Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.07.2015, Az.: 5 Sa 1434/14 E

Unklare Regelung eines Lehrereingruppierungserlasses zur Eignung eines Studienabschlusses für ein Unterrichtsfach; Eingruppierungsfeststellungsklage gegen korrigierende Rückgruppierung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
09.07.2015
Aktenzeichen
5 Sa 1434/14 E
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 26434
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2015:0709.5SA1434.14E.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 17.11.2016 - AZ: 6 AZR 487/15

Amtlicher Leitsatz

Nr. 2.3, Absatz 3 des Lehrereingruppierungserlasses Niedersachsen (Erlass vom 15.01.1996), demzufolge ein Studienabschluss für ein Unterrichtsfach geeignet ist, wenn der Inhalt mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung übereinstimmt, ist gem. § 307 Abs. 1 BGB intransparent und somit rechtswidrig.

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24.09.2014 - 9 Ca 42/14 E - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer sogenannten korrigierenden Rückgruppierung.

Der Kläger ist am 00.00.1969 geboren und lebt seit dem 00.00.2012 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife studierte er an der Universität des Saarlandes angewandte neuere Sprachwissenschaften sowie dolmetschen und übersetzen in den Sprachen Französisch, Italienisch und Deutsch sowie Völker- und Europarecht. Am 00.00.1997 legte er erfolgreich die Diplom-Prüfung in den genannten Fächern ab und erlangte so den akademischen Grad eines Diplom-Übersetzers.

Seit dem Jahr 2007 ist er bei dem beklagten Land als Lehrkraft tätig, zunächst als Vertretungslehrkraft mit einer Eingruppierung E12 TV-L Stufe 2 und seit dem 00.00.2008 bis zum 00.00.2010 befristet als Lehrkraft mit der Eingruppierung E13 TV-L Stufe 1 und ab dem 00.00.2010 unbefristet mit gleichbleibender Eingruppierung. Während des Arbeitsverhältnisses absolvierte er eine zweijährige berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahme und eine Weiterbildung zur Unterrichtsbefähigung in evangelischer Religion in der Sekundarstufe 1.

Die unter dem 00.00.2007 und 00.00.2008 unterschriebenen schriftlichen Arbeitsverträge nahmen bezüglich der Eingruppierung den Eingruppierungserlass des niedersächsischen Kultusministeriums in seiner jeweils gültigen Fassung in Bezug.

Der insoweit maßgebliche Erlass des niedersächsischen Kultusministeriums vom 15.01.1996, zuletzt geändert durch Runderlass vom 02.02.1998, lautet auszugsweise:

"2.2

Für den Begriff "abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung" gilt die Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der Anlage 1 a zum BAT.

Danach sind wissenschaftliche Hochschulen Universitäten, Technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschulen anerkannt sind. Künstlerisch-wissenschaftliche Hochschulen und Fachhochschulen werden somit von der Begriffsbestimmung nicht erfasst.

Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung liegt vor, wenn das Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder mit einer Diplomprüfung beendet worden ist.

Der ersten Staatsprüfung oder der Diplomprüfung steht eine Promotion oder die Akademische Abschlussprüfung (Magisterprüfung) einer Philosophischen Fakultät nur in den Fällen gleich, in denen die Ablegung einer ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung nach den einschlägigen Ausbildungsvorschriften nicht vorgesehen ist.

Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung setzt voraus, dass die Abschlussprüfung in einem Studiengang abgelegt wird, der seinerzeit mindestens das Zeugnis der Hochschulreife (allgemeine Hochschulreife oder einschlägige fachgebundene Hochschulreife) als Zugangsvoraussetzung erfordert, und für den Abschluss eine Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern - ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester oder ähnliches - vorgeschrieben ist.

Der geforderten Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern steht eine nach einer früheren Prüfungsordnung für den jeweiligen Studiengang vorgeschriebene Mindeststudienzeit von sechs Semestern gleich.

2.3

Die in der Anlage in den Merkmalen 3.1, 3.2, 23.1, 31, 32.1, 32.2., 41, 42.1 und 61.1 genannten Lehrkräfte, deren Studienabschluss nur für ein Unterrichtsfach geeignet ist, werden bei Erfüllung der sonstigen Anforderungen des Eingruppierungsmerkmals in der nächstniedrigeren VergGr. eingestuft und nach sechsjähriger Bewährung eine VergGr. höhergruppiert. Gegenüber der VergGr. II a gilt hierbei die VergGr. III als nächstniedrigere VergGr.

Ein weiterer Bewährungsaufstieg ist ausgeschlossen. Das gilt auch für die nach früheren Bestimmungen eingruppierten Lehrkräfte.

Ein Studienabschluss ist für ein Unterrichtsfach geeignet, wenn dieser Abschluss mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung übereinstimmt, die der Unterrichtstätigkeit entspricht. Für das zweite Unterrichtsfach kann vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ausgegangen werden. ...

IV.

Lehrkräfte am Gymnasium

Vergütungsgruppe

40.

Lehrkräfte mit der Befähigung für eine Laufbahn des höheren Schuldienstes

II a

42.

Lehrkräfte in der Tätigkeit von Studienrätinnen und Studienräten, die zeitgleich mindestens zur Hälfte in wissenschaftlichen Fächern unterrichten,

42.1

mit einem für die auszuübende Unterrichtstätigkeit geeigneten abgeschlossenem Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule

II a

nach mindestens fünfzehnjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergr.

I b

42.3

mit einem für die auszuübende Unterrichtstätigkeit geeigneten mindestens sechssemestrigen abgeschlossenen Hochschulstudium als Diplom-Dolmetscherin oder Diplom-Dolmetscher oder Diplom-Übersetzerin oder Diplom-Übersetzer

III

nach mindestens einjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser VergGr.

II b

..."

Wegen weiterer Einzelheiten des Wortlautes dieses Erlasses wird auf das Anlagenkonvolut BB26 zum Schriftsatz des Klägers vom 16.02.2015 (Bl. 355 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Während seiner Lehrtätigkeit unterrichtete und unterrichtet der Kläger französisch und evangelische Religion in unterschiedlichen Klassenstufen.

Mit Schreiben vom 17.12.2010 beantragte er die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Dieses wurde ihm mit Schreiben vom 28.04.2011 verwehrt und darüber hinaus mitgeteilt, dass seine Tätigkeit lediglich der Entgeltgruppe 11 TV-L zuzuordnen sei und die bisherige Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 bis zur endgültigen Klärung unter Vorbehalt erfolge. Mit Schreiben vom 16.01.2012 beantragte die Schulleitung erneut die Übernahme des Klägers in ein Beamtenverhältnis. Diese Übernahme wurde wiederum abgelehnt.

Mit Schreiben vom 28.11.2013 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass ihm mit Wirkung vom 00.00.2008 lediglich Entgelt der Entgeltgruppe 11 TV-L Stufe 1 zustehe. Die Rückforderung des sich aus Sicht des beklagten Landes überzahlten Gehaltes machte dieses rückwirkend für sechs Monate geltend.

Zuvor hatte bereits die zuständige Einigungsstelle dem Antrag des beklagten Landes auf korrigierende Rückgruppierung mit Beschluss vom 00.00.2013 zugestimmt.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung der Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-L begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, diese Entgeltgruppe sei korrekt, das Verhalten des beklagten Landes verstoße gegen Treu und Glauben und evtl. Ansprüche seien verwirkt.

Er hat beantragt festzustellen,

dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm ab dem 18. August 2008 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe TV-L zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, dass Nummer 42.3 des Eingruppierungserlasses zu Lasten des Klägers anzuwenden sei, diese Norm sei spezieller als dessen Nummer 42.1.

Mit Urteil vom 24.09.2014 hat das Arbeitsgericht dem Klagebegehren des Klägers entsprochen und dem beklagten Land die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Wegen der genauen Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils, dort Bl. 3 bis 5 desselben, Bl. 201 bis 203 der Gerichtsakte, verwiesen.

Dieses Urteil ist dem beklagten Land am 16.10.2014 zugestellt worden. Mit einem am 07.11.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat es Berufung eingelegt und diese mit einem am 11.12.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit seiner Berufung verfolgt das beklagte Land in vollem Umfang das erstinstanzliche Ziel der Klageabweisung weiter. Es wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Es vertritt die Auffassung, der Erlassgeber habe die Vorschrift des 42.3 des maßgeblichen Erlasses als Spezialregelung verstanden wollen. Insbesondere umfasse der Begriff der "Hochschule" bei der Verwendung durch den Erlassgeber auch den Begriff der "wissenschaftlichen Hochschule". Diese Differenzierung könne entgegen dem erstinstanzlichen Urteil nicht als Argument für das von ihm vertretene Ergebnis herangezogen werden. Vielmehr enthalte die Nummer 42.3 eine Spezialvorschrift für die Diplom-Übersetzer und Diplom-Dolmetscher. Diese entsprechende Vorschrift sei in den Erlass aufgenommen worden, um Menschen wie dem Kläger ohne eine pädagogische Ausbildung die Einstellung als Lehrer zu ermöglichen. Sie habe speziell der Einstellung von sogenannten Seiteneinsteigern gedient. Darüber hinaus fehle dem Kläger ein "geeignetes" wissenschaftliches Hochschulstudienfach im Sinne der Nummer 42.1. Denn in Nummer 2.3 Absatz 3 des Erlasses sei die Eignung im Einzelnen definiert worden.

Der Abschluss des Klägers stimme nicht mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung überein. Denn seine Ausbildung habe nicht in ausreichendem Maße einen Literaturanteil aufgewiesen.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24.09.2014, AZ: 9 Ca 42/14 E, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und hält darüber hinaus an seiner Rechtsauffassung fest, die korrigierende Rückgruppierung sei treuwidrig und verwirkt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 10.12.2014, 16.02., 15.06., 18.06 und 07.07.2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG und 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das angefochtene Urteil dem Klagebegehren des Klägers stattgegeben. Dem Kläger stand und steht die Vergütung nach der Entgeltgruppe E13 TV-L i. V. m. dem Arbeitsvertrag der Parteien und dem Eingruppierungserlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 15.01.1996 zu.

I.

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine sogenannte Eingruppierungsfeststellungsklage, die allgemein üblich ist. Auch soweit Ansprüche betroffen sind, die der Vergangenheit angehören, liegt das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO vor. Denn von dem Beginn der Eingruppierung hängen zukünftige Höherstufungen ab, die gegenwärtige Vergütung kann von der in der Vergangenheit vorgenommenen Einstufung beeinflusst werden.

II.

Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht die mit seiner Eingruppierungsfeststellungsklage begehrte Vergütung auch zu. Die von dem beklagten Land vorgenommene sogenannte korrigierende Rückgruppierung ist rechtswidrig.

1.

Nach neuerer und aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der zu folgen ist, muss bei einer sogenannten korrigierenden Rückgruppierung, d. h. bei einer beabsichtigten Einstufung in eine niedrigere als die bisher als zutreffend angenommene Vergütungsgruppe, der Arbeitgeber, wenn sich der Arbeitnehmer auf die ihm vom Arbeitgeber zuvor mitgeteilte und der Vergütung zugrunde gelegte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit dieser bisher gewährten Vergütung darlegen und beweisen. Ihn trifft die Darlegungs- und ggf. Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der zunächst mitgeteilten und umgesetzten und nunmehr nach seiner Auffassung zu korrigierenden Eingruppierung. Zu einer Änderung der mitgeteilten Vergütungsgruppe ist er nur berechtigt, wenn die bisherige tarifliche Bewertung, die er dem Arbeitnehmer gegenüber nachgewiesen hatte, fehlerhaft war (BAG, Urteil vom 20.03.2013, AZ: 4 AZR 521/11 - Juris Randnummer 18).

2.

Vorstehende Rechtsgrundsätze finden auch Anwendung, wenn sich die tarifvertragliche Eingruppierung nicht unmittelbar aus den Merkmalen eines Tarifvertrages ergibt, sondern lediglich durch in Bezugnahme eines Regelungswerkes, welches ähnlich einem Tarifvertrag eine Differenzierung nach Art der Tätigkeit und Art der Aus- und Vorbildung vorsieht. Dies ist bei dem Erlass, der der Lehrereingruppierung zugrunde liegt, der Fall.

3.

Im vorliegenden Streitfall lässt sich nicht nur nicht die objektive Fehlerhaftigkeit der bis zum korrigierenden Rückgruppierungsschreiben des beklagten Landes vom 28.11.2013 gewährten Vergütung nach Vergütungsgruppe 13 TV-L feststellen, es ist sogar positiv zu konstatieren, dass dem Kläger zweifelsfrei diese Vergütung zusteht.

a.

Maßgebend für die Vergütung des Klägers ist der Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 15.01.1996 in der Fassung vom 02.02.1998.

Die Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelungen ergibt, dass die dort genannte Vergütung und die Angabe der Entgeltgruppe nicht konstitutiv sondern deklaratorischer Natur waren. So, wie die Tätigkeit des Klägers unter Berücksichtigung des bereits zitierten Erlasses bewertet wird, sollen Vergütung und Eingruppierung erfolgen.

b.

Wie bereits die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, folgt die Eingruppierung aus Nummer 42.1 des Erlasses. Die dort genannte Vergütungsgruppe II. a BAT entspricht der Entgeltgruppe E13 des TV-L aufgrund der Überleitungsvorschriften.

Dies ergibt die Auslegung des maßgeblichen Lehrereingruppierungserlasses:

aa.

Nach dem neueren und modernen Verständnis ist durch die arbeitsvertraglichen Verweisungsklauseln der Lehrereingruppierungserlass Inhalt des Arbeitsvertrages geworden und nach den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB zu prüfen. Denn es handelt sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie wurden von dem beklagten Land für eine Vielzahl von Verträgen mit Lehrkräften gleichlautend verwendet und dem Kläger bei Abschluss des Formulararbeitsvertrages gestellt (so BAG, Urteil vom 16.04.2015, AZ: 6 AZR 352/14 - Juris, Randnummer 25, für die sächsischen Lehrerrichtlinien). Mit dieser Grundsatzentscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zeitgemäß eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung vorgenommen, die diese Lehrereingruppierungsrichtlinien noch als Regeln angesehen hat, deren Auslegung nach dem Verwaltungsrecht vorzunehmen sei (BAG, Urteil vom 05.03.1997, AZ: 4 AZR 390/95 - Juris Randnummer 22; bereits offen gelassen in der Entscheidung des BAG, vom 18.03.2009, AZ: 4 AZR 79/08 - Juris Randnummer 20).

Diese Abkehr von der ursprünglichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entspricht dem modernen Rechtsverständnis, so wie es in den §§ 305 ff. BGB seinen Niederschlag gefunden hat und beseitigt jedenfalls teilweise die sehr weitgehende Sonderrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugunsten des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst, die nicht (uneingeschränkt) zeitgemäß ist.

Diese Rechtsprechung wird begrüßt, ihr wird gefolgt, sie ist schon längst überfällig gewesen.

bb.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (beispielsweise BAG, Urteil vom 25.08.2010, AZ: 10 AZR 275/09 - Juris, Randnummer 19) sind allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständigungsmöglichkeiten des konkreten sondern die es durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ausgangspunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrages nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sichtweise der typischer Weise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss.

Nur dann, wenn nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel besteht, geht dies regelmäßig gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG, aaO. Rn 20).

cc.

Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze unterfällt der Kläger der Nummer 42.1 des Lehrereingruppierungserlasses.

cc1.

Dem steht nicht die Regelung der Nummer 2.3. Absatz 3 des Erlasses entgegen. Auf die Frage, ob der Studienabschluss des Klägers mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung übereinstimmt, kommt es im vorliegenden Streitfall nicht an. Denn dieser Teil des Lehrereingruppierungserlasses (Nummer 2.3, dritter Absatz) ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 intransparent und damit nach Satz 1 der vorgenannten Vorschrift unwirksam.

aaa.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten gelangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG, Urteil vom 19.02.2014, AZ: 5 AZR 920/12 - Juris, Randnummer 38 m. w. N.).

bbb.

Gemessen an vorstehenden Rechtsgrundsätzen ist der dritte Absatz der Nummer 2.3 des Lehrereingruppierungserlasses intransparent und unwirksam. Denn er enthält eine vermeidbare Unklarheit und einen Spielraum zugunsten des beklagten Landes. Es ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, was mit den "wesentlichen" Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung gemeint ist. Dieses Adjektiv "wesentlich" enthält keine präzise Umschreibung der Gegebenheiten und verletzt das Bestimmtheitsgebot. Das beklagte Land als Verwender hätte dieses Adjektiv näher umschreiben können, um damit klar zum Ausdruck zu bringen, ob und inwiefern der Zusatz "wesentlich" sich auf die Qualität oder auch auf die Quantität des Inhaltes einer vergleichbaren Prüfung mit einem ersten Staatsexamen bezieht. Wenn auch dem beklagten Land sicherlich zuzugeben ist, dass eine exakte Beschreibung dieses Erfordernisses für eine Vielzahl von Fällen nicht möglich ist, so hätte eine Umschreibung eine stärkere Klarheit erbracht, selbst wenn dann der Inhalt dieser Umschreibung seinerseits noch interpretationsbedürftig ist. Entscheidend ist nicht die fehlende Möglichkeit einer eindeutigen und zweifelfreien Formulierung. Intransparent ist eine Klausel bereits dann, wenn der Verwender eine präzise Formulierung unterlässt, mag diese andere Formulierung ihrerseits noch interpretationsbedürftig sein.

cc2.

Die Voraussetzungen der Nummer 42.1 erfüllt der Kläger. Zunächst einmal sind beide von ihm unterrichtete Fächer (französisch und evangelische Religion) wissenschaftliche Fächer im Sinne der Nummer 42. Sodann unterfällt er dem Tatbestand der Nummer 42.1.

aaa.

Entscheidend ist für die richtige Auslegung der hier streitentscheidenden Regelung in Nummer 42 des Runderlasses, dass dort ausdrücklich und eindeutig zwischen "wissenschaftlichen Hochschulen" zum einen und zum anderen "sonstigen Hochschulen" differenziert wird.

Nach Nummer 2.2 des Erlasses unterscheidet sich die wissenschaftliche Hochschule von der sonstigen Hochschule dadurch, dass die wissenschaftliche Hochschule eine "künstlerisch-wissenschaftliche Hochschule" und eine "Fachhochschule" nicht erfasst. Auch unter Berücksichtigung des unstreitig vom Kläger aufgezeigten möglichen Werdeganges, wonach die Diplom-Übersetzer ihren Abschluss an einer wissenschaftlichen Hochschule absolvieren können aber auch an einer Fachhochschule erreichen können, erfüllt er vom Wortlaut her unproblematisch die Anforderungen der Nummer 42.1. Sein an der Universität des Saarlandes erworbener Abschluss ist ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule.

bbb.

Dem gegenüber teilt das Landesarbeitsgericht nicht die Argumentation des beklagten Landes, der zufolge die Nummer 42.3 eine Spezialvorschrift gegenüber Nummer 42.1 ist. Denn die Nummer 42.3 setzt nach ihrem Wortlaut kein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium voraus, spricht vielmehr von einem abgeschlossenen Hochschulstudium. Dies kann auch auf einer Fachhochschule erworben werden. Für Diplom-Übersetzer, die an einer wissenschaftlichen Hochschule ihren Abschluss erworben haben, findet im Gegenteil Nummer 42.1 als speziellere Vorschrift Anwendung.

ccc.

Die Erwägungen des beklagten Landes, Nummer 42.3 sei ein eigens geschaffener Tatbestand, um sogenannten Quereinsteigern die Möglichkeit zu eröffnen, den Lehrerberuf auszuüben, ist vom Empfängerhorizont nach den Maßstäben der Auslegung, die für allgemeine Geschäftsbedingungen gelten, nicht ausreichend erkennbar. Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, der von dem beklagten Land als Lehrer beschäftigt wird, vermag diese Zusammenhänge nicht zu durchschauen. Bei der Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen wird eben auf den typischen Vertragspartner des Verwenders dieser allgemeinen Geschäftsbedingungen abgestellt und nicht auf einen Volljuristen, der Sonderwissen hat.

ddd.

Hilfsweise lässt sich das vorstehende Ergebnis jedenfalls mit den Grundsätzen der allgemeinen Unklarheitenregel des § 305 c BGB begründen. Äußerstenfalls mag (möglicherweise) dem beklagten Land noch zugestanden werden, dass die von ihm favorisierte Auslegung, der zufolge Nr. 42.3 der Nummer 42.1 vorgeht, gleichwertig sei.

Dies hat indes die Anwendung der allgemeinen Unklarheitenregel zur Folge. In diesem Zusammenhang ist sicherlich richtig, dass die Begriffe "wissenschaftliche Hochschulen bzw. "Hochschulen" in dem Eingruppierungserlass nicht immer stringent verwendet werden. Ein typischer Empfänger einer solchen allgemeinen Geschäftsbedingung muss sich jedoch auf die grundlegende Definition in Nummer 2.2 des Eingruppierungserlasses verlassen dürfen.

Wenn in diesem Erlass an anderer Stelle von einer "wissenschaftlichen Hochschule" die Rede ist, dann ist diese von einer Hochschule, welche auch eine Fachhochschule einschließt, zu unterscheiden.

Nach alledem steht dem Kläger die Vergütung nach der Entgeltgruppe 13 des TV-L ab dem 18.08.2008 zu, weil er die Eingruppierungsvoraussetzungen erfüllt. Auf die Frage der Treuwidrigkeit oder Verwirkung der erst im November 2013 vorgenommenen korrigierenden Rückgruppierung kommt es nicht mehr an.

C.

Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hat das beklagte Land die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen. Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache, insbesondere der Problematik der Intransparenz eines Teiles des Lehrereingruppierungserlasses, die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.