Landgericht Hannover
Beschl. v. 04.07.2022, Az.: 25 O 23/22
Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes i.R.e. Werkvertrags und Sicherungsanspruchs
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 04.07.2022
- Aktenzeichen
- 25 O 23/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 53398
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2022:0704.25O23.22.00
Rechtsgrundlage
- § 29 ZPO
In dem Rechtsstreit
XXX
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
Geschäftszeichen:XXX
gegen
1. XXX
2. XXX
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte zu 1. und 2.:
XXX
hat das Landgericht Hannover durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX am 04.07.2022 beschlossen:
Tenor:
Das Landgericht Hannover erklärt sich für örtlich unzuständig.
Der Rechtsstreit wird dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Ziffer 5, Abs. 2 ZPO vorgelegt.
Gründe
I.
Das Landgericht Hannover ist nicht zuständig. Zuständig ist gem. § 29 ZPO das mit der Klage vom 19.04.2022 angerufene Landgericht München II.
Die Klägerin macht mit der Klage einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gem. § 650 f BGB sowie Werklohnansprüche im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben der Beklagten im XXX, XXX geltend. Zum Vertragsschluss führt sie aus, im August 2020 habe im Büro des Statikers eine Besprechung stattgefunden. Weiter heißt es:
"Bei dieser Besprechung wurde dem Grunde nach Einverständnis dahingehend erzielt, dass der Auftrag auf Basis der Pläne vom 03.06.2020 bzw. 27.07.2020 zum Pauschalfestpreis von netto 392.000 € ausgeführt wird. Es wurde auch ausdrücklich besprochen und seitens der Klägerin zugesagt, dass bei etwaigen Planänderungen und Zusatzaufträgen diese Leistungen gesondert abgerechnet und bezahlt werden." (vgl. Seite 3 d.A.).
Weiter heißt es:
"Die Klägerin hatte den Bauvertrag ursprünglich in unterschriebener Form an die Beklagte zu 1. zurückgeschickt, erhielt jedoch zu keinem Zeitpunkt eine unterschriebene Version des Bauvertrags zurück. Vorliegend ist jedoch jedenfalls im Rahmen Besprechung im Büro des Statikers XXX, ein mündlicher Bauvertrag zustande gekommen, bei welchem für die Leistungen gemäß Angebot vom 29.05.2020 mit dem Leistungssoll der dem Angebot zugrunde liegenden Pläne gemäß Anlage K 2 und K 5 ein Pauschalpreis in Höhe von € 392.000,00 vereinbart wurde."
Danach ist ein Werkvertrag über das Bauvorhaben zustande gekommen, für den der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO besteht. Bei einem Werkvertrag betreffend die Ausführungen eines Baues einschließlich des Sicherungsanspruchs aus § 648 BGB ist gemeinsamer Erfüllungsort der Ort der Ausführung des Baues (vgl. Zöller/Schulzki, ZPO, 33. Aufl., § 29 Rn. 25.9 und 25.68 m.w.N.).
Ein schriftlicher Bauvertrag entsprechend der Anlage K8 ist nach dem ausdrücklichen Vortrag der Klägerin nicht geschlossen worden. Daher ist es auch nicht entsprechend dem ausschließlich von der Klägerin unterzeichneten Vertrag (Anlage K8) zur Vereinbarung des ausschließlichen Gerichtsstand Hannover gekommen.
II.
Die Verweisung durch das Landgericht München II ist - ausnahmsweise - nicht bindend, da sie willkürlich ist. Das Landgericht München hat den Rechtsstreit verwiesen, obwohl es aufgrund eindeutiger Vorschriften zuständig ist und dabei den Vortrag der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen hat (vgl. Zöller, ZPO, 34 Aufl. § 281 Rz. 17 m.w.N.).
Die Begründung des Verweisungsbeschlusses übergeht den eindeutigen Vortrag in der Klagschrift zum Abschluss des mündlichen Bauvertrages, auf den allein die Ansprüche der Klägerin gestützt werden. Mit Rücksicht auf den mündlichen Vertrag konnte auch der Beginn der Ausführungen der Bauarbeiten ausschließlich als Erfüllung dieses Vertrages bewertet werden. Im Übrigen konnte die Klägerin nicht durch die Aufnahme der Arbeiten den schriftlichen Vertrag annehmen, den sie selbst unterzeichnet hatte. Vielmehr wäre dazu eine als Zustimmung zum schriftlichen Vertrag zu wertende Handlung der Beklagten, deren Unterschrift fehlt, erforderlich, die aber im Beschluss des Landgerichts nicht erwähnt und von den Parteien nicht vorgetragen wird. Es bleibt daher bei dem allein auf einen mündlichen Vertrag ohne Gerichtsstandsvereinbarung gestützten Klagvorbringen,
Im Übrigen ist es evident, dass bei einem Vertrag des vorliegenden Umfangs und Gewichts die Voraussetzungen des § 151 BGB nicht vorliegen, die im Übrigen im Beschluss des Landgerichts München II auch nicht erörtert werden. Da der Beschluss des Landgerichts München II den Parteivortrag zum Vertragsschluss ignoriert, verletzt er das rechtliche Gehör, ist willkürlich und es verbleibt bei der Zuständigkeit des Landgerichts München II.