Landgericht Hannover
Urt. v. 22.12.2022, Az.: 4 S 5/21

Kündigung des Prämiensparvertrags nach Erreichen der höchsten Prämienstufe der Sparkassen-AGB aufgrund des Niedrigzinsumfelds

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
22.12.2022
Aktenzeichen
4 S 5/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 53391
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2022:1222.4S5.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hameln - 05.02.2021 - AZ: 22 C 55/20

In dem Rechtsstreit
XXX
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
gegen
XXX
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
hat das Landgericht Hannover - 4. Zivilkammer - durch XXX auf die mündliche Verhandlung vom 15.11.2022 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin wird das am 05.02.2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hameln (22 C 55/20) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt abgeändert:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.287,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.03.2020 zu zahlen.

  2. 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte und Berufungsklägerin zu 37 % und die Klägerin und Berufungsbeklagte zu 63 %.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

  5. 5.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.493,03 € festgesetzt.

Gründe

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Hameln vom 05.02.02.2021 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte begehrt mit der Berufung die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und tritt der Begründung des Amtsgerichts in der angegriffenen Entscheidung entgegen. Es sei keine Vertragslaufzeit von 99 Jahren durch Übersendung eines Kundenfinanzstatus vereinbart, vielmehr bestünde nach der Rechtsprechung des BGH ein Kündigungsrecht. Die vorgelegte Berechnung der Klägerin sei unzutreffend; sie behauptet insoweit, es sei ein Referenzzinsatz von 6 % und nicht 7,29 % anzusetzen. Im Übrigen sei ein Zahlungsanspruch verjährt und verwirkt.

Die Klägerin trägt in der Berufung vor, der Sparvertrag sei "während der gesamten Dauer immer so gelebt" worden, "dass er bis zum vereinbarten Vertragsende fortbesteht". Die Zeugin XXX als Kundenberaterin bei der Beklagten habe immer darauf verwiesen, dass dieser Sparvertrag "quasi lebenslang bei einem Vertragsende in 99 Jahren" einen hohen Sparzins sichert. Die Klägerin habe überdies nach erfolgter Kündigung zum 31.12.2019 noch eine Einzahlung in Höhe von 51,13 € akzeptiert und damit konkludent zum Ausdruck gebracht, den Vertrag weiter fortführen zu wollen.

Auf den Übrigen Vortrag der Parteien wird Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen XXX vom 25.04.2022. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass der streitgegenständliche Prämiensparvertrag nicht durch die Kündigung der Beklagten beendet wurde, sondern ungekündigt fortbesteht. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts durfte die Beklagte den streitgegenständlichen Prämiensparvertrag nach Erreichen der höchsten Prämienstufe gem. Nr. 26 Abs. 1 der Sparkassen-AGB aufgrund des Niedrigzinsumfelds kündigen (vgl. BGH, Urteil vom 14.5.2019 - XI ZR 345/18 = NJW 2019, 2920). Der Prämiensparvertrag wurde entgegen der Ansicht der Klägerin auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine feste Vertragslaufzeit ist im Vertrag vom 28.04.1998 (Anlage K1, Bl. 11 d.A.) nicht vereinbart. Der Ausdruck "Vertragswerte" vom 20.07.2017 (Anlage K15, Bl. 83 d.A. bzw. K17, Bl. 148 f. d.A.) begründet keine nachträgliche Vertragsänderung zu einer festen Vertragslaufzeit von 99 Jahren, da es ersichtlich am Rechtsbindungswillen der Beklagten fehlt, da nur allgemeine Informationen mitgeteilt werden (so zutreffend OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 03.06.2021 - 3 U 42/21 = BeckRS 2021, 15779, Rz. 28).

In der durch die Klägerin angeführten Entscheidung des OLG Nürnberg (Urt. vom 16.11.2021, 14 U 185/21) war, anders als hier, eine Laufzeit von 1188 Monaten bereits im Vertrag angeführt. Der Sachverhalt ist daher nicht vergleichbar. Gleiches gilt für die Entscheidung OLG Dresden, Urt. vom 21.11.2019 (8 U 1770/18).

Nichts Anderes ergibt sich aus dem Berufungsvortrag der Klägerin, der Sparvertrag sei während der gesamten Laufzeit so gelebt worden und die Zeugin XXX habe auf die lebenslange Absicherung bis zu einem Vertragsende in 99 Jahren verwiesen. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte mit der Klägerin - anfänglich oder nachträglich - eine konkrete Vertragslaufzeit vereinbaren wollte. Auch die Äußerungen der Zeugin XXX lassen keinen Rechtsbindungswillen zu einer nachträglichen Änderung hin zu einer konkreten Vertragslaufzeit erkennen. Der Verweis auf eine vermeintlich bereits vereinbarte Laufzeit beinhaltet nicht die Absicht eine solche zu vereinbaren, da dies vermeintlich bereits erfolgt war. Das Festhalten an dem, zum damaligen Zeitpunkt ungekündigten, Prämiensparvertrag im Jahre 2014 beinhaltet nicht ersichtlich die Vereinbarung einer konkreten Laufzeit. Die Mitteilung nach verständiger Auslegung voraussichtlicher Laufzeiten im Kundenfinanzstatus oder ähnlich dient lediglich der Information des Kunden und lässt keinen Rechtsbindungswillen zur Vereinbarung einer bestimmten Vertragslaufzeit erkennen. Die stillschweigende Entgegennahme weiterer Sparraten führt nicht zu einer Vertragsänderung bzw. Verlängerung (auf bestimmte oder unbestimmte Zeit), da Schweigen anerkanntermaßen keinen Erklärungswert hat.

2.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.287,43 € aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Prämiensparvertrag. Ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 895,59 € (insgesamt also 2.183,02 €) besteht weder aus dieser noch einer anderen Anspruchsgrundlage.

a)

Die in dem Prämiensparvertrag enthaltene Formularklausel "Die Spareinlage wird variabel z.?Zt. mit 3,5?% verzinst", nach der bei objektiver Auslegung eine Änderung des Zinssatzes mit der Änderung eines Aushangs im Kassenraum der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin in Kraft tritt, ist in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (BGH, Urt. v. 6.10.2021 - XI ZR 234/20 -, juris Rn. 29 mwN). Denn die Klausel bestimmt bei der gebotenen objektiven Auslegung ein Zinsänderungsrecht der Beklagten, aber keine Voraussetzungen, die für eine Änderung des variablen Zinssatzes vorliegen müssen. Die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstandene Regelungslücke kann nicht nach § 306 Abs. 2 BGB durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten entsprechend § 315 Abs. 1 BGB oder durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Klägers gemäß § 316 BGB geschlossen werden, da das in der unwirksamen Preisanpassungsklausel enthaltene einseitige Leistungsbestimmungsrecht ersatzlos weggefallen ist (BGH, aaO Rn. 41 mwN).

b)

Infolgedessen hat die Kammer im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) die maßgeblichen Parameter der Zinsanpassung selbst festzustellen, die in sachlicher Hinsicht (Bindung des Vertragszinssatzes an einen aussagekräftigen Referenzzinssatz, Festlegung der Anpassungsschwelle) und in zeitlicher Hinsicht (Festlegung des Anpassungsintervalls) dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen und dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen genügen müssen (vgl. BGH aaO). Für die vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung sind die im Vertrag enthaltenen Bedingungen maßgebend. Zu diesen gehören die von der Klägerin in einem monatlichen Rhythmus zu leistende Spareinlage, die variable Verzinsung der Spareinlage, die ab dem dritten Sparjahr der Höhe nach - bis zu 50?% ab dem 15. Sparjahr - gestaffelte verzinsliche Prämie auf die Einzahlungen des jeweils abgelaufenen Sparjahres, die für die Klägerin geltende Kündigungsfrist von drei Monaten und der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Beklagten nach Nr. 26 AGB-Sparkassen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14.5.2019 - XI ZR 345/18 -, BGHZ 222, 74 Rn. 38?ff.). Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass das Recht der Klägerin, den Vertrag ordentlich mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen, angesichts der nach Jahren gestaffelten Sparprämie keine wirtschaftlich vernünftige Handlungsoption für ihn darstellt (BGH, aaO Rn. 43 mwN), weil die Prämien auch nach dem 15. Sparjahr noch attraktiv sind. Der Klägerin kam daher das Recht zu, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe und damit bis Ablauf des 15. Sparjahres spart (BGH aaO mwN). Da die Parteien Individualabreden zur variablen Verzinsung im konkreten Fall nicht behauptet haben, ist für die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie für die Auslegung und Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die typischen Vorstellungen der an Geschäften gleicher Art beteiligten Verkehrskreise abzustellen (BGH, aaO Rn. 44 mwN; OLG Dresden, BKR 2022, 579 [OLG Dresden 13.04.2022 - 5 U 1973/20] Rn. 15-18).

Nach diesen Maßgaben entspricht es dem verobjektivierten Willen der Parteien unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen XXX in dessen schriftlichem Gutachten vom 25.04.2021 am ehesten, die dort angeführten kombinierten Zinsreihen zugrunde zu legen. Der Sachverständige führt überzeugend aus, dass für die Berechnung zunächst die Zinsreihe BBK01 SU0542 für den Zeitraum bis 2003 heranzuziehen ist, die insbesondere Spareinlagen mit höherer Verzinsung ohne Vereinbarung einer Vertragsdauer oder Gewährung einer Prämie bzw. eines Bonus betrifft; diese Zinsreihe sei passgenau zu dem in Rede stehenden Prämiensparvertrag. Ab Januar 2003 sei auf die Zinsreihe BBK01 SUD105 zurückzugreifen, in die explizit Prämien und Boni einfließen. Die Zeitreihen seien zu kombinieren und am besten passend. Auf den übrigen Inhalt der Begutachtung und Berechnung wird Bezug genommen. Von der durch den Sachverständigen zugrunde gelegten Berechnung der Sparkasse (per 31.12.2019, S. 20 des Gutachtens unten) sind weiterer 306,78 € abzuziehen, die Beklagte ausweislich des Auszugs Anlage K11 (Bl. 36 d.A.) nach dem 31.12.2019 an die Beklagte gezahlt hat. Es ergibt sich daher eine Zinsdifferenz von 17.606,12 € + 306,78 €= 17.912,90 € abzgl. des durch den Sachverständigen errechneten Zinsanspruchs in Höhe von 19.200,33 €, mithin 1.287,43 €. Ein darüberhinausgehender Zinsanspruch ergibt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht. Insbesondere ist die durch das Privatgutachten XXX der Klägerin verwendete Zinsreihe BBK01 WX4260 nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen (S. 6 des Gutachtens) nicht als Berechnungsgrundlage geeignet, da die zugrundeliegende Datenbasis "inländische Inhaberschuldverschreibungen/ Hypothekenpfandbriefe" wirtschaftlich nichts mit Sparverträgen zu tun hat. Auch die vergleichbare Zinsreihe über Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/ Bankschuldverschreibungen /... (S. 7 des Gutachtens) sei mangels Äquivalenz ungeeignet, ebenso die Zinsreihe BBK.01.SU0022.

Dass im Parallelverfahren OLG Dresden (5 U 1973/20) sachverständig beraten eine andere Zinsreihe (W U9554-Ist) verwendet wurde, ist vorliegend ohne Belang, da es sich um eine tatsächliche, und keine rechtliche Frage handelt. Die Beklagte (Schriftsatz vom 13.05.2022) trägt überdies nicht vor, warum diese Zinsreihe für die Berechnung besser geeignet sein soll, als die kombinierte Zinsreihe wie durch den Sachverständigen XXX verwendet; auch beantragt sie nicht, den Sachverständigen hierzu zu hören.

c)

Hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 1.586,85 € ist der Beklagten der Einwand der unzutreffenden Berechnung des Zinsanspruchs nicht bereits verwehrt, da sie den Zahlungsanspruch insoweit nicht mit Schreiben vom 05.05.2020 (Anlage K7, Bl. 24 d.A.) deklaratorisch anerkannt hat, § 781 BGB. Das kausale Schuldanerkenntnis hat zur Voraussetzung, dass die Parteien das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen und es endgültig festzulegen suchen. (BeckOK BGB/Gehrlein, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 781 Rn. 8 m.w.N.). Bei verständiger Auslegung des Schreibens fehlt es am notwendigen Rechtsbindungswillen der Beklagten zur endgültigen Festlegung eines Nachzahlungsbetrages. Zwar wird, anders als im weiteren Verlauf des Schreibens bzgl. der Einreden der Verjährung und Verwirkung, kein ausdrücklicher Vorbehalt der späteren Neuberechnung der Anspruchshöhe mitgeteilt. Allerdings ist in Zusammenschau mit dem abschließenden Vergleichsangebot - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - davon auszugehen, dass die Berechnung lediglich der Information der Klägerin sowie als Bezugsgröße des nachfolgenden Vergleichsangebots dienen sollte, an das sich die Beklagte zudem nur zeitlich befristet binden wollte, ohne in Aussicht zu stellen, den errechneten Nachzahlungsbetrag in jedem Fall zahlen zu wollen.

d)

Der Anspruch ist nicht verjährt. Die Ansprüche der Verbraucher auf Zahlung weiterer Zinsbeträge aus den Prämiensparverträgen werden frühestens mit Beendigung der Prämiensparverträge fällig (BGH BKR 2022, 38 [BGH 06.10.2021 - XI ZR 234/20]). Daher sind weder Regel- noch absolute Verjährung gem. §§ 195, 199 Abs. 1 bzw. Abs. 4 BGB eingetreten, weil der Verjährungsbeginn nach diesen Vorschriften in objektiver Hinsicht an die Entstehung des Anspruchs anknüpft, die dessen Fälligkeit voraussetzt (BGH a.a.O., Rn. 63).

Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht der Einwand der Verwirkung entgegen. Eine Verwirkung kommt gemäß § 242 BGB in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach den Gesamtumständen auch darauf einrichten durfte (sog. Umstandsmoment), dass der Berechtigte das Recht nicht mehr geltend machen werde (OLG Dresden, Urt. v. 11.6.2015 - 8 U 1760/14 -, juris Rn. 34). Unabhängig vom Zeitmoment fehlt jedenfalls das Umstandsmoment. Es fehlt bereits an einem Verhalten der Klägerin, aufgrund dessen die Beklagte berechtigt gewesen wäre, Vertrauen in die "Nichtinanspruchnahme" eines weitergehenden Anspruchs auf variable Verzinsung zu entwickeln. Die bloße widerspruchslose Hinnahme jährlicher Zinsgutschriften reicht einer etwaigen Sorgfaltspflicht, Eintragungen im Sparbuch sofort nach dessen Erhalt auf Richtigkeit zu prüfen und Einwendungen unverzüglich zu erheben, jedenfalls nicht aus, ein solches Vertrauen zu begründen. Hinzu kommt, dass die mit der finanzwirtschaftlichen Entwicklung seit 1994 zu dem extrem niedrigen Zinsniveau bei Vertragsbeendigung 2016 einhergehende betriebswirtschaftliche Erschwernis auskömmlicher Gegengeschäfte zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten variablen Zins- und festen Prämienansprüche keine beachtliche Disposition darstellt, sondern lediglich das von der Beklagten eingegangene wirtschaftliche und unternehmerische Risiko widerspiegelt (vgl. OLG Dresden BKR 2022, 579 [OLG Dresden 13.04.2022 - 5 U 1973/20] Rn. 33).

3.

Der Anspruch auf Verzugszinsen auf die Hauptforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergibt sich aus §§ 280, 286 BGB seit dem 24.03.2020, dem Folgetag der mit vorgerichtlichen Forderungsschreiben vom 16.03.2020 gesetzten Zahlungsfrist zum 23.03.2020 (Anlage K5, Bl. 17 d.A.).

Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten besteht weder nach dieser noch einer anderen Anspruchsgrundlage, da nicht dargelegt ist, dass die Beklagte bei Beauftragung des Klägervertreters in Verzug mit der Zahlung ausstehender Zinsen gewesen wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Weder ist im zugrundliegenden Vertrag eine konkrete (anders OLG Nürnberg, Urt. vom 16.11.2021, 14 U 185/21 und OLG Dresden, Urt. vom 21.11.2019, 8 U 1770/18), noch eine "maximale" Dauer oder Laufzeit festgelegt (hierzu einerseits AG Duisburg v. 31.05.2021, Az. 502 C 1994/20, BeckRS 2021, 24572, Rn. 24 ff., und v. 01.03.2021, Az. 502 C 2425/20, BeckRS 2021, 24584, Rn. 26 ff.; andererseits LG Duisburg v. 21.06.2021, Az. 7 S 27/21, aaO, und v. 27.08.2021, Az. 3 O 301/20, BeckRS 2021, 31249, Rn. 3, 27-29; AG Duisburg v. 04.11.2020, Az. 504 C 1276/20, BeckRS 2020, 43276, Rn. 2, 17 f.; LG Krefeld v. 20.05.2021, Az. 3 O 241/20, BeckRS 2021, 30652, Rn. 3, 30 f., und v. 12.02.2021, Az. 1 S 54/20, BeckRS 2021, 1619, Rn. 1, 21 ff.); der hiesige Sachverhalt betrifft eine andere Sachverhaltsgestaltung und ist soweit nicht ersichtlich verallgemeinerungsfähig bzw. Gegenstand divergierender Entscheidungen. Hinsichtlich der Berechnung des Zinsanspruchs angesichts eines bestimmten Referenzzinses liegt keine der Revision unterfallende Rechtsfrage (§ 545 ZPO) vor.

Der Streitwert beträgt für die Verurteilung zur Zahlung 2.183,02 €, für die Feststellung 1.310,01 € entsprechend dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Zinsen und Prämien abzüglich eines Feststellungsabschlages von 20?% (Musielak/Voit/Heinrich, 19. Aufl. 2022, ZPO § 9 Rn. 3), mithin begehrte jährliche Zinsen 161,08 € + jährliche Prämie 306,78 € (vgl. Gutachten Hink & Fischer, S. 6, Bl. 34) x 3,5 x 80 %.