Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 22.06.2015, Az.: 8 Ta 281/15

Bestimmung des Gegenstandswerts für den Anspruch auf Herausgabe des Firmenfahrzeugs im Kündigungsschutzverfahren

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
22.06.2015
Aktenzeichen
8 Ta 281/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 40174
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2015:0622.8TA281.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Lingen - 02.06.2015 - AZ: 2 Ca 54/15

Fundstelle

  • AGS 2015, 456

Amtlicher Leitsatz

Der Streitwert von Herausgabeansprüchen bemisst sich regelmäßig nach dem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Verkehrswert der herauszugebenden Sache, so dass auch im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses für den Antrag auf Herausgabe des Firmenfahrzeugs dessen Verkehrswert in Ansatz zu bringen ist.

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lingen vom 02.06.2015 - 2 Ca 54/15 - abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren und den Vergleich auf 34.795,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung des Streitwertes der anwaltlichen Tätigkeit für einen im Wege der Widerklage erhobenen Herausgabeanspruch mehrerer dem Arbeitnehmer überlassenen, im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Gegenstände und des Firmenfahrzeugs im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der Widerklage auf insgesamt 5.000,00 Euro festgesetzt.

II.

Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat Erfolg.

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig. Sie ist insbesondere von einem Antragsberechtigten (§ 33 Abs. 2 Satz 2 RVG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Beschwerdewert ist erreicht.

2.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Streitwert der Widerklage ist in Höhe des Verkehrswertes des Firmenfahrzeugs festzusetzen. Entsprechend erhöht sich der (Gesamt)streitwert.

a)

Der Streitwert von Herausgabeansprüchen bemisst sich regelmäßig nach dem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Verkehrswert der herauszugebenden Sache (LAG Sachsen v. 15.03.2007 - 4 (1) Ta 188/06; Ostrowicz/Künzl/Scholz, 5. Aufl. 2011, Streitwertbemessung Rn. 374, 383; Meier/Becker, Streitwerte im Arbeitsrecht, 3. Aufl. Rn. 160; Schaefer/Schaefer, 4. Aufl. Anwaltsgebühren im Arbeitsrecht 2015 Rn. 99). Ist dieser weder zu beziffern noch zu schätzen, kann ihn das Gericht nach freiem Ermessen festsetzen (LAG Rheinland-Pfalz, 04.10.2007, NZA-RR 2008, 324 [LAG Rheinland-Pfalz 04.10.2007 - 1 Ta 174/07]; vgl. für Herausgabeverlangen des Arbeitnehmers auch LAG Berlin v. 24.11.2000 - 7 Ta 6117; LAG Hamburg vom 02.08.2012, NZA-RR 2013, 102 [LAG Hamburg 02.08.2012 - 7 Ta 11/12]).

b)

Danach war vorliegend für die mit der Widerklage geltend gemachte Herausgabe des Firmenfahrzeugs dessen Verkehrswert in Ansatz zu bringen.

Zwar haben die Parteien zunächst nur um den Ort gestritten, an dem die Übergabe des Fahrzeugs zu erfolgen habe. Nachdem aber die angedachte Verständigung im Wege eines Vergleichs gescheitert war, hat die Beklagte Widerklage erhoben und beantragt, den Kläger zu verurteilen, u.a. das ihm überlassene Firmenfahrzeug an Firmensitz der Beklagten herauszugeben. Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen und zur Begründung ausgeführt: Der Herausgabeanspruch sei derzeit unbegründet; das Benutzungsrecht des Klägers sei an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gekoppelt; die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei noch im Streit.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt haben die Parteien damit nicht mehr (nur) um den Ort gestritten, an dem die Herausgabe der Gegenstände erfolgen sollte. Vielmehr war der gesamte Herausgabeanspruch streitig geworden. Der Kläger hat die Herausgabe "als im jetzigen Zeitpunkt unbegründet" verweigert.

Entsprechend war der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren und den Vergleich wegen der Widerklageforderung in Höhe des Wertes des Fahrzeugs festzusetzen. Dem entspricht die Regelung des Gesetzgebers in § 6 ZPO. Danach kommt es auch dann auf den Wert der Sachen an, wenn es nur um den Besitz geht. Für den Herausgabeanspruch ist damit gesetzlich normiert, dass der Verkehrswert der herauszugebenden Sache in Fällen der vorliegenden Art maßgeblich ist.

3.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Prozessbevollmächtigte hat mit der sofortigen Beschwerde obsiegt.

4.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.