Landgericht Hannover
Urt. v. 01.09.2022, Az.: 4 O 203/21

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
01.09.2022
Aktenzeichen
4 O 203/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 56138
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2022:0901.4O203.21.00

In dem Rechtsstreit
XXX
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
gegen
XXX
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
hat das Landgericht Hannover - 4. Zivilkammer - durch XXX auf die mündliche Verhandlung vom 16.08.2022 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Der Streitwert wird auf 8.219,38 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung von Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag.

Die Parteien schlossen am 31.05.1999 einen Bausparvertrag nebst Allgemeiner Bausparbedingungen ABB (Anlagen K1, K2, auf den Inhalt wird Bezug genommen). Mit Schreiben der Beklagten vom 14.02.2020 kündigte diese den Bausparvertrag zum 01.09.2020 (Anlage K4, auf den Inhalt wird Bezug genommen). Mit Schreiben vom 13.05.2020 bestätigte der Kläger die Kündigung und übermittelte eine Kontoverbindung (Anlage K4, auf den Inhalt wird Bezug genommen). Am 26.08.2020 übermittelte die Beklagte dem Kläger einen Kontoauszug über Abrechnungsguthaben, in welchem Bonuszinsen in Höhe von 10.773,74 € brutto ausgewiesen waren (Anlage K5, auf den Inhalt wird Bezug genommen). Mit weiterem Schreiben vom 28.08.2020 erklärte die Beklagte, der Auszug vom 26.08.2020 sei falsch, es folge ein neuer, der am 31.08.2020 ohne ausgewiesene Bonuszinsen übersandt wurde (Anlagen K6, K7, auf den Inhalt wird Bezug genommen). Mit Schreiben vom 18.09.2020 erklärte der Kläger die "Annahme der Zuteilung des Bausparvertrages und Verzicht auf das Bauspardarlehen" (Anlage K8, auf den Inhalt wird Bezug genommen). Der Kläger begehrt die Zahlung der ausgewiesenen Bonuszinsen netto.

Der Kläger meint, ein Anspruch auf Zahlung der Bonuszinsen ergebe sich aus § 3 Abs. 2 S. 2 der ABB, da der Bausparvertrag gekündigt worden sei. Es komme nicht darauf an, wer kündige. Ein entsprechendes Verständnis ergebe sich auch aus den Erläuterungen zum Bausparen (Anlage K3, auf den Inhalt wird Bezug genommen). Der Kläger habe mit Schreiben vom 13.05.2020 eine schlüssige Verzichtserklärung abgegeben.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.219,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2020 zu zahlen,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 787,76 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I.

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 8.219,38 € aus § 3 Abs. 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrags oder einer anderen Anspruchsgrundlage.

Verzichtet der Bausparer hiernach bei Annahme der Zuteilung des Vertrages auf das Bauspardarlehen, erhöht sich die Gesamtverzinsung des Bausparguthabens rückwirkend ab Vertragsbeginn wie folgt ...- Laufzeit mindestens 7 Jahre - Guthaben mindestens 7.000,00 DM - Gesamtverzinsung 5 %. Die Gesamtverzinsung von 5 % wird auch bei Kündigung nach sieben Jahren und einem Guthaben von 7.000,00 DM gewährt.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Weder hat der Kläger vor Ablauf der Kündigungsfrist die Zuteilung angenommen, noch einen Verzicht erklärt, noch seinerseits den Vertrag gekündigt. Der ausdrückliche Verzicht vom 18.09.2020 erfolgte nach Ablauf der Kündigungsfrist der durch die Beklagte erklärten Kündigung zum 01.09.2020 und damit nach Beendigung des Bausparvertrags. Im Schreiben des Klägers vom 13.05.2020 liegt bei verständiger Auslegung nach dem Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) keine Verzichtserklärung. Die bloße stillschweigende Nichtinanspruchnahme kommt keinem Verzicht gleich, da dem Kläger dann ohne weiteres das Recht abgeschnitten gewesen wäre, auch während der Kündigungsfrist noch gem. § 5 Abs. 3 ABB die Rechte aus der Zuteilung geltend zu machen. Daher erfordert ein Verzicht eine eindeutige Erklärung dahingehend, dass dieses Recht ab Zugang der betreffenden Erklärung unter keinen Umständen mehr ausgeübt werden soll, was dem Schreiben vom 13.05.2020 nicht hinreichend eindeutig zu entnehmen ist.

Ebenso hat der Kläger nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist der durch die Beklagten erklärten Kündigung zum 01.09.2020 selbst gekündigt. Nur die Kündigung des Bausparers selbst gem. § 14 ABB löst aber einen Bonuszinsanspruch aus, da dieser gleichsam die "Vergütung" dafür ist, mit der Kündigung mindestens 7 Jahre abzuwarten und in dieser Zeit das eingezahlte Guthaben der Bausparkasse zu Verfügung zu stellen. Die Regelung ist insoweit auch nicht unklar i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB.

Die zwischenzeitlich offenbar irrtümlich erfolgte Abrechnung inklusive Bonuszinsen führt zu keinem anderen Ergebnis, da dem Schreiben vom 26.08.2020 bei verständiger Auslegung nach dem Empfängerhorizont bereits nicht zu entnehmen ist, dass die Beklagte eine rechtverbindliche Erklärung abgeben wollte, vielmehr diente das Schreiben nur der Information des Klägers. Überdies hat die Beklagte den offenbaren Irrtum unverzüglich mit Schreiben vom 28.08.2020 berichtigt, sodass der Kläger noch innerhalb der Kündigungsfrist eine Verzichtserklärung hätte abgegeben können, mithin an der Herbeiführung der Voraussetzungen des Bonuszinsanspruches nicht treuwidrig gehindert war (§ 242 BGB). Dass die neue Abrechnung dem Kläger ggf. erst nach Vertragsende zuging ist daher unschädlich, da der Kläger aufgrund des Schreibens vom 28.08.2020 hinreichend über den Irrtum informiert war. Überdies hätte es dem Kläger freigestanden, bereits nach Erhalt des Kündigungsschreibens (vor der irrtümlichen Abrechnung) zu verzichten oder zu kündigen, um die Voraussetzungen des avisierten Bonuszinsanspruchs selbst zu schaffen.

2.

Mangels Hauptforderung besteht kein Anspruch auf Ersatz von Zinsen oder Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten aus §§ 280, 286 BGB oder einer anderen Anspruchsgrundlage.

II.

Die Nebenentscheidungen ergehen gem. § 91 Abs. 1, 709 ZPO.

III.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 3 ZPO.