Landgericht Hannover
Urt. v. 23.06.2022, Az.: 3 S 14/21

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
23.06.2022
Aktenzeichen
3 S 14/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 68745
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2022:0623.3S14.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 08.01.2021 - AZ: 536 C 16226/19
nachfolgend
BGH - 21.09.2023 - AZ: III ZR 139/22

In dem Rechtsstreit
...
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigter:
...
gegen
...
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
...
hat das Landgericht Hannover - 3. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung vom 10.05.2022 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Januar 2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover - Az.: 536 C 16226/19 - wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Die Revision wird zugelassen.

  5. 5.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 560,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Rückerstattung von Ausgabeaufschlägen von der Beklagten als Kapitalverwaltungsgesellschaft eines Fonds.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht bestehe. Es fehle bereits an einer Leistung des Klägers an die Beklagte. Der Vertrieb von Fondsanteilen gestaltet sich so, dass eine Kapitalverwaltungsgesellschaft - wie die Beklagte - bei einer Bank einen Vertriebsvertrag abschließe, der der Bank das Recht einräume, Anteile im Rahmen des Festpreisgeschäftes an ihre Kunden weiterzuverkaufen - oder im eigenen Namen für Rechnung des Kunden als Kommissionärin. Die Banken würden im eigenen und nicht im fremden Namen agieren.

Nach diesen Maßgaben liege zwischen dem Kläger und der Beklagten kein einheitlicher Bereicherungsvorgang vor. In Fällen, in denen eine Zwischenperson zwar am wirtschaftlichen Interesse des eigentlichen Geschäftsherrn handele und bewusst dessen Vermögenserwerb vermittle, dabei als Stellvertreter die Leistung im eigenen Namen erbringe oder empfangen habe, bestehe, da die Vermögensübertragung das Vermögen der Zwischenperson (Kommissionär) beurteilt, bei Fehlen des rechtlichen Grundes Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nur in dem jeweiligen Leistungsverhältnis (Leistender-Kommissionär, Kommissionär-Empfänger, nicht aber unmittelbar zwischen dem Leistenden und dem Empfänger.

Bereicherungsrechtliche Ansprüche könnten von daher bereits gegen die als Kommissionärin aufgetretene ... bestehen, nicht aber gegen die Beklagte.

Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 in Verbindung mit dem KAGB wegen der Verletzung von Pflichten aus dem Investmentvertrag zu. Die Voraussetzung der Pflichtverletzung an der Beklagten sei nicht erfüllt. Die Beklagte habe nicht gegen ihre Pflichten aus §§ 26 ff. KAGB bei der Anlage der investierten Gelder oder der Verwaltung vorhandener Vermögensgegenstände verletzt, indem sie Ausgabenaufschläge erhoben habe. Das KAGB setzte selbst Ausgabenausschläge voraus, u.a. in §§ 71, 162 Nr. 12, 165 Abs. 3 KAGB. So müssten entweder die Anlagebedingungen Angaben über die Kosten eines bei Erwerb zu zahlenden Ausgabenaufschlags enthalten.

Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich auch nicht wegen eines Verstoßes aus § 70 WpHG. Unabhängig von dem Vorliegen eines solchen Verstoßes hätte dieser nur aufsichtsrechtliche Konsequenzen und begründe keinen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Die geleisteten Ausgabenaufschläge seien unwirksam. Daneben schulde die Beklagte dem Kläger Schadensersatz in gleicher Höhe, da sie ihm gegenüber wenigstens fahrlässig AGB widrige Geschäftsbedingungen verwandt habe. Der Kläger vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag zum Vorliegen eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung. Darüber hinaus bestehe auch ein Schadensersatzanspruch, da die Beklagte ihre Pflichten gemäß §§ 26 ff. KAGB verletzt habe.

Der Kläger behauptet, die... hätte nicht als Kommissionärin, sondern als Vertreterin der Beklagten gehandelt, so dass deshalb die Passivlegitimation bestünde.

Die Ansprüche würden sich auch aus dem Investmentvertrag ergeben, auf die Verträge zwischen Kläger und ... käme es nicht an.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 560,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % p.a. aus 160,00 € seit dem 1.10.2017 und aus 400,00 € seit dem 1.3.2019 bis zum 19.2.2020 und ab dem 20.2.2020 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins p.a. aus 560,00 € zu bezahlen.

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 223,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins p.a. seit dem 10.8.2019 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Im Hinblick auf die Zuständigkeit und die Anwendbarkeit Deutschen Rechts wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des amtsgerichtlichen Urteils, denen sich das Landgericht anschließt, Bezug genommen.

Zu Recht hat das Amtsgericht Hannover das Vorliegen eines Anspruchs aus § 812 BGB verneint. Vorliegend hat die Hausbank des Klägers, die ... als selbständiger Anlagenvermittler auf Wunsch des Klägers einen Kommissionsvertrag über den Kauf entsprechender Fondsanteile abzuschließen, an die ... als Bote übermittelt. Die... wurde als Kommissionärin tätig, Kommittent ist der Kläger. Dies ergibt sich aus der Anlage B 29 wenn es dort heißt:

Gegenstand der ... (nachfolgend USB) ist der Vertrieb von Geschäften, die darauf gerichtet sind, Wertpapiere für andere zu verwalten und zu verwahren, sowie Finanzinstrumente im Wege des Kommissionsgeschäfts zu erwerben und zu veräußern.

Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Beziehung wie folgt darstellen:

Das Kommissionsgeschäft besteht zwischen dem Kommittenten dem Kläger und dem Kommissionär der .... Das Ausführungsgeschäft besteht zwischen dem Kommissionär ...und der Beklagten. In den Abrechnungen der ..., welche der Kläger selbst vorgelegt hat (Anlage K 1 und K 2) ist darauf hingewiesen, dass der Kaufpreis einschließlich des Ausgabeaufschlags nach der Abwicklung des zwischen der... und der Beklagten abgeschlossen Ausführungsgeschäfts von der ... im Rahmen des SEPA Lastschriftmandats eingezogen wird.

"Der Kaufpreis wird mit Ablauf des Bewertungstages fällig und nach Fälligkeit von der hinterlegten Kontoverbindung per SEPA Basislastschrift eingezogen."

Daraus ergibt sich, dass die ... aus ihrem eigenen Vermögen zunächst jeweils den Ausgabenaufpreis einschließlich des Ausgabenaufschlags an die Beklagte gezahlt hat. Erst danach hat die USB den von ihr gezahlten Kaufpreis gegenüber dem Kläger per SEPA Lastschriftmandat eingezogen. Eine Weiterleitung von Geldern seitens der Beklagten liegt im Moment nicht vor. Im Übrigen wird auf die amtsgerichtlichen Ausführungen Bezug genommen.

Auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund der Verwendung von rechtswidrigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. des ungerechtfertigten Einzugs eines Ausgabenaufschlags liegt nicht vor. Entsprechend den Urteilen des BGH vom 27. Januar 2015 (XI ZR 174/13) und vom 17. Dezember 2013 (XI ZR 66/13) sind nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB Gegenstand der Inhaltskontrolle nur solche Bestimmungen allgemeiner Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung vereinbart werden. Darunter fallen grundsätzlich weder deklaratorische Klauseln noch solche, die unmittelbar über den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt über eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen. Kontrollfähig sind Klauseln, die kein Entgelt von der Leistung zum Gegenstand haben, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, oder durch die der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen und auf den Kunden abwälzt. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt der Ausgabenaufschlag, der auch die Kernpflicht des Anliegers bezeichnet wird (vgl. Kloyer/Seidenschwan in Assmann/Wallach/Zetsche, KAGB, 1. Aufl. 2019, § 162), eine kontrollfreie Hauptleistungspflicht dar.

Im Übrigen wird wiederum auf die amtsgerichtlichen Ausführungen Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 ZPO zuzulassen. Eine einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung ist nicht erkennbar. Der Rechtsstreit ist daher von grundsätzlicher Bedeutung.