Landgericht Hannover
Urt. v. 18.02.2022, Az.: 17 O 125/20

Werklohnanspruch auf Grundlage eines Einheitspreisvertrags; Übergang des Vertrags in ein Abrechnungsverhältnis

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
18.02.2022
Aktenzeichen
17 O 125/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 65100
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2022:0218.17O125.20.00

In dem Rechtsstreit
xxx
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
xxx
gegen
xxx
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigter:
xxx
xxx
- Streitverkündete -
hat das Landgericht Hannover - 17. Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht xxx als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 28.01.2022 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 39.647,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2019 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2020 zu zahlen.

  3. 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  4. 4.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von restlichem Werklohn in Höhe von 39.647,84 Euro.

Die Klägerin ist ein seit mehreren Jahrzehnten auf Fenster-, Türen- und Fassadenkonstruktion spezialisiertes Unternehmen.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin auf Grundlage eines Einheitspreisvertrags mit der Erbringung von Metallbauarbeiten im Rahmen des Bauvorhabens "Niedersachsen-Kaserne". Auf das Angebot der Klägerin vom 16.07.2018 sowie die Auftragserteilung der Beklagten vom 31.07.2018 (Anlagenkonvolut K1) wird insoweit verwiesen.

Dem Vertragsschluss ging ein öffentliches Ausschreibungsverfahren voraus. Vertragsinhalt wurde die VOB/B.

Das Leistungsverzeichnis enthält unter den LV Positionen 2.1.10 folgende Beschreibung: Produkt: "Hörmann Stahlblechtür T 30 "H3D" oder gleichwertig, Angebotenes Produkt: gemäß Leistungsverzeichnis , und unter 2.1.20, 2.1.30,2.1.40, 2.1.50 Produkt: "Hörmann Stahlblechtür T 30-RS "H3D" oder gleichwertig. Angebotenes Produkt: gemäß Leistungsverzeichnis. Auf die Anlage K 1 (Bl. 36 ff des Anlagenbandes Kläger) wird insoweit verwiesen.

In der Werkplanung der Klägerin ist die Serie vermerkt H3 OT, 30-1D, Dünnfalz (Anlage B6), dies stellt eine Serienbezeichnung der Hörmann Tür dar.

Die Klägerin verbaute keine Produkte des Systems "Hörmann".

Am 24.01.2019 erfolgte eine Begehung. In der Anlage K 2 wurde vermerkt: keine sichtbaren Mängel.

Die Klägerin erstellte am 24.01.2019 ihre erste Abschlagsrechnung über 53.735,52 Euro. In dieser Abschlagsrechnung wurde unter 2.1.10 Folgendes aufgeführt: Fabrikat: Hörmann Stahlblechtür T 30 "H3D". Unter 2.1.20, 2.1.30, 2.1.40, 2.1.50 wurde jeweils Folgendes aufgeführt: Fabrikat: Hörmann Stahlblechtür T 30-RS "H3D". Es erfolgte eine Teilzahlung in Höhe von 19.000 € (netto 15.986,39 €).

Mit E-Mail vom 25.01.2019 (Anlage B 8) forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Türen auszubauen und gegen das Produkt Hörmann zu ersetzen. Eine Mängelbeseitigung erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 04.02.2019 hat die Beklagte die Leistungen gerügt gemäß § 4 Abs. 7 VOB/B (Anlage B9). Es erfolgte eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung bis zum 15.03.2019 mit der Ankündigung, dass der Auftrag ansonsten gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B entzogen werden würde, da die eingebauten T-30 Türen der Positionen 2.1.10, 2.1.20, 2.1.30, 2.1.40, 2.1.50 nicht der vereinbarten Beschaffenheit/des vereinbarten Produkts entsprächen.

Am 15.02.2019 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass man die Leistungsverzeichnisposition 2.1 abweichend bewerte.

Die Klägerin teilte der Beklagten mit, dass sämtliche fix und fertigen Bauteile vorgehalten werden und lediglich die Montageleistungen fehlen würden. Ferner möge die Beklagte mitteilen, wo die Bauteile beim Auftraggeber bis zur Montage eingelagert werden können oder ob eine schriftliche Eigentumsübertragungsbestätigung gewünscht werde.

Die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis am 21.03.2019 gem. § 8 Abs. 3 VOB/B, weil die eingebauten Türen nicht der vereinbarten Beschaffenheit/dem vereinbarten Produkt entsprächen (Anlage B 10).

Der Auftrag an die nachfolgende Firma erfolgte am 10.05.2019.

Die Klägerin erstellte am 19.07.2019 eine Schlussrechnung über 39.647,84 Euro, zahlbar bis zum 18.08.2019 (Anlage K5). Diese Schlussrechnung beglich die Beklagte nicht. Die Klägerin erklärte den Vorbehalt auf die Schlusszahlung mit Schreiben mit 13.08.2019 (K7).

Die Klägerin behauptet, dass sie Türen des Systems Schröder verbaut hätte und dass diese Türen gleichwertig seien mit den Hörmann Türen und verweist auf die Anlage K 3.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die klägerische Leistung abgenommen worden sei.

Die Klägerin ist ferner der Ansicht, dass die Kündigung nur deshalb erfolgt sei, dass nicht die Türen des Fabrikats Hörmann verbaut worden seien. Eine Rüge, dass Gleichwertigkeitsnachweise hätten vorgelegt werden müssen, sei nicht erfolgt.

Die nicht ausgeführten Leistungen seien gemäß § 648 BGB jeweils nur mit 5 % der vereinbarten Positionspreise berücksichtigt worden.

Die Klägerin beantragt,

  1. 5.

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 39.647,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2019 zu zahlen,

  2. 6.

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe sich gebunden, die Türen der Firma Hörmann einzubauen, da sie bei der Produktabfrage angegeben habe "gemäß Leistungsverzeichnis". Das Produkt, welches dort angegeben sei, sei das der Hörmann Tür.

Auch in der ersten Abschlagsrechnung habe die Klägerin die Türen der Firma Hörmann abgerechnet und sich damit an das Richtfabrikat gebunden.

Die Beklagte behauptet, dass bis zur Kündigung am 28.03.2019 keine Unterlagen zum Nachweis der Gleichwertigkeit eingereicht worden seien.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die eingebauten Türen nicht mit den Türen der Firma Hörmann gleichwertig seien.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die streitgegenständlichen Arbeiten der Klägerin nicht abgenommen worden seien.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Leistungen aus der Schlussrechnung nicht abgerechnet werden könnten aufgrund der Kündigung aus wichtigem Grund.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Montageleistungen mit 5 % des Umfangs berechnet worden seien, da die Materialien nicht eingebaut worden seien.

Im Übrigen sei die Kalkulation des Aufwandes der Montageleistungen völlig willkürlich, eine Offenlegung der Urkalkulation sei notwendig.

Bezüglich des Restbetrags der Schlussrechnung in Höhe von 1.722,50 Euro halte die Beklagte der Klägerin Ersatzvornahmekosten entgegen.

Die Klage wurde der Beklagten am 05.05.2020 zugestellt.

Das Landgericht Lüneburg hat durch Beschluss vom 20.07.2020 (Blatt 170 der Akten) sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das hiesige Landgericht verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten des Sachverständigen xxx vom 30.07.2021 wird insoweit verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klägerin hat nach der Kündigung durch die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Werklohns gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B.

Die Parteien haben einen Bauvertrag geschlossen, in den die VOB/B in der Fassung 2016 wirksam einbezogen wurde.

Die Klägerin macht nach Auftragsentziehung ihre Schlussrechnungsforderung geltend. Die Voraussetzungen der Fälligkeit der Werklohnforderung liegen vor. Eine Abnahme der Werkleistung der Klägerin ist nach Ansicht des Gerichts nicht erfolgt. Aus der Anlage K2 ergibt sich lediglich eine Sichtabnahme. Ein entsprechendes Formblatt für die Abnahme wurde nicht verwandt. Bei der Anlage K 2 handelt es sich lediglich um einen Arbeitsbericht/Baustellen-Tagesbericht. Dort ist auch lediglich das Wort "Sichtabnahme" verzeichnet. Aber unabhängig davon, dass das Gericht eine Abnahme als nicht erfolgt ansieht, ist die Werklohnforderung fällig.

Nachdem die Beklagte den Bauvertrag gekündigt und die Selbstvornahme durchgeführt hat, verlangt sie von der Klägerin keine Werkleistungen mehr. Der Vertrag ist in ein Abrechnungsverhältnis, das zur Fälligkeit der Werklohnforderung ohne Abnahme führt, übergegangen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 - VII ZR 235/15, BGHZ 213, 319-338, juris).

Gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 VOB/B wird der Anspruch auf Schlusszahlung nach Rechnungsstellung und Ablauf der Prüffrist fällig. Die Werklohnforderung der Klägerin ist damit fällig.

Der Klägerin steht daher aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B Werklohn für die nicht erbrachte Leistung, also ein Anspruch auf die Gesamtvergütung abzüglich Kostenersparnis bzw. anderweitigen Erwerbs zu, da es sich bei der Kündigung der Beklagten vom 21.03.2019 um eine ordentliche bzw. "freie" Kündigung gehandelt hat, die Auftragsentziehung also ohne wichtigen Grund erfolgt ist.

Abzustellen für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Dabei ist die Kündigung nicht auf die im Kündigungsschreiben erwähnten Kündigungsgründe begrenzt. Aus dem Erfordernis, dass eine Kündigung nicht begründet werden muss, ergibt sich zwangsläufig, dass Kündigungsgründe jederzeit nachgeschoben werden können, sofern sie im Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen haben (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2017 - VII ZR 46/15, juris, Rn. 24).

Die Beklagte beruft sich im Kündigungsschreiben auf eine mangelhafte bzw. vertragswidrige Leistung gem. § 8 Abs. 3. VOB/B.

Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Absätze 7 und 8 Nummer 1 und des § 5 Absatz 4 die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist (Entziehung des Auftrags).

1. Kündigung mangels Einreichen eines Gleichwertigkeitsnachweises

Nach Ansicht des Gerichts kann die Beklagte die Kündigung nicht darauf stützen, dass die Klägerin bis zur Kündigung keinen Gleichwertigkeitsnachweis eingereicht hat. Diesbezüglich fehlt es an einer Fristsetzung im Sinne des § 4 Abs. 7 VOB/B.

Die Beklagte hat der Klägerin mit Schreiben vom 04.02.2019 eine Frist im Sinne des § 4 Abs. 7 VOB/B bis zum 15.03.2019 gesetzt. Dabei hat sie darauf hingewiesen, dass nach fruchtlosem Ablauf der zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist der Auftrag entzogen werde. Dabei hat die Beklagte aufgeführt, dass die eingebauten T30 Türen der Position 2.1.10, 2.1.20, 2.1.30, 2.1.40 und 2.1.50 nicht der vereinbarten Beschaffenheit/des vereinbarten Produkts (siehe Angebotsschreiben Formblatt 213 vom 16.07.2018 und Auftrag vom 31.70.2018) entsprechen würden. Auf diesen Sachverhalt habe bereits der bauleitende Architekt mit Schreiben vom 25.01.2019 (per Mail) hingewiesen. Nach Ansicht des Gerichts bezieht sich diese Fristsetzung lediglich darauf, dass die Beklagte meinte, einen Anspruch auf den Einbau der Hörmanntüren zu haben und rügt mit diesem Schreiben den Umstand, dass Türen der Firma Hörmann nicht eingebaut worden sind. Dies ergibt sich auch aus der in Bezug genommenen E-Mail vom 25. Januar 2019 (Anlage B8). Dort ist ausgeführt, dass es sich bei den Türen nicht um Türen der Firma Hörmann handele. Die Türen seien daher auszubauen und gegen das beauftragte Produkt zu ersetzen. Es wird weder in der Anlage B8 noch in der Anlage B9 darauf Bezug genommen, dass ein Gleichwertigkeitsnachweis eingefordert worden sei oder eine Frist zum Einreichen eines Gleichwertigkeitsnachweises gesetzt. Der Einwand der Beklagten, dass unter "vertragswidrige Leistung" auch das Nichteinreichen des Gleichwertigkeitsnachweises zu sehen sei, greift nach Ansicht des Gerichts nicht. Da explizit darauf abgestellt wird, dass das Produkt nicht das vereinbarte gewesen sei und auch noch mal explizit auf die Anlage B8 Bezug genommen wird, kann man in das Schreiben vom 04.02.2019 eben nicht herein lesen, dass die Fristsetzung auch dahingehend erfolgt sei, dass ein Gleichwertigkeitsnachweis eingereicht werden solle.

2. Kündigung wegen des Nichteinbaus der Hörmanntüren trotz Selbstbindung an das Leitfabrikat

Anders als die Beklagte meint, ist das Gericht der Ansicht, dass sich die Klägerin nicht selbst daran gebunden hat, Türen der Firma Hörmann einzubauen. Aus dem Leistungsverzeichnis ergibt sich, dass die Klägerin ein Produkt, wie es sich aus dem Leistungsverzeichnis ergibt, anbietet. Im Leistungsverzeichnis ist unter den jeweiligen Positionsnummern 2.1.10 ff. auch ein gleichwertiges Produkt zugelassen. Trotz der Bezeichnung in der Werkplanung B6 und in der Abschlagsrechnung konnte die Beklagte angesichts des eindeutigen Leistungsverzeichnisses nicht davon ausgehen, dass die Klägerin sich an das Produkt Hörmann Türen selbst gebunden hat. Der Hinweis der Beklagtenseite auf die VOB/A greift insofern nicht. Nachdem die Regelungen der VOB/A nur die Phase vor Vertragsschluss mit einem öffentlichen Auftraggeber betreffen, hört deren unmittelbare Bedeutung mit dem Zuschlag an einen Bieter, also das Zustandekommen des zivilrechtlichen Bauwerkvertrags, auf (BeckOGK/Mundt, 1.1.2022, BGB § 632 Rn. 744). Auf den Grundsatz der VOB- konformen Auslegung kommt es vorliegend nicht an.

3. Kündigung mangels Gleichwertigkeit

Auch eine Kündigung mangels Gleichwertigkeit kommt nicht in Betracht. Der Sachverständige xxx kam nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die Türen des Systems Schröder bis auf die Türblattdicke mindestens gleichwertig mit den Hörmanntüren sind. Die Türen erfüllen die unter Position 2.1 und gemäß Leitfabrikat der Firma Hörmann geregelten brandschutztechnischen Funktionen. Allein der Umstand, dass die Türblattdicke abweicht rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Türen nicht gleichwertig sind. Die Türblattdicke ist über den Falz nur im geöffneten Zustand erkennbar. Insoweit wird auf Blatt 16 des Gutachtens verwiesen.

4. Freie Kündigung gem. § 8 Abs. 1 VOB/B

Das Gericht deutet nach § 140 BGB die ausgesprochene fristlose Kündigung um in eine freie Kündigung.

Für die Frage, ob eine Kündigung, die der Besteller nur auf einen wichtigen Grund gestützt hat, auch als freie Kündigung nach § 8 Abs. 1 Nummer 1 VOB/B verstanden werden kann, kommt es danach darauf an, ob sich aus der Kündigungserklärung oder ihren Umständen ergibt, dass der Bauvertrag unabhängig davon beendet sein soll, ob der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt. Das wird die Auslegung der Kündigung eines Bauvertrages regelmäßig ergeben, wenn aus den Umständen des Einzelfalles nichts anderes folgt. Mit der Kündigung eines Bauvertrages werden nämlich auch die Voraussetzungen für den Einsatz eines Drittunternehmers oder für den vollständigen Abbruch der bisherigen Bauleistungen geschaffen. Das ist konfliktfrei nur möglich, wenn die außerordentliche Kündigung auch für den Fall wirksam sein soll, dass der Kündigungsgrund nicht besteht (Beck OK VOB/B, § 8, Rn. 7). Aus der Kündigungserklärung der Beklagten ergibt sich, dass das Vertragsverhältnis definitiv beendet werden soll unabhängig vom Vorliegen der Kündigungsgründe.

Gemäß § 8 Abs. 1 Nummer 1 VOB/B kann der Auftraggeber bis zur Vollendung der Leistung jederzeit den Vertrag kündigen. Gemäß Nummer 2 steht dem Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 BGB).

Insofern besteht der Werklohnanspruch hinsichtlich der Türen und auch der bereits bestellten Materialien. Dabei besteht der Werklohnanspruch nicht nur hinsichtlich der bereits verbauten Türen (Position 2.1.10-2.1.50 (Stahlblechtüren)), sondern auch hinsichtlich des nicht verbauten Materials. Dieses muss sich die Klägerin auch nicht im Rahmen der ersparten Aufwendungen anrechnen lassen. Dass dieses Material auch anderweitig hätte verwendet werden können, trägt die Beklagte schon gar nicht vor. Zudem hat die Klägerin der Beklagten das noch nicht verbaute Material angeboten.

Auch besteht ein Anspruch auf Zahlung von 5 % der Montageleistungen.

Nachdem die Klägerseite auf Hinweis des Gerichts mit Schriftsatz vom 09.12.2021 substantiiert vorgetragen hat, wie sie gemäß § 648 BGB 5 % der auf den nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden Vergütung berechnet hat, und die Beklagtenseite diesen Vortrag nicht weiter bestritten hat, waren auch die anteiligen Montageleistungen zu zahlen. Die Klägerseite hat substantiiert vorgetragen, für welche Türen wie viel Stunden Aufwand durch Fachvorarbeiter oder Bauhelfer erforderlich gewesen wären.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Zahlung der Verzugszinsen, da die Schlusszahlung bis zum 18.08.2019 fällig war.

Aufgrund des Zahlungsverzugs besteht auch Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 Euro nebst Zinsen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.