Landgericht Hannover
Urt. v. 20.12.2022, Az.: 9 O 20/22

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
20.12.2022
Aktenzeichen
9 O 20/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 58446
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2022:1220.9O20.22.00

In dem Rechtsstreit
xxxx
hat das Landgericht Hannover - 9. Zivilkammer - durch den xxx auf die mündliche Verhandlung vom 16.09.2022 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 27.495,18 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 9,000 %-Punkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2020 auf 2.485,91 Euro, seit dem 02.04.2020 auf 595,00 Euro, seit dem 04.05.2020 auf 2.485,91 Euro, seit dem 04.05.2020 auf 595,00 Euro, seit dem 02.06.2020 auf 2.485,91 Euro, seit dem 02.06.2020 auf 595,00 Euro, seit dem 03.07.2020 auf 3.003,24 Euro, seit dem 06.11.2020 auf 3.003,24 Euro, seit dem 02.12.2020 auf 3.003,24 Euro, seit dem 02.06.2021 auf 3.080,91 Euro, seit dem 02.07.2021 auf 3.080,91 Euro und seit dem 02.09.2021 auf 3.080,91 Euro zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte zu 2) wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.261,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5,000 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.4.2022 zu zahlen.

  3. 3.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. 4.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

  5. 5.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

  6. 6.

    Der Streitwert wird auf 27.740,20 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Lizenzsystem zum Betrieb von Fitnessstudios. Der Beklagte zu 1) ist seit 2017 Lizenznehmer gemäß Vertrag vom 22.8.2017 (Anlage K 1). Die Beklagte zu 2) ist dem Lizenzvertrag gemäß der Vereinbarung vom 2./3.3.2021 beigetreten (Anlage K 2). Die Klägerin verlangt mit der Klage im wesentlichen ausstehende Lizenz-, Werbe- und Schulungsgebühren für die Monate, in denen das Fitnessstudio der Beklagten aufgrund behördlicher Anordnung im Rahmen der Corona-Pandemie geschlossen war.

In dem Lizenzvertrag ist eine monatliche Lizenzgebühr von 1.990,00 € netto, eine Werbekostengebühr von 500,00 € netto sowie eine Schulungsgebühr in Höhe von 99,00 € netto vereinbart. Die Gebühren sind gemäß Vertrag jeweils zum ersten Werktag eines Monats zur Zahlung fällig. Mit der Klage werden die ausstehenden Gebühren für die Monate April bis Juni 2020 und Juni bis September 2021 bei einem Mehrwertsteuersatz von 19 % geltend gemacht sowie für die Monate Juli 2020, November und Dezember mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 16 %. Insoweit wird bzgl. der Berechnung auch auf die Auflistung in der Klageschrift (S. 5, Bl. 4 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagten zahlten die Gebühren unter Hinweis auf die Corona-Pandemie und die erfolgte behördlich angeordnete Schließung des Fitnessstudios nicht. Insoweit berechneten die Beklagten auch ihren Mitgliedern keine Gebühren für die Zeit vom 15.3.2020 bis 15.5.2020 und in den Monaten November 2020 bis Mai 2021 konnten die Gebühren nach dem Vortrag der Beklagten nicht eingezogen werden bzw. wurden den Mitgliedern für diesen Zeitraum zurückerstattet. Die Beklagten legen einen Auszug der Entwicklung der Mitgliedszahlen vor, nachdem sich die Anzahl von 901 Mitgliedern im Januar 2019 auf 1850 im Februar 2020 erhöht habe und seitdem kontinuierlich auf 928 im Juli 2022 zurückgegangen sei.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 26.11.2021 auf, die damals noch ausstehenden Gebühren in Höhe von 31.372,30 € bis 10.12.2021 zu bezahlen (Anlage K 5). Mit der Klage macht die Klägerin neben den ausstehenden Gebühren auch die durch das Schreiben entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.261,50 € netto geltend.

Außergerichtlich fanden zwischen den Parteien Verhandlungen über die Lizenzgebühren statt. Der Beklagte zu 1) schrieb mit E-Mail vom 24.2.2022 an die Beklagte, dass er nun endlich die vollständige Ü3 erhalten habe und die offenen Lizenzgebühren ausgleichen möchte. Wörtlich heißt es weiter:

"Nach meiner Rechnung sind 9 Monate bzw. 27.300 € offen, bitte prüfe das noch mal mit der Buchhaltung. Ich benötige dann nochmal eine korrigierte Rechnung, da ich die Anhang befindliche bisher verwendet habe zur Einreichung, alternativ eine Stundungsvereinbarung."

Mit E-Mail vom 3.4.2022 schrieb ein Mitarbeiter der Klägerin an den Beklagten zu 1), dass er ihm die aktuelle OPOS samt Rechnung zukommen lasse. Er habe diese schon bei der Buchhaltung angefordert. Sobald diese vorliege, bekomme der Beklagte zu 1) sie samt Zahlungsziel.

Mit Schriftsatz vom 15.6.2022 tragen die Beklagten vor, keine staatlichen Hilfen/Ausgleich in Anspruch genommen zu haben. Mit Schriftsatz vom 15.9.2022 erklären die Beklagten im November 2020 25.527,53 € und im Dezember 2020 28.251,69 € erhalten zu haben. Für Januar bis Juni 2021 seien Ü3-Hilfen gewährt worden, deren Rückzahlung noch im Raum stehe. Insoweit beziehen die Beklagten sich auf die betriebswirtschaftlichen Auswertungen des Steuerberaters für 2020 (Anlagenband Beklagte) sowie 2021 (Bl. 77 R d.A.).

Die Klägerin behauptet, den Beklagten die von ihnen bestellten 50 Vorhängeschlösser für 245,02 € brutto im Oktober 2019 geliefert zu haben. Sie ist der Ansicht, dass der Beklagte zu 1) in der E-Mail vom 24. Februar 2022 die Forderung anerkannt habe.

Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage seien nicht gegeben, da die Klägerin ihren Verpflichtungen nachgekommen sei. Die Klägerin habe in den hier streitigen Monaten überregionale Werbung und Verkaufsfördermaßnahmen durchgeführt. Sie habe den Lizenzgebern ein laufendes Schulungssystem angeboten, dass insbesondere einen Online-Campus beinhaltet habe.

Die Schließung des Fitnessstudios aufgrund der Coronapandemie stelle keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage dar. Unmöglichkeit sei nicht gegeben, da die beiderseitigen Verpflichtungen (Zurverfügungstellung des Franchisekonzepts/Zahlung der Gebühren) aus dem Lizenzvertrag durch die Schließung nicht betroffen seien. Darüber hinaus habe die Klägerin während der Studioschließung ihre Verpflichtungen erfüllt, so u.a. Know-How auch zum Umgang mit den Herausforderungen der Pandemie ihren Vertragspartnern zur Verfügung gestellt. Schließlich erfülle der Vortrag der Beklagten nicht die Voraussetzungen, die der Bundesgerichtshof bei Mietverträgen an eine Vertragsanpassung gestellt habe, da die Beklagten nicht zu der konkreten Entwicklung der Mitgliederzahlen und der Umsätze im Einzelnen vortragen würden. Auch Kostenersparungen und staatliche Hilfen würden nicht ausreichend dargelegt.

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 27.740,20 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 9,000 %-Punkten jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz

    • seit dem 19.10.2019 auf 245,02 Euro;

    • seit dem 02.04.2020 auf 2.485,91 Euro;

    • seit dem 02.04.2020 auf 595,00 Euro;

    • seit dem 02.05.2020 auf 2.485,91 Euro;

    • seit dem 02.05.2020 auf 595,00 Euro;

    • seit dem 02.06.2020 auf 2.485,91 Euro;

    • seit dem 02.06.2020 auf 595,00 Euro;

    • seit dem 03.07.2020 auf 3.003,24 Euro;

    • seit dem 06.11.2020 auf 3.003,24 Euro;

    • seit dem 02.12.2020 auf 3.003,24 Euro;

    • seit dem 02.06.2021 auf 3.080,91 Euro;

    • seit dem 02.07.2021 auf 3.080,91 Euro;

    • seit dem 02.09.2021 auf 3.080,91 Euro zu zahlen.

  2. 2.

    die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.261,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5,000 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.4.2022 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass der Beklagte zu 2) aufgrund der Zusatzvereinbarung nicht Vertragspartner geworden sei, da die Vereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sei. Die Beklagte zu 2) solle nur haften, ohne eigene Rechte aus dem Vertrag geltend machen zu können, was eine höchst einseitige Benachteiligung darstelle. Darüber hinaus sei die Widerrufsbelehrung in dem Lizenzvertrag unklar und führe dazu, dass dem Beklagten zu 1) tatsächlich auch ein Widerrufsrecht zustehe. Ein Verzug der Beklagten sei schließlich nicht gegeben, da die Klägerin in der E-Mail vom 4.3.2022 hinsichtlich der Rückstände ein Zahlungsziel avisiert habe, ohne dies weiter zu konkretisieren.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe, da aufgrund der Coronapandemie ein Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben sei. So habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass Mitglieder des Fitnessstudios während der behördlich angeordneten Schließung ihre Mitgliedsbeiträge zurückfordern können (BGH Urteil vom 4. Mai 2022 - XII ZR 64/21). Eine genaue Ermittlung des Gewinn- und Umsatzrückganges sei zurzeit nicht möglich, da Hilfen teilweise nur in Abschlägen ausgezahlt wurden und Rückforderungen drohten. Insgesamt sei von einem Umsatzrückgang von mindestens 50 % auszugehen, wobei die Kosten während der Schließung mit Ausnahme der Energiekosten konstant geblieben seien.

In Bezug auf den Beitritt der Beklagten zu 2) wird von den Beklagten im Schriftsatz vom 24.10.2022, der nach der mündlichen Verhandlung vom 16.9.2022 eingereicht wurde, ausgeführt, dass die Beitrittserklärung der Klägerin nur in eingescannter Form vorliege und daher das Schriftformerfordernis nicht gegeben sei, mit der Folge, dass der Beitritt der Beklagten zu 2) in das Vertragsverhältnis unwirksam sei.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist mit Ausnahme der Forderung hinsichtlich der Vorhängeschlösser und einem kleinen Teil der geltend gemachten Verzugszinsen begründet.

I. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagten auf Bezahlung der Lizenz-, Werbe-, und Schulungsgebühren für die hier geltend gemachten Monate zu.

1. Die Beklagte zu 2) ist entgegen der Ansicht der Beklagten wirksam durch die Zusatzvereinbarung vom März 2021 verpflichtet worden, für die Verpflichtungen des Beklagten zu 1) aus dem Lizenzvertrag zu haften. Hierbei ist nicht erkennbar, dass die Zusatzvereinbarung gegen § 307 BGB verstößt. Zum einen ergeben sich aus der Zusatzvereinbarung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, da es sich ersichtlich um eine individuell getroffene Vereinbarung handelt, die ihren Grund in der faktischen Nutzung der Lizenz durch die Beklagte zu 2) seit Vertragsbeginn hat. Zum anderen erhält die Beklagte zu 2) im Gegenzug zu der Haftung für die Verbindlichkeiten des Beklagten zu 1) auch das Recht, die Lizenz faktisch zu nutzen. Diese Bestimmung, die auch § 23.3. des Lizenzvertrages entspricht, soll gerade sicherstellen, dass die Fitnessstudios von natürlichen Personen und keinen Kapitalgesellschaften betrieben werden. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Folgen einer Insolvenz für eine Privatperson oder eine Kapitalgesellschaft erachtet die Kammer diese Regelung für nachvollziehbar und sieht darin keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, 307 Abs. 1 BGB.

Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 24.10.2022 nach der mündlichen Verhandlung die Formunwirksamkeit des Beitritts der Beklagten zu 2) rügen, da das Schriftformerfordernis nicht eingehalten worden sei, hat dies keinen Erfolg. Gemäß § 125 S. 2 BGB führt nicht jeder Verstoß gegen die durch Rechtsgeschäft bestimmten Form zur Nichtigkeit. Da das Schriftformerfordernis in dem Lizenzvertrag in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt ist, steht es den Parteien frei, diese Regelung durch eine Individualvereinbarung - auch konkludent - abzuändern. Insoweit gingen die Parteien, sofern der Vortrag der Beklagten zutreffend sein sollte, ersichtlich davon aus, dass der Beitritt der Beklagten zu 2) wirksam erfolgte. Damit wurde entsprechend dann auch das Schriftformerfordernis abbedungen. Aber auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, wäre nach Ansicht des Gerichts eine Berufung auf die Unwirksamkeit des Beitritts gemäß § 242 BGB treuwidrig. Der Beklagte zu 1) hat entgegen dem Lizenzvertrag seine Verpflichtungen seit Vertragsbeginn durch die Beklagte zu 2) ausführen lassen. So war die Beklagte zu 2) schon 2019 in den Rechnungen der Klägerin aufgeführt, ohne dass die Parteien dies aber vertraglich explizit geregelt hatten. Dieses Versäumnis sollte nun mit der Zusatzvereinbarung auch formal beseitigt werden, so dass die Berufung der Beklagten, dass sie für Verbindlichkeiten nicht hafte wie es § 23.3 des Lizenzvertrages vorsieht, als treuwidrig anzusehen ist.

2. Die Beklagten schulden auch die hier vertraglich geltend gemachten Lizenz-, Schulungs- und Wartungsgebühren.

Dass die Beklagten grundsätzlich zur Zahlung der entsprechenden Gebühren vertraglich verpflichtet sind, wird von ihnen, mit Ausnahme in Bezug auf die obigen Ausführungen zu I. 1), nicht in Abrede genommen. Die Beklagten können sich auch nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage im Rahmen der Corona-Pandemie und der hiermit einhergehenden Schließung des Fitnessstudios berufen, da bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ein Festhalten an den vertraglichen Verpflichtungen für die Beklagte nicht zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt.

a) Für den Fall einer Geschäftsschließung oder -beschränkung, die auf eine hoheitliche Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich in Betracht kommt (BGHZ 232, 178 = NJW 2022, 1370 Rn. 41 ff. und BGH Urteil vom 16. Februar 2022 - XII ZR 17/21 - NJW 2022, 1378 Rn. 27 ff.). Gleiches gilt nach Ansicht der Kammer auch bei dem hier vorliegenden Lizenzvertrag hinsichtlich eines Fitnessstudios.

Für eine Berücksichtigung der Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ist allerdings grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für die Vertragspartei regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - XII ZR 75/21 -Rn. 35, juris). Eine solche einseitige Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme ist dem Lizenzvertrag aber nicht zu entnehmen. Vielmehr liegt dem Vertrag die stillschweigende Annahme zu Grunde, dass das von dem "Partner" auf eigene Kosten zu eröffnende EASYFITNESS-Studio auch tatsächlich aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften betrieben werden kann, ohne das Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass dieses Risiko einer Partei zugeordnet werden sollte. Die Kammer teilt nicht die Ansicht der Klägerin, dass ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht komme, da sie während der Schließung von Franchisenehmerbetrieben ihre nach dem Franchisevertrag geschuldeten Leistungen zu erbringen hatte und erbracht hat. Auch beim Gewerbemietvertrag erfüllt nämlich der Vermieter seine vertragliche Verpflichtung mit der vertraglich geregelten Zurverfügungstellung der Mieträume. Es geht mithin beim Gewerbemietvertrag ebenso wie beim hier zu entscheidenden Franchisevertrag um die Frage der Risikoverteilung von Umständen, die vertraglich gerade nicht geregelt worden sind.

b) Das Festhalten an den vertraglichen Regelungen ist für die Beklagten im konkreten Fall aber zumutbar.

Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen von Gewerberaummieten sich ausführlich mit den einzelnen Kriterien beschäftigt, die bei einer Schließung von Gewerberäumen zu berücksichtigen sind, um einen Wegfall der Geschäftsgrundlage zu bejahen. Hierzu hat er wie folgt ausgeführt:

"Obwohl in den Fällen einer pandemiebedingten Betriebsschließung oder -beeinträchtigung die sogenannten realen und hypothetischen Elemente des § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig erfüllt sind, kommt ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Vertragsanpassung nur in Betracht, wenn auch das sogenannte normative Element des § 313 Abs. 1 BGB gegeben ist. Denn die Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB berechtigt für sich genommen noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das ist nur dann der Fall, wenn ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (vgl. Senatsurteil BGHZ 232, 178 = NJW 2022, 1370 Rn. 53 mwN). Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist allerdings nicht erforderlich (vgl. Senatsurteil BGHZ 232, 178 = NJW 2022, 1370 Rn. 59 mwN).

(1) Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung nach § 313 Abs. 1 BGB, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Dabei ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung oder -einschränkung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die fragliche Zeit der Schließung oder Nutzungseinschränkung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 232, 178 = NJW 2022, 1370 Rn. 58 mwN).

Allerdings müssen die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf pandemiebedingten hoheitlichen Maßnahmen beruhen, die den jeweiligen Betrieb konkret erfassen. Dies sind etwa die Anordnungen von Betriebsschließungen oder in Bezug zur Geschäftsfläche gesetzte Begrenzungen der Personenzahl. In Betracht kommt auch die Beschränkung des Zugangs auf Personen mit einem bestimmten Impfstatus ("2G" oder "2G+") ohne die jedermann eröffnete Möglichkeit, die Zugangsberechtigung auch durch einen Test zu erlangen. Denn damit werden potenzielle Kunden vollständig oder jedenfalls zum Teil vom Besuch des Ladengeschäfts ausgeschlossen, ohne dies kurzfristig selbst beeinflussen zu können. Von der Berücksichtigung im Rahmen des § 313 Abs. 1 BGB ausgenommen sind hingegen diejenigen Entwicklungen, die eine anderweitige Ursache haben und damit keine unmittelbare Folge der pandemiebedingten Beschränkungen darstellen. Dies gilt etwa für eine im Zuge der Pandemie zu beobachtende - möglicherweise auch durch eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes beeinflusste - allgemeine Kaufzurückhaltung der Kunden, sofern diese nicht durch die die Geschäftsräume betreffenden Maßnahmen der Schließung oder Einschränkung verursacht ist. Insoweit geht es nämlich um dem Verwendungsrisiko des Mieters zuzuordnende Umstände der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2022 - XII ZR 17/21 - NJW 2022, 1378 Rn. 31 mwN).

Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern (vgl. Senatsurteil BGHZ 232, 178 = NJW 2022, 1370 Rn. 58).

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 232, 178 = NJW 2022, 1370 Rn. 59 mwN). Zu berücksichtigen ist auch, ob und in welchem Umfang der Mieter in der Zeit der Nutzungsbeschränkung Aufwendungen erspart hat.

(2) Grundsätzlich obliegt es der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist. Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung oder -einschränkung muss deshalb der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile, die eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen, ihm durch die Maßnahme entstanden sind, und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten. Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste auf von der COVID-19-Pandemie (vollständig) unabhängigen Umständen beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast." (BGH, Urteil vom 13. Juli 2022 - XII ZR 75/21 -, Rn. 37 - 42, juris)."

Diese Grundsätze sind auf den hier vorliegenden Rechtsstreit entsprechend zu übertragen. Daraus ergibt sich, dass die Beklagten nicht im ausreichenden Umfang belegen, dass die behördlich angeordnete zeitweise Schließung der Räumlichkeiten bei gleichzeitiger Weiterzahlung der Lizenzgebühren zu einem unzumutbaren Ergebnis führt.

Aus der von den Beklagten vorgelegten BWA für die Jahre 2020 und 2021 ergibt sich nämlich zum einen, dass die Position Raumkosten in den einzelnen Monaten unverändert zwischen 6.184,00 € und 10.874,00 € konstant hoch waren. Eine Reduzierung der Miete fand in den Monaten, in denen eine Schließung der Räumlichkeiten stattfand, mithin ersichtlich nicht statt. Wieso aber in Bezug auf die Klägerin ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegen soll, nicht aber in Bezug auf den Mietvertrag, ergibt sich nicht. Bei Berücksichtigung des Umstandes, dass das Jahr 2020 ausweislich der BWA mit ca. 38.000,00 € Verlust endete, bestand hier für die Beklagten ein erhebliches Potential, um einen Gesamtjahresverlust zu vermeiden. Darüber hinaus enthält die BWA einen neutralen Ertrag in Höhe von 55.000,00 € (wohl Coronahilfen), so dass das Gesamtjahr mit 13.000,00 € schließlich auch einen Gewinn ausweist. Bei Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin substantiiert dargelegt hat, welche Maßnahmen sie während der Schließungen im Rahmen des Franchisevertrages durchgeführt hat, erscheint eine Reduzierung der Gebühren für das Jahr 2020 nicht angebracht. Zwar haben die Beklagten pauschal bestritten, dass von Seiten der Klägerin Leistungen erfolgten, die Klägerin hat sodann aber die einzelnen Maßnahmen detailliert dargelegt, ohne dass dies weiter von den Beklagten in Abrede genommen wurde. Allein der Einwand der Beklagten, dass die Maßnahmen nicht hilfreich gewesen seien, reicht hierbei nicht aus.

Hinsichtlich des Jahres 2021 ergibt sich zwar ein Jahresfehlbetrag in Höhe von 68.680,00 €, aber auch hier sind die Raumkosten weiterhin konstant, ohne eine Anpassung. Auch ist im Rahmen der BWA unklar, auf welche Kosten sich die Position "Sonstige Kosten" bezieht, die immerhin mit jährlich 197.000,00 € beinahe 40 % der Gesamtkosten beinhaltet. Auch wenn die von den Beklagten für das Jahr 2021 vorgelegten betriebswirtschaftlichen Zahlen eher für eine Anpassung der Gebühren nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sprechen, scheidet ein entsprechender Anspruch hier im Einzelfall aus. Gegen eine Unzumutbarkeit der Zahlung durch die Beklagten spricht, deren eigenes Verhalten gegenüber der Klägerin im Februar 2022. Der Beklagte zu 1) kündigte nämlich in der E-Mail vom 24.2.2022 an, die offenen Lizenzgebühren nach dem jetzt erfolgten Erhalt der Ü3 zu bezahlen. Er ging daher nach Erhalt der Überbrückungsgelder selbst nicht mehr davon aus, dass es gerechtfertigt sei, der Klägerin ihre Lizenzgebühren vorzuenthalten. Diese persönliche Einschätzung des Beklagten zu 1) stellt letztlich ein entscheidendes Indiz dar, dass eine Unzumutbarkeit in Bezug auf die Zahlung der Lizenzgebühren nicht gegeben ist.

Soweit die Beklagten schließlich den Wegfall der Geschäftsgrundlage mit den ständig zurückgehenden Mitgliederzahlen begründen, hat dies auch keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich klargestellt, dass sekundäre Folgen der Corona-Pandemie wie etwas eine Kaufzurückhaltung das allgemeine wirtschaftliche Risiko betreffen und nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen. Dies muss gleichermaßen für den Umstand gelten, dass Kunden ihre Jahresverträge nicht verlängern und Neuverträge nur in geringerem Umfang abgeschlossen werden.

II. Die Klage ist jedoch in Bezug auf die Lieferung der Vorhängeschlösser in Höhe von 245,02 € unbegründet. Die Klägerin konnte nicht belegen, dass die Vorhängeschlösser an die Beklagten geliefert wurden. Soweit sie sich hinsichtlich der Bestellung, Versendung und Rechnungsstellung sowie Lieferung auf das Zeugnis eines ihrer Mitarbeiter beruft, ist dies unerheblich. Ersichtlich behauptet die Klägerin nicht, dass der Mitarbeiter die Vorhängeschlösser selbst bei der Beklagten abgegeben habe, so dass sie für den tatsächlichen Bezug bei den Beklagten beweisfällig geblieben ist.

III. Der Klägerin steht gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu. Die Beklagten befanden sich mit den Zahlungen in Verzug, so dass die Beklagten auch berechtigt waren einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen zu beauftragen.

IV. 1. Die Entscheidung hinsichtlich der Verzugszinsen folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB. Zahlungen der Lizenz- und Werbegebühren waren jeweils zum ersten Werktag eines jeden Monats vereinbart, so dass am zweiten Werktag Verzug eingetreten ist. Dass die Klägerin später die Gesamtforderung noch einmal mit anderem Datum fällig stellte, vermag den früheren Verzugsbeginn nicht in Frage zu stellen. Für Mai 2020 ist dies jedoch nicht am 2.5.2020, sondern gemäß § 193 BGB erst am 4.5.2020 Verzug eingetreten, so dass die Klage bzgl. der weitergehenden Zinsforderung abzuweisen war.

2. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO. Da die Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig geringfügig war und keine weiteren Kosten verursacht hat, war es gerechtfertigt, die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten vollständig aufzuerlegen.