Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 10.06.2024, Az.: 1 LB 150/22
Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines An- und Aufbaus an das derzeit als Fitnessstudio genutzte Bestandsgebäude und zur teilweisen Nutzungsänderung dieses Gebäudes in einen Sonderpostenmarkt
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 10.06.2024
- Aktenzeichen
- 1 LB 150/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 16742
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2024:0610.1LB150.22.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 26.05.2020 - AZ: 2 A 3326/17
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs. 3 S. 1 BauNVO
- § 8 BauNVO
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen beabsichtiger Führung eines Amtshaftungsprozesses setzt voraus, dass ein solcher nicht offensichtlich aussichtslos ist. Von offensichtlicher Aussichtslosigkeit kann nur gesprochen werden, wenn ohne eine ins einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2019 - 1 LB 160/17 -, juris Rn. 21; im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 28.8.1987 - 4 C 31.86 -, NJW 1988, 826 = BRS 53 Nr. 110 = juris Rn. 14 m.w.N.).
- 2.
Angesichts der verhältnismäßig weitreichenden Rechtsfolge sind die Anforderungen an eine zur Annahme eines Einkaufszentrums erforderliche, äußerlich in Erscheinung tretende gemeinsame Organisation und Kooperation verschiedener Einzelhandelsbetriebe an einem Standort nicht zu gering anzusetzen (wie Senatsurt. v. 9.7.2020 - 1 LB 79/18 -, BauR 2020, 1604 = BRS 88 Nr. 65 = juris Rn. 32 f.).
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 2. Kammer - vom 26. Mai 2020 teilweise geändert.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 69 "Gewerbegebiet Fritz-Lieken-Eck" am 21. April 2023 verpflichtet war, der Klägerin eine Baugenehmigung zur Erweiterung und zum Umbau eines Fitnessstudios und zur Umnutzung von Flächen in einen Sonderpostenmarkt mit einer Verkaufsfläche von 777,02 qm auf dem Grundstück H., I. -Stadt, entsprechend ihrem Bauantrag vom 7. Dezember 2016, konkretisiert durch das Sortimentsverzeichnis der XXX GmbH & Co KG mit Stand vom 1. September 2021 (Anlage K5 zum Schriftsatz vom 20. Januar 2023), zu erteilen; der ablehnende Bescheid vom 1. August 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 15. September 2017 waren rechtswidrig.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines An- und Aufbaus an das derzeit als Fitnessstudio genutzte Bestandsgebäude und zur teilweisen Nutzungsänderung dieses Gebäudes in einen Sonderpostenmarkt.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks J., Flur K., Gemarkung I. -Stadt (H.) mit einer Gesamtfläche von etwa 13.400 qm. Die vier auf diesem Grundstück vorhandenen, baulich nicht miteinander verbundenen Gebäude gruppieren sich in Form einer "1" um östlich der Straße H. und nördlich der Straße An der Eisenbahn vorhandene Stellplatzflächen, die über zwei westliche Zufahrten und eine südliche Zufahrt erreicht werden. Das südliche Gebäude, das nicht wie die anderen Gebäude ein Flachdach, sondern ein Zeltdach mit hervorstehenden Quergiebel über dem Eingangsbereich aufweist, wird von einem Discounter (Penny) mit ca. 790 qm Verkaufsfläche genutzt. In dem sich nach Norden anschließenden Gebäude befinden sich Büroräume sowie eine Autowerkstatt mit einer Verkaufsfläche von 350 qm (A.T.U.). In dem nordöstlichen Gebäude sind XXX, XXX und XXX mit einer Verkaufsfläche von insgesamt ca. 1.200 qm ansässig. Das streitgegenständliche nordwestliche Gebäude wird bislang ausschließlich als Fitnessstudio genutzt. Die Eingänge sind - mit Ausnahme der nach Südosten weisenden Eingänge von XXX und XXX - nach Westen ausgerichtet. An der südlichen Zufahrt von der Straße Fritz-Lieken-Eck befindet sich ausweislich der aktuellen Straßenansicht bei google maps ein Pylon mit den Logos aller vorhandenen Betriebe; eine verbindende "Überschrift" fehlt.
Für das Gebiet setzt der Bebauungsplan Nr. 57 "Gewerbe- und Bürozentrum Preussag" der Beigeladenen vom 5. März 2004 ein "eingeschränktes Gewerbegebiet (§ 1 u. 8 BauNVO)" fest, in dem - mit Ausnahme von Tankstellen und Vergnügungsstätten - die in § 8 BauNVO genannten Nutzungen zulässig sind, soweit sie im Einzelfall hinsichtlich ihres Störgrades auch in Mischgebieten nach § 6 BauNVO zulässig wären (TF § 1).
Mit dem von der Klägerin unter dem 7. Dezember 2016 zur Genehmigung gestellten Vorhaben sollte das nordwestliche Bestandsgebäude (H.) mit einem An- und Teilaufbau versehen und so die Fläche des Fitnessstudios vergrößert und in das erste und (neue) zweite Obergeschoss verlagert werden. Im Erdgeschoss sollte ein Ladengeschäft mit einer Verkaufsfläche von etwa 777 qm (Bauantrag, Betriebsbeschreibung: Drogeriemarkt, Erläuterung zum Bauantrag: Sonderposten-/Restemarkt, im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens "Multisortimentmarkt") entstehen. Der Eingang wird auf die Ostecke des Gebäudes, d.h. zu dem Gebäude mit XXX, XXX und XXX hin ausgerichtet und gestalterisch an die dort vorhandenen Eingangsbereiche angeglichen (Glasvordach). In den Bauvorlagen eingezeichnete Werbeflächen an der Süd- und Westfassade des Gebäudes bieten Platz für die Logos der auf dem Grundstück vorhandenen Nutzungen - mit Ausnahme des Penny-Marktes - und des geplanten neuen Ladens. Eine gemeinsame "Überschrift" ist weiterhin nicht vorgesehen.
Die Beigeladene wandte sich gegen das Vorhaben, da sie wegen der Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben auf Grundlage eines Gutachtens negative Auswirkungen auf ihren innerstädtischen Bereich befürchtete. Mit Bescheid vom 1. August 2017 lehnte der Beklagte den Bauantrag mit der Begründung ab, dass sich das Vorhaben in der Zusammenschau mit den weiteren bereits vorhandenen Nutzungen als ein gewachsenes Einkaufszentrum darstelle, das nur in einem Sondergebiet zulässig sei. Den Widerspruch der Klägerin wies er mit Bescheid vom 15. September 2017 zurück.
Mit ihrer auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung gerichteten Klage hat die Klägerin vorgetragen, ihr Vorhaben sei im festgesetzten Gewerbegebiet gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig. Mit etwa 770 qm Verkaufsfläche sei die Schwelle zur Großflächigkeit nicht überschritten, sodass § 11 Abs. 3 BauNVO der Genehmigung nicht entgegenstehe. Das Vorhaben stelle auch kein gemeinsam mit den bereits vorhandenen Einzelhandelsbetrieben zu betrachtendes Einkaufszentrum dar, weil es keine verbindenden Elemente gebe. Zudem werde auch bei kumulativer Betrachtung die für ein Einkaufszentrum notwendige Verkaufsfläche nicht erreicht; die Gesamtverkaufsfläche liege bei nur 3.200 qm.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 26. Mai 2020 abgewiesen. Das Vorhaben bilde mit den vorhandenen Betrieben - wobei offenbleiben könne, ob auch das von A.T.U. genutzte Gebäude hinzuzurechnen sei - ein sog. gewachsenes Einkaufszentrum und sei damit nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO nur in einem entsprechenden Sondergebiet zulässig. Der - ohne A.T.U. - eher geringe Umfang von etwa 3.000 qm Verkaufsfläche stehe der Annahme eines Einkaufszentrums nicht entgegen. Es handele sich um einen Grenzfall, bei dem aber Überwiegendes für die Annahme eines Einkaufszentrums spreche. Neben der erforderlichen räumlichen Konzentration der verschiedenen Einzelhandelsbetriebe stellten sich die Betriebe aus Sicht der Kunden auch als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden dar. Hierfür sprächen die als gemeinsamer Parkplatz erscheinenden Stellplätze sowie die bereits vorhandenen und geplanten Werbeflächen. Das gemeinsame Konzept bestehe in einer Produktvielfalt, die nach außen als ein abgestimmtes Angebot für preisbewusste Kunden in Erscheinung trete. Dass ein gemeinsames Centermanagement, gemeinsame Öffnungszeiten und ein gemeinsamer Eingang fehlten, lasse die Einordnung als Einkaufszentrum nicht entfallen.
Mit der vom Senat mit Beschluss vom 29. Dezember 2022 zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihre bisherige Argumentation. Die Stellplätze ließen sich aufgrund ihrer Gestaltung den einzelnen Einzelhandelsbetrieben zuordnen. Ein gemeinsames Konzept, insbesondere im Sinne des vom Verwaltungsgericht angenommenen abgestimmten Angebots für preisbewusste Kunden, und eine Kooperation gebe es nicht. Es gebe keine gemeinsame Werbung, keine einheitliche Standortbezeichnung und keine entsprechende architektonische Gestaltung mit gemeinsamen Eingängen und Verbindungswegen. Ohne A.T.U. und den durch diesen von den übrigen Betrieben abgetrennten Penny-Markt betrage die Gesamtverkaufsfläche nur etwa 1.983 qm; das sei für ein Einkaufszentrum bei weitem zu wenig.
Nachdem der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen am 16. März 2023 den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplans Nr. 69 "Gewerbegebiet Fritz-Lieken-Eck" für das Vorhabengrundstück mit dem Ziel gefasst hatte, den Gewerbestandort zu sichern und zentren- und nahversorgungsrelevante Einzelhandelsnutzungen zugunsten der Innenstadt zu steuern, hat der Rat der Beigeladenen am 20. April 2023 eine Veränderungssperre beschlossen; diese wurde am 21. April 2023 in ihrem Amtsblatt bekannt gemacht.
Die Klägerin beantragt unter Berufung auf ihre erklärte Absicht, eine Amtshaftungsklage wegen näher bezifferter entgangener Mieteinnahmen zu erheben, nunmehr,
das Urteil das Verwaltungsgerichts Stade, Az.: 2 A 3326/17 vom 26. Mai 2020 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom 1. August 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2017 eine Baugenehmigung entsprechend ihrem Antrag vom 7. Dezember 2016 für den Umbau/die Erweiterung eines Fitnessstudios zu einem Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche von 770 qm zu erteilen.
hilfsweise das Urteil das Verwaltungsgerichts Stade, Az.: 2 A 3326/17 vom 26. Mai 2020 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 7. Dezember 2016 nach Aufhebung des Bescheids vom 1. August 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2017 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
weiter hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet gewesen ist, der Klägerin eine Baugenehmigung entsprechend ihres Antrags vom 7. Dezember 2016 für den Umbau/die Erweiterung eines Fitnessstudios zu einem Einzelhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche von 770 qm vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre zum Bebauungsplan Nr. 69 "Gewerbegebiet Fritz-Lieken-Eck" zu erteilen.
Der Beklagte und die Beigeladene treten der Berufung unter Hinweis auf die Veränderungssperre entgegen. Die Beigeladene hält den Fortsetzungsfeststellungsantrag für unzulässig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis aller Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist nur mit dem zweiten Hilfsantrag begründet.
I.
Die mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag weiterverfolgte, auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung bzw. Neubescheidung gerichtete Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keinen dahingehenden Anspruch, weil dem Vorhaben öffentliches Baurecht in Gestalt der am 21. April 2023 rechtswirksam gewordenen Veränderungssperre der Beigeladenen entgegensteht (§ 70 Abs. 1 Satz 1 NBauO i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und § 3 Nr. 1 a) der Veränderungssperre).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Veränderungssperre wirksam. Sie wurde nach Fassung des Aufstellungsbeschlusses vom zuständigen Rat beschlossen, ausgefertigt und zeitgleich mit dem Aufstellungsbeschluss im Amtsblatt der Beigeladenen vom 21. April 2023 bekannt gemacht. Den formellen Anforderungen ist damit entsprochen (vgl. dazu insbes. Senatsurt. v. 15.1.2015 - 1 KN 10/14 -, juris Rn. 26 m.w.N.).
Der Veränderungssperre liegen hinreichend konkretisierte Planungsabsichten der Beigeladenen zugrunde. Eine Veränderungssperre darf nur erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.10.2010 - 4 BN 26.10 -, BRS 76 Nr. 108 = juris Rn. 6; v. 1.10.2009 - 4 BN 34.09 -, Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 29 = BRS 74 Nr. 121 = juris Rn. 9; Urt. v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE 120, 138 = BRS 67 Nr. 11 = juris Rn. 17). Dabei sind die Anforderungen an die Planungsabsichten freilich nicht zu überspannen. Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist nicht erforderlich. Auch muss die Planung noch keinen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht. Daher darf der Erlass einer Veränderungssperre nicht von endgültigen Aussagen zur Lösung von Nutzungskonflikten abhängig gemacht werden, die erst im weiteren Verlauf des Planungsverfahrens im Rahmen einer umfassenden Abwägung aller betroffenen privaten und öffentlichen Belange und unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung möglich sind (BVerwG Beschl. v. 14.10.2022 - 4 BN 12.22 -, BauR 2023, 179 = juris Rn. 9 m.w.N.). Diesen Anforderungen ist hier entsprochen.
Ihre wesentlichen Planungsabsichten hat die Beigeladene im Aufstellungsbeschluss wie folgt zusammengefasst: "Die wesentlichen Ziele der Planung sind die Sicherung eines Gewerbestandortes in zentraler, verkehrsgünstiger Lage sowie die Steuerung der Zentren- und nahversorgungsrelevanten Einzelhandelsnutzungen zugunsten der Achimer Innenstadt." In der Begründung der Beschlussvorlage vom 6. Februar 2023 heißt es weiter, das Vorhabengrundstück habe sich aufgrund fehlender Festsetzungen zu Einzelhandelsnutzungen und der verkehrsgünstigen Lage zu einem Konkurrenzstandort zur Innenstadt entwickelt. Für die beiden bisher nicht zu Einzelhandelszwecken genutzten Gebäude seien Anträge auf entsprechende Nutzungsänderung gestellt. Eine weitere Intensivierung des Einzelhandelsangebotes entspreche jedoch nicht dem Ziel, in verkehrsgünstiger Lage einen Standort für nicht störendes Gewerbe zu etablieren. Darüber hinaus hätten die vorhandenen und geplanten Einzelhandelsnutzungen mit ihren zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten negative städtebauliche Auswirkungen auf die Innenstadt. Durch die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 69 "Gewerbegebiet Fritz-Lieken-Eck" solle daher die gewerbliche Entwicklung dieses Bereiches sichergestellt und gleichzeitig eine Steuerung der zentren- und nahversorgungsrelevanten Einzelhandelsnutzungen zugunsten der Innenstadt vorgenommen werden. Im Grundsatz sollten Einzelhandelsbetriebe mit zentren- und nahversorgungsrelevanten (Haupt-)Sortimenten im Plangebiet auch mit nicht großflächiger Verkaufsfläche ausgeschlossen werden. Inwieweit hiervon Ausnahmen mit Blick auf bereits vorhandene und durch die Überplanung unzulässig werdende Nutzungen zugelassen werden sollten, sei im Rahmen des Planverfahrens abwägend zu entscheiden.
Dieses Maß an Konkretisierung geht deutlich über die skizzierten rechtlichen Mindestanforderungen hinaus. Es handelt sich auch nicht um eine (bloße) Verhinderungsplanung, sondern um eine von der städtebaulichen Absicht der Entwicklung eines Gewerbestandorts und der Innenstadt getragene und in diesem Sinne ein positives Ziel verfolgende Planung. Diese beruht auf der Erkenntnis, dass die Genehmigungspraxis der vergangenen Jahre zu einer aus Sicht der Beigeladenen städtebaulich unerwünschten Entwicklung geführt hat. Es begegnet mit Blick auf die notwendige Konkretisierung eines positiven Planungsziels keinen Bedenken, dass sie dieser Fehlentwicklung nunmehr entgegenzuwirken versucht. Der Senat hat schließlich keine Zweifel, dass die Beigeladene ihr planerisches Ziel mit den Mitteln des Baugesetzbuchs erreichen kann. Dass sie - wie die Klägerin zu Recht vorträgt - das Interesse an dem Fortbestand der bestehenden Nutzungen und deren Fortentwicklung in der Abwägung besonders berücksichtigen muss, hat sie schon mit dem Aufstellungsbeschluss erkannt; von vornherein ausgeschlossen ist eine beschränkende Planung keineswegs.
Eine Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 BauGB kann nicht zugelassen werden. Die Genehmigung eines weiteren zentrenrelevanten Einzelhandelsvorhabens würde dem Planungsziel offenkundig zuwiderlaufen; zudem fehlt es an dem erforderlichen schriftlichen und begründeten Antrag (§ 66 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 NBauO).
II.
Der weitere, auf die Feststellung des Bestehens eines Genehmigungsanspruchs vor Inkrafttreten der Veränderungssperre gerichtete Hilfsantrag ist zulässig und begründet.
1.
Der Antrag ist in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin verfügt insbesondere über das erforderliche Feststellungsinteresse aufgrund der Vorgreiflichkeit der Entscheidung für eine spätere Amtshaftungsklage. Das setzt voraus, dass eine Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung anhängig oder ihre alsbaldige Erhebung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist; zudem darf ein Schadensersatzprozess nicht offensichtlich aussichtslos sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.3.2005 - 2 B 109.04 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 21 = juris Rn. 7 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat eindeutig und unbedingt erklärt, einen Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess führen zu wollen. Ihren Schaden hat sie unter Nennung eines konkreten Mietinteressenten für die umzunutzende Fläche und Bezifferung des monatlichen Mietzinsausfalls in mit Blick auf das im Sinne einer Ernsthaftigkeitskontrolle zu verstehende Feststellungsinteresse ausreichend dargetan. Insbesondere nimmt der Senat keine den ordentlichen Gerichten vorbehaltene nähere Prüfung der Erfolgsaussichten eines Amtshaftungsprozesses vor. Von offensichtlicher Aussichtslosigkeit kann deshalb nur gesprochen werden, wenn ohne eine ins einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. Senatsurt. v. 25.6.2019 - 1 LB 160/17 -, juris Rn. 21; im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 28.8.1987 - 4 C 31.86 -, NJW 1988, 826 = BRS 53 Nr. 110 = juris Rn. 14 m.w.N.). Das ist nicht der Fall.
2.
Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist auch begründet. Bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre hatte die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für das mit Bauantrag vom 7. Dezember 2016 bezeichnete, hinsichtlich der Einzelhandelsnutzung auf einen Sonderpostenmarkt mit einem Sortiment entsprechend dem Sortimentsverzeichnis der XXX GmbH & Co KG mit Stand vom 1. September 2021 (Anlage K5 zum Schriftsatz vom 20. Januar 2023) konkretisierte Vorhaben.
Als hinsichtlich seines Störungsgrades auch in Mischgebieten nach § 6 BauNVO zulässiger Betrieb war ein Sonderpostenmarkt im mit Bebauungsplan Nr. 57 "Gewerbe- und Bürozentrum Preussag" festgesetzten Gewerbegebiet gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig. Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit des Plans sind nicht ersichtlich; das gilt - zumal angesichts des im Wesentlichen ebenen Plangebiets - auch mit Blick auf die Höhenfestsetzung, deren unterer Bezugspunkt die Geländeoberfläche darstellt. Der Begriff der Geländeoberfläche wird auch in § 5 Abs. 1 Satz 1 NBauO genutzt; er ist im Zweifel ebenso wie dort zu verstehen.
Auch § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO steht dem mit einer Verkaufsfläche von 777 qm selbst nicht großflächigen Vorhaben nicht entgegen. Es handelt sich auch bei einer gemeinsamen Betrachtung aller auf dem Vorhabengrundstück ansässigen Betriebe nicht um ein Einkaufszentrum im Sinne dieser Vorschrift. Für die hier allein in Betracht zu ziehende Einstufung als "gewachsenes" Einkaufszentrum fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen gemeinsamen Konzept und einer Kooperation der Einzelhandelsbetriebe.
Nach der bereits im Zulassungsbeschluss wiedergegebenen und von den Beteiligten nicht in Frage gestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (etwa Beschl. v. 18.12.2012 - 4 B 3.12 -, ZfBR 2013, 277 = juris Rn. 3 m.w.N.; Beschl. v. 16.10.2013 - 4 B 29.13 -, BRS 81 Nr. 93 = juris Rn. 6) und des Senats (Urt. v. 9.7.2020 - 1 LB 79/18 -, BauR 2020, 1604 = BRS 88 Nr. 65 = juris Rn. 32 f.) ist ein Einkaufszentrum im Rechtssinne nur dann anzunehmen, wenn eine räumliche Konzentration von Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe - zumeist in Kombination mit verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben - vorliegt, die entweder einheitlich geplant ist oder sich doch in anderer Weise als 'gewachsen' darstellt. Ein 'gewachsenes' Einkaufszentrum setzt außer der erforderlichen räumlichen Konzentration weiter voraus, dass die einzelnen Betriebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung treten. Diese Zusammenfassung kann sich in organisatorischen oder betrieblichen Gemeinsamkeiten, wie beispielsweise in gemeinsamer Werbung oder einer verbindenden Sammelbezeichnung, dokumentieren. Diese beiden Merkmale stellen allerdings lediglich Beispiele für die eine äußerlich erkennbare Kooperation begründenden Indizien dar; zwingend erforderlich sind sie nicht, sofern sich diese in anderen Merkmalen äußert. Nicht ausreichend ist allerdings, dass einzelne hinzukommende Betriebe von der "Magnetwirkung" eines oder mehrerer vorhandener Betriebe profitieren.
Die Kriterien der räumlichen Konzentration und des Mindestmaßes an äußerlich in Erscheinung tretender gemeinsamer Organisation und Kooperation stehen dabei nicht völlig selbständig nebeneinander, sondern in einer gewissen Wechselbeziehung. Während keines völlig fehlen darf, sind die Anforderungen an die sichtbare Kooperation umso geringer anzusetzen, je deutlicher die Einzelbetriebe räumlich verzahnt sind. Wenn mehrere Geschäfte unter einem Dach angesiedelt sind, ist weniger sichtbare Kooperation zu verlangen, als bei Geschäften, die in separaten Gebäuden wirtschaften. Im letzteren Fall ist weiter danach zu differenzieren, ob die Gebäude z.B. durch gemeinsame Vordächer o.ä. verbunden sind (noch deutlicher etwa im vom OVG A-Stadt, Urt. v. 17.4.2007 - 1 KO 1127/07 -, BauR 2007, 1376 = BRS 71 Nr. 65 = juris Rn. 44 geschilderten Fall), ob sie sich zu einem gemeinsamen Flanierbereich öffnen oder ob ihre Hauptfassaden beziehungslos nebeneinanderliegen oder gar verschiedenen Straßen zugewandt sind. Allgemein bleibt zu berücksichtigen, dass die Einstufung als Einkaufszentrum in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO mit weitreichenden Konsequenzen verbunden ist. Bei Einkaufszentren wird, anders als bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben, die räumliche Beschränkung auf Kern- und Sondergebiete nicht von einer Auswirkungsbetrachtung abhängig gemacht. Das wirkt sich nicht nur auf die Größe der zu fordernden Gesamtverkaufsfläche, die spürbar über der Großflächigkeitsschwelle liegen muss, aus. Die verhältnismäßig weitreichende Rechtsfolge gibt auch Anlass, die Anforderungen an eine äußerlich in Erscheinung tretende gemeinsame Organisation und Kooperation nicht zu gering anzusetzen. Nicht jedes kleinste Indiz für eine Kooperation benachbarter Ladengeschäfte führt dazu, dass diese als Einkaufszentrum wahrgenommen werden. Auch der vom Bundesverwaltungsgericht verwendete Begriff des "Mindestmaßes" (Beschl. v. 16.10.2013 - 4 B 29.13 -, juris Rn. 6) ist nicht in diesem Sinne zu verstehen (Senatsurt. v. 9.7.2020 - 1 LB 79/18 -, BauR 2020, 1604 = BRS 88 Nr. 65 = juris Rn. 32 f.).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Vorhaben - wie der Senat bereits im Zulassungsbeschluss angedeutet hat, ohne dass die Beteiligten dem entgegengetreten wären - nicht Teil eines Einkaufszentrums; das Verwaltungsgericht hat seiner gegenteiligen Einschätzung zu geringe rechtliche Anforderungen zugrunde gelegt. Als aus Kundensicht verbindende Elemente erscheinen - trotz der von der Klägerin nicht ganz zu Unrecht beschriebenen gestalterischen Absetzung der Parkplätze vor dem Fitnessstudio - allein der gemeinsam genutzte Parkplatz und der Werbepylon, der die Logos aller ansässigen Betriebe trägt. Das genügt jedoch nicht für die Annahme eines Einkaufszentrums. Ein gemeinsamer Parkplatz kann ebenso Ausdruck einer auf diesen Aspekt beschränkten Zweckgemeinschaft sein. Auch bei öffentlichen Parkplätzen in Innenstädten ist von einer vergleichbaren Mischnutzung durch die Kundschaft der dort ansässigen Ladengeschäfte auszugehen, ohne dass die Innenstadt zu einem Einkaufszentrum im Rechtssinne würde (vgl. Senatsurt. v. 9.7.2020 - 1 LB 79/18 -, BauR 2020, 1604 = BRS 88 Nr. 65 = juris Rn. 37). Auch der vorhandene Werbepylon und die nach Verwirklichung hinzutretenden Werbeflächen reichen für die Annahme einer hinreichenden Kooperation der Einzelhandelsbetriebe nicht aus. Denn es fehlt es an einer verbindenden Überschrift, die in der Lage wäre, die einzelnen Betriebe in einen größeren Zusammenhang zu stellen.
Weitere für den Kunden wahrnehmbare Merkmale einer betrieblichen Kooperation fehlen. Ein gemeinsames Management oder eine Zusammenarbeit zwischen den Betrieben wie beispielsweise in Form gemeinsamer Sonderaktionen existiert nicht. Als ein in der Kundenwahrnehmung insoweit wichtiges Indiz wird dies bereits an den verschiedenen Öffnungszeiten (XXX, XXX: Mo-Fr 9-19 Uhr, Sa 9-18 Uhr; XXX: Mo-Sa 9-20 Uhr; A.T.U.: Mo-Fr 8-17 Uhr, Sa 8-14 Uhr; Penny: Mo-Sa 7-22 Uhr) deutlich. Soweit das Verwaltungsgericht unter Einbeziehung des Penny-Marktes auf das "abgestimmte Sortiment für preisbewusste Kunden" abstellt, überzeugt das - wie die Klägerin zu Recht einwendet - ebenfalls nicht. Gegen das gesamte Gebiet erfassende Verbundeinkäufe spricht die oben bereits angesprochene Unterbrechung des Gebiets durch das von der Firma A.T.U. genutzte Gebäude und das dadurch bedingte Fehlen einer durch entsprechende komfortable Laufwege angelegten Verbindung zwischen dem südlichen und dem nördlichen Bereich des Grundstücks. Allein die Möglichkeit der Klägerin, als Vermieterin sämtlicher Gebäude Einfluss auf die Zusammensetzung der Produktpalette zu nehmen, spricht zwar für eine gewisse Steuerungsmöglichkeit, ist aber nicht mit der für ein Einkaufszentrum im Rechtssinne erforderlichen, nach außen erkennbaren Kooperation zwischen den Einzelhandelsbetrieben, an der es hier wie ausgeführt fehlt, gleichzusetzen. Hinzu kommt, dass derartige Gegebenheiten bei entsprechenden Eigentumsverhältnissen auch in Innenstadtlagen vorhanden sein können, ohne dass diese die Annahme eines Einkaufszentrums i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO rechtfertigten.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob nicht auch die von den Einzelhandelsbetrieben am Vorhabenstandort bewirtschaftete Verkaufsfläche für die Annahme eines Einkaufszentrums zu gering ist.
Weitere Gesichtspunkte, die eine Erteilung der Baugenehmigung vor Inkrafttreten der Veränderungssperre gehindert hätten, sind nicht ersichtlich. Mit der mit Schriftsatz vom 20. Januar 2023 erfolgten Vorlage des Sortimentsverzeichnisses der XXX GmbH & Co KG mit Stand vom 1. September 2021 (Anlage K5) hat der Bauantrag insbesondere noch vor Inkrafttreten der Veränderungssperre den nötigen Grad an Konkretisierung erlangt. Nur ergänzend merkt der Senat in diesem Zusammenhang an, dass es sowohl gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 NBauO in der bei Bearbeitung des Bauantrags geltenden Fassung vom 3. April 2012 (Nds. GVBl. 2021, 46) als auch gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 und 2 NBauO in der seit dem 1. Januar 2022 geltenden Fassung Aufgabe des Beklagten gewesen wäre, insoweit auf eine Vervollständigung der Bauvorlagen hinzuwirken. Eine Antragsablehnung vor einem entsprechenden Hinweis an die Klägerin wäre nicht gerechtfertigt gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil sie weder einen Antrag gestellt noch das Verfahren wesentlich gefördert hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 116.550 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG in Orientierung an Nr. 3 b) der Streitwertannahmen des Senats für vor dem 1.6.2021 eingegangene Verfahren).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).