Landgericht Hannover
Urt. v. 08.12.2022, Az.: 19 O 50/22

Bereicherungsrechtliche Rückzahlung von Krankenversicherungsbeiträgen nach Erhöhung des Beitrags

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
08.12.2022
Aktenzeichen
19 O 50/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 65942
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2022:1208.19O50.22

In dem Rechtsstreit
XXX - Kläger -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
gegen
XXX
- Beklagte -
Prozessbevollmächtigte:
XXXX
Terminsbevollmächtigte:
XXXX
hat das Landgericht Hannover - 19. Zivilkammer - durch den XXX auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.2022 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. 3.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 09.09.2022 auf 23.612,13 € und für die Zeit danach auf 25.950,- € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen - so macht er geltend - mehrerer unwirksamer Tariferhöhungen in der privaten Krankheitskosten- und Pflegeversicherung im Wege der Feststellungs- und Leistungsklage sowie auf Auskunft in Anspruch.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 30.04.1958 eine private Krankheitskosten- und Pflegeversicherung; mitversichert XXXX und bis zum 01.06.2021 XXX

Die Beklagte übermittelte dem Treuhänder XXX seit 2018 jeweils für das vorangegangene Jahr eine Gegenüberstellung der erforderlichen und der kalkulierten Leistungen, der den jeweiligen Beitragserhöhungen auch zustimmte.

Jeweils mit Nachtrag zum Versicherungsschein erhöhte die Beklagte den monatlichen Beitrag für den Kläger und seine Mitversicherte jeweils im Januar 2019, 2020 und 2021 sowie 2022. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Darstellung in der Klagschrift vom 11.04.2022 (Bl. 2ff. d.A.) sowie im Schriftsatz vom 30.08.2022 (Bl. 56ff. d.A.).

Auslöser der Anpassung waren jeweils geänderte Leistungsausgaben. Hinsichtlich der einzelnen gezahlten Beträge sowie die Dauer der geleisteten Beiträge wird Bezug genommen auf die tabellarische Darstellung in der Klagschrift vom 11.04.2022 (Bl. 13R d.A.) sowie im Schriftsatz vom 30.08.2022 (Bl. 56ff. d.A.).

Die formelle Rechtmäßigkeit der Beitragsanpassungen steht zwischen den Parteien nicht in Streit.

Der Kläger ist der Ansicht, die jeweiligen Beitragserhöhungen seien unwirksam, da dem Treuhänder zur Überprüfung der Verwendung von Mitteln für die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen nicht die vollständigen Unterlagen und Informationen vorgelegen hätten. Insbesondere hätten solche Unterlagen gefehlt, die wichtige Informationen zur Feststellung einer ausgewogenen Verteilung zwischen den jeweiligen Versichertenbeständen belegten, so dass der Treuhänder eine ausgewogene Verteilung der Limitierungsmittel nicht habe prüfen können. Dies sei ihm aus anderen, seinen Prozessbevollmächtigten bekannten, Sachverhalten bekannt, die auf ein systematisches Versagen der Treuhänderprüfung hindeuteten. Da die Prüfung aller Sachverhalte in gleicher Weise durchgeführt werde, sei davon auszugehen, dass die Unterlagen auch in seinem Fall eine gleichartige Unzulänglichkeit aufwiesen.

Für den Treuhänder sei unter anderem nicht ersichtlich gewesen, dass die Limitierungsmittel nur für Krankheitskostentarife und freiwillige Pflegekrankenversicherungen berücksichtigt worden sei, dass die Limitierungsmittel nur an Versicherte geflossen sei, die am Bilanzstichtag das 65. Lebensjahr vollendet hätten, dass die Mittel innerhalb der vorgesehenen Frist von drei Jahren verteilt worden wären sowie die Frage, ob Tarifgruppen bei der Verwendung der Limitierungsmittel bevorzugt oder vernachlässigt worden seien, denn es sei weder der genaue Leistungsinhalt ausgewiesen worden noch die Verteilung innerhalb verschiedener Leistungszweige. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Klagschrift vom 22.04.2022 (Bl. 6R. d.A.) Bezug genommen. Seiner Ansicht nach folge aus der Unvollständigkeit der Prüfunterlagen die Unwirksamkeit der jeweiligen Prämienanpassung.

Der Kläger meint zudem, er habe gegen die Beklagte einen Auskunftsanspruch, vermöge dessen sie ihm sämtliche Unterlagen für die Beitragsanpassungen n den Jahren 2013 bis 2017 mitteilen müsse sowie die Höhe sämtlicher auslösender Faktoren.

Mit Schriftsatz vom 30.08.2022, der der Beklagten am 09.09.2022 zugestellt worden ist, hat der Kläger den bisherigen Zahlungsantrag in Höhe von 305,94 € sowie seine ursprünglich - bezogen auf den Auskunftsanspruch - im Wege der Stufenklage geltend gemachten Feststellungs- und Zahlungsanträge teilweise zurückgenommen und die Klage gleichzeitig um einen Auskunftsanspruch bezüglich der auslösenden Faktoren erweitert.

Der Kläger beantragt nunmehr,

  1. 1.

    festzustellen, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken-/ Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer XXX unwirksam sind:

    1. a.

      in den Tarifen für XXX

      1. aa)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 2810V zum 01.01.2019 in Höhe von 50,70 €

      2. bb)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 2810V zum 01.01.2022 in Höhe von 36,15 €

    2. b.

      in den Tarifen für XXX

      1. aa)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif PZTBEST zum 01.01.2020 in Höhe von 7,64 €

      2. bb)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 922 zum 01.01.2020 in Höhe von 0,17 €

      3. cc)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 2810V zum 01.01.2020 in Höhe von 59,40 €

      4. dd)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif PZTBEST zum 01.01.2021 in Höhe von 11,69 €

      5. ee)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 2810V zum 01.01.2022 in Höhe von 69,40 €

    3. c.

      in den Tarifen für XXX

      1. aa)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 922 zum 01.01.2020 in Höhe von 0,53 €

      2. bb

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 2810V zum 01.01.2021 in Höhe von 79,40 €

      3. cc)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif PZTBEST zum 01.01.2021 in Höhe von 6,76 €

    4. d.

      in den Tarifen für XXX

      1. aa)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 922 zum 01.01.2020 in Höhe von 0,17 €

      2. bb)

        die Erhöhung des Beitrags im Tarif 2810A zum 01.01.2020 in Höhe von 8,50 €

    und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet, sowie der Gesamtbeitrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen um insgesamt 321,84 € zu reduzieren ist;

  2. 2

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite 5.738,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;

  3. 3.

    festzustellen, dass die Beklagte

    1. a.

      der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 1) aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

    2. b.

      die nach 3a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.

  4. 4.

    die Beklagte zu verurteilen, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 zur Versicherungsnummer XXX vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Angaben enthalten sind:

    • die Höhe der Beitragserhöhungen für die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,

    • die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Anschreiben und Nachträgen zum Versicherungsschein der Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 sowie

    • die der Klägerseite zum Zwecke der Beitragserhöhung übermittelten Begründungen sowie Beiblätter der Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017;

  5. 5.

    die Beklagte zu verurteilen, der Klägerseite Auskunft über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages mit der Vers.-Nr. XXX seit dem 1.1.2019 zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass es sich bei dem Vortrag des Klägers um solchen ins Blaue hinein handele, da seine Prozessbevollmächtigten sich dabei ausschließlich auf eine Entscheidung des OLG Stuttgart (Urteil vom 15.07.2021 - 7 U 237/18) bezögen und diese zum Anlass nähmen, bundesweit und gegen alle Versicherer den immer gleichen und damit pauschalen Vorwurf zu erheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie deren vorgetragenen Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klage ist überwiegend zulässig, namentlich auch soweit der Kläger mit den Anträgen zu Ziffer 1 und 3 eine Feststellung begehrt.

1.

Das besondere rechtliche Interesse an dieser (§ 256 Abs. 1 ZPO) ergibt sich für den Antrag zu 1 daraus, dass von der Frage der Wirksamkeit der Erhöhungen in der Vergangenheit auch die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten für die Zukunft vom Kläger verlangten Beiträge abhängt. Allein mit dem vom Kläger erstrebten Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge wäre nicht rechtskräftig festgestellt, dass er zukünftig nicht zur Zahlung des sich aus den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen ergebenden Erhöhungsbetrages verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19).

2.

Hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 3 ist die Klage nicht bereits wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Denn dies setzt voraus, dass dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist und diese das Rechtsschutzziel erschöpft, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15 -, juris m.w.N.)

An diesen Voraussetzungen fehlt es aber, weil die von der Beklagten gezogenen Nutzungen aus den nach Auffassung des Klägers rechtsgrundlos gezahlten Prämienanteilen für ihn im Zeitpunkt der Klageerhebung anhand der veröffentlichten Geschäftsberichte nur teilweise bezifferbar waren und es daher an der Zumutbarkeit der Erhebung einer Leistungsklage fehlte. Denn ein Versicherungsnehmer, der vom beklagten Versicherer die Herausgabe von Nutzungen aus rechtsgrundlos geleisteten Beitragszahlungen verlangt, ist für Anfall und Höhe tatsächlich gezogener Nutzungen darlegungs- und beweisbelastet. Dies verlangt ihm einen Tatsachenvortrag ab, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter gestützt werden kann (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17 - juris).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1.

Dem Kläger - der sich vorwiegend gegen die materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen wendet - steht kein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Der Versicherer ist gemäß § 203 Abs. 2 S. 1 VVG - wenn bei einer Krankenversicherung das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist - bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage, berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern der erforderliche Schwellenwert überschritten ist und ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zustimmt. Diese Voraussetzungen liegen nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien vor. Soweit der Kläger darüber hinaus einwendet, die Prämienanpassungen seien materiell unwirksam weil dem Treuhänder nicht die vollständigen Prüfunterlagen zur Verfügung gestanden haben, ist dieser Vortrag bereits als eine Behauptung ins Blaue hinein zu bewerten und damit unbeachtlich. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, verhilft der dahingehende Vortrag der Klage nicht zum Erfolg.

Im Einzelnen:

aa)

Die Beklagte hat für die streitgegenständlichen Prämienerhöhungen schlüssig dargelegt, dass die materiellen Voraussetzungen gemäß § 203 Abs. 2 S. 1 VVG in Verbindung mit § 155 VAG vorlagen, nämlich eine nicht nur vorübergehende Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage oberhalb der gesetzlich bzw. vertraglich festgelegten Schwellenwerte. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Prämienerhöhungen sämtlich auf einer Veränderung der Berechnungsgrundlage Versicherungsleistungen beruhten und dargelegt, dass die auslösenden Faktoren jeweils über dem in § 155 Abs. 3 VAG vorgeschriebenen Schwellenwert von 10 % bzw. von 5% gemäß der AVB lagen.

Diesem Vortrag ist der Kläger nicht entgegengetreten, er gilt damit als zugestanden.

bb)

Soweit der Kläger behauptet, die Beitragsanpassungen seien unwirksam weil dem Treuhänder nicht alle erforderlichen Unterlagen und Informationen betreffend die Rückstellungen für Beitragserstattungen vorgelegen hätten, gebricht es seinem Vortrag durchweg an der erforderlichen Substanz; er trägt nicht im Ansatz - auf den konkreten Sachverhalt bezogene - greifbare Anhaltspunkte dafür vor, warum davon auszugehen wäre, dass der Treuhänder, im Rahmen eines systematischen Versagens der Treuhänderprüfung, nicht nur lückenhafte Unterlagen erhalten hätte, sondern darüber hinaus entgegen der ihm obliegenden Pflichten diesen Umstand auch noch ignoriert und damit zu Unrecht seine Zustimmung erteilt hätte (dazu unter (a)).

Selbst wenn man dem Vortrag die notwendige Substanz unterstellen wollte, vermag sein Vortrag den von ihm geltend gemachten Anspruch nicht zu tragen (dazu unter (b)).

(a)

Grundsätzlich hat der Versicherer, wenn der Versicherte sich im Wege der negativen Feststellungsklage gegen eine Prämienanpassung wendet, darzulegen und nötigenfalls zu beweisen, dass die Voraussetzungen für die jeweilige Prämienanpassungen vorgelegen haben. Dem ist die Beklagte in hinreichender Weise nachgekommen. Sie hat, wie bereits ausgeführt, die auslösenden Faktoren mitgeteilt, um die die erforderlichen Leistungen die kalkulierten Leistungen jeweils überstiegen haben, weshalb eine Beitragsanpassung erforderlich gewesen sei und ferner darauf hingewiesen, dass die zuständigen Treuhänder den strittigen Anpassungen nach Prüfung zugestimmt haben. Diese Umstände hat der Kläger nicht angegriffen, sie gelten damit als zugestanden.

Weiteren Vortrag hatte die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Darlegungs- oder gar Beweislast nicht zu halten, da der Kläger seinerseits keine greifbaren Anhaltspunkte dargelegt hat, die für eine Unrichtigkeit der Berechnung sprächen. So hätte er, auch ohne genauere Kenntnis von betriebsinternen Vorgängen oder Zahlen sowie namentlich dazu welche Unterlagen und Informationen dem Treuhänder vorlagen, deutlich machen können, dass es objektive und nachvollziehbare Anhaltspunkte oder Anzeichen für eine fehlerhafte Berechnung insbesondere betreffend die Mittel der Rückstellung für Beitragsrückerstattungen, die sogenannte Limitierungsmittel, gibt, wie etwa im Vergleich zu anderen Versicherern ungewöhnlich hohe Beitragsanpassungen.

Soweit die Klägerseite die materielle Wirksamkeit der Beitragsanpassungen mit der Begründung in Abrede stellt, dem Treuhänder hätten nur unzureichende Unterlagen vorgelegen, ist dies nicht ausreichend substantiiert, sondern als Vortrag ins Blaue hinein und damit als unbeachtlich zu bewerten.

Das Vorbringen der Klägerseite hierzu ist vielmehr undifferenziert und wird zur Erfahrung der Kammer wortgleich gegen alle Krankenversicherer verwendet, obwohl die Klägervertreter selbst die Treuhänderunterlagen in keinem einzigen Fall gesichtet haben oder die Unterlagen der hiesigen Beklagten gesehen hätten. Tragen aber die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite gänzlich undifferenziert gegen private Krankenversicherer wortgleich vor, ohne auch nur im Ansatz zu erläutern, worauf die vorgetragenen Vermutungen basieren sollen, handelt es sich schlicht um unbeachtlichen Vortrag, auf den die Beklagte auch dann keine Erwiderung schuldet, wenn ihr grundsätzlich die Darlegungslast obliegen mag. Selbst auf die dahingehenden Ausführungen der Beklagten in der Klagerwiderung hat die Klägerseite ihr entsprechendes Vorbringen nicht ergänzt und sich etwa die Mühe gemacht, überhaupt vorzutragen, für welche Beitragsanpassungen der Vortrag genau Gültigkeit haben soll, obwohl die Anpassungen für mehrere Jahre beanstandet werden. Vielmehr hat die Klägerseite überhaupt nicht reagiert, sondern sich im gesamten weiteren Verfahren auf die Einreichung von Schriftsätzen beschränkt, die erkennbar nur aus den - in allen der Kammer bekannten Verfahren - immer gleichen Textbausteinen bestehen und jedweden Bezug zu dem konkret in Rede stehenden Sachverhalt vermissen lassen.

Hier ist zu konstatieren, dass sich die Annahme der Klägerseite stets und so auch hier auf dasselbe Verfahren vor dem OLG Stuttgart stützt und der Vortrag der Klägerseite damit seinen Ausgang in der "These" nimmt, wenn im Rahmen einer Prämienanpassung eines Versicherers für eine Altersgruppe in einem Tarif dem Treuhänder nicht alle relevanten Unterlagen vorlagen, lasse dies auf ein systematisches Versagen der Treuhänderprüfung schließen. Ein dahingehender Satz der Lebenserfahrung, der diesen - wohlwollend als solchen zu bezeichnenden - Anscheinsbeweis trägt, existiert indes nicht.

(b)

Auf Grundlage dieses Vortrags der Klägerseite war die Kammer daher weder veranlasst, der Beklagten aufzugeben, sämtliche Unterlagen vorzulegen, die sie dem Treuhänder zur Verfügung gestellt hatte, noch war Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hier ist jedenfalls bemerkenswert, dass die Klägerseite ohnehin meint, dass die Vollständigkeit der Unterlagen durch das Gericht selbst - ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen - vorgenommen werden könne und damit ausdrücklich die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht anstrebt.

Dieser Umstand selbst führt jedoch seinerseits dazu, dass der Kläger mit seinem Vorbringen, die erforderliche Substanz einmal unterstellt, nicht durchzudringen vermag.

Denn der BGH hat - seinerzeit für die Frage der Unabhängigkeit des Treuhänders - entschieden, dass die Zivilgerichte die Voraussetzungen und den Umfang der vorgenommenen Prämienerhöhung materiell zu prüfen haben, weil damit zugleich eine umfassende Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der vorgenommenen Beitragsanpassung erfolge, was für die Frage der Prämienstabilität unabdingbar sei (BGH, Urt. v. 19.12.2018 - IV ZR 255/17 - zitiert nach juris, dort Rn. 48). Die Frage der Unabhängigkeit des Treuhänders sei aber nicht gesondert von den Zivilgerichten zu prüfen (BGH, aaO.).

Das Prämienanpassungsverfahren vollzieht sich dabei in zwei Schritten. Der Versicherer muss zunächst, bei Anspringen des auslösenden Faktors, sowohl dem Treuhänder als auch der BaFIN die Gegenüberstellung der kalkulierten mit den tatsächlichen Leistungen vorlegen, § 17 Abs. 1 und 2 KVAV. Er muss dann alle Rechnungsgrundlagen überprüfen und soweit notwendig neu festlegen. Die anzustellende Beitragsberechnung muss dann gem. § 146 Abs. 1 Nr. 1 VAG auf versicherungsmathematischer Grundlage erfolgen, sie muss also aktuariellen Grundsätzen entsprechen, bei denen es sich um Erkenntnisse der Wissenschaft handelt, die auf aktuariellen Erkenntnissen beruhen und nicht durch Rechtssetzung oder Verwaltungspraxis definiert werden.

Nach dieser Neuberechnung muss der Versicherer - gewissermaßen in einem zweiten Schritt, der in systematischer Hinsicht jedoch Bestandteil der Neukalkulation ist (BGH, Urteil v. 19.12.2018, - IV ZR 255/17 - zitiert nach juris, dort Rn. 51f.; a.A. wohl, wenn auch widersprüchlich: Franz/Püttgen, aaO., 1, 12) - über die Verwendung der Mittel aus den Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen entscheiden, namentlich, ob diese eine Beitragsanpassung reduzieren oder gar verhindern.

Diese Entscheidung des Versicherers, ob und in welcher Höhe Mittel aus der Rückstellung für Beitragserstattungen als Limitierungsmittel verwendet werden, ist im Kern unternehmerischer Natur, bei der dem Versicherer ein gewisser Entscheidungsspielraum zusteht (Franz/Püttgen, aaO., 1, 12). Die Grenzen sind allein in § 155 Abs. 2 VAG aufgestellt, wonach die Mittel zur Begrenzung der Beitragserhöhungen angemessen auf die Versichertenbestände mit und ohne einen Beitragszuschlag aufzuteilen sind, mithin nicht generell angemessen, und es muss der Zumutbarkeit der prozentualen und absoluten Beitragssteigerungen ausreichend Rechnung getragen werden (Franz/Püttgen, aaO.). Nur diese Grenzen sind überhaupt durch den Treuhänder überprüfbar, eine Verletzung kann zu einer Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen führen (BGH, Urteil v. 19.12.2018, - IV ZR 255/17 - zitiert nach juris, dort Rn. 51f.)

Das Prüfungsverfahren des Treuhänders, dieser in zwei Schritten vollzogenen Prämienanpassung, erstreckt sich (nur) darauf, festzustellen, ob die Berechnung der Beiträge mit den dafür geltenden Rechtsvorschriften in Einklang stehen, ob sie also unter versicherungsmathematischen Grundsätzen nicht zu beanstanden sind; hingegen muss der Treuhänder die Kalkulation nicht nochmal selber durchführen oder reproduzieren. Ist dies der Fall, handelt es sich bei der Zustimmung durch den Treuhänder um eine gebundene Entscheidung.

Bei dieser Prüfung muss der Treuhänder auch die hinreichende Berücksichtigung der Rückstellungen für Beitragserstattungen in den Blick nehmen und dieser zustimmen. Bei seiner Prüfung hat der Treuhänder zu gewährleisten, dass die satzungs- und bedingungsgemäßen Voraussetzungen erfüllt und die Belange der Versicherten - in ihrer Gesamtheit - gewahrt sind (Franz/Püttgen, aaO.).

Dabei kommt es nach dem Wortlaut insbesondere auf die Angemessenheit der Verteilung unter den Versicherten mit und ohne Beitragszuschlag an sowie auf die Zumutbarkeit der prozentualen und absoluten Beitragssteigerung für die Versicherten über 65 Jahren. Es handelt sich demnach um Tatbestandmerkmale, denen eine subjektive Komponente innewohnt. Bei seiner Bewertung darf der Treuhänder nicht seine Entscheidung an die des Versicherers setzen (Franz/Pütting, aaO., 1, 13), insbesondere da die Belange der Versicherten nicht optimal, sondern "nur" ausreichend berücksichtigt sein müssen, und hat dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein absoluter Maßstab dafür, was "zumutbar" ist, nicht existiert. Insgesamt kann bei der Entscheidung des Treuhänders, ob er seine Zustimmung erteilt, keine volle Entscheidungsfreiheit bestehen, weil die Verwendung der Limitierungsmittel im Kern eine unternehmerische Entscheidung darstellt. Ob seiner Kontrollfunktion kann ihm daher allein ein Vetorecht zustehen, wenn sich die Entscheidung des Versicherers nicht mehr im Rahmen dessen bewegt, was mit Blick auf die ausreichende Wahrung der Belange der - im Sinne aller - Versicherten vertretbar ist.

Zur Beurteilung der Frage, ob er sein Vetorecht ausübt oder zustimmt, sind dem Treuhänder alle maßgeblichen Unterlagen und Informationen vorzulegen, damit der Treuhänder die Entscheidung des Versicherers hinreichend nachvollziehen kann. Für den Versicherer besteht insoweit eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Vorlage mit der indes schon kein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch korrespondiert. Fehlen Unterlagen, führt dies auch nicht aus sich heraus zu einem Mangel der Beitragsanpassung, sondern dieser Umstand löst zunächst ein Nachfragerecht aus, das sich zu einer Nachfragepflicht verdichten kann (Franz/Pütting, aaO., 1, 18f.). Regelmäßig erforderlich ist dabei eine Vorlage der Übersicht über die geplante Verwendung der Mittel und das verwendete Simulationsmodell, eine Übersicht über die Auswirkungen der Beitragsanpassungen auf den Bestand sowie die Geschäftsjahresentwicklung der Rückstellungen für Beitragserstattungen bei der geplanten Verwendung der Limitierungsmittel. Weitere Unterlagen wären wohl bei einer entsprechenden Nachfrage des Treuhänders auszuhändigen; eine Vorlagepflicht, die sich auf sämtliche technische Berechnungsgrundlagen erstreckte, besteht allerdings nicht, wie schon der Wortlaut des § 155 VAG zeigt, der von den "für die Prüfung erforderlichen Unterlagen" spricht. Eine Nachfragepflicht besteht, wenn dem Treuhänder Unterlagen fehlen, die zur Meinungsbildung unbedingt benötigt werden. Der Übergang zwischen erforderlichen und nicht erforderlichen Unterlagen ist dementsprechend fließend.

Für die Überprüfung der Beitragsanpassungen ist die Frage, welche Unterlagen erforderlich sind bzw. waren jedoch ohne Belang, da sich die Kontrolle an den seinerzeit tatsächlich vorgelegten Unterlagen zu orientieren hat (vgl. BGH, Urteil v. 19.12.2018, - IV ZR 255/17 - zitiert nach juris, dort Rn. 54). Entscheidungserheblich wird demnach die Frage, welche Unterlagen erforderlich waren und ob diese dem Treuhänder vorlagen nur dann, wenn durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen überprüft werden soll, ob die versicherungsmathematische Berechnung aktuariellen Grundsätzen entsprach. Dies ist aber von der Klägerseite gerade nicht gewollt.

Daraus folgt nach Auffassung der Kammer, dass aus diesen Gründen eine (isolierte) Überprüfung des Vorgangs um die Zustimmung des Treuhänders nicht stattfinden kann. Denn es bestünde im Falle einer entsprechenden Feststellung der Unvollständigkeit der Prüfunterlagen die Gefahr, dass die Prämienanpassung vom Gericht allein aus diesem Grund für unwirksam erachtet würde, obwohl nicht festgestellt wäre, ob der Treuhänder - unterstellt, er wäre vollständig informiert worden - seine Zustimmung nicht hätte gleichwohl erteilen müssen, weil die Prämienanpassung an sich inhaltlich richtig war (vgl. hierzu: BGH, Urteil v. 19.12.2018, - IV ZR 255/17 - zitiert nach juris, dort Rn. 48, betreffend die Frage der Überprüfbarkeit der Unabhängigkeit des Treuhänders). Eine Verurteilung der Beklagten wäre in dieser Konstellation schlicht falsch und knüpfte allein daran an, dass der Treuhänder von seinem Nachfragrecht oder seiner Nachfragepflicht keinen Gebrauch gemacht hat, ohne dass ersichtlich wäre, dass diese - unterstellte - Nachlässigkeit überhaupt an irgendeiner Stelle Auswirkungen gehabt hätte.

Da die Klägerseite aber die inhaltliche Richtigkeit der Prämienanpassungen ausdrücklich nicht angreift, sondern meint, ihr stehe allein wegen der Unvollständigkeit der Prüfunterlagen ein Rückzahlungsanspruch zu, kann ihrem Begehr - der Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragsanpassung und Rückzahlung in vollständiger Höhe - bei einer entsprechenden isolierten Betrachtung des Treuhändervorgangs nicht entsprochen werden. Dabei verkennt die Klägerseite ferner, dass die Vollständigkeit der Prüfunterlagen für den Treuhänder gerade keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist, sondern es gem. § 155 Abs. 3 und 4 VAG allein darauf ankommt, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Leistungen jenseits der gesetzlich oder vertraglich festgelegten Schwellenwerte zu verzeichnen ist.

Es liefe jedoch dem Sinn und Zweck der Regelungen in § 155 VAG und § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG zuwider, wenn eine Prämienanpassung trotz Vorliegens der inhaltlichen Voraussetzungen allein an einer mangelnden Informationslage seitens des zuständigen Treuhänders scheiterte, wenn er auch bei vollständiger Information seine Zustimmung hätte erteilen müssen. Denn die Vorschriften zur Prämienanpassung bezwecken es, die Einhaltung des Äquivalenzprinzips und die dauerhafte Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen zu gewährleisten (BGH, Urteil v. 19.12.2018, - IV ZR 255/17 - zitiert nach juris, dort Rn. 49 unter Verweis auf: BT-Drucks. 12/6959 S. 105 re. Sp.).

Demgemäß berechtigt die Regelung in § 155 VAG den Versicherer nicht nur zur Vornahme einer Prämienanpassung unter den dort genannten Voraussetzungen, sondern begründet zugleich eine entsprechende Verpflichtung. Daraus ergibt sich, dass auch eine vorübergehende Äquivalenzstörung im Interesse der Beitragsstabilität vermieden werden muss. Eine solche träte ein, wenn eine Prämienanpassung, zu der der Versicherer zwecks Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit aus materiellen Gründen verpflichtet ist, nur wegen folgenloser unzureichender Information des Treuhänders für unwirksam erklärt würde, diese aber im Zuge der nächsten jährlichen Überprüfung vom Versicherer nachgeholt werden müsste, wobei die dann vorzunehmende Anpassung wegen der zwischenzeitlich entstandenen Lücke bei den Prämienzahlungen gegebenenfalls sogar höher ausfallen könnte (vgl. BGH, aaO.)

Dies muss in besonderem Maße dann gelten, wenn die Überprüfung ob und in welcher Höhe Limitierungsmittel zu verwenden sind in erster Linie eine Ermessensentscheidung des Versicherers im Sinne einer unternehmerischen Entscheidung sind, bei der die Belange der Versicherten angemessen zu berücksichtigen sind sowie die Grenze des Zumutbaren nicht überschritten werden darf und die damit naturgemäß schon nicht richtig oder falsch sein kann.

cc) Soweit der Kläger auf S. 22 der Klageschrift in einem Satz ausführt, dass mangelhafte Belehrungen zur Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen führen, hat die Kläger keinerlei Mängel aufgezeigt, sondern insoweit überhaupt keinen Vortrag - schon gar nicht zum Inhalt irgendwelcher Schreiben der Beklagten - gehalten.

2.

Insgesamt sind daher auch der Feststellungsantrag zu 1 sowie zu 3 unbegründet.

3.

Da die Klage insgesamt unbegründet ist, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen.

4.

Auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch steht dem Kläger nicht zu.

a)

Dem Kläger steht der mit dem Antrag zu 4 geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.

a)

Ein Auskunftsanspruch ergibt sich zunächst nicht aus Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung - DS-GVO).

Die Kammer schließt sich insoweit vollumfänglich den überzeugenden und auf den hiesigen Fall übertragbaren Ausführungen des OLG Hamm (Beschluss vom 15. November 2021 - I-20 U 269/21) an, das wie folgt ausführt:

"Der Beklagten steht ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 Buchstabe b) DS-GVO zu. Die Vorschrift führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen "exzessiven" Antrag auf. Die Verwendung des Wortes "insbesondere" macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will (vgl. Heckmann/Paschke, in Ehlmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung 2. Aufl. Art. 12 Rn. 43).

Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DS-GVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden und die Rechtmäßigkeit dieser Verarbeitung überprüfen zu können (so auch BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19, VersR 2021, 1019 Rn. 23).

Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger aber nach seinem eigenen Klagevorbringen überhaupt nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr - wie sich aus der Koppelung mit den unzulässigen Klageanträgen auf Feststellung und Zahlung zweifelsfrei ergibt - ausschließlich die Überprüfung etwaiger vom Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DS-GVO aber nicht umfasst (wie hier LG Wuppertal, Urteil vom 29. Juli 2021 - 4 O 409/20, BeckRS 2021, 25249 Rn. 31 ff.)."

b)

Der Kläger kann seinen Auskunftsanspruch auch nicht auf §§ 241 Abs. 2, 242 BGB stützen, da dies - nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - voraussetzt, dass der Schuldner in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im ungewissen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2013 - VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 Rn. 20).

aa)

Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt, sondern zunächst widersprüchlich vortragen lassen, er wisse aus der Übersendung der Nachträge zum Versicherungsschein und den Informationsschreiben, dass die Beiträge angepasst worden seien (Seite 3 der Klagschrift vom 8. Oktober 2021, Bl. 3 d.A.), nur um sodann vorzutragen, dass ihm die Nachträge zum Versicherungsschein nicht vorlägen (Seiten 11 der Klagschrift vom 8. Oktober 2021, Bl. 7 d.A.) Das Fehlen der Unterlagen sei auch entschuldbar, da er aufgrund der ihm gestellten Versicherungsbedingungen davon habe ausgehen dürfen, dass ältere Versicherungsscheine nach Zusendung der aktuellen Version keinen Eigenwert mehr hätten. Gleichwohl zitiert er an späterer Stelle umfangreich aus Informationsschreiben und weiteren Anlagen, die die geltend gemachten Zeiträume vollumfänglich abdecken.

Daraus folgt, dass der Kläger zum Teil über die begehrten Informationen verfügt, also schlicht nicht auf die Auskunft angewiesen ist, weil sie ihm entgegen seines Vortrages tatsächlich vorliegen. Hinsichtlich der Auskunft zu der Höhe der jeweiligen Prämienanpassung unter Angabe des Tarifs ist nicht ersichtlich, dass diese in entschuldbarer Weise nicht mehr vorliegen. Es ist anhand der gewählten Textbausteine, die keinen Bezug zum konkreten Sachverhalt erkennen lassen, nicht ersichtlich, welche Formulierung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen den Kläger bewogen haben sollten, den Nachtrag zum Versicherungsschein zu entsorgen, zumal er die Informationsschreiben nebst Anlagen aufbewahrt hat.

Nachdem die Beklagte den dahingehenden - schon pauschalen - Vortrag des Klägers zudem bestritten hat, durfte der Kläger sich nicht auf noch pauschaleren Vortrag in dem Schriftsatz vom 8. Februar 2022 zurückziehen. Auch dort behauptet er schlicht und wiederholend, die Versicherungsscheine lägen ihm nicht mehr vor - ohne konkret darzulegen, warum. Dieser Vortrag genügt bereits nicht den Anforderungen an substantiierten Parteivortrag, nachdem der Kläger unstreitig zunächst alle Unterlagen erhalten hat und dazu noch aus Teilen dieser Unterlagen umfangreich zitiert, woraus zu schließen ist, dass sie ihm vorliegen. Der Kläger wäre daher gehalten gewesen, zu seiner pauschalen Behauptung weiter Vorzutragen und nötigenfalls Beweis anzutreten.

Hinzutritt, dass sich sein Vortrag nicht hinreichend konkret dazu verhält, dass es tatsächlich Beitragsanpassungen gegeben hat. Denn insoweit wirft sein Vortrag die Frage auf, wie einerseits die begehrten Informationen nicht vorliegen können - er also deren Inhalt nicht kennt und deswegen auf Auskunft angewiesen ist - und andererseits bekannt ist, dass es Beitragsanpassungen gegeben hat.

Entgegen seiner Auffassung wäre der Kläger hier gehalten gewesen - jedenfalls im Hinblick auf das Bestreiten der Beklagten - etwa seine Kontoauszüge durchzugehen und anhand der monatlichen Überweisungsbeträge eine veränderte Zahlung zu belegen, die zumindest ein gewichtiges Indiz für eine Anpassung der Beiträge geliefert hätte. Ferner hätte es ihm angesichts des Bestreitens der Beklagten oblegen, für seine Behauptung Beweis anzutreten.

b)

Auch der mit dem Antrag zu 5 geltend gemachte Auskunftsanspruch zur Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien seit 2019 war abzuweisen.

Denn auch wenn grundsätzlich davon auszugehen ist, dass dem Kläger insoweit aus § 242 BGB ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zusteht, war die Klage abzuweisen, da der Auskunftsanspruch selbst zu unbestimmt gehalten ist und der Kläger nicht einmal vorgetragen hat, dass in dem geltend gemachten Zeitraum - neben den konkret angegriffenen - Tarife Vertragsbestandteil waren, die von einer Beitragsanpassung betroffen gewesen wären. Es fehlt darüber hinaus an jeglichem Vortrag dazu, warum der Kläger auf die begehrte Auskunft angewiesen ist, warum er also meint, aus der zu erteilenden Auskunft den in zweiter Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruch herleiten zu können.

Soweit der Kläger eingewendet hat, er könne durch einen Abgleich seiner Kontoauszüge lediglich die Höhe des Mehrbetrages feststellen, hätte dieser Vortrag jedenfalls ausgereicht, um darzulegen, dass eine Erhöhung stattgefunden hat.

Verurteilte man die Beklagte auf Grundlage dieses Vortrags, nach dem völlig unklar bleibt, ob überhaupt eine zu erteilende Auskunft möglich ist, oder ob es schlicht an weiteren Beitragsanpassung und fehlt, belastete man die Beklagte mit den Kosten des Prozesses obwohl faktisch keine Auskunftserteilung zu erwarten wäre.

Ohnehin bleibt völlig offen, aus welchem Grunde der Kläger die geltend gemachte Auskunft begehrt. Da aus einer Vielzahl von Verfahren, die die Prozessbevollmächtigten des Klägers vor dem Landgericht Hannover führen, bekannt ist, dass der Auskunftsanspruch dem Angriff materieller Wirksamkeit dienen soll, wenn der Schwellenwert des § 8b MB/KK überschritten ist, aber nicht der gesetzlich vorgesehene, steht zu vermuten, dass in diesem Verfahren allein die entsprechenden Textbausteine einem redaktionellen Versehen zum Opfer fielen.

Denn dann könnte der Kläger aus der begehrten Auskunft keine Rechte herleiten. Vielmehr war die Beklagte zu einer vertraglichen Herabsetzung des Schwellenwertes berechtigt und hat dies entsprechend § 8b Abs. 1 MB/KK auch wirksam umgesetzt.

Der BGH hat hierzu ausgeführt (Urteil vom 22.06.2022 - IV ZR 253/20 - zitiert nach juris, dort Rn. 33ff.), dass die Unwirksamkeit von § 8b Abs. 2 MB/KK nicht zur Folge hat, dass auch § 8b Abs. 1 MB/KK unwirksam wäre und darüber hinaus die hier maßgebliche Regelung in den Tarifbedingungen der Beklagten, die auf § 8b Abs. 1 Satz 2 MB/KK Bezug nimmt, nicht mehr anwendbar wäre.

VI.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 269 Abs. 2 S. 3, 709 ZPO. Der Streitwert war gem. §§ 3, 9 ZPO festzusetzen.