Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.12.2015, Az.: 8 TaBV 36/15

Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Eingruppierung nach den Entgeltordnungen verschiedener Tarifverträge; Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers bei unbegründetem Widerspruch des Betriebsrats; Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin bei unbegründetem Widerspruch des Betriebsrats; Zustimmungsersetzungsantrag der tarifgebundenen Arbeitgeberin bei unbegründetem Widerspruch des Betriebsrats

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
07.12.2015
Aktenzeichen
8 TaBV 36/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 40149
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2015:1207.8TABV36.15.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BAG - 27.09.2017 - AZ: 7 ABR 8/16

Fundstelle

  • AE 2016, 205

Amtlicher Leitsatz

Ist der Arbeitgeber tarifgebunden und wendet die Entgeltordnungen der kraft Tarifbindung für ihn geltenden Tarifverträge an, kann der Betriebsrat der beantragten Zustimmung zur Eingruppierung nicht mit der Begründung widersprechen, der Arbeitgeber habe sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht beachtet.

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist nicht gegeben. Für das Eingreifen des Tarifvorbehaltes gemäß § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG ist die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend. Das gilt auch dann, wenn ein anderer Tarifvertrag, der eine andere Entgeltordnung enthält, gemäß § 4 Abs. 5 TVG kraft Nachwirkung auf Arbeitsverhältnisse des Betriebes Anwendung findet.

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 27.03.2015 - 13 BV 3/14 - teilweise unter Zurückweisung im Übrigen abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Zustimmung des Beschwerdegegners zur Eingruppierung von

a) Frau A., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 2. Berufsjahr (Stand 2014),

b) Frau B., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr,

c) Frau C., in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2014),

d) Frau D., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr

und zur Umgruppierung von

e) Frau E., von der Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2013) in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 5. Berufsjahr (Stand 2014)

gemäß den Vorschriften des § 6 Manteltarifvertrag und des § 3 Vergütungstarifvertrag für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 29.10.2014, geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., wird ersetzt.

2. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

3. Der Widerantrag des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens sind die Eingruppierung mehrerer Arbeitnehmer vor dem Hintergrund, dass die Entgeltordnungen verschiedener Tarifverträge in Betracht kommen, und ein vom Betriebsrat reklamiertes Recht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei der Gestaltung der Vergütungsordnung.

Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist eine Kreditgenossenschaft, die gegenwärtig ca. 1.000 Arbeitnehmer beschäftigt und Mitglied im Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V ist. Die M. schloss seit Anfang der 60er Jahre rechtlich getrennte, aber inhaltlich identische Tarifverträge mit den Gewerkschaften K., L. und ver.di (bzw. deren Rechtsvorgängerin, der N. und der O.) ab. Die letzten gleichlautenden Tarifverträge wurden mit allen drei Gewerkschaften im Jahre 2004 vereinbart; es war eine Laufzeit bis 2006 vereinbart. Nachdem alle drei Gewerkschaften den Gehaltstarifvertrag von 2004 zum Ende der Laufzeit gekündigt hatten, kam es 2008 nur noch mit den Gewerkschaften K. und L. zu einer Tarifeinigung und am 31.10.2012 zum Abschluss eines Mantel- und eines Vergütungstarifvertrages für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken. Mit ver.di scheiterten die Tarifverhandlungen. Im November 2012 kündigte die Arbeitgeberseite alle noch bestehenden ver.di - Tarifverträge.

Gegenstand der Tarifabschlüsse 2008 bis 2012 mit der K. und der L. waren neben den linearen Gehaltserhöhungen strukturelle Änderungen in der Vergütungsordnung. Für einfache, hochstandardisierte Tätigkeiten in der Marktfolge wurde die Anzahl der möglichen Berufsjahre beschränkt (Berufsjahresgruppe A). Für Neueinstellungen in den Tarifgruppen 1 bis 5, die in diesem Bereich eingesetzt werden, ergibt sich daraus ein früher endender Aufstieg innerhalb der Berufsgruppen. Zuvor hatte sich die Eingruppierung nach den gleichlautenden Tarifverträgen nicht allein nach tätigkeitsbezogenen Tarifgruppen, sondern gemäß § 8 MTV iVm § 2 GTV auch nach der Einstufung in Berufsjahre gerichtet. Arbeitnehmer, die sich am 31.12.2010 in einem Arbeitsverhältnis befanden, genießen nach Teil II, § 3 Ziff. 4 Abs. 1 Satz 1 DBV/DHV-VTV Bestandsschutz. Sie sind von den Änderungen nicht betroffen.

Die tarifgebundene Arbeitgeberin wendet derzeit auf alle Arbeitsverhältnisse die jeweils monetär günstigeren Tarifverträge an; das sind aufgrund der dynamischen Entwicklungen der Tabellengehälter die Tarifverträge mit der K. und der L.. Der Betriebsrat hat diese Handhabung bei anstehenden Eingruppierungen für unzulässig gehalten, weil dadurch die im Betrieb geltende Entgeltordnung verändert werde. Er widersprach allen Anträgen auf Zustimmung zur Ein- und Umgruppierung und hat sich auf ein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung der Vergütungsordnung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG berufen. Die Anträge auf Zustimmung zur Eingruppierung lehnte der Betriebsrat auch in den vorliegenden Fällen ab. Seine Begründung lautete: Die Arbeitgeberin habe den zwischen ver.di und P. abgeschlossenen Manteltarifvertrag für die Genossenschaftsbank anzuwenden; der Manteltarifvertrag enthalte keine Eingruppierung in "A"- oder "B"-Staffeln; ein Wechsel der Grundlage für Eingruppierungen, also der Vergütungsordnung, sei mit dem Betriebsrat nicht abgesprochen. Hinsichtlich der Arbeitsaufgaben im Sinne tariflichen Eingruppierungsrechts besteht kein Streit.

Zu den Eingruppierungsanträgen im Einzelnen: Frau A. wurde ab 01.07.2013 befristet für 18 Monate (neu) eingestellt. Ihr Arbeitsverhältnis wurde inzwischen unbefristet verlängert. Frau B. wurde seit 01.07.2013 als Kundenservicemitarbeiterin im Servicecenter Q. unbefristet neu eingestellt. Anlass der beantragten Eingruppierung von Frau C. war die bevorstehende Versetzung mit Wirkung zum 01.09.2013 von der Teamreserve im Filialkundengeschäft in die Abteilung Firmenkundengeschäft Zentrale Unternehmenskunden als Vertriebsassistentin auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 07.11.2011. Frau D. wurde nach Beendigung der Elternzeit als Kundenservicemitarbeiterin im Filialkundengeschäft ab 24.06.2013 neu eingestellt. Für ihr Arbeitsverhältnis gilt der Arbeitsvertrag vom 22.08.2001/26.08.2001. Frau E. ist seit dem 16.12.2012 bei der Arbeitgeberin beschäftigt; Anlass der beabsichtigten Umgruppierung war die Einordnung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit als Kreditsachbearbeiterin im Filialkundengeschäft von der Tarifgruppe 4 in die Tarifgruppe 5. Der Wechsel der Wertigkeit ist auch in diesem Fall nicht streitig.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bestehe nicht. Sie sei tarifgebunden und deshalb tarifrechtlich verpflichtet, die jeweils geltenden aktuellen Tarifverträge anzuwenden. Das seien derzeit die Tarifverträge mit den Gewerkschaften K. und L..

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1. die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Eingruppierung von

a) Frau A., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 2. Berufsjahr (Stand 2014)

b) Frau B., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr,

c) Frau C., in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2014),

d) Frau D., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr,

und zur Umgruppierung von

e) Frau E., von der Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2013) in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 5. Berufsjahr (Stand 2014),

gemäß den Vorschriften des § 6 des Manteltarifvertrages und des § 3 des Vergütungstarifvertrages für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 31.10.2012, geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., zu ersetzen,

2. festzustellen, dass sich die Eingruppierung von Beschäftigten gemäß § 99 BetrVG, die nach dem 01.03.2013 angestellt werden, nach den Vorschriften des Manteltarifvertrages (MTV) und des Vergütungstarifvertrages (VTV) für die I. und J.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 31.10.2012, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., richten,

3. festzustellen, dass sich Umgruppierungen von Beschäftigten gemäß § 99 BetrVG - unabhängig vom Einstellungsdatum - nach der Vorschriften des Manteltarifvertrages (MTV) und des Vergütungstarifvertrages (VTV) für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 31.10.2012, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., richten,

4. festzustellen, dass bei der Anwendung der tariflichen Vergütungsordnung aus den Vorschriften des Manteltarifvertrages (MTV) und des Vergütungstarifvertrages (VTV) für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 31.10.2012, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG besteht.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen,

und folgende Wideranträge gestellt:

1. Die Zustimmung zur Eingruppierung von Frau A., Frau B., Frau C., Frau D. und die Zustimmung zur Umgruppierung von Frau E. gemäß Anträgen in der Antragsschrift 1 a) bis 1 e) wird nicht ersetzt.

2. Die weiteren Anträge der Antragstellerin werden zurückgewiesen.

3. es wird festgestellt, dass die Antragstellerin - ausgenommen es handelt sich mit Mitglieder der Gewerkschaften K. und L.- verpflichtet ist, die Ein- und Umgruppierung der Beschäftigten nach den Tarifgruppen gemäß dem MTV der Genossenschaftsbank vom 18.04.1979/08.07.2004, abgeschlossen zwischen den Gewerkschaften O. und N./ver.di in Verbindung mit dem Gehaltstarifvertrag für die F. und G.-Banken, sowie die H.-Banken vom 08.07.2004, konkret des § 2 des Tarifvertrages, wiederum abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. vorzunehmen, so lange keine Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung oder diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle zu Stande gekommen ist.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Wideranträge zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat gemeint, ohne seine Beteiligung sei die Arbeitgeberin nicht befugt, die Vergütungsgruppenstruktur zu ändern. Auf eine Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1 TVG könne sie sich nicht berufen. Diese beseitige weder die nach Wegfall der Tarifgebundenheit hinsichtlich der ver.di-Tarifverträge bestehende tarifliche Entgeltordnung noch das hierauf bezogene Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Die Kündigung der Tarifverträge sei zum 31.03.2006 bzw. zum 29.02.2013 erfolgt. Die Tarifverträge befänden sich seit der Kündigung in der Nachwirkung. Eine kollektiv-rechtliche Ablösung sei nur mit der Gewerkschaft ver.di möglich. Bis 2008 sei die betriebliche Vergütungsstruktur durch die Vergütungsgruppenstruktur gemäß den ver.di-Tarifverträgen geregelt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sich die Eingruppierung der Arbeitnehmer nicht nur nach tätigkeitsbezogenen Tätigkeitsgruppen, sondern auch nach der Einstufung in Berufsjahre gerichtet. Diese Struktur sei durch die Arbeitgeberin einseitig geändert worden. Die Arbeitgeberin sei dazu übergegangen, betriebseinheitlich das abweichende System der Tarifverträge P., K. und L. anzuwenden, nach dem eine geänderte Zuordnung zu den Berufsgruppenjahren gelte.

Das Arbeitsgericht hat sich in vollem Umfang der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg in der Entscheidung vom 17.12.2013 (14 TaBV 9/13, juris) angeschlossen und die dortigen Gründe zitiert. Es hat die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen und dem Widerantrag des Betriebsrates stattgegeben. Es bestehe ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Solange keine Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung oder diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle existiere, müsse die Arbeitgeberin bei Ein- und Umgruppierungen den Tarifvertrag mit ver.di anwenden.

Gegen diesen ihr am 13.04.2015 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 12.05.2015 Beschwerde eingelegt, welche sie innerhalb der verlängerten Frist am 15.07.2015 begründet hat. Sie hält an ihrer bereits erstinstanzlich vorgetragenen Auffassung fest und wiederholt ihren dortigen Vortrag. Auf die Schriftsätze vom 15.07.2015 und vom 19.10.2015 wird Bezug genommen (Bl. 202 - 218 d. A.; Bl. 269 - 275 d. A.).

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 27.03.2015 - 13 BV 3/14 - abzuändern und

1. die Zustimmung des Beschwerdegegners zur Eingruppierung von

a) Frau A., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 2. Berufsjahr (Stand 2014),

b) Frau B., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr,

c) Frau C., in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2014),

d) Frau D., in die Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 10. Berufsjahr

und zur Umgruppierung von

e) Frau E., von der Tarifgruppe TG 4, Berufsjahresgruppe B, 4. Berufsjahr (Stand 2013) in die Tarifgruppe TG 5, Berufsjahresgruppe B, 5. Berufsjahr (Stand 2014),

gemäß den Vorschriften des § 6 des Manteltarifvertrages und des § 3 des Vergütungstarifvertrages für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 29.10.2014, geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., zu ersetzen,

2. festzustellen, dass sich die Eingruppierungen von Beschäftigten gemäß § 99 BetrVG, die nach dem 01.03.2013 angestellt werden, nach den Vorschriften des Manteltarifvertrages (MTV) und des Vergütungstarifvertrages (VTV) für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 31.10.2012 / 29.10.2014, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., richten,

3. festzustellen, dass sich Umgruppierungen von Beschäftigten gemäß § 99 BetrVG - unabhängig vom Einstellungsdatum - nach den Vorschriften des Manteltarifvertrages (MTV) und des Vergütungstarifvertrages (VTV) für die F. und G.-Banken in der Fassung vom 29.10.2014, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., richten,

4. festzustellen, dass bei Anwendung der tariflichen Vergütungsordnung aus den Vorschriften des Manteltarifvertrages (MTV) und des Vergütungstarifvertrages (VTV) für die F. und G.-Banken sowie die H.-Banken in der Fassung vom 29.10.2014, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L., kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG besteht.

Den Antrag aus dem Schriftsatz vom 18.11.2015 hat sie zurückgenommen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den arbeitsgerichtlichen Beschluss nach Maßgabe seiner Beschwerdeerwiderung vom 24.09.2015, auf deren Inhalt verwiesen wird (Bl. 235 - 246 d. A.). Zu den weiteren Ausführungen der Beteiligten zur Sach- und Rechtslage im zweiten Rechtszug wird auf die ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm §§ 519, 520 ZPO, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG).

Die Beschwerde hat im zuerkannten Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1.

Die Arbeitgeberin hat Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Ein- und Umgruppierung aller Ein- und Umgruppierungsvorgänge in die jeweils genannten Entgeltgruppen der gemäß den Vorschriften des § 6 Manteltarifvertrag und § 3 Vergütungstarifvertrag für die F. und G.-Banken und die H.-Banken in der Fassung vom 31.10.2012, geschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L.. Der Widerspruch des Betriebsrates ist unbegründet.

a)

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist nicht gegeben. Die Arbeitgeberin ist tarifgebunden. Sie wendet die für sie kraft Tarifbindung geltenden Tarifverträge an. Das schließt jedes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in diesem Bereich aus.

b)

Eine das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates eröffnende Änderung der Entgeltordnung ergibt sich auch nicht durch die Kündigung des Tarifvertrages ver.di und die daraus folgende Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG; die bisherige Vergütungsstruktur ist nicht einseitig durch die Arbeitgeberin verändert worden. Denn die Arbeitgeberin verhält sich nicht anders als zuvor. Gleichermaßen wie in der Vergangenheit wendet sie die kraft Tarifbindung für sie nach § 3 Abs. 2, 3 TVG gültigen Tarifverträge mit ihren jeweiligen Entgeltordnungen auf die Arbeitsverträge ihrer Arbeitnehmer an.

Gegebenenfalls wäre zusätzlich eine Eingruppierung unter die nachwirkenden Tarifverträge ver.di vorzunehmen (vgl. BAG vom 14.04.2015 - 1 ABR 66/13 - juris Rn. 30 ff). Denn die antragsgegenständliche Zuordnung zu den Entgeltgruppen des Manteltarifvertrages zwischen dem Arbeitgeberverband der I. und J.-Banken e. V. und den Gewerkschaften K. und L. wird durch das Bestehen einer weiteren betrieblichen Vergütungsordnung nicht entbehrlich. Auch reicht das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG so weit, wie die Notwendigkeit zur Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber besteht.

c)

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.04.2014 - 7 ABR 91/08 - (juris; vgl. auch BAG vom 17.05.2011 - 1 AZR 797/09 - juris Rn. 15 ff.) steht nicht entgegen. Anders als im dort zugrundeliegenden Sachverhalt ist vorliegend die Arbeitgeberin nicht aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten. Sie ist nach wie vor tarifgebunden und hat grundsätzlich die kraft Verbandszugehörigkeit zwingend geltenden Tarifverträge in ihrem Betrieb anzuwenden. Das gilt auch für die tariflich vereinbarte Vergütungsordnung als das im Betrieb geltende kollektive, abstrakte Entgeltschema.

Für das Eingreifen des Tarifvorbehaltes gemäß § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ist die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend (vgl. BAG vom 18.02.2015 - 4 AZR 778/13 - juris Rn. 20). Denn nach dieser Bestimmung kann der Betriebsrat nur mitbestimmen, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Daraus folgt, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen, zu denen auch die Eingruppierungsregelungen zu zählen sind (vgl. etwa BAG vom 17.05.2011 - 1 AZR 797/09 - juris Rn. 17; vom 28.04.2009 - 1 ABR 97/07 - juris Rn. 19), dann ausgeschlossen ist, wenn, wie vorliegend, eine zwingende tarifliche Regelung besteht (vgl. BAG vom 18.10.2011 - 1 ABR 34/10 - juris Rn. 18 ff. mwN; 08.04.2009 - 1 ABR 97/07 - juris Rn. 19).

d)

Es erschließt sich auch nicht, in welchem Umfang ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Satz 10 BetrVG bestehen könnte. Nicht erkennbar ist, für welchen Bereich Regelungen neben der tariflich zwingend geltenden und der nachwirkenden Entgeltordnung in einer Betriebsvereinbarung getroffen werden könnten.

e)

Auch der Einwand, man wisse nicht, ob oder wie viele Arbeitnehmer tarifgebunden seien, trägt nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist für das Eingreifen des Tarifvorbehalts nach § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und den damit einhergehenden Ausschluss des Mitbestimmungsrechts die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend (s.o. II. 1. c). Einer normativen Bindung der betriebszugehörigen Arbeitnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG bedarf es hierfür nicht. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der das Mitbestimmungsrecht verdrängenden tariflichen Regelung um Inhaltsnormen handelt. Das Gesetz geht davon aus, dass eine bestehende gesetzliche oder tarifliche Regelung dem Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung trägt und Mitbestimmungsrechte daher entbehrlich macht (vgl. für viele auch BAG vom 18.10.2011 - 1 ABR 25/10 - juris Rn. 21; vom 24.02.1987 - 1 ABR 18/85 - juris Rn. 59 ff).

2.

Die Feststellungsanträge der Arbeitgeberin sind unbegründet. Die Anträge sind allein auf die Feststellung gerichtet, welcher Tarifvertrag bei Anträgen auf Zustimmung zur Eingruppierung, die nach dem 01.03.2013 zur Entscheidung anstehen, Anwendung findet; sie zielen damit auf Feststellung, dass insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht besteht. Dieses Begehren ist jedoch schon vom Antrag zu 1. umfasst und bedarf damit nicht mehr gesonderter Feststellung.

3.

Entsprechendes gilt für den Widerantrag des Betriebsrates. Auch er zielt vorrangig darauf ab festzustellen, dass ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG Eingruppierungen nach den Tarifverträgen der Gewerkschaften K. und L. nicht vorgenommen werden dürfen. Auch diese mit dem Feststellungsantrag gestellte Rechtsfrage wird vom Antrag zu 1. umfasst und ist damit beschieden.

III.

Die Rechtsbeschwerde war im Hinblick auf die divergierende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17.12.2013 (14 TaBV 9/13 - juris) gemäß § 92 Abs. 1 iVm § 92 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG, § 92 Abs. 1 iVm § 92 Abs. 1 ArbGG zuzulassen.