevanter Sachverhalt). Von der Abgeltung und Erledigung sind nach Ziffer 1.8 der jeweiligen Haftungsvergleiche solche Ansprüche ausgenommen, bei denen seit ihrer Entstehung noch keine drei Jahre abgelaufen sind. Ziffer 3 der jeweiligen Haftungsvergleiche beinhaltet eine Freistellung von Herrn ... und Herrn ..., die ihrerseits auf Ansprüche auf Aufwendungs- und Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Dieselskandal gegenüber u. A. der Beklagten verzichten (Anlage K1.21). Der u. A. zwischen der Beklagten und den ... Versicherern geschlossene Deckungsvergleich enthält in Ziffer 3.1 ebenfalls eine Abgeltungsklausel. Ferner ist in Ziffer 3.6 im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter vereinbart, dass Ansprüche gegen amtierende oder ehemalige Vorstandsmitglieder sowie sämtliche weitere versicherte Personen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal nicht mehr geltend gemacht werden. In Ziffer 4.1 ist geregelt, dass u. A. die Beklagte die ... Versicherer von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal freistellt, sowie in Ziffer 5.1 ein Verzicht der ... Versicherer auf Regress- oder Ausgleichsansprüche, insbesondere nach § 86 WG. In Ziffer 2 sind Rückstellungen der ... Versicherer in Höhe von 50 Mio. € vereinbart, die für den Fall dienen sollen, dass eine versicherte Person von den Versicherern noch Abwehrdeckung und/oder Freistellung von Haftungsansprüchen verlangen kann oder Streit darüber besteht (Anlage K1.45).
Nach dem Bericht des Vorstandsvorsitzenden, Herrn ... und der Beantwortung der vorab eingereichten Fragen, erfolgte die Abstimmung über die Tagesordnungspunkte (Seite 18 ff. der Anlage B4). Den Mitgliedern des Vorstandes wurde mit 99,50 % der abgegebenen Stimmen Entlastung erteilt (Tagesordnungspunkt 3). Den Mitgliedern des Aufsichtsrats wurde mit 99,48 % der abgegebenen Stimmen Entlastung erteilt (Tagesordnungspunkt 4). Den Vergleichen mit Herrn ... und Herrn ... wurde jeweils mit 99,91 % der abgegebenen Stimmen zugestimmt (Tagesordnungspunkt 10 a und 10 b). Dem Deckungsvergleich wurde mit 99,98 % der abgegebenen Stimmen zugestimmt (Tagesordnungspunkt 11) (Seite 22 ff. der Anlage B4; Anlage K2.8). Die Kläger haben u. A. bezüglich der Tagesordnungspunkte 3, 4, 10.1, 10.2 und 11 Widerspruch eingelegt (Widerspruchsliste als Anlage 4 zum Notariellen Protokoll über die ordentliche Hauptversammlung 2021, Anlage B4).
Die Kammer hat die getrennt eingereichten Anfechtungs-/Nichtigkeitsklagen des Klägers zu 1 und des Klägers zu 2 mit Beschluss vom 28. September 2021 gemäß § 249 Abs. 2 AktG zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden (Blatt 185 f. GA la).
B.
1.
Der Kläger zu 1 "bestreitet" die auf Blatt 373 bis 376, GA III wiedergegebenen Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung zu dem der Rechtsanwaltssozietät ... seitens des Aufsichtsrats und dem der Rechtsanwaltssozietät ... seitens des Vorstandes erteilten Prüfungsauftrag, dem Gegenstand und Umfang der Prüfung, den zur Verfügung stehenden, ausgewerteten Unterlagen und geführten Gespräche sowie dem Prüfungsergebnis mit "Nichtwissen". Entgegenstehende Anhaltspunkte ergäben sich aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 2021 (VI ZR 405/19, juris Rn. 19) und des Oberlandesgerichts Celle vom 8. November 2017 (9 W 86/17, juris Rn. 44).Ferner mit "Nichtwissen bestritten" werden Beauftragung und Inhalt des Gutachtens von ... , der Inhalt der Verhandlungen mit den ...- Versicherern und die Motivation für die Durchführung der ordentlichen Hauptversammlung 2021 als virtuelle Hauptversammlung. Damit könne nicht festgestellt werden, dass die erforderliche Tatsachengrundlage für die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 bestehe, was von Vorneherein deren Anfechtbarkeit begründe.
Der Kläger zu 1 ist der Auffassung, dass den Beschlüssen der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 die erforderliche Bestimmtheit fehle, weil der jeweilige notariell beurkundete Beschluss nicht aus sich heraus verständlich sei. Denn die beschlussgegenständlichen Vergleichsvereinbarungen seien nicht Gegenstand der Beschlüsse, weshalb das Beurkundungserfordernis des § 130 AktG nicht erfüllt werde. Die Vergleichsvereinbarungen seien aufgrund ihrer Komplexität nicht hinreichend bestimmt, verhielten sich nicht zu einem Höchstbetrag der von den Vereinbarungen betroffenen Forderung und seien bezüglich Freistellungen/Verzicht sowie der nach Ziffer 2 des Deckungsvergleichs vereinbarten Rückstellung für künftige Versicherungsleistungen unklar.
Die Voraussetzungen nach § 124 Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 AktG ("wesentlicher Vertragsinhalt bekanntzumachen"), wonach Informationen zu dem anspruchsauslösenden Fehlverhalten des Organmitglieds, dem Schaden, bzw. dem weiteren Schadensrisiko, dem Bestehen und der Beweisbarkeit des Anspruchs, der Durchsetzbarkeit des Anspruchs bei dem betroffenen Organmitglied, der vereinbarten Leistung und Gegenleistung, weiterer Vereinbarungen die Bestandteil des Vertrages werden und die Mitteilung, dass der Vertrag nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam werde, bekannt zu machen seien, habe die Beklagte nicht erfüllt. Dies sei nicht durch die Vorlage der Vergleichsvereinbarungen, die Einberufung und den HV-Bericht erfolgt, wobei letzterer zwar freiwillig sei, aber wegen der damit beabsichtigten Erfüllung der Informationspflicht, der Ausschluss der Anfechtbarkeit nach § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz nicht eingreife. Der Kläger zu 1 ist der Auffassung, dass die Beklagte zur Erfüllung ihrer Verpflichtung nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG die Gutachten von ... und ... hätte veröffentlichen, zumindest aber deren Inhalt näher erläutern müsse. Dem genüge die Mitteilung der jeweiligen Prüfergebnisse nicht, weil die Aktionäre damit nicht in die Lage versetzt würden, über die Zustimmung oder Ablehnung der Vergleichsvereinbarungen entscheiden zu können.
Zudem sei dadurch, dass Fragen im Rahmen der virtuellen Hauptversammlung nicht unverändert, vollständig wiedergegeben worden seien, das Fragerecht des Klägers zu 1 verletzt und - auch unter Berücksichtigung des Covid-19-Gesetzes - unverhältnismäßig eingeschränkt worden. In der Fassung des Gesetzes vom 28. Februar 2021 könne der Vorstand nur noch "nach pflichtgemäßem, freiem Ermessen" entscheiden, wie er Fragen beantworte (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Covid-19-Gesetz). Ob und welche Fragen er beantworte, stehe nicht (mehr) in seinem Ermessen. Durch die von der Beklagten vorgenommene Kürzung und Umformulierung von Fragen, seien diese ihres sachlichen Gehalts beraubt worden. Der Kläger zu 1 "bestreitet mit Nichtwissen", dass die nicht wörtliche Widergabe der eigereichten Fragen in der Hauptversammlung ohne Auswirkungen auf die Abstimmungsergebnisse geblieben sei (Blatt 538R GA IV).
Die vom Oberlandesgericht Celle angeordnete Sonderprüfung sperre die Möglichkeit eines Vergleichs im Sinne von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG. Der Zweck der Sonderprüfung, mittels von der Gesellschaft unabhängiger Informationsbeschaffung Schadensersatzansprüche gegen Organmitglieder vorzubereiten, werde durch den Vergleich über Ansprüche aus dem der Sonderprüfung unterliegenden Sachverhalt, konterkariert. Damit werde der in der Regelung über die Anordnung einer Sonderprüfung Ausdruck findende Minderheitenschutz ausgehebelt. Wenngleich die Mehrheit der Aktionäre eine angeordnete Sonderprüfung nicht beenden dürfe, könne diese durch einen Vergleich nach Ablauf der Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG faktisch beendet werden, was eine teleologische Reduktion der vorgenannten Vorschrift dahin erfordere, dass im Falle einer angeordneten Sonderprüfung, ein Vergleich auch nach Ablauf der Dreijahresfrist nicht zulässig sei. Anderenfalls könne die Beklagte (bei Annahme einer wirksamen Zustimmung der Hauptversammlung nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG) die Aufhebung der Sonderprüfung wegen geänderter Umstände gemäß § 142 Abs. 8 AktG in Verbindung mit § 48 FamFG bewirken, ohne dass das Quorum für die Beantragung der Sonderprüfung dies verhindern könne. Die von der Beklagten herangezogene Parallele zum Klagezulassungsverfahren sei nicht tragfähig, weil für das Klagezulassungsverfahren in § 148 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG die Subsidiarität gegenüber der Geltendmachung durch die Gesellschaft angeordnet sei, wohingegen dies für das Sonderprüfungsverfahren nicht gelte und beide Verfahren einen unterschiedlichen Gegenstand aufwiesen. Ziel der Beklagten sei es ersichtlich, die Sonderprüfung zu obstruieren, was aus den vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig gemachten Verfassungsbeschwerden abzuleiten sei. Jedenfalls unzulässig sei ein Vergleich auf der Grundlage eines nicht vollständig, unabhängig aufgeklärten Sachverhalts.
Für eine Beschlussfassung im Rahmen einer virtuellen Hauptversammlung bestehe keine Rechtfertigung. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit des mit der Einräumung der Möglichkeit einer virtuellen Hauptversammlung verbundenen Eingriffs in das Grundrecht auf Eigentum der Aktionäre, sei eine Beschlussfassung in dieser Form nur für eilbedürftige Beschlüsse zulässig, aber nicht für die hier in Rede stehenden wichtigen/streitigen Beschlussgegenstände, die auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden könnten.
Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 der Hauptversammlung seien rechtsmissbräuchlich, weil sie nicht im Interesse der Gesellschaft lägen, sondern unvertretbar seien, was auch in Anbetracht der (in Bezug auf Beschlüsse nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG) nicht stattfindenden materiellen Beschlusskontrolle, zur Anfechtbarkeit/Nichtigkeit führe. In Relation zum eingetretenen Schaden seien die vereinbarten Schadensersatzleistungen durch Herrn ... und Herrn ... zu gering. Die in den Haftungsvergleichen enthaltene Freistellung von Herrn ... und Herrn ... gegenüber Ansprüchen Dritter sei durch § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht gedeckt, zumal der Sachverhalt nicht umfassend aufgeklärt sei und sich Verpflichtungen der Beklagten daraus ergeben könnten, die die an sie erbrachten Schadensersatzleistungen überstiegen. Zudem liege ein unzulässiger Vorausverzicht vor, weil damit ein weiterer Schaden und ein neuer, weiterer Streitgegenstand begründet werde. Der im Deckungsvergleich "versteckte" Anspruchsverzicht gegenüber anderen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern sei rechtsmissbräuchlich, da Schadensersatzansprüche gegen frühere Aufsichtsratsmitglieder wegen deren Privatvermögen einen hohen Wert hätten, weshalb die Beklagte nicht ohne Prüfung der Ansprüche hätte verzichten dürfen, zumal Mehrheitsaktionäre der Beklagten dadurch begünstigt würden. Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergebe sich zudem daraus, dass von dem vom Deckungsvergleich abgegoltenen "relevanten Sachverhalt" auch das Abgaskartell und das - nach Auffassung des Generalsanwalts beim europäischen Gerichtshof - eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellende "Thermofenster" erfasst seien, ohne sich daraus ergebende Ansprüche zu begutachten oder zu begründen.
Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 seien treuwidrig, weil damit vorschnell Vergleichsabschlüsse beschlossen würden, ohne den Sachverhalt umfassend aufzuklären, namentlich den Ausgang der laufenden Strafverfahren abzuwarten, was nicht im Interesse der Beklagten sei. Entsprechendes gelte für den Ausschluss des Klagezulassungsverfahrens nach § 148 AktG durch die abgeschlossenen Vergleiche, bevor seitens der Aktionäre Informationen aus den Hauptverhandlungen der Strafverfahren generiert werden könnten. Es liege ein Verstoß gegen die 3-Jahres-Frist das § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG vor, da in Bezug auf unbekannte Ansprüche die Frist nicht zu laufen begonnen habe. Über die von der Beklagten angenommenen Pflichtverletzungen von Herrn ... und Herrn ... hinaus, sprächen Strafverfahren für weitere (noch nicht aufgedeckte) Pflichtverletzungen. Insoweit sei der Anspruch noch nicht entstanden und die 3-Jahres-Frist habe noch nicht zu laufen begonnen.
Der Aufsichtsrat habe seine Entscheidung nach § 112 AktG auf einer unzureichenden Tatsachenbasis getroffen und sich in einem Interessenkonflikt wegen des Verzichts auf Ansprüche gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern befunden. Den Anforderungen an die Informationsermittlung nach der sogenannten Business Judgment Rule und der ARAG/Garembeck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 135, 244) werde durch die eingeholten Gutachten (.../...) nicht Genüge getan. Dies ergebe sich schon daraus, dass schriftliche Gutachten nicht vorgelegt seien und ein "Höchstschaden" ebenso wenig wie das Privatvermögen der in Anspruch zu nehmenden Personen ermittelt worden sei. Zudem seien die in Auftrag gegebenen Untersuchungen ersichtlich deshalb unzureichend gewesen, weil sie sich nicht auf die weiteren abgegoltenen Sachverhalte (Abgasreinigungskartell/Thermofenster) bezogen hätten. Damit liege offenkundig kein wirksamer Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats gemäß § 124 Abs. 3 AktG vor. Zudem hätten Aufsichtsratsmitglieder wegen eines Interessenkonflikts, der sich aus der Abstimmung über den Verzicht auf gegen sie gerichtete Ansprüche ergebe, einem Stimmrechtsverbot unterlegen. Der Beschluss sei damit treuepflichtwidrig, weil nur eine Beschlussablehnung treuepflichtgemäß gewesen wäre.
Die Aktionäre ... , ... und ... unterlägen einem Stimmverbot. Insoweit diene der Zustimmungsbeschluss nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zumindest mittelbar einer Verhinderung des "Richtens in eigener Sache", wenn Hauptaktionäre den Aufsichtsrat mit eigenen Mitgliedern besetzten. Deshalb unterlägen Aktionäre, gegen die sich Ersatzansprüche nach § 147 AktG richteten, dem Stimmverbot des § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG. Entsprechendes müsse in Bezug auf die den Hauptaktionären nahestehenden Aufsichtsratsmitglieder gelten, bezüglich derer es Hinweise auf eine Unterrichtung über Manipulationen bei Abgaswerten gäbe (Anlage K1.53 "Presseverlautbarung zum Spiegel-Interview mit Herrn ...), woraus sich ein Treueverstoß und Rechtsmissbrauch durch die Stimmabgabe ergebe. Der Kläger zu 1 "bestreitet mit Nichtwissen", dass die - keinem Stimmverbot unterliegenden - Aktionäre mit Mehrheiten von 99,63 % und 99,93 % der abgegebenen Stimmen zugestimmt hätten (Blatt 538, GA IV).
2.
Der Kläger zu 2 behauptet, der Versuch der... in den Jahren 2005 bis 2008 die Beklagte zu übernehmen, sei ursächlich für den Dieselskandal, weil in diesem Kontext Absprachen der Beklagten mit der ... über einen Zugriff der Beklagten auf die überlegene, moderne Abgastechnologie der... für die 2007 geplante Clean Diesel Großoffensive in den USA gegen Einräumung einer 10 %-Überkreuzbeteiligung, von einem die ... dominierenden Gesellschafterausschuss torpediert worden sei, sodass keine ausreichende Zeit für die Entwicklung einer eigenen Abgasreinigungstechnologie zur Verfügung gestanden habe und auf das "Defeat Device" habe zurückgegriffen werden müssen. Der Dieselskandal beruhe auf einem Interessenkonflikt zwischen den Unternehmensinteressen der Beklagten und den Interessen der an dem Gesellschafterausschuss beteiligten Familien ... und ... , was in dem vor dem Oberlandesgericht Celle geführten Kap-MuG-Verfahren (13 Kap 17/16) vorgetragen, von der Beklagten im Rahmen ihrer Sachaufklärung aber nicht berücksichtigt worden sei. Aus dem Zusammentreffen von Beratertätigkeit bezüglich des "Projekts Deutschland" und Gutachtertätigkeit im Zusammenhang mit dem Dieselskandal könne sich eine Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat ergeben (Blatt 542, GA IV).
Der Kläger zu 2 vertritt die Auffassung, dass die Sachaufklärung der Beklagten (namentlich in zeitlicher Hinsicht) unzureichend sei und (laufende) Strafverfahren nicht berücksichtigt würden. Ansprüche gegen weitere Organe und sich aus dem Verjährenlassen solcher Ansprüche ergebende weitere Schadensersatzansprüche seien nicht geprüft worden. Zudem hätten die Vermögensverhältnisse von Herrn ... und Herrn ... aufgeklärt werden müssen, die etwa dem Vergütungsbericht der Beklagten für das Geschäftsjahr 2008 hätten entnommen werden können. Ferner hätte die Bonität sämtlicher (ehemaligen) Angehörigen von Vorstand und Aufsichtsrat geprüft werden müssen (Blatt 541, GA IV). Angaben zur Höhe der gegenüber Herrn ... und Herrn ... berechneten Schadenssumme nenne die Beklagte nicht, die in Bezug auf Herrn ... in der Presse mit 1 Mrd. € angegeben werde (Anlage K2.10). Abschließende Feststellungen zum Umfang der Freistellung von Herrn ... und Herrn ... habe die Beklagte nicht getroffen. Es sei nicht ausreichend, Informationen (nur) auf der Grundlage nicht veröffentlichter, von der Beklagten in Auftrag gegebener Gutachten einzuholen. Die weitere Sachaufklärung durch die vom Oberlandesgericht Celle angeordnete Sonderprüfung, versuche die Beklagte zu verhindern. Ein Beschluss der Hauptversammlung nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG sei im Falle einer unzulänglichen Sachverhaltsaufklärung anfechtbar, verantwortliche Aufsichtsratsmitglieder hätten den sich daraus ergebenden Schaden gemäß § 116 Satz 1, § 93 Abs. 2 AktG zu ersetzen. Zudem läge eine unzulässige Einlagenrückgewähr im Sinne von § 57 Abs. 1 AktG vor, wenn der mit einem Aktionär der Gesellschaft geschlossene Haftungsvergleich unausgewogen sei. Zu einer etwaigen Aktionärsstellung von Herrn ... und Herrn ... mache die Beklagte keine Angaben, woraus sich ein Verstoß gegen die Vorabpublizitätspflicht gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG ergebe.
Der für den Vergleichsschluss relevante Sachverhalt sei nicht abschließend ermittelt, was § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG aber voraussetze. Die Höhe des Gesamtschadens stehe bislang nicht fest. Vor Abschluss der Strafverfahren gegen Herrn ... und Herrn ... komme ein abschließender Vergleich nicht in Betracht. Die Haftungsvergleiche beträfen unbestimmte und noch nicht bekannte Sachverhalte. Die Inanspruchnahme einzelner Organmitglieder trage der Gesamtverantwortung des Vorstands und des Aufsichtsrats nicht hinreichend Rechnung. Die Stattgabe der Anfechtungsklage liege im Eigeninteresse der Beklagten, welches von Partikularinteressen der Großaktionäre am Abschluss des Vergleichs abzugrenzen sei.
Inhalt und Auswirkung der Haftungsvergleiche sowie des Deckungsvergleichs seien von der Beklagten in der Hauptversammlung sowie in den Informationen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 unzutreffend dargestellt. Tatsächlich werde mit den Haftungsvergleichen gegenüber Herrn ... und Herrn ... auf Schadensersatzansprüche in Milliardenhöhe verzichtet. Diese erhielten zudem eine bedingungslose und unbegrenzte Freistellung von Kosten für die Abwehr von Ansprüchen, die in Bezug auf in den USA geführte Verfahren, die Deckungssumme der ... Versicherer deutlich übersteigen könnten. Der Deckungsvergleich enthalte eine, in der Zusammenfassung nicht dargestellt, umfassende Abgeltungswirkung gegenüber allen übrigen Organmitgliedern der Beklagten, der... AG und der... AG im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal. Zudem werde zu Unrecht auf Ansprüche gegen die Kanzlei... , die die Beklagte dahin beraten habe, das Defeat Device geheim zu halten (Anlage K2.7), verzichtet.
Der Kläger zu 2 ist der Auffassung, die Zustimmungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 seien wegen eines Verstoßes gegen Bekanntmachungspflichten bezüglich der Tagesordnungspunkte und des wesentlichen Inhalts der beschlussgegenständlichen Verträge anfechtbar, § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG.
Nach den anzuwendenden Grundsätzen des § 305c BGB ergebe sich aus der Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Aktionärs, aufgrund der ihm mitgeteilten Tagesordnung, zum Regelungsgehalt der Klausel, d. h. dem Inhalt der Haftungsvergleiche und des Deckungsvergleichs, eine Überrumpelung der Aktionäre. Insoweit erwarte der Aktionär als Inhalt der Haftungsvergleiche einen Verzicht auf Ansprüche gegen Leistung, nicht aber die von der Beklagten gegenüber Herrn ... und Herrn ... übernommenen Freistellungsverpflichtungen, die weit über die sog. Dieselthematik hinausgingen, da auf den sogenannten "relevanten Sachverhalt" abgestellt werde, der auch (sonstige) Verstöße gegen Publizitätspflichten oder Bilanzierungsvorschriften sowie kartellrechtswidrige Absprachen und die Manipulation von Benzinmotoren (Anlagenkonvolute K2.27) umfasse. Damit seien auch Verstöße gegen Publizitätspflichten erfasst, sodass im Falle des Erfolges eines wegen unterlassener Kapitalmarktinformationen gegen die Beklagte vor dem Oberlandesgericht ... geführten KapMuG-Verfahrens keine Inanspruchnahme der Verantwortlichen möglich sei, was sich dem Aktionär nicht ohne weiteres erschließe. Der im Deckungsvergleich enthaltene umfassende Verzicht gegenüber aktuellen und ehemaligen Organmitgliedern der Beklagten, der... und der..., ohne Einschränkungen mit Blick auf den Versicherungsschutz, durch die ... Versicherungen (Vorsatz/Versicherungssumme), sei für die Aktionäre ebenfalls überraschend. Die Veröffentlichung der Vergleichstexte und die Beifügung des Berichts des Aufsichtsrats und des Vorstands zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 genügten nicht den Anforderungen an die erforderliche Angabe der sich aus den Vergleichen ergebenden Hauptleistungspflichten. Es fehle an einer gesonderten Regelung zum Verzicht unter Angabe derjenigen (150) Personen, die davon betroffen seien. Ferner sei aus dem Deckungsvergleich nicht erkennbar, wer unter den Begriff der "versicherten Person" falle. Die einzelnen Versicherer seien ferner nicht genannt. Hierdurch werde gegen Aktionärsrechte verstoßen und es sei nicht ausgeschlossen, dass die Aktionäre bei ordnungsgemäßer Bekanntmachung anders abgestimmt hätten, woraus sich die Relevanz ergebe. Verstöße seien nicht durch die Beantwortung von Aktionärsfragen in der Hauptversammlung geheilt.
Die Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11, die zumindest einer Missbrauchskontrolle unterlägen, seien auch wegen Treuwidrigkeit und Rechtsmissbrauch anfechtbar, weil sie auf der Grundlage ermessensfehlerhafter und rechtsmissbräuchlicher Beschlussvorschläge zustande gekommen seien. Die Beschlussfassung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 sei rechtsmissbräuchlich, wegen der (oben dargestellten) Überrumpelung, der Verdeckung eines Organisationsverschuldens, das in der unterbliebenen Einrichtung einer wirksamen Compliance-Organisation zu sehen sei, für die sämtliche Vorstandsmitglieder die Gesamtverantwortung trügen, und der unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts/Sicherung von (weiteren) Ansprüchen, der Täuschung über den Umfang der Sachverhaltsaufklärung, der Begünstigung aller Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats durch den im Deckungsvergleich enthaltenen Verzicht sowie aufgrund des kollusiven Zusammenwirkens mit Vertretern der.... Mit dem verlautbarten Bestreben, die "Dieselthematik" aufzuarbeiten, werde nicht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der für den Vergleich herangezogene "relevanten Sachverhalt" weitergehende Haftungsfreistellungen beinhalte, etwa auch für Berater der Beklagten.
Dass die umfassende Erledigung von den ...-Versicherern zur Voraussetzung der Zahlung gemacht worden sei, "bestreitet" der Kläger zu 2 "mit Nichtwissen". Getäuscht worden sei über den Umfang der durchgeführten Prüfungen, deren Gegenstand, Inhalt und Ergebnis "mit Nichtwissen bestritten" werde, die sich nur auf den "Dieselskandal" bezogen hätten, während der weitergehende "relevanten Sachverhalt" verglichen aber nicht geprüft worden sei. Sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht sei der Prüfungsumfang unzureichend gewesen. Der Kläger zu 2 ist der Auffassung, dass sich ein Widerspruch daraus ergebe, dass die Fragen in der Hauptversammlung nach dem wesentlichen Ansprechpartner von ... dahin beantwortet worden seien, dass Mitgliedern des Aufsichtsrats sowie Mitarbeitern des Büros des Aufsichtsratsvorsitzenden berichtet worden sei, wohingegen nunmehr vorgetragen werde, dass einem vom Aufsichtsrat eingesetzten "Sonderausschuss Dieselmotoren" und dem Aufsichtsratsplenum berichtet worden sei.
Ferner ergebe sich der Rechtsmissbrauch aus Willkür und einem widersprüchlichen Verhalten des Vorstands und Aufsichtsrats der Beklagten im Zusammenhang mit der Aufklärung des Sachverhalts. Die Haftungsvergleiche und der Deckungsvergleich schädigten die Beklagte, weil sich aus der Freistellung höhere Verpflichtungen als die aus den Vergleichen zufließenden Leistungen ergeben könnten, auf Ansprüche gegen alle weiteren Organmitglieder verzichtet werde und Regressansprüche gegen Berater vereitelt würden. Der Zufluss von 15,3 Mio. € (durch die Haftungsvergleiche) werde in Ansehung des Schadens dem "Sanktionscharakter" nicht gerecht. In Ansehung der Investition von rd. 120 Mio. € in Anwaltshonorar sei der durch die Vergleiche der Beklagten zufließende Gesamtbetrag auch unter Berücksichtigung der von den ...-Versicherern gezahlten 270 Mio. € zu gering. Zudem sei unverständlich, warum nicht der Deckungshöchstbetrag durchgesetzt worden sei (Blatt 542 R, GA IV). Der Kläger zu 2 behauptet, die Beklagte täusche ein Aufklärungsinteresse nur vor, was insbesondere aus der konterkarierten Sonderprüfung abgeleitet werden könne.
Die Aktionärin ... erlange einen Sondervorteil dadurch, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten, die Ansprüche gemäß §§ 117, 317 AktG hätte verjähren lassen und durch den Haftungsverzicht veranlasst würden, nicht gegen Mitglieder der Familien ... und ... auszusagen. Ferner werde auf konzernrechtliche Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche verzichtet, woraus sich eine Anfechtbarkeit nach § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG ergebe. Der Kläger ist zu 2 ist der Auffassung, die Beklagte treffe eine sekundäre Darlegungslast zu den vom Kläger zu 2 erhobenen Vorwürfen. Auf die Ursächlichkeit des Sondervorteils für das Abstimmungsergebnis komme es nicht an.
Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 seien auch anfechtbar, weil dem Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten Informationspflichtverletzungen zur Last zu legen seien, indem sie in ihrer gemeinsamen Stellungnahme relevante Informationen nicht, bzw. nicht vollständig erteilt, bzw. keine hinreichende Informationsgrundlage hierfür geschaffen hätten. Entgegen der Auffassung der Beklagten werde mit der Vorlage der Vergleichstexte die Informationspflicht nicht erfüllt. Denn die Reichweite des Verzichts werde aus dem komplexen Vertragswerk nicht deutlich. Infolge der Bezugnahme auf den "relevanten Sachverhalt" werde weder der Verzicht noch der Umfang der Freistellungsvereinbarung deutlich. Dies beziehe sich sowohl auf die Personen, gegenüber denen auf Ansprüche verzichtet werde, die durch den Begriff der "versicherten Person" nicht hinreichend definiert würden, als auch auf bestehende Interessengegensätze zwischen denjenigen der Beklagten und ihrer (ehemaligen) Organe. Eine weitere - von der Beklagten nicht erfüllte - Berichtspflicht ergebe sich aus dem, im Kontext mit der Einflussnahme der ... aufgezeigten Organisationsverschulden, welches mit den Vergleichen abgegolten werden solle. Der Sachverhalt, namentlich zu den Vermögensverhältnissen von Herrn ... und Herrn ... sei unzureichend aufgeklärt. Der Kläger zu 2 "bestreitet mit Nichtwissen", dass die gutachterliche Stellungnahme von ... deren Einkommen für die Tätigkeit im ...-Konzern aufliste. Die Informationspflichtverletzung sei nicht durch die Beantwortung der Fragen im Rahmen der Hauptversammlung geheilt worden. Der in § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz geregelte Anfechtungsausschluss für Verletzungen des Fragerechts der Aktionäre erstrecke sich nicht auf Informationsmängel im Bericht zur Hauptversammlung. Zudem komme ein Anfechtungsausschluss nach § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz wegen Vorsatzes der Beklagten nicht in Betracht
Die Beschlüsse über die Vorstandsentlastung (Tagesordnungspunkt 3) und die Aufsichtsratsentlastung (Tagesordnungspunkt 4) seien ebenfalls anfechtbar, weil sich aus den oben genannten Rechtsverletzungen schwere eindeutige Gesetzesverstöße der vorgenannten Organe ergäben. Zudem sei Entlastung wegen Untätigkeit bei der Aufklärung des Dieselskandals zu versagen (Blatt 542 R, GA IV).
Der Kläger zu 2 meint letztlich, es würden - wegen des strukturellen Informationsgefälles zwischen Aktionären und Organen - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19. Oktober 2021 VI ZR 148/20, juris Rn. 16 bis 19) die Grundsätze der sekundären Darlegungslast der Beklagten gelten. Sein Antrag auf Vorlage von Unterlagen nach § 142 ZPO sei begründet, weil ohne den vorläufigen Bericht von ... , auf dessen Auswertung die die gegen Herrn ... geführten Strafverfahren beruhten (Anlagen K2-30 und K2-31), und das Gutachten von ... (vgl. zu den dadurch entstandenen Kosten Anlage K2-30), die erforderliche Tatsachengrundlage nicht gegeben sei. Ohne die Unterlagen könne nicht beurteilt werden, ob entgegen dem Kompetenzgefüge einer Aktiengesellschaft nicht auch Angehörige des Aufsichtsrats in Anspruch genommen werden müssten.
3.
Der Nebenintervenient zu 1 ist der Auffassung, dass sich in Anbetracht der laufenden Strafverfahren, der "weiteren zahlreichen zivilrechtlichen und behördlichen Verfahren im In- und Ausland" und der nunmehr begonnenen Sonderprüfung ein Vergleich über den Sachverhalt, den Herr... spätestens seit dem Jahr 2012 gekannt habe (Anlage Nl 4), jedenfalls derzeit verbiete. Hinreichende Erkennbarkeit des Schadensausmaßes - als Voraussetzung für den Abschluss eines Vergleichs - liege nicht vor, zumal in den USA hohe Strafen drohen könnten. Außerdem sei erst am 13. Juni 2022 vom Bundesgerichtshof entschieden worden, dass sich Inkassodienstleister wirksam Schadensersatzforderungen gegen die Beklagte von Erwerbern mit Wohnsitz in der Schweiz abtreten lassen könnten (Via ZR 418/21), was weitere Verfahren veranlassen werde (Blatt 546 R, GA IV). Zudem stehe die Auffassung der Ermittlungsbehörden, wonach Vorsatzstraftaten im Zeitraum 2006 bis 2015 gegeben seien, der Annahme der Beklagten, es stehe nur eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung der Herren ... und ... in den Jahren 2015 und 2016 in Rede, entgegen. Entsprechendes gelte in Bezug auf einen Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 18. November 2021 (3 Kap 1/16), mit dem bereits für das Jahr 2008 eine Verpflichtung zur ad hoc-Meldung wegen der in für den U-S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2009 enthaltene Manipulationssoftware angenommen werde, was auf ein Organisationsverschulden hindeute (Blatt 546 R, GA IV). Ansprüche seien erst entstanden, wenn die Voraussetzungen einer Haftung und der Eintritt eines Schadens dem Grunde nach feststünden, was vorliegend nicht der Fall sei, sodass die Dreijahresfrist nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht zu laufen begonnen habe. Deshalb sei ein unzulässiger "Vorab-Blankovergleich" mit den Stimmen der in einem Interessenkonflikt befindlichen Großaktionäre beschlossen worden, woran nichts ändere, dass noch nicht entstandene Ansprüche vom Vergleich ausgenommen seien. Zudem sprächen der Umfang des Schadens ebenso wie personelle Verflechtungen gegen eine abschließende Vereinbarung. Zudem umfasse die mit den ... Versicherern vereinbarte umfassende Erledigung auch Fahrzeuge mit Elektroantrieb, bei denen sich ebenfalls Risiken manifestierten, wie sich aus den Anlagen Nl 7 und Nl 8 ergäbe. Ausgeblendet habe die Beklagte zudem, die Vorstandsmitglieder auch im Falle einer Ressortverteilung treffende Überwachungs- und Kontrollpflicht sowie etwaiges Organisationsverschulden. Zu einem ordnungsgemäßen Compliance- und Risikofrüherkennungssystem im Sinne von § 91 Abs. 2 AktG, das offenkundig nicht existiere, fehlten erforderliche Informationen, die im Sonderprüfungsverfahren zu erwarten seien. Es sei mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht vereinbar, Beschlüsse zu fassen, die bestimmte Aktionärsgruppen bevorzugten (§ 241 Nr. 3 AktG) und es verstoße gegen § 138 BGB, unter noch nicht aufgearbeitete Vorgänge einen Schlussstrich ziehen zu wollen, indem man sich mit minimalen Zahlungen zufriedengebe (§ 241 Nr. 4 AktG). Der seitens der Initiatoren des Vergleichs, die für den Schaden verantwortlich seien, forcierte Haftungsverzicht stelle einen Sondervorteil im Sinne von § 243 Abs. 2 AktG dar. Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 seien demgemäß ebenso wie die Entlastungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 nicht nur anfechtbar, sondern nichtig.
Die Kläger und der Nebenintervenient machen sich den Sachvortrag/die geäußerten Rechtsauffassungen der jeweils Anderen zu eigen.
Der Kläger zu 1 beantragt,
- 1.
Es wird festgestellt, dass der auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 zu TOP 10 a) gefasste Beschluss mit folgendem Wortlaut:
"Der Vergleichsvereinbarung zwischen der..., der... und Herrn ... vom 9. Juni 2021 wird zugestimmt."
nichtig ist.
Hilfsweise:
Der der auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 zu TOP 10 a) gefasste Beschluss mit folgendem Wortlaut:
"Der Vergleichsvereinbarung zwischen der..., der... und Herrn ... vom 9. Juni 2021 wird zugestimmt."
wird für nichtig erklärt.
- 2.
Es wird festgestellt, dass der auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 zu TOP 10 b) gefasste Beschluss mit folgendem Wortlaut:
"Der Vergleichsvereinbarung zwischen der..., der... und Herrn... vom 9. Juni 2021 wird zugestimmt."
nichtig ist.
Hilfsweise:
Der der auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 zu TOP 10 b) gefasste Beschluss mit folgendem Wortlaut:
"Der Vergleichsvereinbarung zwischen der..., der... und Herrn... vom 9. Juni 2021 wird zugestimmt."
wird für nichtig erklärt.
- 3.
Es wird festgestellt, dass der auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 zu TOP 11 gefasste Beschluss mit folgendem Wortlaut:
"Der Vergleichsvereinbarung zwischen der..., der... und der ... einerseits und der .... als ...Versicherer des Grundvertrags sowie den ...-Versicherern der Exzedentenversicherungsverträge andererseits vom 9. Juni 2021 wird zugestimmt."
nichtig ist.
Hilfsweise:
Der der auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 zu TOP 11 gefasste Beschluss mit folgendem Wortlaut:
"Der Vergleichsvereinbarung zwischen der..., der... und der ... einerseits und der ..., als ...Versicherer des Grundvertrags sowie den ...-Versicherern der Exzedentenversicherungsverträge andererseits vom 9. Juni 2021 wird zugestimmt."
wird für nichtig erklärt.
wird für nichtig erklärt. Der Kläger zu 2 beantragt,
- 1.
Die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22. Juli 2021 zu Punkt 3 der Tagesordnung gefassten Einzelbeschlüsse, den im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitgliedern des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020 Entlastung zu erteilen, werden für nichtig erklärt.
Es wird hilfsweise festgestellt, dass die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22. Juli 2021 zu Punkt 3 der Tagesordnung gefassten Einzelbeschlüsse, den im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitgliedern des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020 Entlastung zu erteilen, nichtig sind.
- 2.
Die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22 Juli 2021 zu Punkt 4 der Tagesordnung gefassten Einzelbeschlüsse, den im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020 Entlastung zu erteilen, werden für nichtig erklärt.
Es wird hilfsweise festgestellt, dass die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22. Juli 2021 zu Punkt 4 der Tagesordnung gefassten Einzelbeschlüsse, den im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020 Entlastung zu erteilen, nichtig sind.
- 3.
Die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22 Juli 2021 zu Punkt 10 der Tagesordnung gefassten Einzelbeschlüsse über die Zustimmung zu Vergleichsvereinbarungen mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Vorstands, ... und dem ehemaligen Mitglied des Vorstands,..., werden für nichtig erklärt.
Es wird hilfsweise festgestellt, dass die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22. Juli 2021 zu Punkt 10 der Tagesordnung gefassten Einzelbeschlüsse über die Zustimmung zu Vergleichsvereinbarungen mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Vorstands, ..., und dem ehemaligen Mitglied des Vorstands,..., nichtig sind.
- 4.
Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22 Juli 2021 zu Punkt 11 der Tagesordnung gefasste Beschluss über die Zustimmung zu einer Vergleichsvereinbarung mit den ...-Versicherern der Beklagten wird für nichtig erklärt.
Es wird hilfsweise festgestellt, dass der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 22. Juli 2021 zu Punkt 11 der Tagesordnung gefasste Beschluss über die Zustimmung zu einer Vergleichsvereinbarung mit den ...-Versicherern der Beklagten, nichtig ist.
Der Nebenintervenient zu 1 beantragt,
- 1.
Es wird festgestellt, dass die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 gefassten Beschlüsse zu
Tagesordnungspunkt 3 ("Beschlussfassung über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2020"),
Tagesordnungspunkt 4 ("Beschlussfassung über die Entlastung der im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2020"),
Tagesordnungspunkt 10 a) und b) ("Beschlussfassung über die Zustimmung zu Vergleichsvereinbarungen mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Vorstands, ... und dem ehemaligen Mitglied des Vorstands,..."),
Tagesordnungspunkt 11 ("Beschlussfassung über die Zustimmung zu einer Vergleichsvereinbarung mit den ...-Versicherern der... Aktiengesellschaft") nichtig sind.
- 2.
Hilfsweise wird beantragt, dass die vorgenannten Beschlussfassungen für nichtig erklärt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Nebenintervenient zu 2 war in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2022 nicht anwesend. Er hat demgemäß keinen Antrag gestellt.
C.
Die Beklagte ist der Auffassung, für die Frage der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung vom 22. Juli 2021 zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 sei entscheidend, dass die Hauptversammlungsmehrheit in ihrer Entscheidung über die Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen frei gewesen sei und keinen inhaltlichen Bindungen unterlegen habe. Einer Inhaltskontrolle seien die Beschlüsse entzogen, da die Interessen von Minderheitsaktionären abschließend gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG durch ein - hier unstreitig nicht erreichtes -Widerspruchsquorum geschützt würden. Danach hätten sich die Aktionäre auf angemessener Informationsgrundlage nach freiem Ermessen rechtsfehlerfrei mit einer Mehrheit von jeweils 99,91 % sowie 99,98 % der abgegebenen Stimmen für die Zustimmung zu den Vergleichen entschieden. Eine Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergebe sich weder aus formellen Fehlern noch aus Informationsmängeln. Ferner seien die Zustimmungsbeschlüsse nicht aus materiellen Gründen anfechtbar, bzw. nichtig. Die Entlastungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 seien ebenso wenig anfechtbar, weil Vorstand und Aufsichtsrat auch im Geschäftsjahr 2020, als dem für die Entlastung maßgeblichen Zeitraum, in jeder Hinsicht pflichtgemäß gehandelt hätten.
Im Einzelnen:
1.
Die Beschlussfassung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 sei nicht aus formellen Gründen rechtswidrig.
1.1
Eine fehlerhafte Bekanntmachung der Tagesordnung entgegen § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG liege nicht vor, da die Aufgabe der Tagesordnung, Aktionäre auf die Inhalte der Hauptversammlung sachgerecht vorzubereiten, durch die schlagwortartige Nennung des Inhalts der Verträge, um deren Zustimmung es gehe, erfüllt werde. Ohnedies seien wesentliche Vertragsinhalte in der Einberufung gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG bekannt gemacht, worauf in der Tagesordnung Bezug genommen werde. Maßgeblich sei insoweit die am 14. Juni 2021 im Bundesanzeiger bekannt gemachte Tagesordnung (vgl. Anlage 1 zum notariell beurkundeten Protokoll der Hauptversammlung 2021; Anlage B4). Die Bekanntmachung nehme wiederum Bezug auf die (in ihrem Wortlaut vollständig wiedergegebenen) Haftungsvergleiche, denen sämtliche Informationen zu den Freistellungsverpflichtungen zu entnehmen seien. Freistellungsansprüche, die die Beklagte für den Fall zugesagt habe, dass Herr... und Herr... im Zusammenhang mit dem "relevanten Sachverhalt" von Dritten in Anspruch genommen werden würden, bestünden gegenwärtig nicht. Entsprechendes gelte für den Deckungsvergleich und den darin enthaltenen Verzicht, in Bezug auf den die Tagesordnung hinsichtlich der ausdrücklich einbezogenen zusätzlichen Informationen im Deckungsvergleich selbst sowie im HV-Bericht ergänzt und konkretisiert würde. Die Annahme, AGB-rechtliche Grundsätze zu überraschenden Klauseln fänden Anwendung, treffe nicht zu, was sich bereits aus § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB ergebe. Zudem schließe die vollständige Wiedergabe der Haftungs- und Deckungsvergleiche sowie die Erläuterung im HV-Bericht eine überraschende Wirkung durch die Freistellungsverpflichtungen und Verzichte aus.
Eine fehlerhafte Bekanntmachung der Vergleichsvereinbarungen gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG liegen nicht vor, da der wesentliche Vertragsinhalt als Gegenstand der Bekanntmachungspflicht wiedergegeben sei. Von vorneherein nicht bekanntzumachen seien - anders als die Kläger meinten - im Vertrag nicht enthaltene Regelung. Da die Vergleichsvereinbarungen die vom Verzicht betroffenen Personen nicht nennen würden, sei deren namentliche Nennung nicht erforderlich gewesen. Zudem sei bei den hier in Rede stehenden Verträgen zu Gunsten Dritter (nach § 328 Abs. 1 BGB) die Bestimmbarkeit der durch den Deckungsvergleich begünstigten Personen ausreichend. Die Bezugnahme auf den abstrakten, sachlich abgrenzbaren Kreis der versicherten Personen sei in ... Versicherungsverträgen üblich und der Verweis auf versicherungsvertragliche Regelungen diene dazu, einen Gleichlauf zwischen der Begünstigung des Verzichts einerseits und der Versicherungsdeckung unter der ... Versicherung andererseits herzustellen. Eine Verpflichtung zur abschließenden Aufzählung der durch die Vergleichsvereinbarungen begünstigten Personen ergebe sich nicht aus dem Normzweck des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG. Die Regelung solle der Hauptversammlung eine Kontrolle darüber ermöglichen, welche Personen von dem Vergleich begünstigt würden, was indes die namentliche Nennung der begünstigten Personen nicht erfordere. Ausreichend sei die Darstellung im HV-Bericht, wonach bei allen amtierenden und ehemaligen Organmitgliedern, mit Ausnahme von Herrn ... und Herrn ..., keine Pflichtverletzungen festgestellt worden seien, woraus sich ergebe, dass hinsichtlich der übrigen Organmitglieder ein Verzicht vorliege. Selbst wenn man - wie nicht -eine unzureichende Informationsgrundlage der Hauptversammlung durch die mit der Tagesordnung übermittelten Informationen annähme, wäre der Informationsmangel durch die Beantwortung der Frage zu den Namen sämtlicher durch den Deckungsvergleich begünstigter Organmitglieder behoben worden (Seite 35 ff. der Klageerwiderung).
1.2
Die Zustimmungsbeschlüsse seien nicht wegen gemäß § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG unwirksamer Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats anfechtbar, weil der Aufsichtsrat über die Beschlussvorschläge auf unzureichender Informationsgrundlage beschlossen und einem Interessenkonflikt unterlegen habe. Auf eine unzureichende Informationsgrundlage des Aufsichtsrats bei der Beschlussfassung komme es von vornherein nicht an, da eine solche nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses über den Beschlussvorschlag führe. Relevant sei nur, ob der Beschlussvorschlag formal ordnungsgemäß zustande gekommen und materiell nicht auf eine satzungs- oder gesetzeswidrige Amtsausübung des Organmitglieds gerichtet sei, was hier nicht in Rede stehe. Zudem habe der Aufsichtsrat den Beschluss über die Beschlussvorschläge auf einer angemessenen Informationsgrundlage gefasst. Maßstab sei bei Entscheidungen über den Abschluss von Vergleichen mit Organmitgliedern und deren Vorlage an die Hauptversammlung die Einhaltung der allgemeinen Sorgfaltspflichten durch die Aufsichtsratsmitglieder. Die besonderen Anforderungen bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder nach Maßgabe der ...-Entscheidung des Bundesgerichtshofs, fänden dagegen keine Anwendung. Ihrer Sorgfaltspflicht hätten die Aufsichtsratsmitglieder bereits dadurch genügt, dass sie sich von spezialisierten Rechtsanwälten der Rechtsanwaltssozietät... eingehend hätten beraten lassen und die erteilte Rechtsauskunft einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzogen hätten. ... und ... hätten umfangreiche Ermittlungen angestellt, auf deren Grundlage der Aufsichtsrat angemessen informiert worden sei (siehe auch Seite 5 bis 9 des Schriftsatzes vom 20. Mai 2022). Von den darlegungs- und beweisbelasteten Klägern werde ein Interessenkonflikt auch nicht schlüssig dargelegt. Soweit auf die Möglichkeit eines (aus einer im Zuge der internen Ermittlungen nicht aufgedeckten Pflichtverletzung hervorgehenden) Interessenkonflikts verwiesen werde, ergebe sich daraus kein Anfechtungsgrund. In diesem Kontext bestreitet die Beklagte eine Verbindung zwischen einem "Projekt Deutschland", einer angeblich geplanten Beteiligung von ... an der Beklagten und der Dieselthematik, die bereits nicht schlüssig dargelegt sei. Nach Abschluss der Untersuchungen durch ... im März 2021, habe der Aufsichtsrat auf der Grundlage der Präsentation des Untersuchungsergebnisses am 26. März 2021 den Beschluss gefasst, Herrn ... sowie Herrn ... wegen fahrlässiger Sorgfaltspflichtverletzungen in Anspruch zu nehmen, die die gegen sie erhobenen Vorwürfe einer Sorgfaltspflichtverletzung zurückgewiesen hätten, woraufhin Vergleichsverhandlungen geführt worden seien, die in die Vergleichsvereinbarungen mündeten. Bezüglich der Pflichtgemäßheit der Entscheidung, die Vergleiche abzuschließen, habe sich der Aufsichtsrat ebenfalls durch ... beraten lassen. Dabei sei der nach Auffassung von ... Herrn ... zuzuordnende Schaden von rund 2,5 Mrd. € und der Herrn ... zuzuordnende Schaden von rund 300 Mio. € ebenso wie der Umstand, dass das Privatvermögen beider als Haftungsmasse nicht ausreichen werde, thematisiert worden. Eine Bekanntmachungspflicht gegenüber der Hauptversammlung in Bezug auf die Vermögensverhältnisse des Organmitglieds bestehe nicht, allenfalls eine Ermittlungspflicht des Aufsichtsrats für seine eigene Informationsgrundlage. Die Vermögensverhältnisse von Herrn ... und Herrn ... seien anhand der Bezüge aus ihrer Organtätigkeit abgeschätzt worden, was ausreichend sei. Bezüglich der Pensionsansprüche von Herrn ... und Herrn ... seien diese auf der Grundlage von Fragen des Klägers zu 2 in der Hauptversammlung thematisiert worden.
Soweit die Kläger meinten, der Hauptversammlung hätten nicht nur die für die Zustimmung maßgeblichen Informationsgrundlage als solche, sondern darüber hinaus auch solche Informationen mitgeteilt werden müssen, anhand derer die Plausibilität der mitgeteilten Informationsgrundlage im Einzelnen hätte überprüft werden können, würden die Kläger verkennen, dass der Hauptversammlung nicht im Einzelnen anhand interner Unterlagen der Gesellschaft darzulegen sei, wie Vorstand und Aufsichtsrat zu den die Grundlage des Vergleichs bildenden Feststellungen gekommen seien (Seite 20 f. des Schriftsatzes vom 20. Mai 2022). Zudem ergäben sich für die Beklagte im Falle der Veröffentlichung interner Gutachten erhebliche Nachteile. In der gutachterlichen Stellungnahme von ... ergäben sich Aspekte, anhand derer die in Anspruch genommenen Vorstandsmitglieder und die ...-Versicherer Einwände gegen ihre Haftung (zumindest leichter) entwickeln könnten. Zudem könnten Aktionäre und Dritte Informationen aus den Gutachten zum Nachteil der Beklagten nutzen. Eine Vorlageanordnung gemäß § 142 Absatz ein Satz 1 ZPO wäre wegen fehlender Beweiserheblichkeit unzulässig und würde gegen den Beibringungsgrundsatz verstoßen.
Ebenso wie in Bezug auf eine behauptete fehlende Informationsgrundlage für den Aufsichtsratsbeschluss, sei ein etwaiger Interessenkonflikt von Aufsichtsratsmitgliedern für die Wirksamkeit des Beschlusses ohne Relevanz. Zudem lägen keine Interessenkonflikte bei der Entscheidung des Aufsichtsrats über die Beschlussvorschläge vor. Vorstand und Aufsichtsrat seien vielmehr gemäß § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG verpflichtet, der Hauptversammlung Beschlussvorschläge zu unterbreiten, auch wenn diese beinhalteten, Ansprüche gegen Mitglieder des jeweils "eigenen Organs" dauerhaft nicht geltend zu machen. Insoweit sei auch anerkannt, dass Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder, die selbst Begünstigte einer Vergleichsvereinbarung seien, keinem Stimmverbot unterlägen. Die von ...-Versicherern regelmäßig geforderte umfassende Erledigung wäre anderenfalls nicht möglich, weil Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung sonst keinen Beschlussvorschlag unterbreiten könnten.
Nicht entscheidungserheblich sei die Frage der Verantwortlichkeit der ehemaligen und amtierenden Organmitglieder der Beklagten als solche. Gegenstand des Verfahrens sei nicht die Entscheidung von Aufsichtsrat und Vorstand der Beklagten, die Vergleichsvereinbarungen der Hauptversammlung zur Zustimmung vorzulegen, weshalb die Ausführungen zu sorgfaltswidrigem Verhalten von Aufsichtsrat und Vorstand irrelevant seien. Maßgeblich seien allein die Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlung, die bei ihrer Entscheidung nicht den für Organmitglieder geltenden Sorgfaltsmaßstäben gemäß § 93 Abs. 1 (in Verbindung mit § 116 Satz 1) AktG unterlägen. Anders als die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats sei die Hauptversammlung nämlich nicht Sachwalter fremder Vermögensinteressen. Aus diesem Grund scheide eine Haftung von Organmitgliedern gemäß § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG aus, wenn diese von der Hauptversammlung gefasste Beschlüsse ausführten.
Die Beklagte habe die Hauptversammlung sowohl über die Reichweite der Verzichts- und Freistellungsregelungen in den Haftungsvergleichen als auch über die Reichweite der Erledigungswirkung im Deckungsvergleich umfassend informiert, Eine umfassende Prüfung des relevanten Sachverhalts sei dabei nicht erforderlich gewesen, weil es insofern keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen gegeben habe und der relevante Sachverhalt auch nicht umfassend erledigt worden sei.
Entgegen der Auffassung der Kläger sei in den Haftungsvergleichen keine Einlagenrückgewähr gemäß § 57 Abs. 1 AktG zu sehen. Mit dem Anfechtungsgrund seien die Kläger schon nach § 246 Abs. 1 AktG präkludiert, da dieser nicht innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist vorgebracht worden sei. Soweit auf die Nichtigkeit gemäß § 241 Nr. 3 AktG abgehoben werde, fehle bereits jeder Sachvortrag der Kläger zur Aktionärseigenschaft von Herrn ... und Herrn .... Zudem sei die Voraussetzung nach § 57 Abs. 1 AktG, wonach ein Verstoß nur dann begründet sei, wenn der Abschluss des Vergleichs nach dem Sach- und Streitstand nicht gerechtfertigt sei, nicht gegeben. Denn die Haftungsvergleiche seien als Ergebnis intensiver Verhandlungen in jeder Hinsicht sachgerecht.
1.3
Die bekanntgemachten Beschlussvorschläge des Vorstands seien ebenfalls nicht wegen einer nicht ausreichenden Informationsgrundlage anfechtbar.
1.4
Die Beschlussfassung im Rahmen einer virtuellen Hauptversammlung sei zulässig. Die Entscheidung des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Beklagten, die ordentliche Hauptversammlung als virtuelle Versammlung durchzuführen, sei gemäß § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz nicht anfechtbar. Zudem stelle die virtuelle Hauptversammlung während der Corona-Pandemie einen vollwertigen Ersatz für die Durchführung von Präsenzhauptversammlungen dar, in deren Rahmen die Aktionäre - unter anderem auf der Grundlage der Beantwortung von 640 eingereichten Fragen - umfassende Informationen zu den vorgeschlagenen Vergleichsvereinbarungen erhalten hätten. Der Vorstand habe auch mit Blick auf die Zusammenfassung von Fragen, einleitenden Bemerkungen und dem (teilweisen) Verzicht auf deren Wiedergabe ermessensfehlerfrei gehandelt. Soweit der Kläger zu 1 die Einhaltung des aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes "mit Nichtwissen bestreite", treffe die Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Ferner handele sich um einen neuen Anfechtungsgrund, sodass gemäß § 246 Abs. 1 AktG Präklusion eingetreten sei.
2.
Die Hauptversammlung habe über eine angemessene Informationsgrundlage verfügt, nachdem Vorstand und Aufsichtsrat ihre für die Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen bestehenden Informationspflichten gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG durch die Vorlage der Vergleichsvereinbarungen, die freiwillige Vorlage des HV-Berichts und die vollständige sowie erschöpfende Beantwortung sämtlicher (insgesamt 640) Fragen, erfüllt hätten.
2.1
Die Verpflichtung, den wesentlichen Inhalt des Vergleichs bekanntzugeben, sei durch die Wiedergabe der zustimmungspflichtigen Verträge im Wortlaut erfüllt, was dem üblichen Vorgehen entspreche. Darüber hinaus sei der wesentliche Inhalt der Vergleichsvereinbarungen im HV-Bericht dargestellt. Soweit die Kläger fehlende Angaben im - freiwillig erstatteten - HV-Bericht rügten, führe diese von vornherein nicht zur Anfechtbarkeit und wäre jedenfalls durch die Ausübung des Fragerechts kompensiert worden. In Bezug auf Pflichtberichte (nach § 293 a Abs. 1 AktG) sei anerkannt, dass diese Informationen über die für den Vertragsschluss wesentlichen Angelegenheiten des anderen Vertragsteils nicht enthalten müssten, was für den hier in Rede stehenden freiwilligen HV-Bericht erst recht gelte. Zudem würde die Aufnahme aller denkbaren Informationen in den Bericht (aus Gründen der Vorsicht) zur Unübersichtlichkeit beitragen. Die Beklagte ist der Auffassung, ein Anfechtungsrecht sei gemäß § 1 Abs. 7 Covid-19 Gesetz nicht nur bezüglich der Verletzung des Fragerechts, sondern auch mit Blick auf Informationspflichtverletzungen, ausgeschlossen.
2.2
Darüber hinaus lägen Informationsmängel im HV-Bericht nicht vor. Die Beklagte habe ihren Aktionären eingehend Bericht erstattet, indem sie zu den Gründen für die angenommenen, bzw. nicht angenommenen fahrlässigen Pflichtverletzungen von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, dem ...-Versicherungsprogramm, den von Herrn ... und Herrn ... zu leistenden Eigenbeträgen sowie dem im Gegenzug erklärten Verzicht, den Regelungen zu den Freistellungen, den Leistungen von den ...- Versicherern, dem Rückstellungskonto, dem Verzicht gegenüber ehemaligen Vorstandsmitgliedern und der der Zustimmung zum Vergleich nicht entgegenstehenden Sonderprüfung, umfassend Stellung genommen habe.
Von den Klägern als fehlend gerügte Informationen stellten keine Informationsmängel dar. Die deutlich über den Schadensersatzleistungen liegende Höhe der (angenommenen) Schadensersatzansprüche gegen Herrn ... und Herrn ... lasse sich dem HV-Bericht entnehmen und die darauf abzielende Frage sei in der Hauptversammlung dahingehend beantwortet worden, dass man in Bezug auf Herrn ... von einem Schaden in Höhe von rund 2,5 Mrd. € und in Bezug auf Herrn ... in Höhe von 300 Mio. € ausgehe, sodass ein objektiv urteilender Aktionär über die erforderlichen Informationen verfügt habe. Risiken einer gerichtlichen Auseinandersetzung über Ersatzansprüche seien von der Beklagten im HV-Bericht thematisiert. Ferner habe die Beklagte darin ihre Einschätzung wiedergegeben, dass sie weder aufgrund der noch anhängigen behördlichen und gerichtlichen Verfahren noch in Folge der Durchführung der Sonderprüfung weitergehende Erkenntnisse erwarte. Woraus sich fehlende Anhaltspunkte dafür ergäben, dass Aufsichtsratsmitgliedern Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Dieselthematik zur Last zu legen seien, namentlich nicht bereits im Frühjahr 2015 Kenntnis über Manipulationen bei Abgaswerten vorgelegen habe, sei im HV- Bericht dargelegt. Vor diesem Hintergrund seien Angaben zu den Vermögensverhältnissen von Aufsichtsratsmitgliedern obsolet. Die Höhe der von den ...-Versicherern (noch) zu leistenden Zahlungen sei für die Liquidität der Beklagten ohne Relevanz, da die Beklagte in Höhe der bereits erbrachten Leistungen begünstigt sei. Darüber hinaus seien in der Hauptversammlung Fragen nach den der Beklagten zufließenden Zahlungen der ...-Versicherer beantwortet worden. Der HV-Bericht enthalte auch Angaben zu Zahlungen vom Rückstellungskonto. Angaben zu den Freistellungsverpflichtungen in den Haftungsvergleichen und den Verzichten im Deckungsvergleich seien im HV-Bericht enthalten. Ergänzend sei auf der Grundlage von Fragen in der Hauptversammlung zu den Freistellungsverpflichtungen und den Verzichten ausgeführt worden, dass die Freistellungspflicht maximal die Differenz zwischen den seitens der Versicherer geleisteten Regulierungsbeiträgen einerseits und der jeweiligen Deckungssumme des ...-Versicherungskonsortiums andererseits umfasse, wobei sich für Konzernvorstandsmitglieder (alle versicherten Person zusammen) die maximale Summe auf 240 Mio. € belaufe, in Bezug auf Vorstandsmitglieder, die einen Haftungsvergleich geschlossen hätten, das Risiko aus der Freistellungspflicht im einstelligen oder niedrigen 2-stelligen Millionenbereich gesehen werde. Als fehlend erachtete Fragen nach dem Vermögen von Herrn ... und Herrn ... seien in der Hauptversammlung - soweit möglich - dahin beantwortet worden, dass das von Herrn ... und Herrn ... von der Beklagten und ... bezogene Einkommen (120 Mio. €/50 Mio. €) berücksichtigt worden sei. Die Frage nach den Namen der durch den Verzicht betroffenen Organmitglieder seien in der Hauptversammlung beantwortet worden und aus der Angabe der jeweiligen Vermögen der Organmitglieder ergebe sich kein Informationsmehrwert. Fragen nach dem Zeitraum der durchgeführten Untersuchungen seien in der Hauptversammlung dahin beantwortet worden, dass Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder und gegen ...-Versicherer im Zeitraum 1. November 2002 bis 31. März 2018 und gegen Aufsichtsratsmitglieder im Zeitraum Mai 2014 bis November 2017 untersucht worden seien. Es liege auch keine unvollständige Angabe zu Strafverfahren und zivilrechtlichen Verfahren gegen Herrn ..., namentlich solche in den USA, vor. Vielmehr ergebe sich aus dem HV-Bericht, dass die Aufzählung der Verfahren nicht abschließend sei. Zudem seien Verfahren gegen Herrn ... in den USA in der Hauptversammlung thematisiert worden. Als fehlend gerügte Angaben zu "potentiellen Beraterregressen" seien nicht erforderlich, weil der Verzicht nur versicherte Personen betreffe. Angaben zu einem fehlenden Organisationsverschulden von Organmitgliedern enthalte der HV-Bericht dahin, dass mit Blick auf Herrn ... und Herrn ... keine Organisationspflichtverletzungen festgestellt worden seien, die für die Dieselthematik mitursächlich gewesen seien. Entgegen der Auffassung der Kläger sei es nicht "lebensfremd", dass andere Vorstandsmitglieder die in Bezug auf Herrn ... und Herrn ... festgestellten Unterlassungspflichtverletzungen nicht erkannt hätten und auch nicht hätten erkennen können. Vor diesem Hintergrund komme keine Haftung aus dem Aspekt der Gesamtverantwortung von Vorstandsmitgliedern für die Einhaltung des Legalitätsprinzips und der Einrichtung eines funktionierenden Compliance-Systems in Betracht.
Aus der Beweislastumkehr in § 93 Abs. 2 Satz 2, § 116 Satz 1 AktG im Falle der Inanspruchnahme von Organmitgliedern durch die Gesellschaft, wenn streitig sei, ob diese die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters/Überwachers angewandt hätten, ergäben sich keine weitergehenden Informationsverpflichtungen der Beklagten gegenüber ihren Aktionären. Letztlich seien dem HV-Bericht Angaben zu Pflichtverletzungen des Herrn ... in seiner Eigenschaft als Vorsitzenden des Aufsichtsrats der... zu entnehmen.
2.3
Gutachterliche Stellungnahmen von ... und ... hätten nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung, die die Prüfung eines Fehlverhaltens von Vorstandsmitgliedern durch den Aufsichtsrat und die Prüfung eines Fehlverhaltens von Aufsichtsratsmitgliedern durch den Vorstand vorsehe, nicht vorgelegt werden müssen. Ungeachtet dessen enthalte der HV-Bericht Angaben zu den Ergebnissen der gutachterlichen Stellungnahmen.
2.4
Eine Verletzung des Auskunftsrechts aus § 131 Abs. 1 AktG sei wegen der Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung ebenso wie die Anfechtung wegen einer nicht pflichtgemäßen Beantwortung der eingereichten Fragen im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 Covid-19-Gesetz nach § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz ausgeschlossen. Das Fragerecht sei durch die nicht wörtliche Wiedergabe und Zusammenfassung von Fragen nicht verletzt; die Vorgehensweise der Beklagten sei ermessensfehlerfrei. Letztlich sei keine grundrechtswidrige Ausgestaltung der Rechte der Aktionäre nach dem Covid-19-Gesetz festzustellen, bzw. die grundrechtskonforme Auslegung führe nicht zur Einräumung weitergehender Aktionärsrechte.
2.5
Eine Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergebe sich nicht aus einer Treuepflichtverletzung der Aktionäre aufgrund einer unzureichenden Informationsgrundlage des Aufsichtsrats bei seiner Entscheidung über den Abschluss der Vergleichsvereinbarung und deren Vorlage an die Hauptversammlung einschließlich seiner Beschlussvorschläge. Vielmehr seien der Aufsichtsrat angemessen und die Hauptversammlung umfassend informiert worden. Zudem seien Zustimmungsbeschlüsse nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG wegen Treuepflichtverletzungen der Hauptversammlungsmehrheit grundsätzlich nicht anfechtbar.
3.
Die Zustimmungsbeschlüsse seien nicht aus materiellen Gründen rechtswidrig, bzw. nichtig. Weder die Hauptversammlungsbeschlüsse noch die Vergleiche seien unbestimmt. Ein Verstoß gegen die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG liege nicht vor. Die gerichtlich angeordnete Sonderprüfung entfalte keine Sperrwirkung. Ein Stimmverbot der Hauptaktionäre habe nicht vorgelegen. Inhaltsmängel der Zustimmungsbeschlüsse oder Rechtsmissbrauch sei nicht gegeben.
3.1
Die in der Hauptversammlung gefassten Zustimmungsbeschlüsse seien bestimmt und ordnungsgemäß notariell beurkundet (Anlage B4). Hierfür sei es nicht erforderlich, die Vergleichsvereinbarungen als Anlage zu den beurkundeten Beschlüssen zu nehmen, was indes dadurch geschehen sei, dass sich in den weiteren Informationen zur Tagesordnung, die als Bestandteil der Einberufung auch zur Anlage der notariellen Niederschrift genommen worden seien, der vollständige Wortlaut der Vergleiche wiedergegeben sei. Die - tatsächlich nicht vorliegende - Unbestimmtheit der Vergleichsvereinbarungen würde nicht zur Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlung führen, da Beschlüsse der Hauptversammlung gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nach allgemeiner Auffassung keiner inhaltlichen bzw. materiellen Kontrolle unterlägen. Vielmehr stehe es den Aktionären frei, auf Schadensersatzansprüche gegenüber Organmitgliedern zu verzichten, was keiner Rechtfertigung bedürfe. Auch begründeten zivilrechtliche Mängel keine Rechtswidrigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen. Ungeachtet dessen seien die als nicht hinreichend bestimmt gerügten Regelungen der Vergleichsvereinbarungen aus sich heraus eindeutig und bestimmt. Der "relevante Sachverhalt" sei ebenso wie die "Dieselthematik" klar definiert. Einer Auflistung der versicherten Personen bedürfe es nicht, da diese in den Versicherungsverträgen definiert seien. Der Betrag der jeweiligen Ersatzforderung sei genannt und Freistellungserklärungen sowie Verzichte nachvollziehbar geregelt. Rückstellungen für künftige Versicherungsleistungen seien aus den Erläuterungen des Rückstellungskontos im HV-Bericht nachvollziehbar erläutert.
3.2
Ein Verstoß gegen die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG liege nicht vor, weil der Anspruch mit Erfüllung des haftungsbegründenden Tatbestandes entstehe und Ansprüche gegen Herrn ... und Herrn ... ab dem 27. Juli 2015, bzw. 21. September 2016, dem Beginn der Ihnen vorgeworfenen fahrlässigen Pflichtverletzung, entstanden seien. Vorsorglich seien zudem noch nicht entstandene Ansprüche in den Vergleichsvereinbarungen ausgeschlossen, für die indessen keine Anhaltspunkte bestünden. Dem stehe die Absicht der Beklagten, unter die Dieselthematik einen Schlussstrich zu ziehen, nicht entgegen, weil dann nur insoweit noch Ansprüche zu behandeln seien. Entgegen der Auffassung der Kläger seien Freistellungsvereinbarungen in Vergleichen mit Organmitgliedern üblich (Anlagen B6 bis B 11). Diese seien nach allgemeiner Auffassung auch mit Blick auf die Dreijahresfrist zulässig, wenn - wie hier - die Pflichtverletzung im Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung mehr als 3 Jahre zurückliege. Insoweit sei auch kein Vorausverzicht gegeben, weil an den Zeitpunkt der Pflichtverletzung angeknüpft werde und der Grundsatz der Schadenseinheit gelte. Entgegen der Auffassung der Kläger beschränke 3.2 der Haftungsvergleiche den Umfang der Freistellungszusagen auf die nach dem Deckungsvergleich noch verbleibende Versicherungssumme, sei also nicht unbegrenzt.
3.3
Die Sonderprüfung entfalte keine Sperrwirkung für eine Zustimmung zum Abschluss eines Vergleichs mit den von der Sonderprüfung betroffenen Organmitgliedern. Eine gesetzliche Regelung über die Sperrung der Zustimmung zu einem Vergleich bei laufender Sonderprüfung existiere nicht. Die Voraussetzungen für eine dahingehende teleologische Reduktion des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, dass im Falle einer laufenden Sonderprüfung eine Beschlussfassung über einen Vergleich/Verzicht gesperrt sei, lägen nicht vor. Es bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber hätte den in Rede stehenden Fall dahingehend geregelt, dass während einer laufenden Sonderprüfung kein Zustimmungsbeschluss zu einem Vergleich gefasst werden dürfe. Demgegenüber habe der Gesetzgeber bewusst akzeptiert, dass die Hauptversammlung nach Ablauf der Dreijahresfrist - ohne weitere Einschränkungen - zu einem Vergleich oder Verzicht disponieren könne. Ein Widerspruch zwischen einem mit Zustimmung der Hauptversammlung abgeschlossenen Vergleich und der Durchführung einer gerichtlich angeordneten Sonderprüfung bestehe nicht, weil die Aktionäre auch auf der Grundlage des vorliegenden Berichts des Sonderprüfers nach § 147 Abs. 1 AktG frei in ihrer Entscheidung darüber blieben, ob sie die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beschließen oder sich dagegen entscheiden würden. Mit anderen Worten ergebe sich aus einem Bericht des Sonderprüfers, der eine Pflichtverletzung von Organmitgliedern feststelle keine Verpflichtung der Hauptversammlung, deren Verfolgung zu beschließen. Erst recht gegen eine Sperrwirkung der laufenden Sonderprüfung für Zustimmungsbeschlüsse nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG spreche, dass auch das Klagezulassungsverfahren gemäß § 148 Abs. 1 AktG die Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsbeschlüssen nicht sperre. Insoweit sei anerkannt, dass auch wenn mit dem Klagezulassungsverfahren der Aktionärsminderheit, die den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 € erreiche, die Prozessführungsbefugnis zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder auf die Aktionärsminderheit übergehe, die Hauptversammlung auch während eines laufenden Klagezulassungsverfahren einem von der Gesellschaft geschlossenen Vergleich zustimmen könne, was entsprechend für das eigentliche (dem Klagezulassungsverfahren nachfolgende) Klageverfahren gelte. Daraus werde deutlich, dass die Gesellschaft ihre Dispositionsbefugnis über ihre Ersatzansprüche in jeder Lage des Verfahrens behalte und nach dem gesetzgeberischen Willen unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG jederzeit Vergleiche schließen könne. Diese Grundsätze seien auf die Sonderprüfung anzuwenden, woraus sich ergebe, dass ein Zustimmungsbeschluss nach Maßgabe von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG über einen den Gegenstand der Sonderprüfung betreffenden Sachverhalt erst recht zulässig sei. Sonderprüfung und Klagezulassung verfolgten deckungsgleiche Ziele, wobei sich aus der Sonderprüfung geringere Eingriffe in die Rechte der Gesellschaft ergäben. Wenn also der Gesetzgeber im Falle des gravierenderen Eingriffs durch Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf eine Aktionärsminderheit den Vergleichsschluss gleichwohl zulasse, müsse dies erst recht für die Sonderprüfung gelten, deren Berichterstattung die Hauptversammlung nicht zur Verfolgung von (dabei festgestellten) Verstößen verpflichte. Danach sei der durch das Quorum in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG gewährleistete Minderheitenschutz abschließend. Der Argumentation, dass die Sonderprüfung mit dem Abschluss von Vergleichen sinnentleert würde, stehe ebenfalls die vergleichbare Ausgangslage beim Klagezulassungsverfahren entgegen. Es komme hinzu, dass nach der ...-Rechtsprechung, Vorstand bzw. Aufsichtsrat auch im Falle einer gerichtlich angeordneten Sonderprüfung zur Anspruchsverfolgung verpflichtet blieben, den Sachverhalt aufzuklären und die Geltendmachung von Ansprüchen zu prüfen hätten. Dies könnte dazu führen, dass während einer laufenden Sonderprüfung nach den Grundsätzen der ...-Rechtsprechung Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden müssten, auch wenn überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls für den Abschluss eines Vergleichs sprächen, jedenfalls dann, wenn die hohen Voraussetzungen der ...-Rechtsprechung für eine Nichtgeltendmachung nicht vorlägen. Soweit sich Klagezulassungsverfahren und Sonderprüfung darin unterscheiden würden, dass in Bezug auf Ersteres die Subsidiarität der Geltendmachung durch die Gesellschaft in § 148 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 AktG gesetzlich angeordnet sei, während diese für die Sonderprüfung fehle, liege dies an der Übertragung der Prozessführungsbefugnis für etwaige Ersatzansprüche der Gesellschaft im Falle des Klagezulassungsverfahrens. Da bei der Sonderprüfung dagegen keine Übertragung der Prozessführungsbefugnis erfolge, sei eine andere Situation gegeben. Es bestehe schon ansatzweise kein Konkurrenzverhältnis der Sonderprüfung zu einer Disposition der Gesellschaft über etwaige Ersatzansprüche. Die Unabhängigkeit der Regelungen über die Sonderprüfung und über einen Vergleichsabschluss ergebe sich bereits daraus, dass beide Maßnahmen von einem unterschiedlichen Minderheitenquorum ausgingen. Während die Sonderprüfung bereits durch eine Aktionärsminderheit, die (zusammen) den anteiligen Betrag von 100.000 € erreichten, beantragt werden könne, müsse zum Ausschluss eines Vergleichsbeschlusses eine Minderheit Widerspruch zur Niederschrift erheben, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreiche. Damit sei vom Gesetzgeber abschließend geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Beschluss über die Zustimmung scheitere, wozu gerade kein laufendes Sonderprüfungsverfahren gehöre.
3.4
Ein Stimmverbot der... nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG greifen nicht ein, weil nicht über die Entlastung der... oder deren Befreiung von Verbindlichkeiten Beschluss gefasst worden sei. Zudem würde ein Stimmverbot nicht zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 führen, weil - insoweit unstreitig - auch ohne die Stimmen der ... die Zustimmung zu den Vergleichen mehrheitlich erteilt worden wäre (Seite 118 der Klageerwiderung). Dies gelte - ebenfalls unstreitig - im Falle der Annahme eines Stimmverbots der Beteiligungsgesellschaft des Landes Niedersachsen entsprechend. Würde man deren Stimmen zusätzlich zu den Stimmen der... abziehen, ergäbe sich immer noch eine Zustimmung zu den Beschlüssen der Tagesordnungspunkte 10 und 11 mit einer Mehrheit von über 99 %. Bei Abzug der Stimmen der drei größten Aktionäre der Beklagten, also auch der ..., hätten die verbleibenden Streubesitzaktionäre den Vergleichsvereinbarungen mit Mehrheiten von 99,62 % und 99,93 % der abgegebenen Stimmen zugestimmt.
3.5
Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG unterlägen - wie Hauptversammlungsbeschlüsse generell - bereits von vorneherein keiner inhaltlichen Kontrolle. Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG komme nur in Betracht, wenn der Beschluss der Hauptversammlung gegen konkrete Bestimmungen des Aktienrechts oder der Satzung verstoße. Demnach finde nach einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung keine Inhaltskontrolle von Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG statt. Dies beruhe darauf, dass es den Aktionären als wirtschaftlich Berechtigten an dem Gesellschaftsvermögen freistehe, auf Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Organmitglieder zu verzichten oder sich über solche Ansprüche zu vergleichen. Als weiterer Aspekt komme hinzu, dass der Gesetzgeber ausdrücklich geregelt habe, dass die Interessen der Minderheit nur dann nicht gegenüber den Interessen der Mehrheit zurückträten, wenn Aktionäre der Beschlussfassung widersprächen, die zusammen Anteile von 10 % des Grundkapitals hielten (§ 93 Abs. 4 Satz 3 AktG a. E.). Damit sei vom Gesetzgeber selbst geregelt, wie eventuell abweichende Minderheitsinteressen berücksichtigt würden, nämlich indem das Widerspruchsquorum als einziges Abwägungskriterium für den Schutz der Interessen der Minderheitsaktionäre vorgesehen sei.
3.6
Eine inhaltliche Missbrauchskontrolle beziehe sich nicht auf den Beschlussinhalt, bzw. dessen sachliche Rechtfertigung, sondern auf das Abstimmungsverhalten einzelner Aktionäre. Dieser individuelle Rechtsmissbrauch könne vorliegen, wenn ein Aktionär seine Stimmrechte unter Verletzung seiner individuellen Treuepflicht ausgeübt, aus eigennützigen Motiven gehandelt und das Beschlussergebnis dadurch beeinflusst habe.
Dies sei bei Hauptversammlungsbeschlüsse über die Zustimmung zu Vergleichen oder Verzichten gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG wegen der durch eine solche Vereinbarung alle Aktionäre in proportional gleicher Höhe treffenden Minderung des Gesellschaftsvermögens ausgeschlossen. Die denkbare Ausnahme, dass das (ehemalige) Organmitglied als Aktionär der Gesellschaft die Abstimmung beeinflussen könne, werde durch das Stimmverbot gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG verhindert. Ein solches Stimmverbot in Bezug auf die ... und die Beteiligungsgesellschaft des Landes Niedersachsen sei ausgeschlossen, weil die Vergleichsvereinbarungen weder Verbindlichkeiten der ... noch solche der Beteiligungsgesellschaft des Landes Niedersachsen oder Verbindlichkeiten anderer Aktionäre der Gesellschaft beträfen. Ohnedies würde in Ansehung der Zustimmung zu den Beschlüssen in der Hauptversammlung mit 99,91 % bzw. 99,98 % ein vermeintlich treuwidriges Abstimmungsverhalten einzelner Aktionäre keine Relevanz für das Beschlussergebnis haben. Wie bereits dargelegt, würde sich an dem Abstimmungsergebnis nichts Nennenswertes ändern, würde man die Stimmen der ... und der Beteiligungsgesellschaft des Landes Niedersachsen sowie der... unberücksichtigt lassen.
Auch in der Sache liege kein rechtsmissbräuchliches Stimmverhalten von Aktionären vor, welches die Kläger bereits nicht schlüssig darlegten. Entgegen der Auffassung der Kläger ergebe sich ein die Anfechtbarkeit begründender Rechtsmissbrauch nicht mit Blick auf die Höhe der vereinbarten Vergleichsbeträge. Der Einwand betreffe von vorneherein inhaltliche Mängel der Zustimmungsbeschlüsse, die eine Anfechtung nicht begründen könnten, gehe aber auch in der Sache fehl. Auch unter Berücksichtigung der in § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG geregelten Vermutung der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Vorstandsmitglieds, wäre die gerichtliche Inanspruchnahme von Herrn ... und Herrn ..., die gegen sie gerichtete Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach zurückgewiesen hätten, in Ansehung der komplexen Sach- und Rechtsfragen mit erheblichen Prozessrisiken verbunden gewesen. Die Inanspruchnahme der...- Versicherer (im Falle eines erfolgreichen Vorgehens gegen Herrn ... und Herrn ... in einem ersten Schritt) hätte weiteren Risiken unterlegen, nämlich dem Einwand, dass Ersatzansprüche nicht oder nicht vollständig vom Versicherungsschutz abgedeckt seien und dass Pflichten vorsätzlich verletzt worden wären, was den Versicherungsschutz nach den Versicherungsbedingungen in Gänze ausgeschlossen hätte. Hinzu kämen Zinsverluste, Kosten und möglicher Ansehensverlust der Beklagten im Fall einer öffentlichen gerichtlichen Auseinandersetzung, wegen einer Fokussierung der Presseberichterstattung auf in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten, während aktuell erzielte Erfolge im Compliance-Management nicht angemessen wahrgenommen werden würden. Entgegen der Auffassung der Kläger sei der bisher entstandene Schaden von rd. 32,2 Mrd. € Herrn ... und Herrn ... nur teilweise (2,5 Mrd. €/300 Mio. €) zuzurechnen, weil zum Zeitpunkt der festgestellten Pflichtverletzung der Großteil der betroffenen Fahrzeuge bereits ausgeliefert gewesen sei. Die mit Herrn ... und Herrn ... vereinbarten Vergleichsbeträge seien - entgegen der Auffassung der Kläger - angemessen, was sich bereits daraus ergebe, dass diese deutlich über dem gemäß § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG maximal angeordneten Selbstbehalt von Vorstandsmitgliedern in der Versicherung (das eineinhalbfache der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds) lägen. Die feste Vergütung von Herrn ... habe im Jahr 2015 1,6 Mio. € betragen, sodass sich der Selbstbehalt auf 2,4 Mio. € beliefe, also deutlich unterhalb des mit 11,2 Mio. € vereinbarten Eigenbetrages. Im Jahr 2016 habe sich das Grundgehalt von Herrn ... auf 1,1 Mio. € belaufen, sodass der Selbstbehalt 1,6 Mio. € betragen habe, also ebenfalls deutlich unterhalb des mit 4,1 Mio. € vereinbarten Eigenbeitrags. Die aufgrund des von Herrn ... und Herrn ... bezogenen Einkommens geschätzten Vermögensverhältnisse seien bei den vereinbarten Eigenbeträgen angemessen berücksichtigt worden, wobei auch (sukzessiv zufließenden) Pensionsansprüche beachtet worden seien.
Die wesentliche Haftungsmasse zur Befriedigung der Schadensersatzansprüche der Beklagten habe sich ohnedies aus der ...-Versicherung ergeben, wobei sich aus dem Versicherungsprogramm 2015 eine Gesamtversicherungssumme in Höhe von 500 Mio. Euro und dem Versicherungsprogramm 2021 eine Gesamtversicherungssumme von 480 Mio. Euro ergeben habe, letztere Versicherungssumme aber nicht in voller Höhe zur Regulierung der Schäden aus der Dieselthematik zur Verfügung gestanden hätte. Ansprüche im Zusammenhang mit Abgaswertemanipulationen, die nicht vor 2016 gemeldet worden seien, seien bereits seit 2016 vom Deckungsschutz der ...-Versicherung ausgeschlossen, selbst wenn etwaige Pflichtverletzungen schon vor 2016 begangen worden sein sollten. In Anbetracht der zur Verfügung stehenden Deckungssumme sei die Regulierung in Höhe von rund 270 Mio. Euro erheblich. Dass die von Herrn ... und Herrn ... zu erbringenden Eigenbeträge teilweise, bzw. vollständig durch den Verzicht auf Boni und Abfindungszahlungen erbracht würden, sei sowohl bei rechtlicher als auch bei wirtschaftlicher Betrachtung ohne Relevanz. Letztlich seien die Verdienste von Herrn ... und Herrn ... bei der Bemessung der Eigenbeträge im Rahmen der Abwägung des Aufsichtsrats angemessen berücksichtigt worden, wohingegen die Auffassung der Kläger, dass die unter der Ägide von Herrn ... und Herrn ... erzielten Erfolge im Zusammenhang mit der Dieselthematik stünden, ohne Grundlage sei.
3.7
Rechtsmissbräuchlichkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergebe sich nicht aus einer - nach den Behauptungen der Kläger - unzulänglichen Untersuchung von Ansprüchen gegen Organmitglieder. Der zeitliche Prüfungsumfang für etwaige Pflichtverletzungen von ehemaligen und amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats ab Mai 2014 knüpfe sachgerecht an die zu diesem Zeitpunkt erfolgte Veröffentlichung der ...-Studie an, aus der sich erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten beim Emissionsverhalten von Fahrzeugen des ... Konzerns ergeben hätten. Wegen des nicht untypischen operativen Problems, dass Fahrzeuge ein unterschiedliches Emissionsverhalten aufwiesen, je nachdem ob sie sich auf der Straße oder im Prüfstand befänden, habe eine Befassung des Aufsichtsrats vor der ersten Notice of Violation durch die EPA am 18. September 2015 nicht stattgefunden. Nachdem relevante Anhaltspunkte für ein aufklärungsbedürftiges Problem ab dem 27. Juli 2015 ausschließlich für Herrn ... bestanden hätten (wegen seiner umfassenden Kenntnisse auf dem Gebiet der Abgasregelung), der diese Aufklärung indessen (pflichtwidrig) nicht unmittelbar betrieben habe, sei die Befassung des Aufsichtsrats hiermit auch ab diesem Zeitpunkt nicht als erforderlich angesehen worden. Entgegen der Annahme der Kläger, habe der ... erteilte Prüfungsauftrag sowohl die rechtzeitige Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche als auch die eines etwaigen Organisationsverschuldens umfasst. Dabei seien Organisationspflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern, die ursächlich für die Dieselthematik seien, nicht festgestellt worden. Die für relevant erachteten Dokumente seien von ... herangezogen worden. Letztlich sage der Honoraraufwand über die Ordnungsgemäßheit des Prüfungsumfangs ersichtlich nichts aus.
Die Dieselthematik sei umfassend geprüft und erledigt worden, wohingegen der relevante Sachverhalt im Deckungsvergleich ganz überwiegend von der Erledigungswirkung ausgeschlossen sei, weshalb es hierzu keiner umfassenden Prüfung bedurft habe.
3.8
Die im Deckungsvergleich enthaltene Verzichtsregelung sei weder versteckt noch überraschend. Der Verzicht sei den Aktionären vielmehr sowohl im HV-Bericht als auch in der Hauptversammlung eingehend erläutert worden und in der Sache angemessen und üblich. Es sei sowohl üblich als auch nachvollziehbar, dass die ...-Versicherer zu einer vergleichsweisen Einigung nur dann bereit gewesen seien, wenn damit eine umfassende endgültige Erledigung und damit auch ein Verzicht auf nicht in Anspruch genommene versicherte Personen vereinbart werde. Zudem liege es im Unternehmensinteresse, auf der Grundlage einer umfassenden Erledigung den Sachverhalt abzuschließen und sich auf zukunftsorientierte Aufgaben zu konzentrieren. Soweit von dem Verzicht auch Fälle vorsätzlicher Pflichtverletzungen und über die Versicherungssumme hinausgehende Ansprüche erfasst seien, werde damit dem Interesse der ...- Versicherer Rechnung getragen, durch die umfassende Erledigung, Streitigkeiten über die Abgrenzung versicherter und nicht versicherter Ansprüche zu vermeiden. Den die Dieselthematik überschreitenden "relevanten Sachverhalt" mit dem Verzicht zu erfassen, beruhe auf der Forderung der ...- Versicherer, sämtliche theoretisch gegen sie in Betracht kommenden Ansprüche umfassend zu erledigen. Entgegen der Auffassung der Kläger würden Ansprüche gegen Rechtsberater durch den Verzicht nicht erfasst.
Die in den Haftungsvergleichen enthaltenen Freistellungen gegen Herrn ... und Herrn ... seien entgegen der Auffassung der Kläger nicht rechtsmissbräuchlich. Die Kläger würden bereits die Begrenzung der Freistellungsansprüche verkennen, da die Freistellung nur eingreifen würde, soweit Herr... und Herr... keine Leistungen der ...-Versicherer erhalten hätten oder erhielten. Zudem greife die Freistellung nicht ein, soweit eine Deckung nach den Versicherungsbedingungen der ...-Versicherung ausgeschlossen oder die Deckungssumme ausgeschöpft sei, womit das (theoretische) maximale Risiko aus den Freistellungen bei rund 240 Mio. € liege. Daraus, dass sich die Begrenzungen hinsichtlich Deckungssummen und Deckungszuschüssen nicht auf die Erstattung von Kosten für die Abwehr von Ansprüchen und sonstigen Rechtsverteidigungskosten bezögen, ergebe sich keine Unvertretbarkeit, weil für weitere Versicherungsleistungen 50 Mio. Euro zur Verfügung stünden.
Die Zustimmungsbeschlüsse seien nicht wegen eines vorschnellen Vergleichsabschlusses treuwidrig. Insoweit treffe die in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG normierte Dreijahresfrist eine abschließende Regelung zum Schutz vor übereilten Vergleichsabschlüssen. Die hier in Rede stehenden Zustimmungsbeschlüsse seien auch nicht vorschnell zu einem Zeitpunkt getroffen worden, in dem sich das Ausmaß der Verfehlungen des Organmitglieds und des Schadens noch nicht abschließend überblicken lasse. Die Vergleiche fußten vielmehr auf einer mehr als fünfeinhalb Jahre umfassenden Prüfung der Dieselthematik und etwaiger Pflichtverletzungen von Organmitgliedern. Zudem gehe es der Beklagten nicht darum, eine Untersuchung zu verhindern oder Organmitglieder von ihrer Verantwortung zu befreien. Die Vergleichsabschlüsse zum jetzigen Zeitpunkt lägen auch im Interesse der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Kläger liege es im Interesse der Beklagten jetzt Vergleiche abzuschließen, um nach Aufarbeitung der Verantwortlichkeiten einen Schlussstrich unter die Dieselthematik zu ziehen, zeitnah erhebliche Mittel zu generieren und Ressourcen für wichtige strategische und operative Zukunftsthemen freizusetzen. Von Strafverfahren seien keine wesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten. Im Gegenteil würde die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Falle der Verurteilung von Herrn ... und Herrn ... wegen vorsätzlicher Straftaten gegenüber den ...-Versicherern erschwert, weil diese sich erfolgversprechend auf den Ausschluss des Versicherungsschutzes für vorsätzliche Pflichtverletzungen berufen könnten. Letztlich zeige der Umstand, dass Vergleichsvereinbarungen nach allgemeiner Auffassung selbst dann zulässig seien, wenn bereits ein Klagezulassungsverfahren oder ein sich anschließendes Klageverfahren anhängig sei, dass sich aus dem Ausschluss des Klagezulassungsverfahrens durch eine Vergleichsvereinbarung keine Treuwidrigkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergeben könne.
Eine Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergebe sich nicht aus einem widersprüchlichen Verhalten des Vorstandes und Aufsichtsrats der Beklagten, indem diese einerseits die Dieselthematik als umfassend aufgeklärt erachteten, sich andererseits gegen die Durchführung der Sonderprüfung zur Wehr setzten. Eine Anfechtbarkeit ergebe sich von vorneherein nicht, weil sich daraus nach dem eigenen Vorbringen der Kläger kein Rechtsmissbrauch eines Aktionärs, sondern allenfalls ein widersprüchliches Verhalten von Vorstand und Aufsichtsrat ergäbe. Zudem ergäbe sich aus der Sonderprüfung keine Sperrwirkung, sondern die Dispositionsbefugnis der Hauptversammlung über die von der Prüfung betroffenen Ersatzansprüche bleibe im vollen Umfang erhalten. Letztlich verhindere die Beklagte nicht die Durchführung der Sonderprüfung, sondern setze verfassungsmäßige Rechte der Beklagten durch, die sie durch die Anordnung der Sonderprüfung und den Austausch des Sonderprüfers verletzt sehe. Das Unterlassungsklageverfahren gegen den Sonderprüfer beruhe auf der durch ein Gutachten bestätigten Rechtsauffassung, dass der Sonderprüfer vor Beginn seiner Tätigkeit das Nichtbestehen von gesetzlichen Ausschlussgründen nachzuweisen habe.
Der Einwand der Kläger, Rechtsmissbrauch ergebe sich aus einer "Selbstbetroffenheit" von Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, gehe fehl. Ein individueller Rechtsmissbrauch von Aktionären sei - soweit ehemalige oder amtierende Vorstands- der Aufsichtsratsmitglieder zugleich Aktionäre der Beklagten seien - dadurch ausgeschlossen, dass sich daraus gemäß § 136 Absatz 1 Satz 1 AktG ergebende Stimmrechtsverbote im Auszählungssystem der Hauptversammlung hinterlegt und beachtet worden seien (Anlage B4). Zudem seien Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats von den Verzichtsregelungen im Deckungsvergleich tatsächlich nicht begünstigt, weil die Untersuchungen durch Aufsichtsrat und Vorstand ergeben hätten, dass amtierenden Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats keine Pflichten im Zusammenhang mit der Dieselthematik verletzt hätten. Insoweit sei die Verantwortlichkeit nicht von den jeweiligen Organen selbst oder deren Mitgliedern geprüft, sondern nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung gesondert und unabhängig voneinander untersucht worden. Vor diesem Hintergrund scheide eine "Selbstbetroffenheit" aus. Ferner sei eine Einflussnahme ausgeschlossen worden, etwa indem Herr ... als früheres Mitglied des Vorstands der Beklagten und als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Beklagten von den Untersuchungen abgeschirmt worden sei und dem "Sonderausschuss Dieselmotoren" des Aufsichtsrats der Beklagten nicht angehört habe. Zudem habe Herr ... weder als Ansprechpartner für ... fungiert noch an Beschlussfassungen des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Untersuchung der Dieselthematik teilgenommen, sodass der Vorwurf eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, bzw. Vorstand und Aufsichtsrat einerseits sowie ... andererseits ohne Grundlage sei. Ansprechpartner für... seien die Mitglieder des Aufsichtsrats sowie das - für die Geschäfte des Aufsichtsrats insgesamt zuständige - Büro des Aufsichtsratsvorsitzenden gewesen. Es entspreche auch guter Corporate Governance, bei der Besetzung des Aufsichtsrats die Eigentümerstruktur der Gesellschaft zu berücksichtigen, weshalb es nicht zu beanstanden sei, dass Herr ... neben seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der... Vorsitzender des Aufsichtsrats der Beklagten sei. Ebenfalls nicht beanstandet werden könne, dass der Chefjustiziar der Beklagten, Herr... , zugleich Mitglied des Vorstands der ... sei. Beide trennten ihre jeweiligen Aufgabenfelder strikt.
Die Zustimmungsbeschlüsse seien nicht wegen behaupteter Sondervorteile für die ... anfechtbar. Soweit gemäß § 243 Abs. 2 AktG eine Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen darauf gestützt werden könne, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen versuche und der Beschluss geeignet sei, diesem Zweck zu dienen, stelle dieser Anfechtungsgrund einen Unterfall eines treuwidrigen Abstimmungsverhaltens im Sinne von § 243 Abs. 1 AktG dar. Nachdem eine Anfechtung von Zustimmungsbeschlüssen gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG wegen individuellen Rechtsmissbrauchs nach § 243 Abs. 1 AktG ausscheide, müsse dies auch für eine Anfechtung wegen treuwidrigen Stimmverhaltens nach § 243 Abs. 2 AktG gelten. Zudem behaupteten die Kläger Sondervorteile der ... und ein sich daraus ergebendes treuwidriges Abstimmungsverhalten nicht mit Substanz. Anhaltspunkte für Ansprüche der Beklagten gegen die ... im Zusammenhang mit der Dieselthematik gemäß §§ 117, 317 AktG seien nicht dargelegt und von der Verzichtsregelung im Deckungsvergleich nicht erfasst. Sondervorteile der... selbst würden durch den Deckungsvergleich nicht begründet. Dass Mitglieder der die ... kontrollierenden Familien ... und ... durch den Vergleich begünstigt seien, werde ebenso wenig dargelegt wie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass und warum sich die ... bei ihrem Stimmverhalten hieran orientiert haben sollte. Entsprechendes gelte für den Verzicht in den Haftungsvergleichen. Es fehle jede substantiierte Darlegung, weshalb Aussagen von Herrn ... oder Herrn ... Mitglieder der Familien ... oder... gefährden könnten. Letztlich ergebe sich aus der seit Jahren nicht mehr bestehenden Doppelfunktion von Herrn ... als Vorstandsvorsitzender der Beklagten und der... keine Veranlassungsvermutung im Sinne von § 311 AktG.
Anhaltspunkte für einen Treue pflichtverstoß bzw. Rechtsmissbrauch des Landes Niedersachsen und der... würden bereits nicht ansatzweise mit Substanz vorgetragen. Die in diesem Zusammenhang von den Klägern thematisierten Angaben von Herrn ... gegenüber dem Spiegel (Anlage K1.53) böten keine Anhaltspunkte für solche Pflichtverletzungen.
4.
Die Zustimmungsbeschlüsse seien nicht gemäß § 241 Nr. 3 und Nr. 4 AktG nichtig. Die insoweit herangezogene Bevorzugung bestimmter Aktionärsgruppen führe allenfalls zur Anfechtbarkeit aber nicht zu einer Nichtigkeit wegen der Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Aktiengesellschaft. Die Zustimmungsbeschlüsse seien auch nicht sittenwidrig, was schon daraus abzuleiten sei, dass mehr als 99 % der abstimmenden Aktionäre die Vergleichsvereinbarungen als billig und gerecht bewertet hätten. Vielmehr seien auf der Grundlage aufwendiger Sachaufklärungen und deren juristischer Bewertung im Interesse der Beklagten liegende Vergleichsvereinbarungen geschlossen worden. Die Behauptung, dass "die Initiatoren dieses Schlussstrichs" verantwortlich für die Dieselhematik seien, sei ohne tatsächliche Grundlage. Für die Nichtigkeit gemäß § 136 Abs. 2 Satz 2 AktG, die voraussetze, dass sich Aktionäre verpflichteten, für die jeweiligen Vorschläge des Vorstandes oder des Aufsichtsrats zu stimmen, gebe es keine Anhaltspunkte. Der Deckungsvergleich enthalte eine solche Verpflichtung nicht.
5.
Die Entlastungsbeschlüsse seien ebenfalls nicht anfechtbar. Im Ausgangspunkt stehe die Entlastungsentscheidung im freien Ermessen der Hauptversammlung, die hier mit einer Mehrheit von über 99,48 % für eine Entlastung gestimmt habe. Soweit die Entlastungsentscheidung der Hauptversammlung mit Blick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns der Verwaltung einer eingeschränkten Kontrolle durch das Gericht dahin unterliege, ob die Hauptversammlung ihr breites Entlastungsermessen in einer Weise überschritten habe, dass sich die Entlastung als Treuepflichtverletzung der Hauptversammlungsmehrheit gegenüber der gegen die Entlastung stimmenden Hauptversammlungsminderheit darstelle, seien dafür vorliegend keine Umstände ersichtlich. Voraussetzung sei ein festgestellter eindeutiger und schwerwiegender Pflichtverstoß im hier maßgeblichen Zeitraum, also dem Jahr 2020, der für den objektiven Durchschnittsaktionär im Zeitpunkt der Entlastungsentscheidung zumindest erkennbar gewesen sei. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei seitens der darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nichts dargelegt oder ersichtlich. Soweit die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse mit der Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse begründet werde, fehle es bereits an der Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse. Zudem fielen Pflichten von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder im Zusammenhang mit der Vorlage, Bekanntmachung und Information bezüglich der Vergleiche nicht in den Entlastungszeitraum, sondern in das Geschäftsjahr 2021. Eine Pflichtverletzung ergebe sich nicht aus der unterbliebenen Prüfung des Vermögens der durch den Deckungsvergleich erfassten Aufsichtsratsmitglieder, da die Untersuchung keine Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern ergeben habe, sodass es der Prüfung ihrer Vermögensverhältnisse nicht bedurft habe. Entsprechendes gelte für den Vorwurf, keine weitergehenden Ansprüche anhand des in dem vor dem Oberlandesgericht Celle geführten KapMuG-Verfahrens gehaltenen Sachvortrags und die genauen Vermögensverhältnisse von Herrn ... und Herrn ... geprüft zu haben. Tatsächlich gebe es keine Verbindung zwischen einem "Projekt Deutschland" und der Dieselthematik. Zudem seien die Vermögensverhältnisse von Herr... und Herrn ... - soweit möglich - herangezogen worden.
Die Nichtigkeit der Entlastungsbeschlüsse sei zudem ersichtlich nicht gegeben.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
[Entscheidungsgründe]
A.
Die gemäß § 249 Abs. 2 AktG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen sind zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Kläger und der Nebenintervenient zu 1 (im Folgenden nur: Kläger) sind als Aktionäre der Beklagten anfechtungsbefugt, § 245 Nr. 1 AktG.
Die Aktionärsstellung der Kläger und Nebenintervenienten bereits vor der Bekanntmachung der Tagesordnung der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 ist unstreitig. Der Kläger zu 1 und der Nebenintervenient zu 2 haben darüber hinaus ihre Aktionärsstellung durch Vorlage eines Depotauszugs, bzw. einer Bankbestätigung belegt (Anlage K1.1, Anlagenordner Kläger zu 1; Anlage NI2.1, Blatt 179a, GA I). Die in der Hauptversammlung anwesenden Kläger haben gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 (der Kläger zu 2 zudem gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4) Widerspruch zur Niederschrift erklärt, § 245 Nr. 1 AktG (Widerspruchsliste als Anlage zum Protokoll des in der Hauptversammlung amtierenden Notars, Anlage B4, Anlagenordner Beklagte).
Beide Klagen sind innerhalb der Monatsfrist gemäß § 246 Abs. 1 AktG erhoben worden, nämlich am (Montag) 23. August 2021, jeweils eingereicht als elektronisches Dokument im Sinne von § 130a ZPO. Die Nebenintervention des Nebenintervenienten zu 1 auf Seiten der Kläger ist - ebenfalls als elektronisches Dokument im Sinne von § 130a ZPO - am 20. Oktober 2021 und damit rechtzeitig innerhalb eines Monats nach der am 21. September 2021 erfolgten Bekanntmachung der Beschlussmängelklagen im Bundesanzeiger eingereicht worden, § 246 Abs. 4 Satz 2 ZPO (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 28. Oktober 2021, Anlagenordner Beklagte). Die durch elektronisches Dokument im Sinne von § 130a ZPO am 8. Dezember 2021 eingereichte Nebenintervention des Nebenintervenienten zu 2 auf Seiten der Beklagten ist ebenfalls zulässig. Zwar ist die Frist gemäß § 246 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht eingehalten. Die Versäumung der Ausschlussfrist des § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG durch den Nebenintervenienten zu 2 führt aber nicht zur Unzulässigkeit seiner Nebenintervention. Die genannte Vorschrift gilt nicht zu Lasten des auf Seiten der beklagten Gesellschaft beitretenden Nebenintervenienten (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2009 - II ZB 8/08, juris Rn. 8).
II.
Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Juli 2021 zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 10a, 10b und 11 sind weder nichtig noch anfechtbar.
1. Die Anfechtbarkeit/Nichtigkeit der mit einer Mehrheit von über 99 % der abgegebenen Stimmen gefassten Zustimmungsbeschlüsse zu den mit Herrn ...und Herrn ... geschlossenen Haftungsvergleichen (Tagesordnungspunkte 10a und 10b) sowie dem mit den ...-Versicherern des Konzerns der Beklagten geschlossenen Deckungsvergleich (Tagesordnungspunkt 11) ergibt sich weder aus der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse aus formellen Gründen oder wegen Informationsmängeln, noch aus deren Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit aus materiellen Gründen.
a) Die vorgenannten Beschlüsse sind nicht formell rechtswidrig, weil die Tagesordnungspunkte 10 und 11 gemäß § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG und die Vergleichsvereinbarungen gemäß § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG ordnungsgemäß in der Einberufung zur Hauptversammlung bekannt gemacht wurden, gegen die Wirksamkeit der Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats nach § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG keine Bedenken bestehen und die Beschlussfassung im Rahmen einer virtuellen Hauptversammlung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 6 Covid-19-Gesetz zulässig war.
aa) Die Tagesordnungspunkte zu den Zustimmungsbeschlüssen sowie die Vergleichsvereinbarungen sind ordnungsgemäß bekannt gemacht.
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Tagesordnungspunkte 10 und 11 in der Einladung zur ordentlichen virtuellen Hauptversammlung vom 22. Juli 2021 ordnungsgemäß im Sinne von § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG angegeben, weshalb die Beschlussfassung nach § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG zulässig war.
(a) Sinn der Mitteilung der Tagesordnungspunkte einschließlich der Beschlussvorschläge ist eine sachgemäße Information der Aktionäre, aufgrund deren sie nicht nur in die Lage versetzt werden sollen, sich mit den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu befassen und aufgrund dieser Vorbereitung ihr Rede-, Frage- und Stimmrecht sinnvoll auszuüben, sondern auch, darüber zu befinden, ob sie überhaupt an der Hauptversammlung - selbst oder vertreten durch Dritte - teilnehmen sollen (BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, juris Rn. 12). Bei der Herbeiführung der Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss zustimmungsbedürftiger Verträge hat die Bezeichnung des entsprechenden Tagesordnungspunktes neben der Person des Vertragspartners auch den Inhalt des Vertrages schlagwortartig zu enthalten (Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 121, Rn. 57). Tagesordnung im Rechtssinne sind nicht nur die häufig schlagwortartig formulierten Überschriften zu den einzelnen Tagesordnungspunkten, sondern auch die Informationen, die im Verwaltungsvorschlag und in ggf. gegebenen zusätzlichen Erläuterungen zum Hintergrund des Vorschlags enthalten sind (Ziemons in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 121 AktG, Rn. 42).
Darüber hinaus schreibt § 124 Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 AktG vor, dass bei Verträgen, die nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam werden, deren wesentlicher Inhalt bereits zusammen mit dem dazugehörigen Tagesordnungspunkt bekannt gemacht werden muss. Beim wesentlichen Vertragsinhalt handelt es sich nicht um eine Konkretisierung des betreffenden Tagesordnungspunktes, sondern um eine inhaltliche Ausformung des Beschlussvorschlags (Kubis, aaO, § 124, Rn. 21).
(b) Nach Maßgabe dessen waren die Aktionäre der Beklagten auf der Grundlage der mit der Einladung zur Hauptversammlung mitgeteilten und am 14. Juni 2021 im Bundesanzeiger bekanntgemachten Tagesordnung sowie den erteilten ergänzenden Informationen zu den Vergleichsvereinbarungen im obigen Sinne ausreichend informiert.
(aa) Aus der schlagwortartigen Wiedergabe des Inhalts der Haftungsvergleiche unter Tagesordnungspunkt 10 geht hervor, dass es um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Dieselthematik aufgrund einer fahrlässigen Verletzung aktienrechtlicher Sorgfaltspflichten durch Herrn ... und Herrn ... geht, über die beide mit der Beklagten und der ... AG jeweils am 9. Juni 2021 Vergleichsvereinbarungen geschlossen haben. Desweiteren ergibt sich aus den Mitteilungen zum Tagesordnungspunkt 10, dass mit der Einladung zum einen der vollständige Wortlaut der Vergleichsvereinbarungen mitgeteilt und zum anderen ein umfassender Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands über den Hintergrund, die Inhalte sowie die maßgeblichen Erwägungen des Aufsichtsrats und des Vorstands hinsichtlich der Haftungsvergleiche enthalten ist. Die vorgenannten Anforderungen sind damit erfüllt. Die Aktionäre der Beklagten wurden bereits durch die Informationen in der Tagesordnung in die Lage versetzt eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sie an der Hauptversammlung teilzunehmen beabsichtigen und welche Rechte sie dabei ausüben wollen. Zudem ergab sich aus der Tagesordnung selbst der wesentliche Inhalt der abgeschlossenen Vergleiche, der darin besteht, dass die Beklagte und die ... mit Herrn ... und Herrn ... eine Einigung über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Dieselskandal erzielt haben. Zur vertieften Vorbereitung auf die Hauptversammlung standen Ihnen zudem die in ihrem vollständigen Wortlaut wiedergegebenen Haftungsvergleiche sowie der Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstandes mit weiteren Informationen zur Verfügung, auf die in der Tagesordnung Bezug genommen wurde, sodass sie zugleich Bestandteil der Tagesordnung waren. Die Auffassung, die Tagesordnung habe explizit Informationen zu der der Beklagten zufließenden Leistung und hinsichtlich der Freistellungsverpflichtungen enthalten müssen, geht danach von vornherein fehl. Welche Leistungen seitens Herrn ... und Herrn ... auf der Grundlage der Haftungsvergleiche in welcher Weise erbracht wurden, geht aus Ziffer 1. der jeweils in Bezug genommenen und im Wortlaut wiedergegebenen Haftungsvergleiche hervor (Seite 23, 29 der Anlage B2). Ferner enthalten die Erläuterungen zum Hintergrund der Vergleichsvereinbarungen konkrete Angaben dazu, zu welchen Zahlungen sich Herr... und Herr... verpflichtet haben, in welcher Weise ihre Verpflichtungen getilgt werden sollen und welche rechtlichen Wirkungen mit den Haftungsvergleichen verbunden sind (Seite 55 ff. der Anlage B2). Ebenfalls fehl geht die Auffassung der Kläger, es bedürfe einer "inhaltlichen Fixierung" einzelner Vertragsinhalte, namentlich der in den Haftungsvergleichen enthaltenen Freistellungsverpflichtung. Bereits im Ausgangspunkt unzutreffend ist die Annahme, Freistellungszusagen in Vergleichen mit Organmitgliedern seien unüblich. Gegenteiliges ergibt sich aus den Anlagen B5 bis B 14. Zudem verkennen die Kläger, dass durch die Bekanntmachung des wesentlichen Vertragsinhalts gemäß § 124 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AktG den Aktionären eine grundlegende Orientierung ermöglicht werden soll, da nur anhand des Gegenstands der Tagesordnung dessen Tragweite oft nicht zu erfassen ist (Noack/Zetzsche in: Kölner Kommentar Aktiengesetz, 3. Aufl., § 124, Rn. 42). Daraus folgt, dass die Tagesordnung nicht alle wesentlichen Regelungen des zustimmungsbedürftigen Vertrages wiedergeben muss, sondern der Aktionär auf die Bekanntmachung des wesentlichen Vertragsinhalts und weitere Informationen verwiesen werden kann, die sich aus der- möglichen und in der Praxis vielfach aus Gründen der Vorsicht üblichen - Publikation des gesamten Vertrages ergeben können (Noack/Zetzsche, aaO). Aus dem Aspekt, dass die Haftungsvergleiche durch die Freistellungen auch Verpflichtungen der Beklagten bzw. der... enthalten, ergibt sich kein "unzutreffender Eindruck" über den Vertragsinhalt in der Bekanntmachung der Tagesordnung. Aus den Angaben zum Tagesordnungspunkt 10 sind für den Aktionär nur die Rahmenbedingungen des zustimmungsbedürftigen Vertrages zu erkennen, nämlich ein Vergleich mit den genannten Personen über Schadensersatzansprüche wegen der Dieselthematik, sodass sich auf dieser Grundlage gar kein Eindruck vom Inhalt der Haftungsvergleiche bilden konnte, auch kein unzutreffender. Welchen Inhalt dieser Vergleich hat war daraus keinesfalls zu erkennen und für die Annahme, die Beklagte würde darin ihrerseits keinerlei Verpflichtungen übernehmen, bestand in Ansehung der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von Vergleichsvereinbarungen keine Grundlage.
(bb) Der Deckungsvergleich ist unter Tagesordnungspunkt 11 schlagwortartig dahin angegeben, dass die Beklagte, die ... und die ... mit den ...-Versicherern im Zusammenhang mit der Dieselthematik am 9. Juni 2021 einen Deckungsvergleich abgeschlossen haben. Aus der Mitteilung zum Tagesordnungspunkt 10 ergibt sich darüber hinaus, dass mit der Einladung zum einen der vollständige Wortlaut des Deckungsvergleichs mitgeteilt und zum anderen ein umfassender Bericht des Aufsichtsrats und des Vorstands über den Hintergrund, die Inhalte sowie die maßgeblichen Erwägungen des Aufsichtsrats und des Vorstands hinsichtlich des Deckungsvergleichs erstattet ist. Damit ist auch der Deckungsvergleich als Gegenstand der Zustimmung der Hauptversammlung in der Tagesordnung ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, sodass die Aktionäre der Beklagten in der Lage waren, über die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung von Rechten zu entscheiden. Mit der Bezugnahme auf den im vollständigen Wortlaut wiedergegebenen Deckungsvergleich und die Ausführungen im HV-Bericht, sind diese Bestandteil der Tagesordnung geworden, sodass gegen die Vollständigkeit der Angaben zum Deckungsvergleich keine Bedenken bestehen. Damit umfassen die Angaben in der Einberufung der Beklagten - anders als die Kläger meinen -auch die Vertragschließenden auf Seiten der ...-Versicherer. In der Einberufung ist als ...-Versicherer des Grundvertrages die ... . benannt. Der Deckungsvergleich listet darüber hinaus im Rubrum die ...-Versicherer der Exzendentenversicherungsverträge auf, sodass an einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Vertragschließenden kein Zweifel besteht. Entgegen der Auffassung der Kläger fehlt es in der Bekanntmachung nicht an einer Offenlegung der im Deckungsvergleich geregelten Verzichte. Ein Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber amtierenden oder ehemaligen Vorstandsmitgliedern und gegenüber sämtlichen weiteren versicherten Personen im Zusammenhang mit dem "relevanten Sachverhalt" lässt sich bereits unzweifelhaft Ziffer 3.6 und 3.7 des in der Tagesordnung in Bezug genommenen Deckungsvergleichs entnehmen. Im Zusammenhang mit der Erläuterung des "relevanten Sachverhalts" unter (K) der Präambel des Deckungsvergleichs wird daraus deutlich, dass die Beklagte, die ... und die ... damit auf Ansprüche gegen Vorstandsmitglieder und weitere in der ...-Versicherung versicherte Personen verzichten, die sich im Zusammenhang mit der unter (A) der Präambel des Deckungsvergleichs definierten "Dieselthematik" und dem darüberhinausgehenden relevanten Sachverhalt ergeben könnten. Nachdem es sich bei der ...-Versicherung um eine Organ-Haftpflichtversicherung handelt, erschloss es sich für den durchschnittlichen Aktionär auf der Grundlage dieser Angaben ohne weiteres, dass von dem Verzicht - neben den explizit genannten (ehemaligen und amtierenden) Mitgliedern des Vorstands - auch die weiteren Organe (die ehemaligen und amtierenden Mitglieder der Aufsichtsräte der vorgenannten Gesellschaften) erfasst wurden. Darüber hinaus enthält der HV-Bericht (Seite 59 der Anlage B2) weitere Erläuterungen, aus denen sich der Umfang des Verzichts auf Ansprüche im Zusammenhang mit dem relevanten Sachverhalt erschließt, nämlich bezüglich der Dieselthematik als Teilmenge des relevanten Sachverhalts umfassend und für Ansprüche im Übrigen nur soweit Versicherungsschutz unter der ...-Versicherung besteht.
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger enthalten die Vergleichsvereinbarungen keine überraschenden Klauseln im Sinne von § 305c BGB. Ferner sind §§ 305 ff BGB nicht analog auf Angaben in der Tagesordnung anzuwenden. Dies ergibt sich bereits aus § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB. Einer Anwendbarkeit von AGB-Regeln steht zudem die unterschiedliche Ausgangslage des Vertragspartners des Verwenders von AGB einerseits und des Aktionärs, der über die Zustimmung zu einem Vergleich zu entscheiden hat, andererseits entgegen. Wie bereits dargelegt, gibt es in Ansehung der vielfachen Gestaltungsmöglichkeiten für einen Vergleich kein typisiertes Vertrauen darauf, dass sich die vorformulierten Vertragsbedingungen "im Großen und Ganzen im Rahmen dessen halten, was nach den Umständen bei Vertragsschluss erwartet werden kann" (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum AGB-Gesetz, BT-Drucksache 7/3919, Seite 19). Dem Aktionär wird auch kein Vertrag mit "gestellten" Vertragsbedingungen vorgelegt, den er als Vertragspartner unterzeichnen soll, sondern er hat die Möglichkeit, in der Hauptversammlung auf der Grundlage der ihm erteilten Informationen, die u. A. den Wortlaut der Vergleichsvereinbarungen beinhalten, nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG seine Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern. Zudem liegen die Voraussetzungen von § 305c BGB nicht vor, da die Freistellungsverpflichtungen und Verzichte weder überraschend noch ungewöhnlich sind. Ein Vergleich dient der Beseitigung eines Streits oder einer Ungewissheit der Parteien (§ 779 Abs. 1 BGB), woraus erhellt, dass der Verzicht auf weitere Ansprüche regelmäßig Inhalt eines Vergleichs ist. Dass Freistellungsvereinbarungen mit ehemaligen Organmitgliedern der Üblichkeit entsprechen, ergibt sich bereits aus den von der Beklagten vorgelegten Vereinbarungen, die den Hauptversammlungen der... , der..., der..., der..., der... und der .. vorlagen, die ebenfalls Freistellungsvereinbarungen enthalten. Dass diese nicht wortgleich formuliert sind, liegt auf der Hand und spricht nicht gegen deren Üblichkeit. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass die in Ziffer 3. der (im Wortlaut wiedergegebenen) Haftungsvergleiche geregelten Freistellungen, im HV Bericht im Einzelnen hinsichtlich Inhalt Umfang und Auswirkungen erläutert werden (vgl. Seite 56, 57 der Anlage B2). Eine Überraschung der Aktionäre bezüglich der Freistellungsvereinbarungen kommt danach nicht in Betracht.
(2) Der wesentliche Inhalt der Vergleichsvereinbarungen wurde gemessen an § 124 Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 AktG fehlerfrei bekannt gemacht.
(a) Die Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts des Vertrages muss es den Aktionären ermöglichen, die für die Zustimmung oder Ablehnung des Vertrages kennzeichnenden und kritischen Punkte zu erkennen. Als Maßstab für die Wesentlichkeit gilt die Auffassung eines verständigen Durchschnittsaktionärs. Danach gehört zum wesentlichen Inhalt eines Vertrages in jedem Fall die genaue Bezeichnung der Vertragsparteien sowie die Wiedergabe der vertraglichen Hauptleistungspflichten, nicht aber deren wirtschaftliche Herleitung (Kubis, aaO, § 124, Rn. 24). Es kann, aber es braucht nicht der volle Wortlaut des Vertrages wiedergegeben zu werden, sondern nur seine kennzeichnenden und kritischen Punkte. Die Bekanntmachung muss es ermöglichen, sich ein ungefähres Bild von Vorzügen und Nachteilen des Vertrages zu machen. Jedenfalls die Vertragsparteien und ihre Hauptleistungspflichten sind zu benennen, außerdem atypische und nachteilig wirkende Klausel (Noack/Zetzsche, aaO, § 124, Rn. 55).
(b) Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Anforderungen an die Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts der der Hauptversammlung zur Zustimmung vorgelegten Vergleichsvereinbarungen, hat die Beklagte ihre Verpflichtung nach § 124 Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 AktG erfüllt. Wie bereits dargelegt, sind die Vertragsparteien der Haftungsvergliche im Tagesordnungspunkt 10 und diejenigen des Deckungsvergleichs im Tagesordnungspunkt 11 der Einladung, dem Rubrum der im vollen Wortlaut vorgelegten Vergleiche und im HV-Bericht genannt. Die vertraglichen Hauptleistungspflichten ergeben sich aus Ziffer 1. bis 3. der Haftungsvergleiche, nämlich die Zahlung eines bezifferten Eigenbetrages durch Herrn ... und Herrn ... sowie im Gegenzug der Verzicht auf weitere Ansprüche und die Freistellung von Ansprüchen Dritter und den damit im Zusammenhang stehenden Rechtsverfolgungskosten. Aus Ziffer 1. bis 4. des Deckungsvergleichs ergeben sich gleichermaßen die vertraglichen Hauptleistungspflichten, nämlich die Zahlung des im Vergleich genannten Betrages sowie die Bildung von Rückstellungen seitens der ...-Versicherer, den Verzicht gegenüber amtierenden oder ehemaligen Vorstandsmitgliedern sowie sämtlichen weiteren versicherten Personen seitens der Beklagten, der... AG und der... AG sowie die Freistellung der ...-Versicherer von im Zusammenhang mit dem relevanten Sachverhalt gegen die Versicherer geltend gemachten Ansprüchen, durch die Beklagte. Neben der nicht erforderlichen (s. o.) wirtschaftlichen Herleitung der Vergleichsvereinbarungen, wonach eine umfassende Untersuchung der Dieselthematik und Prüfung von Verantwortlichkeiten ergeben habe, dass nur Herrn ... und Herrn ... fahrlässige Pflichtverletzungen zur Last gelegt werden könnten, während die zivilrechtliche Verantwortlichkeit (weiterer) amtierender und ehemaliger Organmitglieder nicht festgestellt worden sei, enthält der mit der Einladung zur Hauptversammlung übermittelte HV-Bericht nähere Erläuterungen zum Inhalt der Vergleichsvereinbarungen. Darin wird der Verzicht auf Ansprüche gegen amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder sowie sämtliche sonstigen versicherten Personen im Deckungsvergleich (Ziffer 3.6 und 3.7) näher dahin erläutert, dass damit Ansprüche im Zusammenhang mit der Dieselthematik umfassend erledigt werden, um die Aufarbeitung der Dieselthematik abzuschließen, weil die angestellten Untersuchungen keine Schadensersatzansprüche gegen die sonstigen versicherten Personen ergeben hätten (Seite 59 der Anlage B2). Damit sind alle die Vergleichsvereinbarungen kennzeichnenden und kritischen Punkte benannt, wozu es - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht der Auflistung sämtlicher von dem im Deckungsvergleich vereinbarten Verzicht betroffenen versicherten Personen bedurfte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Namen der vom Verzicht begünstigten Personen nicht Inhalt des Deckungsvergleichs waren, sodass diesbezüglich keine Bekanntmachungspflicht aus § 124 Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 AktG besteht. Selbst wenn man -wie nicht - annimmt, dass die vom Verzicht begünstigten Personen zu den kennzeichnenden und kritischen Punkten des Deckungsvergleichs gehören, sind sie mit der Mitteilung des Wortlauts des Deckungsvergleichs und dem HV-Bericht bekannt gemacht. Denn darin ist der Verzicht gegenüber amtierenden oder ehemaligen Vorstandsmitgliedern sowie sämtlichen weiteren versicherten Personen seitens der Beklagten, der ... und der ... benannt. Für den durchschnittlichen Aktionär erschließt sich auf der Grundlage dieser Angaben ohne weiteres, dass es sich bei den weiteren versicherten Personen um die amtierenden oder ehemaligen Organe der vorgenannten Gesellschaften im Übrigen handelt, da die ...-Versicherung eine Organ-Haftpflichtversicherung ist, weshalb neben Vorstandsmitgliedern auch Aufsichtsratsmitglieder zu den versicherten Personen zählen. Jedenfalls waren die Aktionäre aus der Präambel (C) des Deckungsvergleichs darüber informiert, dass zu den versicherten Personen insbesondere ehemalige und amtierende Organmitglieder der Gesellschaften gehören. Damit bestand kein Zweifel darüber, dass der Verzicht - neben den explizit genannten ehemaligen und amtierenden Vorstandsmitgliedern - die ehemaligen und amtierenden Aufsichtsratsmitglieder der..., der... und der Beklagten betraf. Hierdurch waren die durch den Deckungsvergleich begünstigten Personen insgesamt bestimmbar, was für den hier in Rede stehenden echten Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB genügt (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 208/06, juris Rn. 10). Die namentliche Nennung der durch den Verzicht betroffenen Organmitglieder, die aufgrund der Ausübung des Fragerechts in der Hauptversammlung erfolgt ist (Anlage B4), war auch nicht aus dem Aspekt erforderlich, dass es sich dabei um eine "wesentliche Information" handelte, die den Aktionären "bewusst vorenthalten" worden sei. Welchen Informationsgehalt die Namensnennung für den durchschnittlichen Aktionär hätte haben sollen, tragen die Kläger bereits nicht vor und erschließt sich nicht. Konkrete Personen aus dem Kreis der versicherten Personen, gegenüber denen Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden könnten, benennen die Kläger nicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, welche Relevanz die Namen für die Erfolgsaussichten einer streitigen Anspruchsdurchsetzung hätten haben können. Die Namen der ehemaligen und amtierenden Aufsichtsratsmitglieder der vorgenannten Gesellschaften ließen sich zudem ohne weiteres recherchieren. Dass diese weder im Deckungsvergleich noch in der Bekanntmachung zum Tagesordnungspunkt 11 benannt werden, hat ersichtlich praktische Gründe. Nachdem es sich um eine Vergleichsvereinbarung mit Haftpflichtversicherern handelt, die üblicherweise den Kreis der von der Versicherung erfassten Personen abstrakt benennen, lag die Übernahme des (von der Beklagten definierten/erläuterten) Begriffs der versicherten Person nahe. Zudem ließ sich mit der abstrakten Benennung das Risiko, eine eingetretene Veränderung nicht berücksichtigt zu haben, ausschließen. Soweit die Kläger in der Bekanntmachung weitere Informationen zum zugrundeliegenden Sachverhalt, dem anspruchsauslösenden Fehlverhalten des Organmitglieds, dem Schaden der Gesellschaft, inklusive eines weiteren Schadensrisikos, dem Bestehen und der Beweisbarkeit des Anspruchs und der Durchsetzbarkeit des Anspruchs fordern, verkennen sie, dass diese Aspekte die wirtschaftliche Herleitung des abgeschlossenen Vertrages betreffen, zu deren Bekanntmachung nach § 124 Abs. 2 Satz 3 Alt. 5 AktG gerade keine Verpflichtung besteht.
bb) Die Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergibt sich nicht gemäß § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG aus einer fehlerhaften Bekanntmachung der Beschlussvorschläge des Aufsichtsrats der Beklagten, weil - wie die Kläger meinen - der Aufsichtsrat keine wirksamen Beschlüsse gefasst habe. Die Unwirksamkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergibt sich weder aus einer unzureichenden Informationsgrundlage noch aus einem Interessenkonflikt bei Beschlussfassung des Aufsichtsrats.
(1) Eine unzureichende Informationsgrundlage bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats ist für die Wirksamkeit der Zustimmungsbeschlüsse bereits ohne Relevanz. Darüber hinaus legen die für das Vorliegen des von Ihnen behaupteten Anfechtungsgrundes darlegungs- und beweisbelasteten Kläger eine unzureichende Informationsgrundlage bereits nicht dar und stellen ihr tatsächliches Vorbringen auch nicht unter (tauglichen) Beweis.
(a) Es kommt bereits nicht darauf an, welche Informationen der Aufsichtsrat bei der Fassung der Beschlussvorschläge hatte. Welche Informationen ein Organmitglied bei der Fassung eines Beschussvorschlags für erforderlich hält, obliegt zunächst seiner Entscheidungskompetenz. Rechtlich relevant für die auf diese Vorschläge hin gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse ist nur, ob der Beschlussvorschlag formal ordnungsgemäß zustande gekommen und materiell nicht auf eine satzungs- oder gesetzeswidrige Beschlussfassung der Hauptversammlung gerichtet ist (LG Frankfurt a. M. Urt. v. 18.3.2008 - 3-5 O 211/07, BeckRS 2011, 16222, Rn. 69 f., beck-online). Die Einhaltung der Bestimmung, dass die Tagesordnung einen Vorschlag des Aufsichtsrats zu den einzelnen Punkten zu enthalten hat, ist nicht davon abhängig, ob der dem Vorschlag zugrundeliegende Beschluss mangelfrei zustande gekommen ist. Lediglich bei fehlender beschlussfähiger Besetzung mag es zugleich an einem wirksamen Vorschlag des Aufsichtsrats fehlen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Juni 2006 - 7 W 22/06, juris Rn. 6). Ein Informationsdefizit stellt dagegen keinen schwerwiegenden Mangel dar, der die Nichtigkeit des Beschlusses des Aufsichtsrats nach sich ziehen könnte, weil dies keinen Verstoß gegen zwingendes Gesetzesrecht bedeutet, wie beispielsweise die Beschlussfassung durch einen nicht beschlussfähigen Aufsichtsrat. Sollten die Mitglieder des Aufsichtsrates ihren Vorschlag tatsächlich auf einer unzureichenden Informationsbasis unterbreitet haben, so könnten sie allenfalls zum Schadenersatz verpflichtet sein; eine Nichtigkeit des Beschlusses kann aber nicht die Rechtsfolge sein (LG München I, Beschluss vom 24. April 2008 - 5 HK O 23244/07, juris Rn. 262). Dass der Aufsichtsrat bei seiner Beschlussfassung über die zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 zu unterbreitenden Beschlussvorschläge gemäß § 108 Abs. 2 AktG, § 28 MitbestG nicht beschlussfähig gewesen sei oder zu der Aufsichtsratssitzung Mitglieder nicht ordnungsgemäß eingeladen worden seien, behaupten die Kläger selbst nicht. Das von Ihnen behauptete Informationsdefizit aufgrund eines noch nicht vollständig absehbaren Schadensumfangs sowie einer unzureichenden Ermittlung der Vermögensverhältnisse potenziell als Haftungsschuldner in Betracht kommender Personen, führt danach gerade nicht zur Nichtigkeit der Beschlussvorschläge. Eine Anfechtbarkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung wäre danach auch dann nicht gegeben, wenn man die von den Klägern behaupteten Informationsdefizite als wahr unterstellen würde.
(b) Die Kläger legen bereits nicht schlüssig dar, dass der Aufsichtsrat über die Beschlussvorschläge zu den Zustimmungsbeschlüssen der Hauptversammlung auf der Grundlage unzureichender Informationen entschieden hat. Sie stellen ihr Vorbringen zudem nicht unter (einzuholenden) Beweis.
(aa) Der Aufsichtsrat handelt im Falle der Einholung externen Expertenrats pflichtgemäß, sofern sich keine Zweifel an Sachkunde oder Unabhängigkeit der Hilfsperson sowie an deren sachgerechter Information aufdrängen und der Aufsichtsrat deren Ergebnis einer eigenen Plausibilitätskontrolle unterzogen hat (Mertens/Cahn in Kölner Kommentar Aktiengesetz, 3. Aufl., § 116, Rn. 63). Der organschaftliche Vertreter einer Gesellschaft, der selbst nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt, kann den strengen Anforderungen an eine ihm obliegende Prüfung der Rechtslage und an die Beachtung von Gesetz und Rechtsprechung nur genügen, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt und den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzieht (BGH, Urteil vom 20. September 2011 - II ZR 234/09, juris Rn. 18). Der Vorschlag des Aufsichtsrats über einen Vergleich ist auf der Grundlage angemessener Informationen zu unterbreiten und darf nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Insoweit finden die Grundsätze des Business Judgement Rule Anwendung. Keine Anwendung finden dagegen - entgegen der Auffassung der Kläger - die besonderen Anforderungen nach den ...-Grundsätzen (BGHZ 135, 244), da durch die ohnehin zwingende Mitwirkung der Hauptversammlung die Aktionärs- und Gesellschaftsinteressen hinreichend gewahrt werden (vgl. Spindler in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 93, Rn. 281, m. w. N.).
(bb) Die für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes darlegungs- und beweisbelasteten Kläger legen nicht dar, dass der Aufsichtsrat über die Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 - gemessen an den vorstehend dargestellten Anforderungen - auf einer unzureichenden Informationsgrundlage entschieden hat. Ferner stellen Sie Ihre tatsächlichen Behauptungen nicht unter tauglichen Beweis.
Die Beklagte hat auf Seite 43 ff. der Klageerwiderung im Einzelnen vorgetragen, welche Ermittlungen seitens ... und ... zur Aufklärung des Sachverhalts angestellt wurden und welche Erwägungen (auf der Grundlage der gutachterlichen Stellungnahme von ...) dafür maßgeblich waren, die Haftungsvergleiche mit Herrn ... und Herrn ... sowie den Deckungsvergleich mit den ..-Versicherern abzuschließen und der Hauptversammlung der Beklagten zur Zustimmung vorzulegen. Im Kern ging es bei der Sachverhaltsaufklärung und rechtlichen Bewertung um die Ermittlung von Anhaltspunkten für Pflichtverletzungen von ehemaligen und amtierenden Vorstandsmitgliedern im Zusammenhang mit der Dieselthematik sowie einer Compliance-Verletzungen begünstigenden Organisationsstruktur. Dabei wurden Erkenntnisse aus der Untersuchung von ..., aus von der Beklagten und ... auf Anforderung von ... zur Verfügung gestellten Unterlagen, aus geführten Interviews und Ermittlungsverfahren gegen (ehemalige) Vorstandsmitglieder herangezogen. Das Untersuchungsergebnis wurde dem Aufsichtsrat danach präsentiert und die gutachterliche Stellungnahme zur Verfügung gestellt. Auf dieser Grundlage hat der Aufsichtsrat, dem Untersuchungsergebnis von ... folgend, beschlossen, Herrn ... und Herrn ... wegen fahrlässiger Sorgfaltspflichtverletzungen in Anspruch zu nehmen, weitere (ehemalige) Mitglieder des Vorstandes dagegen nicht. Nachdem Herr... und Herr... gegen sie gerichtete Ansprüche zurückgewiesen haben und daraufhin geführte Vergleichsverhandlungen in den Entwurf der Haftungsvergleiche und des Deckungsvergleichs mündeten, hat der Aufsichtsrat auf der Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme und Empfehlung von ... den Beschluss gefasst, die Vergleiche abzuschließen und der Hauptversammlung zur Zustimmung vorzulegen. Nach den Ausführungen der Beklagten waren die der Beschlussfassung zugrunde gelegten Aspekte, die Angemessenheit der Informationsgrundlage, die rechtlichen Grundlagen, die ungefähre Höhe des zurechenbaren Schadens, der in Bezug auf Herrn ... mit 2,5 Mrd. € und in Bezug auf Herrn ... in Höhe von 300 Mio. Euro angegeben wurde, das von Herrn ... und Herrn ... während ihrer Tätigkeit für den ... Konzern erzielte Einkommen (120 Mio. € bzw. 50 Mio. €), die Prozessrisiken einer gerichtlichen Inanspruchnahme und der Verlauf der Vergleichsgespräche. Danach lagen die Voraussetzungen für ein rechtmäßiges Handeln des Aufsichtsrats nach obigen Grundsätzen vor und der Aufsichtsrat hat sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lassen sowie den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle unterzogen.
Gegenteiliges legen die Kläger nicht mit Substanz dar. Eine unzureichende Informationsgrundlage durch (lediglich) interne Ermittlungen ergibt sich insbesondere nicht aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 8. November 2017, mit der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung einer Sonderprüfung - ungeachtet eingeleiteter interner Ermittlungen - als gegeben erachtet wurde. Soweit es in dem Beschluss vom 8. November 2017 heißt,
"Mit nur internen Ermittlungen, mögen diese auch noch so umfangreich und schon im September 2015 "auf Hochtouren" gelaufen und "insbesondere auch auf alle Organmitglieder und Mitarbeiter der Antragsgegnerin" bezogen gewesen sein, ist dem Interesse der Aktionäre, und zwar auch der Minderheitsaktionäre, deren Schutz §142 Abs. 2 AktG zum Ziel hat, nicht gedient. Davon, dass der von der Antragsgegnerin angeblich betriebene "ganz außerordentliche Aufwand" eine Sonderprüfung überflüssig machte, kann jedenfalls so lange keine Rede sein, wie dieser Aufwand ein rein interner Vorgang bleibt. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin in keiner Weise den Inhalt ihres Auftrags an die Anwaltskanzlei J. D. offenbart hat, so dass der Senat nicht ermessen kann, was deren Prüfungsumfang war und inwieweit es der Antragsgegnerin im Rahmen des Auftrags erlaubt ist, auf die Formulierung von deren Ergebnissen Einfluss zu nehmen"
(9 W 86/17, juris Rn. 49),
kann daraus nur abgeleitet werden, dass eine von der Beklagten veranlasste interne Untersuchung der Bestellung eines Sonderprüfers nicht entgegensteht. Über die hier in Rede stehende Frage, ob der Aufsichtsrat über die Beschlussvorschläge zu den Zustimmungsbeschlüssen der Hauptversammlung nur auf der Grundlage einer unabhängigen Untersuchung entscheiden darf, trifft der Beschluss dagegen keine Aussage. Die Entscheidung lässt sich auch nicht entsprechend "uminterpretieren". Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Sonderprüfers durch das Gericht gemäß § 142 Abs. 2 AktG gering sind. Voraussetzung ist (nur) ein prüfungsfähiger Vorgang, Tatsachen die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem zum Gegenstand des Antrags gemachten Vorgang Unredlichkeiten vorgekommen und Gesetz oder Satzung grob verletzt worden sind. Insoweit reicht die Behauptung von Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen aus, wobei nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit hierfür bestehen muss (Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl., § 142, Rn. 19 f.). Schon daraus wird deutlich, dass mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle keine über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Sonderprüfers hinausgehende Aussage getroffen wurde. Zudem findet die Interpretation der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle durch die Kläger, wonach es immer eine Aufarbeitung von Verstößen durch externe Gutachten bedürfe, in der gesetzlichen Regelung des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG keine Grundlage. Denn die Zustimmung der Hauptversammlung zu einem vom Aufsichtsrat mit (ehemaligen) Mitgliedern des Vorstandes abgeschlossenen Vergleich setzt nicht voraus, dass ein Organverschulden vorab durch ein externes Gutachten aufgearbeitet wurde. Auch dies spricht für eine Missinterpretation der obigen Entscheidung durch die Kläger.
Dass ein "Projekt Deutschland" ursächlich für den Dieselskandal gewesen sei, was demgemäß vor der Entscheidung des Aufsichtsrats über Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 hätte aufgeklärt werden müssen, ist von den Klägern nicht mit Substanz vorgetragen und auch nicht unter einzuholenden Beweis gestellt. Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung der Kläger, der Dieselskandal beruhe auf einem Interessenkonflikt zwischen den Unternehmensinteressen der Beklagten und den Interessen der an einem Gesellschafterausschuss der... beteiligten Familien ... und ... , weil diese eine den Zugriff auf überlegene, moderne Abgastechnologie ermöglichende Zusammenarbeit mit der ... torpediert hätten, um die für die Zusammenarbeit aufzuwendenden Gelder zur Refinanzierung der von ihnen initiierten "Übernahmeschlacht" zu verwenden, entbehrt bereits der erforderlichen Substanz. Welche handelnde Person zu welchem Zeitpunkt welche Maßnahmen ergriffen haben soll, um eine in Aussicht gestellte Zusammenarbeit, zu deren konkreten Bedingungen bereits kein Sachvortrag gehalten wird, zu verhindern, legen die Kläger nicht dar. Vor diesem Hintergrund stellt sich ihr Sachvortrag bereits als ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt dar (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2022 - XII ZR 37/21, juris Rn. 10). Ihr Beweisantritt, die Akten des vor dem Oberlandesgericht Celle geführten Kap-MuG-Verfahrens (13 Kap 17/16) beizuziehen, aus deren Inhaltsich substantiiertes Vorbringen in Bezug auf den vorstehend genannten Sachverhalt ergeben solle, stellt sich danach bereits als unzulässiger Ausforschungsbeweis dar (Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl. Vor § 284, Rn. 8c). Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass die Voraussetzungen für eine Beweisführung durch Beiziehung der Akten gemäß § 432 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Aktenbestandteil konkret bezeichnet wird. Die pauschale Bezeichnung einer Akte genügt dagegen nicht (Zöller-Feskom, ZPO, 34. Aufl., § 432, Rn. 2). Aus welchem Schriftsatz in dem Verfahren, dessen Beiziehung beantragt wird, sich der in Bezug genommene Sachvortrag ergeben soll, tragen die Kläger indessen nicht vor. Es kommt hinzu, dass es sich - nach den eigenen Angaben der Kläger - lediglich um Sachvortrag handelt, der unbelegt ist, weshalb dieser ungeeignet ist, um den Beweis der Richtigkeit der (substanzlos) behaupteten Tatsachen zu führen. Die beantragte Beiziehung der Akten hatte deshalb zu unterbleiben. Angesichts der fehlenden Substanz des Vorbringens der Kläger bedurfte es keiner Untersuchung des Zusammenhangs zwischen einem "Projekt Deutschland" und dem Dieselskandal und auch nicht der seitens der Klägern in diesem Kontext von Aufsichtsratsmitgliedern geforderten Vollständigkeitserklärung. Nachdem es bereits an der Darlegung der Relevanz des "Projekts Deutschland" für den Dieselskandal fehlt, kommt es erst Recht nicht darauf an, wer die Beklagte in diesem Kontext beraten hat, woraus sich von Vorneherein kein Interessenkonflikt ergeben kann.
Die Informationsgrundlage des Aufsichtsrats war - anders als die Kläger meinen - nicht deshalb unzureichend, weil Strafverfahren im Kontext des Dieselskandals nicht abgeschlossen sind. Dass sich aus laufenden Ermittlungs-/Strafverfahren gesicherte Erkenntnisse ergeben werden, wonach Herr... vor dem 27. Juli 2015 und Herr... vor dem 21. September 2016 von unzulässigen Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren des ... Konzerns wussten, steht nicht fest. Ob sich der von verschiedenen Staatsanwaltschaften angenommene (frühere) Zeitpunkt der Kenntnis im Rahmen einer Hauptverhandlung verifizieren lässt, ist offen. Daraus, dass die Anklage, bzw. die Zulassung zur Hauptverhandlung von dem jeweils angegebenen (früheren) Zeitpunkt der Kenntnis ausgeht, lässt sich lediglich ableiten, dass die Staatsanwaltschaft, bzw. die Strafkammer die Feststellung insoweit für überwiegend wahrscheinlich hält, § 170 Abs. 1, § 203 StPO. Legt man deren Auffassung zugrunde, die nicht zwingend richtig sein muss, wozu die Kläger, die lediglich auf Presseverlautbarungen Bezug nehmen, bereits keinen Sachvortrag halten, verbleibt eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Feststellungen im Rahmen der Hauptverhandlung nicht verifizieren lassen. Vor dem Hintergrund dieser unsicheren Erkenntnislage konnte der Aufsichtsrat auf die Angaben von ... vertrauen, die in staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren Einsicht genommen haben und auf dieser Grundlage zu dem Schluss gelangt sind, dass sich aus den Strafverfahren voraussichtlich keine über ihr Ermittlungsergebnis hinausgehenden Erkenntnisse ergeben werden.
Von Vorneherein ohne Grundlage ist der Einwand der Kläger, die Informationsgrundlage des Aufsichtsrats sei unzureichend gewesen, weil der (das "Abgasreinigungskartell" und das "Thermofenster" umfassende) "relevante Sachverhalt" in den Gutachten nicht umfassend geprüft aber im Deckungsvergleich abgegolten sei. Die Auffassung verkennt, dass nach Ziffer 3.9 des Deckungsvergleichs die Abgeltung des "relevanten Sachverhalts" nicht umfassend ist, weil soweit kein Versicherungsschutz der ...-Versicherer besteht, eine Abgeltung nicht erfolgt (vgl. D. II. des HV-Berichts). Vor diesem Hintergrund konnte eine vollständige Aufklärung des "relevanten Sachverhalts" unterbleiben.
Letztlich war die Informationsgrundlage des Aufsichtsrats nicht deshalb unzureichend, weil die Vermögensverhältnisse der in Anspruch genommenen Herren ... und ... nicht vollständig aufgeklärt wurden. Bereits die Relation zwischen dem von ... als zurechenbar erachteten Schaden (bezüglich Herrn ... 2,5 Mrd. €/bezüglich Herrn ... 300 Mio. €) und den im Rahmen ihrer Tätigkeit für den ...konzern generierten Bezüge (bezüglich Herrn ... 120 Mio. €/bezüglich Herrn ... 50 Mio. €) zeigt, dass es sich bei der genauen Höhe des Vermögens um keine relevante Information handelt. Denn daraus wird deutlich, dass ein vollständiger Ersatz des als zurechenbar erachteten Schadens von vornherein ausgeschlossen war, weil dafür das vorhandene Vermögen ersichtlich nicht ausreicht. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass der Beklagten keine weitergehenden Erkenntnisquellen zu den Vermögensverhältnissen zur Verfügung standen, die auch die Kläger nicht aufzeigen. Es erschließt sich nicht und wird von den Klägern auch nicht vorgetragen, auf welcher rechtlichen Grundlage die Beklagte die Herren ... und ... auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung über ihre Vermögensverhältnisse hätte in Anspruch nehmen können.
(2) Die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses zum Tagesordnungspunkt 11 ergibt sich nicht aus einem Interessenkonflikt bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats über den der Hauptversammlung unterbreiteten Beschlussvorschlag, der sich nach Auffassung der Kläger aus dem im Deckungsvergleich enthaltenen Verzicht, Ansprüche gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern im Zusammenhang mit dem Dieselskandal geltend zu machen, ergeben soll.
(a) Ebenso wie für ein Informationsdefizit gilt auch für einen Interessenkonflikt des Aufsichtsrats bei der Beschlussfassung über den der Hauptversammlung zu unterbreiteten Beschlussvorschlag, dass ein Verstoß gegen § 124 Abs. 3 AktG nur dann zur Anfechtbarkeit des auf der Grundlage des Vorschlags gefassten Hauptversammlungsbeschlusses führen würde, wenn die organinterne Willensbildung wegen Verfahrensfehlern unwirksam wäre oder der Beschlussvorschlag auf einen inhaltlich rechtswidrigen Beschluss abzielen würde (LG ..., Urteil vom 11. März 2009 - 100 O 17/07, juris Rn. 170), was hier indessen - auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Kläger- nicht der Fall ist. Die Kläger behaupten keine Verfahrensfehler bei der Beschlussfassung.
(b) Selbst wenn man einen Interessenkonflikt des Aufsichtsrats im Rahmen der Beschlussvorschläge für die Hauptversammlung annähme, würde sich nichts anderes ergeben. Aufsichtsrat und Vorstand sind nach § 124 Abs. 3 AktG verpflichtet, zu jedem Gegenstand der Tagesordnung, über den die Hauptversammlung beschließen soll, in der Bekanntmachung Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen. Diese Verpflichtung des Vorstandes und des Aufsichtsrats besteht mithin auch, wenn - wie hier - der Vorschlag unterbreitet wird, einem Deckungsvergleich zuzustimmen, in dem die Verpflichtung der Beklagten geregelt ist, keine Ansprüche gegen Mitglieder des "eigenen Organs" geltend zu machen. Deshalb ergibt sich auch kein Stimm- oder Mitwirkungsverbot hinsichtlich der Entscheidung, der Hauptversammlung den Beschluss über den Abschluss eines Vergleichs vorzulegen (Spindler in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 93, Rn. 283, m. w. N.; LG Berlin, aaO, Rn. 171). Anderenfalls könnte der Beschlussvorschlag über einen Verzicht oder Vergleich von der Verwaltung überhaupt nicht eingebracht werden, wenn die Haftung aller Verwaltungsmitglieder zur Debatte steht (Mertens/Cahn, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, § 93, Rn. 163). Letztlich legen die Kläger auch keinen Interessenkonflikt der Aufsichtsratsmitglieder bei der Beschlussfassung über dem Beschlussvorschlag zum Tagesordnungspunkt 11 dar. Detaillierten Sachvortrag dazu, aufgrund welcher konkreten Vorwürfe eine Haftung von explizit benannten Aufsichtsratsmitgliedern im Zusammenhang mit dem Dieselskandal gegeben sein soll, aus denen sich ein Interessenkonflikt ergeben könnte, halten die Kläger nicht. Soweit sie den Sachvortrag der Beklagten zum Gegenstand und Inhalt der Ermittlungen, namentlich dem Ergebnis der von ... und ... angestellten Untersuchungen und deren Ergebnis sowie der Unterrichtung des Aufsichtsrats lediglich mit "Nichtwissen" bestreiten (u. A. die im Gutachten von ... wiedergegebene Höhe des Einkommens von Herrn ... und Herrn ...), verkennen die Kläger ihre Darlegungs- und Beweislast. Es wäre Sache der Kläger, darzulegen und zu beweisen, dass (zumindest) Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen von Aufsichtsratsmitgliedern im Zusammenhang mit der Dieselthematik bestehen. Allein der Umstand, dass Aufsichtsratsmitglieder von Mehrheitsaktionären entsandt sind (was der Üblichkeit entspricht) und aus bestimmten Familien stammen, gibt keinen Anhalt für ein pflichtwidriges Verhalten im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Vor diesem Hintergrund war die von den Klägern geforderte "Überprüfung der Bonität" sämtlicher ehemaliger und amtierender Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten ohne Relevanz.
Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung eines Automobilherstellers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB in einem sog. Dieselfall (Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19) ergibt sich zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nichts Gegenteiliges. Zwar kann danach den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei eine sekundäre Darlegungslast treffen, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeiten zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH, Urteil vom 25. Mai 2022 - VI ZR 252/17, juris Rn. 37; Urteil vom 26. Januar 2021 - VI ZR 405/19, juris Rn. 19). Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben. Denn die Beklagte ist ihrer (sekundären) Darlegungslast nachgekommen, indem sie detailliert zu den seitens ... im Auftrag des Aufsichtsrats durchgeführten Untersuchungen und den sich daraus ergebenden Erkenntnissen vorgetragen hat, nämlich dass sich aus den ausgewerteten (umfangreichen) Informationen nur Hinweise auf seitens Herrn ... und Herrn ... begangene fahrlässige Pflichtverletzungen ergeben hätten, während Pflichtverletzungen weiterer Vorstandsmitglieder ebenso wenig hätten aufgedeckt werden können wie eine Compliance-Verstöße begünstigende Organisation. Unter Heranziehung des Untersuchungsergebnisses von ... sei ... im Rahmen seiner Untersuchung von Pflichtverletzungen seitens des Aufsichtsrats im Auftrag des Vorstands zu dem Ergebnis gelangt, dass (Überwachungs-) Pflichtverletzungen durch Mitglieder des Aufsichtsrats, nicht vorgelegen hätten. Vor dem Hintergrund dieser detaillierten Darlegungen wäre es Sache der Kläger gewesen, ihrerseits Sachvortrag zu halten, aus dem sich ein pflichtwidriges Verhalten (weiterer) Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten entnehmen ließ.
(3) Die obigen Ausführungen zur fehlenden Relevanz einer unzureichenden Informationsgrundlage bei der Beschlussfassung des Aufsichtsrats über die Beschlussvorschläge zur Tagesordnung gelten bezüglich der Beschlussfassung des Vorstands entsprechend.
cc) Gegen die Zulässigkeit der Beschlussfassung über die Zustimmung zu den Vergleichen im Rahmen einer virtuellen Hauptversammlung bestehen keine Bedenken. Zudem ist die Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen mit der Begründung, die Hauptversammlung habe nicht virtuell abgehalten werden dürfen, nach § 1 Abs. 2, Abs. 7 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie (im Folgenden: Covid-19-Gesetz) in Verbindung mit § 118 AktG ausgeschlossen. Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass ein Anfechtungsausschluss nach § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz wegen Vorsatzes der Beklagten nicht in Betracht komme, fehlt bereits jedes tatsächliche Vorbringen der Kläger aus dem sich ein vorsätzliches Handeln der Beklagten (in Bezug auf das Beschneiden der Rechte ihrer Aktionäre mit der Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung?) ergeben könnte. Eine Einschränkung, wonach die virtuelle Hauptversammlung nur für eine ordentliche Hauptversammlung und für in Hauptversammlungen regelmäßig gefasste Beschlüsse (etwa über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat) in Betracht kommt, enthält die gesetzliche Regelung nicht. Aus § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ergeben sich gleichermaßen keine Einschränkungen, wonach einem Vergleich nicht im Rahmen einer virtuellen Hauptversammlung zugestimmt werden könnte. Die einzige Einschränkung ergibt sich aus § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, dass ein Vergleich erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs geschlossen werden darf und die Hauptversammlung diesem zustimmen muss. Die von den Klägern behauptete Voraussetzung, dass über einen Vergleich im Rahmen einer virtuellen Hauptversammlung nur abgestimmt werden könne, wenn der Beschluss eilbedürftig und von existenzieller Bedeutung sei, hat in § 1 Abs. 2, Abs. 7 Covid-19-Gesetz keine Grundlage. Eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Ermessensentscheidung des Vorstands, die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre abzuhalten, ist gleichermaßen nicht ersichtlich. Soweit die Kläger der Auffassung sind, für die hier in Rede stehenden Beschlüsse der Tagesordnungspunkte 10 und 11 habe es eines Meinungsaustauschs in einer Präsenzversammlung bedurfte, wurde dieser angemessen durch die umfangreichen Informationen im HV-Bericht sowie die Beantwortung der 640 eingereichten Fragen kompensiert. Die Beklagte hat zudem nachvollziehbare Gründe genannt, der Hauptversammlung 2021 die Zustimmungsbeschlüsse zu den Haftungsvergleichen und dem Deckungsvergleich zur Entscheidung vorzulegen, was wegen des von einer Hauptversammlung dieser Größenordnung ausgehenden Infektionsrisikos nur im Rahmen einer virtuellen Hauptversammlung möglich war. Die Beklagte hat im Jahr 2021 ihre Ermittlungen zur Dieselthematik abgeschlossen und nach Inanspruchnahme der nach ihrer Überzeugung Schadensersatzpflichtigen, Vergleichsvereinbarungen mit diesen und den ...-Versicherern erzielt, sodass die Vergleiche der ordentlichen Hauptversammlung 2021 zur Zustimmung vorgelegt werden konnten. Damit strebte die Beklagte an, die Aufarbeitung der Dieselthematik abzuschließen, um die damit freiwerdenden Ressourcen für Zukunftsthemen einsetzen zu können. Es ist ein legitimes, im Interesse der Gesellschaft liegendes Motiv, die Entscheidung der Hauptversammlung über die Zustimmung zu den Vergleichen nicht so lange hinauszuzögern, bis nach Abschluss der Corona-Pandemie (der bislang nicht in Sicht ist) eine Hauptversammlung in Präsenz wieder möglich ist.
b) Die Hauptversammlungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 sind nicht gemäß § 243 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 AktG wegen Informationspflichtverletzungen anfechtbar.
aa) Die gesetzliche Informationspflicht der Hauptversammlung bei einer Beschlussfassung über die Zustimmung zu einem Verzicht und Vergleich ergibt sich nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG aus § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG, wonach der "wesentliche Inhalt" des Verzichts und Vergleichs bekannt zu machen ist. Danach wird ein (schriftlicher) Bericht des Vorstands oder des Aufsichtsrats zu Hintergrund und Inhalt des vorgeschlagenen Verzichts und Vergleichs in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht vorausgesetzt (Dietz-Vellmer, NZG 2011, 248, 250). Da der Zustimmungsbeschluss keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf, weil er nicht in die Mitgliedschaft der Minderheitsaktionäre eingreift, ist ein Bericht auch nicht erforderlich (Koch, AktG, 16. Aufl., § 93, Rn. 166 f.). Zustimmungsbedürftige Verträge müssen weder im vollen Wortlaut vorgelegt werden, noch bestehen weitergehende Informationspflichten der Gesellschaft bei einem Verzicht oder Vergleich in Bezug auf Ersatzansprüche der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 15. Januar 2001 - II ZR 124/99, BGHZ 146, 288, juris Rn. 10). Danach greift eine Beschlussanfechtung -jenseits sonstiger formaler Mängel, die hier nicht in Rede stehen - nur dann durch, wenn die Hauptversammlung von falschen Voraussetzungen, sei es durch unzureichende oder falsche Informationen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ausgegangen ist (Koch, aaO; LG Frankfurt, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 3-05 O 154/16, juris Rn. 117).
bb) Die vorstehend dargestellte Informationspflicht nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG wurde seitens der Beklagten durch Vorlage der Vergleiche im vollständigen Wortlaut, durch die Darlegung der wesentlichen Inhalte der Vergleichsvereinbarungen im HV-Bericht sowie durch die Beantwortung der vorab eingereichten Fragen in der Hauptversammlung erfüllt. Die Aktionäre der Beklagten waren damit - entgegen der Auffassung der Kläger - in der Hauptversammlung ausreichend und zutreffend informiert, weshalb keine Informationspflichtverletzung im Sinne von § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG vorliegt.
(1) Wenn die Gesellschaft - wie hier - nicht nur den wesentlichen Inhalt, sondern den gesamten Vertrag bekannt macht, erfüllt sie ihre Pflicht aus § 124 AktG (Ziemons in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 124 AktG, Rn. 73). Sind weitergehende Erläuterungen zum Zusammenspiel der Regelungen erforderlich, was bei besonders komplexen Verträgen der Fall sein kann, ist der richtige Ort hierfür, ebenso wie für eine Erläuterung von Hintergründen und Auswirkungen des Vertrages, der Bericht der Verwaltung der Gesellschaft (aaO).
(2) Ihre Informationspflicht aus § 124 AktG hat die Beklagte danach erfüllt, indem sie die mit Herrn ... und Herrn ... abgeschlossenen Haftungsvergleiche und den mit den ...-Versicherern abgeschlossenen Deckungsvergleich mit der Bekanntmachung der Tagesordnung im Wortlaut veröffentlicht und im zugleich veröffentlichten HV-Bericht die vertraglichen Regelungen erläutert sowie die Hintergründe der Dieselthematik, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die vorgeschlagenen Vergleichsvereinbarungen und Verzichte sowie die wesentlichen Gründe für den vorgeschlagenen Abschluss der Vergleichs- und Verzichtsvereinbarungen im Einzelnen dargelegt hat. Ferner stand den Aktionären als weitere Informationsquelle die Beantwortung der eingereichten 640 Fragen in der Hauptversammlung zur Verfügung. Die vorgenannten Informationen waren weder unzureichend noch unzutreffend. Was den Umfang der erteilten Informationen anbelangt, ist insoweit maßgeblich, dass sogar für einen Pflichtbericht nach § 283a Abs. 1 AktG anerkannt ist, dass dieser keinem "Vollständigkeitsanspruch" unterliegt (OLG Celle Urteil vom 7. Mai 2008 - 9 U 195/07, juris Rn. 16). Entsprechendes muss erst Recht für den hier in Rede stehenden freiwilligen HV-Bericht gelten. Die von den Klägern vertretene Auffassung, der HV-Bericht sei nicht vollständig, geht demgemäß von vornherein fehl. Zudem weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass ein Übermaß an Detailreichtum für die Befriedigung des berechtigten Informationsbedürfnisses der Aktionäre kontraproduktiv sein kann (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 26. August 2009 - 23 U 69/08, juris Rn. 93). Gemessen daran, was ein objektiv urteilender Aktionär als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte (§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG) waren die im HV-Bericht erteilten Informationen ausreichend und zutreffend. Die gegen die Vollständigkeit der im HV-Bericht enthaltenen Informationen von den Klägern erhobenen Rügen gehen insgesamt fehl.
(a) Der HV Bericht enthält alle für einen objektiv urteilenden Aktionär relevanten Informationen, nämlich eine umfassende Darstellung bezüglich der Aufdeckung und des Verlaufs des Dieselskandals. Ferner wird über die zur Aufklärung des Sachverhalts ergriffenen Maßnahmen, sowie das Ergebnis der Ermittlungen berichtet. Gegenstand des HV-Berichts ist das ...-Versicherungsprogramm sowie eine Beschreibung der Regelungen in den Haftungsvergleichen und im Deckungsvergleich. Dargestellt sind die von Herrn ... und Herrn ... zu leistenden Eigenbeträge und auf welche Ansprüche von ihnen verzichtet wird. Beschrieben wird, welche Ansprüche im Gegenzug im Zusammenhang mit dem (definierten) relevanten Sachverhalt abgegolten werden. Der von den ...-Versicherern zu erbringende Betrag ist genannt. Die Regelungen zu den Freistellungen von Herrn ... und Herrn ... sind ebenso dargestellt wie die zum Rückstellungskonto getroffenen Vereinbarungen. Ebenfalls erläutert wird, dass die Beklagte auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegen andere als die von ihr in Anspruch genommenen ehemaligen Vorstandsmitglieder und alle weiteren versicherten Personen dauerhaft verzichtet. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Gründe die für den Abschluss des Vergleichs sprechen werden im HV Bericht ebenfalls erläutert, einschließlich der Einschätzung der Beklagten, dass die gerichtlich angeordnete Sonderprüfung dem Abschluss der Vergleichsvereinbarungen nicht entgegenstehe.
(b) Die den Aktionären im HV Bericht erteilten Informationen sind nicht aus den von den Klägern angeführten Aspekten unzureichend oder unzutreffend. Jedenfalls im Zusammenhang mit den in der Hauptversammlung beantworteten Aktionärsfragen verfügte ein verständiger Durchschnittsaktionär über die erforderlichen Informationen, um sich ein Bild über die Vor- und Nachteile der Vergleiche zu machen und in der Hauptversammlung über die Zustimmung zu den Vergleichen entscheiden zu können.
(aa) Der HV-Bericht enthält zwar keine expliziten Angaben zur angenommenen Höhe der gegen Herrn ... und Herrn ... gerichteten Schadensersatzansprüche. Darin ist angegeben, dass sowohl die der Beklagten aus der Dieselthematik entstandenen Schadensersatzansprüche als auch der Herrn ... und Herrn ... zurechenbare Vermögensschaden deutlich über dem 287.815.000 € betragenden (Gesamt-)Regulierungsbetrag lägen. Bereits damit war eine ausreichende Entscheidungsgrundlage gegeben. Denn dem durchschnittlichen Aktionär war damit klar, dass die Beklagte mit den Vergleichen einen erheblichen Teil ihrer als zurechenbar erachteten Schadensersatzansprüche nicht vereinnahmen würde. Zudem hat die Beklagte die in der Hauptversammlung nach der Höhe des Schadens gestellte Frage dahin beantwortet, dass der durch den Dieselskandal bisher entstandene, mit 32 Mrd. € bezifferte, Schaden lediglich in Höhe von 2,5 Mrd. € Herrn ... und in Höhe von 300 Mio. Euro Herrn ... als zurechenbar erachtet werde. Damit stand den Aktionären bei ihrer Entscheidung über die Zustimmung zu den Vergleichen die von den Klägern als fehlend erachtete Information zur Verfügung.
(bb) Entgegen der Darstellung der Kläger enthält der HV-Bericht Angaben dazu, mit welchen Prozessrisiken zu rechnen wäre, würde man Schadensersatzansprüche gegen Herrn ... und Herrn ... aus der (angenommenen) fahrlässigen Pflichtverletzung gerichtlich geltend machen. Hierzu wurde dargelegt, dass Herr... und Herr... die gegen sie gerichteten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach bestritten hätten, sodass eine Reihe komplexer Sach- und Rechtsfragen durch das Gericht zu entscheiden seien, namentlich die ...-Versicherer eine Reihe rechtlicher Einwände vorbringen würden, weshalb mit rechtskräftigen Entscheidungen erst in vielen Jahren gerechnet werden könne. In diesem Kontext wurde die Auffassung geäußert, dass man in Ansehung der umfangreichen Ermittlungen mit keinen wesentlichen neuen Erkenntnissen über die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von amtierenden und ehemaligen Organmitgliedern aufgrund der noch anhängigen behördlichen und gerichtlichen Verfahren sowie aus den Prüfungsergebnissen der Sonderprüfung rechne. Greifbare Tatsachen, aus denen sich gegenteiliges ergeben würde, etwa konkrete Erkenntnisse, die aus den anhängigen behördlichen und gerichtlichen Verfahren sowie aufgrund der Sonderprüfung zwangsläufig hervorgehen und die zu einer deutlich günstigeren Bewertung der Prozessaussichten führen würden, legen die Kläger nicht dar. Ihr Sachvortrag geht über Mutmaßungen nicht hinaus. Eine unzutreffende Information der Aktionäre über Prozessrisiken kann danach nicht angenommen werden. Damit wurde dem verständigen Durchschnittsaktionär die Alternative zur Zustimmung zu den abgeschlossenen Vergleichen zutreffend dargelegt, nämlich langwierige, kostenintensive Zivilprozesse, deren Ausgang ungewiss ist.
(cc) Die Aktionäre wurden im HV-Bericht auch darüber informiert, dass nach dem Ergebnis der gutachterlichen Stellungnahme von ... keine Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen von ehemaligen oder amtierenden Aufsichtsratsmitgliedern im Zusammenhang mit dem Dieselskandal bestehen. Die Beklagte hat in diesem Kontext auch ihre Einschätzung zu den Angaben des (zwischenzeitlich verstorbenen) Herrn ... im Rahmen einer staatsanwaltlichen Vernehmung, wonach er Mitglieder des Präsidiums des Aufsichtsrats bereits im Frühjahr 2015 über Manipulationen bei Abgaswerten unterrichtet habe, dargelegt, nämlich, dass diese nicht glaubhaft seien. Danach waren die Aktionäre informiert, inwieweit eine Inanspruchnahme von Aufsichtsratsmitglieder in Betracht kommt. Die für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes darlegungs- und beweisbelasteten Kläger haben keinen konkreten Sachvortrag dazu gehalten, welches ehemalige oder amtierende Aufsichtsratsmitglied aufgrund welcher Informationen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal hätte haftbar gemacht werden können, sodass nicht von einer unzutreffenden Information der Aktionäre ausgegangen werden kann. Nachdem nach der (unwiderlegten) Einschätzung der Beklagten keine Pflichtverletzungen festzustellen waren, hatte die von den Klägern geforderte (weitere) Information über die Vermögensverhältnisse der Aufsichtsratsmitglieder keinerlei Relevanz. Denn eine Inanspruchnahme von Aufsichtsratsmitgliedern kam bereits dem Grunde nach nicht in Betracht.
(dd) Den Aktionären lagen - anders als von den Klägern dargestellt - keine unzureichenden Angaben zur Höhe der effektiven Zahlung des Regulierungsbeitrags durch die ...- Versicherer bei ihrer Entscheidung über die Zustimmungsbeschlüsse vor. Auf Fragen der Kläger hat die Beklagte in der Hauptversammlung erläutert, dass von den Vergleichsbeträgen rund 20 bzw. 21 Mio. € bereits geleistete Abwehrkosten abzuziehen seien und 50 Mio. € für weitere Versicherungsleistungen zur Verfügung gestellt würden, wobei die Beklagte den nicht verbrauchten Restbetrag ausgezahlt erhalte. Der Beklagten fließe seitens der Versicherer also zunächst eine Zahlung in Höhe von ca. 200 Mio. € zu. Damit war die Höhe der der Beklagten von den Versicherern zufließenden Beträge (soweit sie feststanden) benannt. Im Rahmen der wirtschaftlichen Abwägung der Vor- und Nachteile der Vergleichsvereinbarungen durch die Aktionäre war diese Information zudem nicht relevant, weil es an der Vermögenslage der Beklagten nichts änderte, ob ihr Zahlungen seitens der Versicherer zuflössen oder ob die Versicherer reale Aufwendungen der Beklagten beglichen.
(ee) Über Zahlungen vom Rückstellungskonto waren die Aktionäre durch die Angaben der Beklagten im HV-Bericht dahin informiert, dass darauf aus den Regulierungsbeiträgen insgesamt 50 Mio. € eingezahlt werden sollten, wovon künftige Versicherungsleistungen für den "relevanten Sachverhalt" beglichen werden sollten und ein etwa verbleibendes Restguthaben an die Beklagte ausgezahlt werde. In diesem Kontext waren die Aktionäre auch nicht unvollständig über den "relevanten Sachverhalt" informiert. Die Präambel des im Wortlaut veröffentlichten Deckungsvergleichs enthält unter (K), Satz 2 eine Definition des "relevanten Sachverhalts." Bereits daraus war deutlich, welcher Sachverhalt erfasst ist und dass dieser über die Dieselthematik hinausgeht. Zudem ist der "relevanten Sachverhalt" Gegenstand der Erläuterungen im HV Bericht (D. I. Spiegelstrich 3).
(ff) Die (wörtlich wiedergegebenen) Freistellungsverpflichtungen in den Haftungsvergleichen und die Verzichte im Deckungsvergleich sind im HV-Bericht für den verständigen Durchschnittsaktionär nachvollziehbar dahin erläutert, dass Herr ... und Herr ... von Ansprüchen freigestellt werden, die den "relevanten Sachverhalt" betreffen, wobei die Freistellung auch die Kosten umfasst, die Herrn ... im Zusammenhang mit der Abwehr von Ansprüchen oder strafrechtlichen Vorwürfen aus dem "relevanten Sachverhalt" entstehen. Ferner ist dargelegt, dass alle Ansprüche im Zusammenhang mit dem "relevanten Sachverhalt" abgegolten sind, sobald Herr ... und Herr ... jeweils den Eigenbetrag geleistet haben, zu dessen Zahlung sie sich in den Haftungsvergleichen verpflichtet haben. Der "relevante Sachverhalt" ist in der Präambel des Deckungsvergleichs unter (K), Satz 2 definiert und Gegenstand der Erläuterungen im HV Bericht (D. I. Spiegelstrich 3). Aus dem Deckungsvergleich im Zusammenhang mit der Erläuterung im HV Bericht (D. II. Spiegelstrich 6) geht zudem hervor, dass sich die Beklagte sowie ... und ... verpflichtet haben - mit Ausnahme der (dort genannten) Inanspruchgenommenen - gegen amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder sowie gegen sämtliche sonstige versicherte Personen dauerhaft keine Ansprüche geltend zu machen; und zwar für die Dieselthematik umfassend und in Bezug auf den "relevanten Sachverhalt" soweit Versicherungsschutz unter der -Versicherung besteht. Wie bereits dargelegt, ist aus dem Umstand, dass es sich bei der ...-Versicherung um eine Organ-Haftpflichtversicherung handelt, für den verständigen Durchschnittsaktionär erkennbar, dass der Verzicht neben Vorstandsmitgliedern auch sämtliche Aufsichtsratsmitglieder betrifft. Die Beklagte hat zudem auf vorab eingereichte Fragen in der Hauptversammlung auch zu der Frage Stellung genommen, wie sie das Risiko einer Inanspruchnahme aus der Freistellungsverpflichtung einschätzt, nämlich auf maximal 240 Mio. € für alle versicherten Personen zusammen. Für ehemalige Vorstandsmitglieder, die einen Haftungsvergleich geschlossen haben, beläuft sich das Risiko auf einen einstelligen oder niedrigen 2-stelligen Millionenbereich. Das theoretische Risiko der Beklagten im "Worst Case" besteht danach in der Differenz zwischen den erbrachten Versicherungsleistungen von 270 Mio. € und der maximalen Versicherungssumme. Substantiierte Einwände gegen die Richtigkeit dieser Angaben erheben die Kläger nicht. Auf dieser Grundlage konnte sich der verständige Durchschnittsaktionär eine Meinung dazu bilden, ob er bereit ist, den Vergleichsvereinbarungen zuzustimmen.
(gg)Hinreichende Informationen zu den Vermögensverhältnissen von Herrn ... und Herrn ... standen den Aktionären bei ihrer Entscheidung zur Verfügung. Die Beklagte hat in der Hauptversammlung Fragen der Kläger dahin beantwortet, dass der Aufsichtsrat bei seiner Entscheidung über den Abschluss der Vergleiche das jeweils von ... und ... bezogene Einkommen berücksichtigt habe, welches in Bezug auf Herrn ... 120 Mio. € vor Abzug von Steuern und in Bezug auf Herrn ... 50 Mio. € vor Abzug von Steuern betragen habe. Ferner hat die Beklagte Fragen nach dem Barwert der Altersversorgung/Ruhegehaltsansprüche in der Hauptversammlung dahin beantwortet, dass sich der Barwert der Pensionsansprüche nach IFRS für Herrn ... auf 29,8 Mio. € und die Höhe der Pensionsrückstellungen nach... für Herrn ... auf 22,4 Mio. € beliefen. Weitere Angaben zu den Vermögensverhältnissen von Herrn ... und Herrn ... musste die Beklagte nicht machen, weil die Vermögensverhältnisse zwar als Informationsgrundlage des Aufsichtsrats bei seiner Entscheidung über den Abschluss eines Vergleichs relevant sind, eine Bekanntmachungspflicht gegenüber der Hauptversammlung aber nicht besteht (Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl., § 93, Rn. 160), und der Beklagten Informationen zu den konkreten Vermögensverhältnissen weder zur Verfügung standen noch von ihr beschafft werden konnten. Eine Anspruchsgrundlage für einen seitens der Beklagten gegenüber Herrn ... und Herrn ... bestehenden Auskunftsanspruch zeigen die Kläger nicht auf und eine solche ist auch nicht ersichtlich. Es liegt auf der Hand, dass in der konkreten Verhandlungssituation, in der Schadensersatzansprüche in Milliarden-, bzw. Millionenhöhe im Raum stehen und die Inanspruchgenommenen ihre Verpflichtung dem Grunde und der Höhe nach in Abrede nehmen, wenig Neigung besteht, freiwillig konkrete Angaben zur Höhe des vorhandenen Vermögens zu machen oder sogar eine eidesstattliche Erklärung abzugeben. Damit hatte die Beklagte keine Möglichkeit weitere Informationen zu beschaffen. Dies war den Aktionären - worauf es maßgeblich ankommt - bei ihrer Entscheidung auch bekannt. Denn die Beklagte hat die vom Kläger zu 2 gestellte Frage nach den Vermögensverhältnissen von Herrn ... und Herrn ... in der Hauptversammlung dahin beantwortet, dass sie deren genaue private Vermögensverhältnisse nicht kenne. Damit konnten die Aktionäre auf der Grundlage zutreffender Informationen darüber entscheiden, ob ihnen die Angaben zu den Vermögensverhältnissen als Grundlage für eine Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen ausreichte. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass in Anbetracht des von der Beklagten als zurechenbar erachteten Schadens das Vermögen von Herr... und Herrn ... keine entscheidende Rolle für die Höhe des der Beklagten zufließenden Schadensersatzbetrages spielte (anders als von Hasselbach angenommen in NZG, 2016, 890), sondern der maßgebliche Beitrag von den ...-Versicherern geleistet werden würde. Außerdem hat die Beklagte unwiderlegt vorgetragen, dass Herr ... und Herr ... nicht bereit gewesen seien einen höheren Eigenbeitrag zu leisten. Soweit die Kläger dies "bestritten" haben, verkennen sie ihre Beweislast für die von Ihnen behaupteten Anfechtungsgründe. Von ihnen sind auch die tatsächlichen Voraussetzungen für die von ihnen behauptete fehlende/unzureichende Information der Aktionäre zu beweisen, also auch, dass es der Beklagten möglich gewesen wäre, nähere Informationen zum Vermögen von Herrn ... und Herrn ... zu erlangen. Ihre entsprechenden Behauptungen stellen die Kläger indessen nicht unter Beweis.
(hh) Soweit die Kläger fehlende Informationen der Aktionäre zu den durch die Verzichte begünstigten Organmitgliedern monieren, sind diese auf Fragen des Klägers zu 2 in der Hauptversammlung namentlich benannt worden. Sie waren den Aktionären also bei ihrer Entscheidung bekannt. Es kommt hinzu, dass die darlegungs- und beweis bei asteten Kläger konkreten Sachvortrag, der die Annahme von Pflichtverletzungen der benannten Organmitglieder zu begründen vermag, nicht halten und ihr Vorbringen auch nicht unter Beweis stellen. Damit waren Angaben zu den Vermögensverhältnissen der begünstigten Organmitglieder von Vorneherein entbehrlich, weil die Prüfung des Aufsichtsrats keine Pflichtverletzungen der benannten Personen ergeben hat, sodass eine Inanspruchnahme nicht in Betracht kommt. Erst Recht ist diesbezüglich nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Beklagte sie zur Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse hätte anhalten können.
(ii) Die Aktionäre der Beklagten verfügten zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen auch über Informationen zum Untersuchungszeitraum der Überprüfung von Ansprüchen gegen Vorstandsmitglieder und Mitglieder des Aufsichtsrats. Die Beklagte hat in der Hauptversammlung auf Fragen mitgeteilt, dass sich der von ... untersuchte Zeitraum, in dem Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder und die ..-Versicherer für möglich erachtet wurden, auf November 2002 bis März 2018 erstreckte. Die Prüfung in Bezug auf Pflichtverletzungen von ehemaligen und amtierenden Mitgliedern des Aufsichtsrats durch ... erstreckte sich - nach den Angaben der Beklagten in der Hauptversammlung - auf den Zeitraum Mai 2014 bis November 2017. Es kann danach dahingestellt bleiben, ob die im HV-Bericht abstrakt beschriebenen Untersuchungszeiträume als Informationsgrundlage der Aktionäre ausreichend waren, weil den Aktionären bei ihrer Entscheidung in der Hauptversammlung konkrete Informationen hierzu vorlagen.
(jj) Über gegen Herrn ... noch laufende Strafverfahren waren die Aktionäre im HV-Bericht informiert, sodass sie sich eine Meinung darüber bilden konnten, ob sie dem Haftungsvergleich mit Herrn ... zustimmen wollten, auch wenn diese Verfahren noch nicht abgeschlossen waren. Der gegen Herrn ... in den USA geführte Strafprozess war zudem - auf der Grundlage eingereichter Fragen - Thema der Hauptversammlung. Die Beklagte hat hierzu in der Weise Auskunft erteilt, dass sie die Wahrscheinlichkeit einer strafrechtlichen Verurteilung von Herrn ... in den USA gering einschätze (weil dies eine Auslieferung oder freiwillige Teilnahme seitens Herrn ... am Strafverfahren voraussetze) und im Rahmen ihrer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt sei, dass Herrn ... nur fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzungen vorzuwerfen seien. Konkreten Sachvortrag, der eine gegenteilige Einschätzung rechtfertigen würde, halten die Kläger nicht. Ferner stellen sie ihr Vorbringen nicht unter Beweis. Danach waren die Aktionäre bei ihrer Entscheidung umfassend und zutreffend über laufende Strafverfahren und die sich daraus ergebenden Risiken informiert.
(kk) Der von den Klägern geforderten Angaben zur Wirkung des Verzichts im Hinblick auf "potentielle Beraterregresse" bedurfte es nicht, weil sich der Verzicht im Deckungsvergleich nur auf versicherte Personen bezog und damit nicht auf von der Beklagten beauftragte Berater.
(II) Angaben zu einem Organisationsverschulden der Organmitglieder sind - entgegen der Auffassung der Kläger - im HV-Bericht enthalten. Insoweit trifft die Auffassung der Kläger zwar im Ausgangspunkt zu, wonach ein Vorstandsmitglied im Rahmen der Legalitätspflicht dafür Sorge tragen muss, dass das Unternehmen so organisiert und beaufsichtigt wird, dass keine Gesetzesverletzungen stattfinden (LG München I, Urteil vom 10. Dezember 2013 - 5 HKO 1387/10, juris Rn. 89). Die Beklagte hat im HV-Bericht hierzu angegeben, dass die Entscheidung zur Entwicklung und Installation der als Abschalteinrichtung anzusehenden Softwarefunktion Ende 2006 im Bereich der Aggregateentwicklung getroffen worden sei und mit Blick auf Herrn ... und Herrn ... keine für die Dieselthematik ursächlichen Organisationspflichtverletzungen festgestellt worden seien. Gegenteiliges legen die für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht dar und stellen ihr Vorbringen auch nicht unter Beweis. Soweit sie vom Auftreten der Manipulation an Dieselmotoren auf die fehlende Existenz eines geeigneten Compliance-Systems bei der Beklagten schließen, kann für sich genommen aus der Nichtaufdeckung eines Geschehens nicht auf eine Ungeeignetheit des Systems geschlossen werden (Landgericht Hannover, Urteil vom 14. September 2017 - 21 O 24/16, Seite 38; bestätigt durch OLG Celle, Urteil vom 27. Juni 2018 - 9 U 78/17; BGH, Beschluss vom 16. Juli 2019 - II ZR 273/18 NZB zurückgewiesen). Entgegen der Auffassung der Kläger greift die Beweislastumkehr nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG insoweit nicht ein, weil diese Vorschrift nicht die - hier in Rede stehende - Informationspflicht der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären, sondern die Organmitglieder treffende Beweislast im Rahmen der seitens der Gesellschaft gegen sie geltend gemachten Ersatzansprüche betrifft. Die Aktionäre der Beklagten waren deshalb mit den im HV-Bericht enthaltenen Angaben zutreffend über Organisationspflichtverletzungen dahin informiert worden, dass solche im Rahmen der Untersuchung nicht festgestellt wurden.
(mm) Die Auffassung der Kläger, die Aktionäre seien nicht über die Herrn ... im Rahmen seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied der ... vorgeworfene Pflichtverletzung informiert worden, ist ohne Grundlage. Aus dem HV-Bericht geht vielmehr hervor, dass die Beklagte ihm vorwirft, den Vorstand von ... nicht von seinen Erkenntnissen über konkrete Anhaltspunkte für rechtswidrige Funktionen in von ... entwickelten Motoren unterrichtet und nicht auf eine umfassende Aufklärung auch bei... hingewirkt zu haben.
nn) Eine Informationspflicht der Beklagten bezüglich der von den Klägern behaupteten Aktionärseigenschaft von Herrn ... und Herrn ... bestand nicht, weshalb in den hierzu fehlenden Angaben keine Informationspflichtverletzung der Beklagten zu sehen ist. Soweit die Kläger darauf abheben, dass ein Vergleich zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär gegen § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG verstoße und die Nichtigkeit der Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 241 Nr. 3 AktG begründe, trifft dies nur mit der Einschränkung zu, dass es bei grundsätzlich zulässigem Inhalt auf die angemessene Bewertung der erledigten Ansprüche ankommt (OLG Dresden, Beschluss vom 5. Juli 2002 - 2 U 0729/02, juris Leitsatz). Nur die unangemessene vergleichsbedingte Leistung verstößt gegen § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG (Koch, AktG, 16. Aufl., § 57, Rn. 10). Vorliegend fehlt es indessen bereits an einer Darlegung der Kläger, aus der sich die behauptete Aktionärseigenschaft von Herrn ... und Herrn ... ergibt. Schon aus diesem Aspekt lässt sich nicht annehmen, die Haftungsvergleiche würden gegen § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG verstoßen. Darüber hinaus legen die Kläger auch keine Unangemessenheit der Haftungsvergleiche dar. Vergleiche sind - wie bereits dargelegt - Streitbeilegung im Wege gegenseitigen Nachgebens, § 779 Abs. 1 BGB. Dabei kommt es für einen vereinbarten Schadensersatzbetrag maßgeblich darauf an, mit welcher Wahrscheinlichkeit für gegeben erachtete Ansprüche durchsetzbar sind und ob hierfür Versicherungsleistungen in Anspruch genommen werden können. Vor diesem Hintergrund spricht der von den Klägern angeführte Aspekt, dass mit den Haftungsvergleichen lediglich 1 % der Gesamtforderung realisiert werde, nicht für deren Unangemessenheit. Denn die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der maßgebliche Beitrag zur Schadenskompensation von den ...-Versicherern geleistet wird, was bei versicherten Schäden der Üblichkeit entspricht. Zudem wären Ansprüche gegenüber Herrn ... und Herrn ... nur mit einem erheblichen Aufwand durchzusetzen, weil in einem Prozess der gesamte Dieselskandal aufzuarbeiten wäre, nachdem Herr... und Herr... Ansprüche wegen fahrlässiger Pflichtverletzung dem Grunde und der Höhe nach in Abrede genommen haben. Gegenteiliges legen die auch insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht mit Substanz dar. Insbesondere halten sie keinen Sachvortrag, aus dem sich entnehmen ließe, dass die Durchsetzung weitaus höherer Forderungen, als mit den Haftungsvergleichen vereinbart, ohne erheblichen Aufwand realisierbar wäre. Soweit die Kläger die Anfechtung nach § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG auf die fehlende Information zur Aktionärseigenschaft von Herrn ... und Herrn ... stützen, sind sie - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - mit ihrem Vorbringen nach § 246 Abs. 1 AktG präkludiert, weil sie dieses nicht innerhalb der Klagefrist von einem Monat nach Beschlussfassung gehalten haben.
(oo) Fehlende Angaben im HV-Bericht "zu einem Rechtsmissbrauch" behaupten die Kläger lediglich, legen aber bereits nicht dar um welche Angaben es sich dabei handeln soll, die nach ihrer Auffassung fehlen. Eine Informationspflichtverletzung der Beklagten lässt sich daraus nicht ableiten.
cc) Zur Information des verständigen Durchschnittsaktionärs nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG war es weder erforderlich noch geboten, den Aktionären einen etwaigen Untersuchungsbericht von ... (dessen Existenz die Beklagte bestreitet) und die gutachterliche Stellungnahme von ..., bzw. diejenige von ... zur Verfügung zu stellen, sodass die Beklagte hierzu nicht verpflichtet war. Wie bereits dargelegt, ist nach § 124 Abs. 2 Satz 3 AktG der wesentliche Inhalt des zustimmungspflichtigen Vertrages bekanntzumachen, wozu die genaue Bezeichnung der Vertragsparteien sowie die Wiedergabe der vertraglichen Hauptleistungspflichten gehört, nicht aber deren wirtschaftliche Herleitung (z. B. mit Hilfe von Sachverständigen) (Kubis, Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 124, Rn. 24). Danach musste die Beklagte die Aktionäre bereits nicht über den Inhalt der vorgenannten Gutachten informieren, was sie indessen im HV-Bericht (freiwillig) getan hat (Abschnitt B. IV. bis VI.). Einen Anspruch auf Einsichtnahme in gutachterliche Stellungnahmen hatten die Aktionäre erst recht nicht. Das Aktienrecht regelt, welche Unterlagen in der Hauptversammlung zur Einsicht ausgelegt werden müssen, wozu von der Verwaltung der Aktiengesellschaft in Auftrag gegebene Gutachten zur Pflichtwidrigkeit von Organhandeln nicht gehören. Hieraus ist der Umkehrschluss zu ziehen, dass eine Einsichtnahme in andere Unterlagen, also in die vorgenannten Gutachten, nicht verlangt werden kann (vgl. LG München I, Beschluss vom 24. April 2008 - 5 HK O 23244/07, juris Rn. 379, bestätigt durch OLG München, Beschluss vom 3. September 2008 - 7 W 1432/08). Die Kläger verkennen, dass es nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung nicht Aufgabe der Aktionäre ist, Fehlverhalten von Mitgliedern des Vorstandes oder des Aufsichtsrats zu prüfen, sondern diejenige des jeweils anderen Organs. Aufgabe der Aktionäre ist es, auf der Grundlage des wesentlichen Inhalts des zustimmungspflichtigen Vertrages und dem von der Verwaltung der Aktiengesellschaft erstatteten Bericht, ergänzt um die auf ihre Fragen hin erteilten weiteren Informationen, darüber zu entscheiden, ob sie die Zustimmung zum Vertrag erteilen oder verweigern wollen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Gesellschaftsvermögen den Aktionären gehört, weshalb es ihre Aufgabe ist über eine Selbstschädigung durch Verzicht oder Vergleich zu beschließen (BGH, Urteil vom 8. Juli 2014 - 11 ZR 174/13, BGHZ 202, 26, juris Rn. 20). Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der von den Klägern in Bezug genommenen Entscheidung des Landgerichts ... (Urteil vom 24. August 2006 - 5 HK O 1558/06, juris), wonach die Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung, die einem Vertrag über die Veräußerung des Kernbereichs des Unternehmens zustimmen soll, auch Informationen über den wesentlichen Inhalt des zur Ermittlung des Kaufpreises eingeholten Sachverständigengutachtens enthalten muss. Denn die Entscheidung behandelt einen anderen Sachverhalt. Vorliegend geht es nicht (wie in der vorstehend genannten Entscheidung) um eine aktienrechtliche Strukturmaßnahme, sondern um einen Zustimmungsbeschluss gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, der die Eigentumsrechte der Minderheitsaktionäre der Beklagten (anders als eine Strukturmaßnahme) nicht berührt, weil hiervon alle Aktionäre gleichermaßen betroffen sind (LG Frankfurt am Main , Urteil vom 15. Dezember 2016 - 3-5 O 154/16, juris Rn. 116). Die von den Klägern für ihre Auffassung in Bezug genommenen Entscheidungen des Landgerichts Flensburg (Urteil vom 7. April 2004 - 6 O 17/03) und dem folgend des Oberlandesgerichts Schleswig, gehen zwar davon aus, dass den Aktionären der wesentliche Inhalt eines weiteren Vertrages bekanntzumachen ist, wenn dieser mit dem Vertrag, um dessen Zustimmung es geht, in einem so engen inneren Zusammenhang steht, dass die Aktionäre die Bedeutung des ihnen zur Beschlussfassung vorgelegten Vertrages ohne Kenntnis des weiteren Vertrages nicht zutreffend erfassen können (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Dezember 2005 - 5 U 57/04, juris Rn. 154). Daraus kann indes nicht abgeleitet werden, dass interne Gutachten zur Überprüfung des Vorliegens von Pflichtverletzungen, die Organmitgliedern zur Last zu legen sind, veröffentlicht werden müssen, um Informationspflichten zu erfüllen. Während sich in dem vom OLG Schleswig entschiedenen Fall der wesentliche Inhalt des der Hauptversammlung zur Zustimmung vorgelegten Vertrages erst im Zusammenhang mit einem weiteren Vertrag ergibt, der damit wesentlicher Inhalt des zustimmungspflichtigen Vertrages und deshalb bekanntzumachen ist, lässt sich vorliegend der Inhalt der zur Zustimmung vorgelegten Vergleiche aus diesen selbst zweifelsfrei erkennen. Der Bekanntgabe des Inhalts von Gutachten bedarf es hier dagegen zur Bestimmung des Vertragsinhalts nicht. Den Aktionären geht es mit der begehrten Einsichtnahme in Gutachten auch nicht um den Inhalt der Vergleichsvereinbarungen, sondern um die Überprüfung anhand der gutachterlichen Stellungnahmen, ob die den Vergleichsverhandlungen zugrundeliegenden Annahmen zutreffen, weshalb die vorstehend genannten Entscheidungen eine andere Ausgangslage betreffen, sodass sich die darin getroffenen Annahmen nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen lassen. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass die Beklagte sich zu Recht auf die sich durch die Veröffentlichung ergebenden Nachteile für die Gesellschaft beruft. Ein Rechtsgutachten zu etwaigen Pflichtverletzungen von Organmitgliedern und einer Inanspruchnahme von ...-Versicherern enthält nicht nur für eine Haftung sprechende Gesichtspunkte, sondern auch eine Befassung mit Risiken einer Inanspruchnahme, weshalb darin naturgemäß auch gegen eine Haftung sprechende Aspekte thematisiert werden. Es liegt auf der Hand, dass deren Bekanntwerden geeignet ist, die Position der Beklagten in noch nicht abgeschlossenen Verfahren zu schwächen und ihr Nachteile zuzufügen.
Entgegen der Auffassung der Kläger besteht keine Veranlassung die Vorlage der gutachterlichen Stellungnahmen von ... und ... nach § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzuordnen. Die Voraussetzungen für eine Vorlageanordnung liegen bereits nicht vor. Voraussetzung für die Anordnung ist, dass sich die Bedeutung der konkreten Urkunde für die begehrte Entscheidung aus schlüssigem Parteivorbringen ergibt. Unzulässig ist daher die pauschale Aufforderung zur Vorlage ganzer Dokumentensammlungen (Zöller-Greger, ZPO, § 142, 34. Aufl., § 142, Rn. 2). Die Anordnung ist nur zulässig, wenn sie dazu dient, die für die vom Gericht begehrte Entscheidung relevanten Umstände zu erhellen. Die auf die Urkunde Bezug nehmende Partei muss darlegen, dass sich die aus der vorzulegenden Urkunde zu erwartenden Erkenntnisse auf den Streitgegenstand beziehen (Zöller-Greger, aaO, Rn. 7). Die Vorschrift befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast (BGH, Urteil vom 26. Juni 2007- XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23, juris Rn. 20). Welche Erkenntnisse sich aus welchen konkreten Bestandteilen der in Bezug genommenen Gutachten, die nach den unwiderlegten Angaben der Beklagten einen erheblichen Umfang haben sollen (mehr als 2000 Seiten soll allein das Gutachten von ... umfassen), zu gewinnen sind, legen die Kläger bereits nicht dar. Ebenfalls nicht dargelegt wird, aus welchem Bestandteil des jeweiligen Gutachtens sich welche für den vorliegenden Rechtsstreit relevanten Erkenntnisse ergeben sollen. Soweit die Kläger die Darlegungen der Beklagten zum Inhalt und Ergebnis des Gutachtens sowie dem Gegenstand der Unterrichtung des Aufsichtsrats über den Inhalt des Gutachtens von ..., bzw. den Gegenstand der Unterrichtung des Vorstands über den Inhalt des Gutachtens von ... "mit Nichtwissen" bestreiten, verkennen die Kläger ihre Darlegungs- und Beweislast, die für das Vorliegen von Anfechtungsgründen der angefochtenen Hauptversammlungsbeschlüsse - wie bereits dargelegt - bei den klagenden Aktionären liegt. Danach wäre es Sache der Kläger gewesen, im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, dass der von der Beklagten angegebene Inhalt der Gutachten tatsächlich nicht zutrifft, was ihrem Vorbringen indessen bereits nicht ansatzweise zu entnehmen ist. Demgemäß würde eine Vorlageanordnung zu einer unzulässigen Ausforschung führen, die dem gesetzgeberischen Zweck zuwiderliefe, weil die Vorschrift nicht zur Ausforschung schutzwürdiger Geheimbereiche und insbesondere nicht zur Annäherung des deutschen Zivilprozesses an das Leitbild des US-amerikanischen pre-trail-discovery of documents führen soll (Bericht des BT-Rechtsausschusses zum ZPO-Reformgesetz, BTDrs. 14/6036, 120).
dd) Die Anfechtbarkeit der zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 gefassten Beschlüsse ergibt sich nicht aus einer Verletzung des Auskunftsrechts infolge der Abhaltung einer virtuellen Hauptversammlung und der Art und Weise der Wiedergabe und Beantwortung der vorab elektronisch eingereichten Aktionärsfragen.
(1) In der virtuellen Hauptversammlung besteht bereits kein Auskunftsrecht der Aktionäre im Sinne von § 131 Abs. 1 AktG, sondern in diesem Fall folgt das Informationsrecht der Aktionäre aus § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 Covid-19-Gesetz. Danach kann der Vorstand entscheiden, dass die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, sofern den Aktionären ein Fragerecht im Wege der elektronischen Kommunikation eingeräumt wird. Der Vorstand entscheidet nach pflichtgemäßem, freiem Ermessen, wie er Fragen beantwortet; er kann auch vorgeben, dass Fragen bis spätestens einen Tag vor der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzureichen sind. Vorliegend hat der Vorstand der Beklagten entschieden, die ordentliche Hauptversammlung 2021 als virtuelle Hauptversammlung abzuhalten und vorgegeben, dass Fragen bis spätestens einen Tag vor der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation eingereicht werden können. Von dieser Möglichkeit haben 32 Aktionäre oder Aktionärsvertreter Gebrauch gemacht, indem sie 640 Fragen elektronisch eingereicht haben. Diese Fragen sind in der Hauptversammlung ermessensfehlerfrei beantwortet worden. Die Kläger behaupten selbst nicht, dass Fragen unbeantwortet geblieben sind. Soweit sie sich gegen die Art und Weise der Beantwortung von Fragen wenden, liegt es auch nach der Neuordnung des Covid-19 Gesetzes im Dezember 2020 im Ermessen der Gesellschaft, wie Fragen beantwortet werden; nur über das "Ob" der Beantwortung ist der Vorstand danach nicht mehr in seiner Entscheidung frei (Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl., § 243, Rn. 72). Dass der Vorstand die Ermessensgrenzen bei der Beantwortung von Fragen überschritten hat, legen die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht dar und stellen ihre tatsächlichen Behauptungen auch nicht unter Beweis. Dabei ist die Auffassung der Kläger, eine Zusammenfassung von Fragen und deren nicht wörtliche Wiedergabe, betreffe das "Ob" der Beantwortung, bereits im Ausgangspunkt unzutreffend, weil es sich dabei um die im Ermessen der Beklagten liegende Art und Weise der Beantwortung handelt. Es kommt hinzu, dass die Kläger nicht darlegen, welche konkreten Fragen bzw. einleitenden Ausführungen zu Ihren Fragen wörtlich hätten mitgeteilt werden müssen, um die Aktionäre in der Hauptversammlung angemessen zu informieren. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die nicht wörtliche Widergabe der eingereichten Fragen für das Abstimmungsergebnis relevant war, was die Kläger nur ohne die erforderliche Substanz behaupten. Soweit sie "mit Nichtwissen" bestreiten, verkennen sie ihre Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Anfechtungsgründen. Letztlich liegt es auf der Hand, dass in Anbetracht der Anzahl der eingereichten (640) Fragen sehr umfangreiche einleitende Bemerkungen zu Fragen entfallen mussten, um eine Beantwortung sämtlicher Fragen in der Hauptversammlung zu ermöglichen.
(2) Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass nach § 1 Abs. 7 Covid-19-Gesetz die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses von Vorneherein nicht auf die Verletzung des Fragerechts nach § 1 Abs. 2 Covid-19-Gesetz gestützt werden kann.
(3) Die Frage-, Rede- und Auskunftsrechte der Kläger waren auch nicht infolge der Durchführung der Hauptversammlung nach den Vorgaben des § 1 Abs. 2 Satz 1 Covid-19-Gesetz unzulässig eingeschränkt. Das Covid-19-Gesetz ist unter den in § 1 Abs. 2 Satz 1 Covid-19-Gesetz aufgeführten Voraussetzungen weder formell noch materiell verfassungswidrig (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2021 - 7 AktG 4/21, juris Rn. 84 ff). Es bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Art. 2 § 1 Abs. 7 COVID-19-Gesetz, der das in § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG niedergelegte Frage- und Auskunftsrecht des Aktionärs einschränkt und eine Anfechtbarkeit nur bei vorsätzlichen Verstößen zulässt, gegen europäisches Recht, insbesondere gegen Art. 8 und 9 der Richtlinie 2007/36/EG, sowie gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen könnten (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 25. März 2021 - 12 AktG 1/21, juris Rn. 38).
ee) Entgegen der Auffassung der Kläger war die Informationsgrundlage der Aktionäre bei der Beschlussfassung über die Haftungsvergleiche und den Deckungsvergleich nicht mangelhaft, was sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt, sodass sich daraus von Vornherein keine Treuepflichtverletzung der Aktionäre bei ihrer Abstimmung für die abgeschlossenen Vergleiche ableiten lässt. Auf die Frage, ob Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlung gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG wegen einer Treuepflichtverletzung anfechtbar sind, kommt es deshalb (an dieser Stelle) nicht an.
c) Die Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 ergibt sich nicht aus materiellen Gründen, namentlich nicht aus der Unbestimmtheit der Hauptversammlungsbeschlüsse bzw. derjenigen der Vergleiche, einem Verstoß gegen die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, einer Sperrwirkung der Sonderprüfung, einem Stimmverbot der Hauptaktionäre, Inhaltsmängeln sowie Rechtsmissbrauch, einer Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Aktiengesellschaft und Sittenwidrigkeit.
aa) Die Auffassung der Kläger, die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 seien unbestimmt, weil die Vergleichsvereinbarungen, denen mit den Beschlüssen zugestimmt worden sei, nicht Teil der Beschlüsse und damit auch nicht notariell beurkundet (§ 130 AktG) seien, geht fehl. Der notariellen Niederschrift der Hauptversammlung ist gemäß § 130 Abs. 3 AktG als Anlage 1 die Einberufungsschrift zur Hauptversammlung beigefügt, in der wiederum die Haftungsvergleiche und der Deckungsvergleich in ihrem Wortlaut wiedergegeben sind (Anlage B4). Die Beifügung führt dazu, dass die Einberufungsbelege Bestandteil der Niederschrift, bei der notariellen Niederschrift mithin Inhalt der Urkundenrolle, werden (Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 130, Rn. 79). Danach kann von einer fehlenden notariellen Beurkundung keine Rede sein. Nach dem Inhalt der notariellen Niederschrift, die als öffentliche Urkunde im Sinne von § 415 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs begründet, steht danach fest, dass zum Tagesordnungspunkt 10.1 der Beschluss über die Zustimmung zu der - in der Anlage A1 wiedergegebenen - Vergleichsvereinbarung mit Herrn ..., zum Tagesordnungspunkt 10.2 der Beschluss über die Zustimmung zu der - in der Anlage A1 wiedergegebenen -Vergleichsvereinbarung mit Herrn ... und zum Tagesordnungspunkt 11 der Beschluss über die Zustimmung zu der-in der Anlage 1 wiedergegebenen - Vergleichsvereinbarung mit den ...-Versicherern des ... gefasst wurde. Nachdem die Vergleichsvereinbarungen Bestandteil der notariellen Urkunde waren, bestand von Vornherein kein Erfordernis, sie - wie von den Klägern gefordert - (ein weiteres Mal) als Anlage zu den beurkundeten Beschlüssen zu nehmen.
bb) Soweit die Kläger die inhaltliche Unbestimmtheit der Vergleichsvereinbarungen rügen, weil ihnen die "essentialia negoti" fehlten, verkennen die Kläger, dass Zustimmungsbeschlüsse nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG keiner Inhaltskontrolle unterliegen, sich aus zivilrechtlichen Mängel der Vergleichsvereinbarungen - die tatsächlich von den Klägern nicht dargelegt werden und auch nicht ersichtlich sind - keine Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse ergeben würde.
(1) Wie bereits mehrfach dargelegt, bedarf der Beschluss nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG keiner sachlichen Rechtfertigung, weil er nicht in die Mitgliedschaft der Minderheitsaktionäre eingreift. Er ist deshalb in dieser Hinsicht auch keiner gerichtlichen Kontrolle unterworfen (Koch, AktG, 16. Aufl., § 93 Rn. 166; LG Frankfurt, Urt. v. 15. Dezember 2016, 3 - 5 O 154/16 juris Rn. 116). Entsprechendes gilt für zustimmungspflichtige Verträge, deren zivilrechtliche Mängel nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Zustimmungsbeschlüsse führen würden, weil anderenfalls eine unzulässige Inhaltskontrolle stattfinden würde.
(2) Die von den Klägern gegen die Bestimmtheit der Vergleichsvereinbarungen getragenen Bedenken sind zudem ohne Grundlage. Der "relevante Sachverhalt", auf den sich die im Deckungsvergleich geregelten versicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisse beziehen, zu denen auch die Dieselthematik gehört, ist in der Präambel des Deckungsvergleichs ebenso definiert wie die Dieselthematik und diejenige der "versicherten Person", worauf die Haftungsvergleiche Bezug nehmen. Daraus erschließt sich ohne weiteres, "welche Personen vom relevanten Sachverhalt erfasst werden", nämlich die versicherten Personen. Für die Bestimmtheit der Vergleichsvereinbarungen war es weder erforderlich noch sinnvoll einen "Haftungshöchstbetrag" anzugeben, weil die Haftung von Herrn ... und Herrn ... dem Grunde und der Höhe nach streitig war und die Vergleichsvereinbarungen diesen Streit beenden sollten, § 779 Abs. 1 BGB. Die Festlegung einer Schadenshöchstsumme hätte nur dazu geführt, dass ein weiterer Streitpunkt über den Betrag eröffnet worden wäre auf den es für die Bestimmtheit der Vereinbarung nicht ankam. Entscheidend ist, dass mit den Haftungsvergleichen alle Ansprüche (unter Anwendung der hierfür üblichen Formel: "bekannt oder unbekannt, gegenwärtig oder zukünftig, bedingt oder unbedingt") abgegolten wurden, woraus der Umfang des Verzichts hinreichend bestimmt zu erkennen ist. Entgegen der Auffassung der Kläger gehen der Umfang der Freistellungserklärungen und die als Verträge zugunsten Dritter ausgestalteten Verzichtsverträge aus Ziffer 3.1 der Haftungsvergleiche sowie Ziffer 3.6 und 3.7 des Deckungsvergleichs mit der erforderlichen Bestimmtheit hervor. Maßstab ist insoweit nicht der verständige Durchschnittsaktionär, der an der Vertragsvereinbarung nicht beteiligt ist, sondern der Horizont eines objektiven Erklärungsempfängers. Entsprechendes gilt für die Regelung zu den Rückstellungen für künftige Versicherungsleistungen, welche sich aus Ziffer 2 des Deckungsvergleichs ergeben. Auch insoweit verkennen die Kläger, dass die Aktionäre nicht Vertragsschließende und damit Erklärungsempfänger sind.
cc) Der Abschluss der Haftungsvergleiche mit Herrn ... und Herrn ... und des Deckungsvergleichs mit den ...-Versicherern, jeweils am 8./9. Juni 2021, erfolgte mehr als drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und damit nach Ablauf der Dreijahresfrist gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG. Entsprechendes gilt für die in der Hauptversammlung am 21. Juli 2021 beschlossene Zustimmung zu den vorgenannten Vergleichen.
(1) Nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bedarf ein Verzicht oder ein Vergleich gegenüber Vorstandsmitgliedern nicht nur der Zustimmung der Hauptversammlung. Diese darf vielmehr auch erst nach Ablauf einer gesetzlichen Sperrfrist von drei Jahren und nicht gegen den Widerspruch einer Minderheit von Aktionären erteilt werden, die den zehnten Teil des Grundkapitals ausmacht. Vereinbarungen, die diesen Voraussetzungen nicht genügen, sind nichtig, weil insoweit keine Vertretungsbefugnis des handelnden Organs angenommen werden kann (Harbarth/Höfer, NZG 2016, 686 f.; BGH, Urteil vom 8. Juli 2014 - II ZR 174/13 - BGHZ 202, 26, juris Rn. 32). Der Zweck der Frist ist darin zu sehen, dass nicht vorschnell, nämlich vor Bekanntwerden des Schadensausmaßes, auf Ansprüche verzichtet wird. Die Dreijahresfrist ist fest vorgegeben; sie verlängert sich auch nicht ausnahmsweise dann, wenn der Schaden vor Ablauf noch völlig unüberblickbar ist (Hopt/Roth in Hirte/Mühlbert/Roth, AktG Großkommentar, 5. Aufl., § 93, Rn. 518 f.). Die Frist kann auch nicht verkürzt werden, wenn schon zuvor ausreichend Klarheit über die Höhe des Anspruchs besteht (Spindler in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 93, Rn. 282; Harbarth/Höfer, aaO, S. 687). Die Frist berechnet sich nach §§ 187, 188 BGB. Sie beginnt, sobald der Anspruch entstanden ist und durch (Leistung- oder Feststellungs-)Klage geltend gemacht werden kann. Dazu muss ein Schaden dem Grunde nach eingetreten sein, auch wenn er sich noch nicht beziffern lässt und/oder in seiner Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist (Sailer-Coceani in Schmidt, K./Lutter, AktG, 4. Aufl., § 93, Rn. 65). Dafür ist außer der Pflichtverletzung der Eintritt eines, wenngleich noch nicht bezifferbaren, Schadens notwendig, sodass jedenfalls eine Feststellungsklage erhoben werden kann. Insoweit gilt dasselbe wie zum Beginn der Verjährungsfrist nach § 93 Abs. 6 AktG. Für verschiedene, pflichtwidrig handelnde Organmitglieder und für verschiedene Pflichtverletzungen können unterschiedliche Dreijahresfrist laufen (Hopt/Roth, aaO, Rn. 520). § 199 Abs. 1 BGB findet allerdings keine Anwendung, sodass die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Aufsichtsrats bzw. der Gesellschaft vom Anspruch nicht entscheidend sind (Spindler, aaO, Rn. 282). Bei einem pflichtwidrigen Unterlassen wird dem Grundsatz, dass die Verjährung nicht beginnt, solange die schädigende Handlung andauert, dadurch Rechnung getragen, dass der Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich für den Zeitpunkt anzusetzen ist, an dem die Handlung spätestens hätte vorgenommen werden müssen, um pflichtgemäß zu sein (Hopt/Roth, aaO, Rn. 591). Die verschiedenen Schadenspositionen können nicht als einzelne Ansprüche angesehen werden, sondern es gilt der Grundsatz der Schadenseinheit, wonach an die Pflichtverletzung anzuknüpfen ist. Aus der Pflichtverletzung sowie aus der Gesamtheit der abstrakt vorhersehbaren Schadenspositionen ergibt sich ein einheitlicher Ersatzanspruch, der spätestens mit dem Eintritt des ersten Schadenspostens für den gesamten Schaden zu laufen beginnt (Harbarth/Höfer, aaO, S. 688; BGH, Urteil vom 8. Juli 2014 - II ZR 174/13, aaO, Rn. 18).
(2) Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen sind die Einwände der Kläger, es liege mit dem Abschluss der Haftungsvergleiche und des Deckungsvergleichs, bzw. der Zustimmung der Hauptversammlung hierzu, ein Verstoß gegen die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG vor, weil diese noch nicht abgelaufen sei, ohne Grundlage.
(a) Nach den Feststellungen des Aufsichtsrats der Beklagten ist eine fahrlässige Pflichtverletzung von Herrn ... darin zu sehen, dass er es ab dem 27. Juli 2015 unterlassen hat, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in 2,0 I TDI Motoren, die in den Jahren 2009 bis 2015 im nordamerikanischen Markt vertrieben wurden, unverzüglich und umfassend weiter aufzuklären und sicherzustellen, dass in diesem Zusammenhang gestellte Fragen der US-amerikanischen Behörden umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden. Der sich aus dem Verkauf und der weiteren Auslieferung der mit der unzulässigen Softwarefunktion ausgestatteten Fahrzeuge in Nordamerika ab August 2015 ergebende Schaden, beruht danach auf der vorgenannten Pflichtverletzung, sodass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Feststellungsklage gegen Herrn ... im August 2015 vorlagen. Aus dem Gesichtspunkt, dass die Verjährung eines pflichtwidrigen Unterlassens nicht beginnt, solange die schädigende Handlung andauert, ergibt sich nichts Gegenteiliges, weil die pflichtgemäße Aufklärung des Sachverhalts und die Sicherstellung der Unterrichtung der US-amerikanischen Behörden seitens Herrn ... ebenfalls im August 2015 hätte veranlasst werden müssen. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass Herr ... bereits am 23. September 2015 als Vorstandsvorsitzender der Beklagten ausgeschieden ist, eine (fortdauernde) Verletzung von Organpflichten danach nicht mehr in Betracht kam. Damit ist der Anspruch gegen Herrn ... bereits im Jahr 2015 entstanden, womit auch die Frist gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zu laufen begann. Gegenteiliges legen die Kläger bereits nicht schlüssig dar. Soweit sie sich darauf berufen, dass gegen Herrn ... laufende Strafverfahren dafür sprächen, dass von ihm tatsächlich viele weitere Pflichtverletzungen begangen worden seien, fehlt es an greifbarem Sachverhalt der ihre Behauptung stützt. Soweit sie auf das Ergebnis staatsanwaltlicher Ermittlungsverfahren Bezug nehmen, wonach Herrn ... spätestens im März 2014 Kenntnis über Manipulationssoftware vorgelegen habe, fehlt es an substantiiertem Sachvortrag zu den Herrn ... konkret vorgeworfenen Verletzungshandlungen. Wie bereits dargelegt, lässt sich aus einer - von den Klägern allein in Bezug genommenen -Anklageerhebung und der Zulassung der Anklage zu Hauptverhandlung nicht sicher auf eine dementsprechende Feststellung im Rahmen des Strafverfahrens schließen. Letztlich würde sich - die in Bezug genommene Annahme der Staatsanwaltschaft bzw. des Landgerichts ... als richtig unterstellt - für die Einhaltung der Frist nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nichts Abweichendes ergeben. Die Herrn ... vorzuwerfende Pflichtverletzung hätte dann bereits im März 2014 begonnen, was mit Blick auf die für den Beginn der Dreijahresfrist maßgeblichen Entstehung des Schadens ohne Relevanz wäre. Auf die Kenntnis der Beklagten von behaupteten Pflichtverletzungen des Herrn ... kommt es - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht an, weil § 199 BGB im Rahmen von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG keine Anwendung findet (s. o.).
(b) Herrn ... ist nach den Feststellungen des Aufsichtsrats der Beklagten eine fahrlässige Pflichtverletzung dahingehend vorzuwerfen, dass er es als Vorstandsmitglied in der Zeit ab dem 21. September 2016 unterlassen hat, unverzüglich auf eine zielgerichtete und systematische Untersuchung der EU-Dieselmotoren 3,01 V6 TDI und 4,2 l V8 TDI hinzuwirken. Durch das Unterlassen sind spätestens im Dezember 2016 eingreifende Maßnahmen verhindert worden, die die mit dem Verkauf betroffener Fahrzeuge für die Beklagte verbundenen Nachteile reduziert hätten, sodass ein kausaler Schaden ab Dezember 2016 eingetreten ist. Auch insoweit ergibt sich aus dem Aspekt, dass die Verjährung eines pflichtwidrigen Unterlassens nicht beginnt, solange die schädigende Handlung andauert, nichts Gegenteiliges. Insoweit ist der Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich für den Zeitpunkt anzusetzen, an dem die Handlung spätestens hätte vorgenommen werden müssen (s. o.), hier also auch im Dezember 2016. Herr... ist zwar erst im September 2018 als Mitglied des Vorstands der Beklagten ausgeschieden. Anhaltspunkte dafür, dass sein pflichtwidriges Unterlassen bis dahin andauerte, sind von den Klägern indessen nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Damit begann in Bezug auf Herrn ... die Frist gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG im Jahr 2016 zu laufen. Eine Feststellungsklage wäre zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen. Auch in Bezug auf Herrn ... ist das Vorbringen der Kläger, wonach die Staatsanwaltschaft München II von einer Kenntnis von der Manipulationssoftware ab September 2015 ausgehe, nicht geeignet, die Annahme zu rechtfertigen, Herrn ... seien weitere Pflichtverletzungen vorzuwerfen, seit deren Entstehung die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG noch nicht abgelaufen ist. Die Herrn ... - die Annahmen der Staatsanwaltschaft München II als richtig unterstellt - vorzuwerfende Pflichtverletzung hätte vielmehr bereits im September 2015 begonnen, was mit Blick auf die für den Beginn der Dreijahresfrist maßgebliche Entstehung des Schadens ohne Relevanz wäre. Auf die Kenntnis der Beklagten von behaupteten Pflichtverletzungen des Herrn ... kommt es - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht an, weil § 199 BGB im Rahmen von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG keine Anwendung findet (s. o.).
(c) Darauf, ob der Sachverhalt noch nicht vollständig aufgeklärt und der Schaden noch nicht vollständig absehbar ist, kommt es nach den obigen Ausführungen für die Entstehung des Schadens nicht an. Der Gesetzgeber hat seine mit § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG verfolgte Intention, dass nicht voreilig auf Organhaftungsansprüche verzichtet oder ein Vergleich über sie geschlossen wird, ohne dass man sich darüber im Klaren ist, welche Vermögenseinbuße für die Gesellschaft durch die schädigende Handlung zu erwarten ist, durch Freihaltung eines Zeitraums von drei Jahren umgesetzt, in dem typisierend Klarheit über die Schadensverhältnisse geschaffen werden kann - jedoch nicht endgültig geschaffen werden muss (Harbarth/Höfer, aaO, S. 687 f.). Danach steht die von den Klägern beanstandete fehlende Sachaufklärung der Entstehung des Anspruchs auf Schadensersatz ebenso wenig entgegen wie ein noch in der Entwicklung befindliches (erhebliches) Schadensausmaß, etwa mit Blick auf neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Abtretbarkeit von Schadensersatzansprüchen durch Dieselfahrzeugerwerber mit Wohnsitz in der Schweiz an Inkassodienstleister (Urteil vom 13. Juni 2022 - Via ZR 418/21) und des Oberlandesgerichts Braunschweig zu einer möglicherweise bereits im Jahr 2008 bestehenden Verpflichtung der Beklagten zur ad hoc-Meldung wegen der in für den U-S.-Markt bestimmten Diesel-PKW für das Modelljahr 2009 enthaltenen Manipulationssoftware (Hinweisbeschluss vom 18. November 2021 - 3 Kap 1/16, juris Rn. 89 ff.). Die Kläger verkennen mit ihrer Auffassung, dass mehrere Pflichtverletzungen vorlägen, die im Rahmen von § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG gesondert zu prüfen seien, den Grundsatz der Schadenseinheit. Danach stellen sämtliche Schäden, die auf den vorstehend dargestellten Pflichtverletzungen von Herrn ... und Herrn ... beruhen, auch wenn zur Entstehung Handlungen weiterer Organe mitursächlich waren, einen einheitlichen Schaden dar, der im Jahr 2015, bzw. 2016 entstanden ist. Ein Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden liegt auch vor, wenn eine selbstschädigende Handlung des Verletzten durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert oder wesentlich mitbestimmt worden ist und eine nicht ungewöhnliche Reaktion darauf darstellt (sogenannter "Herausforderungsfall") (BGH, Urteil vom 8. Juli 2014 - II ZR 174/13-, BGHZ 202, 26, juris Rn. 18). Danach würde auch eine - wie nicht - auf einem rechtswidrigen Beschlussvorschlag des Aufsichtsrats beruhende Zustimmung zu den Vergleichen, einen einheitlichen auf den oben dargestellten Pflichtverletzungen von Herrn ... und Herrn ... beruhenden Schaden begründen. In diesem Kontext lassen auch die in den Haftungsvergleichen enthaltenen - in Vergleichen mit Organmitgliedern üblichen (vgl. Anlagen B6 bis B 11) - Freistellungszusagen für Herrn ... und Herrn ... keine neuen Ansprüche entstehen, sofern sie in Anspruch genommen werden. Der Beklagten durch die Inanspruchnahme entstehende Schäden stellen - nach dem Grundsatz der Schadenseinheit - weitere Schadenspositionen dar, die auf der jeweiligen Pflichtverletzung von Herrn ... und Herrn ... beruhen. Vor diesem Hintergrund kann von einem "Vorausverzicht" keine Rede sein. Der - nach Ziffer 3.2 lit. b der Haftungsvergleiche auf die nach dem Deckungsvergleich noch verbleibende Versicherungssumme begrenzte - Umfang einer sich für die Beklagte ergebenden Freistellungsverpflichtung ist danach für die Vereinbarkeit der Regelungen zur Freistellung mit § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ebenso ohne Relevanz wie das "Schadensausmaß" und dessen Erkennbarkeit.
(d) Überwachungspflichtverletzungen anderer Vorstandsmitglieder, Compliance-Verstöße und eine sich aus Strafverfahren ergebende Ermittlung weiterer Verantwortlicher, die zu einer so späten Entstehung von Schadensersatzansprüchen führen würden, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergleiche und der Zustimmung der Hauptversammlung hierzu die Frist nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG noch nicht abgelaufen war, legen die Kläger nicht mit Substanz dar. Ihr Sachvortrag beschränkt sich darauf, dass die Pflichtverletzungen von Herrn ... und Herrn ... von anderen Vorstandsmitgliedern hätten bemerkt werden müssen, anderenfalls ein Organisationsverschulden anzunehmen sei und der Staatsanwaltschaft, bzw. der Strafkammer andere Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, die die Ermittlung weiterer Verantwortlicher vermuten lasse. Dies ist ersichtlich nicht ausreichend, um die Annahme von Pflichtverletzungen konkreter Personen oder ein Organisationsverschulden zu begründen (s. o). Es geht über bloße Mutmaßungen nicht hinaus. Erst Recht nicht ersichtlich ist danach, dass die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG in Bezug auf - bereits nicht konkret dargelegte - Pflichtverletzungen zum Zeitpunkt der Hauptversammlung noch nicht abgelaufen war.
(e) Ohne dass es darauf ankommt, weil die Schadensersatzansprüche, über die sich die Beklagte mit Herrn ... und Herrn ... sowie den ...-Versicherern verglichen hat, bereits in den Jahre 2015 und 2016 entstanden sind, sodass der Zeitraum von drei Jahren gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bei Abschluss der Vergleiche zweifelsfrei abgelaufen war (s. o.), wurden in Ziffer 1.8 (...), bzw. 1.6 (...) der Haftungsvergleiche und in Ziffer 3.8 des Deckungsvergleichs, vorsorglich Ersatzansprüche für die die Frist nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG bei Abschluss der Vergleiche und Beschlussfassung der Hauptversammlung noch nicht abgelaufen war, von der Einigung ausgenommen. Eine entsprechende Regelung wurde in Bezug auf die Freistellungszusagen in Ziffer 3.2 der Haftungsvergleiche getroffen, wonach ein Anspruch auf Freistellung nur insoweit besteht, als eine Freistellung nicht gegen § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG verstößt. Selbst wenn also Schadensersatzansprüche zu einem späteren Zeitpunkt als hier angenommen entstanden wären, was von den Klägern bereits nicht dargelegt ist, wären diese Ansprüche nicht Gegenstand der Vergleiche, sodass sich die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG auf dies Ansprüche nicht beziehen würde. Ein Verstoß gegen die Dreijahresfrist kommt danach von Vorneherein nicht in Betracht.
dd) Die durch das Oberlandesgericht Celle bei der Beklagten in Bezug auf den Dieselskandal angeordnete Sonderprüfung entfaltet - entgegen der Auffassung der Kläger - keine Sperrwirkung gegenüber den Zustimmungsbeschlüssen zu den Haftungsvergleichen und dem Deckungsvergleich, die Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Dieselskandal betreffen. Eine solche Sperrwirkung ergibt sich weder aus der gesetzlichen Anordnung in §§ 142 ff AktG in Verbindung mit § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, noch aus einer teleologischen Auslegung des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, sondern eine Parallele zum Klagezulassungsverfahren gemäß § 148 f AktG zeigt, dass (auch) die Anordnung der Sonderprüfung nicht zum Verlust der Dispositionsbefugnis der Hauptversammlung über Schadensersatzansprüche führt.
(1) Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen ist nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG lediglich, dass drei Jahre seit der Entstehung des Anspruchs, über den der Vergleich geschlossen wird, vergangen sind und keine Minderheit, deren Anteil zusammen 10 % des Grundkapitals erreicht, Widerspruch erhebt. Eine abgeschlossene Sonderprüfung nach §§ 142 ff AktG ist dagegen nach der gesetzlichen Anordnung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung. Aus den §§ 142 ff AktG ergibt sich das Erfordernis einer Sonderprüfung als Voraussetzung für die Zustimmung der Hauptversammlung zu einem Vergleich über Schadensersatzansprüche, die Gegenstand der Sonderprüfung sind, ebenfalls nicht. Der Wortlaut der vorgenannten Regelungen ist eindeutig, was auch von den Klägern nicht in Abrede genommen wird.
(2) Die teleologische Interpretation nach Sinn und Zweck des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG führt nicht zu dem Ergebnis, dass während einer laufenden Sonderprüfung die Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen, die den Gegenstand der Prüfung betreffen, gesperrt ist. Zwar ist die Auslegung nach Sinn und Zweck des Gesetzes auch gegenüber einem sprachlich unzweideutigen Wortlaut nicht ausgeschlossen; denn die Worte sind nur der möglicherweise unvollkommene Ausdruck des maßgebenden Gedanken (BGH, Urteil vom 23. Mai 1951 - II ZR 71/50, BGHZ 2, 176, juris Rn. 18). Indessen führt die Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht zu einer einschränkenden Auslegung dahin, dass eine Sonderprüfung beendet sein muss, bevor die Hauptversammlung Vergleichsvereinbarungen zustimmen darf, die sich auf den Gegenstand der Sonderprüfung beziehen. Sinn und Zweck des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ist es, das Gesellschaftsvermögen im Interesse der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter zu schützen (Koch, 16. Aufl. 2022, AktG § 93 Rn. 158). Mit der Entscheidung derjenigen, denen bei wirtschaftlicher Betrachtung das Gesellschaftsvermögen zusteht (Aktionäre), soll verhindert werden, dass Vorstand und Aufsichtsrat sich im kollusiven Zusammenwirken von Haftungsansprüchen befreien (Spindler in Münchener Kommentar, Aktiengesetz, 5. Aufl., § 93, Rn. 283). Bei ihrer Entscheidung disponieren die Aktionäre auch darüber, ob sie den Sachverhalt als ausreichend aufgeklärt erachten, um ihre Zustimmung erteilen zu können. Insoweit enthält § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG die typisierende Annahme, dass eine ausreichende Aufklärung des Sachverhalts spätestens innerhalb von drei Jahre nach Entstehung des Anspruchs erfolgt ist. Zur Art und Weise der Aufklärung des Sachverhalts macht § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG keine Vorgaben, weshalb nicht angenommen werden kann, dass einer Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen stets ein (abgeschlossenes) Sonderprüfungsverfahren vorauszugehen habe. Im Gegenteil lässt sich daraus, dass es im Ermessen der Hauptversammlung steht, wie sie auf einen (Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung und sich daraus ergebende Schadensersatzansprüche enthaltenden) Prüfungsbericht reagiert, sie sich also darauf beschränken kann, diesen lediglich zur Kenntnis zu nehmen (Arnold in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 145, Rn. 72; K. Schmidt/Lutter Aktiengesetz, 4. Aufl., § 145, Rn. 34; Koch Aktiengesetz, 16. Aufl., § 145, Rn. 9), ableiten, dass die Hauptversammlung stets die Disposition darüber behalten soll, ob sie der "Selbstschädigung" auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Sachverhalts zustimmen will. Wenn also die Hauptversammlung selbst im Falle eindeutig festgestellter Pflichtverletzungen von einer Durchsetzung der sich daraus ergebenden Ansprüche absehen kann, spricht nichts dafür, dass ihr nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung die Befugnis entzogen sein sollte, auf der Grundlage einer (möglicherweise) noch nicht abschließend getroffenen Feststellung des zugrundeliegenden Sachverhalts, ihre Zustimmung zu Vergleichsvereinbarungen zu erteilen. Vielmehr spricht die typisierende Annahme des Gesetzgebers, nach Ablauf der 3-jährigen Sperrfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG sei von einer ausreichenden Sachverhaltsaufklärung auszugehen, dafür, dass der Zustimmung zu Vergleichsbeschlüssen keine umfassende Sachverhaltsaufklärung vorausgehen muss, weil auch Fälle denkbar sind, in denen sich innerhalb von drei Jahren nicht alle Umstände eines Vorgangs, der Gegenstand der Vergleichsvereinbarung ist, aufhellen lassen. Wenn die gesetzliche Regelung aber keine umfassende Sachverhaltsaufklärung fordert, kann eine abgeschlossene Sonderprüfung nicht Voraussetzung der Zustimmung zu Verzicht oder Vergleich sein.
Soweit sich die Kläger auf eine "Sinnentleerung" der Sonderprüfung im Falle einer wirksamen Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen während laufender Sonderprüfung berufen, verkennen sie, dass eine angeordnete Sonderprüfung nach der gesetzgeberischen Entscheidung nicht zwangsläufig zu einer Verfolgung der dadurch festgestellten Ansprüche der Aktiengesellschaft führen muss und andererseits eine Sonderprüfung nicht Voraussetzung für die Zustimmung zu Vergleichsvereinbarungen ist, was zeigt, dass die Sonderprüfung nicht final auf die Vorbereitung von Zustimmungsbeschlüssen der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen gerichtet ist. Die Sonderprüfung dient zwar als Instrument, um bei Vorliegen von Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem in Rede stehenden Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind, tatsächliche Vorgänge in der Gesellschaft aufzuhellen und damit Schadensersatzansprüche der Gesellschaft vorzubereiten, also der Informationsverschaffung (Arnold in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 142, Rn. 6). Sie ist aber nicht notwendige Voraussetzung der Zustimmungsbeschlüsse (s. o.). Wurden also - wie hier - die Informationen auf andere Weise beschafft und wurde auf dieser Grundlage eine Einigung über die sich daraus ergebenden Schadensersatzansprüche erzielt, kann sich die Hauptversammlung mit ihrer Zustimmung zu den Vergleichsvereinbarungen dafür entscheiden, das Ergebnis der Sonderprüfung nicht mehr abzuwarten. Denn der gesetzgeberische Wille geht dahin, es der Disposition der Hauptversammlung zu überlassen, wie sie mit den Ansprüchen verfahren will, die Gegenstand der Sonderprüfung sind. Im Übrigen behält die Sonderprüfung ihren Sinn in den Fällen, in denen - anders als hier - eine Aufklärung von Pflichtverletzungen und die Verfolgung von Ersatzansprüchen seitens der Gesellschaft abgelehnt wird. Von einer generellen "Sinnentleerung" kann danach keine Rede sein.
Die Auffassung der Kläger, dass ohne eine Sperrwirkung der Sonderprüfung für Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlung nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, die in § 142 Abs. 2 AktG angeordnete Kompetenzverteilung unterlaufen werde, verkennt die bloße Hilfsfunktion der Sonderprüfung im Rahmen der Feststellung und Verfolgung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Organen. Insoweit trifft es zwar zu, dass die auf Antrag von Aktionären, deren Anteil zusammen den 100. Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 € erreichen, angeordnete Sonderprüfung - ohne geänderte Umstände - nur dadurch beendet werden kann, dass die antragstellende Minderheit die vorzeitige Beendigung der Sonderprüfung beantragt (Rieckers/J. Vetter, Kölner Kommentar, Aktiengesetz, 3. Aufl., § 142, Rn. 323). Demgegenüber ist die Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, nach h. M. ebenfalls antragsberechtigt, wenn nachträgliche wesentliche Änderungen vorliegen (§ 142 Abs. 8 AktG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 FamFG), die der Sonderprüfung ihre Berechtigung entziehen (Arnold in Münchener Kommentar, 5. Aufl., § 142, Rn. 188; Koch, 16. Aufl. 2022, AktG § 142 Rn. 34). Vor diesem Hintergrund kann als sicher angenommen werden, dass die Beklagte nach Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung einen Antrag auf Aufhebung der gerichtlich angeordneten Sonderprüfung stellen wird. Daraus ergibt sich aber weder ein Widerspruch noch eine Umgehung der Kompetenzordnung, da die Sonderprüfung keinem Selbstzweck dient, sondern der (vorbereitenden) Informationserlangung, um auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses über eine Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zu entscheiden. Kommt keine Verfolgung von Schadensersatzansprüchen mehr in Betracht, weil darüber (rechtsbeständige) Abgeltungsvergleiche geschlossen wurden, die auf einer anderweitig beschafften Informationsgrundlage beruhen, was von der insoweit zuständigen Hauptversammlung gebilligt wurde, kann die Sonderprüfung ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Der Zweck der Informationsbeschaffung ist auf andere Weise erfüllt worden, was zulässig ist, weil der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG - wie bereits dargelegt - kein (zwingend) vorgeschaltetes Sonderprüfungsverfahren vorsieht. Die Informationen können danach - wie hier - auf der Grundlage eines internen Gutachtens ermittelt werden, was nicht im Widerspruch zum Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 8. November 2019 (9 W 86/17) steht. Soweit es darin heißt, dass der seitens der Beklagten betriebene Ermittlungsaufwand eine Sonderprüfung nicht überflüssig mache, ergibt sich daraus nicht, dass auf der Grundlage interner Ermittlungen keine Vergleiche geschlossen und Zustimmungsbeschlüsse der Hauptversammlung hierzu gefasst werden dürften. Die Entscheidung bezieht sich lediglich auf die Voraussetzungen für die Anordnung einer Sonderprüfung, die - wie bereits dargelegt - gering sind. Damit liegt mit den abgeschlossenen (und gebilligten) Vergleichen eine geänderte Sachlage vor, weshalb nicht zu beanstanden ist, dass auf dieser Grundlage auch die Gesellschaft die Aufhebung des Sonderprüfungsverfahrens beantragen kann. Dies zeigt zudem, dass von der seitens der Kläger angenommenen Umgehung der Anordnung der Sonderprüfung durch Beschluss des Oberlandesgerichts Celle (vom 8. November 2019 - 9 W 86/17) keine Rede sein kann. Es geht vielmehr um eine Entscheidung aufgrund nachträglich geänderter Sachlage gemäß § 142 Abs. 8 AktG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 FamFG. Letztlich ergibt sich eine Sperrwirkung der Sonderprüfung für Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zum "Doppelmandat" des Sonderprüfers (nicht: "doppelte" Sonderprüfung), wenn einerseits Anfechtungsklagen von Minderheitsaktionären gegen Hauptversammlungsbeschlüsse, die die zuvor gefassten Beschlüsse über die Bestellung eines Sonderprüfers aufheben, und die Anträge einer Aktionärsminderheit nach § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG, erfolgreich sind (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 2009 - 6 W 45/09, juris Rn. 66). Der von den Klägern daraus gezogene Schluss, dass es der Aktionärsmehrheit verwehrt sei, die auf Antrag der Aktionärsminderheit angeordnete Sonderprüfung zu verhindern, was auch für die Herbeiführung einer Vergleichsvereinbarung über Haftungsansprüche, die Gegenstand der Sonderprüfung sind gelte, verkennt, dass es sich insoweit um unterschiedliche Konstellationen handelt. Während nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf das Wiederaufleben der Hauptversammlungsbeschlüsse über die Bestellung des Sonderprüfers infolge der erfolgreichen Anfechtung der Hauptversammlungsbeschlüsse über die Aufhebung der Bestellungsbeschlüsse eine Anordnung der Sonderprüfung auf Antrag einer Aktionärsminderheit nicht ausschließt, sondern zu einem Doppelmandat des Sonderprüfers führt, geht es bei den hier in Rede stehenden Zustimmungsbeschlüssen zu den mit Herrn ... und Herrn ... geschlossenen Haftungsvergleichen sowie dem mit den ...-Versicherern geschlossenen Deckungsvergleich nicht um die Aufhebung/den Ausschluss der Sonderprüfung. Diese bleibt vielmehr bestehen, bis sie auf der Grundlage geänderter Umstände aufgehoben wird. Vor diesem Hintergrund lassen sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf keine Argumente ableiten, mit denen sich eine Sperrwirkung der Sonderprüfung gegenüber Zustimmungsbeschlüssen nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG begründen ließe.
(3) Darüber hinaus spricht eine parallele Betrachtung des Klagezulassungsverfahrens gemäß § 148 f. AktG, welches ebenso wie das Sonderprüfungsverfahren gemäß §§ 142 ff AktG (im weiteren Sinne) der Durchsetzung von Organhaftungsansprüchen durch eine Aktionärsminderheit dient (Arnold in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 148, Rn. 2), für das anerkannt ist, dass die Hauptversammlung auch während des laufenden Klagezulassungsverfahrens (und nachfolgenden Klageverfahrens) nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG einem von der Gesellschaft geschlossenen Vergleich zustimmen kann (Arnold in Münchener Kommentar, Aktiengesetz, 5. Aufl., § 148, Rn. 80, mit weiteren Nachweisen), gegen eine Sperrwirkung des Sonderprüfungsverfahrens für Zustimmungsbeschlüsse nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG. Wie bereits dargelegt, haben das Sonderprüfungsverfahren und das Klagezulassungsverfahren jeweils zum Ziel, dass einer Aktionärsminderheit die Durchsetzung von Ansprüchen gegen Organmitglieder ermöglicht wird, wobei die Sonderprüfung eine geringere Wirkung als das Klagezulassungsverfahren aufweist, weil sie lediglich der (vorbereitenden) Tatsachenermittlung dient, während mit der Klagezulassung die Prozessführungsbefugnis für die Geltendmachung von Ansprüchen auf die Aktionärsminderheit übertragen wird. Wenn aber ein seitens der Gesellschaft über den Prozessgegenstand geschlossener Vergleich sogar nach Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf eine Aktionärsminderheit aufgrund der Klagezulassung durch das Gericht nach § 148 Abs. 1 AktG als zulässig angesehen wird, weil Anspruchsinhaberin etwaiger Ersatzansprüche und materiell Berechtigte auch im Rahmen des Klagezulassungsverfahrens die Gesellschaft bleibt (Rieckers/J. Vetter, Kölner Kommentar, Aktiengesetz, 3. Aufl., § 148, Rn. 528; Koch, 16. Aufl. 2022, AktG § 148 Rn. 21), muss eine Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen nach einer Sonderprüferbestellung erst Recht zulässig sein. Denn die Sonderprüfung betrifft nur die der Klagezulassung (ggf.) vorgelagerte Aufklärung der maßgeblichen Tatsachen. Die Auffassung der Kläger, weil für das Klagezulassungsverfahren in § 148 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AktG die "Subsidiarität der Geltendmachung durch die Gesellschaft" (richtig: Subsidiarität der Aktionärsklage, vgl. Spindler in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 148 AktG, Rn. 36) geregelt sei, lasse sich aus dem Fehlen einer entsprechenden Regelung für die Sonderprüfung darauf schließen, dass für die Sonderprüfung die Möglichkeit eines Vergleichsschlusses nicht gewollt sei, der Gesellschaft also mit Anordnung der Sonderprüfung die Dispositionsbefugnis über deren Gegenstand entzogen werde, geht fehl. Die Ausgangslage bei Anordnung einer Sonderprüfung einerseits und dem Klagezulassungsverfahren andererseits unterscheidet sich dadurch, dass der Aktionärsminderheit mit der gerichtlichen Entscheidung nach § 148 Abs. 1 AktG die Prozessführungsbefugnis für etwaige Ersatzansprüche der Gesellschaft übertragen wird (Rieckers/J. Vetter, Kölner Kommentar, Aktiengesetz, 3. Aufl., § 148, Rn. 6), während dies beim Sonderprüfungsverfahren nicht der Fall ist. Während es danach in Bezug auf das Klagezulassungsverfahren einer Klarstellung dahin bedarf, dass ungeachtet der Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf die Aktionärsminderheit, die Gesellschaft jederzeit berechtigt ist, den Ersatzanspruch selbst gerichtlich geltend zu machen oder das Klageverfahren von den Aktionären zu übernehmen (§ 148 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG), gibt es diesen Klarstellungsbedarf beim Sonderprüfungsverfahren nicht. Denn damit erfolgt - wie schon gesagt - keine Übertragung der Prozessführungsbefugnis auf eine Aktionärsminderheit. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus dem Aspekt, dass § 148 Abs. 3 Satz 1 AktG lex specialis zu § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist, sodass ohne die Regelung in § 148 Abs. 3 Satz 1 AktG der - ungeachtet einer Klagezulassung für eine Aktionärsminderheit - erhobenen Klage der Gesellschaft die Einrede der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegenstehen würde. Denn eine solche Konstellation ist infolge einer Sonderprüferbestellung nicht möglich, weshalb für eine während der Sonderprüfung seitens der Gesellschaft erhobene Klage § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht eingreifen würde. Dies zeigt vielmehr, dass es einer § 148 Abs. 3 Satz 1 AktG entsprechenden Regelung in den §§ 142 ff AktG nicht bedarf.
ee) Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich die Anfechtbarkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 nicht aus einem Stimmverbot der..., der Beteiligungsgesellschaft des ... und der... gemäß § 136 Abs. 1 AktG. Nach § 136 Abs. 1 AktG ist die Ausübung des Stimmrechts durch einen Aktionär ausgeschlossen, wenn über seine Entlastung oder seine Befreiung von einer Verbindlichkeit oder darüber, ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll (§ 147 AktG), Beschluss gefasst wird. Dies war in Bezug auf die ..., die Beteiligungsgesellschaft des ... und die ... unzweifelhaft nicht der Fall. Die vorgenannten Gesellschaften sind weder Partei der Vergleichsvereinbarungen noch unmittelbar durch diese begünstigt. Die Voraussetzungen für ein Stimmverbot müssen in der Person des Aktionärs gegeben sein (Arnold in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., § 136, Rn. 42), was hier nicht der Fall ist. Vor diesem Hintergrund kommt ein "Richten in eigener Sache" nicht in Betracht. Selbst wenn man - wie nicht - annähme, für das Eingreifen eines Stimmverbots sei auf "Mitglieder der Hauptaktionäre" abzustellen, fehlt jedes substantiierte Vorbringen der Kläger, aus dem sich entnehmen ließe, dass von Hauptaktionären entsandte Mitglieder des Aufsichtsrats (die seitens der Kläger bereits nicht konkret benannt werden), aufgrund ihres konkreten Wissens über Abgasmanipulationen, ihre Überwachungspflichten verletzt hätten, weshalb sie durch die Vergleiche begünstigt wären. Solches Vorbringen ergibt sich auch nicht aus der Bezugnahme auf Presseverlautbarungen zu einem mit Herrn ... geführten ...-Interview (Anlage K1.53 bzw. Anlage Nl 4), die die Staatsanwaltschaft Braunschweig noch nicht einmal zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Aufsichtsratsmitglieder veranlasst hat. Das Vorliegen eines Stimmverbots für die vorgenannten Gesellschaften kann im Ergebnis aber auch dahingestellt bleiben, weil eine Anfechtung nur dann begründet wäre, wenn die fehlerhafte Berücksichtigung von Stimmen Einfluss auf das Beschlussergebnis hätte (BGH, Beschluss vom 29. April 2014 - II ZR 262/13, juris Rn. 8), was vorliegend nicht der Fall war. Denn die Beklagte hat dargelegt, dass selbst bei Abzug der Stimmen der drei größten Aktionäre der Beklagten (..., Beteiligungsgesellschaft des ... und ...) die verbleibenden Streubesitz-Aktionäre den Vergleichsvereinbarungen mit Mehrheiten von über 99 % der abgegebenen Stimmen zugestimmt haben. Soweit die Kläger dies "mit Nichtwissen" bestreiten, verkennen sei ihre Darlegungs- und Beweislast für eine Anfechtung der Zustimmungsbeschlüsse begründende Umstände.
ff) Die Zustimmungsbeschlüsse zu den Vergleichen (Tagesordnungspunkte 10 und 11 der ordentlichen Hauptversammlung 2021) sind nicht aufgrund von Inhaltsmängeln oder wegen Rechtsmissbrauchs anfechtbar. Zustimmungsbeschlüsse nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG unterliegen bereits keiner allgemeinen Inhaltskontrolle oder inhaltlichen Missbrauchskontrolle. Zudem sind Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht wegen individuellen Rechtsmissbrauchs, also einer rechtsmissbräuchlichen bzw. treuwidrigen Stimmrechtsausübung eines Aktionärs der Gesellschaft anfechtbar, weil durch den Abschluss von Vergleichs- und Verzichtsvereinbarungen alle Aktionäre gleichermaßen betroffen sind, der allein denkbare Fall einer Missbrauchskontrolle, bei dem das den Vergleich schließende (ehemalige) Organmitglied zugleich Aktionär der Gesellschaft ist und damit bei der Abstimmung durch Eigeninteressen beeinflusst sein kann, durch § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG ausgeschlossen wird, ein treuwidriges Abstimmungsverhalten einzelner Aktionäre in Ansehung der hohen Zustimmung zu den Hauptversammlungsbeschlüssen mit 99,91 % (zu TOP 10) und 99,98 % (zu TOP 11) ersichtlich ohne Relevanz war und die für das Vorliegen von Anfechtungsgründen darlegungs- und beweisbelasteten Kläger, ein rechtsmissbräuchliches Stimmverhalten von Aktionären bereits nicht schlüssig darlegen.
(1) Eine allgemeine Inhaltskontrolle oder inhaltliche Missbrauchskontrolle von Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG findet nicht statt. Eine Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen nach § 243 Abs. 1 AktG kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn gegen konkrete Bestimmungen des Aktienrechts oder der Satzung verstoßen wird. Eine materielle Beschlusskontrolle durchzuführen, lehnt der Bundesgerichtshof ab (Noack/Zetzsche, Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., § 243, Rn. 337). Bspw. bedarf ein mit der nötigen Mehrheit gefasster Auflösungsbeschluss keiner sachlichen Rechtfertigung; erträgt seine Rechtfertigung in sich (vgl. BGH, Urteil vom 28 Januar 1980 - II ZR 124/78, juris Rn. 6). Der Bundesgerichtshof hat es also selbst für einen Beschluss über die Auflösung einer Kapitalgesellschaft abgelehnt, diesen einer derartigen Kontrolle zu unterziehen. Soweit der Gesellschaftsvertrag die Auflösung nicht an weitere Erfordernisse bindet, bedarf ein solcher Beschluss nur der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Beschlussmehrheit. An weitergehende Voraussetzungen ist seine Wirksamkeit nicht gebunden, insbesondere bedarf der Beschluss keiner sachlichen Rechtfertigung da er seine Rechtfertigung in sich trägt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1988 - II ZR 75/87, juris Rn. 13). Eine über die konkret normierten Vorgaben hinausgehende allgemeine Inhaltskontrolle findet danach nur bei solchen Hauptversammlungsbeschlüssen statt, die besonders tief in die Mitgliedschaft der Minderheitsaktionäre eingreifen, was vom Bundesgerichtshof (allein) für den Bezugsrechtsausschluss bei einer Kapitalerhöhung bzw. Beschaffung eines genehmigten Kapitals anerkannt ist. Der Entzug des Vorrechts, Kapital in "seinem" Unternehmen investieren zu können, bedeutet im allgemeinen einen schweren Eingriff in die Mitgliedschaft; die Entscheidung muss sich daher darauf erstrecken, dass das mit der Kapitalerhöhung verfolgte Ziel auf dem normalen gesetzlichen Weg, d. h. mit einem Bezugsrecht für alle Aktionäre, nicht erreichbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. März - II ZR 142/76, juris Rn. 9). Im Übrigen ist anerkannt, dass eine Inhaltskontrolle dann ausscheiden muss, wenn das Gesetz selbst einen Eingriff in die Mitgliedschaft vorsieht, ohne gleichzeitig eine sachliche Rechtfertigung zu fordern, oder wenn es eine normative Abwägung gegen die betroffenen Mitgliedsinteressen enthält (Schäfer im Münchener Kommentar, Aktiengesetz, 5. Aufl., § 243, Rn. 57). Dies ist in Bezug auf Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG der Fall, weil die durch den Gesetzgeber vorgesehene Einschaltung der Hauptversammlung dem Zweck der Regelung entspricht, dem Schutz des Gesellschaftsvermögens und der Minderheitsaktionäre zu dienen. Das Vermögen der Gesellschaft steht wirtschaftlich nicht dem Aufsichtsrat, sondern den Aktionären zu, weshalb diese berufen sind, eine solche Selbstschädigung - auch deren Umfang - zu beschließen. An einem Eingriff in die Mitgliedschaft der Minderheitsaktionäre fehlt es, weil durch den Zustimmungsbeschluss zu einer Vergleichs-Verzichtsvereinbarung alle Aktionäre gleichermaßen betroffen sind. Hinzu kommt, dass das Gesetz mit der Vetomöglichkeit für Aktionäre mit Anteilen von zusammen 10 % des Grundkapitals schon einen institutionalisierten Minderheitenschutz vorsieht. Für eine darüberhinausgehende allgemeine Inhaltskontrolle des Zustimmungsbeschlusses bleibt danach kein Raum. Die Hauptversammlung unterliegt daher bei der Beschlussfassung über einen Verzicht oder Vergleich gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG keinen inhaltlichen Bindungen (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 3-05 O 154/16, juris Rn. 116; bestätigt durch OLG Frankfurt, Urteil vom 28. November 2019 - 5 U 6/17, juris Rn. 158). Nachdem der Gesetzgeber das Widerspruchsquorum als einziges Abwägungskriterium für den Schutz der Interessen der Minderheitsaktionäre vorsieht, unterliegen die von der Hauptversammlung gefassten Zustimmungsbeschlüsse keiner Inhaltskontrolle, sondern tragen ihre Rechtfertigung in sich. Im Rahmen des in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG geregelten Systems müssen sowohl Minderheits- als auch Mehrheitsinteressen zurücktreten. In einer solchen Konstellation darf das Gericht einen Beschluss nicht deshalb beanstanden, weil er unzweckmäßig oder nicht im Interesse der Gesellschaft erscheint. Umgekehrt kann auch die Ablehnung eines Beschlussantrags nicht allein deshalb beanstandet werden, weil der Beschluss zweckmäßig erscheint und im Interesse der Gesellschaft liegt (BGH, Urteil vom 12. April 2016 - II ZR 275/14, juris Rn. 15).
Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Zustimmungsbeschlüsse zu den Vergleichen auch nicht im Rahmen einer inhaltlichen Missbrauchskontrolle daraufhin zu überprüfen, ob diese sachlich gerechtfertigt oder zweckmäßig sind. Vielmehr betrifft eine im Einzelfall vorzunehmende Missbrauchskontrolle das Abstimmungsverhalten einzelner Aktionäre, also den "individuellen" Rechtsmissbrauch, der vorliegen kann, wenn ein Aktionär seine Stimmrechte unter Verletzung seiner individuellen Treuepflicht ausgeübt hat und das Beschlussergebnis hierdurch beeinflusst worden ist (Noack/Zetzsche in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., § 243, Rn. 286, 432). Darauf, ob die Zustimmungsbeschlüsse zu den Vergleichsvereinbarungen "nach ihrem Inhalt rechtsmissbräuchlich" sind und "offenkundig nicht im Interesse der Gesellschaft liegen", kommt es deshalb bereits im Ausgangspunkt nicht an. Wie bereits dargelegt, darf das Gericht sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle des - inhaltlich nicht eingeschränkten - Ermessens der Hauptversammlungsmehrheit setzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - II ZR 275/14, juris Rn. 15).
(2) Die Zustimmungsbeschlüsse sind nicht wegen individuellen Rechtsmissbrauchs, also einer rechtsmissbräuchlichen bzw. treuwidrigen Stimmrechtsausübung eines Aktionärs anfechtbar, die vorliegen kann, wenn ein Aktionär seine Stimmrechte unter Verletzung seiner individuellen Treuepflicht ausgeübt hat und das Beschlussergebnis hierdurch zum Nachteil der Gesellschaft oder anderer Aktionäre beeinflusst worden ist. Bei Hauptversammlungsbeschlüssen über die Zustimmung zu Vergleichen oder Verzichten gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG kommt bereits ansatzweise kein individueller Rechtsmissbrauch einzelner Aktionäre in Betracht, weil - wie bereits dargelegt - von Vergleichs- oder Verzichtsvereinbarung mit Organmitgliedern grundsätzlich alle Aktionäre gleichermaßen betroffen sind. Wenn also keine Bevorzugung oder Benachteiligung von Aktionären denkbar ist, kommt eine Treuepflichtverletzung von vornherein nicht in Betracht. Für den Fall, dass das (ehemalige) Organmitglied, mit dem die Vergleichs- oder Verzichtsvereinbarung abgeschlossen wird, zugleich Aktionär der Gesellschaft ist und damit bei der Abstimmung durch Eigeninteressen beeinflusst sein kann, regelt § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG, dass für den Aktionär eine Stimmverbot eingreift. Damit hat der Gesetzgeber für diesen Interessenkonflikt eine abschließende Regelung getroffen (Koch, AktG, 16. Aufl., § 136, Rn. 21). Hier greift - entgegen der Auffassung der Kläger- auch kein Stimmrechtsverbot der ...E ein, weil die Vergleichsvereinbarungen weder Verbindlichkeiten der... noch Verbindlichkeiten anderer Aktionäre der Gesellschaft, die an der Abstimmung teilgenommen haben, betreffen. Soweit sich die Kläger auf "mittelbare Sonderinteressen" der... beziehen, reicht dies für ein Stimmrechtsverbot nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht aus. Dass Aktionäre der Beklagten bei der Beschlussfassung über die Tagesordnungspunkte 10 und 11 mitgestimmt haben, die durch die Haftungsvergleiche und den Deckungsvergleich von Verbindlichkeiten befreit wurden, legen die Kläger bereits nicht dar. Entsprechendes gilt für ein sich aus "Sonderinteressen" ergebendes Stimmrechtsverbot der Beteiligungsgesellschaft des ... und der..., zu dem die Kläger bereits keinerlei Sachvortrag halten und bei dem nicht ersichtlich ist, woraus sich dieses ergeben soll. Im Ergebnis kann das Vorliegen sowohl eines Stimmrechtsverbots nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG als auch eines individuellen Rechtsmissbrauchs aber dahingestellt bleiben, weil die erforderliche Relevanz fehlt. Eine rechtsmissbräuchliches bzw. treuwidriges Stimmverhalten eines Aktionärs kann die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses lediglich dann begründen, wenn der Beschluss ohne die Stimmen des Aktionärs nicht die erforderliche Mehrheit erreicht hätte oder die Teilnahme des Aktionärs für das Beschlussergebnis kausal geworden ist (BGH, Urteil vom 24. April 2006 - II ZR 30/05; Urteil vom 8. Oktober 2018 - II ZR 87/17). Wie bereits dargelegt, ist dies vorliegend nicht der Fall, weil die auf den Streubesitz entfallenden stimmberechtigten (Minderheits-)Aktionäre (rund 9,7 % des stimmberechtigten Grundkapitals) den Haftungsvergleichen mit einer Mehrheit von 99,62 % und dem Deckungsvergleich mit einer Mehrheit von 99,93 % zugestimmt haben. Daraus wird deutlich, dass das Abstimmungsverhalten der Mehrheitsaktionäre (deren "Sonderinteressen" die Kläger behaupten) für das Ergebnis ohne Relevanz war.
(3) Unabhängig von der fehlenden Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse wegen Rechtsmissbrauchs legen die - darlegungs- und beweisbelasteten (vgl. Noack/Zetzsche in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., § 243, Rn. 344; Koch, AktG, 16. Aufl., § 243, Rn. 59) - Kläger ein rechtsmissbräuchliches Stimmverhalten von Aktionären auch nicht schlüssig dar. Der Sachvortrag der Kläger, der im Kern darauf abzielt, dass die Vergleichsvereinbarungen nicht im Interesse der Gesellschaft lägen, sondern dieser Schaden zufügten, bezieht sich bereits nicht auf eine rechtsmissbräuchliches Stimmverhalten von Aktionären, sondern auf angeblich inhaltliche Mängel der Zustimmungsbeschlüsse, die indessen - wie bereits dargelegt - keinen individuellen Rechtsmissbrauch begründen. Soweit die Kläger darüber hinaus behaupten, das Abstimmungsverhalten der... , der... und (zuletzt auch) der ... sei rechtsmissbräuchlich bzw. treuwidrig, fehlt substantiierter Sachvortrag, der geeignet wäre, auf dieser Grundlage eine rechtsmissbräuchliches Stimmrechtsausübung anzunehmen.
(a) Die inhaltliche Mängel der Zustimmungsbeschlüsse betreffenden Einwände der Kläger, die sich auf die Zulässigkeit, Üblichkeit und Vorbereitung der Vergleiche, die angemessene Höhe der Vergleichsbeträge, die Sachverhaltsaufklärung (namentlich mit Blick auf die Haftung von weiteren Vorstandsmitgliedern wegen Compliance-Verstößen sowie von Aufsichtsratsmitgliedern), die Angemessenheit der Verzichtsregelung im Deckungsvergleich, die Angemessenheit der Freistellungsregelung in den Haftungsvergleichen, den Zeitpunkt des Vergleichsschlusses, ein widersprüchliches Verhalten von Vorstand und Aufsichtsrat, eine "Selbstbetroffenheit" von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, ein kollusives Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat bzw. der ... und eine unzureichende Informationsgrundlage für die Vergleichsvereinbarungen beziehen, also nicht das für eine Anfechtung maßgebliche Abstimmungsverhalten der Aktionäre betreffen, gehen darüber hinaus auch in der Sache fehl.
(aa) Vergleiche mit Organmitgliedern sind nach § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG zulässig, wenn die Hauptversammlungsmehrheit nach Ablauf der Dreijahresfrist zustimmt und das Widerspruchsquorum des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht erreicht ist, was hier - wie bereits dargelegt - der Fall ist. Vergleiche mit Organmitgliedern entsprechen auch der üblichen Praxis (J. Koch in Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 30, Rn. 57), was die Beklagte überdies durch Vorlage von im Bundesanzeiger veröffentlichten Hauptversammlungseinladungen diverser Aktiengesellschaften, mit denen Vergleiche mit Organmitgliedern vorgelegt wurden, belegt hat (Anlagen B 5 bis B 14). Eine unzureichende Vorbereitung der der Hauptversammlung vorgelegten Haftungsvergleiche und des Deckungsvergleichs, legen die Kläger nur ohne die erforderliche Substanz dar. Den Sachvortrag der Beklagten, dass die den Vergleichsverhandlungen zugrunde gelegten Feststellungen, wonach Herrn ... und Herrn ... der Vorwurf fahrlässiger Sorgfaltspflichtverletzungen treffe, während Pflichtverletzungen anderer Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats nicht vorlägen, auf umfänglichen Untersuchungen durch ... und ... sowie ... beruhten, haben die Kläger nicht durch Sachvortrag entkräftet, der die Annahme einer unzureichenden Aufklärung des Sachverhalts begründen würde. Konkreter Sachvortrag dazu, welchem Organmitglied auf der Grundlage fehlerhaft nicht herangezogenen Sachverhalts, welche Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, wird von den Klägern nicht gehalten.
(bb) Die von den Klägern gegen die Höhe der vereinbarten Vergleichsbeträge erhobenen Einwände, die sich im Kern darauf beziehen, dass diese in Ansehung des Schadensumfangs zu gering seien und die Gesellschaft deshalb schädigten, sind - unabhängig davon, dass sie zur Begründung eines treuwidrigen Abstimmungsverhaltens von Aktionären nicht geeignet sind (s. o.) - auch in der Sache ohne Grundlage. Vielmehr hat die Beklagte ungeachtet einer schwierigen Ausgangslage in Vergleichsverhandlungen mit Herrn ... und Herrn ... sowie den ...-Versicherern ein respektables Ergebnis erzielt, welches für die Beklagte vorteilhaft ist, was die Hauptversammlung ersichtlich ebenso beurteilt hat, weil die Aktionäre der Beklagten anderenfalls den Vergleichsvereinbarungen nicht mit einer so großen Mehrheit der Stimmen zugestimmt hätten (für die Haftungsvergleiche 99,91 % und für den Deckungsvergleich 99,98 % der abgegebenen Stimmen).
In diesem Kontext kann keine Rede davon sein, dass die Beklagte die Prozessrisiken einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Herrn ... und Herrn ..., die die gegen sie gerichteten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach in Abrede genommen haben, sowie mit den ...-Versicherern falsch eingeschätzt habe. Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass gegenüber dem haftenden Vorstandsmitglied zugunsten der Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG eine Beweislastumkehr eingreift. Danach muss die Aktiengesellschaft den Eintritt und die Höhe des Schadens beweisen, ferner die Handlung des beklagten Vorstandsmitglieds sowie die adäquate Kausalität zwischen Handlung und Schaden, während für die fehlende Pflichtwidrigkeit und das fehlende Verschulden die Beweislast beim Vorstandsmitglied liegt (Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl., § 93, Rn. 103 ff.). Damit verbleibt bei der Gesellschaft indes die volle Beweislast für die dem Vorwurf einer Pflichtverletzung zugrundeliegenden Tatsachen, was per se mit Unwägbarkeiten verbunden ist, weil im Vorfeld nie abschließend abgesehen werden kann, wie Zeugen in einem gerichtlichen Verfahren aussagen. Hier kommt hinzu, dass es sich um ein komplexes Geschehen handelt, das sich über mehrere Jahre erstreckte, wodurch die Unwägbarkeiten noch erhöht werden. Vor diesem Hintergrund erscheint die Einschätzung, dass ein Unterliegen der Beklagten gegenüber Herrn ... und Herrn ... in einem gerichtlichen Verfahren möglich wäre, durchaus realistisch. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass der maßgebliche Anteil an der der Beklagten auf der Grundlage der Vergleichsvereinbarungen zufließenden Schadensersatzleistungen in Höhe von rd. 285,3 Mio. € von den ...-Versicherern stammt, deren Inanspruchnahme weiteren Unwägbarkeiten unterliegt. Die Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass zunächst der Haftpflichtprozess gegen Herrn ... und Herrn ... mit Erfolg hätte geführt werden müssen, um sodann die ...-Versicherer in einem Deckungsprozess in Anspruch zu nehmen. In diesem Prozess hätten die ...-Versicherer versicherungsrechtliche Einwände erheben können, etwa den Ausschluss des Versicherungsschutzes dadurch, dass Herr... und Herr... ihre Pflichten vorsätzlich verletzt haben (worauf die Kläger selbst rekurrieren), oder dass geltend gemachte Ersatzansprüche vom Versicherungsschutz nicht abgedeckt sind, was in Bezug auf die Herrn ... ab September 2016 vorgeworfene Pflichtverletzung fraglich ist, weil die ...-Versicherung der Beklagten ab der Versicherungsperiode 2016 einen Deckungsausschuss für "Abgaswertmanipulationen" vorsieht. Dass die Beklagte im Rahmen der Vergleichsverhandlungen nicht "den Deckungshöchstbetrag durchgesetzt" hat, ergibt sich bereits aus dem Wesen des Vergleichs, der nach § 779 Abs. 1 BGB in einem gegenseitigen Nachgeben besteht und erschließt sich aus der vorstehend dargestellten Ausgangslage ohne Weiteres. Als weitere Aspekte, die für die Vorteilhaftigkeit der Vergleiche sprechen, sind die mutmaßliche Dauer und die Kosten der Durchführung der vorstehend skizzierten Prozesse. Die mutmaßlich jeweils über drei Instanzen geführten Verfahren würden nicht nur einen langen Zeitraum beanspruchen und erhebliche Kosten verursachen, sondern könnten sich durch eine (wiederkehrende) Befassung der Öffentlichkeit mit dem Dieselskandal und einer Bindung personeller Ressourcen auch in weiterer Hinsicht negativ auf die Beklagte auswirken.
Entgegen der Auffassung der Kläger ist der von Herrn ... und Herr... verursachte Schaden bei der Festlegung der zu leistenden Eigenbeträge angemessen berücksichtigt, sodass sich aus deren Höhe kein Nachteil für die Gesellschaft ableiten lässt. Substantiierten Sachvortrag aus dem sich ergibt, dass die von der Beklagten auf der Grundlage der Untersuchungen von ... gewonnenen Erkenntnisse, wonach durch die Sorgfaltspflichtverletzungen von Herrn ... ein Schaden von rund 2,5 Mrd. € und durch die Pflichtverletzungen von Herrn ... ein Schaden von rund 300 Mio. € entstanden sei, unzutreffend sind, weil ein weitaus größerer zurechenbarer Schaden vorliege, halten die Kläger nicht. Soweit sie auf Presseverlautbarungen abheben, aus denen sich eine frühere Kenntniserlangung von Herrn ... von Abgasmanipulationen ergeben soll (Anlage Nl 4), sind Meinungsäußerungen von Pressevertretern als Beleg von vornherein ungeeignet. Die von den Klägern aufgestellte Behauptung, Herr... habe bereits im Mai 2014 aufgrund seiner sogenannten "Wochenendpost" von Abgasmanipulationen gewusst, würde eine Kenntnisnahme der darin enthaltenen Informationen durch Herrn ... voraussetzen, die indessen seitens der Kläger bereits nicht näher dargelegt wird und in einem Prozess bewiesen werden müsste. Die Kläger verkennen mit ihrer Auffassung, die mit den Haftungsvergleichen vereinbarten Eigenbeträge von Herrn ... und Herrn ... seien zu gering, bereits im Ausgangspunkt, dass eine vereinbarte Vergleichssumme stets das Ergebnis von Verhandlungen ist und sich an zahlreichen Faktoren orientiert. Will man ungeachtet dessen die Höhe der Vergleichssumme einer Angemessenheitsprüfung unterziehen, bietet sich als Maßstab der obligatorische Selbstbehalt von Vorstandsmitgliedern in der ...-Versicherung gemäß § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG an, wonach der Selbstbehalt mindestens 10 % des verursachten Schadens und maximal das eineinhalbfache der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds beträgt. Danach läge der Selbstbehalt im Sinne von § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG - wie von der Beklagten unwidersprochen vorgetragen - für ... bei 2,4 Mio. € und bei Herrn ... bei 1,6 Mio. €. Dies zeigt, dass die vereinbarten Eigenbeträge in Höhe von 11,2 Mio. € (mit Herrn ...) und 4,1 Mio. € (mit Herrn ...), deutlich über dem gesetzlich vorgeschriebenen maximalen Eigenbetrag von Vorstandsmitgliedern liegen, diese also keinesfalls unangemessen sein können.
(cc) Ein rechtsmissbräuchliches Stimmverhalten von Aktionären ergibt sich nicht aus einer - von den Klägern nur substanzlos behaupteten - unzureichenden, unvollständigen Sachverhaltsermittlung. Der im Kern darauf abzielenden Behauptung der Kläger, dass die Haftung von (ehemaligen) Aufsichtsratsmitgliedern der Beklagten unentdeckt geblieben sei, weil die vom Vorstand in Auftrag gegebene Untersuchung durch ... in zeitlicher und sachlicher Hinsicht unzureichend gewesen sei, fehlt bereits jede tatsächliche Grundlage. Aus welchen tatsächlichen Umständen sich ergeben soll, dass (konkret benannte) Mitglieder des Aufsichtsrats vor dem Erlass der ersten Notice of Violation durch die EPA am 18. September 2015 Kenntnis von Abgasmanipulationen in den von ... entwickelten 2,0 I Dieselmotoren des Typs EA 189 erlangt haben sollen, wird von den Klägern ebenso wenig dargelegt, wie eine sich daraus ergebende Annahme von Aufsichtsratsmitgliedern, dass die durch die ICCT-Studie festgestellten Überschreitungen von Emissionsgrenzwerten über ein operatives Problem hinausgingen. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte und werden von den Klägern auch nicht aufgezeigt, dass vor Mai 2014 überhaupt (Überwachungs-)Pflichtverletzungen durch Aufsichtsratsmitglieder in Betracht kamen, weshalb der Zeitraum der Überprüfung durch ... ab Mai 2014 nicht zu beanstanden ist. Entsprechendes gilt für den sachlichen Prüfungsumfang und -aufwand. Nachdem die Prüfung keine Anhaltspunkte für Ansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder ergeben hat, geht der Einwand der Kläger, die Verjährung von (solchen) Ansprüchen sei nicht geprüft worden, von vornherein fehl. Die unterbliebene Untersuchung von Organisationspflichtverletzungen durch Vorstandsmitglieder als Ursache für die Abgasmanipulationen behaupten die Kläger ohne die erforderliche Substanz. Soweit sie vom Auftreten der Manipulation an Dieselmotoren auf die fehlende Existenz eines geeigneten Compliance-Systems bei der Beklagten schließen, kann für sich genommen aus der Nichtaufdeckung eines Geschehens nicht auf eine Ungeeignetheit des Systems geschlossen werden (Landgericht... , Urteil vom 14. September 2017 - 21 O 24/16, Seite 38; bestätigt durch OLG ... , Urteil vom 27. Juni 2018 - 9 U 78/17; BGH, Beschluss vom 16. Juli 2019 - II ZR 273/18 NZB zurückgewiesen). Eindeutige und schwerwiegende Mängel des Risikomanagementsystems bei der Beklagten, die im Falle einer angemessenen Untersuchung offenbar geworden wären, zeigen die Kläger darüber hinaus nicht auf. Der weitere Sachvortrag der Kläger zur Heranziehung von Parteivorbringen in einem Musterfeststellungsklageverfahren vor dem Oberlandesgericht... und weiteren (im Einzelnen nicht näher bezeichneten) Dokumenten ist ebenso wenig wie der von ... eingesetzte Zeitaufwand und die für die Tätigkeit abgerechneten Gebühren geeignet, die Annahme zu begründen, der Prüfungsumfang sei nicht angemessen gewesen. Letztlich lässt sich ein Organisationsverschulden nicht aus einem vom Oberlandesgericht Braunschweig in einem Kapitalanleger-Musterklageverfahren am 18. November 2021 erteilten Hinweis ableiten, wonach unter Berücksichtigung des - ergänzungsbedürftigen - Musterklägervorbringens das Unterlassen der im Jahr 2008 gebotenen Kapitalmarktinformation, den Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht haben könne, während der objektive Tatbestand des § 37b Abs. 1 WpHG a.F. vorliege und sich die Darlegung der Musterbeklagten dazu, dass die Unterlassung der Veröffentlichung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhe, auf Mitglieder des Konzernvorstandes beschränken könne (Hinweisbeschluss vom 18. November 2021 - 3 Kap 1/16, juris Rn. 23, 89 ff.). Daraus wird lediglich deutlich, dass sich das Oberlandesgericht Braunschweig auf der Grundlage des im dortigen Verfahren gehaltenen Sachvortrags zur Beurteilung einer Pflichtverletzung von Mitgliedern des Konzernvorstands (bislang) nicht in der Lage sieht, sondern - unter Berücksichtigung weiteren Sachvortrags - eine Beweisaufnahme für erforderlich hält. Damit steht gerade nicht fest, dass Mitglieder des Vorstands der Beklagten 2008 ihre Veröffentlichungspflicht verletzt haben.
(dd) Aus den Verzichtsregelungen im Deckungsvergleich ergibt sich ebenfalls kein rechtsmissbräuchliches Stimmverhalten der Aktionäre. Der von den Klägern im Kern dahin erhobene Vorwurf, Umfang und Gegenstand des Verzichts auf Ansprüche gegen die amtierenden und ehemaligen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats (mit Ausnahme von Herrn ... und Herrn ...) sei für die Aktionäre nicht hinreichend deutlich geworden und schädige die Beklagte, ist ohne Grundlage. Dass die Beklagte mit dem Deckungsvergleich auf Ansprüche verzichtet, ergibt sich aus Ziffer 3 des im Wortlaut vorgelegten Deckungsvergleichs, dessen Überschrift "Abgeltungs- und Erledigungswirkung" lautet, woraus für den durchschnittlichen Aktionär bereits deutlich wird, dass damit auf Ansprüche verzichtet wird. Ferner wird aus Ziffer 3.7 bis 3.9 des Deckungsvergleichs der Umfang des Verzichts deutlich, der nämlich lediglich im Zusammenhang mit der Dieselthematik umfassend ist, während hinsichtlich des relevanten Sachverhalts "die Erledigung nicht [gilt], soweit feststeht, dass für die betreffenden Ansprüche ein Versicherungsschutz unter der - gleichgültig in welcher Versicherungsperiode - nicht besteht [...]." Damit ist klar, dass für nicht dem Versicherungsschutz unterliegende Ansprüche gegen versicherte Personen im Zusammenhang mit dem relevanten Sachverhalt seitens der Beklagten nicht verzichtet wurde, während im Übrigen der Verzicht eingreift. Vor diesem Hintergrund ist der Vorwurf der Kläger, der (die Aspekte "Abgaskartell" und "Thermofenster" umfassende) "relevante Sachverhalt" werde abgegolten, ohne die sich daraus ergebenden Ansprüche zu prüfen, ersichtlich ohne Grundlage. In diesem Kontext ist der Vorwurf, "sich im Bereich von Elektrofahrzeugen manifestierende Risiken" ebenfalls abgegolten zu haben, von Vorneherein irrelevant, weil solche Risiken (unter Bezugnahme auf die Anlage Nl 7 und Nl 8) nicht aufgezeigt werden. Die Kläger verkennen, dass es insoweit um Aufklärungspflichten von Fahrzeugverkäufern in Bezug auf die Reichweite geht und nicht um solche des Fahrzeugherstellers. Ferner war die Verzichtsregelung im Deckungsvergleich Gegenstand der Erläuterungen im HV-Bericht (Abschnitt D. II Spiegelstrich 6, Abschnitt E und F) und in der Hauptversammlung wurde explizit angesprochen, dass in der Vergleichsvereinbarung mit den ...-Versicherern auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Dieselthematik gegen sonstige versicherte Personen verzichtet wurde (Seite 14 f der Anlage B4). Vor diesem Hintergrund kann von einer unzureichenden Information der Aktionäre über den Inhalt des Deckungsvergleichs keine Rede sein. Regressansprüche gegen (anwaltliche) Berater der Beklagten, namentlich gegen die Kanzlei... , zu deren Bestehen die Kläger unter Bezugnahme auf Parteivorbringen in einem anderen Verfahren (Anlage K2.7) bereits keinen substantiierten Sachvortrag halten, mussten in diesem Zusammenhang nicht angesprochen werden, weil der Deckungsvergleich ("...-Versicherte") Organhaftungsansprüche betrifft und keine Schadensersatzansprüche gegen (berufshaftpflichtversicherte) anwaltliche Berater. Die von den Klägern geforderte sachliche Rechtfertigung für den Verzicht ergibt sich bereits aus der -von den Beklagten unwidersprochen vorgetragenen und uneingeschränkt plausiblen, weil dem üblichen Vorgehen von Versicherern entsprechenden - Forderung der ...-Versicherer nach der umfassenden Erledigung aller im Zusammenhang mit der Dieselthematik in Betracht kommenden Ansprüche. Die von den Klägern beanstandete Differenzierung zwischen dem (umfassenden) Verzicht auf Ansprüche betreffend die Dieselthematik einerseits und dem (eingeschränkten) Verzicht auf Ansprüche betreffend den relevanten Sachverhalt andererseits ist für die Beklagte weder wirtschaftlich nachteilig noch ergibt sich daraus der Vorwurf eines individuellen Rechtsmissbrauchs. Grund hierfür ist vielmehr, dass alle Ansprüche im Zusammenhang mit Abgaswertemanipulationen, die nicht vor 2016 gemeldet wurden, bereits seit 2016 vom Deckungsschutz der ...-Versicherung ausgeschlossen sind, auch wenn etwaige Pflichtverletzungen schon vor 2016 begangen wurden. Daraus folgt, dass mögliche Ansprüche im Zusammenhang mit Abgaswertemanipulationen, die nicht vor 2016 gemeldet worden sind, nicht dem Versicherungsschutz unterliegen und daher auch nicht durch den Deckungsvergleich erledigt wurden, was sowohl im Deckungsvergleich (Absatz (E) der Präambel), im HV-Bericht (unter Abschnitt C) als auch in der Hauptversammlung angesprochen wurde, sodass auch insoweit eine angemessene Information der Aktionäre stattgefunden hat.
(ee) Ein rechtsmissbräuchliches Stimmverhalten von Aktionären aufgrund einer unbegrenzten Freistellung von Herrn ... und Herrn ... von Drittansprüchen mit den Haftungsvergleichen, legen die Kläger bereits nicht dar. Freistellungszusagen in Vergleichen mit Organmitgliedern sind - wie schon gesagt - zulässig und in der Praxis üblich. Die hier in Rede stehende Zusage weist keine Besonderheiten auf, aus denen sich ein Rechtsmissbrauch ableiten ließe. Sie unterliegt nach Ziffer 3.1 und 3.2 - anders als von den Klägern dargestellt - Einschränkungen dahin, dass die Freistellung nur anzuwenden ist, soweit Herr ... und Herr ... einerseits keine Leistungen aus der ...-Versicherung erhalten oder erhalten haben und andererseits eine Deckung nach den Versicherungsbedingungen der ...-Versicherung nicht ausgeschlossen ist oder die Deckungssumme nicht ausgeschöpft wurde, sodass das maximale Risiko der Beklagten aus den Freistellungen bei ca. 240 Mio. € liegt. Soweit die Freistellungszusagen für Kosten zur Abwehr von Ansprüchen und sonstigen Rechtsverteidigungskosten uneingeschränkt gewährt werden, hat die Beklagte ein nachvollziehbares Interesse daran, dass sich Herr... und Herr... von fachlich spezialisierten Rechtsanwälten vertreten lassen. Außerdem stehen aus Ziffer 2 des Deckungsvergleichs 50 Mio. € für die Erstattung von Kosten zur Abwehr von Ansprüchen und sonstigen Rechtsverteidigungskosten zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund erscheint das mit den Freistellungszusagen eingegangene Risiko beherrschbar.
(ff) Die Vergleichsvereinbarungen verstoßen - wie bereits dargelegt - nicht gegen die Dreijahresfrist des § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG, der für den Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung zu Vergleichsvereinbarungen allein maßgeblichen Vorschrift, die dem Schutz vor übereilten Vergleichsschlüssen dient, weshalb die zum GmbH-Recht ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach eine vorschnelle Entlastung des Geschäftsführers treuwidrig sein kann, bereits im Ausgangspunkt nicht einschlägig ist (Beschluss vom 4. Mai 2009 - II ZR 169/07, juris Rn. 20). Zudem unterscheidet sich der hier in Rede stehende Sachverhalt von demjenigen, der dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorlag dadurch, dass die Gesellschafter "erst unmittelbar vor der Gesellschafterversammlung" von der Pflichtverletzung erfahren hatten (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2009, aaO), während Abgasmanipulationen an Dieselmotoren der Beklagten seit dem Jahr 2015 Gegenstand umfangreicher Presseberichterstattung sowie der Erörterungen (zumindest) in den Hauptversammlungen betreffend die Geschäftsjahre 2015 und 2016 waren (Landgericht Hannover, Urteil vom 14. September 2017 - 21 O 24/16 und Urteil vom 31. Juli 2018 - 32 O 34/17). Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Aktionäre der Beklagten erst unmittelbar vor der Hauptversammlung von Pflichtverletzungen erfahren hätten. Die weiteren seitens der Kläger gegen den Zeitpunkt der Vergleichsabschlüsse erhobenen Einwendungen sind nicht nur unerheblich, weil - wie bereits mehrfach dargelegt - Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nicht dahin zu überprüfen sind, ob sie zweckmäßig sind oder im Interesse des Unternehmens liegen, sondern auch unsubstantiiert. Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen sie die Vergleichsschlüsse zum gegenwärtigen Zeitpunkt als im Interesse der Beklagten liegend erachtet. Ferner hat sie umfassend zu den (weltweit) noch laufenden Verfahren im Zusammenhang mit der Dieselthematik sowie den daraus - nach den von ihr angestellten Ermittlungen - zu erwartenden Ergebnissen, Stellung genommen. Demgegenüber halten die Kläger keinen Sachvortrag, aus dem zu schließen wäre, dass aus dem (rechtskräftigen) Abschluss laufender Verfahren gegen Herrn ... und Herrn ... Informationen hervorgehen werden, die geeignet sind, die Verhandlungsposition der Beklagten in Vergleichsverhandlungen mit Herrn ... und Herrn ... sowie den ...- Versicherern nachhaltig zu stärken. Im Gegenteil ergibt sich aus dem in staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren und in Strafverfahren erhobenen Vorwurf einer Vorsatztat, auf den die Kläger rekurrieren, das Risiko, dass sich die ...-Versicherer mit Erfolg auf den Ausschluss des Versicherungsschutzes für wissentlich oder absichtlich begangene Pflichtverletzungen berufen. Damit stünde die Beklagte ersichtlich schlechter da. Was den Vorwurf eines treuwidrigen Ausschlusses des Klagezulassungsverfahrens gemäß § 148 AktG anbelangt, ist dieser bereits deshalb ohne Grundlage, weil das Klagezulassungsverfahren (ebenso wie das Sonderprüfungsverfahren) keinem Selbstzweck dient, sondern der Geltendmachung von Organhaftungsansprüchen. Wurde über Organhaftungsansprüche ein Vergleich geschlossen und hat die Hauptversammlung dem - wie hier - zugestimmt, ist eine Klagezulassungsverfahren überflüssig, woraus sich keine Treuwidrigkeit ergibt.
(gg) Auch daraus, dass die angeordnete Sonderprüfung infolge der Zustimmung der Hauptversammlung zu den Vergleichsvereinbarungen überflüssig wird, ergibt sich keine Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse. Unabhängig davon, dass - wie mehrfach dargelegt - nur ein individueller Rechtsmissbrauch eines Aktionärs der Beklagten zur Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse führen könnte, stellt die Sonderprüfung keinen Selbstzweck dar, weshalb es nicht treuwidrig ist, wenn die Beklagte eine Einigung über Organhaftungsansprüche auf andere Weise erzielt, sodass ein laufendes Sonderprüfungsverfahren nicht mehr fortgeführt werden muss.
(hh) Eine persönliche Begünstigung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats durch den im Deckungsvergleich enthaltenen Verzicht legen die Kläger bereits nicht mit Substanz dar. Eine Begünstigung würde voraussetzen, dass Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit dem Dieselskandal eine Haftung wegen zumindest fahrlässiger Pflichtverletzung träfe, wozu die Kläger indes keinen detaillierten Sachvortrag halten. Welchem (ehemaligen oder amtierenden) Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats der Beklagten auf der Grundlage welcher Tatsachen welche konkrete Pflichtverletzung zur Last zu legen sei, tragen die Kläger nicht vor. Dem Sachvortrag der Beklagten, wonach Vorstand und Aufsichtsrat die gesetzliche Kompetenzverteilung streng eingehalten hätten, indem ausschließlich der Aufsichtsrat die Verantwortlichkeit amtierender und ehemaliger Vorstandsmitglieder und der Vorstand die Verantwortlichkeit amtierender und ehemaliger Mitglieder des Aufsichtsrats jeweils der Beklagten, im Zusammenhang mit der Dieselthematik geprüft hätten, sind die Kläger nicht entgegengetreten. Entsprechendes gilt in Bezug auf den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten, Herrn ..., der als ehemaliges Vorstandsmitglied nicht an den Prüfungen der Verantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern durch den Aufsichtsrat teilgenommen hat. Gegenteiliges legen die Kläger jedenfalls nicht mit Substanz dar und stellen ihr Vorbringen auch nicht unter Beweis. Zudem verkennen die Kläger auch hier, dass die von Ihnen behauptete wechselseitige Selbstenthaftung, die ohnedies bereits durch die Zustimmung der Hauptversammlung gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG ausgeschlossen wird (Koch Aktiengesetz 16. Aufl., § 93 Rn. 158), keinen individuellen Rechtsmissbrauch von Aktionären darstellt. Soweit eine treuwidrige bzw. rechtsmissbräuchliche Ausübung von Stimmrechten denkbar wäre, soweit ehemaligen oder amtierenden Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder, die von den Verzichtsregelungen in den Vergleichsvereinbarungen betroffen sind, zugleich Aktionäre der Beklagten waren, hat dieses die Hinterlegung des sich daraus gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG ergebenden Stimmrechtsverbots im Auszählungssystem der Hauptversammlung, verhindert (vgl. Anlage B4).
(ii) Das behauptete "kollusive" Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat sowie mit der ... im Rahmen der Untersuchung des Dieselskandals legen die Kläger nur ohne Substanz dar und verkennen wiederum, dass es für das Vorliegen eines individuellen Rechtsmissbrauchs maßgeblich auf ein treuwidriges Abstimmungsverhalten der ... ankäme. Dass Herr ... Aufsichtsratsvorsitzender der Beklagten und zugleich Vorstandsvorsitzender der... ist, deutet für sich genommen nicht auf eine Einflussnahme auf Untersuchungshandlungen hin, die die Kläger auch nicht darlegen. Soweit sie darauf abheben, das Büro des Aufsichtsratsvorsitzenden sei Ansprechpartner von ... gewesen, die die Untersuchung durchgeführt hätten, hat die Beklagte im Einzelnen dargelegt, mit welchen Maßnahmen eine Einflussnahme durch Herrn ... verhindert worden sei, der nicht Mitglied des vom Aufsichtsrats speziell für die Aufklärung eingesetzten Sonderausschusses Dieselmotoren gewesen sei. Gegenteiliges ist von den Klägern weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Entsprechendes gilt in Bezug auf Herrn ..., der als Chefjustiziar der Beklagten Ansprechpartner für... war, nach dem - unwiderlegten - Vorbringen der Beklagten aber seine Tätigkeit als Mitglied des Vorstands der... hiervon strikt getrennt habe.
(jj) Die Behauptung einer Treuepflichtverletzung wegen einer unzureichenden Informationsgrundlage bei der Abstimmung verkennt, dass eine (wie hier tatsächlich nicht) unzureichende Unterrichtung der Aktionäre über den Beschlussgegenstand keinen individuellen Rechtsmissbrauch von Aktionären zu begründen vermag.
(b) Die Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse zu den Vergleichen ergibt sich nicht gemäß § 243 Abs. 2 AktG aus Sondervorteilen der... , der... oder der.... Gemäß § 243 Abs. 2 AktG kann die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen darauf gestützt werden, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen versucht und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen. Die Regelung ist eine speziell normierte Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Treuepflicht gemäß § 243 Abs. 1 AktG (OLG ..., Urteil vom 22. Dezember 2010 - 7 U 1584/10, juris Rn. 91), weshalb die Anfechtung von Zustimmungsbeschlüssen gemäß § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG nach § 243 Abs. 2 AktG ebenso ausscheidet, wie eine Anfechtung wegen individuellen Rechtsmissbrauchs nach § 243 Abs. 1 AktG. Ferner ist eine Anfechtung auch gemäß § 243 Abs. 2 AktG aufgrund der fehlenden Relevanz ausgeschlossen, weil - wie bereits dargelegt - nahezu die gesamten Streubesitzaktionäre den Vergleichen zugestimmt haben.
Darüber hinaus fehlt dem Vorbringen der Kläger zu Sondervorteilen der... , der... und der... die erforderliche Substanz. Soweit sich die Kläger für behauptete Schadensersatzansprüche nach §§ 117, 317 AktG auf (nicht näher dargestellten) Sachvortrag in einem vor dem Oberlandesgericht... geführten KapMuG-Verfahren beziehen, aus dem sich ergebe, dass die ... SE "den Grundstein für den Dieselskandal" gesetzt habe, fehlt ihrem Vorbringen - wie bereits dargelegt - die erforderliche Substanz. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass sich aus dem Vorbringen der Kläger nicht erschließt und auch nicht ersichtlich ist, weshalb die Zustimmungsbeschlüsse zu den Vergleichen einen Sondervorteil der ... begründen sollen, wenngleich von den Vergleichen Ansprüche nach §§ 117, 317 AktG nicht erfasst sind. Sondervorteile der ... durch den im Deckungsvergleich und in den Haftungsvergleichen enthaltenen Verzicht legen die Kläger nicht nachvollziehbar dar. Die Beklagte weist zurecht darauf hin, dass die ... selbst von dem im Deckungsvergleich enthaltenen Verzicht gegenüber allen (ehemaligen und amtierenden) Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern - mit Ausnahme von Herrn ... und Herrn ... - nicht erfasst ist, weshalb die Ausübung des Stimmrechts durch die ... keinen Sondervorteil für sie zu bewirken vermag. Soweit die Kläger auf Mitglieder der Familien ... und ... abstellen, fehlt es an der Darlegung jeglicher Voraussetzung für einen Sondervorteil. Welches Mitglied der vorgenannten Familien begünstigt sein soll, weil tatsächlich eine Haftung im Kontext mit dem Dieselskandal in Betracht käme, legen die Kläger ebenso wenig dar wie einen sich daraus ergebenden Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre. Ferner fehlen Anhaltspunkte für das Vorliegen des subjektiven Tatbestands nach § 243 Abs. 2 AktG. Soweit die Kläger darauf abstellen, dass mit der Zustimmung zu den Haftungsvergleichen, die einen Verzicht gegenüber Herrn ... und Herrn ... enthalten, durch die ... SE angestrebt werde, Herrn ... und Herrn ... davon abzuhalten, künftig gegen Mitglieder der Familien ... und ... auszusagen, worin ein Sondervorteil liege, ist ihr Vorbringen ohne greifbare Anhaltspunkte für ein solches Bestreben. Es ist - wie schon gesagt - bereits nicht ersichtlich, welche Personen ein Interesse an einem Stillschweigen von Herrn ... und Herrn ... haben sollten. Dafür, dass die ... bei ihrer Abstimmung in einem entsprechenden Bewusstsein gehandelt hätte, fehlen außerdem jegliche Anhaltspunkte. Letztlich bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte seitens der ... zu einem Abschluss der "für sie nachteiligen Vergleiche" veranlasst worden wäre, die sich auch nicht daraus ergeben, dass Herr... im Zeitraum 2009 bis 2015 (auch) Vorstandsvorsitzender der... war.
In Bezug auf die ... und die ... fehlt bereits jeder Sachvortrag der Kläger, woraus sich ein Sondervorteil ergeben soll.
gg) Die Zustimmungsbeschlüsse sind nicht gemäß § 241 Nr. 3 und Nr. 4 AktG nichtig, weil sie weder mit dem Wesen der Aktiengesellschaft unvereinbar noch sittenwidrig sind.
(1) Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Zustimmungsbeschlüsse zu den Vergleichsvereinbarungen nicht deshalb mit dem Wesen der Aktiengesellschaft unvereinbar und damit nichtig, weil bestimmte Aktionärsgruppen bevorzugt werden. Unabhängig davon, dass die Bevorzugung bestimmter Aktionärsgruppen von den Klägern nicht dargelegt ist, führt eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus § 53 a AktG nicht zur Nichtigkeit gemäß § 241 Nr. 3 AktG, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit (Schäfer in Münchener Kommentar Aktiengesetz, 5. Aufl., §243, Rn. 68). Die Nichtigkeit der Zustimmungsbeschlüsse nach § 241 Nr. 3 AktG ergibt sich auch - anders als die Kläger meinen - nicht aus der Nichtigkeit eines Vertrages, durch den sich ein Aktionär verpflichtet, für die jeweiligen Vorschläge des Vorstands oder des Aufsichtsrats der Gesellschaft zu stimmen, § 136 Abs. 2 Satz 2 AktG in Verbindung mit § 134 BGB. Eine solche Verpflichtung im Deckungsvergleich legen die Kläger nicht dar und diese ist auch nicht ersichtlich.
(2) Die Zustimmungsbeschlüsse sind nicht gemäß § 241 Nr. 4 AktG sittenwidrig. Soweit sich die Kläger darauf berufen, es verstoße gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, in Anbetracht der Dimension des Dieselskandals unter nicht ausreichend aufgearbeitete Vorgänge einen Schlussstrich ziehen zu wollen, wiederholen sie lediglich die Definition der Rechtsprechung für Sittenwidrigkeit (vgl. Grüneberg-Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 138, Rn. 2), ohne ihre Auffassung näher zu begründen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Umfang eines verursachten Schadens und der Grad der Sachaufklärung maßgeblich für das Anstandsgefühl der billig und gerecht Denkenden sind. Im Gegenteil kann es gerade bei einem umfangreichen Schaden und einem komplexen, nicht vollständig aufgeklärten Sachverhalt sinnvoll sein, einen Schlussstrich zu ziehen, indem Vergleiche geschlossen werden, die unter den in § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG genannten Voraussetzungen, die hier vorliegen, zulässig sind. Soweit die Kläger für die behauptete Sittenwidrigkeit weiter anführen, dass sich die Beklagte im Vergleich zum Schaden mit einer minimalen Zahlung zufriedengebe und die Verantwortlichen des Dieselskandals den "Schlussstrich" initiiert hätten, sind ihre Behauptungen bereits ohne jede Grundlage. Die Kammer hat bereits oben dargelegt, dass die Beklagte mit den Vergleichsvereinbarungen in Ansehung der schwierigen Ausgangslage ein durchaus respektables Ergebnis erzielt hat, woraus zugleich deutlich wird, dass sie sich gerade nicht mit "minimalen Zahlungen" zufriedengegeben hat. Anhaltspunkte dafür, dass diejenigen die an den Vergleichsvereinbarungen beteiligt sind - mit Ausnahme von Herrn ... und Herrn ... - für den Dieselskandal verantwortlich waren, legen die Kläger nicht dar und sind auch nicht ersichtlich. Letztlich zeigt der hohe Grad der Zustimmung der Aktionäre zu den Vergleichsvereinbarungen, dass die Aktionäre der Beklagten den abgeschlossenen Deckungsvergleich und die Haftungsvergleiche, als billig und gerecht ansehen.
2. Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4 der Hauptversammlung 2021, mit denen den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung für das Geschäftsjahr 2020 erteilt wurde, sind weder anfechtbar noch nichtig.
a) Die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse ergibt sich - entgegen der Auffassung der Kläger - weder aus den von den Klägern für die Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse herangezogenen Rechtsverletzungen noch aus einer Untätigkeit der entlasteten Organmitglieder bei der Aufklärung des Dieselkandals.
(1) Mit dem Entlastungsbeschluss erklärt die Hauptversammlung, sie billige die Verwaltung im abgelaufenen Geschäftsjahr als im Großen und Ganzen gesetz- und satzungsgemäß. Die Entlastungsentscheidung steht im freien Ermessen der Hauptversammlung (Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl., § 120, Rn. 2, 11 f.) und unterliegt allein im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns der Verwaltung einer Kontrolle durch das Gericht (OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Februar 2012 - 20 U 3/11, juris Rn. 147), die darauf gerichtet ist, ob die Hauptversammlung ihr breites Entlastungsermessen in einer Weise überschritten hat, dass sich die Entlastung als Treuepflichtverletzung der Hauptversammlungsmehrheit gegenüber der gegen die Entlastung stimmenden Hauptversammlungsminderheit darstellt (OLG Stuttgart, aaO). Eine die Anfechtbarkeit begründet treuepflichtwidrige Ermessensüberschreitung durch die Hauptversammlungsmehrheit ist nur gegeben, wenn die Hauptversammlung die Entlastung beschließt, obwohl ein eindeutiger und schwerwiegender Pflichtverstoß der zu entlastenden Organmitglieder festgestellt ist (BGH, Urteil vom 25. November 2002 - II ZR 133/01 -, BGHZ 153, 47, juris Rn. 15).
(2) Eine schwere und eindeutige Pflichtverletzung der entlasteten Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder legen die Kläger bereits nicht dar. Soweit sie auf die zur Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse herangezogenen Rechtsverletzungen rekurrieren, sind diese -wie den vorstehenden Darlegungen zu entnehmen ist - bereits nicht geeignet die Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse zu begründen, weshalb sich daraus erst Recht keine "schweren und eindeutigen Gesetzesverstöße" des Vorstands und des Aufsichtsrats entnehmen lassen, aus denen sich die Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse ergäbe. Es kommt hinzu, dass die Kläger keinerlei Sachvortrag dazu halten, woraus sich ergeben soll, dass der Hauptversammlung die von den Klägern (nur ohne Substanz) behaupteten "offenkundigen und schwerwiegenden Pflichtverletzungen" von Mitgliedern der Verwaltung der Beklagten, bekannt gewesen wären. Letztlich ist von den Klägern auch nicht dargetan oder ersichtlich, dass die von Ihnen herangezogenen Verletzungen von Pflichten der Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder der Beklagten in den Entlastungszeitraum fielen. Nachdem das Geschäftsjahr der Beklagten dem Kalenderjahr entspricht (vgl. § 26 Abs. 1 der Satzung der Beklagten), können nur Pflichtverletzungen aus dem Jahr 2020 herangezogen werden. Dass die Bekanntmachungs- und Informationspflichten in diesem Zeitraum fielen, ist bereits von vornherein ausgeschlossen, weil diese erst im Vorfeld der am 22. Juli 2021 durchgeführten ordentlichen Hauptversammlung bestanden haben. Soweit die Kläger eine schwerwiegende Pflichtverletzung in der behaupteten Untätigkeit bei der Aufklärung des Dieselskandals sehen, fehlt - unabhängig davon, dass die Beklagte sehr umfangreiche Aufklärungsmaßnahmen ergriffen hat (s. o.) - jeder Anhaltspunkt für die Annahme, die Hauptversammlung habe bei ihrer Entscheidung über die Entlastung die Art und Weise der von der Beklagten betriebenen Aufklärung als pflichtwidrig angesehen.
b) Die Entlastungsbeschlüsse sind auch nicht nichtig. Entgegen der Auffassung der Kläger verstoßen Entlastungsbeschlüsse nicht gegen das Wesen einer Aktiengesellschaft (§ 241 Nr. 3 AktG), sondern sind gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 AktG jährlich in den ersten 8 Monaten des Geschäftsjahres vorgesehen. Gründe die für eine Sittenwidrigkeit der Entlastungsbeschlüsse gemäß § 241 Nr. 4 AktG sprächen, sind von den Klägern nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO. Über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 709, 108 ZPO entschieden.