Landgericht Hannover
Urt. v. 05.07.2022, Az.: 9 S 16/21

Widerruf von Bauverträgen

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
05.07.2022
Aktenzeichen
9 S 16/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 66523
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2022:0705.9S16.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hameln - 11.06.2021 - AZ: 30 C 52/20

In dem Rechtsstreit
1. XXX
2. XXX
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte zu 1. und 2.:
XXX
Geschäftszeichen: XXX
gegen
XXX
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
hat das Landgericht Hannover - 9. Zivilkammer - durch den XXX, die XXX und die XXX im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO aufgrund der bis zum 06.05.2022 eingereichten Schriftsätze für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Berufung der Kläger wird das am 11.06.2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hameln (30 C 52/20) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    1. 1.

      Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.164,38 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.04.2020 zu zahlen.

    2. 2.

      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. II.

    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger zu 76 % und der Beklagte zu 24 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 50 % und der Beklagte zu 50 %.

  3. III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 100 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

  4. IV.

    Die Revision wird zugelassen, soweit der Beklagte zur Rückzahlung der Vergütung für den Zusatzauftrag verurteilt wurde. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

[Gründe]

I.

Die Parteien streiten über den Widerruf von Willenserklärungen, die auf den Abschluss von Bauverträgen gerichtet waren.

Die Kläger sind Eigentümer eines Reihenhauses, der Beklagte hat einen Dachdeckerbetrieb. Auf seiner Homepage "XXX" ist unter "Kontakt" seine Adresse nebst Telefonnummer und E-Mailadresse angegeben. Der Betrieb ist so organisiert, dass er Anfragen von Kunden erhält, die Kunden dann vor Ort aufsucht, mit ihnen über die gewünschten Arbeiten spricht, ein Aufmaß nimmt, ein schriftliches Angebot erstellt und dieses dann dem Kunden schickt.

Bei dem ersten Auftrag vom Sommer 2018 ging es um die Erneuerung von Dachrinnen und Abdichtungsarbeiten im Eingangsbereich des Reihenhauses der Kläger. Während der Ausführung der Arbeiten am 22. und 23.08.2018 bemerkte ein Mitarbeiter des Beklagten, dass beim Dach der Wandanschluss defekt war und teilte dies dem Kläger mit. Nach Mitteilung der ungefähren Größenordnung des Preises und der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten durch den Beklagten erteilte der Kläger den Zusatzauftrag "XXX". Die Ausführung der Zusatzarbeiten zu einem späteren Zeitpunkt hätte die erneute Aufstellung eines Gerüsts erfordert. Der Beklagte berechnete für seine Arbeiten insgesamt 3.127,04 Euro netto (3.721,18 Euro brutto), wovon ein Teil von 978,47 Euro netto (1.164,38 Euro brutto) auf den Zusatzauftrag "XXX" entfiel.

Bei dem zweiten Auftrag, dem ein Angebot des Beklagten vom 20.02.2019 zugrunde lag, ging es um Abdichtungsarbeiten an der Garage, die Teil einer größeren Garagenanlage ist. Ein Nachbar der Kläger führte mit dem Beklagten einen Ortstermin durch und koordinierte und organisierte die Einholung von Angeboten für Garagenabdichtungsarbeiten für mehrere betroffene Nachbarn. Hier legte der Beklagte am 26.06.2019 Schlussrechnung über 1.163,64 Euro brutto.

Alle Arbeiten wurden mangelfrei erbracht und die Rechnungen vollständig bezahlt.

Mit zwei Schreiben vom 05.09.2019, die am 05.09.2019 um 19:35 Uhr in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen wurden, erklärten die Kläger den Widerruf der Verträge.

Bei einem anschließenden zufälligen Treffen überreichte der Kläger dem Beklagten einen Flyer, der mit "Der Handwerker-Widerruf - Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern" überschrieben war und erklärte, dass er daraus ein neues Geschäftsmodell entwickelt habe.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass hinsichtlich des ersten Vertrags einschließlich des Zusatzauftrags ein Widerrufsrecht gemäß § 312 b Abs. 1 BGB bestehe, da auch der Hauptauftrag bereits im Ortstermin erteilt worden sei. Das schriftliche Angebot vom 03.08.2018 sei nur pro forma erstellt worden, um die vorherige Kostenschätzung zu verifizieren. Hinsichtlich des zweiten Vertrags bestehe ein Widerrufsrecht, da der Auftrag im Fernabsatz unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgt sei. Die Kläger selbst hätten das schriftliche Angebot des Beklagten angenommen, der Nachbar sei nur Bote gewesen.

Der Beklagte hat hinsichtlich des ersten Auftrags behauptet, dass im Ortstermin lediglich ein Aufmaß genommen worden sei, woraufhin der Beklagte ein schriftliches Angebot erstellt habe, das vom Kläger telefonisch angenommen worden sei. Hinsichtlich des zweiten Auftrags hat der Beklagte behauptet, dass der die Angebotseinholung koordinierende Nachbar die Angebote stellvertretend für alle Nachbarn angenommen hat. Bei dem zufälligen Zusammentreffen nach dem Widerruf habe der Kläger erklärt, dass die Arbeit des Beklagten natürlich korrekt gewesen sei, trotzdem habe er das Recht, die Vergütung zurückzuverlangen und die Arbeit letztlich kostenlos zu erhalten.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zum Hauptauftrag aus dem Sommer 2018 fehle es am einem hinreichend substantiierten Vortrag zur Auftragserteilung. Außerdem sei zum Zeitpunkt des Widerrufs die Widerrufsfrist von einem Jahr und zwei Wochen bereits abgelaufen sei. Zum Zusatzauftrag "XXX" könnten sich die Kläger nicht mit Erfolg auf ein Widerrufsrecht stützen, da dem der Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegenstehe. Der Widerruf stelle ein widersprüchliches Verhalten dar, da die Kläger die Arbeiten des Beklagten nicht beanstandet und diese vollständig bezahlt hätten, weshalb der Beklagte redlicherweise habe darauf vertrauen dürfen, dass der Vertrag dauerhaft Bestand habe. Außerdem hätten die Kläger eine bloß formal bestehende Rechtsposition entgegen der Intention des Gesetzgebers zu ihrem eigenen Interesse ausgenutzt, indem sie sich den Formfehler des Beklagten - fehlende Belehrung über ein Widerrufsrecht - zunutze machten, um die Werkleistung zu behalten, ohne die Gegenleistung bezahlen zu müssen. Dass der Kläger selbst Beratungen über ggfs. bestehende Widerrufsrechte bei Werkverträgen anbiete, deute darauf hin, dass hier anders als in dem von Gesetzgeber ins Auge gefassten Konstellationen allenfalls ein Informations- und Machtgefälle zugunsten des Bestellers bestehe. Angesichts dessen erscheine es unbillig, den Beklagten zur Rückzahlung des Werklohns zu verpflichten.

Bezüglich der Abdichtungsarbeiten an der Garage fehle es hinreichendem Vortrag dazu, dass der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde. Die Kläger hätten es unterlassen, sich den Vortrag der Beklagten, aus dem sich Entsprechendes ergäbe, zu eigen zu machen. Ihr eigener Vortrag sei unsubstantiiert gewesen. Darüber hinaus lasse sich nicht feststellen, dass der Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und/oder Dienstleistungsnetzes erfolgt sei. Der Einwand der Treuwidrigkeit gelte auch hier.

Die Kläger wenden sich mit der Berufung gegen das Urteil, soweit die Klage auf Rückzahlung des Werklohns für den Zusatzauftrag "XXX" aus dem Jahr 2018 und für den Auftrag aus dem Jahr 2019 abgewiesen wurde. Die Abweisung hinsichtlich des Hauptauftrags aus dem Jahr 2018 wird von den Klägern hingenommen.

Sie meinen, dass die Ausübung eines gesetzlichen Verbraucherschutzrechts nicht rechtsmissbräuchlich sein könne. Die Motivation für den Widerruf sei nach dem Willen des Gesetzgebers unerheblich und daher nicht geeignet, einen Verstoß gegen § 242 BGB herzuleiten. Entsprechend müsse der Beklagte die Vergütung, die er für den Zusatzauftrag "XXX" erhalten hat, zurückzahlen.

Soweit es um den späteren Auftrag gehe, dürften die Hürden an ein für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems nicht zu hoch hängen. Die Kontaktdaten auf der Homepage und der Vertragsschluss unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln reichten aus, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Auch der Vortrag der Kläger zum Zustandekommen des Vertrags unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln sei ausreichend gewesen, zumal der Beklagte diesen bestätigt habe. Hilfsweise machten sie sich den Sachvortrag des Beklagten zu Eigen.

Die Kläger beantragen,

  1. 1.

    das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Hameln vom 11.06.2021 aufzuheben und wie folgt abzuändern:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.328,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.11.2019 zu zahlen.

    Den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 600,71 Euro vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2020 zu zahlen.

  2. 2.

    soweit sachlich nicht beschieden,

    • das Urteil in den tatsächlichen und rechtlichen Gründen aufzuheben,

    • den gesamten Rechtstreit an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen und

    • die Kosten wegen falscher Sachbehandlung niederzuschlagen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, dass die Klagabweisung zu Recht erfolgt sei. Der Hauptauftrag aus dem Sommer 2018 sei gestuft zustande gekommen, indem die Kontaktaufnahme durch den Kläger erfolgt sei, dann ein Ortstermin mit Aufmaßnahme und anschließender Übersendung sowie Annahme eines schriftlichen Angebotes erfolgt sei. Gleiches gelte für den Zusatzauftrag, der ebenfalls gestuft zustande gekommen sei. § 312 b Abs. 1 Nr. 1 BGB betreffe nicht diese Situation. Da die Widerrufsrechte auf den Hauptauftrag keine Anwendung fänden, müsse dies auch für vor Ort erteilte Zusatzaufträge gelten, die lediglich Annexe zum Hauptauftrag seien. Für die Zusatzarbeiten liefe auch keine neue eigene Widerrufsfrist, weshalb das Widerrufsrecht wie beim Hauptauftrag vor Ausübung des Widerrufsrechtes erloschen sei.

Zu Recht habe das Amtsgericht zudem erkannt, dass der Vertragsschluss hinsichtlich der Garage nicht im Rahmen eines Vertriebs- und Dienstleistungssystem erfolgt sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auch bei der Ausübung des Widerrufsrechts der Einwand des Rechtsmissbrauchs denkbar. Der Beklagte sei in besonderem Maße schutzwürdig, da er die Leistungen unter Einsatz von Material und Arbeitskräften ordnungsgemäß erbracht habe. Zudem hätten die Kläger arglistig gehandelt, da sie - wie sich aus den Angaben des Klägers zu einem von ihm entwickelten Geschäftsmodell ergäbe - es darauf abgesehen hätten, ihn zu schädigen.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

1. Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns für den Zusatzauftrag "XXX" in Höhe von 1.164,38 Euro gemäß §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB, da sie wirksam den Widerruf ihrer auf Erteilung des Zusatzauftrags gerichteten Willenserklärung ausgeübt haben.

a) Der zusätzliche Auftrag, den die Kläger anlässlich der Ausführung des bestehenden Auftrags erteilt haben und der vom Beklagten zusammen mit diesem abgerechnet wurde, unterliegt entgegen der Ansicht der Beklagten einem eigenständigen Widerrufsrecht, das unabhängig davon, wie und wann der Hauptauftrag zustande gekommen ist, zu bewerten ist.

Gemäß § 312 BGB sind die Vorschriften über den Widerruf von Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auf Verbraucherverträge anzuwenden, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Der Zusatzauftrag beinhaltet eine entgeltliche Leistung.

Der streitgegenständliche Zusatzauftrag "XXX" steht mit der Leistung des Hauptauftrags in keinem engen technischen Zusammenhang. Es geht nicht darum, dass offenbar wurde, dass bislang nicht vereinbarte Leistungen für die Ausführung der vertraglichen Leistung zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig wurden (im Sinne von § 650 b Abs. 1 Nr. 2 BGB oder § 1 Abs. 4 S. 1 VOB/B) oder dass der vereinbarte Werkerfolg verändert wurde (im Sinne von § 650 b Abs. 1 Nr. 1 BGB). Es handelt sich vielmehr um eine andere Leistung an einem anderen Bauteil. Es gibt allein einen wirtschaftlichen Zusammenhang, indem die gleichzeitige Ausführung beider Arbeiten spätere erneute Gerüstkosten erspart hat.

Jedenfalls in dieser Konstellation gibt es keinen sachlichen und rechtlichen Grund dafür, verbraucherschützende eigenständige Widerrufsmöglichkeiten zu versagen, nur weil ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Hauptauftrag besteht und eine gemeinsame Abrechnung stattfindet. Auch wenn beim Hauptauftrag - was hier keiner Entscheidung bedarf, da die Kläger insoweit keine Berufung eingelegt haben - keine Widerrufsmöglichkeit bestanden haben sollte, weil er weder unter den Bedingungen des § 312 b BGB noch unter denen des § 312 c BGB abgeschlossen wurde, ist kein Grund ersichtlich, deshalb ein Widerrufsrecht für den Zusatzauftrag zu versagen. Dies gilt hier umso mehr als die Initiative zum Zusatzauftrag nicht von den Klägern, sondern vom Beklagten ausgegangen ist, dessen Mitarbeiter ein Defekt des Wandanschlusses aufgefallen war und hier tatsächlich eine zeitnahe Entscheidung vor Ort erforderlich war, weil nach zwei Tagen schon wieder das Gerüst abgebaut werden sollte. Anders als im Falle des § 650 b Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB ist der Unternehmer bei einer Leistung wie hier auch nicht verpflichtet, diese im Falle der Anordnung auszuführen. Auch dies spricht dafür, dass der hier vorliegende Zusatzauftrag einen neuen eigenständigen Auftrag darstellt, der rechtlich unabhängig vom Hauptauftrag zu werten ist.

Auch ein genereller Ausschluss des Widerrufsrechts im Hinblick darauf, dass die Beauftragung im engen Zusammenhang mit der Ausführung eines bestehenden Vertragsverhältnisses und während der Erbringung vertraglich vereinbarter Leistungen stattgefunden hat, kommt nicht in Betracht. Zwar ist die Situation, in der sich die Kläger bei Auftragserteilung befanden, keinesfalls mit den regelmäßig vorkommenden Fällen vergleichbar, wo Handwerker (häufig Dachdecker) an der Haustür klingeln und die Hauseigentümer auf vermeintliche Schäden aufmerksam machen, die dringend behoben werden müssten. Demgegenüber war der Beklagte hier im allseitigen Einvernehmen am Haus der Kläger tätig und hat lediglich bei Ausführung der Arbeiten weiteren Handlungsbedarf erkannt. Dabei handelt es sich um ein Geschehen, das durchaus im Bereich des Erwartbaren lag. Trotzdem führt dies angesichts der klaren gesetzlichen Regelung nicht dazu, dass das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist. Dies ergibt auch ein Vergleich mit § 312 g Abs. 2 Nr. 11 BGB. Dort ist ein Ausschluss des Widerrufsrechtes vorgesehen, wenn der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, regelt aber ausdrücklich, dass dies nicht für weitere Dienstleistungen gilt, die nicht ausdrücklich verlangt worden. Daraus ergibt sich für die Kammer die Wertung, dass allein der enge Zusammenhang mit einem anderen Geschäft, für das kein Widerrufsrecht galt, einen Ausschluss des Widerrufsrechts nicht rechtfertigt.

b) Auch ein Ausnahmefall des § 312 Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Es handelt nicht um einen Verbraucherbauvertrag nach § 650 i Abs. 1 BGB, da Vertragsgegenstand keine erheblichen Umbaumaßnahmen sind.

c) § 312 g Abs. 2 Nr. 11 BGB schließt das Widerrufsrecht ebenfalls nicht aus, da die Kläger im Hinblick auf den Zusatzauftrag den Beklagten nicht ausdrücklich aufgefordert haben, sie aufzusuchen, sondern die Initiative von Beklagtenseite ausgegangen ist. Wie dringend die Arbeiten waren, kann deshalb dahinstehen.

d) Es liegt ein Fall des § 312 b Abs. 1 Nr. 1 BGB vor, da der Auftrag unstreitig vor Ort erteilt wurde. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, dass auch insoweit eine gestufte Vorgehensweise mit Ortstermin, Angebot und anschließender Auftragserteilung stattgefunden hat, kann letztlich dahinstehen, ob eine solche Verfahrensweise prinzipiell einem Widerrufsrecht entgegensteht. Dem Zusatzauftrag ist unstreitig kein Ortstermin auf Wunsch des Bestellers vorausgegangen, sondern der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter waren aus einem anderen Grund vor Ort, nämlich um den Hauptauftrag auszuführen und der Auftrag ist nach Erläuterung der Kostenhöhe und des Zeitaufwands vor Ort bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit von Kläger und Beklagtem erteilt worden.

e) Die Kläger haben den Zusatzauftrag widerrufen.

Zwar ergibt sich aus dem Widerrufsschreiben vom 05.09.2019 nicht ausdrücklich, dass Hauptauftrag und Zusatzauftrag bzw. die darauf gerichteten Willenserklärungen widerrufen werden, sondern es heißt darin unter dem Betreff "Widerruf Vertrag XXX":

(..) wir widerrufen hiermit den von uns abgeschlossenen Vertrag über die Erbringung der folgenden Dienstleistung, beziehungsweise unsere darauf gerichtete/n Willenserklärungen

Bezeichnung des VertragsinhaltesDachrinnen erneuert, Eingangsbereich abgedichtet, etc., XXX
ausgeführt amXXX u.XXX

Da die genannte Vertragsnummer nicht mit der Nummer des Angebotes, das sich nur auf den Hauptauftrag bezog, übereinstimmt, sondern mit der Nummer der Rechnung vom 04.09.2018, die die Hauptleistungen und die Zusatzleistungen abrechnet, ist der Widerruf dahingehend auszulegen, dass er sich auf sämtliche Verträge bezieht, die den abgerechneten Leistungen zugrunde liegen.

f) Der Widerruf ist rechtzeitig erfolgt.

Da die Kläger nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden, hat die Widerrufsfrist gemäß § 356 Abs. 3 S. 1 BGB nicht begonnen zu laufen. Zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufsrechts war das Recht auch noch nicht erloschen. Gemäß § 356 Abs. 3 S. 2 BGB i. V. m. § 355 Abs. 2 S. 2 BGB erlischt das Recht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss.

Die Kläger tragen nicht vor, ob der Zusatzauftrag am 22. oder am 23.08.2018 erteilt wurde. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist insoweit unklar. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass der Zusatzauftrag nach Beginn der Arbeiten am 22.08.20218 erteilt wurde. Ob damit gemeint ist, dass der Auftrag am 22.08.2018 erteilt wurde oder dass die Arbeiten am 22.08.2018 begonnen haben, ist sprachlich nicht eindeutig. In den weiteren Ausführungen wird der 22.08.2018 als maßgebliches Datum genommen. Auch das Vorbringen im Berufungsverfahren und die Erklärungen des Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung enthalten keine Angaben zum Datum des Zusatzauftrags.

Wenn der Auftrag am 22.08.2018 erteilt wurde, ist das Widerrufsrecht mit Ablauf des 05.09.2019 erloschen. Nach den allgemeinen Regeln ist der Widerruf dem Beklagten allerdings erst am 06.09.2018 zugegangen, da das Schreiben erst am Abend des 05.09.2019 um 19:35 Uhr in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen wurde. Der Einwurf in einen Briefkasten bewirkt den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist (vgl. Grüneberg/Ellenberger, BGB 81. Auflage 2022, § 130 Rz. 6). Vielfach wird angenommen, dass bis 18 Uhr eingeworfene Schreiben noch am selben Tag zugehen. Ein später eingeworfener Brief geht aber erst am nächsten Morgen mit Wiederbeginn der Geschäftsstunden zu. Es kann nicht damit gerechnet werden, dass ein Briefkasten nach 19:35 Uhr noch geöffnet wird, weshalb der Zugang hier erst am 06.09.2019 erfolgt ist.

Gleichwohl ist der Widerruf noch als rechtzeitig anzusehen, da es gemäß § 355 Abs. 1 S. 5 BGB auf die rechtzeitige Absendung des Widerrufs ankommt. Diese Regelung gilt auch für die "lange Widerrufsfrist" im Falle einer fehlenden Belehrung. Dies ergibt sich zwar nicht explizit aus dem Gesetz. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Art. 11 Abs. 2 der Verbraucherrechte-Richtlinie (Richtlinie 2011/83 EU) ausdrücklich geregelt ist, dass die rechtzeitige Absendung des Widerrufsrechts auch zur Wahrung der 1 Jahr und 14 Tage währenden Widerrufsfrist wegen fehlender Belehrung ausreicht, ist unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik - § 355 BGB ist gegenüber § 356 BGB die allgemeinere Regelung - und nach Sinn und Zweck der Vorschriften davon auszugehen, dass auch für die Wahrung der 1 Jahre und 14 Tage währenden Frist die rechtzeitige Absendung ausreicht.

g) Die Berufung auf das Widerrufsrecht ist auch nicht treuwidrig.

Tatbestandsvoraussetzung eines Widerrufsrechts sind weder eine Überrumpelungssituation noch ein Machtungleichgewicht zu Lasten des Verbrauchers. Es kommt auch nicht darauf an, ob eine Drucksituation bestand oder der Verbraucher nicht in der Lage war, eine hinreichend fundierte Entscheidung zu treffen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 12.01.2022 - 14 U 111/21).

Das Widerrufsrecht der Kläger ist auch nicht wegen unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16.02.2016 - VIII ZR 146/15) kommt ein solcher Ausschluss unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers nur ausnahmsweise in Betracht, etwa bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer. Dass die Kläger hier arglistig gehandelt haben, indem sie es darauf angelegt haben, den Beklagten zu schädigen oder zu schikanieren, lässt sich nicht feststellen. Allein der Umstand, dass sie nach vollständiger ordnungsgemäßer Ausführung des Vertrags von dem ihnen gesetzlich zustehenden Widerrufsrecht Gebrauch machen, reicht hierfür nicht aus. Wenn man dies anders bewerten würde, wären im Bereich von Bauverträgen, bei denen die Leistung des Unternehmers nicht herausgegeben werden kann, das gesetzliche Widerrufsrecht von Verbrauchern in weiten Teilen entwertet.

Hier ist auch nicht vor dem Hintergrund eine andere Beurteilung gerechtfertigt, dass der Kläger unstreitig beabsichtigt hat, in Bezug auf den Widerruf von Bauverträgen ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Es ergibt sich aus dem Parteivortrag nicht, dass dies auch schon zum Zeitpunkt der Erteilung des Zusatzauftrags der Fall war und der Auftrag mit der Intention erteilt wurde, ihn später zu widerrufen. Wenn dies so wäre, wäre auch aus Sicht der Kammer durchaus in Erwägung zu ziehen, den Klägern ein Widerrufsrecht abzuerkennen. Ein entsprechendes Verhalten könnte als arglistig gewertet werden. Dass diese Absicht vorliegend aber schon bei Erteilung des Zusatzauftrags bestand, ist jedoch nicht vorgetragen worden. Es erscheint der Kammer auch eher fernliegend, dass die Kläger, hätten sie von vornherein diese Absicht gehabt bis zum letzten Tag der Frist abgewartet hätten. Der Beklagte, dem die Darlegungs- und Beweislast für ein treuwidriges Verhalten obliegt, hat nach entsprechendem Hinweis der Kammer auch nichts Ergänzendes zu diesem Punkt vorgetragen.

(2) Ein Fall unzulässiger Rechtsausübung liegt auch nicht im Hinblick darauf vor, dass die Kläger durch die unmittelbare Vor-Ort-Beauftragung einen Vorteil erlangt haben, den sie bei einem schriftlichen Angebot mit Widerrufsbelehrung sowie Belehrung über die Folgen einer Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht gehabt hätten, nämlich die Ersparnis zusätzlicher Gerüstkosten und die zeitnahe Reparatur eines Mangels. Hier - wie regelmäßig bei Bauverträgen - ist aus praktischen Gründen eine umgehende Entscheidung über die Ausführung der weiteren Arbeiten erforderlich gewesen, da ansonsten der Zeitplan nicht mehr einzuhalten gewesen wäre. Gleichwohl kann dies angesichts der eindeutigen Wortlauts des Gesetzes, das lediglich im Falle dringender Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten eine Ausnahme vorsieht, nicht zu einem Ausschluss des Widerrufs führen, da andernfalls die gesetzlichen Widerrufsmöglichkeiten bei vor Ort erteilten Aufträgen in einem durchaus relevanten Anwendungsfeld nicht mehr zur Anwendung kämen. Letztlich hat es auch der Unternehmer in der Hand durch Vorhaltung entsprechender Formulare vor Ort die Belehrungen vorzunehmen und sich hierdurch bei vorzeitiger Ausführung vor Widerrufen bzw. den damit verbundenen nachteiligen Rechtsfolgen zu schützen.

h) Aufgrund des wirksamen Widerrufs sind den Klägerin gemäß § 355 Abs. 3 BGB die erlangten Zahlungen in Bezug auf den widerrufenen Zusatzauftrag in Höhe von 1.164,38 Euro zurückzuerstatten.

Eine Rückgabe der erlangten Bauleistungen durch die Kläger ist nicht möglich, da es sich um Abdichtungsarbeiten gehandelt hat.

Hierfür schulden die Kläger gemäß § 357 Abs. 8 BGB auch keinen Wertersatz, da sie nicht über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular unterrichtet wurden (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 - VII ZR 243/17).

Diesem Ergebnis steht nicht der Aspekt der Treuwidrigkeit entgegen. Die Kammer teilt nicht die Ansicht des Kammergerichts (Urteil vom 16.11.2021 - Az. 21 U 41/21), dass im Einzelfall bei einer bloß fahrlässigen Unterlassung der Widerrufserklärung die wertersatzlose Rückabwicklung zu einem treuwidrigen Ergebnis führen kann. Dem steht die klare Gesetzeslage entgegen, dass bei Bauverträgen wie den vorliegenden keine Ausnahmen vorgesehen sind. Hierzu fehlt es im Übrigen an entsprechendem Vortrag des Beklagten, worauf er mit Beschluss vom 22.02.2022 auch hingewiesen wurde.

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung für die Garagenabdichtung, da insoweit kein Widerrufsrecht gegeben war.

a) Der Vertrag ist nicht unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen worden.

Aus dem Vortrag der Kläger - weder dem erstinstanzlichen noch dem zweitinstanzlichen - ergibt sich nicht, auf welche Weise das Angebot des Beklagten von den Klägern angenommen wurden. Sie legen lediglich dar, dass dies Angebot durch die Kläger selbst angenommen wurde und dass der Nachbar XXX lediglich Bote war. Wer konkret welche Erklärung auf welche Weise abgegeben hat, ob dies z. B. telefonisch, per E-Mail oder per Brief geschah, ergibt sich aus dem klägerischen Vortrag nicht. Auf die Auflage des Amtsgerichts, zu den Vertragsschlüssen substantiiert vorzutragen, haben die Kläger ihren Vortrag nicht vertieft, sondern nur erklärt, dass der Beklagte "nach Rücksprache mit den Nachbarn" die Arbeiten ausgeführt habe. Anders als das Amtsgericht ausgeführt hat, ergibt sich allerdings auch aus dem Vortrag der Beklagten nicht, auf welche Weise konkret die Annahme vonstatten ging, denn auch sie legen nur dar, dass XXX als Stellvertreter das Angebot angenommen hat, ohne zu erläutern, wie dies geschah. Selbst wenn die Kläger sich den Beklagtenvortrag zu eigen gemacht hätten, wären damit die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts nicht festzustellen.

b) Auch wenn unterstellt würde, dass hier eine Annahme unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln stattgefunden hat, würde dies kein Widerrufsrecht begründen, da sich nicht feststellen lässt, dass der Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt ist.

Wenn für Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden, wird gesetzlich vermutet, dass der Vertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems abgeschlossen worden ist und der Unternehmer muss beweisen, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines solchen Systems erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2020 - IX ZR 133/19).

An die Annahme eines solchen Systems sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Maßgeblich ist, ob das Unternehmen personell und sachlich so ausgestaltet und organisiert ist, dass sowohl Vertragsverhandlungen als auch Vertragsschluss regelmäßig und ohne weiteres unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln jederzeit möglich sind (BGH a. a. O.).

Solch eine Organisation lässt sich hier nicht feststellen. Der Beklagte hat in der Berufungserwiderung ausgeführt, dass sein Betrieb so organisiert ist, dass er Anfragen von Kunden erhält, die Kunden dann vor Ort aufsucht, mit ihnen über die gewünschten Arbeiten spricht, ein Aufmaß nimmt, ein schriftliches Angebot erstellt und dieses dann dem Kunden schickt. Diesen Vortrag haben die Kläger nicht bestritten. Sie berufen sich ausschließlich darauf, dass auf der Homepage des Beklagten Fernkommunikationsmittel preisgegeben seien (Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse). Dabei handelt es sich exakt um die Angaben, zu deren Information der Beklagte gemäß § 5 Abs. 1 TMG verpflichtet ist. Die Nutzung einer Homepage zu geschäftlichen Zwecken ohne diese Angaben würde eine Ordnungswidrigkeit darstellen (§ 11 TMG). Auch im Hinblick darauf reicht für die Annahme eines für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem keinesfalls, dass sich diese Angaben auf der Homepage befinden, während im Geschäftsbetrieb des Beklagten - wie bei Bauverträgen üblich - dem Zustandekommen des Vertrags regelmäßig gerade der persönliche Kontakt und ein Vor-Ort-Termin beim Kunden vorausgehen.

3. Die Kläger haben Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß §§ 286, 288 BGB seit dem 22.04.2020 (Tag nach Klagzustellung). Es lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte schon vorher in Verzug war. Durch Ablauf der im Schreiben vom 7.10.2019 gesetzten Zahlungsfrist ist kein Verzug eingetreten, da es sich nicht um eine nach dem Kalender bestimmte vertragliche, gesetzliche oder durch Urteil bestimmte Frist gehandelt hat. Eine einseitige durch den Gläubiger bestimmte Frist löst ohne Mahnung keinen Verzug aus (BGH, Urteil vom 25.10.2007 - III ZR 91/07). Dass hier vor Erhebung der Klage eine Mahnung erfolgt ist, ist nicht vorgetragen worden.

4. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Ein Verzug vor Mandatierung der Prozessbevollmächtigten der Kläger lässt sich - wie vorstehend ausgeführt - nicht feststellen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird im Hinblick auf den Zusatzauftrag zugelassen, da die Rechtssache gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtsfrage, ob vor Ort mündlich erteilte Aufträge über zusätzliche Leistungen bei Bauverträgen ein eigenständiges Widerrufsrecht gemäß § 312 b begründen können, kann in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten und berührt deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts. Auch wenn es zu dieser Frage keinen Streit in Rechtsprechung und Literatur gibt, ist aufgrund des Gewichts für die beteiligten Verkehrskreise (Bauherren und Bauunternehmer) wegen der tatsächlichen und wirtschaftlichen Relevanz derartiger Aufträge und der gravierenden Konsequenzen eines Widerrufsrechts, da Bauleistungen regelmäßig nicht zurückgewährt werden können, eine grundsätzliche Bedeutung zu bejahen.

Darüber hinaus war die Revision nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Die Berufung wurde auch deshalb zurückgewiesen, weil die Kläger nicht hinreichend dargelegt haben, dass der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde. Die sich dabei zu stellenden Fragen bedürfen keiner höchstrichterlichen Klärung. Auch die Frage welche Voraussetzungen an ein für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystems zu stellen sind, ist höchstrichterlich geklärt und vorliegend war nur eine Anwendung der geklärten Grundsätze auf den Einzelfall vorzunehmen.