Landgericht Hannover
Urt. v. 03.03.2022, Az.: 25 O 6/22

Missbräuchlichkeit der marktbeherrschenden Stellung eines Grundversorgers durch Forderung der ungünstigeren Entgelte von Neukunden

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
03.03.2022
Aktenzeichen
25 O 6/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 24677
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • EnWZ 2022, 187-190
  • NZKart 2022, 227-228

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
...
wegen: EnWG
hat das Landgericht Hannover - 5. Kammer für Handelssachen - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX, den Handelsrichter XXX und die Handelsrichterin XXX auf die mündliche Verhandlung vom 24.02.2022 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in den Netzgebieten, in denen sie die Stromgrundversorgung durchführt, für Haushaltskunden voneinander abweichende Grundversorgungstarife für Kundengruppen mit unterschiedlichem Beginn der Grundversorgung öffentlich bekannt zu machen und/oder abzurechnen und/oder zu verlangen, wie in den in Anlage ASt 10, Anlage ASt 11, Anlage ASt 12, Anlage ASt 13, Anlage ASt 14 und Anlage ASt 15 (Anl. zum Urteil) aufgeführten Grundversorgungstarifen ersichtlich.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 €, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft, zu verhängen an einem der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten, angedroht.

Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsbeklagten auferlegt.

Der Streitwert wird auf bis zu 15.000 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Verfügungsbeklagte ist in Stadt XXX sowie im Raum XXX für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis 31.12.2024 als Grund versorger gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 EnWG festgestellt worden, da sie im Vergleich zu ihren Wettbewerbern die größte Anzahl an Haushaltskunden beliefert (vgl. Anlage ASt 06). Das Netzgebiet umfasst nach Mittteilung der XXX im Geschäftsjahr 2019 22.458 Hausanschlüsse mit 68.565 Zählern für die Stromversorgung.

Die Verfügungsbeklagte veröffentlichte für die Tarifgebiete XXX und Stadt XXX die "Preisübersicht der Stromgrund- und Ersatzversorgung" mit den ab 01.01.2022 gültigen Preisen. In den Preisblättern ist vorgesehen, dass Kunden, die vor dem 22.12.2021 Bestandskunden waren, in XXX ab dem 01.01.2022 bis zum 28.02.2022 bei Abnahme von bis zu 6.402 Kilowattstunden 29,07 Cent/kWh, bei höherer Abnahme von 30,07 Cent/kWh zahlen, ab 01.03. 29,96 bzw. 30,06 Cent/kWh. Für die Stadt XXX beträgt der Preis verbrauchsunabhängig bis zum 28.02.2022 30,19 Cent/kWh, danach 31,08 Cent/kWh, wobei für dieses Tarifgebiet ein besonderer Nachtstromtarif für Speicherheizungen angeboten wird, der bis zum 28.02.2022 21,86 Cent/kWh, danach 22,75 Cent/kWh beträgt (vgl. Anlagen ASt 10 - ASt 13). Für Neukunden beträgt der Arbeitspreis für das Stadtgöbiet XXX 59,96 Cent/kWh, für das Gebiet der Stadt XXX 62,01 Cent/kWh ohne Nachttarif (vgl. Anlage ASt 14, ASt 15).

Auf ihrer Internetseite informiert die Verfügungsbeklagte darüber hinaus unter der Überschrift "Strom für Zuhause" ihre Kundinnen und Kunden darüber, dass "aufgrund der enorm gestiegenen Beschaffungspreise für Strom wir derzeit unser Angebot überarbeiten (müssen). Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir Ihnen aktuell kein Sonderprodukt über unseren Tarifrechner anbieten können. Natürlich beliefern wird Sie im Rahmen der Grund- und Ersatzversorgung sicher und zuverlässig mit Strom."

Die Verfügungsklägerin meint, die Aufspaltung der Tarife in der Grund- und Ersatzversorgung für Bestandskunden einerseits und Neukunden andererseits sei mit den rechtlichen Vorgaben der Grund- und Ersatzversorgung nach dem Energiewirtschaftsgesetz nicht zu vereinbaren und stelle eine kartellrechtswidrige unangemessene Benachteiligung der Neukunden dar, die im Ergebnis durch ihre Entgelte die Tarife der Bestandskunden "quer" subventionieren müssten. Darüber hinaus behauptet sie, auch unter Berücksichtigung der zuletzt stark gestiegenen Beschaffungspreise für Strom jseien die Preiserhöhungen für Neukunden nicht gerechtfertigt, erst recht nicht, da letztlich auch für die Bestandskunden zukünftig von der Verfügungsbeklagten Strom eingekauft werden müssd.

Die Vetfügungsklägerin macht geltend, der Verfügungsbeklagten sei es als marktbeherrschender Energi$versorgerin untersagt, Entgelte zu fordern, die ungünstiger seien als diejenigen anderer Versorgungsunternehmen auf vergleichbaren Märkten (es sei denn, diese seien sachlich gerechtfertigt, was hier nicht der Fall sei).

Durch das neue Tarifmodell der Verfügungsbeklagten drohten ihr spürbare Nachteile. Zum einen würderi sich potentielle Bestandskunden, die bereits bei der Verfügungsbeklagten Strom beziehen, scheuen, den Stromversorger zu wechseln und aufgrund eines Energieversorgungsvertrages bei einem anderen Stromversorger, z.B. bei der Verfügungsklägerin selbst, Strom zu beziehen, da sie befürchten müssten, bei Kündigung oder Beendigung eines solchen Vertrages, aus welchem Grund auch immer, anschließend in den höheren Neukundentarif der Verfügungsbeklagten zu fallen. Zum anderen würde sie auch ihre Kunden faktisch abschotten und damit den Wettbewerb um die Grundversorgung für die Zeit nach dem 31.12.2024 beeinflussen. Dieses Verhalten sei kartellrechtlich, wettbewerbsrechtlich und auch europarechtlich zu beanstanden (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten die Klagschrift vom 02.02.2022).

Die Verfügungsklägerin beantragt daher im Wege der einstweiligen Verfügung:

  1. 1.

    Der Verfügungsbeklagten zu untersagen, in den Netzgebieten, in denen sie die Stromgrundversorgung durchführt, für Haushaltskunden voneinander abweichende Grundversorgungstarife für Kundengruppen mit unterschiedlichem Beginn der Grundversorgung öffentlich bekannt zu machen und/oder abzurechnen und/oder zu verlangen, so wie in den in Anlage ASt 10, Anlage ASt 11, Anlage ASt 12, Anlage ASt 13, Anlage ASt 14 und Anlage ASt 15 aufgeführten Grundversorgungstarifen ersichtlich.

  2. 2.

    Der Verfügungsbeklagten anzudrohen, dass gegen sie bei jedem schuldhaften Verstoß gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot nach Ziff. 1 jeweils ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, verhängt werden kann.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass seit Oktober 2021 ein sprunghafter Anstieg von Neukunden, besonders im Bereich der Ersatzversorgung, eingetreten sei (vgl. Anlage AG 01). Mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Grund- und Ersatzversorgung und aufgrund der geringeren Bonität der Kunden seien deutlich höhere Ausfallrisiken, Fixkosten und Aufwände im Einzelfall abzufangen und in der Preiskalkulation zu berücksichtigen, weshalb insgesamt ein höheres Preisniveau in der Grund- und Ersatzversorgung erforderlich sei. Unabhängig davon seien hier die Preissteigerungen auf dem Strommarkt zu berücksichtigen (vgl. Grafik AG 02). Diese Preissteigerungen würden an die Neukunden der Grund- und Ersatzversorgung weitergegeben, da der Anstieg der Kundenzahl in diesem Bereich nicht vorhersehbar gewesen sei und - anders als bei langfristigen Lieferverträgen und entsprechend langfristig kalkulierbaren Letztverbräuchen der Haushaltskunden - nicht durch entsprechende langfristige Lieferverträge über Strom abgedeckt werden könnte. Für die nicht absehbaren Neukunden müssten daher zusätzliche Strommengen zu erhöhten Preisen beschafft werden, was in der vorgenommenen Aufteilung der Preise von ihr berücksichtigt worden sei. Die Neukuhdentarife seien auf der Basis gestiegener Energiepreise kalkuliert worden, wobei die Verträge der Bestandskunden zunächst nicht betroffen seien.

Sie meint, kartellrechtliche Unterlassungsansprüche kämen nicht in Betracht, da die Verfügilingsklägerin nicht Grund- oder Ersatzversorgerin sei und deshalb keine Mitbewerberin der Verfügiiingsbeklagten sei. Die von ihr vorgenommene Tarifgestaltung sei sowohl energierechtlich als auch Wettbewerbs-, karteil- und europarechtlich nicht zu beanstanden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann im Wege der einstweiligen Verfügung von der Verfügungsbeklagten verlangen, dass diese es unterlässt, die von ihr angekündigten unterschiedlichen Tarife in der Grundversorgung für Elektrizität entsprechend den Anlagen ASt 10 bis ASt 15 abhängig vom Versorgungsbeginn (vor dem oder ab dem 22.12.2021) zu verlangen.

Es mag dabei dahinstehen, ob § 36 EnWG eine den jeweiligen Grundversorger treffende Markverhaltensregelung darstellt, die in jedem Fall gleiche Tarife für sämtliche Grundversorgungskunden gebietet bzw. welche Differenzierungskriterien unter welchen Rahmenbedingungen rechtlich zulässig erscheinen (vgl. hierzu BGH, EnZR 56/17 Urteil vom 07.03.2017, zitiert nach juris).

1.

Die Verfügungsklägerin kann gem. § 33 Abs. 3 GWB von der Verfügungsbeklagten die Unterlassung der Aufspaltung der Tarife zwischen Bestands- und Neukunden in der Grundversorgung in der konkreten Beaehunqsform wie beantragt verlangen.

1.

Die Verfügungsbeklagte ist in den von ihr im Bereich der Grundversorgung versorgten Gebieten im Bereich der Grund- und Ersatzversorgung gem. §§ 36 und 38 EnWG marktbeherrschend im Sinne des § 19 Abs. 1 und 2 GWB. Bereits aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 36 EnWG fallen automatisch und zwangsläufig sämtliche Kunden, die aus welchen Gründen auch immer nicht - mehr - von anderen Energieversorgern aufgrund entsprechender Lieferverträge mit Elektrizität versorgt werden, qua Gesetzes in die Grundversorgung und wurden und werden damit zwangsläufig sowohl vor als auch nach dem 22.12.2021 zu Abnehmern der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsbeklagte selbst weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei grundversorgten Haushaltskunden nur eine geringe Quote von Wechseln (zu anderen Versorgern) zu verzeichnen ist, da ein nicht unerheblicher Teil der Kunden in der Grundversorgung über eine geringe Bonität verfügt und bereits dadurch die tatsächlichen Wahlmöglichkeiten dritter Energieversorgungsunternehmen eingeschränkt sind, weil diese regelmäßig einen Bonitätsnachweis voraussetzen. Speziell in den Gebieten, in denen der Verfügungsbeklagten die Grundversorgung obliegt, ist derzeit auch kein Wechsel in einen anderen vertraglichen Tarif möglich, da die Verfügungsbeklagte diese Möglichkeit derzeit generell nicht anbietet.

Im Rahmen der erforderlichen Marktabgrenzung ist die Marktmacht eines Unternehmens anhand des Ausmaßes der Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite zu bestimmen. Die Angebotsmacht wird in diesem Zusammenhang durch die Ausweichmöglichkeit der Abnehmer definiert (vgl. Bardong in Langen/Bunte, GWB 13. Aufl., § 18 Rn. 15). Mit Rücksicht auf die vielfach fehlende Möglichkeit der Haushaltskunden, zu anderen Abnehmern zu wechseln, ist hier von einer marktbeherrschenden Stellung der Verfügungsbeklagten im Rahmen der Tarifgestaltung für Grundversorgungskunden auszugehen.

2.

Die Verfügungsbeklagte missbraucht ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich im Sinne des § 119 Abs. 2 Nr. 3 GWB, indem sie (ab dem 22.12.2021) von Neukunden ungünstigere Entgelte fordert, als sie selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt ist. Die Regelung des § 19 Abs. 3 GWB greift auch zum Schutz privater Endverbraucher ein (Nothdurft in Langen/Bunte, a.a.O., § 19 Rn. 120). Sie erfasst damit auch die hier vorliegende Tarifaufspaltung gegenüber Haushaltskunden.

Die Verfügungsbeklagte verlangt von den Kunden, die ab dem 22.12.2021 in die Grundversorgung fallen, etwa doppelt so hohe Entgelte wie von den Kunden, die zuvor in der Grundversorgung von ihr schon versorgt worden sind. Dabei wird im Ergebnis die gleiche Kundengruppe mit dem gleichen Produkt versorgt, so dass grundsätzlich eine zeitliche Differenzierung der Absatzpreise je nach Versorgungsbeginn nicht nachvollziehbar ist. Zwar erlaubt grundsätzlich § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB Preisdifferenzierungen, sofern diese "sachlich gerechtfertigt" sind. Eine sachliche Rechtfertigung der vorliegenden Tarifgestaltung kann aber nicht festgestellt werden.

Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen eines sachlichen Grundes bei demjenigen, der die Rechte aus § 19 GWB geltend macht (vgl. Nothdurft in Langen/Bunte, a.a.O., Rn. 487 m.w.N.). Im Rahmen der sekundären Darlegungslast ist aber derjenige, der sich auf einen sachlichen Grund beruft, darlegungspflichtig bezüglich solcher Tatsachen, die in seinem Geschäftsbereich außerhalb des Wirkungskreises der Gegenseite liegen und deren Aufklärung ihm ohne weiteres möglich und zumutbar ist (Nothdurft a.a.O., vgl. im Übrigen zur sekundären Darlegüngslast Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. vor § 284 Rn. 34 m.w.N.).

Der Verfügungsbeklagten obliegt es daher, konkret die Tatsachen darzulegen, aufgrund derer sie die Preisgestaltung mit der Verdoppelung des Tarifs für Neukunden vorgenommen hat. Sie hat sich zwar - im Grundsatz nachvollziehbar - darauf berufen, dass die Preise am Strommarkt erheblich gestiegen sind und die Beschaffung zusätzlicher Strommengen zur Versorgung von Neukunden mit höheren Kosten verbunden sei, während sie Bestandskunden mit Strom aus langfristigen Lieferverträgen zu günstigeren Konditionen versorgen könne. Diese nur allgemein und im Ansatz nachvollziehbare Begründung reicht für sich genommen aber nicht aus, um den vorliegenden Preissprung zu rechtfertigen. Die Verfügungsbeklagte hätte hier konkret darlegen müssen, in welchem Umfang sie zusätzliche Strommengen zur Versorgung von Neukunden benötigt, welche Preissteigerungen gegenüber aufgrund langfristiger Lieferverhältnisse versorgten Bestandskunden damit Verbunden sind und ggfs. ob und inwieweit hier auf welchem Niveau auch immer stabile Preisverhältnisse eingetreten sind, die die vorgenommene dauerhafte Erhöhung rechtfertigen. Dazu reicht der nur allgemeine Hinweis auf die Energiepreissteigerungen der letzten Zeit nicht aus.

3.

Gem. § 33 Abs. 1 GWB kann jeder von einem Verstoß gegen § 19 GWB Betroffene die Unterlassung des missbräuchlichen Verhaltens verlangen. Betroffen ist gem. § 33 Abs. 3 GWB, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Betroffen können neben!Kartellaußenseitern auch Unternehmen sein, die auf nachgelagerten oder komplementären Märkten mit den Auswirkungen des Missbrauchs konfrontiert sind (Bornkamm/Tolkmit in Langen/Bunte, a.a.O., § 33 Rn. 17). Dazu gehört auch die Verfügungsklägerin, die in den betroffenen Gebieten zwar nicht als Grundversorger, aber als potentieller Anbieter der Stromversorgung "produktbezogen" als Mitbewerber mit der Verfügungsbeklagten konkurriert. In diesem1 Zusammenhang wirkt es sich nachteilig für die Verfügungsklägerin aus, dass Bestandskunden der Verfügungsbeklagten in der Grundversorgung ebenso wie Sondervertragskunden durch die Tarifgestaltung der Verfügungsbeklagten davon abgehalten werden, in ein Vertragsverhältnis zu einem anderen Energieversorger zu wechseln, selbst wenn dieser günstigere oder dem Kunden aus ökologischen oder anderen Gründen attraktivere Konditionen bietet, weil sie bei einer Beendigung des Vertragsverhältnisses aus welchen Gründen auch immer (derzeit verbreitet Kündigung oder Insolvenz des Versorgers) befürchten müssten, danach in die sehr viel teurere Grundversorgung der Verfügungsbeklagten zu fallen. Deshalb wirkt sich die Preisgestaltung der Verfügungsbeklagten in der Grundversorgung auch auf den von beiden Parteien bedienten Markt der Sondervertragskunden aus (vgl. auch LG Mannheim, Urteil vom 17.02.2022, S. 14).

4. l

Die Regelungen in §§ 18, 19 GWB sind auch im Hinblick auf §§ 36, 38 EnWG anwendbar. Gem. § 185 Abs. 3 GWB bleiben §§ 19, 20 GWB unberührt, soweit in § 111 EnWG nichts Anderes geregelt ist. § 111 Abs. 1 EnWG bestimmt, dass die kartellrechtlichen Regelungen von denen des EnWG verdrängt werden, soweit dort ausdrücklich abschließende Regelungen getroffen werden. Dies gilt zwar für die Bereiche Netzanschluss, Netzzugang und Netzentgelt, wobei -nur-für die Netzentgelte in § 26 EnWG ausdrücklich geregelt ist, dass hier Diskriminierungen untersagt sind. Da eine vergleichbare Regelung für §§ 36, 38 EnWG fehlt, bleibt § 19 EnWG hier anwendbar.

5.

Ein Unterlassungsanspruch gem. § 33 Abs. 1 GWB kann grundsätzlich im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht und durchgesetzt werden.

Es mag dahinstehen, ob hier die Verfügungsbeklagte daneben einen Rechtsbruch gem. § 3 a UWG begangen hat, der einen Unterlassungsanspruch gem. § 8 UWG auslösen würde, den die Verfügiiingsbeklagte gem. § 12 Abs. 2 UWG im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen könnte; Bereits aus kartellrechtlichen Gründen besteht hier der o.g. Unterlassungsanspruch.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Streitwert war unter Berücksichtigung des angegebenen Unterlassungsinteresses mit 15.000 € anzusetzen.