Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.09.2015, Az.: 2 Sa 918/14 E
AGB-Kontrolle; Eingruppierung; Eingruppierungserlass; Korrigierende Rückgruppierung; Lehrereingruppierungserlass; tarifliche Eingruppierung (nicht nur öffentlicher Dienst); Zahlungsklagen
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 09.09.2015
- Aktenzeichen
- 2 Sa 918/14 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 30571
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2015:0909.2SA918.14E.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BAG - 26.01.2017 - AZ: 6 AZR 671/15
Rechtsgrundlage
- BGB § 307 Abs. 1
Fundstellen
- AE 2016, 84
- AE 2016, 207
- öAT 2016, 39
Amtlicher Leitsatz
Der für Niedersachsen geltende Lehrereingruppierungserlass vom 15. Januar 1996) ist teilweise intransparent und unwirksam.
Nr. 2.3, Absatz 3 des Lehrereingruppierungserlasses Niedersachsen (Erlass vom15. Januar 1996), demzufolge ein Studienabschluss für ein Unterrichtsfach geeignet ist, wenn der Inhalt mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung übereinstimmt, ist gem. § 307 Abs. 1 BGB intransparent und somit unwirksam.
Nr. 2.3, Absatz 3 des Lehrereingruppierungslasses, wonach für das zweite Unterrichtsfach vom Bildungsstand nach einer Vor und Zwischenprüfung ausgegangen werden kann, ist gem. § 307 Abs. 1 BGB intransparant und damit unwirksam.
Tenor:
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 7. Mai 2014 - 7 Ca 204/13 E - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.955,36 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin sowie über Differenzvergütungsansprüche.
Die am 7. Februar 1965 geborene Klägerin studierte von 1984 bis 1986 an der X-Universität in G. im Studiengang Agrarwissenschaften und von 1987 bis 1990 an der Universität H. im Studiengang Agrarwissenschaften mit der Fachrichtung Pflanzenproduktion, Schwerpunkt Ökologische Bodenkunde/Bodenphysik. Im Jahr 1990 erwarb sie den Titel Diplom-Agraringenieurin mit der Gesamtnote "gut" (Bl. 139 ff. d. A.).
Seit dem 3. August 2009 arbeitet die Klägerin an der Realschule G. in einem Angestelltenverhältnis als Lehrerin für die Fächer Physik und Biologie. In dem Arbeitsvertrag vom 8. Juli 2009/3. August 2009 heißt es unter anderem (Bl. 85 ff. d. A.):
"...
§ 2
Für das Arbeitsverhältnis gelten
- der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L),
- der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) sowie
- die Tarifverträge, die den TV-L und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen,
in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land Niedersachsen jeweils gilt.
...
§ 4
Für die Eingruppierung gelten der Eingruppierungserlass des Niedersächsischen Kultusministeriums in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder.
Die Beschäftigte ist danach in der Entgeltgruppe 12 TV-L eingruppiert.
Anpassungen der Eingruppierung aufgrund des In-Kraft-Tretens einer neuen Entgeltordnung können auch entgeltgruppenübergreifend erfolgen (§ 17 Absatz 4 TVÜ-Länder).
Bis zum In-Kraft-Treten einer neuen Entgeltordnung sind alle Eingruppierungsvorgänge vorläufig und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand (§ 17 Absatz 3 Satz 1 TVÜ-Länder).
..."
In dem Erlass zur Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis nach dem BAT beschäftigten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vom 15. Januar 1996 in der Fassung vom 2. Februar 1998 (Nds. Ministerialblatt 1996, 334 - im Folgenden: Eingruppierungserlass) heißt es unter anderem:
"...
2.2 Für den Begriff "abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung" gilt die Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil I der Anlage 1 a zum BAT.
...
Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung liegt vor, wenn das Studium mit einer ersten Staatsprüfung oder mit einer Diplomprüfung beendet worden ist. Der ersten Staatsprüfung oder der Diplomprüfung steht eine Promotion oder die Akademische Abschlussprüfung (Magisterprüfung) einer Philosophischen Fakultät nur in den Fällen gleich, in denen die Ablegung einer ersten Staatsprüfung oder einer Diplomprüfung nach den einschlägigen Ausbildungsvorschriften nicht vorgesehen ist.
Eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung setzt voraus, dass die Abschlussprüfung in einem Studiengang abgelegt wird, der seinerseits mindestens das Zeugnis der Hochschulreife (allgemeine Hochschulreife oder einschlägige fachgebundene Hochschulreife) als Zugangsvoraussetzung erfordert, und für den Abschluss eine Mindeststudienzeit von mehr als sechs Semestern - ohne etwaige Praxissemester, Prüfungssemester oder ähnliches - vorgeschrieben ist.
...
2.3 Die in der Anlage in den Merkmalen 3.1, 3.2, 23.1, 31, 32.1, 32.2, 41, 42.1 und 61.1 genannten Lehrkräfte, deren Studienabschluss nur für ein Unterrichtsfach geeignet ist, werden bei Erfüllung der sonstigen Anforderungen des Eingruppierungsmerkmals in der nächstniedrigeren VergGr. eingestuft und nach sechsjähriger Bewährung eine VergGr. höhergruppiert. Gegenüber der VergGr. II a gilt hierbei die VergGr. III als nächstniedrigere VergGr.
Ein weiterer Bewährungsaufstieg ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für die nach früheren Bestimmungen eingruppierten Lehrkräfte.
Ein Studienabschluss ist für ein Unterrichtsfach geeignet, wenn dieser Abschluss mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung übereinstimmt, die der Unterrichtstätigkeit entspricht. Für das zweite Unterrichtsfach kann vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ausgegangen werden.
..."
In der Anlage zu dem Eingruppierungserlass heißt es unter anderem wie folgt:
"...
III. Lehrkräfte an Realschulen, an Realschulzweigen der Haupt- und Realschulen und an 10. Klassen von Grund- und Hauptschulen oder Hauptschulen
VergGr. | ||
---|---|---|
30. | Lehrkräfte mit der Befähigung für die Laufbahn des Lehramts an Realschulen | II a |
31. | Lehrkräfte mit der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen oder mit der in Merkmal 41 genannten Ausbildung | III |
... | ||
32. | Lehrkräfte, die zeitlich mindestens zur Hälfte in wissenschaftlichen Fächern unterrichten, | |
32.1 | mit einem für die auszuübende Unterrichtstätigkeit geeigneten abgeschlossenen Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule | III |
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser VergGr. | II a | |
... | ||
32.5 | ohne die in den Merkmalen 32.1 bis 32.4 genannte Ausbildung | V b |
nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser VergGr. | IV b | |
..." |
Mit Schreiben vom 3. Januar 2013 stellte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Mit Erlass vom 18. Februar 2013 entschied das Nds. Kultusministerium, dass bei der Klägerin eine Gleichwertigkeit des Hochschulabschlusses nach § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 NLVO-Bildung nicht festgestellt werden könne. Für das Unterrichtsfach Biologie fehlten Studienanteile im Bereich Mensch und Tier (Systematik, Anatomie und Physiologie), um das Fach als materiell voll gleichwertig anerkennen zu können, ebenso fehlten für das Unterrichtsfach Physik Studienanteile. Es sei auch jeweils nicht vom Niveau einer Vor- und Zwischenprüfung auszugehen (Bl. 102 d. A.).
In einem Schreiben des beklagten Landes vom 23. September 2013 an die Klägerin heißt es unter anderem (Bl. 88 d. A.):
"Korrigierende Rückgruppierung
Sehr geehrte Frau A.,
Sie sind seit 03.08.2009 im Rahmen eines Arbeitsvertrages als Lehrkraft an der Realschule G. tätig. In Ihrem Arbeitsvertrag wurde irrtümlich die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 genannt, es hätte eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 erfolgen müssen.
Die falsche Eingruppierung stellte sich heraus, weil Sie die Berufung in ein Beamtenverhältnis beantragt hatten und das Nds. Kultusministerium um Feststellung der Gleichwertigkeit Ihres Studienabschlusses gebeten wurde. Die Entscheidung des Nds. Kultusministeriums habe ich Ihnen bereits mit Schreiben vom 12.04.2013 erläutert.
Aus Ihrem Arbeitsvertrag vom 08.07./03.08.2009 erwächst kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Zahlung eines Entgelts der Gruppe 12, denn das Entgelt einer beschäftigten Lehrkraft richtet sich nach den jeweiligen Tarifverträgen in Verbindung mit dem Eingruppierungserlass des Nds. Kultusministeriums in der jeweils gültigen Fassung und danach waren Sie ab Einstellung in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert. Die Nennung der Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag dient lediglich der Information.
Sie werden daher künftig ein Entgelt der Gruppe 9 erhalten. Das überzahlte Entgelt wird unter Beachtung der Ausschlussfrist gemäß § 37 TV-L von der OFD Niedersachsen - LBV C-Stadt - zurückgefordert werden.
..."
Ab Oktober 2013 erhielt die Klägerin eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TV-L in der für sie maßgeblichen Stufe. Die Differenz zu der bisherigen Vergütung der Klägerin beträgt monatlich 748,76 € brutto. Ferner forderte das beklagte Land die überzahlten Beträge für die Monate März bis September 2013 von der Klägerin zurück.
Mit ihrer am 20. November 2013 beim Arbeitsgericht Braunschweig eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass sie in die Entgeltgruppe 12 TV-L eingruppiert ist und macht Differenzvergütungsansprüche geltend. Sie hat die Ansicht vertreten, ihr sei vertraglich die Vergütung nach Entgeltgruppe 12 TV-L zugesagt worden, weil man sich ihre Tätigkeit als Lehrkraft für Mangelfächer habe sichern wollen. Ein Irrtum bei der Eingruppierung liege nicht vor, es habe sich vielmehr um eine bewusste Entscheidung des beklagten Landes gehandelt. Bei dem Einstellungsgespräch habe der anwesende Dezernent Herr H. erklärt, ihr Studium der Agrarwissenschaften könne zwei Fächern zuordnet werden. An einer Realschule werde sie in die Entgeltgruppe 12 TV-L eingruppiert und vergütet. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, warum das Land entgegen der ursprünglich vorgenommenen Eingruppierung von der fehlenden Gleichwertigkeit ihres Studienabschlusses ausgehe. Bei der Agrarwissenschaft handele es sich um angewandte Biologie. Die Inhalte des Masterstudiums Biologie für Lehrämter entsprächen dem Vordiplom des agrarwissenschaftlichen Studiums. Physikalische Inhalte habe sie neben dem Vordiplom auch in der Diplomarbeit aus dem Bereich der ökologischen Bodenkunde/Bodenphysik behandelt. Wie sich aus der Gegenüberstellung der Studieninhalte des Bachelorstudiengangs Lehramt an Realschulen und der Inhalte des agrarwissenschaftlichen Studiums ergebe, seien die Studiengänge vergleichbar. Tierbiologische Themen seien immer auch mit einem Bezug zur Humanbiologie vermittelt worden. Lediglich einzelne Inhalte, bei denen es sich um die spezifische Pädagogik des Lehramts handele, habe sie in ihrem agrarwissenschaftlichen Studium nicht behandelt. Wegen der Einzelheiten der von der Klägerin vorgenommenen Gegenüberstellung wird auf die Seiten 6 - 27 der Klageschrift (Bl. 61 - 82 d. A.) Bezug genommen.
Nach Rücknahme der weitergehenden Klage hat die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Klägerin seit dem 3. August 2009 nach der Entgeltgruppe 12 TV-L zu vergüten ist,
2. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 5.241,32 Euro brutto nebst 5 % Punkten Zinsen jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz auf je 748,76 Euro brutto ab dem 1. November 2013, 1. Dezember 2013, 1. Januar 2014, 1. Februar 2014, 1. März 2014, 1. April 2014 und 1. Mai 2014 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat behauptet, die Klägerin sei bei der Einstellung nicht bewusst in eine höhere Vergütungsgruppe eingruppiert worden. Es sei irrtümlich eine fehlerhafte Eingruppierung erfolgt. Der Abschluss der Klägerin in dem Fach Agrarwissenschaften erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach dem Merkmal 32.1 des Eingruppierungserlasses. Im Unterrichtsfach Biologie fehle es an Studienanteilen im Bereich Mensch und Tier (Systematik, Anatomie und Physiologie). Aus der Aufstellung der Klägerin gehe nicht hervor, dass sie die in diesem Bereich gemäß der Verordnung über Masterabschlüsse für Lehrämter in Niedersachsen (Nds. MasterVO-Lehr, Nds. GVBl. 2007, 488, im Folgenden: MasterVO-Lehr) erforderlichen Leistungen sämtlich erbracht habe. Es fehlten jeweils große Teile des Bereiches Tierbiologie/Zoologie, die Vermittlung von Kenntnissen der Humanbiologie fehle vollständig. Insgesamt fehlten ca. 30 - 40 % der erforderlichen Studien- und Prüfungsleistungen. Nach Einschätzung des Kultusministeriums betrage der Umfang etwa 80 Leistungspunkte. Auch im Fach Physik fehle es an Studienanteilen, welche die MasterVO-Lehr für das Unterrichtsfach fordere. Aus der Aufstellung der Klägerin gehe nicht hervor, dass sie die Studienanteile hinreichend erbracht habe. Die Studienleistungen der Klägerin im Bereich Bodenphysik machten zwar etwa 6,25 % der Studienleistungen im Fach Physik aus, seien aber nur Teil des Unterrichtsfaches und reichten somit für eine Zuordnung zu diesem Unterrichtsfach nicht aus.
Mit Urteil vom 7. Mai 2014 hat das Arbeitsgericht Braunschweig der Klage stattgegeben. Der zulässige Feststellungsantrag sei begründet. Das beklagte Land habe nicht dargelegt, dass die Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe 12 TV-L objektiv fehlerhaft sei. Im Falle der korrigierenden Rückgruppierung müsse der Arbeitgeber die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen, wobei es ausreichend sei, wenn nach dem Vortrag des Arbeitgebers auch nur eine der tariflichen Voraussetzungen für diese Vergütungsgruppe fehle und die ursprünglich vorgenommene Eingruppierung objektiv fehlerhaft sei. Diesen Anforderungen genüge der Vortrag des beklagten Landes bezogen auf Ziffer 32.1 des Eingruppierungserlasses nicht. Das beklagte Land habe nicht nachvollziehbar dargelegt, warum das Diplom der Klägerin im Fach Agrarwissenschaften nicht mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach Biologie einer ersten Staatsprüfung übereinstimme und bezogen auf das zweite Fach Physik dem Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung entspreche. Das beklagte Land habe behauptet, der Klägerin fehlten im Bereich Tierbiologie und Zoologie sowie im Bereich Humanbiologie 30 - 40 % der erforderlichen Studienleistungen sowie Prüfungsleistungen im Umfang von etwa 18 Leistungspunkten. Wie das beklagte Land zu dieser Einschätzung gelange, sei anhand des Vortrages jedoch nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich der Inhalte des Lehramtsstudiums der Biologie verweise das beklagte Land auf die Master-VO und die in der Anlage genannten Kompetenzen. Aus dem Anhang seien zwar die verschiedenen Kompetenzbereiche zu entnehmen, aufgegliedert nach Lehramt an den verschiedenen Schulformen und auch diesen Kompetenzbereichen zugeordnete Inhalte. Welche konkreten dort genannten Inhalte des Masterstudiums Biologie Lehramt bei der Klägerin fehlen sollten und wieso diese mit 30 - 40 % zu bewerten seien, ergebe sich aus dem Vortrag des beklagten Landes jedoch nicht. Gleiches gelte für das Fach Physik. Hier habe das beklagte Land lediglich mitgeteilt, die Studienanteile der Klägerin entsprächen 6,25 % der Gesamtstudienleistungen. Welche Kenntnisse im Studium Physik/Lehramt bis zu einer Vor- oder Zwischenprüfung zu verlangen seien und welche Kenntnisse davon bei der Klägerin nicht aufgrund ihres Studiums vorhanden sein sollten, sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Dies könne auch nicht aus der Master-VO-Lehr entnommen werden, da diese den Bildungsstand für das abgeschlossene Studium Physik/Lehramt wiedergebe. Nach Ziffer 2.3. des Eingruppierungserlasses komme es auf den Bildungsstand nach einer Zwischenprüfung an.
Der Zahlungsantrag sei ebenfalls begründet. Da das beklagte Land die Voraussetzungen für eine korrigierende Rückgruppierung nicht dargelegt habe, verbleibe es bei der bisherigen Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 TV-L. Das beklagte Land habe die Vergütungsdifferenzen zur Entgeltgruppe 9 TV-L in Höhe von 748,76 Euro brutto monatlich für den Zeitraum Oktober 2013 bis April 2014 nachzuentrichten. Wegen der genauen Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils, Bl. 5 - 9 desselben, Bl. 186 - 190 d. A. verwiesen.
Das Urteil wurde dem beklagten Land am 2. Juni 2014 zugestellt. Hiergegen hat das beklagte Land mit einem am 1. Juli 2014 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 2. September 2014 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf den Antrag des beklagten Landes vom 25. Juli 2014 durch Beschluss vom 28. Juli 2014 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. September 2014 verlängert worden war.
Mit seiner Berufung verfolgt das beklagte Land sein erstinstanzliches Ziel der Klagabweisung weiter. Das beklagte Land wiederholt und vertieft sein Vorbringen. Das beklagte Land behauptet, der Abschluss der Klägerin im Studium Agrarwissenschaft stimme nicht mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im Studium Biologie/Masterprüfung überein. Der wichtige und für den Biologieunterricht unverzichtbare Bereich der Humanbiologie fehle beim Studium der Agrarwissenschaft vollständig. So könne die Klägerin dem wichtigen Aufbaumodul Humanbiologie und Gesundheitsförderung keine Studieninhalte der Agrarwissenschaften zuordnen. Soweit sich die Klägerin zur Kompensation der fehlenden Humanbiologie auf ein einwöchiges Praktikum bei einem Veterinär beziehe, liege es auf der Hand, dass sie hierdurch keine Kenntnisse in der Humanbiologie habe erwerben können. Unzutreffend sei auch die Behauptung der Klägerin, die Kenntnisse zur Biologie der Tiere und zu den Grundlagen der Tierproduktion seien immer mit Bezug auf die Humanbiologie vermittelt worden. Die Anwendungsaspekte der Humanbiologie und Gesundheitsförderung gehörten entgegen der Ansicht der Klägerin zu den zu erwerbenden Sachkompetenzen und nicht zur Pädagogik. Der Bereich Humanbiologie sei von essenzieller Bedeutung für den Biologieunterricht, weil ein hoher Anteil des zu vermittelnden Unterrichtsstoffes diesem Bereich zuzuordnen sei. Dies werde exemplarisch an dem Kerncurriculum 2007 Biologie für die Realschule deutlich: Vier von 16 Themenfeldern, die als Anregung für die unterrichtliche Umsetzung des Kompetenzbereichs Fachwissen den Lehrkräften und Fachkonferenzen an die Hand gegeben worden seien, beinhalteten ausschließlich Themen aus dem Bereich Humanbiologie. Auch durch die kommentierten Aufgabengebiete, die den von der Kultusministerkonferenz im Jahr 2004 beschlossenen Bildungsstandards im Fach Biologie für den mittleren Bildungsabschluss angefügt seien, werde die Bedeutung der Humanbiologie für das Fach Biologie deutlich: Fünf von 15 Beispielen stammten aus dem Bereich der Humanbiologie. Für eine Zuordnung zum Unterrichtsfach Biologie fehlten ferner große Teile des Bereiches Tierbiologie/Zoologie. Die Klägerin habe in diesem Bereich nur in der ersten Phase des Grundstudiums Grundkenntnisse erwerben können. Sie habe nach dem Vordiplom die Fachrichtung Pflanzenproduktion gewählt. Der Abschluss der Klägerin im Studium der Agrarwissenschaften stimme auch nicht mit den wesentlichen Inhalten des Wissenstandes der Vor- oder Zwischenprüfung im Studium Physik/Lehramt überein. Nach der MasterVO-Lehr müssten für das Lehramt an Realschulen in Fachwissenschaften und Fachdidaktik mindestens 60 Leistungspunkte erworben werden. Eine Semesterwochenstunde werde mit 1,5 Leistungspunkten bewertet. Kenntnisse der Fachdidaktik würden von Quereinsteigern nicht verlangt. Für diese Personen werde der Anteil Fachdidaktik aus der Gesamtpunktzahl herausgerechnet. Für Fachwissenschaften verblieben 45 Leistungspunkte. Die Hälfte dieser Anzahl entspräche in etwa den Anforderungen der früheren Zwischenprüfungen. Selbst bei einer großzügigen Betrachtung sei davon auszugehen, dass die Klägerin lediglich ca. 21 Leistungspunkte (maximal 14 Semesterwochenstunden), also weniger als die Hälfte der nach der Master-VO-Lehr notwendigen 45 Leistungspunkte erworben habe.
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 7. Mai 2014 - 7 Ca 204/13 E - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 7. November 2014 (Bl. 286 ff. d. A.) und ihres Schriftsatzes vom 31. August 2015 (Bl. 473 ff. d. A.). Hilfsweise mache sie sich den Vortrag des beklagten Landes zu eigen, dass mangels wesentlicher Übereinstimmung der Prüfungsinhalte der Diplom- bzw. Vordiplomprüfungen nicht dem wesentlichen Inhalt der ersten Staatsprüfung Biologie bzw. der Zwischenprüfung des Lehrfachs Physik für das Lehramt entspreche. Bei ihrer Einstellung sei die Eingruppierung aufgrund einer Einzelentscheidung erfolgt. In dem Bewerbungsgespräch habe der Dezernent Herr H. gesagt, dass ihr Studium mit Diplomabschluss zwei Fächern - Biologie und Physik - zugeordnet werden könne und sie für eine Realschule mit der Entgeltgruppe 12 TV-L eingestellt würde. Da es sich bei der Bekanntgabe der Vergütungsgruppe in ihrem Arbeitsvertrag nicht um eine Wissenserklärung, sondern um eine Willenserklärung gehandelt habe, scheide eine korrigierende Rückgruppierung aus.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 9. September 2015 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des beklagten Landes ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und insgesamt zulässig (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
B.
Die Berufung des beklagten Landes ist unbegründet.
I.
Der Feststellungsantrag der Klägerin (Klagantrag zu 1.) ist zulässig.
Es handelt sich um eine sogenannte Eingruppierungsfeststellungsklage, die allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen (vgl. BAG, 24. September 2014 - 4 AZR 560/12 - Rn. 13; BAG, 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 13 m. w. N.). Das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag wird der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt (vgl. BAG, 24. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15). Dies gilt auch soweit Ansprüche die Vergangenheit betreffen. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin gegenwärtige rechtliche Vorteile in Form eines höheren Entgelts aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erstrebt (BAG, 13. November 2014 - 6 AZR 1102/12 - Rn. 23; BAG, 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 10 ff.).
II.
Der Feststellungsantrag ist begründet.
Der Klägerin steht seit dem 3. August 2009 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 12 TV-L i. V. mit dem Arbeitsvertrag der Parteien und dem Eingruppierungserlass zu.
1.
Das beklagte Land hat nicht dargelegt, dass die Eingruppierung der Klägerin in Entgeltgruppe 12 des TV-L objektiv fehlerhaft ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der die erkennende Kammer folgt, muss bei einer sogenannten korrigierenden Rückgruppierung, d. h. bei einer beabsichtigten Einstufung in eine niedrigere als die bisher als zutreffend angenommene Vergütungsgruppe, der Arbeitgeber, wenn sich der Arbeitnehmer auf die ihm vom Arbeitgeber zuvor mitgeteilte und der Vergütung zu Grunde gelegte Vergütungsgruppe beruft, die objektive Fehlerhaftigkeit dieser bisher gewährten Vergütung darlegen und beweisen. Ihn trifft die Darlegungs- und gegebenenfalls Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der zunächst mitgeteilten und umgesetzten und nunmehr nach seiner Auffassung zu korrigierenden Eingruppierung. Zu einer Änderung der mitgeteilten Vergütungsgruppe ist er nur berechtigt, wenn die bisherige tarifliche Bewertung, die er dem Arbeitnehmer gegenüber nachgewiesen hatte, fehlerhaft war (BAG, 20. März 2013 - 4 AZR 521/11 - Rn. 18). Vorstehende Rechtsgrundsätze finden auch Anwendung, wenn sich die tarifvertragliche Eingruppierung nicht unmittelbar aus den Merkmalen eines Tarifvertrages ergibt, sondern lediglich durch die Bezugnahme auf ein Regelungswerk, welches ähnlich einem Tarifvertrag eine Differenzierung nach Art der Tätigkeit und Art der Aus- und Vorbildung vorsieht. Dies ist bei dem Eingruppierungserlass der Fall.
2.
Eine korrigierende Rückgruppierung scheitert vorliegend daran, dass die Parteien in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages eine eigenständige vertragliche Regelung über die der Klägerin zustehende Vergütung nach der Entgeltgruppe 12 TV-L getroffen haben. Dies ergibt eine Auslegung des Formulararbeitsvertrages vom 8. Juli 2009/3. August 2009.
a.
Bei einer vertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen (BAG, 26. August 2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 46; BAG, 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 38). Soll der Nennung einer Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag keine rechtsgeschäftlich begründende Wirkung zukommen, sondern es sich nur eine deklaratorische Angabe in Form einer sogenannten Wissenserklärung (dazu etwa BAG, 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 19; BAG, 29. September 2010 - 3 AZR 546/08 - Rn. 19) handeln, muss dies im Arbeitsvertrag deutlich zum Ausdruck gebracht werden (BAG, 6. August 1997 - 4 AZR 195/96 - zu B II 1 a bb der Gründe).
b.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der die erkennende Kammer folgt, kann ein Arbeitnehmer aufgrund der Nennung einer Vergütungs-, Lohn- oder Entgeltgruppe in einem Arbeitsvertrag im öffentlichen Dienst ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig nicht davon ausgehen, ihm solle ein eigenständiger, von den tariflichen Eingruppierungsbestimmungen oder anderen in Bezug genommenen Eingruppierungsregelungen unabhängiger Anspruch auf eine Vergütung nach der genannten Entgeltgruppe zustehen. Erforderlich ist allerdings, dass sich aus dem Inhalt des Arbeitsvertrages deutlich ergibt, allein die bezeichneten (tariflichen) Eingruppierungsbestimmungen sollen für die Ermittlung der zutreffenden Vergütung maßgebend sein und nicht die angegebene Entgeltgruppe (BAG, 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 ff. m. w. N.).
Nach den vorgenannten Voraussetzungen kann jedenfalls dann nicht von einer sogenannten deklaratorischen Nennung der Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag ausgegangen werden, wenn zum Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung die in Bezug genommenen (tariflichen) Regelungswerke keine Eingruppierungsbestimmungen für die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit enthalten, aus denen sich die zutreffende Vergütung ermitteln ließe. Dann fehlt es für den Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger regelmäßig an den erforderlichen Anhaltspunkten, der Arbeitgeber wolle ihn nach einem Eingruppierungswerk vergüten, aus dem sich die zutreffende Entgeltgruppe allein aufgrund der vertraglich vereinbarten Tätigkeit ermitteln lässt und bei der genannten Entgeltgruppe handele es sich nicht um eine Willens-, sondern ausnahmsweise nur um eine sogenannte Wissenserklärung. In der Folge kann der Arbeitnehmer, wenn ein Vergütungssystem mit abstrakten Tätigkeitsmerkmalen für die von ihm auszuübende Tätigkeit nicht besteht oder insoweit lückenhaft ist, die Nennung einer Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag grundsätzlich als ausdrücklichen Antrag auch in Bezug auf die Ermittlung der maßgebenden Vergütungshöhe verstehen. Nimmt der Arbeitnehmer diesen Antrag an, ist die Entgeltgruppe damit vertraglich - "konstitutiv" - festgelegt (BAG, 12. März 2008 - 4 AZR 67/07 - Rn. 36; BAG, 22. Juli 2004 - 8 AZR 203/03 zu II 1 d der Gründe; BAG, 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 12 ff.).
c.
Bei der gebotenen Anwendung vorstehender Grundsätze kann die Klägerin aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages eine Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 12 TV-L beanspruchen.
aa.
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses konnte aus den in § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrages genannten Regelwerken keine "zutreffende" Eingruppierung ermittelt werden. § 4 Abs. 1 verweist für die Eingruppierung auf den Eingruppierungserlass in der jeweils gültigen Fassung i. V. m. Anlage 4 Teil B TVÜ-Länder.
bb.
Bei dem durch die Verweisungsklausel in § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrages zum Vertragsinhalt gewordenen Eingruppierungserlass handelt es sich nach § 305 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB um allgemeine Geschäftsbedingungen. Sie wurden von dem beklagten Land für eine Vielzahl von Verträgen mit Lehrkräften gleichlautend verwendet und der Klägerin bei Abschluss des Formulararbeitsvertrages gestellt (vgl. hierzu BAG, 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 25; LAG Niedersachsen, 9. Juli 2015 - 5 Sa 1434/14 E -). Die Auslegung der Eingruppierungsrichtlinien ist nicht nach den Regeln des Verwaltungsrechts vorzunehmen (BAG, 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 25; offen gelassen von BAG, 18. März 2009 - 4 AZR 79/08 - Rn. 20; BAG, 24. September 2008 - 4 AZR 685/07 - Rn. 17, vgl. auch Schaub/Treber, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Aufl., § 183 Rn. 83; Schlewing in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 2. Auflage, Teil 7, Rn. 253).
cc.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind (BAG, 3. September 2014 - 5 AZR 109/13 - Rn. 14). Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbarer Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt und den Hintergrund des ihm formularmäßig gemachten Antrages durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich (BAG, 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 30, 33, 35).
dd.
Wenn nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel besteht, geht dies zu Lasten des Verwenders, § 305 c Abs. 2 BGB. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (z. B. BAG, 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn.15). Der die allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG, 12. Dezember 2006 - 3 AZR 388/05 - Rn. 30; ständige Rechtsprechung BGH, vergl. z. B. BGH, 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGH, 09. Juni 2010 - VIII ZR 294/09 - Rn. 16).
ee.
Der in Bezug genommene und für die Eingruppierung maßgebliche Eingruppierungserlass hält einer AGB-Kontrolle nicht stand. Er ist zumindest in Ziffer 2.3 gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent und damit nach Satz 1 der vorgenannten Vorschrift unwirksam.
aaa.
Gemäß Ziff. 32.1 des Anhanges zum Eingruppierungserlass, die die Eingruppierung der Lehrkräfte an Realschulen regelt, werden Lehrkräfte mit einem für die auszuübende Unterrichtstätigkeit geeigneten abgeschlossenen Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule in die Entgeltgruppe BAT III - jetzt Entgeltgruppe 12 TV-L - eingruppiert. Die Klägerin verfügt über ein abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule. Die von ihr unterrichteten Fächer Biologie und Physik sind wissenschaftliche Fächer im Sinne des Merkmals 32.1.
bbb.
Ziffer 2.3 des Eingruppierungserlasses setzt für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III BAT - entsprechend Entgeltgruppe 12 TV-L - weiterhin voraus, dass der Studienabschluss der Klägerin bzw. ihr Diplom in Agrarwissenschaften mit den wesentlichen Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach - hier Biologie - einer ersten Staatsprüfung übereinstimmt, die der Unterrichtstätigkeit entspricht. Für das zweite Unterrichtsfach - hier Physik - kann nach Ziffer 2.3 des Eingruppierungserlasses vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ausgegangen werden.
(1.)
Diese Regelung ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent und damit nach Satz 1 der vorgenannten Vorschrift unwirksam.
Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot mit ein. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten gelangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG, 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 38).
(2.)
Gemessen an vorstehenden Rechtsgrundsätzen ist Ziff. 2.3 des Eingruppierungserlasses intransparent und damit unwirksam. Er enthält auch nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden eine vermeidbare Unklarheit und einen Spielraum zugunsten des beklagten Landes. Entscheidend ist nicht die fehlende Möglichkeit einer eindeutigen zweifelfreien Formulierung. Intransparent ist eine Klausel bereits dann, wenn der Verwender eine präzise Formulierung unterlässt, mag diese andere Formulierung ihrerseits auch interpretationsbedürftig sein. Es ist nicht erkennbar, was mit den "wesentlichen" Inhalten der Prüfung im vergleichbaren Fach einer ersten Staatsprüfung gemeint ist. Vorliegend enthält das Adjektiv "wesentlich" keine präzise Umschreibung der Gegebenheiten und verletzt das Bestimmtheitsgebot. Wesentlich bedeutet: "Den Kern einer Sache ausmachend und daher von entscheidender Bedeutung" (Duden, Bedeutungswörterbuch, 2. Aufl. 1985), bzw. "bedeutsam, wichtig, den Kern der Sache treffend, grundlegend, sehr merklich, sehr spürbar, bedeutend" (Wahrig, Lexikon der deutschen Sprachlehre, 2000). Das beklagte Land hätte zum Ausdruck zu bringen, ob und inwiefern der Zusatz "wesentlich" sich auf die Qualität oder auch auf die Quantität des Inhaltes einer vergleichbaren Prüfung mit einem ersten Staatsexamen bezieht (vgl. LAG Niedersachsen, 9. Juil 2015 - 5 Sa 1434/14 E -).
Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich das "wesentlich" auf den Inhalt der Prüfung bezieht, ist nicht erkennbar, was in einer Prüfung im Fach Biologie den Kern der Prüfung ausmacht und daher von entscheidender Bedeutung ist. Zutreffend hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil bereits ausgeführt, dass die Behauptung des beklagten Landes, der Klägerin fehlten im Bereich Tierbiologie und Zoologie sowie im Bereich Humanbiologie 30 bis 40 % der erforderlichen Studien- und Prüfungsleistungen im Umfang von etwa 18 Leistungspunkten nicht nachvollziehbar ist. Aus dem Eingruppierungserlass ist auch unter Hinzuziehung der MasterVO-Lehr die Schlussfolgerung des beklagten Landes nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich des Inhalts des Lehramtsstudiums Biologie verweist das beklagte Land auf die MasterVO-Lehr und die in der Anlage genannten Kompetenzen, die die Absolventen nachweisen müssten. Der MasterVO-Lehr ist jedoch eine über die Kompetenzen hinausgehende Konkretisierung, etwa nach der Anzahl der Semesterwochenstunden oder der Anzahl der Credits pro Modul nicht zu entnehmen. In § 3 Abs. 1 Satz bis 5 MasterVO-Lehr ist nämlich nur die Mindestanzahl der Leistungspunkte festgelegt, ohne Bezug auf die Kompetenzen im Einzelnen. Die Ausgestaltung der Vorlesungen/Module sowie die konkrete Zuordnung zu den Leistungspunkten erfolgt vielmehr durch die Hochschulen gem. § 7 Niedersächsisches Hochschulgesetz. Dieser kann im Einzelfall in den Universitäten unterschiedlich sein. Von der Anzahlt der Credits kann daher kein Schluss auf die Relevanz der Vorlesungen oder des Moduls im Sinne der MasterVO-Lehr gezogen werden. Die MasterVO-Lehr enthält auch keine Gewichtung der Kompetenzen. Hinsichtlich Biologie differenziert die MasterVO-Lehr zwischen den drei Kompetenzbereichen "Fachwissenschaftliche Grundkompetenzen, Biologisches Denken und Arbeiten, Lernen und Lehren". Eine inhaltliche Gewichtung zwischen den einzelnen Kompetenzbereichen ist jedoch weder der MasterVO-Lehr noch den Anlagen zu entnehmen. Es bleibt offen, wie die Kompetenzbereiche zueinander gewichtet werden sollen und wie innerhalb der Kompetenzbereiche eine Gewichtung nach bestimmten fachwissenschaftlichen Grundkompetenzen erfolgen soll. Dabei ist anzumerken, dass die Klägerin unbestritten vorgetragen hat, dass sie den Kompetenzbereich Biologisches Denken und Arbeiten voll erfüllt. Soweit das beklagte Land auf die konkreter formulierten Kerncurricularien und auf die Bildungsbeispiele der Kultusministerkonferenz verweist, ist anzuführen, dass es hierbei nicht um fachliche Inhalte der Prüfung geht, sondern um Bildungsbespiele im Hinblick auf das den Schülern zu vermittelnde Wissen. Es geht um Bildungsstandards bei den Schülern und nicht um diejenigen bei den Lehrenden. Ziffer 2.3 des Eingruppierungserlasses stellt bei der vergleichenden Betrachtung auf die Prüfungsinhalte der Lehrerenden ab und nicht auf das von den Schülern zu fordernde Wissen.
Gleichermaßen ist auch offen, was der Eingruppierungserlass unter einer ersten Staatsprüfung versteht. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages der Parteien galt bereits die MasterVO-Lehr vom 08. November 2007, die hinsichtlich des Studiums des Lehramtes nur das Master- und Bachelor-Studium erwähnt, nicht aber ein erstes Staatsexamen.
(3.)
Unbestimmt und damit unwirksam ist auch die Regelung in Ziffer 2.3 des Eingruppierungserlasses, wonach für das zweite Unterrichtsfach vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ausgegangen werden kann.
Hierzu führt das beklagte Land in der Berufung aus, nach der MasterVO-Lehr müssten für das Lehramt an Realschulen in Fachwissenschaften und Fachdidaktik mindestens 60 Leistungspunkte erworben werden. Dabei werde eine Semesterwochenstunde mit 1,5 Leistungspunkten bewertet. Da bei Quereinsteigern der Anteil der Fachdidaktik aus der Gesamtpunktzahl herausgerechnet werde, verblieben für Fachwissenschaften 45 Leistungspunkte. Die Hälfte dieser Punktzahl entspreche in etwa den Anforderungen der früheren Zwischenprüfung.
Insoweit ist schon nicht erkennbar, woraus sich ableiten erließe, dass die Hälfte der 45 Leistungspunkte in etwa den Anforderungen der früheren Zwischenprüfung entsprechen soll. Dem Vortrag des beklagten Landes ist nicht zu entnehmen, auf welche Grundlage die Behauptung gestützt wird. Durch die Verwendung des Begriffes "in etwa" bringt das beklagte Land selbst zum Ausdruck, dass eine Rechtsunsicherheit besteht, wieviele Leistungspunkte im konkreten Einzelfall den Anforderungen einer früheren Zwischenprüfung entsprechen sollen. Die Verwendung des Begriffes "in etwa" lässt für das beklagte Land einen Freiraum bei der Entscheidung. Es kann von "der Hälfte" nach oben oder nach unten abweichen, ohne dass dies für die Vertragspartei des beklagten Landes nachvollziehbar und vorhersehbar ist. Nach welchen Maßstäben das "in etwa" seitens des beklagten Landes gehandhabt wird, bleibt auch nach dem ausführlichen Vortrag des beklagten Landes in der Berufung völlig offen. Ferner ist auch nicht erkennbar, ob tatsächlich vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ausgegangen werden muss, weil es in dem Eingruppierungserlass heißt, für das zweite Unterrichtsfach "kann" vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ausgegangen werden. Steht es im Belieben des beklagten Landes vom Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung auszugehen oder ist eine Ermessensprüfung erforderlich?.
Zudem soll es auf den Bildungsstand nach einer Vor- oder Zwischenprüfung ankommen. Insoweit lässt sich auch unter Hinzuziehung der MasterVO-Lehr keine Konkretisierung der Anforderungen darlegen. Die MasterVO-Lehr stellt auf den Bildungsstand für das abgeschlossene Studium Physik / Lehramt ab, der aber nach dem Eingruppierungserlass für das zweite Fach nicht zu verlangen ist. Die MasterVO-Lehr sieht keine Vor- oder Zwischenprüfungen mehr vor. Auf welchen Abschnitt bzw. Teil-Abschnitt des Bachelor- bzw. Master-Studiengangs abzustellen ist, ist folglich nicht feststellbar.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die typischen Vertragspartner des Verwenders abzustellen ist und nicht auf ein etwaiges Sonderwissen, ist festzuhalten, dass bei der Auslegung von Ziffer 2.3 des Eingruppierungserlasses nicht behebbare Zweifel daran bestehen, nach welchen Kriterien das beklagte Land prüft, um festzustellen, ob ein Studienabschluss für ein Unterrichtsfach geeignet ist.
d.
Das beklagte Land kann sich nicht darauf stützen, ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes wolle dem Arbeitnehmer nur dasjenige gewähren, was ihm tariflich oder nach den in Bezug genommenen Richtlinien zusteht.
Soweit das Bundesarbeitsgericht für das Vorliegen einer lediglich "deklaratorischen" Nennung der Entgeltgruppe unterstützend angenommen hat, ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes wolle im Zweifel nur eine bestehende (tarifliche) Eingruppierungsregelung vollziehen (vgl. BAG, 27. September 2000 - 10 AZR 146/00 - BAGE 96, 1; BAG, 16. Februar 2000 - 4 AZR 62/99 - BAGE 93, 340;) setzt dies eine solche voraus. Der Arbeitgeber als Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss nicht nur im Vertragswortlaut zum Ausdruck bringen, allein die in Bezug genommenen Regelungswerke sollen für die Ermittlung der zutreffenden Entgeltgruppe maßgebend sein, sondern er muss zugleich dafür Sorge tragen, dass sich diese hieraus auch ohne Weiteres ermitteln lässt (BAG, 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - Rn. 22). Angesichts der Unbestimmtheit von Ziffer 2.3 des Eingruppierungserlasses war es für die Klägerin nicht möglich, anhand des Eingruppierungserlasses, der zudem noch nicht einmal auf die MasterVO-Lehr verweist, die für sie zutreffende Eingruppierung zu ermitteln.
Nach alledem ist festzuhalten, dass es sich bei der Regelung in Ziff. 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages nicht um eine Wissens-, sondern um eine konstitutive Willenserklärung handelt. Die Klägerin kann eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 12 TV-L aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung beanspruchen.
Nach alledem ist der Klageantrag zu 1) begründet.
II.
Der Klagantrag zu 2) ist ebenfalls zulässig und begründet.
Die Kammer verweist auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes in der angefochtenen Entscheidung unter B. I., macht sie sich zu Eigen und stellt dies fest, (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Beklagte hat auch im Berufungsverfahren das vorgetragene Zahlen- und Rechenwerk der Klägerin nicht angegriffen. Auch die Feststellung der Pflicht zur Verzinsung der Vergütungsdifferenzen wird von dem beklagten Land nicht angegriffen.
III.
Auch das weitere Vorbringen des beklagten Landes, auf das in diesem Urteil nicht mehr besonders eingegangen wird, weil die Entscheidungsgründe gemäß § 313 Abs. 2 ZPO lediglich eine Zusammenfassung der tragenden Erwägungen enthalten sollen, führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis.
C.
Die Berufung des beklagten Landes war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ermisst sich nach dem dreifachen Jahresunterschiedsbetrag, § 42 Abs. 1, Abs. 3 GKG. Fällige Beträge waren nicht hinzuzurechnen.
Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen. Die Problematik der Intransparenz eines Teils des Lehrereingruppierungserlasses hat grundsätzliche Bedeutung.